Elektromobilitätsnutzung in Taxiunternehmen und Pflegediensten. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stakeholderprofile Stakeholder Profiles of ...

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Elektromobilitätsnutzung in Taxiunternehmen und Pflegediensten. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stakeholderprofile Stakeholder Profiles of ...
Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning, 2020; 78(5): 455–470

Beitrag / Article                                                                                               Open Access

Lorena Niebuhr*, Eva-Maria Jakobs

Elektromobilitätsnutzung in Taxiunternehmen
und Pflegediensten. Gemeinsamkeiten und
Unterschiede der Stakeholderprofile
Stakeholder Profiles of Commercial Electric
Vehicle Users. Similarities and Differences
between Taxi Companies and Care Services
https://doi.org/10.2478/rara-2020-0030
Eingegangen: 10. Dezember 2019, Angenommen: 5. Oktober 2020

Kurzfassung: Im gewerblichen Bereich ist der Einsatz von Elektrofahrzeugen ökologisch und ökonomisch
vielversprechend. Die gezielte Förderung der Nutzung erfordert jedoch eine gute Kenntnis der Nutzergruppen
und ihren Anforderungen. Der Beitrag basiert auf einer Untersuchung in Aachen, in der Leitungspersonen von
Pflegediensten und Taxiunternehmen befragt wurden, die die Integration von Elektrofahrzeugen erwägen. Erhoben
wurden Anforderungen an Elektrofahrzeuge und den Ausbau von Ladeinfrastruktur sowie wahrgenommene
Risiken und Potenziale. Die Ergebnisse werden in Stakeholderprofile überführt und um ermittelte Informations- und
Partizipationsbedarfe sowie Präferenzen für Formate ergänzt. Es werden große Branchenunterschiede deutlich.
Beide Gruppen benötigen branchenspezifisch aufbereitete Informationsangebote. Die Wechselbereitschaft bei
Pflegediensten ist höher. Die Fahrzeuge sollen auf dem Betriebsgelände nach den Schichten (meist über Nacht)
geladen werden, Schnellladen ist nicht erforderlich. Für den Umstieg werden Praxisberichte und eine Übersicht zu
Fördermöglichkeiten benötigt. Die Taxiunternehmen sehen mehr Risiken als Potenziale. Sie benötigen schnell ladende
Fahrzeuge (im Zweischichtsystem). Entscheidungsrelevant ist die Bereitstellung von Schnellladeinfrastruktur an
Taxiständen. Abstimmungsbedarf zur Konfliktvermeidung betrifft die Positionierung am Taxistand, die Nutzungszeiten
sowie die Vermittlung ladender Elektrofahrzeuge.

Schlüsselwörter: Nutzung gewerblicher Elektrofahrzeuge, Ladeinfrastruktur, Stakeholderprofil, Nutzeranforderun-
gen, Informationsbedarfe, Pflegedienste, Taxiunternehmen, Aachen

Abstract: The use of electric vehicles in the commercial sector is ecologically and economically promising. To
promote the use, however, good knowledge of the (potential) user groups and their needs is required. This paper
bases on a survey in Aachen among decision-makers of care services and taxi companies, that are considering the
integration of electric vehicles. The requirements for electric vehicles and the construction of charging infrastructure
as well as perceived risks and potentials were analysed. The results are transferred to stakeholder profiles. In

*Corresponding author: Lorena Niebuhr, RWTH Aachen University, Lehr- und Forschungsgebiet Textlinguistik und Technikkommunikation,
Campus-Boulevard 57, 52074 Aachen, Deutschland, E-Mail: l.niebuhr@tk.rwth-aachen.de, ORCID: 0000-0001-6606-5358
Prof. Dr. Eva-Maria Jakobs, RWTH Aachen University, Lehr- und Forschungsgebiet Textlinguistik und Technikkommunikation,
Campus-Boulevard 57, 52074 Aachen, Deutschland, E-Mail: e.m.jakobs@tk.rwth-aachen.de, ORCID: 0000-0002-1407-7979

  Open Access. © 2020 Lorena Niebuhr, Eva-Maria Jakobs, published by Sciendo.              This work is licensed under the Creative
Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Germany License.
456        Lorena Niebuhr, Eva-Maria Jakobs

addition, information and participation requirements were surveyed. The study shows strong sectoral differences.
Both groups need sector-specific information offers. The willingness to change is higher in care services. Their
vehicles should be charged on the premises after shifts (usually overnight). Fast charging is not necessary. Practice
reports and an overview of subsidy opportunities are required. The taxi operators see more risks than potentials.
They need fast-charging vehicles (in a two-shift system). The provision of fast-charging infrastructure at taxi stands
is relevant for decision-making. Consultation is needed to avoid conflicts concerning the positioning at taxi stands,
the times of use and the procurement of charging electric vehicles.

Keywords: Commercial electric vehicle use, Charging infrastructure, Stakeholder profile, User Requirements,
Information needs, Care services, Taxi businesses, Aachen

1 Einleitung                                                   (Grausam/Parzinger/Müller 2015: 31). Diesen Aspekt
                                                               adressiert das Verbundprojekt „ALigN – Ausbau von
Deutschland verfolgt das ambitionierte Ziel, durch die         Ladeinfrastruktur durch gezielte Netzunterstützung“.1
Energiewende zur Erreichung von Klimazielen beizutra-          Ziel des Projektes ist der massive lokale Ausbau der
gen. Teil der Energiewende ist die Verkehrswende, das          Ladeinfrastruktur in Aachen (900 Ladepunkte). Der
heißt die Umstellung des Verkehrssektors von fossilen          Ausbau erfolgt für gewerbliche Nutzer bzw. Unterneh-
Kraftstoffen auf Strom und Kraftstoffe aus erneuerba-          men, die bereit sind, auf E-Mobilität umzusteigen bzw.
ren Energien. In diesem Kontext gilt Elektromobilität (im      diese stärker zu nutzen. Die Entwicklung passgenauer
Folgenden E-Mobilität) in Kombination mit Strom aus            Lösungen, die der Unterschiedlichkeit daraus resul-
erneuerbaren Energiequellen als Schlüsseltechnologie.          tierender Zielgruppen gerecht wird, erfordert ein gutes
Der Handlungsbedarf des Umdenkens ist angesichts ver-          Verständnis ihrer Bedarfe in puncto Ladeinfrastruktur
kehrsbedingt hoher Luftverschmutzung und CO2-Emmis-            wie auch potenzieller Kommunikationsbedarfe bei der
sionen hoch, die Bereitschaft, auf Elektrofahrzeuge (im        Umstellung auf E-Mobilität. Dieser Beitrag ist Teil der
Folgenden E-Fahrzeuge) umzusteigen, jedoch bislang             Begleitforschung, die Aussagen dazu intendiert. Der
gering. Ein vielversprechender Einsatzbereich ist die          Beitrag stellt Ergebnisse einer qualitativen Studie zu
gewerbliche Nutzung. Der Anteil gewerblich genutzter           Pflegediensten und Taxiunternehmen vor. In der Studie
Fahrzeuge (rund 5 Mio.) ist im Vergleich zu privat genutz-     wurden Entscheider und Entscheiderinnen in Unterneh-
ten (rund 42 Mio.) gering, aber knapp zwei Drittel der jähr-   men (hier Stakeholder) (n=12) befragt, die die Anschaf-
lichen Neuzulassungen in Deutschland (65,5 %) erfolgen         fung eines E-Fahrzeugs erwägen, den Kauf aber von der
für gewerbliche Nutzer (Kraftfahrt-Bundesamt 2020). Der        Sachlage abhängig machen, z. B. der Ladeinfrastruktur
Anteil des Wirtschaftsverkehrs am Stadtverkehr beträgt         in ihrem Geschäftsumfeld. Der Fokus der Studie richtet
mehr als ein Drittel (etwa 35-50 %) (Kampker/Deutskens/        sich auf drei Fragen:
Maue et al. 2016: 299; NOW 2018: 3).                           – Welche organisationalen Merkmale der Zielgruppen
     Studien zeigen, dass je nach Nutzungsszenario                  beeinflussen die Nutzung von E-Fahrzeugen und
ein Großteil von Flottenfahrzeugen durch E-Fahrzeuge                Ladeinfrastruktur?
ersetzt werden kann, ohne Abläufe zu stören oder signi-        – Welche Potenziale und Risiken werden bezogen auf
fikante Mehrkosten bzw. Gewinneinbußen zu erzeugen                  den Einsatz von E-Fahrzeugen wahrgenommen?
(z. B. Goldschmidt/Richter/Pfeil 2019: 6). Insbesondere        – Welche Anforderungen stellen die Zielgruppen
Anwendungsfälle mit hohen Jahresfahrleistungen haben                an      E-Fahrzeuge,    Ladeinfrastruktur      und
wirtschaftliches Potenzial (Kaplan/Gruber/Reinthaler et             Informationsangebote für die Umstellung auf
al. 2016: 12).                                                      E-Mobilität?
     Der mit der Verkehrswende intendierte soziotech-
nische Transformationsprozess muss von den Beteilig-           Ausgehend von einem Literaturüberblick zur gewerb-
ten getragen werden (vgl. Becker/Renn 2019). Dies ist          lichen Nutzung von E-Mobilität (Kapitel 2.1), insbeson-
bislang nur bedingt der Fall. Trotz ihrer Potenziale ist       dere durch Pflegedienste (Kapitel 2.2) und Taxiunter-
die Diffusion von E-Fahrzeugen gering. Das Ziel der            nehmen (Kapitel 2.3), werden Ansätze zur Bestimmung
Bundesregierung, eine Million E-Fahrzeuge bis 2020             von Stakeholderprofilen vorgestellt (Kapitel 2.4) sowie
einzuführen, musste auf 2022 verschoben werden. Ein
Schwachpunkt ist das Fehlen von Ladeinfrastruktur              1 https://www.acs.eonerc.rwth-aachen.de/go/id/sbcq (25.08.2020).
Elektromobilitätsnutzung in Taxiunternehmen und Pflegediensten.   457
                                                           Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stakeholderprofile

