Epidemiologisches Bulletin 47 2020 - RKI
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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH 47 Epidemiologisches 2020 Bulletin 19. November 2020 Impfquoten bei Erwachsenen in Deutschland, STIKO: Bestätigung der Pneumokokken-Impfempfehlung
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 2 Inhalt Impfquoten bei Erwachsenen in Deutschland – Aktuelles aus der KV-Impfsurveillance und der Onlinebefragung von Krankenhauspersonal OKaPII 3 Im vorliegenden Artikel wird mit Daten der KV-Impfsurveillance erstmals zu Impfquoten aller für E rwachsene empfohlenen Impfungen berichtet. Als gänzlich neu sind die Analysen zur Influenza-Impfung in der Schwan- gerschaft, zur Herpes-zoster-Impfung sowie zur FSME-Impfung in das Analyse- und Publikationsspektrum der KV-Impfsurveillance hinzugekommen. Auswertungen zur Inanspruchnahme der T etanus-, Diphtherie- und Pertussis-Impfung wurden von uns zwar bereits an anderer Stelle veröffentlicht, sind nun aber Teil des Berichtsformats zu Impfquoten bei Erwachsenen im Epid Bull. Sie wurden für den vorliegenden Bericht eben- so um aktuelle Daten erweitert und vervollständigt, wie die Analysen zur I nfluenza, Pneumokokken- und Masern-Impfung. Stellungnahme der STIKO beim RKI: Bestätigung der aktuellen STIKO-Empfehlungen zur Pneumokokken-Impfung während der Pandemie und Handlungshinweise bei eingeschränkter Lieferbarkeit 27 Die STIKO nimmt im vorliegenden Dokument dazu Stellung, ob die Indikation für eine Pneumokokken- Impfung ausgeweitet werden sollte und wie im Falle der Impfstoffknappheit von Pneumovax 23 mit der Senioren- bzw. Indikationsimpfung verfahren werden soll. Zusammengefasst kommt die STIKO zu dem Schluss, dass zum Schutz der Menschen und zur Entlastung des Gesundheitssystems mit den verfügbaren Impfstoffmengen der größte Effekt erzielbar ist, wenn die Pneumokokken-Impfquoten entsprechend der STIKO-Empfehlung vor allem unter Personen, die zu einer Risikogruppe für eine invasive Pneumokokken- Erkrankung gehören, erheblich gesteigert werden. Literaturhinweis 26 Beitragsreihe zu COVID-19 im Journal of Health Monitoring: Krankheitsschwere der ersten COVID-19-Welle in Deutschland basierend auf den Meldungen gemäß Infektionsschutzgesetz Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten 31 Aktuelle Situation bei ARE/Influenza (46. KW 2020) 34 Impressum Herausgeber Allgemeine Hinweise/Nachdruck Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung: Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull Telefon 030 18754 – 0 Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise Redaktion die Meinung des Robert Koch-Instituts wider. Dr. med. Jamela Seedat Telefon: 030 18754 – 23 24 Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons E-Mail: SeedatJ@rki.de Namensnennung 4.0 International Lizenz. Nadja Harendt (Redaktionsassistenz) Telefon: 030 18754 – 24 55 Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung) E-Mail: EpiBull@rki.de ISSN 2569-5266 Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 3 Impfquoten bei Erwachsenen in Deutschland – Aktuelles aus der KV-Impfsurveillance und der Onlinebefragung von Krankenhauspersonal OKaPII 1. Zusammenfassung Auch die Quoten der Pneumokokken-Impfung sind Mit der Verfügbarkeit neuer Impfstoffe und von zwar zuletzt in den die STIKO-Empfehlungen Daten zur Krankheitslast gewinnen Impfungen betreffenden Alters- und Indikationsgruppen ange- auch im Erwachsenenalter zunehmend an Bedeu- stiegen, liegen aber weiterhin auf einem nicht zufrie- tung. Mit steigendem Alter erhöht sich die Anfällig- denstellenden Niveau. Die Impfquoten der Herpes- keit für bestimmte Infektionserkrankungen und das zoster-Impfung liegen