Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG

 
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Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG
Das Schweizer Logistikmagazin   3 | 2019

Mit Sorge
zur Umwelt
Naturschutz spielt beim
geplanten Gateway Basel
Nord eine wichtige Rolle –
in doppelter Hinsicht.
Ab Seite 4
Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG
BLICKFANG

Rutschfrei durch den Winter
600 000 Tonnen Salz produziert die Firma Schweizer Salinen jedes Jahr. Rund die
Hälfte davon wird als Auftausalz – im Volksmund häufig Streusalz genannt –
für den sicheren Strassenverkehr in den Wintermonaten verwendet. Für den
Transport in die verschiedenen Landesteile ist auch SBB Cargo besorgt: Bis zu           Impressum
30 000 Tonnen Auftausalz befördert die Güterbahn jeweils pro Winter.                    Das Logistikmagazin von SBB Cargo erscheint dreimal pro Jahr in Deutsch, Französisch
                                                                                        und Italienisch.

                                                                                        Redaktion SBB Cargo: Brigitte Hager, Anouk Ilg, Peter Imfeld, Lea Meyer, Miriam Wassmer
      Mehr Infos zum Salztransport auf der Schiene im Blog:                             Konzept und Realisation: Infel AG, Zürich Redaktion: Alexander Jacobi, Michelle Russi
                                                                                        Projektleitung: Bärbel Jördens Gestaltung: Murielle Drack
      tiny.cc/salz
                                                                                                                                                                                       Foto: Schweizer Salinen AG, Pratteln

                                                                                        Übersetzungen: UGZ Übersetzer Gruppe Zürich GmbH, Zürich
                                                                                        Druck: Hertig + Co. AG, Lyss
                                                                                        Redaktionsadresse: SBB Cargo, Redaktion Logistikmagazin «cargo», Bahnhofstrasse 12,
                                                                                        4600 Olten, cargomagazin@sbbcargo.com
                                                                                        Gesamtauflage: 5000 Exemplare

                                                                                        Das Copyright liegt bei SBB Cargo. Der Abdruck von Artikeln ist mit Quellenangabe gestattet.
                                                                                        Bitte schicken Sie ein Belegexemplar an die Redaktionsadresse.

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2      SBB Cargo  3 | 2019
Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG
INHALT

                                                           Nachhaltigkeit. Ein Begriff, den sich heute
                                                           fast jedes Unternehmen auf die Fahne schreibt –
                                                           auch SBB Cargo. Was bedeutet das konkret?
                                                           Wann und wo handelt die Güterbahn im Sinne
                                                           der Umwelt? Wir haben Antworten.

                                                           4 –11 Logistik-Fokus: Gateway Basel Nord
                                                           Der geplante Bau des neuen Containerterminals Gateway
                                                           Basel Nord verzögert sich. Der Beitrag zeigt, was der Natur-
                                                           schutz damit zu tun hat und warum es das Terminal braucht.
Editorial

Sorge tragen zur Umwelt
                                                           12–13 In eigener Sache          22–23 Mittendrin
SBB Cargo ist es ein grosses Anliegen, dass Nach-          Mit einer starken Partnerin     «Noch nicht am Ziel» –
haltigkeit und Klimaschutz nicht bloss allge-              in die Zukunft: Die Swiss       Isabelle Betschart hat mit
meingültige Worthülsen bleiben. Gegenüber der              Combi AG beteiligt sich zu      SBB Cargo Grosses vor.
Strasse ist der Güterverkehr auf der Schiene               35 Prozent an SBB Cargo.        Die neue Leiterin Produk-
heute bereits siebenmal umweltfreundlicher                                                 tion im Porträt.
unterwegs und verursacht zudem etwa elfmal                 14–15 Auf einen Blick
weniger CO2 als der Strassenverkehr. Am Beispiel           So umweltfreundlich ist der
von Gateway Basel Nord zeigen wir auf, welche              Bahntransport tatsächlich:
ökologischen Massnahmen beim Bau des geplanten             Interessante Zahlen und
Terminals zum Schutz der Natur umgesetzt                   Fakten in unserer Infografik.
werden. Ebenfalls in dieser Ausgabe erfahren Sie,
was die Brauerei Feldschlösschen unternimmt,               16–21 Gipfeltreffen
um den Energie- und Wasserverbrauch weiter zu              Feldschlösschen strebt eine
reduzieren, oder was Nachhaltigkeit mit dem                CO2-neutrale Verteilung
Walliser Dorf Aproz zu tun hat.                            seiner Getränke an. Dies
                                                           und mehr verrät CEO
Einen wichtigen Meilenstein haben wir im Herbst            Thomas Amstutz im Ge-
mit der Partnerschaft mit Swiss Combi AG er-               spräch mit Nicolas Perrin.
reicht. Mit 35 Prozent beteiligen sich die Logistik-
dienstleister Planzer, Camion Transport, Galliker
und Bertschi an SBB Cargo. Wir sind überzeugt,             24–26 Kundensicht               28–29 Produktives
dass dies der richtige Schritt in die Zukunft ist,         Wenn sich der Kreis             Miteinander
um mit Partnern neue attraktive Dienstleistungen           schliesst: Der Mineralwas-      Die Vertreter von Strasse
für unsere Kundschaft zu entwickeln. Mehr dazu             serhersteller Aproz benutzt     und Schiene gehen
in diesem Magazin.                                         Flaschen aus 100 Prozent        heute gemeinsame Wege.
                                                           rezykliertem PET.               Das sind ihre Ziele.
Ich wünsche Ihnen viel Spass bei der Lektüre
und schöne Festtage                                        27 Objekt                       30– 31 Schotter
                                                           Zarte Hände                     Jede Menge Kurznews
Brigitte Hager                                                                             aus der Logistikbranche.
Kommunikation SBB Cargo                                    schützen sich

                                                                                                  SBB Cargo  3 | 2019   3
Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG
LOGISTIK-FOKUS: GATEWAY BASEL NORD

             Bald mehr Güter für Basel
    Damit die Schweiz ihren grenzüberschreitenden Containerverkehr auch
       künftig nachhaltig bewältigen kann, ist der Bau eines trimodalen
     Terminals für Güterzüge, Lastwagen und Schiffe am Rhein zwingend.
       Noch sind nicht ganz alle Fragen geklärt, doch in Basel herrscht
         Zuversicht, was das Projekt Gateway Basel Nord anbelangt.
                               Text: Robert Wildi   Fotos: Marvin Zilm

4    SBB Cargo  3 | 2019
Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG
Dreiländereck

                 Hafenbecken 2

Hafenbecken 1                    Hafenbecken 3

                 Kleinhüningen

                                  Containerterminal

       Rhein
                Klybeck

                                                         in
                                                      Rhe

      BASEL

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Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG
LOGISTIK-FOKUS: GATEWAY BASEL NORD

