Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften

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Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
Die Nutzung des geologischen Untergrunds in der Schweiz

Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands
CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit,
Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
INHALT

   Inhalt

    1.   Einleitung                                                                                        4
    2.   Einführung ins Sachenrecht mit Bezug zum Untergrund                                               6
    3.   Interaktion zu anderen Rechtsbereichen                                                            9
    4.   Nicht behandelte Themen                                                                           9
    5.   Massenrohstoffe: Steine und Erden                                                                10
    6.   Erz- und Salzvorkommen im Untergrund                                                             12
    7.   Energierohstoffe im Untergrund                                                                   14
    8.   Beanspruchung des Untergrunds für Untertagebauten                                                16
    9.   Höhlen                                                                                           18
   10.   Erdwärme                                                                                         20
   11.   Beanspruchung des Untergrunds für die Lagerung oder Speicherung von flüssigen
   		    und gasförmigen Stoffen                                                                          22
   12.   Grundwasservorkommen (ohne Quellen)                                                              24
   13.   Quellen                                                                                          26
   14.   Ergänzende Hinweise zur Geothermie                                                               28
   15.   Schauhöhlen und touristisch genutzte historische Bergwerke                                       28
   16.   Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands und Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit   29
   17.   Sondierbohrungen                                                                                 29
   18.   Die Rolle des Bundes muss gestärkt werden                                                        30
   19.   Inventarisierung der Untergrundnutzung                                                           31
   20.   Schlusswort                                                                                      32
Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
2|3
Editorial

   Der Schweizer Geologenverband CHGEOL setzt sich
   für eine zukunftsfähige und haushälterische Nutzung
   des Raums unter der Erdoberfläche ein. Geologinnen
   und Geologen stehen mit in der Pflicht, den kommen-
   den Generationen einen Untergrund zu hinterlassen,
   der weiterhin nachhaltig nutzbar ist.

   Die zunehmende und auch vielfältiger werdende
   Nutzung des geologischen Untergrunds 1 kann zu
   Konflikten und neuen Risiken führen. Politiker und
   Behörden haben erkannt, dass Handlungsbedarf auf
   unterschiedlichen Ebenen besteht.

   Die Bewirtschaftung des Untergrunds basiert auf meh-
   reren Rechtsbereichen. In diesen Rechtsbereichen,
   die sich teilweise überschneiden, lässt sich unter
   anderem ein Lenkungspotenzial ableiten.                                Sachenrecht:
                                                                        Verfügungshoheit,
                                                                                                                Planungsrecht:
   Die vorliegenden Empfehlungen fokussieren                        Sachherrschaft, Verleihung
                                                                                                             Ausdehnung der Raum-
   auf die sachenrechtlichen Aspekte. Die anderen                     von Nutzungsrechten
                                                                                                          planung auf die Tiefendimen-
   dargestellten Themen werden touchiert, sind                                                               sion, Nutzungsplanung
   aber nicht Hauptthema dieser Broschüre.

   Beim auf den Untergrund bezogenen Sachen-
   recht liegt in der Schweiz eine grosse Vielfalt       Ökonomische Anreize:                                 Schutzgutbezogene
   an kantonalen Ordnungen vor. Dies macht die        Finanzielle Unterstützungen,                           Nutzungsregelungen:
   Nutzung des Untergrunds kompliziert und                Abgabebefreiungen                                Bewahrung und Schutz der
   mindert die materielle und rechtliche Sicherheit
                                                                                                           Schutzgüter im Untergrund
   einschliesslich Investitionssicherheit. Der CHGEOL
   will mit konkreten Empfehlungen aufzeigen, in welche
   Richtung eine diesbezügliche Harmonisierung gehen
   könnte. Eine einigermassen einheitliche Regelung von
   – Verfügungshoheit,
   – Eigentumsrecht (Abgrenzung zwischen privatem
     Eigentum und öffentlichem Untergrund) und
   – Vorgehen bei der Verleihung von Nutzungsrechten
   garantiert zwar keine nachhaltige Entwicklung des
   unterirdischen Raums, sie ist aber eine wichtige Vor-
   aussetzung dafür. Die Broschüre richtet sich sowohl
   an alle Mitglieder des CHGEOL, die sich aktiv in die
   Diskussion um einen Harmonisierungsprozess einbrin-
   gen wollen, als auch an diejenigen Kantone, welche
   eine Erneuerung ihrer Gesetze über die Nutzungen der
   Gewässer und den Untergrund vorsehen.

   1
       Der Begriff «geologischer Untergrund» ist in der Landesgeologie­verordnung SR 510.624 definiert.
Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
Einleitung

   1.		 Einleitung                                                          1.2		 Harmonisierung drängt sich auf
                                                                            Die Rechtslandschaft der schweizerischen Berg­
   1.1		 Wem gehört der Untergrund?                                         regal- und Wasserrechtsordnung präsentiert sich sehr
   Das Grundeigentum erstreckt sich nicht bis zum Erd-                      heterogen. Jeder Kanton hat eigene Gesetze und geht
   mittelpunkt, sondern nur soweit, wie der Grundeigen­                     in seinen Rechtsordnungen auch eigene Wege.
   tümer für die Ausübung seines Eigentums ein Inte-
   resse ausweisen kann (Art. 667 ZGB 2). Über den                          Dies sei anhand von zwei Beispielen kurz illustriert:
   restlichen Teil – also den öffentlichen Untergrund                       Bei Quellen gilt von Bundeszivilrechts wegen der
   – verfügen in der Schweiz die Kantone (Art. 664 ZGB).                    Grundsatz, dass sie Bestandteil der Grundstücke
   Eine ausführliche Abhandlung der rechtlichen Fragen                      sind, auf denen sie entspringen. Es gibt jedoch auch
   im Zusammenhang mit der Nutzung des Untergrunds                          Quellen, die unter das öffentliche Recht der Kantone
   findet sich beispielsweise im Bundesgerichtsent-                         fallen, namentlich dann, wenn sie einen Wasserlauf
   scheid 119 Ia 390 vom 30.8.1993. Auch sämtliche                          (Quellbach) bilden. Aufgrund der Verfügungshoheit
   Gewässer und damit das Grundwasser unterstehen                           über die Wasservorkommen, und somit auch über die
   der Hoheit der Kantone (Art. 76 BV 3). Zudem garan-                      Grundwasservorkommen und Quellen, obliegt es den
   tiert die Bundesverfassung den Kantonen Regalrechte                      Kantonen zu bestimmen, ob eine Quelle öffentlich
   (Art. 94 Abs. 4 BV).                                                     oder privat ist. Nachfolgende Angaben stützen sich
                                                                            auf eine Studie, die im Jahr 2010 erstellt wurde 4 und
   Bestehende Gesetze zeigen, dass der Untergrund in                        die Gesetzeslage sämtlicher Kantone untersucht hat.
   diverse «Elemente» mit jeweils unterschiedlichen Re-                     – 7 Kantone geben eine konkrete Schüttungsmenge
   gelungen unterteilt ist. Zu diesen «Elementen» zählen                      an, ab der eine Quelle ein öffentliches Gewässer ist.
   beispielsweise die Energierohstoffe, die Erdwärme                          In der Regel bezieht sich dieser Schwellenwert auf
   oder das Grundwasser. In den kantonalen Erlassen                           die mittlere Schüttung. Die Werte variieren zwischen
   finden sich entsprechende Regelungen (sofern vorhan-                       200 und 600 Litern pro Minute. Bei einem Kanton
   den) in zwei Arten von Gesetzen:                                           bildet die Abflussmenge Q 347 von 10 Litern pro
   – Wassernutzungsgesetz, Wassergesetz: In diesen                            ­Minute der Schwellenwert.
      ­Gesetzen wird unter anderem die Abgrenzung                           – 8 Kantone beschreiben «in Worten», ab wann eine
       zwischen privaten und öffentlichen Grundwasser-                         Quelle öffentlich ist. Es finden sich Formulierungen
       vorkommen und zwischen privaten und öffentlichen                        wie Quellen, «die nach Grösse und Nutzen von all-
       Quellen sowie in Abhängigkeit der Nutzungsart und                       gemeiner Bedeutung sind», «die ein Fliessgewässer
       Nutzungsintensität die Unterteilung in Gemeinge-                        mit ständiger Wasserführung bilden» oder «Bach-
       brauch, gesteigerten Gemeingebrauch und Sonder-                         und Flussquellen».
       nutzung geregelt.                                                    – 4 Kantone formulieren diese Abgrenzung sehr allge-
   – Bergbaugesetz, Bergregalgesetz, Berggesetz, kanto-                        mein: Öffentliche Quellen sind diejenigen Quellen,
       nales Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch:                            die nicht im Sinne von Art. 704 ZGB privat sind
       In diesen Gesetzen wird unter anderem aufgezeigt,                       (besagter Artikel hilft aber nicht weiter, um eine
       welche «Bodenschätze» öffentliche Güter sind.                           ­solche Abgrenzung eindeutig festlegen zu können).
       Gesetze neueren Datums regeln beispielsweise                         – 7 Kantone kennen keine ausdrückliche Regelung.
       auch die sachherrschaftliche Zuordnung der Erd­
       wärme sowie die Nutzung des tiefen Untergrunds                       Noch deutlicher fallen die Unterschiede im Berg­
       für Untertagebauten.                                                 regalrecht aus. Das Redaktionsteam hat Bergbau-
                                                                            bzw. Bergregalgesetze neueren Datums von vier
   Der Begriff Regalien (bzw. Regalrechte) geht aus dem                     Kantonen verglichen. Hier zwei Beispiele aus diesem
   lateinischen iura regalia «königliche Rechte» h
                                                 ­ ervor.                   Vergleich:
   Den Regalherren – in der Schweiz sind dies wie ein-                      – Bei einem dieser vier Kantone untersteht der Abbau
   ­gangs erwähnt die Kantone – steht das alleinige Ver­                      von Steinen und Erden (z.B. Kiesabbau) dem Regal-
    fü­gungs- und Gewinnungsrecht der dem Regalrecht                          recht. Bei den übrigen Kantonen handelt es sich um
    unter­stehenden Sachen zu. Die Gewinnung muss der                         Nutzungen des privaten Untergrunds.
    Kan­ton nicht in eigener Regie ausüben, normalerweise                   – Zwei Kantone erklären die gesamte Erdwärme als
    verleiht er das Nutzungsrecht an Dritte durch Konzes-                     öffentlich, ein Kanton die Erdwärme ab 400 m Tiefe
    sion.                                                                     und ein Kanton ab 500 m Tiefe.