Aspekte der Akzeptanz von Kommunikation von E-Mobi-            und der Wunsch älterer Menschen, in ihrer gewohnten
lität thematisiert (Kapitel 2.5). Kapitel 3 gibt einen Über-   Umgebung zu bleiben (vgl. Kis/Augustin/Augustin 2017).
blick über die Methodik der Untersuchung. In Kapitel 4         Pfleger/-innen besuchen ihre Patientinnen/Patienten
werden die Stichproben bezogen auf Firmenmerkmale              regelmäßig, teilweise mehrmals täglich. Für ihre Touren,
charakterisiert (Kapitel 4.1) sowie branchenbezogene           die im Voraus geplant werden, nutzen sie Kleinstwagen
Einstellungen zu E-Mobilität (Kapitel 4.2), Anforde-           (Uniper Technologies 2016: 40). Die Routen wiederho-
rungen an E-Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur für die            len sich regelmäßig (Vogel 2016: 6). Die Laufleistung
Nutzung in Flotten (Kapitel 4.3) sowie Informations- und       pro Schicht ist überschaubar: Es gibt hohe Standzeiten
Partizipationsbedarfe (Kapitel 4.4) beschrieben. Die           der Fahrzeuge zwischen den Fahrten, die zum Laden
Ergebnisse werden abschließend (Kapitel 5) kritisch dis-       genutzt werden können und Hinweise darauf, dass die
kutiert und es wird Handlungsbedarf für Forschung und          jährliche Laufleistung höher ist als bei Privatfahrzeugen
Praxis abgeleitet.                                             (Plötz/Gnann/Ullrich et al. 2014: 13). Dies spricht für den
                                                               Einsatz von E-Mobilität.
                                                                     Die Anforderungen von Pflegediensten an E-Mobi-
                                                               lität ist Gegenstand verschiedener Forschungsprojekte
2 Stand der Forschung                                          in Deutschland, z. B. des Projekts GO ELK! (Uniper
                                                               Technologies 2016), das den Einsatz von E-Fahrzeugen
2.1 Gewerbliche Nutzung von E-Mobilität                        in gewerblichen Kleinflotten unter anderem mit dem
                                                               Ziel begleitete, ein exemplarisches Ladeprofil für Pfle-
Mit dem anhaltenden Zuzug von Menschen und Unter-              gedienste zu erstellen. Das ermittelte Profil zeigt, dass
nehmen in die städtischen Räume steigt dort der Anteil         die Flottenfahrzeuge auf dem Firmengelände geladen
des gewerblichen Verkehrs (Witte/Klumpp/Keuschen et            werden, hauptsächlich über Nacht. Damit entfällt die
al. 2013: 46). Unternehmen, die eine Flotte unterhalten,       Nutzung der (halb)öffentlichen Ladeinfrastruktur. Auf-
nutzen ihre Fahrzeuge dabei für interne oder externe           grund der geringen Laufleistung pro Schicht kann es
Dienstleistungen in den Bereichen Güter- oder Perso-           auch ausreichend sein, nur einmal pro Tag zu laden.
nenverkehr (Gnann/Plötz/Funke et al. 2015). Der Einsatz        Werden E-Fahrzeuge in einem Zweischichtsystem ein-
von E-Fahrzeugflotten hat aufgrund der im Vergleich            gesetzt, kann eine zusätzliche Zwischenladung zwi-
zu privaten Nutzungskontexten hohen Laufleistung ein           schen den Schichten erforderlich sein.
großes ökologisches und ökonomisches Potenzial. Flot-                Das Projekt „Smart E-User“ (Ehrler/Luft/Elektirikçi
tenmerkmale wie vorab geplante Strecken, sich wie-             et al. 2016) betrachtet weitere Merkmale der E-Fahr-
derholende Fahrprofile und der regelmäßige Austausch           zeugnutzung unter anderem in Pflegediensten, wie den
der Fahrzeuge sind ideal für E-Fahrzeuge (Ketelaer/            Einfluss der jahreszeitlichen Witterung auf Ladezeiten.
Kaschub/Jochem et al. 2014). Insbesondere die hohe             Die Ergebnisse bestätigen die oben genannten Befunde.
Laufleistung bei gleichzeitig niedrigen Betriebskosten         Bevorzugt wird auf dem Betriebsgelände zwischen den
ermöglicht eine schnelle Amortisierung bei gewerblichen        Schichten oder in Pausen geladen. Die Nutzung der
Anwendungen und damit die Kompensation der aktuell             öffentlichen Ladeinfrastruktur während einer Tour wird
höheren Initialkosten von E-Fahrzeugen im Vergleich zu         abgelehnt. Wenn Mitarbeiter/-innen Flottenfahrzeuge
konventionellen Fahrzeugen (Gnann/Plötz/Funke et al.           mit nach Hause nehmen, benötigen sie dort eine Lade-
2015: 183). Geplante Strecken und sich wiederholende           option sowie ein Abrechnungssystem für den Stromver-
Fahrprofile erlauben, Ladeinfrastruktur an festen Stand-       brauch oder müssen das E-Fahrzeug an einer öffentli-
orten zu nutzen (Ketelaer/Kaschub/Jochem et al. 2014:          chen Ladesäule laden und dies abrechnen.
2170). Im Schichtbetrieb haben Fahrzeuge meist keine                 Grausam, Parzinger und Müller (2015) begleite-
lange Standzeit. Dies reduziert die Zeitfenster für das        ten die Integration von E-Fahrzeugen in öffentlich und
Laden oder erfordert einen erhöhten Planungsaufwand.           privatwirtschaftlich betriebenen Flotten (u. a. Pflege-
                                                               dienste) in unterschiedlichen deutschen Städten. Es
                                                               wurden die Nutzungsakzeptanz von E-Fahrzeugen,
2.2 Nutzung von E-Mobilität durch                              nutzerspezifische Motive und die Rahmenbedingungen
Pflegedienste                                                  für einen erfolgreichen Betrieb erörtert. Die Akzeptanz
                                                               von E-Fahrzeugen ist im Flottenmanagement hoch. Die
Die ambulante Pflege ist ein stetig und schnell wachsen-       befragten Pflegedienste planten, in Zukunft ein Drittel
der Bereich. Treiber sind die Alterung der Bevölkerung         der Flotte auf E-Fahrzeuge umzustellen. Hauptmotive
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des Wechsels sind niedrigere Kosten im Vergleich zu                (2014) ist der Einsatz von E-Fahrzeugen im Taxibetrieb
herkömmlichen Fahrzeugen und das Anwerben junger                   geeignet, aber aufgrund hoher Fahrleistungen proble-
Mitarbeiter/-innen durch ein umweltfreundliches, moder-            matisch. Für den Einsatz spricht das Fahrprofil – regel-
nes Image. Die Fahrzeuge werden auf dem Betriebs-                  mäßige Fahrten und kurze Pausen, in denen Fahrerin
gelände geladen. Im ambulanten Zweischichtsystem                   oder Fahrer auf die nächste Kundschaft wartet. Gegen
müssen die Pflegedienste schnellladen. Die Installation            die Nutzung spricht eine hohe tägliche Laufleistung. Als
eigener Ladeinfrastruktur sollte (rechtlich) einfacher und         bester Ort des Aufladens werden Taxistände identifiziert.
kostengünstiger möglich sein. Der Antrags- und Installa-           Dort sollte eine schnellladefähige Ladeinfrastruktur ins-
tionsprozess sollte standardisiert werden.                         talliert werden.
     Als Fazit kann festgehalten werden, dass der Einsatz                Grausam, Parzinger und Müller (2015: 159) befrag-
von E-Fahrzeugen in ambulanten Pflegediensten möglich              ten Taxiunternehmer/-innen, die E-Fahrzeuge einset-
und vielversprechend ist. Als notwendige Voraussetzung             zen, und ihre Fahrerinnen und Fahrer zum Umstieg
gilt eine Ladestruktur, die auf dem Betriebsgelände ver-           und zur Nutzung von E-Fahrzeugen. Zu Projektbeginn
fügbar ist und Schnellladen (je nach Arbeitszeitgestal-            war die Akzeptanzbereitschaft der Taxiunternehmer/
tung) zulässt. Die vom Unternehmen gestattete private              -innen und Taxifahrer/-innen gegenüber E-Taxis gering,
Nutzung von Flottenfahrzeugen setzt die Möglichkeit                sie nahm jedoch mit der Zeit zu. Die öffentliche Infra-
des Ladens am Wohnort sowie ein Abrechnungssystem                  struktur wurde gelegentlich zum Zwischenladen genutzt,
voraus, das diese Form der Nutzung erfasst.                        die meiste Zeit wurden die E-Fahrzeuge über Nacht,
                                                                   am eigenen Betriebsgelände, geladen. Als wesentliche
                                                                   Bedarfe werden ein Auftragsvergabesystem, das Kun-
2.3 Nutzung von E-Mobilität durch                                  dinnen und Kunden erlaubt, gezielt E-Taxis anzufordern,
Taxiunternehmen                                                    genannt, darüber hinaus der Ausbau der öffentlichen
                                                                   Ladeinfrastruktur (Schnellladen), taxi-eigene (Schnell-)
In vielen Städten der Welt nutzen Taxiflotten E-Fahr-              Ladeinfrastruktur (vornehmlich an Taxiständen) sowie
zeuge. Die Größe der Taxiunternehmen variiert abhängig             das Aufrücken mit herkömmlichen Taxis trotz Ladens am
von den lokalen Gegebenheiten von Klein- bis Großunter-            Taxistand (wie auch der Wunsch nach Weiterentwick-
nehmen. Teilweise sind Taxiunternehmen Einpersonen-                lung der Induktivladetechnik).
betriebe, die Taxiunternehmer/-innen fahren selbst. Taxi-                Im Projekt „GuEST“ wurden Stuttgarter Taxiunter-
unternehmen sind meist in Verbänden organisiert. Die               nehmen mit E-Fahrzeugen ausgestattet und finanzi-
Verbände regeln die Verteilung der Fahrten und vertreten           elle Verluste kompensiert. Der Feldversuch wurde mit
die Interessen der Mitglieder. In Deutschland kann die             Fokusgruppen und Befragungen begleitet (Goldschmidt/
Kundschaft eine Taxifahrt initiieren, indem sie ein Taxi an        Richter/Pfeil 2019). Die teilnehmenden Taxiunternehmen
einem Taxistand nimmt oder ein Taxi telefonisch ordert.            wurden charakterisiert und erfolgsrelevante Rahmen-
Am Ende einer Kundenfahrt entscheidet der Taxifahrer               bedingungen identifiziert. Die organisatorisch-strate-
bzw. die Taxifahrerin, ob eine neue Fahrt per Taxifunk             gischen Unterschiede zwischen den Taxiunternehmen
angenommen, zum Betriebsgelände gefahren wird oder                 beeinflussen ihre Aktivität und Wahrnehmungen. Der
zu einem Taxistand, um dort auf Kundschaft zu warten               Entscheidungsfindungsprozess für die Umstellung auf
(§ 47 Abs. 1 PBefG).2 Per GPS-Tracking wird die Position           E-Fahrzeuge ist ein Abwägen ökologischer und öko-
erfasst, außerdem werden in den Taxis Lenk-, Warte- und            nomischer Aspekte. Zentrale Motive des Einsatzes von
Pausenzeiten erfasst (Zhang/Sun/Li et al. 2015).                   E-Fahrzeugen sind ihr Beitrag zur Umweltfreundlichkeit
    Es gibt viele Studien, die die Elektrifizierung von            des Unternehmens und zur Lebensqualität in der Hei-
Taxiflotten simulieren (u. a. Tian/Jung/Wang et al. 2016;          matstadt sowie das Testen einer Innovation. Auf der
Ko/Kim/Nam et al. 2017; Wang/Zhang/Fang et al. 2020).              administrativen Ebene wurde auf Bestreben der Taxiun-
Ziele der Simulationen sind unter anderem Aussagen                 ternehmen ein günstiger Ladestromtarif ausgehandelt,
zum Ladebedarf, zur Platzierung von Ladeinfrastruktur              ohne den der Betrieb wirtschaftlich nicht möglich wäre.
oder zur Verbesserung des Lademanagements. Nach                    Als zentrale technische Entwicklungsaufgabe sehen
der Simulationsstudie von Sellmair und Hamacher                    Fahrpersonal und Taxiunternehmen die Harmonisie-
                                                                   rung von Reichweite und Ladeinfrastruktur. Ein wichtiger
2 Personenbeförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntma-
                                                                   Faktor ist der Einfluss der Witterung auf den E-Taxibe-
chung vom 8. August 1990, das zuletzt durch Artikel 329 der Ver-   trieb; im Winter sinkt die Reichweite, der Einsatz wird
ordnung vom 19. Juni 2020 geändert worden ist.                     aufwendiger.
Elektromobilitätsnutzung in Taxiunternehmen und Pflegediensten.   459
                                                         Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stakeholderprofile

