Elim Chan - Sa 20.04. Tarrodi Liguria MacMillan Veni, veni, Emmanuel Elgar Enigma-Variationen - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

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Elim Chan - Sa 20.04. Tarrodi Liguria MacMillan Veni, veni, Emmanuel Elgar Enigma-Variationen - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Tarrodi
                                        ›Liguria‹
                                    MacMillan
                           ›Veni, veni, Emmanuel‹
                                         Elgar
                            ›Enigma-Variationen‹

                               Sa 20.04.
                            20 Uhr | Philharmonie

Elim Chan
Simone Rubino Schlagzeug
Elim Chan - Sa 20.04. Tarrodi Liguria MacMillan Veni, veni, Emmanuel Elgar Enigma-Variationen - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Programm                                   2                                                                                                                                                                 3                      Introduktion

 Sa 20 04 | 20 Uhr —–
                                                                                                                                                  Veränderungen
    Uraufführung am 20. April 2012 in      Andrea Tarrodi (*1981)
   der Stockholmer Berwaldhalle durch      ›Liguria‹ (2012)                                                                                       Santtu-Matias Rouvali, der quirlige, ideenreiche junge Finne sollte und
   das Schwedische Radio-Symphonie-
       orchester unter der Leitung von     		 I. ›Onde‹ (Wellen). Allegro maestoso –                                                              wollte das heutige Konzert dirigieren. Er hatte ein sorgfältig zusammenge-
                       ­Daniel Harding.    		II. ›Orizzonte‹ (Der Horizont). Lento, sensibile –                                                   stelltes österliches Programm vor. Alle drei Werke – Sibelius’ ›Karelia‹-Suite,
                                           		I II. ›Sentiero Azzuro‹ (Der blaue Pfad). Lento, cantabile –
                                                                                                                                                  MacMillans Schlagzeugkonzert und Schostakowitschs Zwölfte Symphonie –
                                           			 Allegro subito capriccioso –
                                           		I V. ›Colori‹ (Farben) –
                                                                                                                                                  ­wurden vor einem Hoffnungshintergrund, einem politischen oder religiösen,
                                           		 V. ›Montagne‹ (Berge). Allegro, maestoso –                                                           jedenfalls einem menschheitsgeschichtlichen, komponiert. Wegen Erkran-
                                           		V I. ›Stelle‹ (Sterne). Adagio, in lontano                                                            kung musste Rouvali kurz vor Beginn der Probenphase sein Dirigat absagen.
                                                                                                                                                   Es gehört zu den Wundern des Musiklebens, dass in solch scheinbar aus­
  Uraufführung am 10. August 1992 in       James MacMillan (*1959)
                                                                                                                                                   weglosen Situationen dennoch Wege und Lösungen gefunden werden,
   London durch das Scottish Chamber       ›Veni, veni, Emmanuel‹
Orchestra unter der Leitung von Jukka-
                                           Konzert für Schlagzeug und Orchester (1991|92)                                                          und dass dabei auch wieder plausible Programme entstehen können,
Pekka Saraste; Solistin: Evelyn Glennie.
                                                                                                                                                   ob­wohl sie sich von den ursprünglichen Vorhaben konzeptionell deutlich
                                           ›Introit - Advent‹ – ›Heartbeats‹ –
                                           ›Dance - Hocket‹ – Transition: Sequence I –
                                                                                                                                                   unter­scheiden. In den notwendigen Änderungen liegt das Potenzial ange­
                                           ›Gaude, gaude‹ – Transition: Sequence II –                                                              nehmer Überraschungen.
                                           ›Dance - Chorale‹ –
                                           ›Coda - Easter‹                                                                                        So bringt der heutige Abend gleich mehrere Premieren: Zum ersten Mal leitet
                                                                                                                                                  Elim Chan das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin, zum ersten Mal diri-
                                           Pause
                                                                                                                                                  giert sie in der Philharmonie, und erstmals erklingt in den Konzerten des
       Uraufführung am 19. Juni 1899       Edward Elgar (1857–1934)
                                                                                                                                                  DSO ein Werk der schwedischen Komponistin Andrea Tarrodi. Ihre Komposi-
    in der St. James Hall London unter     Variationen über ein eigenes Thema op. 36
         der Leitung von Hans Richter.
                                           ›Enigma-Variationen‹ (1898|99)                                                                         tion, die wie so manches Opus in der Geschichte der Musik durch das Erleb-
                                                                                                                                                  nis italienischer Landschaft und Atmosphäre angeregt ist, führt in ihrer
                                           lntroduction – Variation I (C. A. E.) – Variation II (H. D. S.-P.) – ­
                                           Variation III (R. B. T.) – Variation IV (W. M. B.) – Variation V (R. P. A.) –
                                                                                                                                                  Tonsprache ziemlich direkt auf das Schlagzeugkonzert von James MacMillan
                                           Variation VI (Ysobel) – Variation VII (Troyte) – Variation VIII (W. N.) –                              zu, direkter, als dies Sibelius’ ›Karelia‹-Suite geleistet hätte; diese stand in
                                           Variation IX (Nimrod) – Variation X (Dorabella). Intermezzo –                                          einem leicht geheimnisvollen Zusammenhang mit Schostakowitschs Sympho-
                                           Variation XI (G. R. S.) – Variation XII (B. G. N.) – Variation XIII (***).                             nie. Kompositorisch gesehen handelt es sich bei ›Veni, veni, Emmanuel‹ um
                                           Romanza – Variation XIV (E. D. U.). Finale
                                                                                                                                                  Variationen, die aus einem Advents-Choral gewonnen wurden und ihn nun
                                                                                                                                                  ihrerseits umgeben, umspielen und befragen. Dabei entstand eine Form, die
                                           Elim Chan
                                                                                                                                                  sich von klassischen Variationszyklen deutlich unterscheidet, aber nicht
                                           Simone Rubino Schlagzeug
                                                                                                                                                  weniger klar artikuliert ist, mit symmetrischen Entsprechungen ihrer Teile
                                           Dauer der Werke                                                                                        um die ruhige, kontemplative, visionäre Mitte. Edward Elgar hielt sich in
                                           Tarrodi ca. 10 min | MacMillan ca. 28 min | Elgar ca. 40 min
                                                                                                                                                  seinen ›Enigma-Variationen‹ zwar noch an die überkommene Gliederung
                                           Santtu-Matias Rouvali musste die Leitung des heutigen Konzertes aus Krankheitsgründen                  in eine Folge etlicher Einzelvariationen, doch die Kraft, den Kontrast der
                                           b­edauer­­licherweise absagen. Wir danken Elim Chan herzlich dafür, dass sie kurzfristig eingesprun-   verschiedenen Teile in eine Entwicklung einzubinden und so den Zusam-
                                           gen ist und bitten um Verständnis für die Programmänderung, die dadurch notwendig wurde.
                                                                                                                                                  menhang eines musikalischen Ganzen herzustellen, setzt sich darin als das
                                           Das Konzert wird von Deutschlandfunk Kultur aufgezeichnet und am 21. April 2019 ab                     Bestimmende durch – im Vorausblick auf seine Symphonien.
                                           20.03 Uhr gesendet. UKW 89,6 | DAB+ | online | App
Elim Chan - Sa 20.04. Tarrodi Liguria MacMillan Veni, veni, Emmanuel Elgar Enigma-Variationen - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Zu den Werken                                   4                                                                                                                                                 5                           Zu den Werken