   2
       Zivilgesetzbuch, SR 210
   3
       Bundesverfassung, SR 101
   4
       Institut für Föderalismus an der Universität Freiburg: Untersuchung von Erlassen über die Nutzung von öffent­lichen Gewässern, unveröf-
       fentlichtes Gutachten im Auftrag des Amtes für Umwelt und Energie (AFU) des Kantons St.Gallen und des Bundesamtes für Umwelt BAFU,
       Freiburg/Schweiz 2010.
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4|5

Knapp die Hälfte aller Kantone kennt kein eigenes                        – In Kapitel 8 empfehlen wir, dass der öffentliche
Bergbau- oder Bergregalgesetz im engeren Sinne                             Untergrund für Anlagen, an denen ein öffentliches
(oder nur einen Erlass über das Salzregal) 5. Meh­                         Interesse besteht (z.B. Infrastrukturbauten), aus
rere Kan­tone weisen sehr alte Gesetze auf, in denen                       regalrechtlicher Sicht frei beansprucht werden kann.
­moderne Nutzungen des Untergrunds, wie z.B. dieje­                        Es bedarf dafür also weder einer Konzession noch
 nige der Erdwärme, noch gar nicht geregelt sind.                          einer nutzungsrechtlichen Bewilligung. Der Bau von
                                                                           Strassen- und Eisenbahntunnels oder von unterirdi-
Der CHGEOL hat bereits in mehreren Stellungnahmen                          schen Kabelkanälen braucht ohnehin eine Bewilli-
darauf hingewiesen, dass sich eine Harmonisierung                          gung (Baubewilligung oder Plangenehmigung, unter
der Herrschafts- und Nutzungsrechte betreffend den                         Umständen verbunden mit einer Umweltverträglich-
Untergrund aufdrängt. Mit der vorliegenden Broschüre                       keitsprüfung). Im Rahmen dieser Bewilligungs- oder
will unser Verband mit konkreten Empfehlungen einen                        Plangenehmigungsverfahren kann eine geordnete
weiteren Schritt in diese Richtung tun. Kantonen,                          und sinnvolle Beanspruchung des Untergrunds
­welche vorsehen, ihre Wassernutzungs- und Berg­                           durchgesetzt werden. Auch in diesem Fall sind
 regalordnungen zu überarbeiten, wird empfohlen,                           zusätzliche regalrechtliche Nutzungsbestimmungen
 unsere Vorschläge in die Konzeption der ent­spre­                         grundsätzlich nicht erfor­derlich.
 chen­­den Erlasse zu berücksichtigen.

                                                                         1.4   Der CHGEOL ist unabhängig und unvorein­
1.3		 Die haushälterische Bewirtschaftung des                                  genommenen
      Untergrunds soll nicht zu einer Überregulierung                    In der Vergangenheit haben mehrere Exponenten von
      führen                                                             Bund, Kantonen und Verbänden zu einer Vereinheit­
Der CHGEOL setzt sich für einen intelligenten und                        lichung der in der Schweiz geltenden regalrechtlichen
haushälterischen Umgang mit den Ressourcen der                           und wassernutzungsrechtlichen Rechtsordnung aufge-
Tiefe ein. Wir Geologinnen und Geologen stehen                           rufen. Doch welche «Instanz» soll dazu erste konkrete
dafür ein, dass unsere Gesellschaft den kommenden                        Vorschläge unterbreiten?
Generationen einen Untergrund hinterlässt, der weiter­
hin nachhaltig nutzbar ist und keine anthropogen                         Käme die Initiative vom Bund, könnten sich die Kan­
verursachten, nicht beherrschbaren Risiken birgt.                        tone in ihrer Souveränität angegriffen fühlen und
Die Regelung der sachherrschaftlichen und nutzungs­                      entsprechende Vorschläge a priori ablehnen. Würden
bezogenen Rechtsordnung ist keine Garantie dafür,                        Wirtschaftsverbände solche Empfehlungen unter­
aber sie stellt eine zwingend erforderliche Grundlage                    breiten, fänden diese aufgrund der Interessenslage
dar. Sofern geltendes Recht den Kantonen bereits                         wohl kaum Gehör.
eine nachhaltige Lenkung der Untergrundnutzung
erlaubt, braucht es keine zusätzlichen Gesetze.                          Demgegenüber ist der CHGEOL in dieser Sache un­
Eine Überregulierung der Untergrundnutzung ist                           ab­hängig und unvoreingenommen. Die Ausarbeitung
weder zielführend noch wirtschaftlich sinnvoll.                          entsprechender Erlasse liegt in erster Linie in den
                                                                         Händen der Juristen und die Umsetzung bzw. der
Folgende Beispiele veranschaulichen diesen Grund-                        Vollzug ist Sache der kantonalen Fachstellen. Wie
satz:                                                                    oben dargelegt, dienen unsere Empfehlungen einzig
– In Kapitel 10 schlagen wir vor, dass die Erdwärme                      der Schaffung einheitlicher Rechtsgrundlagen,
  bis zu einer Tiefe von 400 m als private Sache                         damit die Kantone die Nutzung des Untergrunds
  eingestuft wird. Durch die Gewässerschutzgesetz­                       nach haus­hälterischen Kriterien lenken können und
  gebung (vgl. Vollzugshilfe «Wärmenutzung aus                           für Bauherren bzw. Investoren eine bessere Rechts-
  Boden und Untergrund», BAFU, 2009) stehen den                          und Investi­tionssicherheit entsteht.
  Kantonen ausreichende Möglichkeiten zur Ver­
  fügung, diese Art der Untergrundnutzung in geord-
  nete Bahnen zu lenken. Die Einflussnahme erfolgt
  hierbei über das gewässerschutzrechtliche Bewilli-
  gungsverfahren. Eine zusätzliche bergregalrechtliche
  Regelung käme einer Überregulierung gleich.