     Helmus und van den Hoed (2015) analysierten das         kann textuell erfolgen oder visuell gestützt. Eine Vari-
Ladeverhalten gewerblicher E-Fahrzeugnutzer/-innen in        ante, die hier aufgegriffen wird, ist die Darstellung und
Amsterdam. Die Autoren befragten Behörden der Stadt,         der Vergleich von Stakeholderprofilen über Karten (Gölz/
leiteten Nutzergruppen ab und erhoben nutzergrup-            Langer/Becker et al. 2019: 92). Die Autoren erheben
penspezifische Daten zu Ladevorgängen. Die Ergeb-            anhand qualitativer Leitfadeninterviews mit Stakeholdern
nisse zeigen, dass E-Taxifahrer/-innen Zeit und Ort des      (Lokalpolitiker/-innen, Verwaltungsangehörige, Bürger/
Ladens freier wählen können als andere gewerbliche           -innen, Vertreter/-innen des lokalen Tourismusverbands;
Nutzer/-innen, die stärker an Spezifikationen gebunden       n=19) deren Sicht auf lokale Maßnahmen eines Mobi-
sind. Das Ladeverhalten ist heterogen. Geladen wird          litätsprojekts. Aus den Daten werden Profile abgeleitet,
zwischen den Schichten oder über Nacht an der öffent-        die den Projektbeteiligten ein vertieftes Verständnis der
lichen Ladeinfrastruktur in der Nähe ihres Hauses, bei       sozialen Wahrnehmung (Repräsentation) des Projekts
größeren Taxiunternehmen in Pausen auf dem Betriebs-         und seiner Gegenstände durch die Akteure ermöglichen
gelände oder bei organisatorischen Aufgaben. Während         sollen. Die Grundannahme ist, dass Wahrnehmung und
der Schicht nutzen die Befragten die öffentliche Lade-       Akzeptanz regional geprägt sind.
infrastruktur in der ganzen Stadt. Tesla-Nutzer/-innen            Die Rekonstruktion der sozialen Projekt-Repräsen-
präferieren die Tesla-eigene Ladeinfrastruktur. Das          tation berücksichtigt die Verortung der Befragten in der
Ladeprofil ist sehr heterogen und dennoch über Wochen        Region, ihre Kenntnis zentraler Entwicklungslinien der
konstant, da die Unterschiede zwischen Wochentagen           Gemeinde, ihre Sicht auf die Energie- und Mobilitäts-
und Wochenenden gering sind.                                 wende, auf Chancen und Risiken (für die Region, für
     Asamer, Reinthaler, Ruthmair et al. (2016) betrachten   sie selbst) sowie wahrgenommene Treiber und Hemm-
den Einsatz von E-Taxis in Wien. Ein zentrales Ergeb-        nisse des Projekts. Teil sozialer Repräsentationen sind
nis der Studie ist die insgesamt geringe Akzeptanz von       (gesellschaftliche) Normen, Ortsverbundenheit, ein kol-
E-Taxis bei Taxifahrer/-innen. Das Laden während des         lektives Gedächtnis und geteiltes gruppenspezifisches
Wartens auf Kundschaft und der Einsatz von E-Taxis im        Wissen. Der Vergleich gruppenbezogener Repräsenta-
Zweischichtsystem erfordern eine schnelle Aufladung.         tionen erlaubt die Ermittlung von Gemeinsamkeiten und
Die Taxifahrer/-innen wünschen sich Batteriewechsel-         Unterschieden. Die Darstellung erfolgt in Form einer
stationen, um Wartezeiten für Ladevorgänge minimieren        Landkarte der sozialen (Projekt-)Repräsentation. Diese
zu können.                                                   umfasst die wahrgenommenen Chancen und Treiber,
     Die Begleitung von E-Taxiflotten zeigt, dass der        Risiken und Hemmnisse. Die Karten zeigen in einer
Einsatz von E-Fahrzeugen stark durch organisationale         tabellarischen Übersicht mit unterschiedlicher Zellen-
Merkmale geprägt wird. Taxiunternehmen stellen spezi-        markierung, wie stark ein Item wahrgenommen wird. Der
elle Anforderungen an die technischen und organisatio-       Ansatz erlaubt, Unterschiede schnell erfassbar darzu-
nalen Rahmenbedingungen und weisen eine insgesamt            stellen, Einzelinformationen zu verdichten, Themen zu
geringe Bereitschaft auf, E-Fahrzeuge in ihre Flotte zu      gewichten und für Unterschiede zu sensibilisieren.
integrieren.