im ersten Jahr nach der mit diesen einhergehende Komplikationsrisiko. STIKO-Empfehlung im niedrigen einstelligen Aber auch das Vorliegen bestimmter Grunderkran- Prozentbereich, und nur etwa die Hälfte der begon- kungen, eine Schwangerschaft oder besondere be- nen Impfserien wurde mit der zweiten Impfung rufliche Tätigkeiten erhöhen diese Risiken. Im Sin- auch abgeschlossen. Der Umsetzung der Impf ne eines Konzepts für lebensbegleitende Impfun- empfehlung standen Lieferengpässe des empfoh gen empfiehlt die Ständige Impfkommission lenen Impfstoffs entgegen. Die Vervollständigung (STIKO) Impfungen für bestimmte Alters- und Per- der Impfserien und eine Steigerung der Inanspruch- sonengruppen im Erwachsenenalter. Mit dem vor- nahme insgesamt sind notwendig, bedürfen zukünf- liegenden Artikel wird erstmals zur Inanspruch tig jedoch der beständigen Impfstoffverfügbarkeit. nahme aller von der STIKO für Erwachsene emp- fohlenen Impfungen berichtet. Ausgewertet wur- Nur zirka die Hälfte der Erwachsenen lässt ihren den dafür bundesweite Abrechnungsdaten der Impfstatus gegen Tetanus und Diphtherie empfeh- gesetzlich Krankenversicherten und Befragungs lungsgemäß alle 10 Jahre auffrischen. Dieser Wert daten von Krankenhauspersonal. Gänzlich neu sind hat sich in den letzten Jahren nicht verändert. Dage- dabei die Analysen zur Influenza-Impfung in der gen ist die Inanspruchnahme der Pertussis- Schwangerschaft, zu der seit kurzem empfohlenen Impfung, die seit 2009 mit der nächstfälligen Auf- Herpes-zoster-Impfung, sowie zur Impfung gegen frischungsimpfung gegen Tetanus und Diphtherie die durch Zecken übertragene Frühsommer empfohlen ist, in den letzten Jahren kontinuierlich meningoenzephalitis (FSME). gestiegen und liegt mittlerweile bei über 40 %. Bei der Inanspruchnahme der Influenza-Impfung Im Jahr 2019 hatten nach 1970 geborene Erwachse- hat sich der bereits in der Saison 2018/19 gezeigte ne eine der höchsten jährlichen Inanspruchnahmen Anstieg in allen untersuchten Alters- und Indika der Masern-Impfung seit Aussprechen der Impf tionsgruppen auch in der Folgesaison 2019/20 fort- empfehlung für Erwachsene vor 10 Jahren. Erstmals gesetzt. Das Ziel einer Impfquote von 75 % bei werden mit den Datenanalysen FSME-Impfquoten Senioren wird aber weiterhin verfehlt. Insgesamt in allen ausgewiesenen Risikogebieten und für alle sind die Influenza-Impfquoten immer noch auf Altersgruppen verfügbar und wird der FSME-Impf- einem niedrigen Niveau. Das gilt insbesondere für status kleinräumig und für mehrere Jahre beschrie- die Influenza-Impfung bei schwangeren Frauen. Im ben. Erwachsene ab mittlerem Alter weisen eher Rahmen einer jährlichen Befragung von Kranken- geringe FSME-Impfquoten auf. Gerade bei dieser hauspersonal blieb die Ärzteschaft mit Abstand die Gruppe besteht jedoch ein hohes Komplikations am besten gegen Influenza geimpfte Berufsgruppe. risiko bei einer FSME-Infektion. Beim Pflegepersonal bestanden dagegen noch große Impflücken und damit verbundene Risiken Die Ergebnisse zur Inanspruchnahme der für Er- für nosokomiale Influenza-Infektionen. wachsene empfohlenen Impfungen bieten ein
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 4 räumlich und zeitlich umfassendes und aktuelles werden sollen (Standardimpfungen) und Impfun- Bild der Impfinanspruchnahme in Deutschland. gen, die aufgrund eines individuell erhöhten Risi- Zum einen machen sie positive Entwicklungen des kos, beispielsweise bei Vorliegen einer Grunder- Impfgeschehens in Deutschland mit zuletzt gestie- krankung oder einer besonderen beruflichen Tätig- genen Influenza-, Pneumokokken- und Masern- keit, notwendig sind. Impfquoten sichtbar, zum anderen identifizieren sie Defizite und Handlungspotenziale. Die