ENERGIEBINNENMARKT - EUROPA
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ENERGIEBINNENMARKT Zur Harmonisierung und Liberalisierung des Energiebinnenmarkts der EU sind seit 1996 Maßnahmen verabschiedet worden, die Marktzugang, Transparenz und Regulierung, Verbraucherschutz, Förderung von Verbundnetzen und Versorgungssicherheit betreffen. Ziel dieser Maßnahmen ist der Aufbau eines wettbewerbsfähigeren, kundenorientierten, flexiblen und diskriminierungsfreien EU- Strommarkts mit marktorientierten Lieferpreisen. Auf diese Weise werden die Rechte einzelner Kunden und Energiegemeinschaften gestärkt und ausgeweitet, der Energiearmut wird entgegengewirkt, die Aufgaben und Zuständigkeiten von Marktteilnehmern und Regulierungsbehörden werden geklärt, und es wird auf die Sicherheit der Strom-, Gas- und Ölversorgung sowie den Aufbau transeuropäischer Netze für den Transport von Strom und Gas eingegangen. RECHTSGRUNDLAGE Artikel 194 und Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). ZIELE Die Vollendung des Energiebinnenmarkts erfordert den Abbau zahlreicher Hindernisse und Handelshemmnisse, eine Angleichung in der Steuer- und Preispolitik, Anpassungen von Normen und Standards sowie Umweltvorschriften und Sicherheitsauflagen. Geschaffen werden soll ein reibungslos funktionierender Markt, der durch gerechten Marktzugang und ein hohes Verbraucherschutzniveau sowie ausreichende Verbund- und Erzeugungskapazitäten gekennzeichnet ist. ERRUNGENSCHAFTEN A. Liberalisierung der Gas- und Strommärkte In den 1990er-Jahren, als auf den meisten nationalen Märkten für Strom und Erdgas Monopole herrschten, beschlossen die Europäische Union und die Mitgliedstaaten, die Märkte schrittweise für den Wettbewerb zu öffnen. Die ersten Liberalisierungsrichtlinien (das erste Energiepaket) in Bezug auf Strom bzw. Gas wurden 1996 bzw. 1998 erlassen und sollten bis 1998 bzw. 2000 in das Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Das zweite Energiepaket wurde 2003 verabschiedet, und die dazugehörigen Richtlinien sollten von den Mitgliedstaaten bis 2004 in nationales Recht umgesetzt werden, und einige Bestimmungen traten erst 2007 in Kraft. Geschäfts- und Privatkunden erhielten hierdurch die Möglichkeit, ihre Gas- und Stromversorger Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 2021 1 www.europarl.europa.eu/factsheets/de
nach eigenem Ermessen aus einer größeren Menge von Anbietern zu wählen. Im April 2009 wurde das dritte Energiepaket zur weiteren Liberalisierung des Binnenmarkts für Strom und Gas angenommen, mit dem das zweite Paket geändert und der Grundstein für die Umsetzung des Energiebinnenmarkts gelegt wurde. Im Juni 2019 wurde das vierte Energiepaket angenommen, das aus einer (der Richtlinie (EU) 2019/944 über den Elektrizitätsbinnenmarkt) und drei Verordnungen besteht, nämlich der Verordnung über den Elektrizitätsbinnenmarkt (Verordnung (EU) 2019/943), der Verordnung über die Risikovorsorge (Verordnung (EU) 2019/941) und der Verordnung über die Gründung der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (Verordnung (EU) 2019/942). Mit dem vierten Energiepaket werden neue Regeln für den Strommarkt eingeführt, mit denen auf die Anforderungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energieträgern eingegangen wird und Investitionen angezogen werden sollen. Es werden Anreize für die Verbraucher geschaffen, und es wird eine neue Obergrenze eingeführt, unterhalb deren Kraftwerke im Rahmen des Kapazitätsmechanismus für Beihilfen infrage kommen. Außerdem werden die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Notfallpläne für etwaige Stromversorgungskrisen zu auszuarbeiten, und die Zuständigkeiten der ACER im Bereich der länderübergreifenden Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden werden erweitert, wenn die Gefahr einer nationalen und regionalen Fragmentierung besteht. B. Weitere Schritte Am 30. November 2016 legte die Kommission nach der Ankündigung in der Strategie für die Energieunion (COM(2015) 80) ein Paket von Legislativvorschlägen zur Umgestaltung des EU-Energiemarkts vor, damit die Verbraucher mit sicherer, nachhaltiger, wettbewerbsfähiger und erschwinglicher Energie versorgt werden. Mit dem Vorschlagspaket „Saubere Energie für alle Europäer“ (COM(2016) 860) soll die Energieunion umgesetzt werden. Es umfasst die Bereiche Energieeffizienz, Energie aus erneuerbaren Quellen, Gestaltung des Strommarkts, Sicherheit der Stromversorgung und Steuerung der Energieunion. Zur Vollendung des Energiebinnenmarkts hat die Kommission daher Maßnahmen im Rahmen der Elektrizitätsrichtlinie, der Elektrizitätsverordnung und der Verordnung über die Risikovorsorge angenommen. Bei dem Vorschlag für eine Richtlinie mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (COM(2016) 864) handelt es sich um eine Neufassung der Richtlinie 2009/72/EG, die auf die Mitgliedstaaten und die Verbraucher ausgerichtet ist: — Den Versorgern steht es frei, den Preis, zu dem sie ihre Kunden mit Elektrizität beliefern, zu bestimmen. — Die Mitgliedstaaten sorgen für einen marktgestützten Preiswettbewerb zwischen den Versorgern. Von Energiearmut betroffene und schutzbedürftige Haushaltskunden werden geschützt. Endkunden haben einen Anspruch darauf, vorbehaltlich der Zustimmung des Versorgers von diesem Versorger mit Strom versorgt zu werden, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Versorger, der die EU-Rechtsvorschriften einhalten muss, ansässig ist. Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 2021 2 www.europarl.europa.eu/factsheets/de
— Die Verbraucher können den Einbau intelligenter Stromzähler ohne zusätzliche Kosten verlangen. Haushaltskunden und Kleinstunternehmen haben kostenlos Zugang zu mindestens einem Instrument für den Vergleich der Angebote der Versorger, der auch Angebote für Verträge mit dynamischen Strompreisen umfasst. Für Haushaltskunden und Kleinstunternehmen ist der Anbieterwechsel innerhalb von höchstens drei Wochen unentgeltlich, und sie dürfen sich einem kollektiven Anbieterwechsel anschließen. — Endverbraucher mit intelligenten Zählern können dynamische Strompreisverträge mit mindestens einem großen Versorger verlangen. Endverbraucher haben das Recht, als aktive Kunden zu agieren, indem sie beispielsweise selbst erzeugten Strom verkaufen, ohne unverhältnismäßigen oder diskriminierenden technischen Anforderungen zu unterliegen, und das Recht auf klare und zusammengefasste Vertragsbedingungen. Mit der Verordnung über die Risikovorsorge soll die Risikovorsorge gestärkt werden, indem die Zusammenarbeit zwischen den Übertragungsnetzbetreibern in der EU und den Nachbarländern und der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden gefördert wird. Zudem soll damit die länderübergreifende Verwaltung von Stromnetzen im Krisenfall erleichtert werden, und zwar über die neuen regionalen Betriebszentren, die mit der einschlägigen Verordnung über den Elektrizitätsbinnenmarkt (Verordnung (EU) 2019/943) eingeführt wurden. Das Europäische Netz der Übertragungsnetzbetreiber (Strom) soll in Zusammenarbeit mit der ACER und der Koordinierungsgruppe „Elektrizität“ gemeinsame Methoden für die Risikoermittlung ausarbeiten und vorschlagen, die anschließend von der ACER gebilligt werden sollen. Vier Maßnahmenpakete wurden vorgeschlagen: 1) gemeinsame Regeln für die Krisenprävention und -vorsorge, mit denen die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg sichergestellt wird, 2) gemeinsame Regeln für die Krisenbewältigung, 3) gemeinsame Verfahren