                                                             2.5 Akzeptanz und Kommunikation von
2.4 Stakeholderprofile für den Ausbau                        E-Mobilität
der Ladeinfrastruktur
                                                             In Studien zur gewerblichen Nutzung von E-Fahrzeugen
Infrastrukturprojekte, hier zum Ausbau der Ladeinfra-        wird mehrfach das Thema Akzeptanz angesprochen.
struktur, erfordern aussagekräftige Beschreibungen           Wie eingangs erwähnt, ist die Akzeptanz von E-Mobilität
potenzieller Stakeholder (Jakobs 2019). Sie sind Vor-        eher gering, wenn mit Akzeptanz aktives Engagement
aussetzung für ein effizientes Stakeholdermanagement,        (Becker/Renn 2019) gemeint ist, das sich in Verhal-
das Vermeiden von (Interessen)konflikten und das effi-       tensänderungen zeigt (Wechsel zu oder Nutzung von
ziente Einbeziehen von Stakeholdergruppen (Krips             E-Fahrzeugen). Als Akzeptanzhemmer werden Unsi-
2017: 6). Stakeholderprofile können literaturbasiert oder    cherheit bei der Reichweite sowie fehlende Ladeinfra-
empirisch erarbeitet werden, z. B. durch Zielgruppenbe-      struktur genannt (Grausam/Parzinger/Müller 2015: 135),
fragung, Interviews mit Personen, die die Zielgruppen        positiv wahrgenommen wird die finanzielle Förderung
kennen (Helmus/van den Hoed 2015), oder anderen              von E-Fahrzeugen und Ladeinfrastruktur (Globisch/
Methoden (vgl. Jakobs 2019). Die Darstellung der Profile     Dütschke/Wietschel 2018: 122). Aktive Akzeptanz und
460         Lorena Niebuhr, Eva-Maria Jakobs

die Adaption der Technologie der E-Mobilität erfordern               projekt „Online Schaufenster Elektromobilität“ wurden
weitere Maßnahmen, z. B. Informationskampagnen und                   verschiedene Bürgerbeteiligungsinstrumente entwi-
aktives Einbeziehen der Akteure (Goldschmidt/Richter/                ckelt, die von den Zielgruppen positiv bewertet wurden
Pfeil 2019: 2). In diesem Beitrag wird Akzeptanz als                 (Fröschle 2017: 509). Dazu gehören unter anderem eine
Ergebnis von Bewertungsprozessen gesehen, die tech-                  zentrale Webplattform, eine mobile App (Ladestation-
nologie-, kontext- sowie gruppen- bzw. individuenbezo-               Suche), ein Beteiligungsspiel (Welche Mobilitätsform
gen unterschiedlich verlaufen (Jakobs 2019).                         passt zu mir?) sowie Social-Media-Kanäle zu dem
     Kommunikation gilt als notwendige, aber nicht hin-              Projekt.
reichende Bedingung für aktive Akzeptanz (Renn 2015).                    An dieser Stelle kann festgehalten werden, dass es
Nichtwissen wie auch Wissen können zu aktiver Ableh-                 bisher kaum Studien zu den Informations- und Partizi-
nung oder Unterstützung führen (Bozem/Nagl/Rath et al.               pationsbedarfen gewerblicher Flottennutzer gibt, die den
2013: 33). Zu den Informations- und Partizipationsbedar-             Wechsel zu Elektromobilität erwägen oder planen. Die
fen für den potenziellen Umstieg auf Elektromobilität gibt           wenigen vorliegenden Studien zeigen, dass mangelndes
es bisher kaum Studien. Dumortier, Siddiki, Carley et al.            Wissen und falsche Annahmen die Nutzungsbereitschaft
(2015) betrachten den Zusammenhang von Information                   senken. Insgesamt gibt es Bedarf nach Informations-
und Akzeptanz. Ihre Ergebnisse zeigen einen positiven                und Beteiligungsformaten.
Effekt von „Total Cost of Ownership“-Informationen3
auf die Entscheidung zur Nutzung von E-Fahrzeugen.
Krause, Carley, Bradley et al. (2013) erheben Wissen                 3 Methodik
über und die Wahrnehmung von Elektromobilität in
den USA. Die Studie zeigt große Wissenslücken sowie                  Die diesem Beitrag zugrunde liegende Untersuchung
falsche Annahmen seitens der Teilnehmenden zum                       ist qualitativ-explorativ angelegt. Die Datenerhebung
Thema. Falsche Annahmen zu Kaufpreis, Fördermitteln                  erfolgt mit leitfadenbasierten Tiefeninterviews. Diese
und Einsparungen beim Unterhalt eines E-Fahrzeugs                    Methode ermöglicht es, intensiv nachzufragen und so
beeinflussen signifikant die Kauf- und Nutzungsabsich-               auch Themen zu erfassen, die bei der literaturbasierten
ten der Befragten.                                                   Entwicklung des Leitfadens nicht gesehen wurden. Die
     Die Entwicklung von Kommunikationsangeboten                     Zielgruppenauswahl orientiert sich am zielgruppenspezi-
für Stakeholder, die den Wechsel zu Elektromobilität                 fischen Potenzial für Elektromobilität.
erwägen, erfordert eine gute Kenntnis ihrer Bedarfe und                   Die Akquise orientierte sich an zwei Kriterien: Voraus-
Themen sowie der Faktoren, die Einfluss auf ihre Ent-                setzung war zunächst, dass das entsprechende Unter-
scheidungen haben (Reimer/Jakobs/Borg et al. 2015;                   nehmen bereit ist, Elektrofahrzeuge in seinen Fuhrpark
Hellmuth/Jakobs 2019). Im gewerblichen Bereich hängt                 zu integrieren. Anschließend wurden die dafür im Unter-
die Entscheidung über die Anschaffung von E-Fahr-                    nehmen zuständigen oder weisungsberechtigten Perso-
zeugen von organisationalen Merkmalen ab wie auch                    nen (Fuhrparkverantwortliche bzw. Unternehmensleitung
von den persönlichen Ansichten der dafür zuständigen                 befragt (vgl. Kaplan/Gruber/Reinthaler et al. 2016). Insge-
Person (Kaplan/Gruber/Reinthaler et al. 2016; Globisch/              samt wurden 26 Pflegedienste kontaktiert, die in Aachen
Dütschke/Wietschel 2018). Argumentationen für diese                  Dienste anbieten; davon erfüllten acht Unternehmen die
Zielgruppe müssen beide Aspekte berücksichtigen.                     erste Voraussetzung. Von diesen acht Unternehmen
     Meinungsbildung entsteht oft im Austausch, das                  waren sechs zuständige oder weisungsbefugte Perso-
heißt in der Interaktion mit anderen. Als wichtig gilt unter         nen bereit zu einem Interview. Die Zielgruppe Taxiunter-
anderem die Möglichkeit der Partizipation, das heißt der             nehmen wurde mit verschiedenen Mitteln adressiert, wie
aktiven, freiwilligen Beteiligung von Akteuren an Gestal-            Vermittlung durch die Industrie- und Handelskammer,
tungs- und Entscheidungsprozessen (vgl. Nanz/Fritsche                Telefonate mit großen Taxizentralen, Anrufe bei Taxiun-
2012; Goldschmidt/Richter/Pfeil 2019). Im Forschungs-                ternehmen, Akquise über einen lokalen Autohändler mit
                                                                     speziellen Verkaufsprogrammen für Taxiunternehmen
                                                                     sowie persönliches Ansprechen an Taxiständen. Sechs
3 Als Total Cost of Ownership werden die Gesamtnutzungskosten        Vertreter/-innen von Taxiunternehmen, die die erste Vor-
bezogen auf die Lebens- oder Nutzungsdauer bezeichnet. Im Fall
                                                                     aussetzung erfüllten, waren zu einem Interview bereit.
von Fahrzeugen beinhaltet die Betrachtung beispielsweise Kauf-
preis, Kraftstoffkosten, weitere Betriebskosten und gegebenenfalls
                                                                     Die Gesprächsbereitschaft war generell gering. Nicht-
auch den Wiederverkaufswert (Dumortier/Siddiki/Carley et al. 2015:   bereitschaft gründete auf dem Fehlen einer finanziellen
72).                                                                 Vergütung oder Sprachbarrieren.
Elektromobilitätsnutzung in Taxiunternehmen und Pflegediensten.   461
                                                        Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stakeholderprofile