D           as geplante Gateway Basel       Nord dringend benötigte Umschlags-         GBN bald klappt. Befeuert wurde der
            Nord (GBN) ist nicht nur für    kapazitäten in den Rheinhäfen geschaf-     Projektfortschritt von der Wettbewerbs­
            SBB Cargo, Contargo und         fen und deutliche Effizienzsteigerun-      kommission (WEKO) in Bern, die dem
Hupac – die zusammen die Gateway            gen auf der Schienenseite erzielt. Mit     Zusammenschluss der drei Logistikfir-
Basel Nord AG bilden – ein Grosspro-        der Vorgabe einer 50-prozentigen Ver-      men im Juni dieses Jahres ihren Segen
jekt, sondern für die gesamte Schwei-       lagerung der Container auf die Schiene     erteilt hat (vgl. Box). «Der nächste und
zer Logistikbranche. Denn GBN, ein tri-     werden dank GBN pro Jahr über              wichtigste Meilenstein ist nun der Er-
modales Terminal für Schiene, Strasse                                                  halt der Baugenehmigung vom Bundes­
und Rhein, sichert den Anschluss der                                                   amt für Verkehr», so Schäfer. Inwieweit
Schweiz an die Güterverkehrsströme          «Dank GBN sparen wir                       diese Genehmigung dann Rechtskraft
in Europa (u. a. Neat) und steht damit
für den nachhaltigen und attraktiven
                                                100 000 Lkw-                           erlange, hänge von den Naturschutz-
                                                                                       verbänden und deren Entschlossenheit
Güterverkehr auf der Schiene. Zudem          Fahrten pro Jahr ein.»                    ab, die Beschwerde zur nächsten Ins-
ist GBN ein Garant dafür, dass Basel res­                                              tanz weiterzuziehen.
                                                             Raven Schäfer,
pektive die Schweiz im Konzert des               Projektleiter Gateway Basel Nord AG        Schäfer und sein Team arbeiten auf
global rasch wachsenden Containerver-                                                  einen Baubeginn gegen Ende 2020
kehrs auf Wasser auch künftig eine ak-                                                 und die Inbetriebnahme der ersten bi-
tive Rolle spielen kann und Wertschöp-      100 000 Lkw-Fahrten auf die Schiene        modalen Ausbaustufe mit Schiene und
fung in der Schweiz gehalten wird.          verlagert und damit die Strassen in der    Strasse Ende 2022 hin. Die Betriebs-
     Und schliesslich spielt das Terminal   Nordwestschweiz stark entlastet. Zum       aufnahme des voll ausgebauten Gate-
eine aktive Rolle in der Verlagerungspo-    Vergleich: Aufgrund mangelnder Effizi-     way Basel Nord im trimodalen Modus
litik des Bundes. Als einziges Terminal     enz in den Rheinhäfen verlassen heute      sei zum aktuellen Zeitpunkt gegen
in der Schweiz hat GBN vom Bundes-          90 Prozent der Container die Hafenter-     Ende 2024 realistisch.
amt für Verkehr eine Modal-Split-Vor-       minals per Lkw und nur 10 Prozent per
gabe von 50 Prozent Schienenanteil          Bahn. Mit GBN soll der Schienenanteil      Viel Zuspruch aus breiten Kreisen
erhalten. Somit muss jeder zweite Con-      auf bis zu 50 Prozent erhöht werden.       Unterstützung ist dem Grossprojekt aus
tainer, der im Gateway Basel Nord um-                                                  breiten Kreisen und allen politischen La-
geschlagen wird, auf der Schiene in der     Baubeginn Ende 2020 geplant                gern gewiss. Dezidiert äussert sich etwa
Schweiz feinverteilt werden. GBN leis-      Die Realisierung des Vorhabens ist mit
tet damit einen aktiven Beitrag zur Re-     dem laufenden Verfahren für 2020 ge-
duktion des CO2-Ausstosses und zum          plant. Auf dem seit 1990 brachliegen-
Umweltschutz.                               den GBN-Grundstück beim Badischen             Aufsichtsbeschwerde
                                            Rangierbahnhof in Basel haben sich in-        eingereicht
50 Prozent mehr auf der Schiene             zwischen viele Pflanzen und schützens-
Kern des Bauprojekts sind neben einem       werte Tier­arten angesiedelt, die einen       Im Juni 2019 hat die Eidgenössische
dritten Hafenbecken sechs parallel an-      trocken­ warmen Standort benötigen.           Wettbewerbskommission (WEKO)
gelegte Umschlagsgleise von bis zu          Dies hat Naturschutzverbände auf den          den Zusammenschluss von SBB
750 Metern Länge. Fünf Kräne ermög-         Plan gerufen. Um den berechtigten An-         Cargo, Hupac und Contargo zur Be-
lichen es, mehrere komplette Züge von       liegen des Naturschutzes Rechnung             treibergesellschaft Gateway Basel
750 Metern Länge gleichzeitig zu verar-     zu tragen, müssen die Projektverant-          Nord AG genehmigt und damit eine
beiten – für Schweizer Verhältnisse ist     wortlichen zur Kompensation Ersatz-           wichtige Grundlage für die Rea­
das einzigartig. Die langen Umschlags-      flächen in der regionalen Umgebung            lisierung des geplanten Container-
gleise zusammen mit einer modernen          schaffen (vgl. S. 10/11).                     terminals geschaffen. Gegen diesen
Krananlage erlauben gegenüber heute              «Die Suche nach solchen Flächen          Entscheid hat das Basler Unter-
einen wesentlich effizienteren Ver-         hat sich im dicht besiedelten Raum der        nehmen Swissterminal im August
lad zwischen den drei Verkehrsträgern       Region Basel als sehr anspruchsvoll er­       eine Aufsichtsbeschwerde beim
Schiff, Schiene und Strasse. Heute be-      wiesen», erklärt Raven Schäfer, Projekt­      Bundesrat eingereicht. Es sieht
trägt die Gleislänge im Basler Hafen le-    leiter bei der Gateway Basel Nord AG.         den Wettbewerb im Markt gefähr-
diglich 150 bis 200 Meter.                  Nicht zuletzt deshalb hält der Wider-         det und verlangt die Aufhebung
    Neben der Bündelung der Verkehrs-       stand der Naturschutzverbände bis             des WEKO-Entscheids.
träger Schiff, Schiene und Strasse an       heute an. Gleichwohl ist Schäfer zuver-
einem Ort werden mit Gateway Basel          sichtlich, dass es mit der Umsetzung von

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LOGISTIK-FOKUS: GATEWAY BASEL NORD

                                                                       Das Hafenbecken 2
                                                                       auf dem Gelände
                                                                       der Schweizerischen
                                                                       Rheinhäfen in
                                                                       Basel.

                                                                    Foto: SBB Cargo
     Früher Industrie,
 heute Natur: Auf dem
    stillgelegten Badi-
schen Rangierbahnhof
   haben sich seltene
   Tiere und Pflanzen
          ausgebreitet.

                                                               SBB Cargo  3 | 2019       7
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LOGISTIK-FOKUS: GATEWAY BASEL NORD

                                                                                           Unzählige Pläne
                                                                                           ­dokumentieren
                                                                                            das komplexe Bau-
                                                                                            vorhaben.

                                                               Die Projektleiter Raven
                                                               Schäfer (links) und
                                                               Florian Röthlingshöfer
                                                               sind zuversichtlich,
                                                               dass die Planung weiter
                                                               vorankommt.

                                                                                         130 000 Quadratmeter
                                                                                         umfasst der Planungs-
                                                                                         perimeter auf dem
                                                                                         Trockenwiesenareal, auf
                                                                                         dem das neue Container-
                                                                                         terminal mit Hafenbecken
                                                                                         stehen soll.

8   SBB Cargo  3 | 2019
Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG
LOGISTIK-FOKUS: GATEWAY BASEL NORD

                                           Verbindung von
                                    Strasse, Schiene und
                                       Wasser: So würde
                                    das trimodale Terminal
                                                aussehen.

                      Christoph Brutschin, SP-Regierungsrat       beider Basel. «Rund 30 Prozent des               bei der Alpen-Initiative. «Für uns als
                      und Vorsteher des Departements für          Schweizer Aussenhandels finden über              Verein, der sich zum Schutz unseres
                      Wirtschaft, Soziales und Umwelt des         den Logistikcluster Region Basel statt.          sensiblen Alpengebiets für eine nach-
                      Kantons Basel-Stadt. «Gateway Basel         Damit die Schweizerischen Rheinhäfen             haltige Verkehrspolitik starkmacht,
                      Nord erhöht die Chancen der Schwei-         diese Aufgabe weiterhin erfolgreich er­          überwiegen beim Projekt GBN aber
                      zer Logistikbranche im internationalen      füllen können, braucht es leistungs-             die verlagerungspolitischen Vorteile.»
                      Wettbewerb. Denn auch in Seehäfen           fähige Infrastrukturen, die das Wasser
                      wie Antwerpen oder Rotterdam laufen         mit den anderen Verkehrsträgern ver-             Intermodale Lösungen im Visier
                      massive Bestrebungen, den Güterver-                                                          Wie die Logistikbranche von GBN pro-
                      kehr auf Schiff und Schiene zu verla-                                                        fitieren könnte, weiss Bettina Castillo,
                      gern. Damit die Schweiz im kombinier-        «Damit ergeben sich                             Transport Operations Manager der Ikea
                      ten Import-/Export-Verkehr nicht den
                      Anschluss verliert, braucht es ein mo-
                                                                  neue Möglichkeiten für                           Supply AG: «Gateway Basel Nord ist ein
                                                                                                                   weiterer wichtiger Schritt, intermodale
                      dernes Containerterminal.»                    unser Netzwerk.»                               Lösungen im internationalen Trans-
                          Die Alternative zu GBN ist für                                                           portmarkt zu entwickeln und voranzu-
                                                                                   Bettina Castillo,
                      Brutschin denkbar unattraktiv. «Wenn          Transport Operations Manager, Ikea Supply AG   treiben. Zudem ermöglicht uns dieses
                      das Projekt nicht kommt, werden die                                                          Projekt, künftig die Eigenschaften ver-
                      Container auf absehbare Zeit im nörd-                                                        schiedener Verkehrsträger optimal zu
                      lichen Ausland umgeschlagen und per         knüpft.» Nicht zu vergessen sei ausser-          nutzen, zu kombinieren und damit ihr
                      Lastwagen in die Schweiz gefahren.»         dem, dass der wasserseitige Transport            Gesamtpotenzial auszuschöpfen.» Ikea
                      Dank der Verlagerung auf die Schiene        eine klimafreundliche Form des Güter-            Transport habe bereits intermodale Lö-
                      unterstütze das trimodale Terminal also     verkehrs darstelle.                              sungen in die globale Transportkette
                      den Klimaschutz wie auch die regionale          Solche Argumente haben längst                integriert und lege weiterhin viel Wert
                      Wirtschaft. «Laut einer unabhängigen        auch Organisationen aus Naturschutz-             darauf. Deshalb sei man an Weiterent-
                      Studie des Wirtschaftsinstituts BAK         kreisen ins Boot der GBN-Befürwor-               wicklungen in diesem Bereich interes-
                      Basel wird GBN eine jährliche Brutto-       ter geholt. So etwa die Vertreter der            siert. «Insbesondere, weil sich dank Pro-
                      wertschöpfung von 89 Millionen Fran-        Alpen-Initiative. «Der vorliegende Inte-         jekten wie Gateway Basel Nord neue
                      ken generieren und über 550 neue Ar-        ressenkonflikt zwischen Artenschutz              Möglichkeiten für unser Gesamttrans-
                      beitsplätze schaffen.»                      und Verlagerungspolitik ist für uns              portnetzwerk ergeben», betont Castillo.
                          An vorderster Front für die Realisie-   genau wie für alle anderen Umwelt-
Visualisierung: zVg

                      rung von GBN weibelt auch Elisabeth         und Naturschutzverbände natürlich
                      Schneider-Schneiter, CVP-Nationalrätin      eine Herausforderung», sagt Django
                      und Präsidentin der Handelskammer           Betschart, Leiter Alpenschutzpolitik