                                                                                                                           Ihre Laufbahn zeichnet sich durch systematische Geradlinigkeit aus.
                                                                                                                           Als Achtjährige begann die Musikertochter mit dem Klavierspiel,
                                                                                                                           schon damals zog es sie zum Erfinden eigener Stücke. Sie wurde Kom-

                                                    Ansichten
                                                                                                                           ponistin; dieses Wunschziel von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter
                                                                                                                           aufrechtzuerhalten, erfordert enorme Beharrlichkeit. Dem Privatunter-
                                                                                                                           richt und dem Besuch eines Musikgymnasiums folgten Studien an der
                                                        von Habakuk Traber                                                 Königlichen Musikhochschule Stockholm und am Konservatorium im
                                                                                                                           italienischen Perugia. Sie schloss ihre Lehrjahre 2009 mit dem Master-
                                                                                                                           diplom in Komposition ab. Für die Aufführung ihrer Werke gewann sie
                                                                                                                           die besten Partner: in ihrer Heimat unter anderen das Stockholmer
                                                                                                                           ­Orchester des Schwedischen Rundfunks, bei dem sie ab 2011 für zwei
                                                                                                                            Jahre Composer in Residence war; ihre Vokalwerke brachten der
                                                                                                                            Schwedische Rundfunkchor und der Eric-Ericson-Kammerchor, ein
                                                                                                                            ­Pionierensemble moderner Vokalkultur, in die Öffentlichkeit.
                                                                                                                                                                                                       Andrea Tarrodi

                                                                                                                            Ihrer Residenz beim Schwedischen Rundfunkorchester verdankt sich
                                                                                                                            auch die Komposition ›Liguria‹, mit der das heutige Konzert nun eröff-
                                                                                                                            net wird; ein Auftragswerk ohne vorgegebene Themenbindung. Der
                                                                                                                            Impuls zum Konzept und zur konkreten Gestalt kam für Andrea Tar-
                                                                                                                            rodi ohne äußeres Zutun. Die Komponistin schreibt zu ihrem Stück:
                                                                                                                           »An der Nordwestküste Italiens, am Ligurischen Meer, liegen fünf
                                                                                                                           kleine ­Fischerdörfer, die sich an steilen Klippen emporwinden. Sie hei-    Andrea Tarrodi wurde 1981 in Stockholm
                                                                                                                           ßen Riomaggiore, Manarola, Corniglia, Vernazza und Monterosso, und          geboren. Bereits in ihrer Studienzeit erhielt
                                                                                                                                                                                                       sie erste Stipendien von der Hochschule
                                                                                                                           ­zwischen den Dörfern verlaufen Pfade, die sie über die Berge mitein-
                                                                                                                                                                                                       und von der Schwedischen Urheberrechts-
                                                                                                                            ander verbinden. Im August 2011 besuchte ich diese Gegend, und             gesellschaft STIM, danach wurden ihre
                                                                                                                            gleich, nachdem wir angekommen waren, wusste ich, dass ich Musik           Projekte von der STIM und von der Kunst-
                                                                                                                            darüber schreiben wollte. Das Ergebnis ist ein Werk, das als Wande-        förderung Konstnärsnämnden regelmäßig
                                                                                                                            rung zwischen den kleinen Orten beschrieben werden kann: zwi-              unterstützt. Sie war Composer in Residence
                                                                                                                                                                                                       beim Schwedischen Sender Radio P2
                                                                                                                            schen Riomaggiore mit seinen hohen Wellen; Manarola mit seinem
                                      —––                                                                                                                                                              (2011–13), bei der Berwald Hall und der
                                                Wer sich, der ursprünglichen Programmplanung entsprechend, auf              Glockenturm; Monterosso mit den sonnenhungrigen Badegästen, die            Västerås Sinfonietta. Preise und Auszeich-
                       Andrea Tarrodi           Jean Sibelius’ ›Karelia‹-Suite freute, mag enttäuscht sein. Doch das Be-    sich gestresst beeilen, einen sicheren Platz am Strand zu finden und       nungen erhielt sie beim Kompositionswett-
                             ›Liguria‹          dauern über das Entgangene kann durch die Gelegenheit, Neuem zu             ihre farbenfrohen Sonnenschirme aufzuspannen, als befänden sie sich        bewerb in Uppsala 2010, 2015 wurde ihr
                                                begegnen, aufgewogen werden. Denn auf das, was an dem finnischen            in einer Szene eines Fellini-Films; Vernazza mit seinem Wachtturm und      der Carin Malmlöf-Forssling Award, 2018
                        Besetzung
                                                                                                                                                                                                       der Swedish Grammy Award für die Einspie-
        3 Flöten (3. auch Piccolo),             Komponisten mit schwedischer Muttersprache oft und gern hervorge-           seinen Klippen; und schließlich Corniglia, wo der Nachthimmel voller
                                                                                                                                                                                                       lung ihrer Streichquartette verliehen. Ihre
    2 Oboen, Englischhorn, Kleine               hoben wird, muss man nicht verzichten. ›Liguria‹ von Andrea Tarrodi         Sterne war.«                                                               Werke wurden u.a. in den USA, Deutsch-
          Klarinette, 2 Klarinetten,
                                                ist Landschaftsmusik nicht weniger als die Symphonien und Tondich-                                                                                     land, Österreich, Frankreich, den Nieder­
2 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner,
  3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba,                tungen des großen Finnen. In den Abonnements-Programmen des                Die Schlagzeugbrandungen des Anfangs, die im ganzen Orchester Re-           landen, Großbritannien, in den skandina­
                                                Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin wurden Werke der schwedi-            sonanz und Verstärkung finden; das Solo des Englischhorns, jenes Ins-       vischen Ländern, Portugal, Italien, der
Pauken, Schlagwerk (Große Trom-
                                                                                                                                                                                                       Türkei, Mexiko, Japan, China und Austra­
 mel, Hängendes Becken, Tamtam,                 schen Komponistin bisher noch nicht gespielt. Dabei ist die 38-Jährige     truments der Ferne, das schon bei Berlioz über die Berge sang und
                                                                                                                                                                                                       lien aufgeführt.
Glocken, Vibraphon, 2 Xylophone,                im internationalen Musikleben recht gut vertreten, kann auf zahlrei-       Echos von seiner kleineren Schwester, der Oboe, erhielt; das Geläut
  Guiro, Crotales), Harfe, Streicher
                                                che Aufträge und Stipendien – und vor allem auf ein umfangreiches          über Streicherbewegungen und Bläserakkorden; die huschenden Flö-
                                                Œuvre in den verschiedensten Gattungen und für die unterschiedlichs-       tenfiguren, die ein flirrendes und wimmelndes Farbspiel der hohen
                                                ten Besetzungen verweisen. Vom Solostück über Ensemblewerke bis            Holzbläser und Schlagwerke auslösen; die erneute Brandung; das leise
                                                zu großen Orchesterkompositionen, von reinen Vokalstücken über             Glitzern und die Glockenschläge, die fast das »Ziel der Zeit« (die Zwölf)
Bild oben: Blick auf Manarola, Fotografie von   vokal-instrumentale Werke bis zum Musiktheater erstreckt sich das          erreichen – all das sind Momente eines bewegten Klangporträts von
Stefano Merler, 2005                            Spektrum ihres Schaffens.                                                  jener eigentümlich faszinierenden Landschaft der Cinque Terre.
Elim Chan - Sa 20.04. Tarrodi Liguria MacMillan Veni, veni, Emmanuel Elgar Enigma-Variationen - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Zu den Werken                          6                                                                                                                                                   7                          Zu den Werken