    Die Datenerhebung erfolgte 2019 in Aachen. Die          ter war in der Elektronikproduktion beschäftigt, bevor er
Probanden (n=12) erhielten mehrheitlich vorab den Inter-    sich mit einem Taxiunternehmen selbstständig machte,
viewleitfaden. Die Interviews wurden meist am Arbeits-      ein anderer arbeitete früher als Monteur, ein weiterer im
platz geführt. Der Leitfaden umfasst sechs Themenkom-       Maschinenbau. Die Berufserfahrung der Befragten in der
plexe:                                                      Taxibranche beträgt im Durchschnitt 25,2 Jahre. Keiner
– Einstellung zu E-Mobilität, zukünftige Nutzung von        der Befragten nutzt privat ein extern ladbares E-Fahr-
    E-Fahrzeugen im Unternehmen                             zeug, wohingegen zwei Befragte Vollhybride nutzen.
– Anforderungen an E-Fahrzeuge                                   Die Datenanalyse erfolgte qualitativ inhaltsanaly-
– Anforderungen an den Ladeinfrastrukturausbau und          tisch nach Mayring (2015) in MAXQDA. Das deduktiv
    Standorte                                               wie induktiv gebildete Kategoriensystem umfasst acht
– Präferenzen für Ladeszenarien                             Ober-, 40 Sub- und 253 Subsubkategorien. Die Analyse
– Installation der Ladeinfrastruktur auf dem                erfolgte per Stakeholdergruppe sowie im Vergleich. Die
    Betriebsgelände                                         Ergebnisdarstellung wird durch typische Nutzerkom-
– Informationsbedarfe                                       mentare illustriert. Die Ergebnisse wurden in Anlehnung
                                                            an Gölz, Langer, Becker et al. (2019) in Profilkarten
Ergänzend wurden Angaben zu Unternehmensmerkma-             erfasst. In den Karten werden links Items gelistet, rechts
len, zum Fuhrpark und zur Arbeitsorganisation erhoben       wird die Relevanz dieser Punkte per Stakeholdergruppe
sowie soziodemographische Daten der Befragten (das          angezeigt, gemessen an der Anzahl von Nennungen
Alter wurde geschätzt), ihr Interesse an E-Mobilität und    (dunkelgrau: relevant, Item wird von ein bis drei Perso-
ihre Einschätzung der Relevanz geförderter E-Mobili-        nen genannt; dunkelgrau mit Punkt: hoch relevant, Item
tät in ihrem Geschäftsfeld. In einem Screeningbogen         wird von vier und mehr Personen angesprochen; weiß:
wurden arbeitsorganisatorische und sozioökonomische         keine Relevanz).
Aspekte des Unternehmens erhoben. Die Entwicklung
berücksichtigt Interessen der Stakeholdergruppen im
regionalen Kontext, Motive für Entscheidungen, (Unter-
nehmens-)Merkmale, Verhaltensweisen, Anforderun-
                                                            4 Ergebnisse
gen, Präferenzen sowie wahrgenommene Potenziale
und Risiken (Krips 2017: 13). Die Interviews wurden als     4.1 Unternehmensmerkmale
Audiofile aufgezeichnet (durchschnittliche Länge: 38
Minuten), transkribiert (Leseversion) und anonymisiert      Pflegedienste
(P = Pflegedienste, T = Taxiunternehmen).                   Der Personalstand in den befragten Unternehmen (n=6)
     Die Befragten in den Pflegediensten (n=6) haben        variiert zwischen 35 bis 90 Personen. Die Flotten umfas-
eine Führungsposition inne oder sind für den Fuhrpark       sen fünf bis 160 Fahrzeuge. Der Pflegedienst mit 160
verantwortlich. In kleinen Pflegediensten übernehmen        Fahrzeugen operiert überregional. Die Geschäftsräume
die Fuhrparkverantwortlichen auch Pflegeaufgaben.           der Pflegedienste sind angemietet (vgl. Grausam/Par-
Die Befragten (vier männlich, zwei weiblich) sind im        zinger/Müller 2015: 126). Alle Pflegedienste arbeiten im
Durchschnitt 54 Jahre alt (geschätzt). Ihre durchschnitt-   Zweischichtsystem (Früh- und Spätschicht), einer im
liche Berufserfahrung in der Pflegebranche beträgt 28,7     Notfall auch im Dreischichtsystem. Die Fahrzeiten vari-
Jahre. Drei Befragte waren vorher in anderen Bereichen      ieren je nach Route und Pflegeaufwand pro Patient bzw.
des Gesundheitswesens tätig, zwei in der Verwaltung         Patientin. Sie beschränken sich auf das Aachener Stadt-
von Unternehmen, eine Person im Qualitätsmanage-            gebiet. In einem Fall werden gelegentlich auch Perso-
ment einer Softwarefirma. Niemand von ihnen nutzt           nen in Nachbargemeinden versorgt. Die durchschnittlich
privat ein E-Fahrzeug.                                      pro Schicht zurückgelegte Strecke beträgt 42,5 km (vgl.
     Es wurden fünf Taxiunternehmer und eine Taxiun-        Uniper Technologies 2016: 66). Bei zwei Pflegediensten
ternehmerin befragt. Zwei koordinieren ihr Unterneh-        können nicht alle Fahrzeuge auf dem Betriebsgelände
men inklusive Fahrer, Fahrerinnen und Fahrzeuge; vier       geparkt werden, hier wird partiell ein öffentlicher Park-
Befragte fahren zusätzlich selbst. Das durchschnittli-      platz genutzt.
che Alter liegt bei 54 Jahren (geschätzt). Drei Befragte
geben an, „schon immer“ in der Taxibranche gearbeitet       Taxiunternehmen
zu haben, einer davon ohne Berufsausbildung, zwei           Die Größe der Unternehmen (n=6) reicht vom Ein-Mann-
weitere seit dem Abschluss ihres Studiums. Ein Befrag-      Unternehmen bis zu Unternehmen mit zehn Fahrerin-
462       Lorena Niebuhr, Eva-Maria Jakobs