für die Bewertung von Versorgungssicherheitsrisiken und 4) ein gemeinsamer Rahmen für die bessere Bewertung und Überwachung der Sicherheit der Stromversorgung. Mit der Verordnung über den Elektrizitätsbinnenmarkt (Verordnung (EU) 2019/943) wurde die Verordnung (EG) Nr. 714/2009 neu gefasst, wobei die Vorschriften und Grundsätze des Elektrizitätsbinnenmarkts überarbeitet wurden‚ damit er reibungslos funktioniert und wettbewerbsgeprägt bleibt. Ferner soll mit ihr die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft der EU unterstützt werden, und es sollen Hemmnisse für den länderübergreifenden Stromhandel abgebaut werden. Die EU soll in die Lage versetzt werden, ihren Übergang zu sauberer Energie einzuleiten, bis 2030 klimabezogene Rechtsvorschriften tatsächlich zu erlassen und die im Übereinkommen von Paris eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten. In der Verordnung werden mehrere marktgestützte Grundsätze für das Funktionieren der Elektrizitätsmärkte festgelegt. Genauer gesagt, die Preise werden auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage gebildet, die Kunden profitieren von den Marktvorschriften und werden in die Lage versetzt, als Marktteilnehmer am Energiemarkt mitzuwirken, es werden marktgestützte Anreize für eine dekarbonisierte Stromerzeugung gesetzt, Hindernisse für grenzüberschreitende Stromflüsse werden schrittweise beseitigt, die Erzeuger sind direkt oder indirekt für den Verkauf der von ihnen erzeugten Elektrizität verantwortlich, Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 2021 3 www.europarl.europa.eu/factsheets/de
und es werden neue Bedingungen festgelegt, unter denen die Mitgliedstaaten Kapazitätsmechanismen einführen können, und die Grundsätze für deren Einführung festgelegt. Am 19. Oktober 2020 veröffentlichte die Kommission ihr Arbeitsprogramm für 2021, das Überarbeitungen und Initiativen im Zusammenhang mit den Klimaschutzmaßnahmen des europäischen Grünen Deals umfasst. Diese Maßnahmen und insbesondere die Zielvorgabe des Klimazielplans, die CO2-Emissionen bis 2030 um 55 % netto (im Vergleich zu 1990) zu reduzieren, werden in dem Paket „Fit für 55“ vorgestellt, mit dem angestrebt wird, bis 2050 eine klimaneutrale Union zu verwirklichen. C. Regulierung des Energiemarkts: Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden Die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) ist seit März 2011 tätig (Verordnung (EG) Nr. 713/2009). Die Agentur ist vor allem dafür zuständig, die Zusammenarbeit der staatlichen Regulierungsbehörden auf regionaler und unionsweiter Ebene zu begünstigen und die Entwicklung des Netzes und des Binnenmarkts für Strom und Gas zu überwachen. Sie verfügt zudem über die Befugnis, Fälle von Marktmissbrauch zu untersuchen und die Anwendung entsprechender Sanktionen mit den Mitgliedstaaten abzustimmen. Die Verhängung von Sanktionen wegen Verstößen ist jedoch Sache der Mitgliedstaaten. In einem weiteren Schritt wurden mit zwei Verordnungen Strukturen für die Zusammenarbeit der europäischen Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber (ENTSO) geschaffen, und zwar für Strom (Verordnung (EG) Nr. 714/2009) und für Erdgas (Verordnung (EG) Nr. 715/2009), geändert durch den Beschluss 2010/685/EU der Kommission). Gemeinsam mit der ACER sollen die ENTSO präzise Vorschriften für den Netzzugang und technische Kodizes erarbeiten sowie die Koordinierung des Netzbetriebs sicherstellen, indem sie entsprechende Informationen austauschen und gemeinsame Sicherheits- und Notfallnormen und -verfahren erarbeiten. Eine weitere Aufgabe der ENTSO besteht darin, alle zwei Jahre einen Zehnjahresinvestitionsplan vorzulegen, der wiederum von der ACER geprüft wird. Überdies sollen durch die Richtlinie 2008/92/EG