in diesem Artikel dargestellten Ergebnisse zur Inanspruchnahme von Standardimpfungen und von Impfungen bei gesundheitlicher Indikation 2. Hintergrund und Ziel basieren auf Auswertungen von Abrechnungsdaten Impfungen stellen einen Grundpfeiler der Gesund- der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in der heitsvorsorge durch die Prävention von Infek RKI-Impfsurveillance. Die KVen stellen dem RKI tionserkrankungen und der von diesen Erkrankun- Daten zur Impfinanspruchnahme der Versicherten gen verursachten gesundheitlichen Folgen (bei- der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aller spielsweise Krebserkrankungen, Herzinfarkt oder Altersgruppen seit dem Jahr 2004 zur Verfügung. Schlaganfall) dar. Während früher ein Fokus auf der Die zu übermittelnden Datensätze wurden in den Impfung von Kindern lag, gewinnt die Impfung von letzten Jahren um solche Diagnosen erweitert, die Erwachsenen – auch durch die Entwicklung und eine Einschätzung über das Vorliegen einer Impf Verfügbarkeit neuer Impfstoffe – zunehmend an indikation bei jeder versicherten Person zulassen. Bedeutung. Durch das Altern des Immunsystems Seit dem Jahr 2020 ist die Übermittlung dieser (die sog. Immunoseneszenz) stellt bereits das Alter Impf- und Diagnosedaten aus den KVen im Infek per se ein erhöhtes Risiko für einzelne Infektions tionsschutzgesetz (IfSG) gesetzlich verankert (§ 13 erkrankungen wie Influenza, Herpes zoster oder Absatz 5 IfSG). Mit den nun erstmals vorliegenden Pneumokokken-Erkrankungen dar.1 Aber auch be- Daten aus allen 17 KV-Regionen konnten Analysen stimmte Grunderkrankungen, eine Schwanger- nicht nur fortgeschrieben sondern auch retrospektiv schaft oder besondere berufliche Tätigkeit können ergänzt werden. Damit ergibt sich im Vergleich mit einem erhöhten Risiko für schwere Krankheits- zum letztjährigen Bericht nun ein räumlich und verläufe oder einer erhöhten Infektionswahrschein- zeitlich vollständigeres Bild der Impfinanspruch- lichkeit einhergehen. Aus diesem Grund wird von nahme in Deutschland. Bezüglich der Influenza- der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Impfung mit beruflicher Indikation wurden die Da- Europäischen Kommission der Einbezug aller Be- ten aus dem jährlich bundesweit stattfindenden völkerungsgruppen in ein Konzept für lebensbeglei- Survey OKaPII ausgewertet . tende Impfungen gefordert. In Deutschland spricht die STIKO seit ihrer Gründung auch Empfehlungen Ziel der Analysen ist die Evaluation der Umsetzung zur Impfung von Erwachsenen aus.2 der von der STIKO empfohlenen Impfungen für Er- wachsene in Deutschland. Die Identifizierung und Das Robert Koch-Institut (RKI) berichtet jährlich Darstellung von Impflücken in einzelnen Regionen, über aktuelle Impfquoten bei Kindern und bei Er- Altersgruppen und Indikationsgruppen ist eine wachsenen.3,4 In der vorliegenden Ausgabe veröf- wichtige Voraussetzung, um den Bedarf für eine fentlichen wir Untersuchungsergebnisse zur Inan- Steigerung von Impfquoten in bestimmten Zielgrup- spruchnahme von Impfungen im Erwachsenen pen aufzeigen und Maßnahmen zur Schließung der alter, die von der STIKO empfohlen werden: Das Impflücken zielgerichtet planen zu können. sind die Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis, die Influenza- und Pneumokokken- Impfung, die Herpes-zoster-Impfung, die Masern- 3. Ergebnisse Impfung sowie die in ausgewiesenen Risikogebie- Eine Übersicht zu den Ergebnissen der Impfinan- ten empfohlene Impfung gegen FSME. Dabei wird spruchnahme zum jeweils aktuellsten Datenstand unterschieden zwischen Impfungen, die allen Men- auf Ebene der KV-Regionen und bundesweit ist in schen in der jeweiligen Altersgruppe angeboten Tabelle 1 aufgeführt.