5
    Quelle: Gesetzliche Grundlagen für die Rohstoffnutzung und für andere geologische Aktivitäten, Landeshydrologie und -geologie,
    BUWAL (Download unter geologieportal.ch), wobei die Anzahl Kantone durch das Redak­tionsteam gemäss dessen Wissensstand
    ­aktualisiert wurde.
Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
Einführung ins Sachenrecht

  2.		 Einführung ins Sachenrecht mit Bezug                 – Gesteigerter Gemeingebrauch: Dieser liegt dann
       zum Untergrund                                         vor, wenn anzunehmen ist, dass eine g­ leichzeitige
                                                              Nutzung durch mehrere Personen nicht mehr ohne
  vgl. Abbildung auf Seite 7                                  weite­res möglich ist und/oder deren Nutzungen sich
                                                              gegenseitig behindern können.
                                                            – Sondernutzung: Bei der Sondernutzung wird das
  2.1		 Verfügungshoheit liegt bei den Kantonen               Nutzungsrecht für eine bestimmte Dauer aus-
  Den Kantonen kommt im Rahmen der bundesrechtli-             schliesslich einer Person oder Personengruppe
  chen Schranken die Verfügungshoheit über den Unter-         eingeräumt.
  grund (inkl. Grundwasser) zu. Das Souveränitätsprin-
  zip sieht vor, dass diese Hoheit auch delegiert werden    Diese drei Begriffe an Beispielen der Untergrundnut-
  kann, namentlich an die Gemeinden. Es gibt in der Tat     zung zu erläutern, ist naturgemäss etwas schwierig.
  einzelne Kantone, welche die Verfügungsgewalt über        Einfacher fällt der Vergleich zur Nutzung des oberirdi-
  die Nutzung des Untergrunds bzw. des Grundwassers         schen öffentlichen Raumes aus. Bei einer öffentlichen
  an die Gemeinden abtreten. Der CHGEOL spricht             Strasse gilt beispielsweise die Strassenbenutzung
  sich gegen eine solche Weitergabe aus. Das verfü-         durch die regulären Verkehrsteilnehmer als Gemein­
  gungsberechtigte Gemeinwesen soll ausschliesslich         gebrauch, die Nutzung für Festumzüge oder Demons-
  der Kanton sein und die Herrschaft über den öffent­       trationen als gesteigerter Gemeingebrauch und
  lichen Untergrund soll ebenfalls beim Kanton liegen.      der Bau bleibender «strassenfremder» Anlagen als
                                                            Sondernutzung.

  2.2		 Abgrenzung private Sachen – öffentliche
         ­Sachen                                            2.4		 Freie Nutzung, Bewilligung und Konzession
  Kraft der oben erläuterten Verfügungshoheit und unter     Grundsätzlich wird versucht, die Unterteilung in freie
  dem Vorbehalt der bundesrechtlichen Schranken kann        Nutzungen, bewilligungsbedürftige Nutzungen und
  der Kanton bestimmen, ob eine Sache, das heisst ein       konzessionsbedürftige Nutzungen von den in Kapitel
  «Element» des Untergrunds, zu 100 Prozent öffent-         2.3 aufgeführten Stufen der Beanspruchung abhängig
  lich ist, oder ob ein Teil davon privat und ein anderer   zu machen. Das heisst:
  Teil öffentlich ist. Untenstehende Tabelle zeigt einige
  Beispiele aus den nachfolgend im Detail erläuterten       –		 Gemeingebrauch              g   freie Nutzung
  Kapiteln.                                                 –		 Gesteigerter Gemeingebrauch g   Bewilligung
                                                            –		 Sondernutzung               g   Konzession
                                                              			                               (Rechtsverleihung)
  2.3		 Nutzungsarten und Nutzungsintensitäten
  Je nach Umfang der Nutzung einer öffentlichen Sache       Diese «Symmetrie» wird auch in der vorliegenden
  unterscheidet man drei Stufen der Beanspruchung:          ­Broschüre eingehalten. Es gibt aber Ausnahmen:
  – Gemeingebrauch (auch «schlichter Gemeinge-               Zum Beispiel ist eine Kombination von Sondernutzun-
    brauch»): Wenn das entsprechende «Element» des           gen und bewilligungspflichtigen Einzeltatbeständen
    Untergrunds öffentlich ist, bzw. die Sachherrschaft      denkbar. Werden für gewisse Arten von Sondernut-
    dem Kanton zusteht, kann der Kanton gewisse              zungen geologische und geophysikalische Vorunter-
    Arten der Nutzung oder geringe Bezugsmengen einer        suchungen durchgeführt, erachten wir diese Vorberei-
    Sache für jedermann freigeben. Dies ist in der Regel     tungstätigkeiten als bewilligungspflichtig. Die Praxis
    dann der Fall, wenn mehrere Personen (natürliche         zeigt ferner, dass die Kantone gerade beim Wasser-
    oder juristische Personen) eine Sache bestim-            nutzungsrecht oft Regelungen kennen, die von diesem
    mungsgemäss gleichzeitig nutzen können ohne sich         «symmetrischen Grundschema» abweichen.
    dabei gegenseitig zu behindern.

   «Element» des Untergrunds          private Sache                                   öffentliche Sache

   Erdwärme                           bis 400 m Tiefe                                 ab 400 m Tiefe

   Gasvorkommen                       Das in Deponien und belasteten Standorten       alle übrigen natürlichen
                                      gebildete und vorkommende Gas                   Gasvorkommen

   Grundwasservorkommen
    lokale Vorkommen, deren Ausdehnung auf                                            alle übrigen Grundwasser-
    das Grundstück (Parzelle) begrenzt sind                                           vorkommen
Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
6|7

Grundgerüst Sachenrecht Untergrund

                                        Verfügungshoheit
                           über den Untergrund, sofern nicht Gegenstand
                             der bundesrechtlichen Zivilgesetzgebung:
                                             Kantone

                                    Delegation der Verfügungshoheit
                                     vom Kanton an die Gemeinden
                                     vom CHGEOL nicht empfohlen

                                             Sachherrschaft

                                    Status

        Privat                                                Öffentlich

                                             Umfang der Nutzung (Nutzungsintensität)

                            Gemeingebrauch            gesteigerter Gemein­        Sondernutzung
                                                           gebrauch

                                                  Rechtsgrundlage der Nutzung

     freie Nutzung                                         Bewilligung              Konzession
                                                                                   (Verleihung)

Nicht Gegenstand dieser Broschüre

                                                              Abgaben

        keine                                           einmalige Gebühr         einmalige Gebühr
                                                         (und ggf. wieder-      und wiederkehrende
                                                       keh­rende Nutzungs­           Abgaben
                                                        entschädi­gungen)
Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
Einführung ins Sachenrecht

  Beispiele hierfür sind:                                  2.5		 Abgaben
  – Quellwassernutzung im Bereich des Gemein­              Der CHGEOL empfiehlt folgende Grundsätze:
    gebrauchs wird dann bewilligungspflichtig, wenn das    Die Struktur der Abgaben richtet sich im Prinzip nach
    Quellwasser zur Kraftnutzung, d.h. zur Turbinierung    den in Kapitel 2.4 erläuterten Unterteilung der Nutzun-
    verwendet wird (wobei dieser Grundsatz im Bundes-      gen. Freie Nutzungen sind grundsätzlich abgabefrei,
    recht geregelt ist).                                   bei bewilligungspflichtigen Nutzungen werden in der
  – Grundwassernutzung im Bereich des gesteigerten         Regel eine Bewilligungsgebühr und vereinzelt perio-
    Gemeingebrauchs wird zur freien Nutzung erklärt,       disch zu entrichtende Abgaben (sog. Nutzungsent-
    wenn das geförderte Grundwasser ausschliesslich        schädigungen) erhoben, bei Sondernutzungen werden
    vom Grundeigentümer genutzt wird (wird vom CH-         sowohl eine einmalige Abgabe für die Konzessions-
    GEOL nicht unterstützt).                               erteilung (sog. Konzessionsgebühr) als auch wieder-
                                                           kehrende Abgaben (z.B. Wasserzinsen) in Rechnung
  Es sei betont, dass sich der Begriff «freie Nutzung»     gestellt.
  ausschliesslich auf die nutzungsrechtlichen Aspekte
  bezieht. Je nach Nutzungsart sind zahlreiche Vorgaben    Durch die Einnahmen müssen mindestens die Auf-
  oder auch Einschränkungen und Verbote, die sich aus      wendungen des Gemeinwesens für die Erteilung von
  anderen Rechtsbereichen ergeben, zu berücksichti-        Bewilli­gun­gen, die Vergabe von Nutzungsrechten
  gen. Ferner gilt, dass die Sachherrin der öffentlichen   und die Durchführung von Abnahmen und Kontrollen
  Sache auch bei der freien Nutzung berechtigt ist, die    gedeckt sein. Bei den Abgaben für Konzessionen
  entsprechenden Nutzungsanlagen zu kontrollieren.         (ein­malige und wiederkehrende Gebühren) sind die
                                                           ­Gesamtkosten für die Bewirtschaftung des Unter-
  Die hier behandelten Bewilligungen betreffen – aus-       grunds mit zu berücksichtigen.
  ser es sei ausdrücklich etwas Anderes erwähnt –
  ausschliesslich nutzungsrechtliche Bewilligungen.        Abgaben sollen – neben Verboten, Nutzungsbeschrän-
  Generell ist eine Bewilligung ein verwaltungsrechtli-    kungen und besonderen Auflagen – in erster Linie der
  ches Instrument zur Durchsetzung von präventiven         Lenkung der Untergrundbewirtschaftung dienen,
  Sicherheitsvorschriften. Unter Geologinnen und           denn letztlich sind die Ressourcen im Untergrund be-
  Geologen ist man eher mit gewässerschutzrechtlichen      grenzt. Dieses Steuerungspotenzial wird bereits heute
  Bewilligungen vertraut. Gewässerschutzrechtliche         eingesetzt, könnte aber in einigen Kantonen wohl
  Bewilligungen stützten sich auf die eidgenössische       noch optimiert werden.
  Gewässerschutzgesetzgebung und werden meist im
  Zuge der Baubewilligung für Anlagen erteilt, von denen   Hierzu vier Beispiele:
  eine Gefahr für das Grundwasser ausgehen könnte.         – Vorzugstarife für Grundwassernutzungen, die der
  Nutzungsrechtliche Bewilligungen haben dagegen die         öffentlichen Trinkwasserversorgung dienen, im
  Regelung der Nutzung einer öffentlichen Sache, über        Verhältnis zu anderen Grundwassernutzungen.
  die das Gemeinwesen die Sachherrschaft ausübt,           – Vorzugstarife für Grundwassernutzungen, bei denen
  zum Gegenstand. Demzufolge sind (nach Auffassung           das Wasser wieder zurück in den Aquifer gegeben
  des CHGEOL) diese Bewilligungen auch zeitlich zu           wird (offene Kreisläufe).
  beschränken.                                             – Geringere Abgabesätze für Tiefengeothermie-
                                                             Vorhaben (Förderung erneuerbarer Energien),
                                                             bzw. Abgabebefreiung während der Initialphase.
                                                           – Abgabebefreiung für Schauhöhlen und touristisch
                                                             genutzte, historische Bergwerke (Förderung
                                                             der unter­grundbezogenen Öffentlichkeitsarbeit,
                                                             vgl. ­Kapitel 15).
Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
8|9

