"Einsatz von Nützlingen im ökologischen Landbau" - Dr. Mareile Zunker LTZ Augustenburg
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„Mehr Ökolandbau im Berufs- und Fachschulunterricht“ 13./14. Oktober 2020 „Einsatz von Nützlingen im ökologischen Landbau“ Dr. Mareile Zunker LTZ Augustenburg Ref. 32 Pflanzenschutz im Acker- und Gartenbau
Referat 32: Pflanzenschutz - Ackerbau, Gartenbau Unsere Aufgaben: • Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in den verschiedenen Kulturen durch Entwicklung integrierter/biologischer Verfahren unter Einbeziehung des Auftretens von Schaderregern und Anwendung von Prognosemodellen (NAP, Eckpunktepapier BW) • Versuchswesen • Wissenstransfer in die Beratung und Praxis (Artikel, Vorträge, Broschüren, Fortbildungen, Tagungen) • Schließen von Lückenindikationen
Integrierter Pflanzenschutz im Ackerbau Erarbeitung von integrierten Verfahren im Ackerbau (Versuchswesen) • Veränderte Aussaattermine in Wintergerste zur Reduzierung des Infektionsrisikos mit dem Gerstengelbverzwergungsvirus (BYDV) • Kontrolle der Getreidekrankheiten durch Sortenwahl und Anwendung von Prognosemodellen • Minderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln innerhalb der Fruchtfolge („NAP-Versuch“) • Vergleich von chemischen, mechanischen sowie kombinierten Verfahren zur Unkrautkontrolle in Getreide, Mais und Sojabohnen • Erprobung von „Biologicals“ zur Kontrolle von Septoria und Fusarium in Winterweizen • Erprobung eines Herbizidberatungssystems (IPM wise „DSS) in Mais und Weizen Erarbeitung von Strategien zur Resistenzvermeidung • Durchführung von Biotests im Gewächshaus mit Problemgräsern in der Praxis, z.B. Ackerfuchsschwanz • Durchführung von Resistenztests mit verschiedenen Insektiziden bei Rapsglanzkäfer und der großen Getreideblattlaus
Gliederung des Vortrages „ Einsatz von Nützlingen im ökologischen Landbau “ • vorbeugende Maßnahmen für gesunde Pflanzenbestände • Nützlingseinsatz und • Biostimulanzien und Grundstoffe • Biodiversitätsstärkungsgesetz
Biologischer Pflanzenschutz Verfahren des integrierten Pflanzenschutzes zur biologischen Bekämpfung von Schadorganismen entwickeln, testen und in der Praxis etablieren • >40 Jahre Nützlingseinsatz in BW, intensive Forschung • Nützlinge der ersten Stunde: Raubmilbe Phytoseiulus persimilis, Schlupfwespe Encarsia formosa • uG: 12 Nützlingsarten mit wirtschaftlicher Bedeutung • ~100% Nützlingseinsatz in Tomate, Gurke, Paprika, Aubergine (uG) Monitoring und Versuchswesen zur biologischen Bekämpfung invasiver und heimischer Schaderreger, z.B. Marmorierte Baumwanze, Grüne Reiswanze, Lygus-Arten Versuchswesen zur Mykorrhizierung von Kulturpflanzen im Obst-, Garten-, und Ackerbau, u.a. Heidelbeeren, Himbeeren, Rosen, Mais Versuchswesen zu den Möglichkeiten der Nützlingsförderung mit speziellen Blühmischungen im Feldgemüsebau Versuchswesen zur frühzeitigen Befallserkennung im Unterglas- Anbau mithilfe modernster Technik (Innenraumdrohne) „MiteSens“
Informationen zu zugelassenen Pflanzenschutzmitteln www.bvl.bund.de www.psinfo.org www.ltz-bw.de Arbeitsfelder Pflanzenschutz rechtliche Vorgaben Zulassungen und Genehmigungen LTZ Augustenberg - Matthias Inthachot
Bild: Backhaus, JKI kein verdrängen heimischer Marienkäfer JKI 2010 wenig Geschmacks- veränderung beim Wein nachweisbar JKI 2012 • Larven fressen etwa 400 Blattläuse bis zur Verpuppung, sind Räuber, überwintern an Feld- und Waldrändern, IPMP ist Geruchsstoff
Trichogramma-Schlupfwespen (Trichogramma brassicae) gegen den Maiszünsler in BW und Qualitätskontrolle am LTZ seit 2018 als Beitrag zur Reduktion von Insektiziden im Maisanbau Es gibt keine Zulassungsprüfung für Nützlinge unabhängige neutrale Kontrolle der Qualität am LTZ
Fotoquellen: rechts: Wyss Trichogramma- Ministerbesuch in Schlupfwespe 0,6 mm Eiparasitoid Forchheim im August 2019
Bildquelle: Wührer Firma AMW
Erstnachweis in DE von SamuTrissolcus japonicus natürlicher Gegenspieler der Marmorierten Baumwanze (Halyomorpha halys) die Trissolcus japonicus wurde im August 2020 in Nordbaden HD gefunden. erster bundesweiter Nachweis der „Samuraiwespe“ vermutlich Verschleppung der Wanze mit Gegenspielers nach DE Mit einer dauerhaften Etablierung eröffnen sich Perspektiven die invasive Marmorierte Baumwanze mit ihrem wichtigsten natürlichen Gegenspieler zu regulieren.