                                                                                                                                     SBB Cargo  3 | 2019   9
Mit Sorge zur Umwelt Naturschutz spielt beim geplanten Gateway Basel Nord eine wichtige Rolle - in doppelter Hinsicht - SBB Cargo AG
LOGISTIK-FOKUS:
                                           REPORTAGE
                                               GATEWAY BASEL NORD

                           Bauen mit Rücksicht
                              auf die Natur
             Das neue Containerterminal Gateway Basel Nord soll auf
               einer Fläche zu stehen kommen, die seltenen Tieren
          und Pflanzen seit Jahren ein Zuhause bietet. Die Projektverant-
              wortlichen setzen jedoch alles daran, den Eingriff in die
           Natur möglichst gering zu halten und Ersatzlebensräume zu
                        schaffen. Ein Augenschein vor Ort.
                                  Text: Michelle Russi   Fotos: Marvin Zilm

10   SBB Cargo  3 | 2019
LOGISTIK-FOKUS: GATEWAY BASEL NORD

                       Florian Röthlings-
                       höfer zeigt, welche
                       Naturschutzmass-
                       nahmen bereits
                       umgesetzt sind –
                       zum Beispiel
                       Schlangenburgen
                       (rechts).

B        äume, Sträucher, Blumen, dazu Heuschre-      Gelände auffahren. «Das Problem ist, dass Vernet-
         cken, Schnecken und Reptilien: Wer über      zungskorridore in Agglomerationen häufig ent-
         den stillgelegten Badischen Rangierbahn-     lang der Bahnachsen verlaufen, deshalb mussten
hof der Deutschen Bahn in Basel geht, wähnt sich      wir eng mit der Deutschen Bahn zusammenarbei-
in einem Naturparadies. Auf den einstigen Schot-      ten. Die Natur macht an der Grenze nicht halt.»
terflächen ist in den letzten 30 Jahren ein ökolo-    Während Röthlingshöfer über die Trockenwiese
gisch wertvoller Lebensraum für seltene Tier- und     führt, zeigt er bereits umgesetzte Massnahmen
Pflanzenarten entstanden, der schweizweit sei-        wie Totholzhaufen, Erdwälle und Schlangenbur-
nesgleichen sucht. Ausserdem hätte das Areal gute     gen, also unterirdische «Steinhaufen». Sie alle die-
Aussichten darauf, ins Bundesinventar der Tro-        nen den hier lebenden Tieren als Rückzugsorte. Im
ckenwiesen und -weiden von nationaler Bedeu-          Fall der Quendelschnecke geht der Schutz noch
tung (TWW) aufgenommen zu werden (aktuell im          weiter: Wenn die Baugenehmigung erteilt wird,
Anhang 2 aufgeführt), würden auf der Fläche nicht     werden die Schnecken vor Baubeginn von Hand
schon seit geraumer Zeit Planungsarbeiten für das     eingesammelt und an einem neuen Ort ausgesetzt.
trimodale Containerterminal Gateway Basel Nord            Ähnlich strikte Auflagen gelten während der
laufen. Die Anforderungen seitens Naturschutz         Bauphase. Zum Schutz der Reptilien darf nur in
sind hoch, denn das Terminal mit dem neuen Ha-        den Sommermonaten gearbeitet werden, damit
fenbecken soll genau hier zu stehen kommen.           die Tiere flüchten können. Im Winter, wenn sich
     Um alternative Lebensräume für Flora und         diese in der Winterstarre befinden, müssen die
Fauna zu schaffen, müssen die Projektverantwort-      Maschinen ruhen. Zudem gibt es auf dem Areal
lichen Ausgleichsmassnahmen auf dem Areal so-         Tabuzonen, die nicht betreten werden dürfen.
wie Ersatzmassnahmen an anderen, nahen und
biogeografisch ähnlichen Standorten im Kanton         Welche Interessen überwiegen?
leisten. Mit dem Ziel, die Qualität dieser Lebens-    Für den Widerstand der Naturschutzorganisatio-
räume zu sichern, haben sie zusammen mit Fach-        nen gegen das Gateway Basel Nord haben die
experten eine Methode entwickelt, mit der jeder       Verantwortlichen Verständnis. Sie wissen, wie
Quadratmeter des Areals bewertet wurde. Denn:         bedeutsam das Areal für die Artenvielfalt der
Gemäss Natur- und Heimatschutzgesetz muss bei         Schweiz ist. Gleichzeitig geht es in ihren Augen
Bauvorhaben die Qualität solcher Lebensräume in       um eine Interessenabwägung. Laut Teilprojekt-
der Summe erhalten bleiben. «Wir haben sehr viel      leiter Röthlingshöfer handelt es sich um ein Vor-
Know-how investiert, um den Eingriff in die Natur     haben von nationalem Interesse, das eine zentra-
so gering wie möglich zu halten und optimale Er-      ­le Rolle in der Verlagerungspolitik des Bundes
satzflächen zu finden», erklärt Florian Röthlings-     spielt. Weil das Terminal an der für den Güterver-
höfer von den Schweizerischen Rheinhäfen, der          kehr wichtigen Nord-Süd-Achse liege und mit
das Vorhaben als Teilprojektleiter Umwelt mitver-      dem neuen Hafenbecken direkt an den Rhein an-
antwortet.                                             schliesse, sei es an den Standort gebunden. Rö-
                                                       thlingshöfer betont: «Gateway Basel Nord leistet
Vorabmassnahmen und strikte Auflagen                   einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz
Besonders wichtig war es, die bestehenden Vernet-      und hilft dabei, Bevölkerung und Natur vor den
zungskorridore für die Tiere aufrechtzuerhalten.       negativen Auswirkungen des Schwerverkehrs zu
Nur wenn sie intakt sind und die Arten sie nutzen      schützen. Wer sich für die Natur einsetzt, kann
können, dürfen die Bagger überhaupt erst auf dem       nicht gegen Verkehrsverlagerung sein.»

                                                                                                            SBB Cargo  3 | 2019   11
IN EIGENER SACHE

                                                                                                                Josef Jäger,
                                                                                                                Nils Planzer,
                                                                                                                Andreas Meyer
                                                                                                                und Nicolas
                                                                                                                Perrin (v. l.)
                                                                                                                haben
                                                                                                                allen Grund
                                                                                                                zur Freude.

                                 Starke Partner
                                 für SBB Cargo
                         Die Swiss Combi AG – bestehend aus den
                     Logistikdienstleistern Planzer, Camion Transport,
                        Galliker und Bertschi – übernimmt 35 Prozent
                    der SBB Cargo AG und wird Partnerin des führenden
                         Gütertransportunternehmens der Schweiz.
                                                    Text/Foto: SBB Cargo

M             it der Swiss Combi AG       Galliker Holding AG (10 %). Die Swiss    und Effizienz sollen weiter verbessert
              haben die Schweizeri-       Combi AG wird 35 Prozent der Aktien      werden. Über den Kaufpreis wurde
              schen Bundesbahnen für      der SBB Cargo AG übernehmen. Mehr-       Stillschweigen vereinbart. Vorausset-
die SBB Cargo AG eine Partnerin ge-       heitsaktionärin bleibt die SBB AG mit    zung für den Einstieg ist die Genehmi-
funden, die vom Geschäftsmodell der       einem Anteil von 65 Prozent.             gung der Wettbewerbsbehörden. De-
Güterbahn überzeugt ist und sich für           Durch die Minderheitsbeteiligun-    ren Entscheid wird im ersten Quartal
die gemeinsame Entwicklung des            gen wird die SBB Cargo AG nachhaltig     2020 erwartet. Auf diesen Zeitpunkt
­Güterverkehrs in der Schweiz einset-     gestärkt. Die Güterbahn wird weiterhin   hin wird die SBB Cargo International
 zen wird. Die Swiss Combi AG besteht     Dienstleistungen in der Logistikkette    AG aus der SBB Cargo AG herausgelöst
 aus den Logistikdienstleistern Plan-     aller bisherigen Kunden erbringen; sie   und direkt der SBB AG unterstellt. Das
 zer Holding AG (40 %), Camion Trans-     will neue Kunden gewinnen und die        internationale Geschäft war nicht Teil
 port AG (40 %), Bertschi AG (10 %) und   Auslastung erhöhen. Zuverlässigkeit      des Angebots.