                               —––     Virtuosität und Transzendenz: MacMillans Schlagzeugkonzert
                James MacMillan        In der Geschichte des DSO steht James MacMillans Schlagzeugkonzert
            ›Veni, veni, Emmanuel‹     zum zweiten Mal auf einem Konzertprogramm. Der Tag der ersten Auf-
                        Besetzung      führung, der 9. Januar 1994, war in der Orchesterhistorie nicht ganz
                  Schlagzeug solo:     unbedeutend. Seit Beginn der Saison trug das DSO seinen jetzigen Na-
          Große Trommel mit Pedal,     men, vorher hieß es 38 Jahre lang Radio-Symphonie-Orchester (RSO)
  6 Tomtoms, 2 Bongos, 2 Pauken,
                                       Berlin. Zum ersten Mal konzertierte es als Ensemble unter dem Dach
           2 Congas, 2 Kuhglocken,
      Sizzlebecken, Großes Becken,     der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH, durch die Deutschlandradio
     2 Holzblöcke, 6 Tempelblöcke,     und Sender Freies Berlin, die Bundesrepublik Deutschland und das
Schlitztrommel, 6 Gongs, Marimba,      Land Berlin den Fortbestand der Rundfunkensembles aus beiden Tei-
           Vibraphon, 2 Mark trees,    len der ehemals durchtrennten Stadt sicherten. ›Veni, veni, Emmanuel‹
         2 Tamtams, Röhrenglocken      bedeutete für den Komponisten wie für die Solistin eine Premiere:
        2 Flöten (2. auch Piccolo),    Zum ersten Mal führte das DSO ein Werk MacMillans auf, zum ersten                                                                                        Rückseite des Gemäldes ›Der Heilige
  2 Oboen (2. auch Englischhorn),      Mal konzertierte Evelyn Glennie mit dem Orchester; beide nahmen,                                                                                         ­Hieronymus‹ (Ausschnitt), Albrecht Dürer,
      2 Klarinetten (2. auch Bass-
                                       wie die Dirigentin des Abends, Sian Edwards, am Einführungsgespräch                                                                                       um 1496
    klarinette), 2 Fagotte (2. auch
  Kontrafagott), 2 Hörner, 2 Trom-     vor dem Konzert teil. Inzwischen zählt MacMillan zu den fest etablier-
    peten, Posaune, Bassposaune,       ten und gut beschäftigten Komponisten auf der internationalen Szene,       MacMillans ›Veni, veni, Emmanuel‹ spielt sich also vor einem spirituel-
                  Pauken, Streicher    sein Schlagzeugkonzert gehört zum Repertoire. Glennie ermutigte an-        len Hintergrund ab, es ist aber auch ein musikalisches Schauspiel. Ein
    Alle Orchestermitglieder spielen   dere, sich auch als Perkussionisten solistisch zu exponieren – mit nach-   großes Ensemble an Schlaginstrumenten ist vor dem Symphonieor-
       am Ende des Werkes Glocken      haltigem Erfolg. Konzerteinführungen wurden nach der positiven Re-         chester aufgebaut, die permanente Bewegung des Solisten ist Teil der
 jeglicher Art oder 2 laut klingende   sonanz dieses Abends vom DSO danach des Öfteren, ab 1995 regelmäßig        Partitur. In einer Art Ouvertüre, die fanfarenartig beginnt, stellt er sein   Texte zum Advent verkündigen die Ankunft
                       Metallstücke.   angeboten. MacMillan hob damals schon seinen katholischen Glauben          Instrumentarium vor. Sie zeigt die eine Seite dieses Werkes: die Kraft,       des Tags der Befreiung von Furcht, Angst
                                                                                                                                                                                                und Bedrückung, und dieses Werk ist ein
                                       als wichtigen Beweggrund für sein Komponieren hervor; inzwischen           die Energie, das Tempo und die athletische Virtuosität. Den Anfang des
                                                                                                                                                                                                Versuch, dies in Musik widerzuspiegeln;
                                       trat er der Laienbruderschaft des Franziskanerordens bei; das heißt: Er    Chorals werfen die Blechbläser erst rhythmisch drängend, nach einiger         die grundlegende Inspiration geht dabei
                                       muss sich nicht allen Ordensregeln wie dem Zölibat unterwerfen, aber       Zeit in ruhigen, langen Notenwerten wie einen Cantus firmus ein. Die          von folgender Stelle aus dem 21. Kapitel
                                       er gelobt, sein Leben am Ethos der Gemeinschaft auszurichten. Unter        Einleitung mündet, nachdem die Musik erstmals sich in ganz leise Be-          des Lukasevangeliums aus: »Und es werden
                                       den Komponisten, die Musik und Spiritualität in enger Verwandtschaft       reiche und an die akustischen Ränder zurückgezogen hat, in einen              Zeichen geschehen an Sonne und Mond
                                                                                                                                                                                                und Sternen, und auf Erden wird den
                                       sehen, behauptet er sich als moderne Stimme.                               ›Heartbeats‹ überschriebenen Abschnitt; »Musik von eher zerbrech­
                                                                                                                                                                                                Leuten bange sein, und sie werden zagen,
                                                                                                                  licher, verzwickter Qualität, angetrieben durch verschiedene Pulsatio-        denn das Meer und die Wasserwogen wer-
                                       Das Schlagzeugkonzert ist, wie der Titel andeutet, durch einen Ad-         nen, die an einen ständig wechselnden Herzschlag denken lassen.«              den brausen, und die Menschen werden
                                       vents-Choral inspiriert; dessen Entstehung wird meist auf das              (James MacMillan)                                                             verschmachten vor Furcht und vor Warten
                                       14. oder 15. Jahrhundert datiert, sicher überliefert ist er seit 1710.                                                                                   der Dinge, die kommen sollen über die
                                                                                                                                                                                                ganze Erde, denn auch der Himmel Kräfte
                                       Er bildet das Rückgrat der Musik mit ihrem ganzen Reichtum an              MacMillan gab seinem fünfteiligen Werk eine sogenannte Bogenform,
                                                                                                                                                                                                werden ins Wanken kommen. Und alsdann
                                       Kontrasten. MacMillan begann mit der Komposition am Ersten Advent          bei der sich die verschiedenen Abschnitte symmetrisch um die Mitte            werden sie sehen des Menschen Sohn
                                       1991 und schloss sie am Ostersonntag 1992 ab. Die Daten haben sym-         gruppieren. Die Ouvertüre erhält im Schlussteil ihr Gegenstück; ihre          kommen in einer Wolke mit großer Kraft
                                       bolische Bedeutung. In der christlichen Praxis bedeutet Advent die         Fanfaren eröffnen auch ihn, schlagen aber dann in die Ostertöne um.           und Herrlichkeit. Wenn aber dies anfängt
                                                                                                                                                                                                zu geschehen, so sehet auf und erhebet
                                       Vorfreude auf Weihnachten, das Geburtsfest Jesu, sie dient aber auch       Den zweiten, ebenfalls schnellen, Teil überschrieb der Komponist
                                                                                                                                                                                                eure Häupter darum, dass sich eure
                                       der Vorbereitung der Glaubenden auf Christi Wiederkunft. So um-            »Dance – Hocket«. Der Gestus des Elementaren, von der Ursprünglich-           Erlösung naht.«
James MacMillan, um 1990               schließt der Adventsgedanke auch Ostern, denn ohne Auferstehung            keit des Rhythmus Vorangetriebenen herrscht hier vor. Das Tänzeri-
                                                                                                                                                                                                James MacMillan, 1992
                                       ließe sich auf eine Wiederkehr des Erlösers nicht hoffen. Die Zeichen-     sche mit Strawinskyschen Qualitäten wird kompositionstechnisch un-
                                       haftigkeit der Daten und die inneren Zusammenhänge zwischen Vor-           terstrichen. Als »Hoketus« bezeichnet man eine alte musikalische
                                       weihnacht und Vorostern schlagen sich in MacMillans Werk nieder:           Praxis, bei der eine Stimme oder ein mehrstimmiger Satz »zerschnit-
                                       Das Stück um den Advents-Choral, der die Sehnsucht Israels nach dem        ten« und auf zwei oder mehr Spieler oder Gruppen verteilt wird und so
                                       Gottgesandten ausdrückt, bricht mit seinem Schlussteil in den Oster­       ständig hin und her springt. MacMillan übertrug das Verfahren auf
                                       jubel samt Ostergloria aus und mündet in ein Glockengeläut, an dem         zwei Orchestergruppen und schuf damit die Atmosphäre eines räum-
                                       sich das gesamte Orchester beteiligt.                                      lich simulierten Tanzes, der Musik verlieh er physische Präsenz. Er
Elim Chan - Sa 20.04. Tarrodi Liguria MacMillan Veni, veni, Emmanuel Elgar Enigma-Variationen - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Zu den Werken                                8                                                                                                                                                 9                          Zu den Werken