3.		 Interaktion zu anderen Rechts­                      4.3		 Torf
     bereichen                                           In einigen älteren kantonalen Bergbaugesetzen ist der
                                                         Torfabbau noch explizit geregelt. Durch den eidgenös­
Die vorliegenden Empfehlungen behandeln aus-             sischen Moorschutz und durch weitere kantonale
schliesslich sachherrschaftliche und nutzungs-           Erlasse zum Schutz der Moorlandschaften und das
rechtliche Aspekte. Wie bereits erwähnt, interagieren    damit einhergehende Torfabbauverbot erübrigt sich
Nutzungen des Untergrunds meist auch mit anderen         unse­res Erachtens die nutzungsrechtliche Regelung
Rechtsbereichen, wie zum Beispiel:                       des Torfs. «Fossile Torfschichten», die bei Aushubar-
– Raumplanungsgesetzgebung;                              beiten zu Tage treten, sind nutzungsrechtlich analog
– Baugesetzgebung;                                       Kapitel 8 zu beurteilen. Auf weiterführende sachherr-
– Gewässerschutzgesetzgebung;                            schaftliche und nutzungsrechtliche Überlegungen zum
– Umweltschutzgesetzgebung;                              Torf wird deshalb verzichtet.
– Enteignungsrecht.

Die zuständigen Behörden koordinieren die entspre-       4.4		 Weiterführende rechtliche Aspekte, die nicht
chenden Verfahren. So erhält ein Konzessionär bei              behandelt werden
der Verleihung eines Grundwassernutzungsrechts in        Bergbaugesetze und Wassernutzungsgesetze regeln
aller Regel ein einziges Dokument, den Konzessions-      zahlreiche weitere Belange, auf die hier nicht einge-
beschluss oder -entscheid. In diesem ist jeweils auch    gangen wird.
die gewässerschutzrechtliche Bewilligung mit den
dazugehörenden Auflagen enthalten.                       Dazu zählen unter anderem:
                                                         – Das Vorgehen bei mehreren Bewerbern;
                                                         – enteignungsrechtliche Belange;
                                                         – haftpflichtrechtliche Fragen;
4.		 Nicht behandelte Themen                             – die Dauer von nutzungsrechtlichen Bewilligungen
                                                           und Konzessionen;
4.1		 Mineralien und Fossilien                           – die Übertragung von Konzessionen und Bewilli­
Sofern die Harmonisierung von Gesetzeserlassen             gungen und Beendigung eines Konzessionsverhält-
über das Strahlen (Abbau von Mineralien) und über          nisses;
das Sammeln von Fossilien als angebracht erscheint,      – Aspekte der staatlichen Aufsicht;
müsste die Initiative von denjenigen Verbänden er­       – die Verfahrenskoordination.
grif­fen werden, welche die Strahler, Mineralien- und
Fossiliensammler vertreten. Der CHGEOL nimmt keine       Einzig zur Wiederherstellung des ursprünglichen
Stellung dazu.                                           Zustands bzw. zu den zu treffenden Sicherungsmass-
                                                         nahmen nach Beendigung der Nutzung finden sich
                                                         Empfehlungen in Kapitel 16.
4.2		 Oberflächennahe Deponien
Bei Deponien im Sinne der Technischen Verordnung
über Abfälle (TVA) 6 sind durch diverse Rechtsbereiche
die Planungszuständigkeit, Koordination und Kontrolle
des Gemeinwesens gut abgesichert. Es gelten sinn-
gemäss die Überlegungen, die wir zu Kiesgruben und
Steinbrüche machen (vgl. Kapitel 5).

6
    SR 814.600.
Empfehlungen des Schweizer Geologenverbands CHGEOL zur Harmonisierung von Verfügungshoheit, Sachherrschaft und Nutzungsvorschriften
Massenrohstoffe: Steine und Erden

  5.		 Massenrohstoffe: Steine und Erden                   5.2		 Nutzung von Steinen und Erden durch andere
                                                                  Rechtsbereiche genügend geregelt
  5.1		 Begriff und aktuelle Situation in der Schweiz      Steine und Erden sollen gemäss unseren Empfehlun-
  Unter die Nutzung von «Steinen und Erden» fällt der      gen Bestandteil des Grundeigentums sein, also als
  Abbau von Lockergesteinen (Kies, Sand und Ton)           private Sachen gelten (Ausnahme: Nutzungen aus
  sowie von Festgesteinen. Kies und Sand sind men-         öffent­lichen Gewässern). Die Errichtung und der
  genmässig die am meisten genutzten mineralischen         Betrieb von Kiesgruben, Tongruben und ­Steinbrüchen
  Rohstoffe der Schweiz. Der Bedarf beläuft sich je        sind durch zahlreiche Gesetze geregelt und die
  nach Konjunkturlage zwischen 20 und 25 Millionen         Verfahren bis zum Erlangen entsprechender Abbau­
  Kubikmeter pro Jahr. Festgesteine werden als Bau­        bewilligungen sind zum Teil äusserst komplex. Die
  steine, Bodenbeläge oder Küchenabdeckungen viel-         aus den Erlassen der Raumplanung, der Umwelt-
  seitig genutzt. Naturstein wird gegenwärtig in etwa 70   schutzgesetzgebung (Umweltverträglichkeitsprüfung),
  Steinbrüchen gewonnen. Abgebaut werden vor allem         des Gewässerschutzes 7, des Waldschutzes und des
  Gneise, Granite, Quarzite, Marmore, Sandsteine, Kalk-    Naturschutzes sich ergebenden Vorgaben erteilen
  steine und Serpentinite. Mengenmässig wichtiger sind     dem Gemeinwesen ausreichende Vollzugskompeten-
  die Festgesteine für die Zement- und Ziegelindustrie     zen, die Nutzung dieser Rohstoffe im Interessen der
  sowie für Verkehrsinfrastrukturen. Tongesteine, Mer-     schweizerischen Binnenwirtschaft und der Nachhaltig-
  gel, Gips und Kalksteine dienen als Basis von Produk-    keit geordnet lenken zu können.
  ten wie Zement, Backsteine oder Ziegel. Als Schotter
  oder Splitt sind Festgesteine unersetzlich beim Bau      Durch die Zuordnung von Steinen und Erden zu den
  von Strassen oder Bahntrassen: Jährlich werden etwa      privaten «Elementen» des Untergrunds ergeben sich
  2 Millionen Tonnen geeigneter Gesteine benötigt,         auch keine sachherrschaftlichen Diskrepanzen zur
  besonders wichtig sind dabei Hartgesteine.               Nut­zung von Material, das beim Aushub von Bau­
                                                           gruben anfällt (privater Untergrund im Sinne des ZGB).
  Eine besondere Gewinnung von Kies und Sand stellt
  der Abbau in öffentlichen Gewässern dar. Dieser ist
  grundsätzlich nur dann gutzuheissen, wenn er der         7
                                                               Beispiel gewässerschutzrechtliche Bewilligung gemäss Art. 44
                                                               GSchG: Wer Kies, Sand, oder anderes Material ausbeuten oder
  Abflusssicherung und/oder dem Hochwasserschutz               vorberei­tende Grabungen dazu vornehmen will, braucht eine
  dient. Hierbei sind u.a. die gesetzlichen Vorgaben           Bewilligung.
  über den Geschiebehaushalt zu berücksichtigen
  (Art. 43a GSchG).
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Massenrohstoffe: Steine und Erden
Kies, Sand, Ton, Kalk, Granit, Gips etc.