12   SBB Cargo  3 | 2019
IN EIGENER SACHE

                                                    Planzer                          Camion
                                                    Transport AG                     Transport AG
                                                    Das Schweizer Logistikun-         Die Camion Transport AG
                                                    ternehmen Planzer mit             gehört zu den führenden
                                                    Hauptsitz in Dietikon ZH          Transport- und Logistik­
                                                    beschäftigt circa 5300 Mitar-     unternehmen in der Schweiz.
                                                    beitende – mehrheitlich in        An den 14 Standorten wer-
Verlagerung auf Schiene                             der Schweiz und im grenz-         den pro Tag durchschnitt-
wird gestärkt                                       nahen Ausland. An über            lich 7500 Sendungen und
Die an der Swiss Combi AG beteiligten               60 Standorten bietet es diver-    Logistikaufträge bearbeitet.
Unternehmen wollen künftig mehr                     se Logistikdienstleistungen       Aktuell stehen 1400 Mit­
Mengen auf der Schiene transportieren               wie Transporte inklusive Pa-      arbeiterinnen und Mitarbei-
statt auf der Strasse. Die Transporte               ketservice und Lager­logistik     ter sowie 630 Fahrzeuge
für die Kunden werden dadurch klima-                an. Ein Meilenstein in der        für das Familienunterneh-
freundlicher und die Auslastung im                  über 80-jährigen Firmenge-        men mit Hauptsitz in
System-Wagenladungsverkehr und im                   schichte war 1997 die Über-       Wil SG im Einsatz. Camion
kombinierten Verkehr erhöht. Damit                  nahme der CDS Cargo               Transport verfolgt eine
steigt die Wettbewerbsfähigkeit der                 ­Domizil AG von der SBB.         ­umweltschonende und
Bahn in der Logistikkette der Kunden,                Sie erfolgte mit Partnern        nachhaltige Unternehmens-
und die Verkehrsträger werden nach                   und ermöglichte es, Güter        führung. Herzstück der
ihren Stärken eingesetzt: die Bahn für               über weite Strecken mit der      Transport­organisation ist
lange Distanzen zwischen Wirtschafts-                Bahn zu transportieren.          das duale Transportsystem
räumen, die Strasse für die Feinvertei-              Heute wickelt Planzer rund       Schiene/Strasse: heute
lung zum Endkunden.                                  60 Prozent seiner jährlich       ­abgeholt, über Nacht auf der
       Die Partnerschaft hat keinen zu-              23 000 Sendungen umwelt-          Schiene transportiert
sätzlichen Stellenabbau zur Folge. Wie               freundlich mit der Bahn ab.       und morgen aus­geliefert.
Anfang März 2018 informiert, ist die
SBB Cargo AG daran, das Unterneh-
men schlank aufzustellen: Dank verein-
fachten Abläufen wird die Güterbahn                 Galliker                         Bertschi
künftig mit weniger Mitarbeitenden im               Transport AG                     Gruppe
Zentralbereich auskommen.
                                                    Gegründet im Jahr 1918, hat      Als global tätiger Logistik-
«Wichtige Weichen sind gestellt»                    sich Galliker von einer          dienstleister hat sich Bert-
Nicolas Perrin, CEO SBB Cargo AG,                   ­kleinen Pferdefuhrhalterei      schi seit seiner Gründung
freut sich über die neue Partnerschaft:              im Luzerner Hinterland          1956 stets weiterentwickelt.
«Die geballte Logistikkompetenz der                  zu einem national und inter-    Die Bertschi Gruppe be-
Partner wird den Schienengüterverkehr                national tätigen Transport-     schäftigt heute 3050 Mit­
stärken und einen Beitrag zur Verlage-               und Logistikunternehmen         arbeiterinnen und Mitar-
rung von Gütern von der Strasse auf die              mit 18 Niederlassungen          beiter in 38 Ländern und ist
Schiene leisten. Damit bleiben wir lang-             in 6 Ländern entwickelt         Marktführerin im inter­
fristig das stabile Rückgrat der Schwei-             (Hauptsitz: Altishofen LU).     modalen Chemietransport
zer Wirtschaft mit innovativen, umwelt-              Die Firma mit europaweit        auf Schiene, Strasse und
freundlichen und bezahlbaren Lösun-                  2850 Mitarbeitenden ist seit    Wasser in Europa. Das Un-
gen für unsere Kunden.»                              je in Familienbesitz und wird   ternehmen mit Hauptsitz
     Auch Andreas Meyer, CEO SBB                     heute in dritter Generation     in Dürrenäsch AG nimmt
AG, ist zufrieden mit der nun erfolg-                geführt. Die Kernbereiche       zudem eine führende Posi­
reich abgeschlossenen Partnerstrategie:             der Galliker Transport AG        tion im globalen Isotank-­
«Nachdem Cargo die schwarzen Zahlen                 umfassen Car, Cargo, Food        Geschäft und bei Chemie­
erreicht hatte, entstand vor fünf Jahren            und Healthcare Logistics.        logistik-Dienstleistungen
die Idee einer Partnerschaft nach dem               Die Firma setzt seit Jahren      ein. Jährlich spart Bertschi
Vorbild von SBB Cargo International.                auf die Kombination von          rund 200 000 Tonnen
Mit dieser Kooperation sind nun wich-               Strasse und Schiene und          CO₂ ein, indem es statt auf
tige Weichen für die nächste Etappe der             nutzt die ökologischen und       den reinen Strassentrans-
Weiterentwicklung des Geschäfts von                 ökonomischen Vorteile bei-       port auf den kombinierten
SBB Cargo Schweiz gestellt.»                        der Transportsysteme.            Verkehr setzt.

                                                                                            SBB Cargo  3 | 2019   13
REPORTAGE
                                                                  AUF EINEN BLICK

         Viel umweltfreundlicher
         Bezogen auf die Transportleistung braucht der Güterverkehr
         auf der Schiene im Vergleich zum Lastwagenverkehr
         siebenmal ­weniger Energie, stösst elfmal weniger Klimagase
         aus und ­benötigt siebenmal weniger Fläche.
         Text: Alexander Jacobi Infografik: Pia Bublies

         Klimagasausstoss                                                            Energieverbrauch
         Klimagasausstoss und Energieverbrauch für eine Nutzlast von 1 Tonne über eine Distanz von 100 Kilometern
         (z. B. Winterthur – Basel)

         12,5 kg                                          Lastwagenverkehr (34 – 40 t)
                                                                                                      31,4 kWh
         CO2-eq*                                                                                      Diesel

         10,2 kg                                                                                      34,3 kWh
                                                          Elektrolastwagen (7,5 – 12 t)               Strom
         CO2-eq

                                                          Güterverkehr auf der Schiene

     1,1 kg                                                                                           4,45 kWh
                                                                                                      Strom und Diesel
     CO2-eq

                 Quelle: Studie von Infras, Ökobilanz über den ganzen Lebenszyklus, Zahlenbasis 2015
                 * CO2-eq = CO2-Äquivalente, d. h., andere Treibhausgase sind auf eine CO2-Menge mit gleicher
                 Treibhausgaswirkung umgerechnet

                                                                                          Flächenverbrauch
                                                                                          Flächenverbrauch für eine         Der Flächenverbrauch ist
                                                                                          Nutzlast von 1 Tonne über eine    die für den Güter­verkehr
                                                                                          Distanz von 100 Kilometern        zur Verfügung stehende
                                                                                                                            Verkehrs­fläche (Strasse
                                                                                                                            oder Schiene) dividiert
                                                                                                                            durch die jährlich da­rauf
                                                                                                                           ­erbrachte Transport­
                                                                                          Lastwagenverkehr:                 leistung (Nutzlast mal
                                                                                          560 m2                            Distanz). Die Verkehrs-
                                                                                                                            fläche wird anteilig auf
                                                                                                                            Personen- und Güterver-
                                                                                                                            kehr ­aufgeteilt.