                                             e­ rinnerte daran, dass der Tanz als Freudenäußerung und als eine Form     z­ urück – sei er nach einem anstrengenden Unterrichtstag müde, abge-
                                              der Hinwendung zu Gott aus dem jüdischen Feiern nicht verbannt war,        spannt und etwas niedergeschlagen nach Hause gekommen. Nach dem
Das Stück kann aus zweierlei Blickwinkeln     und dass auch die Quäker, die ursprünglich aus England kamen, den          Abendessen habe seine Frau gemeint, er sehe aus, als ob er eine Zigarre
betrachtet werden. Auf der einen Ebene        Tanz ebenfalls als Teil des Gottesdienstes zuließen, obwohl sie ansons-   brauche. Zur Steigerung des Tabaksgenusses setzte er sich ans Klavier
handelt es sich um eine völlig abstrakte
                                              ten sehr streng in ihrer Religionsausübung und Lebensführung waren.       und improvisierte. »Plötzlich unterbrach mich meine Frau: ›Edward,
Komposition, deren komplettes musika­
lisches Material aus dem französischen        Mit seiner Wiederkehr, die in den Choral mündet, rahmt dieser ausge-      das ist eine gute Melodie!‹ [...] Diese Melodie ist das Thema der Varia-
Advents-Choral des 15. Jahrhunderts           lassen-energische Abschnitt das Zentralstück des Werkes, einen ruhi-      tionen.« Genauer gesagt: Es wurde dazu. Denn durchdacht und durch-
­abgeleitet wird. Auf der anderen Ebene       gen, überwiegend leisen Teil.                                              konstruiert, wie es nun den Kern für ein kleines musikalisches Welt-
 ergründet es mit musikalischen Mitteln                                                                                  theater abgibt, resultiert es aus gründlich gestaltender Arbeit. Mit
 die theologische Bedeutung hinter der
                                             Aus dem Choral verwendet MacMillan im Zentrum, dem längsten Ab-             versonnenen Rahmenteilen und einem helleren Mittelabschnitt kon-
 Adventsbotschaft.
 Solo und Orchester treten während des       schnitt seines Werkes, die Töne zu den Worten »Gaude, gaude« (Freue         zentriert es die Kontrastidee der überlieferten Symphonik auf engem
 gesamten Werks als gleichberechtigte        dich, freue dich), einer mit Akkorden unterlegten Rufterz. Sie ziehen      Raum. Seine Bausteine – rhythmische Figuren, melodische Zellen, auf-
 ­Partner in Dialog. Dabei wird eine große   sich, verschieden instrumentiert, zum Teil gegeneinander geführt, in       fällige Intervallschritte und Stimmkombinationen – werden zu Kristal-
  Bandbreite an Schlaginstrumenten ver­
                                             wechselnden Tempi durch mehr als fünf Minuten. Sie werden kontra-          lisationskernen für gegensätzliche Charakterstücke.
  wendet, darunter solche mit bestimmter
  und solche mit unbestimmter Tonhöhe,
                                             punktiert, umspielt und stellenweise beeinflusst durch das Solo der
  mit Fellen, aus Metall und Holz.           Marimba, das virtuose und deklamatorische Qualitäten vereint; Mac-         Mit jeder der 14 Variationen porträtierte Elgar jemanden aus seinem
                                             Millan spricht von einer Kadenz. Zu Beginn unterstützt ein Violinsolo      Freundeskreis, die Leute sind mit ihren Namenskürzeln über den
James MacMillan, 1992
                                             das entrückte Klangbild: Keine Jubelfanfaren, keine organisierte oder      ­Variationen genannt. »Wie Wagner eine dramatische Idee brauchte,
                                                                                                                                                                                                    Edward Elgar, um 1903
                                             verordnete Freude mit Pauken und Trompeten, sondern zarter Klang,          damit er Feuer fing, so gab Elgar sein Bestes, wenn die Atmosphäre
                                             der musikalische Gestus der Ferne. Der Komponist sprach von der »Vor-      eines Ortes oder das Wesen eines Menschen seine Erfindungskraft an-
                                             stellung einer riesigen Gemeinde, die, weit weg, mit vielen Stimmen        regten.« (Robert Anderson) Manchmal versuchte er, die Persönlichkeit
                                             ein ruhiges Gebet singt.«                                                  wie ein guter Zeichner mit wenigen Strichen einzufangen, manchmal           Es darf davon ausgegangen werden, dass
                                                                                                                        inspirierte ihn Erlebtes, manchmal geheimnisste er etwas in den musi-       diese Personen [auf die sich die einzelnen
                                     —––     Ein ewiges Rätsel                                                          kalischen Satz, was sich leichter herauslesen als -hören lässt. Die erste   Variationen beziehen] das ursprüngliche
                                                                                                                                                                                                    Thema kommentieren und reflektieren,
                      Edward Elgar           Edward Elgar machte es wie Johannes Brahms: Ehe er sich mit einer          Variation gilt seiner Frau; der Gedanke an sie verschafft dem Thema         und dass jede eine Lösung des »Enigmas«