nen und Fahrern (vgl. Goldschmidt/Richter/Pfeil 2019).       der Nutzung nicht betankt wurden. Durch den Einsatz
Je nach Mitarbeiteranzahl variiert die Anzahl der Fahr-      von E-Fahrzeugen und ihr Laden direkt nach der Rück-
zeuge zwischen einem und sechs Fahrzeugen. Haupt-            kehr in die Pflegeeinrichtungen könnten diese Konflikte
zweck der Fahrzeugnutzung ist der Personen- und              vermieden werden. Das letztendlich wahrgenommene
gelegentlich der Warentransport. Bis auf einen selbst-       Potenzial sind Kosteneinsparungen (vgl. Grausam/Par-
ständigen Taxifahrer, der nur tagsüber arbeitet, operie-     zinger/Müller 2015). Die Befragten sehen das Poten-
ren alle befragten Taxiunternehmen im Zweischichtsys-        zial, im Einsatz Kosten zu sparen. Die Initialkosten
tem mit Tag-Nacht-Wechsel. Die Fahrten können in der         beim Umstieg auf Elektromobilität werden als zu hoch
Regel nicht vorab geplant werden. Der Einzugsbereich         angesehen, jedoch nicht als kritisch, da es finanzielle
umfasst das Stadtgebiet und die umliegenden Gemein-          Spielräume für Investitionen gäbe (vgl. aber Grausam/
den. Standortspezifisch sind gelegentliche (über)regio-      Parzinger/Müller 2015: 129). Wahrgenommene kosten-
nale Fahrten zu umliegenden Flughäfen oder Städten in        bezogene Risiken betreffen neben den Anschaffungs-
einer Entfernung von etwa 100-200 km. Wenn öffentliche       kosten die Kosten für Ladeinfrastruktur. Als technisches
Verkehrsmittel ausfallen, müssen weit(er) entfernte Ziele    Risiko wird die begrenzte elektrische Reichweite wahr-
im europäischen Ausland angefahren werden. In Tages-         genommen und die dadurch potenziell geringere Flexi-
schichten beträgt die zurückgelegte Strecke im Mittel        bilität.
176,67 km (vgl. Grausam/Parzinger/Müller 2015: 159).
Bei Nachtschichten ist sie tendenziell geringer (168,33      Taxiunternehmen (T)
km). Die Ausgangspunkte der Touren differieren stark.        Die allgemeine Einstellung zu E-Fahrzeugen ist über-
Ein Befragter nennt die Firmenzentrale seines Unterneh-      wiegend positiv. Ihre Nutzung in Taxiunternehmen wird
mens, ein anderer Befragter gibt an, dass die Fahrzeuge      deutlich negativer bewertet (vgl. Grausam/Parzinger/
auf seinem Privatgelände, öffentlichen Parkplätzen           Müller 2015: 165). Wahrgenommene Potenziale betref-
sowie einem gemieteten Standplatz in der Innenstadt          fen erhebliche Einsparungen durch geringere Stromkos-
geparkt sind, wo sie von seinen Fahrerinnen/Fahrern          ten im Vergleich zu Benzinkosten sowie geringere Werk-
abgeholt und nach der Schicht zurückgebracht werden.         stattkosten durch einen niedrigen Verschleiß. Weitere
Ein anderer selbstständiger Taxifahrer parkt das Fahr-       Potenziale werden im Beitrag zum Umweltschutz
zeug auf seinem Privatgelände oder in häuslicher Nähe        gesehen und in einem höheren Komfort für Fahrgäste.
auf einem öffentlichen Parkplatz. Alle Taxiunternehmen,      Nutzungsmotive ergeben sich auch aus drohenden
die Geschäftsräume unterhalten, haben diese gemie-           Fahrverboten, insbesondere für dieselbetriebene Fahr-
tet oder nutzen entsprechend deklarierte Teile ihrer         zeuge in städtischen Gebieten. Potenziale werden in der
Wohnung. Die Geschäftsräume und Privathäuser bieten          Teilnahme an einer Zukunftstechnologie gesehen sowie
keine E-Ladeinfrastruktur.                                   potenziellen Wettbewerbsvorteilen bei gesundheits- und
                                                             umweltbewussten Kundinnen und Kunden.
                                                                  Das wichtigste wahrgenommene Risiko ist die
4.2 Einstellung zur E-Mobilität                              Notwendigkeit der Ablehnung von Kundinnen/Kunden
                                                             aufgrund einer geringen elektrischen Reichweite. Die
Pflegedienste (P)                                            Befragten kritisieren die von den Herstellern angegebe-
Die Befragten schätzen den Beitrag gewerblich genutz-        nen Reichweitenangaben, die unter realen Bedingun-
ter Elektromobilität zum Umweltschutz. Das positive          gen unhaltbar wären. Selbst die während einer Fahrt
Image von E-Fahrzeugen trage zur Arbeitgeberattraktivi-      angezeigten Reichweitenangaben werden unter realen
tät bei (vgl. Grausam/Parzinger/Müller 2015). „Ich denke,    Bedingungen als unzuverlässig empfunden. Bei Anläs-
dass der Dienstwagen attraktiver wird und ich glaube,        sen wie Silvester oder dem Ausfall öffentlicher Ver-
dass sich unsere Mitarbeiter mit diesem Trend identifi-      kehrsmittel ist die Nachfrage und damit die Fahrleistung
zieren und daran glauben. [...] Lassen Sie es mich richtig   höher. Eine begrenzte elektrische Reichweite bedeu-
formulieren: Es ist ja kein Trend. Sie finden es gut, sich   tet hier finanzielle Verluste. Weitere Risiken betreffen
aktiv an Elektromobilität zu beteiligen“ (Interview P4).     organisatorische Abläufe. Im Zweischichtsystem ist die
     Positiv bewertet wird der höhere Komfort von            Wartezeit zwischen den Schichten zu kurz für ein lang-
E-Fahrzeugen. Zwei Befragte erwarten einen stärker           sames Laden (vgl. Harendt/Schumann/Wirth 2017: 107).
vorausschauenden Fahrstil und den Abbau von Konflik-         Auch Zwischenladen wird negativ bewertet. Im Winter
ten in der Belegschaft, die entstehen, wenn konventio-       gilt der Einsatz von E-Fahrzeugen als problematisch.
nelle Fahrzeuge von ihren Fahrerinnen/Fahrern nach           Niedrige Temperaturen, Heizung und die Nutzung von
Elektromobilitätsnutzung in Taxiunternehmen und Pflegediensten.   463
                                                           Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stakeholderprofile

Abbildung 1: Wahrgenommene Potenziale und Risiken im Vergleich

Autoscheinwerfern belasten zusätzlich die Batterie und           konventionellen Motor zu verwenden, wenn die elek-
reduzieren gegebenenfalls die elektrische Reichweite             trische Reichweite nicht ausreicht. Ein Befragter hält
(vgl. Goldschmidt/Richter/Pfeil 2019). E-Taxis nutzen            100 km für ausreichend, vier Befragte nennen 100-200
Funktionen wie die Heizung nicht nur während der Kun-            km, ein anderer 200 km. Der Letztgenannte hofft,
denfahrt, sondern auch bei Wartezeiten am Taxistand.             dass E-Fahrzeuge dann nur einmal pro Woche aufge-
     Abbildung 1 stellt die durch die Stakeholdergruppen         laden werden müssen: „Es wäre schön, wenn wir die
wahrgenommenen Potenziale und Risiken zusammen-                  E-Fahrzeuge eine ganze Woche nicht laden müssten.
gefasst dar. Der Vergleich ergibt starke Unterschiede,           Wir haben einen festen Tag in einer Woche, an dem die
die insbesondere auf unterschiedlichen Arbeitsstruktu-           Wartung der Autos stattfindet. Das könnte man mit dem
ren und Arbeitsorganisation beruhen.                             Laden der E-Fahrzeuge kombinieren“ (Interview P3).
                                                                      Die Mehrheit der Befragten hält schnellladefähige
                                                                 E-Fahrzeuge in ihrer Branche für nicht notwendig, sie
4.3 Anforderungen an E-Fahrzeuge und                             seien zudem zu teuer (vgl. aber Uniper Technologies
Ladeinfrastruktur                                                2016: 107). Die Befragten wünschen leicht bedienbare
                                                                 und einfach zu wartende E-Fahrzeuge sowie ein flä-
4.3.1 Anforderungen an E-Fahrzeuge                               chendeckendes Wartungs- und Servicenetz für diese.