                                                                                                                           Quelle: Studie von
                                                                                                                           ­Infras, Zahlenbasis 2015
                                                                                          Güterverkehr auf der Schiene

                                                                                          80 m2

14     SBB Cargo  3 | 2019
AUF EINEN
                                                      CARGOBLICK
                                                             2/17

Die SBB halbiert bis
2025 ihren CO2-Ausstoss
gegenüber 1990.
Beispiel: Zweisystem-Rangierlok
Die Hybridlok Eem 923 kann nicht nur mit Diesel,
sondern auch elektrisch fahren, wo ein Fahrdraht                               SBB CFF FFS Cargo

­vorhanden ist. Die Dieseleinsparung der 30 Hybrid-
 loks von SBB Cargo reduziert den jährlichen CO2-
Ausstoss um rund 6000 Tonnen.

Bei Bauprojekten rea-
lisiert die SBB Ersatz-
massnahmen, um
die Biodiversität zu
erhalten.
Beispiel: Gateway Basel Nord
Beim Terminal Gateway Basel Nord plant
die SBB für Flora und Fauna Rückzugs-
räume, die von den Baumassnahmen nicht
betroffen sind. Zudem sind Ersatzmass-
nahmen vorgesehen, um die Artenvielfalt
zu sichern (vgl. S. 10/11).

                                            SBB CFF FFS Cargo

Die SBB spart 20 Prozent des
prognostizierten Jahresenergie-
verbrauchs von 2025 ein.
Beispiel: adaptive Lenkung
Das System der adaptiven Lenkung liefert dem Lokführer
Fahrempfehlungen, die ungeplante Stopps vor Halte­signalen
vermeiden («grüne Welle»). Die jährliche Strom­einsparung                  60 km/h                  Zielort
liegt bei rund 90 Gigawattstunden.

                                                                    60
                                                                    km/h

                                                                                                   SBB Cargo  3 | 2019   15
REPORTAGE
                                              GIPFELTREFFEN

                    «Unser Ziel ist eine
                  CO2-neutrale Belieferung
                       des Kunden»
                 Die Brauerei Feldschlösschen setzt seit der Gründung 1876
                  auf die Bahn. Thomas Amstutz, CEO von Feldschlösschen,
                   und Nicolas Perrin, CEO von SBB Cargo, reden über ihre
                langjährige Zusammenarbeit sowie über neue Transporte und
                            erklären, wie man mit Bier heizen kann.
                                   Interview: Stefan Boss Fotos: Daniel Winkler

16   SBB Cargo  3 | 2019
GIPFELTREFFEN

Herr Amstutz, spielen Sie ab und zu                     Herr Perrin, welche Bedeutung hat der Kunde
noch Handball?                                          Feldschlösschen für SBB Cargo – in der Ver-
Thomas Amstutz: Nein, das tue ich nicht mehr. Um        gangenheit und in der Zukunft?
mich körperlich und geistig fit zu halten, spiele       Perrin: Wir haben eine lange gemeinsame
ich Tennis.                                             ­Geschichte. Das freut uns sehr, und wir sind uns
                                                         unserer Verantwortung bewusst und wissen,
Früher mal waren Sie Spitzensportler bei                 was dies für unsere Zusammenarbeit in Zukunft
St. Otmar St. Gallen, jetzt kämpfen Sie im               bedeutet. Wenn beide Partner langfristig denken,
Biermarkt um Räume und Tore – Eingangs-                  kann man gemeinsam gute Logistikkonzepte für
tore von Gastronomiebetrieben und Logis­                 die Kunden entwickeln.
tikzentren. Welcher Job ist anspruchsvoller?
Amstutz: Jeder Job bietet Herausforderungen. Beim
Handball habe ich gelernt, im Team zu spielen.                 «Der Logistikprozess
Als Einzelspieler kann man dort nicht viel bewir-
ken. Genauso ist es in einem Unternehmen –
                                                               wird in Zukunft noch
man ist nur als Team stark. Ein Trainer muss zu-                schneller werden.»
dem immer versuchen, die stärkste Mannschaft
                                                                          Thomas Amstutz,
auf den Platz zu stellen.                                                CEO Feldschlösschen

Herr Perrin, wie ist es bei Ihnen? Sie gelten als
leidenschaftlicher Jogger. Bei der Güterbahn            Generell wurden Güter bisher vor allem auf
brauchen Sie wohl einen langen Atem?                    langen Distanzen per Bahn transportiert. Seit
Nicolas Perrin: Wenn man älter wird, setzt man eher     diesem Jahr kommt die Bahn auch für kürzere
auf Ausdauersport als auf ständige grosse Kraft-        Strecken zum Einsatz. Rechnet sich das?
akte. In unserer Branche ist es wichtig, langfristige   Amstutz: Ja, wir haben Bahnanschluss in all unseren
Ziele konsequent anzustreben.                           Depots und in den sogenannten Cross Docks.
                                                        Der Transport nach Biel erfolgte schon früher ein-
Letztes Jahr hat Feldschlösschen die Anschluss­         mal auf der Bahn, dann gab es Veränderungen bei
gleise hier in Rheinfelden erneuert. Ist die            der Anlieferzeit. Seit diesem Jahr kann SBB Cargo
Nummer eins auf dem Schweizer Biermarkt                 wieder früher liefern. Und es sind noch drei
also auch künftig fest mit der Bahn verbunden?          ­weitere Verbindungen hinzugekommen, die wir
Amstutz: Ja, wir haben einen siebenstelligen Betrag      in diesem Jahr von der Strasse auf die Schiene
in diese Erneuerung der Gleisanlagen investiert.         ­ver­lagert haben (vgl. S. 20/21).
Wir sind seit je mit der Bahn verbunden und ver­
fügen seit 130 Jahren über einen direkten Bahn­         Was beinhaltet das Logistikkonzept
anschluss. Als Feldschlösschen 1876 gegründet           des Cross Docking?
wurde, errichtete Theophil Roniger das Back­            Amstutz: Der Logistikprozess hat sich in den letzten
steinschloss, das ja noch heute unser Firmensitz        Jahren stark beschleunigt. Dazu gehört, dass wir
ist, gezielt in der Nähe des Bahnhofs. In der Folge     Waren nicht mehr länger in Depots lagern. Bis
bauten wir alle unsere Getränkedepots in der            15 Uhr nehmen wir Bestellungen an, die wir bei
Schweiz mit einem Bahnanschluss. 60 Prozent             uns in Rheinfelden bis 19 Uhr kommissionieren.
­aller Transporte zu Grosskunden und Depots             Die Bahn holt die Getränke und verteilt sie im
 ­fahren wir auf der Schiene. Für die Feinverteilung    Nachtsprung via Rangierbahnhöfe in unsere
  ­benutzen wir den Lastwagen.                          Cross Docks. Auf der Strasse wäre dies wegen des

                                                                                                 SBB Cargo  3 | 2019   17
GIPFELTREFFEN

                                                                                                          Seit 130 Jahren ver-
                                                                                                          fügt Feldschlösschen
                                                                                                          über einen direkten
                                                                                                          Bahnanschluss. Heute
                                                                                                          erfolgen 60 Prozent
                                                                                                          der Transporte auf der
                                                                                                          Schiene.

           Nachtfahrverbots für Lastwagen nicht möglich.
           Am Morgen holen die Lastwagen die Paletten und              «Letztlich geht es für alle
           bringen sie zu den Kunden.
                                                                      darum, den Bahnanteil im
           Und in Zukunft?                                            Güterverkehr zu erhöhen.»
           Amstutz: Das Tempo wird weiter zunehmen, zudem
                                                                                        Nicolas Perrin,
           müssen wir noch näher zum Kunden gehen und                                  CEO SBB Cargo
           effizienter werden.