                                              Sachherrschaft

                                     Status

          Privat                                              Öffentlich
    Alle Vorkommen                              Vorkommen in öffentlichen Gewässern
   ausser diejenigen                            (z.B. Kiesabbbau in einem Flussdelta)
     in öffentlichen
       ­Gewässern

                                              Umfang der Nutzung (Nutzungsintensität)

                               Gemeingebrauch           gesteigerter Gemein­         Sondernutzung
                                                             gebrauch             Sämtliche Nutzungen
                                                                                  in einem öffentlichen
                                                                                        Gewässer

                                                   Rechtsgrundlage der Nutzung

    freie Nutzung                                           Bewilligung                  Konzession
Vorbehalten bleiben die                                                                 (Verleihung)
 aus andereb Rechts­
gebieten sich ergeben-
den Einschränkuzngen
     und Auflagen

Hinweis:
Vorkommen von Steine und Erden in Grundwasser-        ­ ignen, gemäss der Gewässerschutzgesetzgebung
                                                      e
vorkommen wären nach obigem Schema streng             des Bundes ohnehin verboten ist. Bei Einbauten
genommen auch öffentlich (sofern das entsprechen-     unter den mittleren Grundwasserspiegel (erfordern
de GW-Vorkommen ein öffentliches Gewässer ist).       eine gewässerschutzrechtliche Bewilligung) gilt,
Deren Zuordnung ist aber kaum relevant, da der        dass ausgehobene «Steine und Erden» private
Nassabbau bei Grundwasservorkommen, die sich          Sachen darstellen und somit zum Grundeigentum
nach Menge und Qualität für die Wassernutzung         gehören.
Erz- und Salzvorkommen

  6.		 Erz- und Salzvorkommen im Untergrund                beim Salz die Unentbehrlichkeit als Nahrungsmittel
                                                           dazu, dass diese Rohstoffe im Bergregal verankert
  6.1		 Begriffe, Rückblick und aktuelle Situation         wurden.
        in der Schweiz
  Erze sind mineralische Rohstoffe, aus denen durch        Eine Sonderstellung geniesst in der Schweiz das Salz-
  Verhüttung Metalle und Edelmetalle gewonnen werden       regal. Alle Kantone verfügen über das Salzregal und
  können. Bergbau mit Verhüttung ist in der Schweiz        sind – ausser der Kanton Waadt – Mitaktionäre der
  bereits aus der Bronzezeit bekannt. Das 16. und 17.      Rheinsalinen AG mit Sitz in Schweizerhalle. Die betei-
  Jahrhundert, die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts       ligten Kantone haben die Nutzung, mitunter auch die
  und die beiden Weltkriege (1914 – 1918 und 1939 –        auf den kantonalen Salzregalen abgestützten Rechte
  1945) stellten Höhepunkte der Bergbauentwicklung         auf Einfuhr und Verkauf von Salz und salzhaltigen
  dar. Die letzten beiden Eisenerzbergwerke (Gonzen        Gemischen (ab 30% NaCl) an die Rheinsalinen AG
  und Herznach) wurden in den 1960er Jahren geschlos­      übertragen. Für den eigentlichen Salzabbau braucht
  sen. Aufgrund ausländischer Konkurrenz, aber auch        die Rheinsalinen AG von den entsprechenden Kanto-
  geologischer Faktoren (Grösse und Zugänglichkeit der     nen eine Konzession.
  Vorkommen) findet in der Schweiz zurzeit kein Erz­
  abbau mehr statt.
                                                           6.3		 «Freizeitgoldwaschen» soll grundsätzlich ohne
  Salz ist ein Gestein, das durch Verdunstung von                 Bewilligung oder Konzession erlaubt sein
  Meerwasser entstanden ist. Dieser Rohstoff ist in        Das Aufsuchen und Gewinnen von Metallen, Edel­
  der Schweiz ausreichend vorhanden und wird heute         metallen und Salzen ohne gewerblichen Hintergrund,
  an verschiedenen Standorten abgebaut: Im Kanton          zum Beispiel das individuelle Freizeitgoldwaschen,
  Waadt (Bex) und in den Kantonen Basel-Land/Aargau        soll in der gesamten Schweiz dem Gemeingebrauch
  am Hochrhein (Schweizerhalle und Riburg). In Bezug       zugeordnet werden und somit grundsätzlich nicht
  auf das Salz ist die Schweiz von Importen unab­          bewilligungspflichtig sein. Allerdings sollte gesetzlich
  hängig.                                                  verankert sein, dass die Kantone zur Umsetzung des
                                                           Geotopschutzes entsprechende Abbau-Verbote für
                                                           einzelne Gebiete anordnen können. Vorbehalten
  6.2		 Berg- und Salzregal                                bleiben sodann die Vorschriften der Gewässerschutz-
  Im Gegensatz zu den Steinen und Erden (siehe Kapitel     gesetzgebung 8.
  5), obliegt der Abbau von Erzen, Salz und Salzquellen
  in der Schweiz bereits seit dem Mittelalter der staat­
  lichen Hoheit, dem Berg- oder Salzregal. Bei den Erzen   8
                                                               Vgl. Hinweis in Kapitel 5: Wer Kies, Sand, oder anderes Material
                                                               ausbeuten oder vorbereitende Grabungen dazu vornehmen will,
  führten strategische Überlegungen (Waffen, Münzen),          braucht eine Bewilligung (Art. 44 GSchG).
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Erz- und Salzvorkommen im Untergrund

                                        Sachherrschaft

                               Status

        Privat                                            Öffentlich
    Vorkommen in                    Alle übrigen natürlichen Vorkommen im Untergrund
 Deponien und in be­
 lasteten Standorten

                                        Umfang der Nutzung (Nutzungsintensität)

                             Gemeingebrauch       gesteigerter Gemein­            Sondernutzung
                       Nutzungen ohne gewerb-          gebrauch             Nutzungen mit gewerb-
                        lichem bzw. wirtschaft­                             lichem bzw. wirtschaft­
                           lichem Hintergrund                                  lichem Hintergrund

                                              Rechtsgrundlage der Nutzung

    freie Nutzung                                      Bewilligung                Konzession
                                                   Geologische und geo­          (Verleihung)
                                                  physikalische Vorberei-       Der Abbau bzw.
                                                  tungsuntersuchungen,        die Gewinnung der
                                                     Probebohrungen                Rohstoffe
                                                         und dgl.
Energierohstoffe