Gesamt Impfung Bevölkerungsgruppe Datenstand BW BY BE BB HB HH HE MV NI NO RP SL SN ST SH TH WL (alle untersuchten KV-Regionen) Standardimpfung: ≥60-Jährige 23,9 28,4 49,1 58,6 40,9 37,4 35,7 55,1 44,2 36,4 37,9 36,5 56,5 62,0 43,7 52,9 35,4 38,8 Indikationsimpfung: ≥18-Jährige Influenza Influenza mit impfrelevanten saison 20,4 23,9 40,4 50,4 33,7 29,9 28,7 46,8 35,8 29,2 30,7 32,1 49,1 54,0 35,9 44,8 29,4 32,3 Grunderkrankungen 2019/20 Epidemiologisches Bulletin Impfung bei Schwangeren 13,5 13,3 22,8 17,3 20,6 14,9 16,3 20,9 NA** 16,0 15,5 19,9 23,5 29,5 16,2 16,5 18,0 16,6 Standardimpfung: 60– 72-Jährige* ab einem Alter ohne impfrelevante von 60 Jahren 13,1 15,3 35,8 43,0 21,8 24,6 21,0 40,9 25,9 22,8 19,3 18,7 37,1 43,0 27,6 37,8 NA*** 24,2 Pneumo Grunderkrankungen bis I/2020 kokken Indikationsimpfung: ≥18-Jährige innerhalb der 47 | 2020 mit impfrelevanten letzten 6 Jahre 11,5 13,1 28,1 29,1 18,5 19,8 16,9 29,3 20,9 18,1 15,8 17,0 26,8 29,3 22,0 26,5 NA*** 19,0 Grunderkrankungen bis I/2020 Herpes Standardimpfung: 1. Impfung 1,1 1,4 2,2 2,2 1,8 1,2 0,9 2,2 1,4 1,5 1,4 1,0 2,7 1,4 2,1 2,2 1,5 1,5 I/2019 – I/2020 zoster ≥60 Jahre 2. Impfung 0,5 0,6 1,0 1,2 0,8 0,4 0,2 1,2 0,6 0,7 0,6 0,4 1,5 0,6 1,1 1,3 0,7 0,7 Diphtherie Standardimpfung: ≥18 Jahre innerhalb 41,9 47,8 54,7 68,6 51,9 46,5 50,6 68,6 54,4 45,8 47,3 45,6 72,0 68,0 50,9 68,0 49,9 51,9 der letzten Tetanus Standardimpfung: ≥18 Jahre 43,7 49,6 55,7 68,6 53,4 48,2 53,2 68,8 55,4 47,5 48,8 47,5 72,7 68,4 51,9 68,3 51,0 53,3 10 Jahre bis Pertussis Standardimpfung: ≥18 Jahre 2019 32,0 37,1 47,2 61,4 38,3 35,5 38,5 63,2 42,3 35,4 35,2 33,9 66,5 61,0 41,1 59,7 39,1 41,9 Impfinzidenz 19. November 2020 Masern ≥18 Jahre, nach 1970 geboren 0,9 1,1 1,3 0,7 1,5 1,3 1,2 0,7 1,6 1,4 1,2 0,8 0,8 0,8 1,2 0,6 1,3 1,1 2019 ≥18 Jahre und aktueller Impfstatus (grundimmunsiert und ggf. FSME zeitgerechte Auffrischung), in 2018 15,8 19,9 – – – – 16,2 – – – 12,9 7,9 14,4 – – 30,1 – 17,0 ausgewiesenen Risikogebieten**** der KV-Regionen Abkürzung der KV-Regionen: BW = Baden-Württemberg | BY = Bayern | BE = Berlin | BB = Brandenburg | HB = Bremen | HH = Hamburg | HE = Hessen | MV = Mecklenburg-Vorpommern | NI = Niedersachsen | NO = Nordrhein | RP = Rheinland-Pfalz | SL = Saarland | SN = Sachsen | ST = Sachsen-Anhalt | SH = Schleswig-Holstein | TH = Thüringen | WL= Westfalen-Lippe * Der untersuchbare Altersbereich ergibt sich aus dem für die Längsschnittanalyse zur Verfügung stehende Spanne der Datenfortschreibung (s. Ergebnisse). ** Für Niedersachsen lagen keine Daten zur Identifizierung Schwangerer vor. *** In Westfalen-Lippe hatte sich 2016 das Pseudonymisierungsverfahren geändert. Da für die Impfquote patientenbezogene Längsschnitte von 12 Jahren (Pneumokokken-Standardimpfung) bzw. 6 Jahren (Pneumokokken-Indikationsimpfung) nötig sind, kann keine Impfquote ausgewiesen werden. 5 **** ausgewiesene Risikogebiete nach RKI Tab. 1 | Inanspruchnahme von für Erwachsene empfohlenen Standard- und Indikationsimpfungen nach Saison, Jahr bzw. Quartal in allen 17 Regionen der Kassenärztlichen Vereinigungen (in %). Gesamtzahl untersuchter Personen: Influenza-Standardimpfung: n = 18.236.686; Influenza-Indikationsimpfung bei bestehenden Grunderkrankungen: n = 19.249.983; Influenza-Impfung bei Schwangeren: n = 614.249; Pneumokokken-Standardimpfung: n = 6.748.766; Pneumokokken-Indikationsimpfung: n = 15.987.065; Herpes-zoster-Impfung: n = 18.123.578; Diphtherie-, Tetanus-, 5 Pertussis-Impfung: n = 56.052.691; Masern-Impfung: n = 27.451.629; FSME-Impfung: n = 13.281.110