die Erdgas- und Strompreise für industrielle Endkunden transparenter werden, indem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, zweimal jährlich Angaben zu den Preisen und Preissystemen an Eurostat zu übermitteln. Im Oktober 2011 erließ die EU die Verordnung (EU) Nr. 1227/2011 über die Integrität und Transparenz des Energiegroßhandelsmarkts (REMIT), durch die faire Handelsbedingungen für die europäischen Energiemärkte garantiert werden sollen. Im Juni 2019 nahm die Kommission die Verordnung (EU) 2019/942 an, um die ACER dahingehend zu reformieren, dass Neufassungen von Rechtsakten ausgearbeitet werden, und ihre wesentliche Rolle als Koordinator der Maßnahmen nationaler Regulierungsbehörden insbesondere in den Bereichen zu stärken, in denen uneinheitliche nationale Entscheidungen in Fragen von länderübergreifender Bedeutung zu Problemen oder Unstimmigkeiten im Binnenmarkt führen. Die Liste der Aufgaben der ACER wurde daher aktualisiert und enthält nun auch die Aufgaben in den Bereichen Überwachung des Großhandelsmarktes und länderübergreifende Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 2021 4 www.europarl.europa.eu/factsheets/de
Infrastruktur. Zudem wurde der ACER mehr Verantwortung bei der Ausarbeitung und Übermittlung des endgültigen Vorschlags für einen Netzkodex an die Kommission und bei Eingriffen in die Überprüfung des regionalen Strommarkts (Gebotszonen) (gemäß der Neufassung der Elektrizitätsverordnung (Verordnung (EU) 2019/943) übertragen. Mit der ACER-Verordnung (2019/942/EU) werden Gebühren als zusätzliche Finanzierungsquelle zur Deckung der Kosten der von der ACER durchgeführten REMIT-bezogenen Tätigkeiten („REMIT-Gebühren“) eingeführt. Am 15. Juli 2020 legten die GD Energie und die ACER einen Vorschlag für eine Gebührenstruktur vor. Am 17. Dezember 2020 erließ die Kommission den Beschluss (EU) 2020/2152 über Gebühren, mit denen die Ausgaben für Tätigkeiten wie die Erhebung, Bearbeitung, Verarbeitung und Analyse von Informationen durch die ACER gedeckt werden sollen. D. Sicherheit der Strom-, Erdgas- und Erdölversorgung In der Verordnung (EU) 2019/941 werden Maßnahmen zur Sicherung der Stromversorgung festgelegt, mit denen für das ordnungsgemäße Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarktes, einen angemessenen Grad der Zusammenschaltung zwischen Mitgliedstaaten, einen angemessenen Umfang an Erzeugungskapazität und ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage gesorgt werden soll. Angesichts der zentralen Bedeutung von Erdgas für die Energieversorgung der EU und als Reaktion auf die russisch-ukrainische Gaskrise des Winters 2008/2009 wurde zunächst 2010 die Verordnung (EG) Nr. 994/2010 erlassen, an deren Stelle dann 2017 die Verordnung (EU) 2017/1938 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung trat. Mit der Verordnung sollen Mechanismen zur Prävention und Bewältigung von Krisen gestärkt werden. Damit für eine sichere Erdölversorgung gesorgt werden kann, müssen die Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 2009/119/EG Mindestvorräte an Erdöl lagern, die einer durchschnittlichen täglichen Nettoeinfuhr über 90 Tage oder einem durchschnittlichen täglichen Inlandsverbrauch von 61 Tagen entsprechen, je nachdem, welcher der beiden Werte höher ist. Auf Bedenken hinsichtlich der Lieferung russischen Gases durch die Ukraine reagierte die Kommission mit ihrer Strategie für eine sichere europäische Energieversorgung vom Mai 2014 (COM(2014) 330). Mit der Strategie soll sichergestellt werden, dass Unionsbürger und Wirtschaft stabil und mehr als ausreichend mit Energie versorgt werden. Festgelegt werden darin Maßnahmen wie die Steigerung der Energieeffizienz, die Förderung der Energieerzeugung in der EU und die Schließung