  7.		 Energierohstoffe im Untergrund                      abzubauen. In jüngster Zeit scheint das Interesse
                                                           aber allmählich wieder zu wachsen: 2008 hat eine
  7.1		 Nach Jahren des Stillstands wächst                 kanadische Firma im Kanton Wallis ein Gesuch zur
         das Interesse wieder                              Erkundung uranhaltiger Gesteine eingereicht. Der Kan-
  Als Energierohstoffe gelten einerseits Rohstoffe des     ton Freiburg sah sich mit einem Gesuch für die Unter-
  Untergrunds wie Kohle, Erdöl, Erdgas oder Bitumen,       suchung möglicher Gasschiefervorkommen konfron-
  andererseits uranhaltige Minerale, die sich aufgrund     tiert, welches im April 2011 wegen Umwelt­bedenken
  ihrer natürlichen Radioaktivität für Kernspaltreakti-    abgelehnt wurde. Die 2009/2010 abge­teufte Erdgas-
  onen nutzen lassen. In der Schweiz existieren zahl­      bohrung im östlichen Teil des Genfersees sorgte für
  reiche Vorkommen, die aber zurzeit aufgrund der          grosses Interesse. Im Herbst 2011 wurde bekannt,
  ausländischen Konkurrenz, der Geologie oder geogra­      dass die Bohrungen das Vorhandensein von grösseren
  fischen Lage nicht wirtschaftlich nutzbar sind.          Vorkommen belegen. Zusätzliche Analysen sollen nun
                                                           klären, ob sich eine Förderung lohnt. Auch an anderen
  Im Mittelalter, im 18. und 19. Jahrhundert und wäh-      Orten in der Schweiz sucht man wieder nach Erdgas.
  rend der Kriegsjahre des 20. Jahrhunderts wurde hier-    So wurden 2011 in Ob- und Nidwalden im Auftrag
  zulande in verschiedenen Bergwerken Kohle gefördert.     des Gasverbunds Mittelland seismische Messungen
  Gesamtschweizerisch wurden zwischen 1940 und             durchgeführt. Ebenfalls 2011 wurden im Kanton Bern
  1947 500’000 Tonnen Anthrazit, 410‘000 Tonnen            Probebohrungen zwischen Aarberg und Biel bewilligt.
  Braunkohle und 275‘000 Tonnen Schieferkohle ge-
  fördert. Damit konnte für die Industrie während des      Die Geschehnisse der letzten Jahre machen deutlich,
  zweiten Weltkrieges immerhin 28 % des Kohlebedarfs       dass – je nach Preisentwicklung auf den internatio­
  gedeckt werden.                                          nalen Energierohstoffmärkten und der Rohstoffver-
                                                           knappung – auch unser Land wieder ins Visier der
  Verschiedene kleinere Asphaltimprägnationen finden       Investoren rücken könnte.
  sich im Jura, im Molasse-Vorland und seltener auch in
  den Alpen. Wirtschaftliche Bedeutung besassen nur
  die Asphaltminen im Val de Travers (NE), wo von 1711     7.2		 Die sachenrechtliche Regelung ist unbestrit-
  bis 1986 Kalke mit 5 bis 12 Gew.% Bitumen abgebaut               ten, aber Beurteilungskriterien fehlen
  und zur Asphaltproduktion verwendet wurden. Eben-        Das auf der rechten Seite dargelegte Schema der
  falls nur noch von historischer Bedeutung sind die       bergregalrechtlichen Regelung von Energierohstoffen
  bituminösen Schiefer am Monte San Giorgio (TI).          dürfte in der Fachwelt unbestritten sein. «Boden­
                                                           schätze» dieser Art sind seit jeher öffentliche Güter,
  Mit zunehmender Bedeutung von Erdgas und Erdöl           und der Abbau stellt eindeutig eine Sondernutzung dar
  wurde seit den 1920er Jahren intensiv nach Energie­      und ist somit konzessionspflichtig. Problematisch ist
  rohstoffen gesucht. Mit über dreissig Tiefbohrun-        hingegen, dass den Kantonen die Kriterien, d.h. die
  gen wurde das Schweizer Mittelland abgesucht. Im         regulatorischen Grundlagen fehlen, nach denen sie
  Bereich der mittelländischen Molasse zeigten die         allfällige Gesuche beurteilen können. Wir verweisen
  Bohrungen Essertines (VD) und Pfaffnau (LU) die          dazu auf Kapitel 18, in dem wir auf die künftige Rolle
  positivsten Resultate. Erstere lieferte rund 100         des Bundes eingehen.
  Tonnen hochwertiges Erdöl, letztere einige Millionen
  Kubikmeter Erdgas. Im Alpenrandgebiet wurden bei
  der Bohrung Linden (BE) einige Millionen Kubikmeter
  Erdöl angetroffen. 1980 wurde im Entlebuch das bis
  heute einzige kommerziell genutzte Gasvorkommen
  der Schweiz im Umfang von 75 Millionen Kubikmetern
  angebohrt.

  Im Rahmen des lagerstättenkundlichen Projekts
  ­UROMINE erfolgte während der Jahre 1979 – 1983
   eine Prospektionskampagne auf Schwereminerale
   (u.a. Uran) im Kanton Wallis. Es blieb allerdings bei
   der Prospektion.

  Unter dem Druck der ausländischen Konkurrenz
  schwand Ende des 20. Jahrhunderts das Interesse in
  der Schweiz (wie auch in anderen europäischen Län-
  dern) nach Energierohstoffen zu suchen bzw. solche
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Energierohstoffe im Untergrund
Erdöl, Erdgas, Bitumen, Öl- und Gasschiefer, Kohle, Uran (ohne Erdwärme > siehe Kap. 10)

                                            Sachherrschaft

                                   Status

         Privat                                             Öffentlich
 Oberflächennahe Gas-                 Alle übrigen Energierohstoffvorkommen im Untergrund
vorkommen in Deponien
 und im Bereich belas­
    teter Standorte

                                            Umfang der Nutzung (Nutzungsintensität)

                              Gemeingebrauch          gesteigerter Gemein­         Sondernutzung
                                                           gebrauch                Alle Nutzungen

                                                 Rechtsgrundlage der Nutzung

     freie Nutzung                                        Bewilligung                Konzession
                                                      Geologische und geo­          (Verleihung)
                                                     physikalische Vorberei-       Die Förderung
                                                     tungsuntersuchungen,        bzw. der Abbau der
                                                        Probebohrungen            Energierohstoffe
                                                            und dgl.
Untertagebauten

  8.		 Beanspruchung des Untergrunds                         8.3		 Was sind Untertagebauten im öffentlichen
       für Untertagebauten                                          Interesse und weshalb soll dafür weder eine
                                                                    Bewilligung noch eine Konzession erforderlich
  8.1		 Tiefenbegrenzung des Grundeigentums                         sein?
  Kernartikel des schweizerischen Bundesrechts zur           Untertagebauten, die im öffentlichen Interesse ste-
  Frage, wie weit sich das Grundeigentum in die Tiefe        hen, sind Verkehrswegebauten wie Eisenbahn- oder
  erstreckt, ist Art. 667 des Zivilgesetzbuches (ZGB).       Strassentunnel, Leitungen von Kommunikations- und
  Dieser besagt, dass das Grundeigentum nur soweit           Energieträgern, Stollen zur Weiterleitung von Wasser
  ins Erdreich reicht, als dass für die Ausübung des         für die Kraftnutzung, unterirdische Abwasseranlagen
  ­Eigentums ein Interesse besteht. Der darunter lie­        (z.B. Regenwasser-Rückhaltebecken), geologische
   gende Raum gehört nicht zum Privateigentum und            Tiefenlager für die Entsorgung radioaktiver Abfälle,
   versteht sich als öffentlicher Untergrund, welcher der    militärische Anlagen und dergleichen. Die Anlage
   kanto­nalen Hoheit untersteht. Diese vertikale Begren-    selbst muss also nicht zwingend durch das Gemein-
   zung des Privateigentums garantiert seit nunmehr          wesen gebaut und betrieben werden, allein anhand
   einem Jahrhundert, dass Infrastrukturanlagen wie          des Verwendungszwecks kann ermessen werden, ob
   Eisenbahntunnel und dergleichen ohne sachenrecht-         ein öffentliches Interesse vorhanden ist oder nicht.
   liche Streitigkeiten realisiert werden können. Privater   Die Kantone haben bei solchen Untertagebauten
   Untergrund ist somit derjenige, über den der Eigen­       weitaus genügend Möglichkeiten, die Beanspruchung
   tümer ein an die Ausübung des Eigentums gekoppel-         des Untergrunds in geordneter Art und Weise lenken
   tes Interesse ausweisen kann. Dazu gehören die ober-      zu können. Entsprechende Kompetenzen ergeben sich
   flächennahen Erdschichten, in denen Untergeschosse,       aus zahlreichen Rechtsbereichen. Eine zusätzliche
   Einstellhallen und Fundationen, wie z.B. Pfähle und       nutzungsrechtliche Regelung erübrigt sich. Vergleiche
   dergleichen, zu liegen kommen. Die Grenzziehung           dazu die Erläuterungen in Kapitel 1.3.
   kann nicht mit einer numerischen Tiefenangabe
   angegeben werden, dies kommt am Beispiel der Erd­         Beanspruchungen des Untergrunds für Nutzungen,
   wärmesonden deutlich zum Ausdruck: Solche Anlagen         die weder dem Privatrecht unterstellt sind, noch von
   stehen mit der Ausübung des Eigentums in direkter         öffentlichem Interesse sind, gibt es gegenwärtig in
   Verbindung, womit das Interesse ausgewiesen ist.          der Schweiz nur wenige. Auch einer unterirdischen
   Die Errichtung einer 120 Meter tiefen Erdwärmeson-        Shopping-Ville, die unter bestehende Grundstücke
   den hat aber nicht zur Folge, dass der gesamte Un-        auskragt, ist noch ein öffentliches Interesse zuzu­
   tergrund bis in diese Tiefe als Privateigentum erklärt    sprechen.
   werden kann, sondern nur der Untergrund, welcher für
   die Sondenerstellung in Anspruch genommen wird (die       Der CHGEOL schlägt vor, dass Beanspruchungen
   Regelung der Erdwärme wird in Kapitel 10 erläutert).      des Untergrunds zu privaten Zwecken unterhalb der
                                                             vertikalen Ausdehnung von Grundstücken als Sonder­
                                                             nutzungen gelten sollen. Bei der Verleihung von ent­
  8.2		 «Gemeingebrauch» steht hier in Anführungs­           sprechenden Nutzungsrechten steht die Festlegung
        zeichen                                              sicherheitsrelevanter Auflagen im Vordergrund, unter
  Im Schema auf der rechten Seite wird der Begriff           anderem sind auch die Massnahmen zu bestimmen,
  «Gemeingebrauch» in Anführungszeichen gesetzt.             die vorgekehrt werden müssen, wenn die Anlage still-
  Gemeingebrauch ist als Nutzung definiert, die bestim-      gelegt wird (siehe auch Kapitel 16).
  mungsgemäss von mehreren Personen ohne gegen-
  seitige Behinderung erfolgen kann. Die Nutzung des
  öffentlichen Untergrunds für Tunnelbauten etc. wider­
  spricht natürlich dieser Definition. Der Kerngedanke
  des auf der rechten Seite dargestellten Schemas ist,
  dass Untergrundbeanspruchungen für Anlagen, die
  im öffentlichen Interesse stehen, frei sein sollen.
  Korrekt müsste man eigentlich von Sondernutzungen
  sprechen, für die eine freie Nutzung zu Gunsten der
  öffentlichen Hand gilt.
16 | 17