                ›Enigma-Variationen‹         ersten Symphonie an die Öffentlichkeit wagte, komponierte er einen         »romantische Größe«. Im Zeitablauf die mittlere, die neunte Variation       versucht, denn so heißt das Thema.
                       Besetzung             großen Variationszyklus für Orchester. Brahms wählte seinerzeit ein         widmete er »Nimrod«, mit bürgerlichem Namen August Johannes Jaeger;
                                                                                                                                                                                                    Edward Elgar, 1911
        2 Flöten (2. auch Piccolo),          Thema, das Joseph Haydn zugeschrieben wurde, als Grundlage, Elgar fand     er stammte aus Düsseldorf, lebte seit 1878 in London, arbeitete seit
           2 Oboen, 2 Klarinetten,           oder erfand ein eigenes. In mancher Hinsicht diente der Deutsche sei-      1890 beim Musikverlag Novello und betreute dort Elgars Werke. Er tat
2 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hörner,
                                             nem jüngeren britischen Kollegen als Vorbild und Maßstab; im Fall der      dies mit ungeteiltem Engagement, gab dem Komponisten manch guten
  3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba,
       Pauken, Schlagwerk (Kleine            Variationen wirkte die Inspiration durch den Älteren ganz unmittelbar.     Rat, überzeugte ihn davon, dass das Finale der ›Enigma-Variationen‹ in
Trommel, Triangel, Große Trommel,            Beim Gloucester Festival, einer traditionsreichen Institution im bri­      der ursprünglichen Fassung zu kurz geraten sei; Elgar fügte nach an-
                Becken), Streicher           tischen Musikleben, hörte Elgar im September 1898 Brahms’ Opus 56.         fänglichem Widerstand 69 Takte ein. Den intensiven Ruhepol des Wer-
                                             Er stellte daraufhin seine eigenen Symphonie-Pläne zurück, obwohl          kes, »Porträt einer schönen und guten Seele«, habe, so Elgar, die Erin-     Wie Wagner immer eine dramatische Idee
                                             man in seinem Freundeskreis dringend auf eine Äußerung in diesem           nerung an einen Spaziergang angeregt, bei dem er sich mit Jaeger über       oder eine visuelle Vorstellung brauchte, die
                                                                                                                                                                                                    ihn anfeuerten, so gab Elgar sein Bestes
                                             Hauptgenre der Instrumentalmusik wartete, und entschied, sich seiner-      langsame Sätze bei Beethoven unterhielt. Eine Anspielung auf das
                                                                                                                                                                                                    dann, wenn der Geist eines bestimmten
                                             seits an Variationen zu erproben und zu bewähren. So schuf er sein         Adagio cantabile aus der Klaviersonate c-Moll op. 13 (›Pathetique‹) ist     Ortes oder die Seele einer bestimmten
                                             erstes ausgedehntes Orchesterwerk, das ohne Auftrag und äußeren            in den Anfang der Variation wie ein Suchbild eingewoben. – Die Buch-        ­Person seine Erfindungsgabe entzündeten.
                                             Anlass entstand. Den Beinamen ›Enigma-Variationen‹ gab er ihm nicht        staben »E. D. U.« über dem Finale stehen für die deutsche Koseform          Robert Anderson, 1993
                                             von Anfang an, sondern erst kurz vor der Drucklegung.                      von Elgars Vornamen. Er war gern in Deutschland, wanderte in den
                                                                                                                         Alpen, besuchte Richard Strauss in Garmisch und die Wagner-Fest-
                                             Elgars Erläuterungen und Rätsel um sein Opus 36 geben vor allem eine        spiele in Bayreuth; der Düsseldorfer Kapellmeister Julius Buths leitete
                                             Auskunft: Dieses Werk kam ganz aus seinem Inneren, in dem sich Me-          am 7. Februar 1901 die kontinentale Erstaufführung der ›Enigma-Vari-
                                             lancholie, Empathie und Humor auf eigentümliche Weise mischten.             ationen‹ und verhalf wenig später Elgars Oratorium ›Der Traum des
                                             Das Thema, berichtet er, sei ihm zugeflogen wie ein Wunder. Am Abend        Gerontius‹ zum Erfolg. In sein finales Selbstporträt bezog Elgar Rück-
                                             des 21. Oktober 1898 – das Brahms-Erlebnis lag rund einen Monat             blicke auf die ›Nimrod‹- und die ›Alice‹-Variation ein, denn was wäre
Elim Chan - Sa 20.04. Tarrodi Liguria MacMillan Veni, veni, Emmanuel Elgar Enigma-Variationen - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Zu den Werken                               10                                                                                                                                               11                          Zu den Werken