Pflegedienste                                                    Taxiunternehmen
Vier der sechs Befragten in den Pflegediensten präfe-            Die Reichweite eines E-Fahrzeugs ist eine wichtige
rieren den Einsatz rein batterieelektrischer Fahrzeuge           Spezifikation zur Analyse der Bedürfnisse einer Inter-
(vgl. Vogel 2016: 10). Plug-in-Hybride werden durch alle         essengruppe (Ko/Kim/Nam et al. 2017). Zwei Befragte
Befragten abgelehnt, sie würden dazu einladen, den               erwarten in ihrem professionellen Kontext eine Min-
464        Lorena Niebuhr, Eva-Maria Jakobs

                                                            Anforderungen nicht erfüllt, kann das zu Schwierigkeiten
                                                            beim Erwerb der Taxizulassung führen. Die verfügbaren
                                                            Tesla-Modelle werden hinsichtlich Reichweite, Lade-
                                                            zeit und hochwertiger Ausstattung positiv bewertet, der
                                                            Preis ist jedoch für kleine Unternehmen zu hoch. Zwei
                                                            Befragte, die Plug-In-Hybride präferieren, argumentie-
                                                            ren, dass der konventionelle Motor ihnen ein Gefühl der
                                                            Sicherheit gibt, auch lange Kundenreisen antreten zu
                                                            können. Ein anderes Argument ist, dass die Taxibran-
                                                            che zunehmend Parallelhybride einsetze und Plug-In-
                                                            Hybride als E-Fahrzeug-Variante bevorzuge. Langfristig
                                                            präferiert die Mehrheit der Befragten jedoch den Einsatz
                                                            rein elektrischer Fahrzeuge (vgl. Hagmann/Langbroek
                                                            2019).
                                                                 Abbildung 2 zeigt die Befunde im Vergleich. Die
                                                            Unterschiede betreffen insbesondere Fahrzeugeigen-
                                                            schaften wie Reichweite, Größe, Schnellladen und
                                                            Manövrierbarkeit.

Abbildung 2: Anforderungen an E-Fahrzeuge im Vergleich
                                                            4.3.2 Anforderungen an die Ladeinfrastruktur

destreichweite von 190 km. So können ganze Schichten        Pflegedienste
wie auch Fahrten zu den Flughäfen ohne Zwischenla-          Alle Befragten präferieren aus der Sicht ihres Berufs-
den durchgeführt werden. „Die überwiegende Mehrheit         alltags das Laden von E-Fahrzeugen über Nacht (vgl.
der Flughäfen, zu denen wir fahren, sind Düsseldorf         Grausam/Parzinger/Müller 2015; Ehrler/Luft/Elektirikçi
und Köln. Ich muss in der Lage sein die Reise, inklu-       et al. 2016), alternativ zwischen Früh- und Spätschicht.
sive der Rückfahrt nach Aachen, abzuschließen. Nun,         Die Dauer eines Ladevorgangs hängt von E-Fahrzeug
eine 190 km lange Fahrt sollte möglich sein. Es sind 95     und Ladeinfrastruktur ab. Der Mehrheit der Befrag-
km pro Fahrt. Es ist mir wichtig, dass ich immer wieder     ten reicht langsames Laden (ähnlich Uniper Technolo-
zu meinen Ladestationen hier in Aachen zurückkehren         gies 2016: 42). Die Option des Schnellladens auf dem
kann“ (Interview T6).                                       Betriebsgelände würde jedoch Pflegefahrzeugen (vgl.
    Die Hälfte der Befragten benötigt eine Mindestreich-    Ehrler/Luft/Elektirikçi et al. 2016), Dienstfahrzeugen für
weite von 400 km. So könne ein durchschnittlicher           andere Zwecke wie auch Mitarbeiterfahrzeugen, die dort
Tag absolviert und weiter entfernte Ziele leicht erreicht   stehen, mehr Flexibilität und Sicherheit bringen. „Für
werden. Nur ein Befragter wünscht eine Mindestreich-        den schlimmsten Fall möchte ich es so ausdrücken:
weite von 1.000 km, um im Falle von Zugausfällen im         wenn jemand den Tag oder die Schicht vorher wirklich
Grenzverkehr Fahrgäste zu weiter entfernten Zielen          nicht geladen hat. So etwas kann passieren. Dann ist
(Frankfurt, Brüssel, Paris) transportieren zu können.       es wichtig, dass Schnellladen möglich ist und dass Sie
Auch wenn solche Fahrten selten sind, führt die Aus-        es nutzen können, wenn auch nur für diese Situationen“
sicht, derartige Kundenanfragen nicht bedienen zu           (Interview P5).
können, zu einer negativen Wahrnehmung der elektri-              Das Laden sollte in erster Linie auf dem Betriebs-
schen Reichweite. E-Fahrzeuge, die als Taxis genutzt        gelände erfolgen. Ein Pflegedienst erlaubt dem Perso-
werden, müssen zudem schnell ladbar sein (Asamer/           nal, Flottenfahrzeuge mit nach Hause zu nehmen (vgl.
Reinthaler/Ruthmair et al. 2016: 234), z. B. zwischen       Grausam/Parzinger/Müller 2015). Dann müssen bei
Schichten. Weitere Bedarfe sind ein geringerer Kauf-        E-Fahrzeugen daheim Lademöglichkeiten installiert
preis (trotz geringerer Wartungskosten im Vergleich         sein. Der Pflegedienst würde nach eigener Aussage alle
zu herkömmlichen Fahrzeugen) sowie eine größere             Stromkosten übernehmen und auch die private Nutzung
E-Fahrzeug-Modellauswahl für ihre Zwecke. Da Taxis          unterstützen. Ist eine Installation zum Aufladen nicht
bis zu vier Fahrgäste mit Gepäck transportieren können      möglich, muss die öffentliche Ladeinfrastruktur in der
müssen, muss das Fahrzeug groß sein. Werden diese           Nähe des Wohnsitzes genutzt werden.
Elektromobilitätsnutzung in Taxiunternehmen und Pflegediensten.   465
                                                         Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stakeholderprofile