           Was tut SBB Cargo, um schnellere und                     Welche Zusatzdienstleistungen bietet die
           effizientere Transport zu ermöglichen?                   Güterbahn neben dem Transport an?
           Perrin: Mit der Einführung des neuen Konzepts im         Perrin: Es ist wichtig, dass ein Wagen auch vor und
           Wagenladungsverkehr 2017 konnten wir die                 nach dem Transport zur Verfügung steht. Er ist auf
           Kapazität im Nachtsprung stark ausbauen. Dies            dem Areal des Kunden und stellt die Schnittstelle
           war ein wichtiger Schritt, der es uns ermöglichte,       zum Kunden dar, er ist somit bedeutender als die
           gewisse Verkehre wieder ins System aufzunehmen.          Lokomotive. Zudem rüsten wir unsere Wagen mit
           Wir planen, unsere Züge ab 2023 generell mit             Sensoren aus, die es erlauben, die ­Daten der Ladung
           automatischer Kupplung und automatischer                 und den Sendungsverlauf jederzeit zu verfolgen.
           Bremsprobe auszurüsten. Das führt dazu, dass             Dies ist gerade im Lebens­mittelbereich wichtig.
           wir die Zugabfertigung, die bisher manuell erfolgt,
           viel schneller vornehmen können. Auch in den             Thema Nachhaltigkeit: Bis 2022 soll der Anteil
           Rangierbahnhöfen werden wir dadurch schneller.           an erneuerbaren Energien in der Brauerei
           Erste Feldtests mit diesen Innovationen sind             Rheinfelden auf 75 Prozent steigen, bis 2030
           positiv verlaufen.                                       auf 90 Prozent. Wie wollen Sie das erreichen?
                                                                    Amstutz: Wir haben eine Roadmap, wie wir den
           Haben Sie weitere Projekte?                              Energie- und Wasserverbrauch bis 2030 Schritt
           Perrin: Wir müssen uns überlegen, am Tag ein ähn-        für Schritt reduzieren wollen. Wir setzen auf
           liches Angebot aufzubauen wie in der Nacht.              Wärmerückgewinnung, umweltfreundliche
           Eine Auslieferung am Nachmittag wird im Detail-          Antriebe, optimierte Prozesse und auf sensibili-
           handel immer wichtiger, weil sich der Konsum             sierte Mitarbeitende. In diesen Bereichen sind
           zunehmend in die Abendstunden verlagert. Da              wir ständig daran, uns zu verbessern. Wir hatten
           reicht eine Lieferung am Morgen nicht mehr.              als erstes Unternehmen der Schweiz einen elek-
           Amstutz: Das ist sehr interessant, ich bin bereit, bei   trisch betriebenen 18-Tonnen-Lastwagen und
           einem entsprechenden Test mitzumachen. Auch              bauen unsere Kapazität bei den E-Lastwagen aus.
           bei uns wollen die Kunden, die am Morgen auf             Unser langfristiges Ziel ist eine CO2-neutrale
           unserer Plattform beer4you.ch bestellen, noch am         Belieferung des Kunden. Auch schulen wir unsere
           gleichen Abend beliefert werden. Wir würden              Chauffeure im umweltbewussten Fahren. Nach
           einige dieser Transporte sehr gerne von der Strasse      jeder Fahrt bekommen sie eine Art Rating mit den
           auf die Bahn bringen, da der zunehmende Online-          wichtigsten Daten wie Treibstoffverbrauch und
           handel zu immer mehr Strassentransporten führt.          Anzahl Stopps zu ihrer Fahrt.

18   SBB Cargo  3 | 2019
GIPFELTREFFEN

Auch die SBB und SBB Cargo setzen auf
Nachhaltigkeit. So will man bis 2025 mit Strom
fahren, der zu 100 Prozent aus erneuerbaren
Quellen stammt (bisher 90 Prozent). Gibt es
auch beim Dieselverbrauch Einsparpotenzial?
Perrin: Die SBB besitzt ja eigene Wasserkraftwerke
und hat in letzter Zeit viel Geld in ihre Er­
neuerung investiert. Es ist unsere Strategie, mit
eigener Wasserkraft zu fahren – dies bedingt
allerdings, den Verbrauch zu senken. Über den
Anschlussgleisen gibt es meist keine Fahrleitun-
gen, bisher war dort Dieselantrieb erforderlich.
Vor sieben Jahren haben wir Hybridloks gekauft,
die mit Diesel und mit Strom fahren können.
Seit Anfang 2019 machen wir einen Versuch mit
zwölf H3-Loks, die durch einen Akku betrieben
werden. Dies ist hier schwieriger zu bewerk­
stelligen als bei Lastwagen, da Rangierloks höhere
Leistungen erbringen müssen. Ich denke aber,
dass es hier grosse Fortschritte geben wird.

Zurück zum Bier: Feldschlösschen wirbt aktiv
für alkoholfreies Bier. Weshalb sehen Sie in
diesem Bereich noch Wachstumspotenzial?
Amstutz: Die Konsumenten wollen vermehrt
generell oder zwischendurch auf Alkohol verzich-
ten, aber doch ein natürliches Produkt trinken.
Wir waren die Ersten, die alkoholfreies Bier neu
positionierten. Zwar sind bisher nur etwa vier
Prozent unserer verkauften Biere alkoholfrei, die
Verkaufszahlen wachsen aber stark. Einige dieser
Biere werden gleich gebraut wie herkömmliches                          Die Gesprächspartner
Bier, ihnen wird in einem weiteren Schritt noch
der Alkohol entzogen. Diesen verwenden wir für                         Thomas Amstutz (52) ist seit 2005 CEO der
die Wärmeerzeugung – so sparen wir 690 000 Liter                       ­Feldschlösschen Getränke AG, die zur dänischen
Heizöl pro Jahr. Mit jedem alkoholfreien Bier tun                       ­Carlsberg-Gruppe gehört. Zwischenzeitlich, von
Sie also etwas für die Umwelt – nebst dem, dass                          2008 bis 2012, war er CEO der Brasseries Kronen-
Sie sich ein alkoholfreies Bier gönnen!                                  bourg in Frankreich, die zur gleichen Gruppe
Perrin: Im Winter sollte man also viel alkoholfreies                     gehört. Amstutz studierte Ökonomie an der Hoch-
Bier trinken, dann spart man Heizöl (lacht)!                             schule St. Gallen.
Amstutz: In Rheinfelden erzeugen wir über 50 Pro-
zent unserer Wärme aus erneuerbarer Energie –                          Feldschlösschen verfügt neben dem Hauptsitz in
der Alkohol steuert einen wichtigen Anteil bei.                        Rheinfelden über zwei Produktionsstandorte (Sion
                                                                       und Rhäzüns) sowie 15 Logistikstandorte und
Feldschlösschen und SBB Cargo sind in ihren                            beschäftigt rund 1200 Mitarbeitende. Das Unter-
Branchen in der Schweiz Marktführer. Welches                           nehmen vertreibt neben Bier und Mineralwasser
Verhältnis haben Sie zu Ihrer Konkurrenz?                              (z. B. das 1998 erworbene Rhäzünser) zahlreiche
Amstutz: Wir pflegen ein freundschaftliches Ver-                       weitere Getränke.
hältnis und tauschen uns regelmässig über Bran-
chenthemen aus.                                                        Nicolas Perrin (60) leitet SBB Cargo seit 2007. Bis
Perrin: Wir machen das auch. In der Schweiz sind                       Ende 2018 war er Mitglied der SBB Konzernleitung,
wir zwar Marktführer, verglichen mit ausländi-                         seither wird SBB Cargo als eigenständige Konzern-
schen Güterbahnunternehmen sind wir aber klein.                        gesellschaft geführt. Perrin ist diplomierter Bau-
Ich kenne also beide Rollen. Auch wenn wir mit                         ingenieur ETH und arbeitet seit 1987 bei der SBB.
andern Bahnunternehmen in Konkurrenz stehen,
kämpfen wir alle letztlich um das Gleiche: darum,
den Bahnanteil im Güterverkehr stetig zu erhöhen.

                                                                                                    SBB Cargo  3 | 2019   19
GIPFELTREFFEN

                                           Mehr Schiene für
                                           Feldschlösschen
                                           Folgende Touren führt SBB Cargo
                                           im Auftrag von Feldschlösschen
                                           neu aus:
                                            • Rheinfelden – Thun,
                                              seit Dezember 2019
                                            • Rheinfelden – Rickenbach SO,
                                              seit Dezember 2019
                                            • Rheinfelden – Crissier VD,
                                              seit Dezember 2019
                                            • Rheinfelden – Biel,
                                              seit Februar 2019

                                           Mit diesen Neuverkehren befördert
                                           SBB Cargo pro Jahr insgesamt rund
                                           10 500 Wagen oder 223 000 Tonnen
                                           für den Getränkehändler. Das sind
                                           gut 2500 Wagen oder 53 000 Tonnen
                                           mehr als im Jahr 2018.