                                            der Meister ohne seine engsten Vertrauten. Mit der Erinnerung an den
                                            Durchbruch in Mendelssohns ›Schottischer Symphonie‹ nahm er zu-
Das Thema drückte                           dem auf ein Werk Bezug, das im britischen Musikleben fest verankert
mein Empfinden für die                      war, und auf einen Komponisten, der im Vereinigten Königreich eben-
Einsamkeit des Künstlers                    so hoch angesehen war wie in Deutschland; Elgar wünschte sich für
                                            seine Person wohl Ähnliches.
aus, und es verkörpert
diesen Sinn noch immer.                     Das Thema mit der Variation I, Variation IX und das Finale bilden die
Edward Elgar                                tragenden Säulen des Werkes. Zwischen ihnen nahm sich Elgar anderer
                                            Freunde an; er wählte sie nach auffälligen Eigenarten, weniger nach
                                            persönlicher Nähe aus. Die behände Begleitmusik der zweiten Varia­
                                            tion parodiert die Angewohnheit des Amateurpianisten Hew David
                                            Stewart-Powell, sich vor Proben und Auftritten mit raschen Passagen
                                            warmzuspielen. Elgar demonstriert, dass sich Geläufigkeit nicht auf
                                            Skalen und Akkorde in Dur oder Moll beschränken muss und dass
                                            Treffsicherheit begrenzt sein kann. Das Thema wahrt gegenüber der
                                            fingerfertigen Geschäftigkeit stoische Ruhe im Bass. Die Eigenart des
                                            Dichters und Laienschauspielers Richard Baxter Townshend, seine Stim-
                                            me überschnappen zu lassen, sublimiert Elgar in der dritten Variation
                                            zu agilen bis skurrilen Dialogen zwischen tiefen und hohen Instrumen-                                                                                  ›Abend‹, Gemälde (Ausschnitt) von
                                            ten. Das Thema gibt dem Darstellungseifer dezenten, aber soliden Hin-                                                                                  John Lavery, 1906
                                            tergrund. In der vierten Variation wirft sich die Musik in Pose wie der
                                             gelehrte Gutsherr William Meath Baker, der den »Tagesbefehl« an seine     suchte und den vollendeten Kurztriathlon mit kräftigem Bellen pries;
                                            Bediensteten mit einem energischen Türknall bekräftigte. Richard P.        Basil G. Nevenson, den Wissenschaftler und Freund, den Elgar mit dem
Edward und Alice Elgar, um 1891             Arnolds Kunst, ernste Ausführungen humorvoll aufzulockern, macht           Klang seines Instruments, des Violoncellos, ehrte. In der 13. Variation
                                            Elgar zum Formprinzip der fünften Variation: Den ersten Thementeil         hebt sich aus Elgars eigenem Material ein Klarinettensolo hervor, das
                                            führt er in gelehrtem Kontrapunkt durch, den zweiten verwickelt er in      auf Mendelssohns Ouvertüre ›Meeresstille und glückliche Fahrt‹ zu-
                                            einen Holzbläsersatz, der aus der Unterhaltungsmusik eingewandert          rückgeht. Das Motiv wird schließlich in eine Anspielung auf Beetho-
                                            sein könnte. Seine Schülerin Isabel Fitton nannte er in Variation VI       vens Klaviersonate op. 81a ›Les Adieux‹ verwandelt. Die drei Sterne         Der Titel ›Enigma‹ wurde nicht mit dem
                                            altertümlich »Ysobel«, auch die Verarbeitung des Themas klingt nach        über dieser ›Romanza‹ stehen für Lady Mary Lygon, die sich damals           Thema erfunden. Er taucht zum ersten
                                                                                                                                                                                                   Mal in Jaegers Handschrift im Autograph
                                            altem Stil. War sie so? Für die siebte Variation, dem Architekten Troyte   auf Australienreise begab. Elgars Beziehung zu ihr war Gegenstand
                                                                                                                                                                                                   der Partitur auf. Dort kann er nicht vor
                                            Griffith zugedacht, bot er verschiedene Deutungen an; einmal erklärte      mancher Spekulation.                                                        dem 8. April 1899 von Jaeger eingetragen
                                            er sie als Widerhall einer Wanderung, die ein Gewitter unterbrach;                                                                                     worden sein, denn Elgar schloss die Parti-
Edward Elgar gab seinem Freund August       ein anderes Mal als musikalisches Erlebnis: Die Paukenstellen deutete      Muss man das alles wissen? Nein, gewiss nicht in den Details. Sie be-       tur-Reinschrift am 19. Februar ab, schickte
Johannes Jaeger den Spitznamen »Nim-        ­Elgar als Sinnbild für dessen ungelenke Klavierspielversuche, den Auf-    leuchten allerdings vom Anekdotischen her das Prinzip dieses Werkes.        sie zwei Tage später an Hans Richter zur
rod« nach einer Stelle aus 1. Mose 10:                                                                                                                                                             Ansicht, von dem sie am 8. April beim
                                            tritt des Themas im Blech als sein pädagogisches Eingreifen, das die       Es besteht darin, dass ein Subjekt – das Thema – Auseinandersetzun-
»Er [Nimrod] fing an, ein gewaltiger Herr                                                                                                                                                          Verlag Novello ankam.
zu sein auf Erden, und war ein gewaltiger
                                            Sache rasch und gut zu Ende bringe. Ähnlich offen bleibt, ob Variation     gen mit seiner Umgebung, in jeder Variation mit einem anderen Gegen-
                                                                                                                                                                                                   Robert Anderson
Jäger vor dem Herrn.«                       VIII das ruhige, humorvolle Wesen oder das freundliche Anwesen             über führt und sich dabei selbst wandelt. Der musikalische Prozess
                                            ­Winifred Norburys meint; auf jeden Fall sei im Trillern und Hüpfen der    gleicht dabei einem menschlichen. Vielleicht ist es kein Zufall, dass die
H. T.
                                             Holzbläsersoli ihr Lachen eingefangen.                                    Melodie der ersten beiden Takte klingt, als rufe jemand »Edward
                                                                                                                       Elgar«. Die persönliche Signatur des Komponisten ist in diesem Opus
                                            So kann man sie alle durchgehen: Dora Penny, alias Dorabella, die zu       ohnehin nicht zu überhören. Beim Blick in die Welt, auch in diejenige
                                            Elgars Klavierspiel Tanzfiguren entwarf – ihr schenkte der Komponist       der musikalischen Möglichkeiten, erscheinen im Vordergrund zunächst
                                            ein duftiges Intermezzo; oder George Robert Sinclair, Organist in Here-    Mitmenschen, ob man ihnen nun von Angesicht zu Angesicht ins Auge
                                            ford, dessen Dogge inspirierender wirkte als ihr Herr, weil sie sich in    schaut oder sie wie nach einem Abschied von hinten betrachtet und
                                            kühnem Flug in den Fluss stürzte, hundelnd einen günstigen Ausstieg        mit ihnen in die die Ferne, die schöne, rätselhafte, blickt.
Elim Chan - Sa 20.04. Tarrodi Liguria MacMillan Veni, veni, Emmanuel Elgar Enigma-Variationen - Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
13    Die Künstler