von Lücken in den Infrastrukturverbindungen, damit Energie im Krisenfall dorthin umgeleitet wird, wo sie benötigt wird. Im Mai 2019 nahm die Kommission eine gezielte Überarbeitung der Erdgasrichtlinie von 2009 (Richtlinie (EU) 2019/692) vor. Seither gelten zentrale Bestimmungen der Erdgasrichtlinie unmittelbar für grenzüberschreitende Erdgasfernleitungen mit Drittstaaten, genauer gesagt für diejenigen Abschnitte der Fernleitungen, die auf dem Gebiet der EU liegen. Dies trägt auch dazu bei, dass tatsächlich durch kein aktuelles, geplantes und künftiges Erdgasinfrastrukturprojekt eines EU-Mitgliedstaats und eines Drittstaats der Energiebinnenmarkt verzerrt oder die Energieversorgungssicherheit in der EU beeinträchtigt wird. Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 2021 5 www.europarl.europa.eu/factsheets/de
Im September 2020 kündigte die Kommission an, im Jahr 2021 einen neuen Rechtsrahmen für wettbewerbsfähige dekarbonisierte Gasmärkte ausarbeiten zu wollen. Zu diesem Zweck leitete die Kommission am 10. Februar 2021 eine öffentliche Konsultation ein. Diese Initiative ist eine Reaktion auf die Herausforderung der Dekarbonisierung der Gasnetze. Darin wird vorgeschlagen, die EU-Gasvorschriften zu überarbeiten, um den Marktzugang für erneuerbare und CO2-arme Gase zu erleichtern und ungerechtfertigte Regelungshindernisse zu beseitigen. E. Transeuropäische Energienetze (TEN-E) Die TEN-E verkörpern eine Strategie, deren Ziel es ist, die Energieinfrastruktur der Mitgliedstaaten der Europäischen Union besser zu vernetzen. Im Rahmen dieser Strategie wurden neun vorrangige Korridore (vier Stromkorridore, vier Gaskorridore und ein Erdölkorridor) und drei vorrangige thematische Gebiete (Realisierung intelligenter Netze, Stromautobahnen und ein grenzüberschreitendes Kohlendioxidnetz) festgelegt. In der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 werden Leitlinien für transeuropäische Energienetze festgelegt, die Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausweisen, wozu auch transeuropäische Strom- und Gasnetze zählen. Die Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Energiebereich werden über die Fazilität „Connecting Europe“ für Energie (CEF-E) finanziert – ein Finanzierungsinstrument mit einem Gesamtbudget von 5,35 Mrd. EUR für den Zeitraum 2014-2020, wovon 4,8 Mrd. EUR in Form von Finanzhilfen von der Exekutivagentur für Innovation und Netze (INEA) verwaltet werden. 2019 wurden für acht Vorhaben von gemeinsamem Interesse CEF-E- Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 556 Mio. EUR gewährt, sechs im Strombereich und zwei im Gasbereich (siehe die Liste 2019 der CEF-E-Maßnahmen für Vorhaben von gemeinsamem Interesse). Die Kommission legt die Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Wege eines delegierten Rechtsakts fest, der nur in Kraft tritt, wenn das Parlament oder der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach seiner Übermittlung keine Einwände erheben. Am 15. Dezember 2020 nahm die Kommission einen Vorschlag (COM(2020) 824) zur Überarbeitung der TEN-E-Verordnung an, um die Modernisierung der grenzüberschreitenden Energieinfrastruktur Europas besser voranzubringen und die Ziele des europäischen Grünen Deals zu verwirklichen. ROLLE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS Im Zuge der Verabschiedung des Legislativpakets zum Energiebinnenmarkt befürwortete das Parlament mit Nachdruck die eigentumsrechtliche Entflechtung der Übertragungsnetze in der Strombranche als das wirkungsvollste Instrument, um Infrastrukturinvestitionen auf diskriminierungsfreie Weise zu fördern, gerechte Netzzugangsbedingungen für neue Marktteilnehmer zu schaffen und für Markttransparenz zu sorgen. Ferner betonte das Parlament die Bedeutung eines gemeinsamen europäischen Standpunktes zu mittelfristigen Investitionen (vorläufiger europäischer Zehnjahresplan mit Schwerpunkt auf dem Verbund), einer verstärkten Zusammenarbeit der Regulierungsbehörden, Mitgliedstaaten und Übertragungs- bzw. Fernleitungsnetzbetreiber und einer starken Vereinheitlichung der Bedingungen für Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 2021 6 www.europarl.europa.eu/factsheets/de