Beanspruchung des Untergrunds für Untertagebauten
Tunnel, Stollen, Bunker und andere unterirdische Anlagen (ohne natürliche Höhlen > siehe Kapitel 9)

                                            Sachherrschaft

                                   Status

        Privat                                              Öffentlich
Ausdehnung im Bereich                                 Der übrige Untergrund
 des Grundeigentums
      nach ZGB

                                            Umfang der Nutzung (Nutzungsintensität)

                               «Gemeingebrauch»       gesteigerter Gemein­          Sondernutzung
                              Untertagebauten, an          gebrauch                Alle übrigen Bean­
                             denen ein öffentliches                                spruchungen des
                            Interesse besteht. Zum                                    ­Untergrunds
                           Gemeingebrauch gehört
                             ferner die Nutzung des
                           Ausbruchmaterials (auch
                              das von den Sonder-
                            nutzungen stammende
                                    Material)

                                                  Rechtsgrundlage der Nutzung

      freie Nutzung                                        Bewilligung                Konzession
 Vorbehalten bleiben die                                                             (Verleihung)
 aus anderen Rechtsbe-
reichen sich ergebenden
  Einschränkungen und
         Auflagen.

Hinweise:
– Auch beim Gemeingebrauch (freie Nutzungen)      – Bei Untertagebauten für die Lagerung radioaktiver
  ist – beispielsweise durch die Einführung einer   Abfälle verweisen wir auf das Kernenergiegesetz,
  Meldepflicht – sicherzustellen, dass der Kanton   die Kernenergieverordnung und den Sachplan
  solche Nutzungen in ein Inventar (z.B. Kataster   Geologische Tiefenlager.
  der Nutzungen des Untergrunds) aufnehmen kann.
Höhlen 

   9.		 Höhlen 9                                            Die Begehung von Höhlen mit grösseren Gruppen –
                                                            ob mit oder ohne gewerblichem oder wirtschaftlichem
   9.1		 Begriffe und Charakteristika von Höhlen            Hintergrund – kann mit erhöhten Einwirkungen auf
   Eine Höhle ist ein natürlicher, von einem Menschen       die Höhlen und mit spezifischen Risiken verbunden
   (kriechend) begehbarer Hohlraum. In der Schweiz sind     sein. Solange solche Begehungen in geringer Zahl
   über 9’000 Höhlen von bis zu 200 km Länge bekannt        und unter Einhaltung der üblichen Standesregeln
   und dokumentiert.                                        (z.B. Meidung empfindlicher Höhlen, Ehrenkodex und
                                                            Definitionen und Empfehlungen der SSS/SGH be-
   Höhlen weisen ein sehr beständiges Klima auf und         züglich Höhlentrekking und -begleitung) durchgeführt
   sind meist äusserst nährstoffarm. Sie beherber-          werden, ist jedoch aus Verhältnismässigkeitsüber-
   gen ein einzigartiges Ökosystem, das sich an diese       legungen von einer Bewilligungspflicht abzusehen.
   Verhältnisse angepasst hat. Da die Höhlen von der        Auswüchsen kann gegebenenfalls mit punktuellen
   Oberflächenerosion geschützt sind, enthalten sie         Verboten (z.B. begründet durch Biotop- oder Geotop-
   häufig Zeugnisse der Erdgeschichte (z.B. Tropfsteine     schutz) oder Positivlisten (geführte Gruppen nur in
   = Paläoklimaarchive), der Evolution (z.B. Tierknochen)   ­dafür geeigneten Höhlen) begegnet werden. Inten­
   und der menschlichen Kulturgeschichte (z.B. archäo-       sivere Nutzungen – z.B. das Erstellen von massiven,
   logische Funde). Schon kleinere Eingriffe in die Höhle    festen Einrichtungen oder regelmässige Begehungen
   – wie die Erweiterung des Eingangs – können die           in grösseren Gruppen – sollten jedoch einer Bewilli-
   lokalen Verhältnisse stark verändern und Natur- und       gung bzw. einer Konzession bedürfen.
   Kulturwerte beeinträchtigen oder gar unwiederbringlich
   zerstören.                                               Die Entnahme jeglicher Mineralien und Steine (ins-
                                                            besondere Tropfsteine) und anderer Objekte (z.B.
   Karstaquifere speichern etwa 80% der Grundwasser­        Knochen) aus Höhlen sollte grundsätzlich verboten
   reserven der Schweiz und speisen Karstquellen,           werden. Ausnahmen sind für wissenschaftliche
   welche meist auch bei lang anhaltender Trockenheit       Zwecke vorzusehen, wenn die Interessen für eine
   noch bedeutende Schüttungen aufweisen. Höhlen            Probenahme die Schutzinteressen überwiegen und die
   ermöglichen den direkten Zugang zu diesen unter­         üblichen Vorsichtsmassnahmen eingehalten werden
   irdischen Gewässern, welche auch ein bedeutendes         (SSS/SGH, 2010).
   thermisches und hydraulisches Potenzial aufweisen.
                                                            Sondernutzungen, wie Schauhöhlen (vgl. Kapitel 15),
                                                            Trinkwasserfassungen oder Kleinwasserkraftwer-
   9.2		 Grundsatz: Freier Zugang                           ken an Höhlenbächen, bedürfen grundsätzlich einer
   Abgesehen von natürlichen Hohlräumen geringen            Konzession. Die an der Oberfläche üblichen Kriterien
   Ausmasses sind Höhlen grundsätzlich als öffentlich       für die Beurteilung solcher Nutzungen müssen jedoch
   zu betrachten. Die Einschränkung des freien Zugangs      an die Eigenheiten des Karstes angepasst werden.
   zu den Höhlen muss mit bedeutenden öffentlichen          Die «Wegleitung zur Beurteilung von Projekten in
   (z.B. Geotop-, Fledermaus- oder Grundwasserschutz,       Karst­gebieten» (SSS/SGH, 2010) gibt hier wertvolle
   Archäologie, Sicherheit) oder privaten Interessen        Hinweise.
   (z.B. Eingang in ein Gebäude) begründet werden.