Links Samuraiwespe 180820 und Parasitierung der Eier von der invasiven Marmorierten Baumwanze Fotos: Sophie Wenz, Uni Hohenheim & Olaf Zimmermann, LTZ Augustenberg
Förderung und Schonung von Räubern durch Agrobielle Funktionalität, Intercropping, Spezifische Blühstreifen Räuber
Quelle: Loriot
Biodiversitätsförderung im Haus- und Kleingarten durch Mischanbau verschiedener Pflanzenarten
Gemengeanbau mit Mais: Blüte Blühende und den Boden bedeckende Kürbisse in Mais ( Fotos:Stolzenburg/LTZ) Kerstin Stolzenburg & Vanessa Schulz
Gemengeanbau mit Mais: Alte Anbausysteme MILPA Milpa ist Landwirtschaftssystem aus Mittelamerika seit Jahrhunderten bis heute betrieben; hauptsächlich Mais, Bohnen und Kürbisse miteinander angebaut. Pflanzen profitieren voneinander und bilden Synergien (Mais stützt Bohnen, Bohnen liefern Stickstoff, Kürbisse bedecken Boden usw.). Kerstin Stolzenburg & Vanessa Schulz
Umwelt- und sachgerechter Pflanzenschutz • Grundsätze des IP gelten, sektorspezifische Leitlinien des NAP sind Handlungsrahmen • Einhaltung der rechtlichen Vorgaben des PflSchG zur guten fachlichen Praxis • Biologischer Pflanzenschutz (Nützlinge, Mikroorganismen, Naturstoffe,, Biostimulanzien und Grundstoffe) • Pflanzenextrakte: Wirkung • Direkt= gezielt Pflanzenschutzmittel • Indirekt= Stärkung Abwehrmechanismen der Pflanze=Pflanzenstärkungsmittel • Schulung und Information für den HuK
Nützlingsförderung im Freiland Nisthilfen für Insekten und Vögel Filzmanschetten für Raubmilben in Obstanlagen Aufstellen von Greifvogelsitzstangen, Steinhaufen Biotopverbund, Lärchenfenster Hecken und Ackerrandstreifen Anlage und Erhalt von mehrjährigen Blühmischungen als Blühflächen und Blühstreifen (temporäre) Blüh- und Grünlandstreifen sowie Feldraine zur Lebensraumvernetzung/Biotopverbund Extensivierung der Feldrainpflege Schaffung von Wildbienenbiotopen
Bilder: links und Mitte Zunker, LTZ; rechts: Wiedehopf freies Bild, thinkstock.de
Nützlingsschonung Förderung natürlicher Feinde von z.B. Feldmäusen durch Aufstellen von Sitzstangen für Greifvögel Nützlinge schonen durch Hecken, Blühstreifen bevorzugte Anwendung selektiver und nützlingsschonender Pflanzenschutzmittel (z.B. Bacillus thuringiensis-Präparate) Wirksamkeitsversuche in verschiedenen Gemüsekulturen gegen Drahtwürmer mit einem entopathogenen Pilzpräparat „Attracap“ Testung von PSM hinsichtlich Nebeneffekte auf Nützlinge Vorsicht bei Tankmischungen
Ansiedlung von Vögeln im Insektenhotel Garten durch Nisthilfen • Blühwiesen statt Rasen • Stauden statt Wechselflor Bilder: links Backhaus, JKI; rechts: Zunker LTZ
Farbige Leimtafeln Indirekte Bestandeskontrolle Blautafel Kalifornischer Blütenthrips Frankliniella occidentalis Bilder: Schneller LTZ
Farbige Leimtafeln Indirekte Bestandeskontrolle Gelbtafel Weiße Fliege Bilder: Schneller LTZ
Definition: Grundstoff Nach Art. 23 der VO (EG) Nr. 1107/2009 ist ein Grundstoff ein Wirkstoff, der • kein bedenklicher Stoff ist; und • keine Störungen des Hormonsystems und keine neurotoxischen oder immuntoxischen Wirkungen auslösen kann; und • nicht in erster Linie für den Pflanzenschutz verwendet wird, aber dennoch für den Pflanzenschutz von Nutzen ist; und • nicht als Pflanzenschutzmittel vermarktet wird.