den Netzzugang. Auf Betreiben des Parlaments wurde den Verbraucherrechten besondere Bedeutung beigemessen, was Bestandteil des Kompromisses mit dem Rat war: In den einschlägigen Entschließungen wurde gefordert, die Verbraucherrechte zu stärken (Anbieterwechsel, direkte Information durch intelligente Zähler und effiziente Bearbeitung von Beschwerden durch einen Bürgerbeauftragten für Energie). Außerdem erreichte das Parlament, dass der Begriff „Energiearmut“ anerkannt wurde. Es unterstützte die Gründung der ACER nachdrücklich und betonte, dass sie die notwendigen Befugnisse erhalten müsse, um die Probleme zu lösen, die von den nationalen Regulierungsbehörden nicht behoben werden könnten und die die Integration und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts hemmten. Die wichtigsten Entschließungen der jüngsten Zeit: — 10. Juli 2020: Das Parlament nimmt eine Entschließung zur Überarbeitung der Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur an und fordert deren Überarbeitung bis Ende 2020. — 15. Januar 2020: Das Parlament nimmt eine Entschließung zum europäischen Grünen Deal an, in der es hervorhebt, dass grenzüberschreitende Verbindungsleitungen und die Integration des EU-Energiemarkts im Hinblick auf die Verbesserung der Energieversorgungssicherheit und die Verwirklichung einer treibhausgasneutralen Wirtschaft wichtig sind, und betont, dass eine angemessen finanzierte Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden erforderlich ist. — 6. Februar 2018: Das Parlament nimmt eine Entschließung zur schnelleren Innovation im Bereich der sauberen Energie an. — 12. September 2017: Es werden neue Vorschriften erlassen, um den Nachbarländern die gemeinsame Bewältigung von Krisen zu ermöglichen und für Solidarität über Grenzen hinweg und transparente Gaslieferverträge zu sorgen. — 2. März 2017: Die Mitglieder des Europäischen Parlaments billigen Vorschriften, wonach Mitgliedstaaten, die vorhaben, Energielieferungen mit Drittstaaten auszuhandeln, die Kommission vor der Aufnahme von Verhandlungen unterrichten müssen. — 25. Oktober 2016: Das Europäische Parlament unterstützt eine Entschließung zu einer Strategie der EU für Flüssigerdgas (LNG), damit die Energieversorgung sicherer gemacht wird, weniger CO2-Emissionen anfallen und die Preise erschwinglicher werden. — 13. September 2016: In seiner Entschließung zu dem Thema „Auf dem Weg zur Umgestaltung des Energiemarkts“ tritt das Parlament dafür ein, liquide kurzfristige Märkte und langfristige Preissignale zu kombinieren, damit die Märkte darauf vorbereitet werden, dass der Anteil der Energie aus erneuerbaren Quellen und der aktiven Verbraucher zunimmt. — 26. Mai 2016: In der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Neugestaltung der Rahmenbedingungen für Energieverbraucher wird gefordert, dass die Bürger in die Lage versetzt werden, eigene Energie aus erneuerbaren Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 2021 7 www.europarl.europa.eu/factsheets/de
Quellen zu erzeugen, zu verbrauchen, zu speichern oder auf den Markt zu bringen sowie am Energiemarkt und an der nachfrageseitigen Steuerung teilzunehmen. Matteo Ciucci / Albane Keravec 05/2021 Kurzdarstellungen über die Europäische Union - 2021 8 www.europarl.europa.eu/factsheets/de
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