                                                            9
                                                                Kapitel verfasst durch das Schweizerische Institut für Speläologie
                                                                und Karstforschung SISKA
   9.3		 Angemessener Schutz – pragmatische
         ­Nutzungsregelung
   Höhlen sind grundsätzlich ein sehr verletzliches
   Milieu. Dies gilt es bei der Regelung der Nutzung zu
   berücksichtigen. Die Steuerung der Nutzung und des
   Schutzes von Höhlen ist jedoch gezielter durch eine
   Stärkung und Durchsetzung des Biotop-, Geotop- und
   Grundwasserschutzes sowie des Schutzes archäo-
   logischer Stätten als durch Besitz- und Nutzungs­
   rechte zu regeln. Griffige Regeln diesbezüglich sind
   die Voraussetzung, dass die Nutzung von Höhlen
   möglichst unbürokratisch und pragmatisch gehand-
   habt werden kann.
18 | 19

Höhlen
(Ohne künstlich geschaffene Hohlräume > siehe Kapitel 8; für die Nutzung des in Höhlen fliessenden
­Wassers gelten zusätzlich die Anforderungen gemäss Kapitel 12/13)

                                                           Sachherrschaft

                                               Status

             Privat                                                           Öffentlich
    Natürliche Höhlen gerin-                                           Übrige natürliche Höhlen
    gen Ausmasses (bis zu
    einer Tiefe von ca. 7 m)
    innerhalb eines Grund-
            stückes

                                                           Umfang der Nutzung (Nutzungsintensität)

                                           Gemeingebrauch                    gesteigerter Gemein­                  Sondernutzung
                                      Nutzung ohne gewerb­                           gebrauch                   Alle anderen Nutzun-
                                      lichen oder wirtschaft­                 Erstellen von Einrich­             gen, insbesondere
                                        lichen Hintergrund 1,                  tun­­gen 2, Entnahme          ­Nutzungen mit gewerb­
                                        ohne Erstellung von                  von ­Speläothema und             lichem bzw. wirtschaft­
                                      festen Einrichtungen 2                ­anderen Objekten und               lichem Hintergrund 1
                                        und ohne Entnahme                    bedeutende Verände-
                                      von Speläothema und                  rungen der Höhle ohne
                                          ­anderen Objekten                     gewerb­lichen bzw.
                                                                           wirt­schaft­lichen Hinter-
                                                                                       grund 1

                                                                     Rechtsgrundlage der Nutzung

      freie Nutzung                                                              Bewilligung                        Konzession
  Vorbehalten sind die                                                        Nach Beurteilung                     (Verleihung)
  aus anderen Rechts­                                                       der Einwirkungen auf                Nach Beurteilung
 bereichen sich ergeben-                                                     die Höhlen und den               der Einwirkungen auf
  den Einschränkungen                                                              Karst 4                     die Höhlen und den
 und Auflagen 3, die Ent­­                                                                                            Karst 4
nahme von Speläothema
und a
    ­ nderen Objekten ist
  explizit auszunehmen
1
     Gebührenpflichtige Höhlenbegehungen, die durch alpine,            2
                                                                           Die üblichen Klettervorrichtungen und einfach rückbaubaren
     spe­lä­ologische oder ähnliche Organisationen durchgeführt            Einrichtungen für Forschungszwecke (Messgeräte, «leichte»
     ­werden, gelten nicht als gewerbliche Nutzungen im Sinne              Biwaks, etc.) gelten nicht als feste Einrichtung im Sinne dieser
      dieser Empfehlung. Ausnahmen für sporadische Höhlenbege-             Empfehlungen.
      hungen durch kommerzielle Anbieter (z.B. < Touren pro Höhle,     3
                                                                           Insbesondere Aspekte des Natur- und Umweltschutzes
      Anbieter und Jahr) unter höhlenverträg­lichen Bedingungen            (z.B. Geotop-, Biotop- und Grundwasserschutz, Archäologie).
      (" Meidung empfindlicher Höhlen, Ehrenkodex und «Defini­         4
                                                                           Geeignete Kriterien werden in der «Wegleitung zur Beurteilung
      tionen und Empfehlungen der SSS/SGH bezüglich Höhlen­                von Projekten in Karstgebieten» der SSS/SGH und Kommis­
      trekking und -begleitung», etc.) sind anzustreben.                   sion für wissenschaftliche Speläologie der ScNat vorgeschla-
                                                                           gen (SSS/SGH, 2010).
Erdwärme

  10. Erdwärme                                            öffentliches Gut und die entsprechende Nutzung dem-
                                                          zufolge mindestens als bewilligungspflichtige Nutzung
  10.1 Begriff und Abgrenzung                             oder gar als konzessionspflichtige Sondernutzung
  Gegenstand dieses Kapitels ist ausschliesslich die      gelten. Die üblichen Anlagen zur Nutzung der privaten
  Erdwärme (und nicht der Gesamtperimeter des Unter-      Erdwärme wie Erdwärmesonden und dergleichen ver-
  grunds, aus dem die Wärme genutzt werden kann).         stehen sich nicht als Beanspruchungen des Unter-
  Man unterscheidet zwischen Nutzungen der untiefen       grunds für Untertagebauten im Sinne von Kapitel 8.
  Erdwärme (nach unserer Empfehlung bis 400 m Tiefe)
  und der Tiefengeothermie.                                 Dem CHGEOL ist es ein grosses Anliegen, dass die
                                                            Erdwärme haushälterisch bewirtschaftet und beste-
  Die Nutzung der untiefen Erdwärme erfolgt hauptsäch-      hende Anlagen auch vollständig inventarisiert werden.
  lich durch Erdwärmesonden. Andere Anlagen sind            Die Rechtsgrundlage dazu bildet die Gewässerschutz-
  Erdwärmekörbe, Erdregister und Energiepfähle.             gesetzgebung des Bundes. Einziger Makel an der
                                                            Sache ist, dass das eidgenössische Gewässerschutz-
  Einer besonderen Unterteilung bedarf die direkte und      gesetzt keine explizite Bewilligungspflicht für Anlagen
  indirekte thermische Nutzung des Grundwassers.            in den übrigen Gewässerschutzbereichen (üB, in
  Unter der direkten thermischen Nutzung versteht sich      manchen Kantonen auch Gewässerschutzbereich B
  der Entzug von Wärme durch gefördertes Grundwasser        bezeichnet) kennt. Der CHGEOL fordert deshalb, dass
  (Grundwasserwärmepumpen). Diese Nutzungsart fällt         sämtliche Kantone in ihren Einführungserlassen zum
  nicht unter die im vorliegenden Kapitel behandelte        Gewässerschutzgesetz die Erstellung von Erd­wärme­-
  Nutzungsart, sie wird als Grundwassernutzung klas-      ­sonden und dergleichen für das gesamte Kantons-
  sifiziert und ist somit Gegenstand von Kapitel 12.       ­gebiet als gewässerschutzrechtlich bewilligungs-
  Demgegenüber empfiehlt der CHGEOL, die indirekte          pflich­tigen Tatbestand aufführen. Dies ist eine zwin­
  thermische Grundwassernutzung als reine Erdwär-           gende Voraussetzung dafür, dass die Nutzung von
  menutzung zu definieren. Eine indirekte Nutzung liegt     Erdwärme bis 400 Meter Tiefe nutzungsrechtlich nicht
  dann vor, wenn Erdwärmesonden oder Energiepfähle          geregelt werden muss.
  durch Grundwasser umströmt werden und somit ein
  Teil der genutzten Wärme letztlich vom Grundwasser      Im Übrigen verfügen die Kantone über genügend
  stammt.                                                 Instrumente, um eine geordnete und haushälterische
                                                          Nutzung der untiefen Erdwärme sicherstellen zu kön-
                                                          nen. Die Festlegung von Bereichen, in denen untiefe
  10.2 Nutzungsrechtliche und gewässerschutzrecht­        Erdwärmnutzungen verboten, eingeschränkt bzw. unter
        liche Regelung der Erdwärmenutzung                Berücksichtung von besonderen Auflagen gestattet
  Die Erdwärme soll bis in eine Tiefe von 400 Metern      sind, wird durch die Gewässerschutzgesetzgebung ab-
  Bestandteil des Grundeigentums sein und ist deshalb     gedeckt. Bestehende Erdwärmenutzungen sind nach
  bis zu dieser Schwellentiefe als privat zu klassifi-    Möglichkeit in entsprechende Inventare (Kataster,
  zieren. Unterhalb von 400 m soll die Erdwärme als       Kartenwerk) aufzunehmen.
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