                                                         —––
                                                         Die Künstler

              Das Konzert
                                                         Elim Chan
                                                         wurde in Hongkong geboren. Sie wurde am Smith College in Massa-
                                                         chusetts und an der University of Michigan ausgebildet. 2013 erhielt
                                                         sie das Bruno-Walter-Stipendium. Als erste Frau gewann sie im Dezem-

               im Radio
                                                         ber 2014 den Donatella-Flick-Dirigierwettbewerb – ein wichtiger Wende-
                                                         punkt in ihrer Karriere. Sie wurde danach als Assistenzdirigentin zum
                                                         London Symphony Orchestra berufen und für die Saison 2016|17 in
                                                         das Dudamel-Stipendiaten-Programm des Los Angeles Philharmonic
                                                         aufgenommen. In jüngster Zeit gab sie ihre Debüts beim Philharmonia
                                                         und beim Concertgebouw Orchestra, bei den Symphonieorchestern in
                                                         Birmingham, Chicago und Sydney, beim Orchester des Mariinsky-
                                                         Theaters und der Deutschen Kammerphilharmonie. Beim Royal Scottish
                                                         National Orchestra hat sie die Erste-Gastdirigenten-Position inne, mit
                                                         der kommenden Saison übernimmt sie die künstlerische Verantwor-
                                                         tung für das Symphonieorchester Antwerpen.

                                                         Simone Rubino
                                                         wurde 1993 in Turin geboren; er studierte in seiner Heimatstadt und in
                                                         München. 2014 gewann er den ARD Musikwettbewerb und hat sich
                                                         seitdem einen Namen unter den führenden Schlagzeugern weltweit
                                                         gemacht. Für seinen ersten Auftritt mit dem DSO in der Reihe ›Debüt
                                                         im Deutschlandradio Kultur‹ erhielt er 2016 rauschenden Applaus. Seit-
                                                         dem hat er mit namhaften Orchestern wie den Wiener Philharmoni-
                                                         kern, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Orches-
                                                         tra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia Rom und den Münchner
                                                         Philharmonikern konzertiert. In der letzten Saison spielte er bei der
                                                         Biennale Venedig Tan Duns Schlagzeugkonzert ›Tears of Nature‹. Für
Konzert
                                                         die Erweiterung des Schlagwerk-Repertoires arbeitet er mit Kompo-
Sonntag bis Freitag, 20.03 Uhr                           nisten wie Avner Dorman und Adriano Gaglianello zusammen.
Oper
                                                         Das deutsche symphonie-orchester berlin
Samstag, 19.05 Uhr                                       hat sich in den über 70 Jahren seines Bestehens durch seine Stilsicher-
                                                         heit, sein Engagement für Gegenwartsmusik sowie durch seine CD- und
                                                         Rundfunkproduktionen einen international exzellenten Ruf erworben.
                                                         Gegründet 1946 als RIAS-, wurde es 1956 in Radio-Symphonie-Orches-
                                                         ter Berlin umbenannt. Seinen heutigen Namen trägt es seit dem Jahr
                                                         1993. Ferenc Fricsay, Lorin Maazel, Riccardo Chailly und Vladimir
                                     Aus Opernhäusern,   ­Ashkenazy definierten als Chefdirigenten in den ersten Jahrzehnten die
                                                          Maßstäbe. Kent Nagano wurde 2000 zum Künstlerischen Leiter beru-
                                     Philharmonien        fen. Von 2007 bis 2010 setzte Ingo Metzmacher mit progressiver Pro-
                                     und Konzertsälen.    grammatik Akzente im hauptstädtischen Konzertleben, Tugan Sokhiev
bundesweit und werbefrei             Jeden Abend.         folgte ihm von 2012 bis 2016 nach. Seit 2017 hat der Brite Robin
DAB+, Kabel, Satellit, Online, App
                                                          ­Ticciati die Position als Chefdirigent des Orchesters inne. Das DSO ist
deutschlandfunkkultur.de
                                                           ein Ensemble der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH.
Das Orchester                      14