20   SBB Cargo  3 | 2019
GIPFELTREFFEN

Feldschlösschen und SBB Cargo
    machen kurzen Prozess
               Der Lastwagen für kurze, die Bahn für lange Strecken –
                      das war einmal. Seit Dezember 2019 fährt
                SBB Cargo für Feldschlösschen ab dessen Hauptsitz
                drei neue Touren, wobei eine nur 40 Kilometer lang ist.
                          Wir zeigen, warum sich das lohnt.
                                               Text: Michelle Russi Fotos: Daniel Winkler

E       in Katzensprung ist es, den SBB    grossen Wert auf eine möglichst CO2-                            von der Hand zu weisen. Zum einen
        Cargo neuerdings für Feld-         neutrale Verteilung seiner Waren – Stich-                       bedeutet der Trend zum Cross Do-
        schlösschen zurücklegt – zumin-    wort «Green Cargo». Dabei soll die Bahn                         cking, dass sich die Bahn noch weniger
dest güterverkehrstechnisch. Die Stre-     die sogenannt erste Meile übernehmen                            Verspätungen leisten kann. Die Fehler-
cke Rheinfelden BL (Hauptsitz Feld-        (Produktionsstätte bis Cross-Docking-                           toleranz seitens Kunden ist geringer als
schlösschen) bis Rickenbach SO misst       Punkt oder Depot, vgl. Abbildung), ein                          früher, weil mit der Just-in-time-Zustel-
rund 40 Kilometer und ist die kürzeste     Lkw die letzte Meile (Feinverteilung                            lung auch die Anforderungen an Zuver-
Distanz, die Feldschlösschen bisher auf    zu Gastronomiebetrieben und Detail-                             lässigkeit und Pünktlichkeit gestiegen
die Schiene verlegt hat. Zum Vergleich:    händlern). Beim Cross Docking wird                              sind. Zum andern müssen bei der Pla-
Die längste Strecke ist mit 385 Kilo-      die Ware termingerecht (just in time)                           nung stets Faktoren wie Streckensper-
metern fast zehnmal so lang und führt      an einen bestimmten Cross-Docking-                              rungen und Unterhaltsarbeiten berück-
quer durch die Schweiz, von Landquart      Punkt geliefert und von dort ohne Zwi-                          sichtigt werden, was viel Flexibilität
GR nach Satigny GE.                        schenlagerung direkt zum Empfänger                              erfordert. Charles Bernhard weiss aller-
    Die neue Tour ist kein Selbstläufer,   transportiert. Der Güterumschlag er-                            dings um die Stärken der Bahn und hat
wie Charles Bernhard, Key Account          folgt dabei bedarfsgerecht und mög-                             eine klare Vision, was die Zusammen-
Manager bei SBB Cargo, betont: «Auf        lichst schnell. Im Gegensatz zu klassi-                         arbeit mit Feldschlösschen anbelangt:
Kurzstrecken hat die Bahn gegenüber        schen Verteilzentren ist Cross Docking                          «Die vier Neuverkehre sind ein grosser
Lastwagen einen Nachteil, da sie hö-       ökonomischer, da die Kosten für Lager-                          Erfolg, bedeuten aber nicht, dass wir das
here Initialkosten zu stemmen hat.         hallen, Personal usw. tiefer ausfallen.                         Angebot nicht noch weiter ausbauen
Für gewöhnlich gilt: Je länger die Dis-                                                                    möchten.» Die Ambition sei es, irgend-
tanz, desto wettbewerbsfähiger die         Weniger Fehler erlaubt                                          wann die gesamte Distribution von
Bahn.» Das Besondere im Fall Ricken-       Trotz erfolgreicher Partnerschaft sind die                      Feldschlösschen an die Cross-Docking-
bach: Hier kann SBB Cargo im beste-        Herausforderungen für SBB Cargo nicht                           Punkte und Depots per Bahn zu machen.
henden Netz fahren und den Verkehr
so äusserst effizient abwickeln. Für die
Verlagerung auf die Schiene sprechen
gemäss Bernhard die hohe Zuverlässig-                              Neue Logistik: Cross Docking
keit und Pünktlichkeit der Bahn sowie
die Tatsache, dass auch nachts gefahren                     Anlieferung                                                                                     Auslieferung
werden kann (Nachtsprung).
                                                                                                           Sortierung / Konsolidierung

Mit Cross Docking schneller ans Ziel
                                                                                                                                         Warenausgang
                                                                                            Wareneingang

Für Feldschlösschen spielte bei den Neu-
verkehren auf der Schiene neben den
genannten Vorteilen die Nachhaltigkeit
eine entscheidende Rolle. Der grösste
Getränkehändler der Schweiz gehört zu
den Pionieren der E-Mobilität und legt

                                                                                                                                                        SBB Cargo  3 | 2019   21
MITTENDRIN

                       Mit dem Blick für das
                            Wesentliche
          Isabelle Betschart weiss, dass SBB Cargo neben Stabilität vor
            allem mehr Selbstbewusstsein braucht, um den Ansprüchen
        an eine moderne und wirtschaftliche Güterbahn gerecht zu werden.
                      Die neue Leiterin Produktion im Porträt.
                                                Text: Michelle Russi   Fotos: Hans Schürmann

D                                                          Produktion
           er Terminkalender von Isa-                                                          SBB Cargo müsse in Zukunft selbstbe-
           belle Betschart ist in diesen                                                       wusster auftreten und eigene Forde-
           Tagen ziemlich voll. Sitzt                                                          rungen stellen, ist ernst gemeint. Zwar
die 51-Jährige nicht in einem Strategie-         Mit rund 2000 Mitarbeitenden                  trifft Betschart überall auf engagierte
meeting mit den anderen Geschäfts-                     ist die Produktion der                  und motivierte Mitarbeitende, doch sie
leitungsmitgliedern, besucht sie Mit-             grösste Geschäftsbereich von                 merkt auch, wie Kritik und Druck von
arbeiterinnen und Mitarbeiter an der                  SBB Cargo. Zusammen                      aussen ihre Spuren hinterlassen haben.
Front – oder «in der Fläche», wie sie sagt.      mit Vertrieb und Asset Manage-                «Gewisse Ermüdungserscheinungen
Eben erst hat sich Betschart mit den              ment bildet sie eine wichtige                sind spürbar, denn SBB Cargo hat viel
Rangierspezialisten im Rangierbahn-              Schnittstelle auf Kundenseite.                Ausdauer gebraucht in den letzten Jah-
hof Limmattal ausgetauscht und ist tief               Das Ziel ist, ein kunden­                ren, und wir sind noch nicht am Ziel.»
beeindruckt ob deren Engagement in               gerechtes, effi­zientes, zuverläs-
ihr Büro am Hauptsitz von SBB Cargo                    siges und nachhaltiges                  Wider die Verzettelung
in Olten zurückgekehrt. Dass sie sich              ­Transportangebot sicherzu­                 So klar Betscharts Blick auf das Unter-
ein umfassendes Bild ihres neuen be-                  stellen und gleichzeitig                 nehmen, so klar ihre Ziele als Produk-
ruflichen Umfelds machen möchte,                  dem Konzernauftrag entspre-                  tionsleiterin: SBB Cargo soll den Kun-
liegt auf der Hand, schliesslich hat Bet-             chend unternehmerisch                    den eine moderne, bedürfnisgerechte
schart die Stelle als Leiterin Produktion        und wirtschaftlich zu handeln.                und zuverlässige Produktion bieten, ein
bei SBB Cargo erst im Sommer 2019                                                              attraktiver Arbeitgeber sein, die eige-
angetreten. Gleichzeitig ist es der lang-                                                      nen Berufsbilder weiterentwickeln und
jährigen SBB Mitarbeiterin – Betschart                                                         nachhaltig erfolgreich wirtschaften.
ist seit 2014 bei der SBB angestellt –        Herausforderung und fand diese bei                    Und wie geht sie diese Herausfor-
wichtig, von Beginn an eine Wir-Kultur        der SBB. Heute kennt sie nicht nur das           derung an? Indem sie auf das Wesent-
im Unternehmen zu fördern. «Ohne              Mutterunternehmen bestens, sondern               liche fokussiert und mit gutem Beispiel
ein Miteinander funktioniert es nicht»,       hat als «Neue» auch einen anderen Blick          vorangeht. «Ich will Transparenz und
sagt sie.                                     auf die seit Anfang 2019 eigenständige           Stabilität in das Unternehmen bringen.
                                              Güterbahn: «SBB Cargo macht heute                Bei Reorganisationen und Neuerun-
Ohne Bahn keine Päckli                        schon vieles gut und leistet einen sehr          gen besteht die Gefahr, dass man sich
Zur Bahn gekommen ist Isabelle Bet-           wichtigen Beitrag zur Schweizer Wirt-            verzettelt. Wenn sich alle aus einem ge-
schart zufällig. Erst im Finanzbereich        schaft und zur Versorgung unserer Ge-            meinsamen Verständnis mehr auf die
tätig, machte sie sich vor zehn Jahren als    sellschaft – das geht gerne vergessen. Et-       eigenen Aufgaben und Stärken konzen-
Beraterin für KMU selbstständig. Mit          was überspitzt gesagt: Ohne uns gäbe es          trieren, erreichen wir unsere Ziele.» Ein
dem Übertritt ihres jüngsten Sohnes           keine Päckli von der Post.» Die Produk-          Blick auf die Uhr, der nächste Termin
in die Lehre suchte Betschart eine neue       tionsleiterin lacht. Ihre Botschaft aber,        steht an – Fokus auf das Wesentliche.