Grundstoffe Grundstoff Wirkungsweise DurchführungsVO/ Genehmi- Beurteilungsbericht gung ab Wasserstoffperoxid Desinfektion, 2017/409 08.03.2017 Saatgutbehandlung SANTE/11900/2016 Natriumchlorid Fungizid und Insektizid 2017/1529 28.09.2017 SANTE/10383/2017 Bier Molluskizid 2017/2090 05.12.2017 SANTE/11038/2017 Senfsaatpulver Fungizid, 2017/2066 04.12.2017 Saatgutbehandlung SANTE/11309/2017 Talkum E 553b Fungizid und Insektizid 2018/691 28.05.2018 SANTE/11639/2017 Zwiebelöl Repellent 2018/1295 17.10.2018 SANTE/10615/2018 https://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/04_Anwend er/02_AnwendungGrundstoffe/psm_AnwendungGrundstoffe_nod e.html
Institut Technique de l’Agriculture Biologique
Lebensmittel zu Pflanzenschutzmittelzwecke • z.B. Salz, Essig Grundstoffzulassung als Fungizide • Streusalz • Grünbelagsentferner, Wegerein etc. nur zur Oberflächenreinigung www.unkrautvernichter-shop.de Anwendung zum Zwecke der Unkrautbekämpfung unzulässig! LTZ Augustenberg - Matthias Inthachot 40
Fazit • Grundstoffe sind unbedenkliche Stoffe, nicht spezifisch für den Pflanzenschutz verwendet, aber dennoch für den Pflanzenschutz von Nutzen sind. • Genehmigte Grundstoffe können zum Schutz der Pflanzen eingesetzt werden. • Sichere Anwendung der Grundstoffe ist möglich.
Biostimulanzien sind neue eigene Düngeproduktklasse zwischen Pflanzenschutz und Düngung als ein Baustein zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln
Was sind Biostimulanzien? • Rechtsrahmen bildet EU-Düngeprodukte-VO 2019/1009 • Ziel: Düngungsprodukte in Europa vereinheitlichen • neue Maßnahme im integrierten Pflanzenbau
Mikrobielle Biostimulanzien sind nach VO nur Azotobacter spp. Mykorrhizapilze Rhizobium spp. Azospirillum spp. Mikrobielle Angaben zu koloniebildende Einheiten pro g (KBE/g) Ziel: Aufnahme in Positivliste Abgrenzung zu Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen und Pflanzenstärkungsmitteln notwendig
Endo - Mykorrhiza: griechisch „endon“= innen Chlamydosporen sind dickwandige Zellen oder kleine Zellkomplexe mit Überdauerungs- funktion (asexuelle Vermehrung) Quelle: Dissertation M. Zunker
Kontrolle Fulvosäure mit Algenextrkat Quelle: Synergie GmbH Vortrag Herr Johannsen 2019
Fazit und Ausblick Biostimulanzien können Baustein zur Reduzierung von chemisch synthetischen Pflanzenschutzmitteln sein, wenn Wirksamkeits- und Qualitätskriterien erfüllt werden Detailregelungen noch erforderlich zu: • Produktkennzeichnung • harmonisierten Standards, • einheitlichen EU-Normen • europäische VO bietet erstmals einen Rechtsrahmen für Biostimulanzien-Produkte
Fazit: „Einsatz von Nützlingen im ökologischen Landbau “ • standortgerecht resistente und tolerante Sorten auswählen • physikalische Maßnahmen: Netze, Fallen, beleimte Gelb- und Bautafeln, Leimringe etc. • Mechanische Maßnahmen: Entfernen mehltaubefallener Zweige, Aufsammeln von Fruchtmumien, Falllaub • Nützlinge fördern und gezielt einsetzen z.B. Schlupfwespen, Florfliegen, Raubmilben, Nützlingshotels etc. • vorbeugend Pflanzenstärkungsmittel, Grundstoffe und Biostimulanzien einsetzen um PSM zu reduzieren • Anwendung von biologischen Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß begrenzen. • Mittel auswählen, die den Anwender und den Naturhaushalt so wenig wie möglich belasten