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Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Chefdirigent und   1. Violinen                Bratschen              Flöten             Hörner
Künstlerischer     Wei Lu                     Igor Budinstein        Kornelia           Barnabas Kubina
Leiter             1. Konzertmeister          1. Solo                Brandkamp          Solo
                   N. N.                      Annemarie              Solo               N.N.
Robin Ticciati
                   1. Konzertmeister          Moorcroft              Gergely Bodoky     Solo
                   Byol Kang                  1. Solo                Solo              Ozan Çakar
Ehemalige
                   Konzertmeisterin           N. N.                  Upama Muckensturm stellv. Solo
Chefdirigenten                                stellv. Solo           stellv. Solo
                   Hande Küden                                                         Georg Pohle
Ferenc Fricsay †   stellv. Konzertmeisterin   Verena Wehling         Frauke Leopold    Joseph Miron
Lorin Maazel †     Olga Polonsky              Leo Klepper            Frauke Ross       Antonio Adriani
Riccardo Chailly   Isabel Grünkorn            Andreas Reincke        Piccolo
                                                                                       N. N.
Vladimir           Ioana-Silvia Musat         Lorna Marie Hartling
Ashkenazy                                                            Oboen
                   Mika Bamba                 Henry Pieper                              Trompeten
Kent Nagano                                                          Thomas Hecker
                   Dagmar Schwalke            Birgit Mulch-Gahl      Solo               Joachim Pliquett
Ingo Metzmacher                                                                         Solo
                   Ilja Sekler                Anna Bortolin          Viola Wilmsen
Tugan Sokhiev                                                                           Falk Maertens
                   Pauliina Quandt-           Eve Wickert            Solo
                   Marttila                                                             Solo
Ehrendirigenten                               Tha s Coelho           Martin Kögel
                   Nari Hong                                         stellv. Solo       Heinz
Günter Wand †                                 Viktor Bátki                              Radzischewski
                   Nikolaus Kneser                                   Isabel Maertens    stellv. Solo
Kent Nagano
                   Michael Mücke              Violoncelli            Max Werner         Raphael Mentzen
                                              Mischa Meyer           Englischhorn
                   Elsa Brown                                                           Matthias Kühnle
                   Ksenija Zečević            1. Solo
                                              Valentin Radutiu       Klarinetten
                   Lauriane Vernhes                                                     Posaunen
                                              1. Solo                Stephan Mörth
                                                                     Solo               András Fejér
                   2. Violinen                Dávid Adorján                             Solo
                                              Solo                   Thomas Holzmann
                   Andreas Schumann                                  Solo               Andreas Klein
                   Stimmführer                Adele Bitter                              Solo
                                              Mathias Donderer       Richard
                   Eva-Christina                                     Obermayer          Susann Ziegler
                   Schönweiß                  Thomas Rößeler         stellv. Solo       Rainer Vogt
                   Stimmführerin              Catherine Blaise       Bernhard Nusser    Tomer Maschkowski
                   Johannes Watzel            Claudia Benker-                           Bassposaune
                   stellv. Stimmführer
                                                                     N. N.
                                              Schreiber              Bassklarinette
                   Clemens Linder             Leslie Riva-Ruppert                       Tuba
                   Matthias Roither           Sara Minemoto          Fagotte            Johannes Lipp
                   Stephan Obermann                                  Karoline Zurl
                   Eero Lagerstam             Kontrabässe            Solo               Harfe
                   Tarla Grau                 Peter Pühn             Jörg Petersen      Elsie Bedleem
                                              Solo                   Solo               Solo
                   Jan van Schaik
                                              Ander Perrino          Douglas Bull
                   Uta Fiedler-Reetz
                   Bertram Hartling
                                              Cabello                stellv. Solo       Pauken                           Der perfekte Ein- oder Ausklang
                                              Solo                   Hendrik Schütt     Erich Trog
                   Kamila Glass               Christine Felsch       Markus Kneisel     Solo                      ist 3 Minuten von der Philharmonie entfernt.
                   Marija Mücke               stellv. Solo           Kontrafagott       Jens Hilse
                   Elena Rindler              Gregor Schaetz                            Solo
                                              Matthias Hendel
                                                                                        Schlagzeug
                                              Ulrich Schneider
                                                                                        Roman Lepper
                                              Rolf Jansen                               1. Schlagzeuger            QIU Restaurant & Bar im The Mandala Hotel am Potsdamer Platz
                                                                                        Henrik Magnus                     Potsdamer Strasse 3 | Berlin | 030 / 590 05 12 30
                                                                                        Schmidt
                                                                                        stellv. 1. Schlagzeuger
                                                                                                                                            www.qiu.de
                                                                                        Thomas Lutz
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Konzertvorschau                                 SAISONVORSCHAU 2019|2020
                                                Die neue Saisonvorschau inklusive aller Abonne­
Sa 27. April | 20 Uhr | Philharmonie            ment-Informationen liegt heute Abend für Sie
Mozart Symphonie Nr. 36 ›Linzer‹                aus. Gerne senden wir Ihnen diese auch kostenfrei
Martinů Symphonie Nr. 2                         zu. Bitte schreiben Sie uns hierfür eine E-Mail
SIR ROGER NORRINGTON                            mit dem Betreff ›Vorschau‹ und Ihrer Anschrift an
                                                marketing@dso-berlin.de. Abonnements können
So 28. April | 17 Uhr | Heimathafen Neukölln    Sie auch online unter dso-berlin.de/abo buchen.
Kammerkonzert
Werke von Pfitzner, Prokofjew                   Kammerkonzerte
ENSEMBLE DES DSO                                Ausführliche Programme und Besetzungen
                                                unter dso-berlin.de/kammermusik
Fr 3. Mai | 20.30 Uhr | Philharmonie
Casual Concert                                  Karten, Abos und Beratung
Nielsen Symphonie Nr. 4 ›Das Unauslöschliche‹   Besucherservice des DSO
ANDREW MANZE                                    Charlottenstraße 56 | 2. OG
Im Anschluss Casual Concert Lounge              10117 Berlin | am Gendarmenmarkt
mit Soul diplomats Live Act                     Öffnungszeiten Mo bis Fr 9 – 18 Uhr
und Johann Fanger DJ                            Tel 030. 20 29 87 11 | Fax 030. 20 29 87 29
                                                tickets@dso-berlin.de
Sa 4. Mai | 20 Uhr | Philharmonie
Beethoven Klavierkonzert Nr. 4
                                                Impressum
Nielsen Symphonie Nr. 4 ›Das Unauslöschliche‹
                                                Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
ANDREW MANZE
                                                in der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH Berlin
Martin Helmchen Klavier                         im rbb-Fernsehzentrum
                                                Masurenallee 16 – 20 | 14057 Berlin
Mi 8. Mai | 20 Uhr | Philharmonie               Tel 030. 20 29 87 530 | Fax 030. 20 29 87 539
Debüt im Deutschlandfunk Kultur                 info@dso-berlin.de | dso-berlin.de
Widmann Konzertouvertüre ›Con brio‹
Strauss Oboenkonzert                            Chefdirigent Robin Ticciati
                                                Orchesterdirektor Alexander Steinbeis
Rachmaninoff Rhapsodie über ein Thema
                                                Orchestermanager Sebastian König
von Paganini für Klavier und Orchester
                                                Künstlerisches Betriebsbüro
Prokofjew Ballettsuite ›Romeo und Julia‹
                                                Moritz Brüggemeier, Barbara Winkelmann
VALENTIN URYUPIN
                                                Orchesterbüro Konstanze Klopsch, Marion Herrscher
Mariano Esteban Barco Oboe                      Marketing Tim Bartholomäus
Philipp Kopachevsky Klavier                     Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Benjamin Dries
                                                Musikvermittlung Linda Stein (Elternzeitvertretung)
So 19. Mai | 20 Uhr | Philharmonie              Programmhefte | Einführungen Habakuk Traber
Barber Symphonie Nr. 1                          Notenarchiv Renate Hellwig-Unruh
Copland Klarinettenkonzert                      Orchesterwarte Burkher Techel M. A.,
Sibelius Symphonie Nr. 4                        Shinnosuke Higashida, Kai Steindreischer
OSMO VÄNSKÄ
                                                Texte | Redaktion Habakuk Traber
Martin Fröst Klarinette
                                                Redaktion Benedikt von Bernstorff
                                                Artdirektion Preuss und Preuss GmbH | Satz Susanne Nöllgen
                                                Fotos Monica Menez (Titel), Frank Eidel (DSO), Louisa Sundell
                                                (Tarrodi),Willeke Machiels (Chan), Marco Borggreve (Rubino),
Konzerteinführungen                             Wikipedia (Manarola), DSO-Archiv ­(sonstige)
Zu allen Symphoniekonzerten in der Philhar­     © Deutsches Symphonie-Orchester Berlin 2019
monie – mit Ausnahme der Casual Concerts –      Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin ist ein Ensemble
findet jeweils 65 Minuten vor Konzertbeginn     der Rundfunk Orchester und Chöre GmbH Berlin.
eine Einführung mit Habakuk Traber statt.       Geschäftsführer Anselm Rose
                                                                                                                Preis: 2,50 ¤

Die Einführung am 8. Mai (Debüt) übernimmt      Gesellschafter Deutschlandradio, Bundesrepublik
Dr. Albrecht Dümling.                           Deutschland, Land Berlin, Rundfunk Berlin-Brandenburg
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