Taxiunternehmen                                              gelegentlich Fahrzeuge mit nach Hause zu nehmen.
Der Einsatz von E-Fahrzeugen als Taxi ist an eine flä-       Bei E-Fahrzeugen soll die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter
chendeckend verfügbare Ladeinfrastruktur gebunden.           die öffentliche Ladeinfrastruktur in der Nähe der eigenen
Sie sollte diverse Ladearten unterstützen (vgl. Helmus/      Wohnung nutzen. Die Installation einer eigenen Lade-
van den Hoed 2015: 595), eine hohe Anzahl von Lade-          station lohnt nicht, weil die Fahrer/-innen oft bei ver-
punkten bieten und zuverlässig funktionieren. Tech-          schiedenen Taxiunternehmen arbeiten und/oder nach
nische Störungen wie auch Umstände, die den Lade-            kurzer Zeit den Arbeitgeber wechseln. Insgesamt ist die
vorgang behindern (z. B. Falschparker/-innen) müssen         Nutzungsbereitschaft (halb-)öffentlicher Ladeinfrastruk-
minimiert werden. Die Installations-, Betriebs- und War-     tur geringer als in anderen Studien (vgl. aber Grausam/
tungskosten für Ladeinfrastruktur sollten sinken wie auch    Parzinger/Müller 2015: 162).
die Ladezeit für den flexiblen Einsatz von E-Fahrzeugen           Die Befragten beschränken Schnellladen auf die
(vgl. Teuschl/Deiml/Ackerl 2017: 34).                        Ladeinfrastruktur an Taxiständen oder im Zweischicht-
      Spezielle Anforderungen betreffen den Standort         system (vgl. aber Helmus/van den Hoed 2015). Im
der Ladestationen. Taxiunternehmen wollen primär             Zweischichtsystem sind die Wartezeiten zwischen den
am Taxistand laden (vgl. Grausam/Parzinger/Müller            Schichten zu kurz, um das E-Taxi bei langsamer Lade-
2015: 162; Goldschmidt/Richter/Pfeil 2019: 14) und zwar      geschwindigkeit vollständig zu laden. Wird das E-Taxi
innerhalb von 20 Minuten (Schnellladung). Vorbehalte         nur in einer Schicht pro Tag genutzt, reiche langsames
und Planungsbedarf betreffen das Design der Taxi-            Laden – bevorzugt an dem Ort, an dem das Taxi geparkt
stände. Die Befragten thematisieren potenzielle Kon-         wird, nach der Schicht am Abend oder über Nacht. „Ein
flikte zwischen konkurrierenden Taxifahrern/-innen bzw.      Fahrzeug steht hier immer am Abend bei mir zu Hause.
Taxiunternehmern/-innen in Bezug auf die Nutzungs-           Das Fahrzeug kann über Nacht aufgeladen werden. Am
dauer und die Häufigkeit der Nutzung der Ladeinfra-          Morgen kommt der neue Fahrer vorbei und kann das voll
struktur. „Sie sind alle Wettbewerber auf dem gleichen       aufgeladene Fahrzeug für seine Schicht nutzen. Dann
Markt. Sie sind natürlich Gegner. Und dann wird ein          kommt das andere Fahrzeug zurück“ (Interview T3).
Unternehmen sagen: Großartig, sie nutzen es länger als            E-Fahrzeuge mit begrenzter Reichweite müssen
wir, mal wieder, weil sie größer sind oder so. Solche Pro-   während der Schicht geladen werden, bei langen Fahrten
bleme bekommt man leicht“ (Interview T6).                    nach der Rückkehr. Ladezeit und Ladedauer können je
      Akzeptanzrelevant ist die Positionierung der Lade-     nach gefahrener Strecke und Restreichweite stark vari-
punkte am Taxistand. Da die Fahrgäste in das erste           ieren. Das Zwischenladen während einer Schicht bewer-
Fahrzeug der Warteschlange steigen, fürchten die             ten alle Befragten eher negativ, insbesondere wenn das
Taxifahrer/-innen, bei kabelgebundenem Ladevor-              Taxi zu einem Ort außerhalb des normalen Einsatzge-
gang nicht nachrücken zu können. Die Platzierung der         bietes gebracht werden muss. Bevorzugte Orte des Zwi-
Ladestation(en) am hinteren Ende des Taxistandes             schenladens sind der Taxistand sowie Orte, an denen
erzeugt Kundenverlust, die Platzierung an der Spitze         die offiziell geforderten Pausen eingelegt werden. „Wenn
Konflikte mit anderen Taxifahrern: „Wenn die Hälfte der      das Schnellladen wirklich so schnell wäre, könnte man
wartenden Taxis [am Hauptbahnhof] elektrisch sind,           während der Schicht laden. Du könntest während der
benötigen sie zehn Ladestationen. Wo willst du sie hin-      offiziellen Pause [...] laden. Dann tue ich wenigstens
stellen? Legst du sie vorn oder hinten an? Wenn sie          etwas Nützliches in der Pause, die ich nehmen muss“
hinten sind, wählen Kunden Taxis, die die ersten in der      (Interview T6).
Reihe sind. Wenn du sie vor die anderen stellst, werden           Die Zeit, in der das Fahrzeug ungenutzt bleibt,
sie [Taxifahrer mit konventionellen Fahrzeugen] anfan-       sollte möglichst gering sein. Im Zweischichtsystem mit
gen, sich zu beschweren“ (Interview T2).                     Tag- und Nachtwechsel sind die längsten ungenutzten
      Konflikte entstehen, wenn in der Schlange stehende     Zeiten die frühen Morgenstunden. In dieser Zeit sollte
herkömmliche Taxis die Ladesäulen blockieren. Als            der Hauptladevorgang stattfinden.
Lösungsansätze werden Halteverbotszonen und Taxi-                 Die Befragten thematisieren selbstinitiiert alternative
standplätze ausschließlich für E-Taxis genannt.              E-Fahrzeugkonzepte. Ein Befragter ist an der Nutzung
      Verfügt das Taxiunternehmen über ein Betriebs-         von Wasserstofffahrzeugen interessiert, scheut jedoch
gelände, sollte dort Ladeinfrastruktur installiert werden    die Kosten und vermisst die dazu nötige Infrastruktur. Es
(vgl. Grausam/Parzinger/Müller 2015: 162). Dies planen       werden auch alternative Ladekonzepte angesprochen.
zwei befragte Unternehmen. Eins dieser größeren Taxi-        Die kabelgebundene Ladung wird von zwei Befragten
unternehmen erlaubt seinen Fahrerinnen und Fahrern,          als zu langsam und umständlich bewertet. Sie erfülle
466       Lorena Niebuhr, Eva-Maria Jakobs

nicht die besonderen Mobilitätsbedürfnisse der Taxiun-
ternehmen. Batteriewechselstationen seien eine Mög-
lichkeit, den Akku in kurzer Zeit zu laden. Zwei Befragte
favorisieren die induktive Ladung. So sei das Laden am
Taxistand weniger problematisch, da die Fahrzeuge
nicht mit einer Station verbunden sind.
     Vergleicht man die Befunde auf Stakeholdergruppen
bezogen (vgl. Abbildung 3), zeigen sich wieder deutli-
che Unterschiede, z. B. in puncto Ladeort oder Ladege-
schwindigkeit.

4.4 Informations- und
Partizipationsbedarf

Pflegedienste
Für eine fundierte Entscheidung für oder gegen den
Einsatz von Elektromobilität wünschen sich die befragten
Entscheiderinnen und Entscheider Erfahrungsberichte
anderer Pflegedienste, die erfolgreich E-Fahrzeuge in
ihre Flotte integriert haben, etwa um Nutzungsrisiken
besser einschätzen zu können. Drei Befragte bezweifeln
die in der Berichterstattung überwiegend positiv darge-
stellte Ökobilanz von E-Fahrzeugen (von der Herstel-         Abbildung 3: Anforderungen an die Ladeinfrastruktur im Vergleich
lung bis zum Batterie-Recycling) im Vergleich zu kon-
ventionellen Fahrzeugen. Sie wünschen zudem eine
übersichtliche Zusammenstellung von Vor- und Nachtei-            Zwei Befragte wollen Trainings, die die Mitarbeiter/
len (z. B. als on- oder offline verfügbaren Flyer).          -innen auf die tägliche Arbeit mit E-Fahrzeugen vorberei-
     Besonders wichtig für die Entscheidung, die eigene      ten und die Umstellung von konventionellen zu E-Fahr-
Flotte auf E-Fahrzeuge umzustellen, sind Förderoptio-        zeugen effektiv unterstützen. Potenzielle Schulungs-
nen. Zwei Befragte wünschen detaillierte Information zu      themen sind energiesparendes, geräuschloses Fahren
Fördermöglichkeiten – auf einer Internetseite, in einem      sowie Laden. Für die Trainings werden verständlich auf-
Flyer oder als persönliche Beratung durch Automobilher-      bereitete Trainingsunterlagen, gegebenenfalls von Fahr-
steller oder -händler. Sie wollen zentral über Förderpro-    zeugherstellern, gewünscht.
jekte informiert werden. Bei Projekten, die gewerbliche
E-Mobilität fördern, sollte sich die Projektleitung proak-   Taxiunternehmen
tiv an (regionale) Pflegedienste wenden und diese aktiv      Trotz Interesse an Elektromobilität sind aktuelle tech-
über das Vorhaben informieren sowie Kontakt halten.          nische Entwicklungen eher unbekannt. Vier Befragte
Dies erlaube den Pflegediensten, Projektziele frühzeitig     gehen – wie die Pflegedienste – von einem mehrstün-
strategisch einzubeziehen. Im Projektverlauf verlagert       digen Ladevorgang aus. Die Hälfte der Befragten kennt
sich das Interesse auf Projektfortschritte. Bei Ladeinfra-   die Option des Schnellladens nicht. Vereinzelt wird
strukturausbauprojekten wollen sie über Meilensteine,        angenommen, dass Schnellladen der Fahrzeugbatterie
potenzielle Verzögerungen in der Umsetzung sowie die         schadet und die Reichweite des E-Fahrzeugs reduziert.
entstehende Ladepunkt-Landschaft informiert werden.          Fast alle Befragten (5 von 6) berichten, dass zum Zeit-
Das ‚Wie‘ des Informierens wird kontrovers gesehen.          punkt der Befragung keine Modelle existieren, die ihre
Einige präferieren aktuelle Information per Website,         Mobilitätsanforderungen (Reichweite, Ladezeit, Pas-
andere lehnen dies als veraltet ab und präferieren           sagierkapazität) erfüllen und durch Kleinunternehmen
Social-Media-Beiträge. Auch E-Mail-Newsletter werden         finanzierbar sind. Sie sind unsicher, welche E-Fahrzeuge
kontrovers gesehen; es gäbe zu viele, das Format wird        als Taxi ausgestattet und zugelassen werden können.
schnell in der Menge übersehen.
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