Fazit Biologischer Pflanzenschutz • Integrierter Pflanzenschutz sollte den Biologischen Pflanzenschutz stärker als bisher berücksichtigen. Dafür braucht es weitreichende europäische Zulassungsbestimmungen, die eine Entwicklung biologischer Verfahren fördert und nicht erschwert. • Low-Risk-Produkte und Biostimulanzien durchlaufen im Vergleich zu chemisch-synthetischen Mitteln im Zulassungsverfahren keine umfassende Wirksamkeitsprüfung! • Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz biostimulatorischer Produkte ist fundierte Analyse und Beratung • Wissenschaft und Forschung dazu fortsetzen
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit ! Fotoquelle: Hintemann LTZ
Biodiversitätsstärkungsgesetz Gesetz zur Stärkung der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg Änderung Naturschutzgesetz I Verpflichtung des Landes, dem Rückgang der Artenvielfalt in Flora und Fauna entgegenzuwirken. Förderung der Entwicklung der Arten und deren Lebensräume. insbesondere der Rückgang der Insekten – Umsetzung durch: insektenfreundliche Gestaltung von öffentlichen, parkartigen oder gärtnerisch gestalteten, Grünflächen: Mindestens 20 % der gemähten Grünflächen sollen ökologisch hochwertige Blühflächen und wertvolle Lebensräume werden
Biodiversitätsstärkungsgesetz Änderung Naturschutzgesetz II Gartenanlagen sollen insektenfreundlicher gestaltet werden, Verbot von Schotterflächen in privaten Gärten (sind keine zulässige Verwendung im Sinne des Landesbauordnung, Gestaltungsvorgaben bei Bebauungsplänen). Erhaltung von Streuobstbeständen ab einer Größe von 1 500 m² verpflichtend. Umwandlung in eine andere Nutzungsart nur mit Ge- nehmigung. Umwandlungen müssen ausgeglichen werden (Neupflanzung).
Biodiversitätsstärkungsgesetz Im Gesetzesentwurf zum Biodiversitätsstärkungsgesetz ist eine Regelung für Glyphosat nicht enthalten. Aber: im gemeinsamen Eckpunktepapier von MLR und UM steht: Das Land begrüßt die Ankündigung der Bundesregierung (Aktionsprogramm Insektenschutz) eine Ausstiegsstrategie für Glyphosat vorzulegen und setzt sich dafür ein, - die Anwendung von Glyphosat schnellstmöglich zu beenden, - dies umfasst auch den Einsatz auf Gleiskörpern und in Privathaushalten. 53
Biodiversitätsstärkungsgesetz Änderung Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz III Der Einsatz chem.-synth. Pflanzenschutzmitteln wird bis 2030 landesweit um 40 – 50 % in der Menge reduziert (Landwirtschaft, Forst, HuK, öffentliche Grünflächen und Verkehr). MLR ermittelt jährlich den Einsatz an PSM anhand eines repräsentativen Betriebsmessnetzes in der Landwirtschaft (150 bis 200 Betriebe), aber auch im Forst, HuK, öffentlichen Grünflächen und Verkehr. MLR berichtet jährlich schriftlich dem Landtag über die Ergebnisse der PSM-Reduktion mit umfassende Evaluierung in den Jahren 2023 und 2027.
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