22   SBB Cargo  3 | 2019
MITTENDRIN

Zur Person

Isabelle Betschart, 51, hat im
Juli 2019 die Leitung Produk-
tion bei SBB Cargo übernom-
men. Ab 2014 war sie beim
SBB Personenverkehr tätig,
zuletzt als Leiterin Geschäfts-
entwicklung. Vor ihrem Wech-
sel zur Bahn arbeitete sie in
verschiedenen Führungsposi-
tionen für Xerox und die
­Credit Suisse. Betschart ist
 verheiratet und lebt mit ihrer
 Familie in Wiesendangen ZH.
KUNDENSICHT

           Von Aproz nach Aproz –
                oder die Reise
         einer Mineralwasserflasche
               Die Mineralwasserfabrik im Walliser Dorf Aproz setzt seit
             Jahrzehnten auf die Bahn und damit auf Nachhaltigkeit, wie
             ein Werkbesuch zeigt. Das Migros-Unternehmen verwendet
               neuerdings Flaschen aus 100 Prozent rezykliertem PET.
                                Text: Stefan Boss Illustration: Murielle Drack

24   SBB Cargo  3 | 2019
KUNDENSICHT

                          HIT!

B         evor das Wasser in der grossen    Aproz und die Migros setzen seit Lan-       5,4 Milliarden Liter
          Fabrikhalle von Aproz Sources     gem auf die Bahn. Im Jahr 1961 haben           mit der Bahn
          Minérales in Aproz abgefüllt      sie mit der SBB eine 135 Meter lange
wird, ist es zunächst rund zehn bis zwölf   Brücke über die Rhone gebaut, um die
Jahre durch die Walliser Berge gesickert    Mineralwasserfabrik ans Eisenbahnnetz       Die Firma Aproz Sources Miné-
und hat viele Mineralien aufgenommen.       anzuschliessen. Seither werden die Ge-      rales wurde 1947 gegründet.
Es gibt verschiedene Quellen in der Um­     tränke – das produzierte Volumen hat        Seit dem Bau der Eisenbahn-
gebung der Gemeinde Nendaz, zu der          sich vervielfacht – zu über 90 Prozent      brücke über die Rhone im Jahr
das Dorf Aproz gehört – jedes Mineral-      auf der Schiene transportiert.              1961 hat Aproz über 5,4 Milliar-
wasser fasst man woanders. Fabrikdi-                                                    den Liter Wasser und Tafelge-
rektor Michel Charbonnet, der hier auf-                                                 tränke aus den Walliser Bergen
gewachsen ist, nennt diesen Reichtum          «Mit der Zeit wurde                       mit SBB Cargo ausgeliefert.
«ein Geschenk Gottes».
    Wer in die Produktionshalle eintre-
                                             das Umweltargument                         Durch diesen umweltfreund-
                                                                                        lichen Transport konnte sie
ten will, muss aus hygienischen Grün-          immer wichtiger.»                        rund 26 Millionen Liter Diesel
den eine weisse Jacke und eine Mütze                                                    einsparen.
                                                        Michel Charbonnet,
überziehen. Eine Maschine ist gerade                      Fabrikdirektor
dabei, etwa zehn Zentimeter lange Vor-                                                  Aproz im Jahr 2018:
formlinge aus PET zu erhitzen und in                                                    • Jahresproduktion:
Sekundenschnelle aufzublasen, bis sie       Als Aproz vor bald sechs Jahrzehnten          174 Millionen Liter Getränke
die Grösse einer 1,5-Liter-Flasche errei-   ans Bahnnetz angeschlossen wurde, er-       • Anzahl Flaschen:
chen. Dann erfasst sie ein grosses Rad,     folgte die Entscheidung aus rein logisti-     153 Millionen
das sie mit Mineralwasser auffüllt.         schen Gründen. Es gab damals noch gar       • Mitarbeitende: 147
                                            keine richtige Strasse in Aproz. «Mit der   • Anteil des Volumens, das
Erst Logistik, dann Umwelt                  Zeit wurde aber das Umweltargument,           per Bahn wegtransportiert
Die Fabrik verfügt über vier Produk-        der umweltfreundliche Transport, im-          wird: über 90 Prozent
tionslinien für Getränke in PET-Fla-        mer wichtiger», sagt Fabrikdirektor         • Bahnwagen, die pro Woche
schen. Beim Wasser (mit den Marken          Charbonnet. «Heute sind wir – ich würde       verladen werden: 115
Aproz, Valais, Aquella und M-Budget)        sagen, weltweit – ein Beispiel für eine     • Bedarf an PET-Material:
hat Aproz Sources Minérales im Schwei-      umweltfreundliche Logistik.»                  4,3 Tonnen (davon 34 Pro-
zer Detailhandel einen Marktanteil von                                                    zent rezykliertes PET)
21 Prozent. Beim Sirup sind es gar über     Grosse Mengen, lange Strecken
60 Prozent. Daneben stellt die Firma,       Im hinteren Teil der Fabrikhalle ste-       Zahlen: Aproz, SBB
die zur Migros-Gruppe gehört, auch          hen auf einer Rampe rund 4000 Palet-
Süssgetränke her wie Schorle, Tee und       ten mit Mineralwasser. Ein paar Män-
aromatisierte Mineralwässer.                ner auf gelben Gabelstaplern laden die

                                                                                                  SBB Cargo  3 | 2019   25
KUNDENSICHT

Durstlöscher mit grosser Geschwin-           Dieselverbrauch unserer Flotte senken»,
digkeit in Schiebewandwagen von              betont Tschopp.
SBB Cargo. Vereinzelt sind auch Palet-
ten mit 7up zu sehen, das Aproz neben        Den Materialkreislauf schliessen
Orangina und Pepsi seit ein paar Jah-        Die Bahn kommt aber nicht nur bei der
ren in Lizenz herstellt. Bald schon wird     Auslieferung, sondern auch beim Recy-
die Fracht im Wagenladungsverkehr            cling der PET-Flaschen zum Zug. So er-
in die einzelnen Betriebszentralen der       folgt ein Teil der Transporte in die Sor-
Migros-Genossenschaftsbünde gefah-           tieranlagen, welche die Flaschen nach
ren – von dort gelangt sie in der Feinver-   Farbe ordnen und Fremdstoffe aus-
teilung in die Filialen. Ein Teil der Ge-    scheiden, auf der Schiene. Dieser Anteil
tränke rollt ebenfalls per Bahn zunächst     ist in den letzten Jahren auf 26 Prozent
ins Migros-Verteilzentrum Suhr.              gestiegen. Und es gibt noch einen wei-
     Die Migros ist die grösste Kundin       teren Erfolg zu vermelden: Dank einer
von SBB Cargo, pro Jahr fahren für die       neuen Produktionsanlage der Firma
orange Detailhändlerin über eine Mil-        Resilux in Bilten GL ist es jetzt möglich,
lion Tonnen Fracht auf der Schiene.          Flaschen aus 100 Prozent rezykliertem
«Auch im Jahr 2019 sind die Mengen           PET herzustellen. «Damit können wir
bisher stabil, und unsere Lieferungen        erstmals in der Schweiz den Material-
erfolgen mit einer hohen Pünktlich-          kreislauf bei den PET-Flaschen schlies-
keit», erklärt Yves Tschopp am Telefon,      sen», sagt Aproz-Direktor Charbonnet.
der bei SBB Cargo als Senior Key Ac-         Aproz verwendet dieses sogenannte
count Manager für die Migros zustän-         R-PET zunächst für seine Sirupflaschen,
dig ist. Die Vorteile der Bahn kämen         die Firma erhöht den Anteil aber auch
generell beim Transport grosser Men-         bei den Umhüllungen ihrer anderen
gen auf langen Strecken zum Tragen.          Getränke. Die vollständig aus Rezyklat
Um den Umweltvorteil gegenüber der           hergestellten Vorformlinge gelangen im
Strasse zu halten, passt SBB Cargo das       kombinierten Verkehr mit SBB Cargo
Netz regelmässig an Kundenbedürf-            wieder nach Aproz und werden dort zu
nisse an und investiert in Innovation        Flaschen aufgeblasen und abgefüllt –
und Automation. So hat SBB Cargo für         womit sich auch dieser Kreis schliesst.
den Rangierbetrieb kürzlich bei Als­tom
zwölf neue Hybridloks des Typs H3 be-
stellt, drei sind schon im Einsatz. Die
Maschinen fahren sowohl mit Diesel
wie mit Strom. «So können wir den

26   SBB Cargo  3 | 2019
OBJEKT

     Nie ohne Handschuhe
                                            Foto: Stefan Kubli

  Zum Schutz ihrer Hände vor Verletzungen und Hautkrankheiten sowie aus hygienischen Gründen
      tragen Rangierspezialisten bei der Arbeit den ganzen Tag Handschuhe. Zu Beginn steif und
   fest, werden Letztere durch den Kontakt mit Schmierfett geschmeidiger und wasserresistenter.
      Die «Lebensdauer» der Schutzhandschuhe beträgt durchschnittlich einen Monat. Sind sie zu
stark verschmutzt, zu feucht oder weisen sie Risse und Löcher auf, muss ein neues Paar her. Dabei gilt:
      Wer die Wahl hat, hat die Qual – das abgebildete Modell ist nämlich nur eines von mehreren.

                                                                                               SBB Cargo  3 | 2019   27
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