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 6 3.1. Impfung gegen Influenza in den ÖBL 57,1 % (Spannweite 52,9 – 62,0 %) 3.1.1. Influenza-Standardimpfung bei ≥ 60-Jährigen (s. Abb. 1 und Tab. 1). Die STIKO empfiehlt allen Personen ab einem Alter von 60 Jahren, sich jährlich im Herbst gegen die Die Impfquoten steigen in allen untersuchten Bun- saisonale Influenza impfen zu lassen.2 In Abbil- desländern mit dem Alter an (s. Abb. 2). Zwischen dung 1 sind die Impfquoten der Saisons 2008/09 den Altersgruppen 60 – 69 und 70 – 79 Jahre sind bis 2019/20 für eine Influenza-Impfung bei Perso- die Unterschiede besonders ausgeprägt. Der leichte nen im Alter von mindestens 60 Jahren unabhän- Anstieg in den Saisons 2018/19 und 2019/20 ist in gig von möglicherweise bestehenden impfrelevan- allen Altersgruppen zu beobachten. In Saison ten Grunderkrankungen aufgeführt. 2019/20 betrug die Impfquote in den Altersgrup- pen 60 – 69, 70 – 79 und 80 Jahre und älter 29,8 %, In den Saisons 2008/09 und 2009/10 waren bun- 44,1 % und 48,6 %. desweit knapp die Hälfte der mindestens 60-Jähri- gen gegen Influenza geimpft (s. Abb. 1). Nachfol- 3.1.2. Influenza-Impfung bei Erwachsenen mit gend zeigen die Impfquoten einen klar rückläufigen impfrelevanten Grunderkrankungen Trend auf. Mit der Saison 2012/13 stagnierten die Allen Personen mit bestimmten Grunderkrankun- Impfquoten zunächst auf einem Niveau, bei dem gen wird – unabhängig vom Alter – die Influenza- gut ein Drittel aller Personen ab einem Alter von Impfung empfohlen.3 Hierzu zählen chronische 60 Jahren gegen saisonale Influenza geimpft wa- Erkrankungen der Atmungsorgane, chronische ren. Ab Saison 2018/19 ist ein leichter Anstieg zu Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenkrankheiten, beobachten, der sich in der letzten Saison 2019/20 Diabetes mellitus und andere Stoffwechselkrankhei- fortgesetzt hat und hier bundesweit eine Impfquote ten, chronische neurologische Krankheiten, eine von 38,8 % erreicht (s. Tab. 1). Generell liegt die angeborene oder erworbene Immundefizienz bzw. Impfquote in den östlichen Bundesländern (Bran- Immunsuppression sowie eine HIV-Infektion. denburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, ÖBL) weit über der Im Zeitraum Saison 2014/15 bis 2019/20 liegen bei Impfquote westlicher KV-Regionen bzw. Bundeslän- Personen im Alter ab 18 Jahren mit Grunderkran- der einschließlich Berlin (WBL) (s. Abb. 1 und Tab. 1). kungen, die eine Indikation für die Influenza- In Saison 2019/20 beträgt der Wert in den WBL Impfung darstellen, die Impfquoten bundesweit bei 34,8 % (Spannweite der KV-Regionen: 23,9 – 49,1 %), rund 30 % (s. Abb. 3). Dabei liegt die Impfquote in Bundesweit Influenza-Impfquote in % Bundesweit WBL 80 Bundesweit WBL ÖBL 70 WBL ÖBL 60 50 ÖBL Bunde WBL 40 ÖBL 30 20 10 0 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 Saison Abb. 1 | Impfquote für eine Influenza-Impfung bei Personen im Alter von mindestens 60 Jahren nach Influenza-Saison, 2008/09 – 2019/20 (in %), bundesweit, westliche (WBL) und östliche Bundesländer (ÖBL).
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 7 Influenza-Impfquote in % 60 60 50 50 Influenza‐Impfquote in % 40 40 30 30 20 20 10 10 00 – 69 – 79 80++ – 69 – 79 80++ – 69 – 79 80++ – 69 – 79 80++ – 69 – 79 80++ – 69 – 79 80++ 6060‐69 70‐79 6060‐69 7070‐79 6060‐69 7070‐79 6060‐69 7070‐79 6060‐69 7070‐79 6060‐69 7070‐79 80 80 80 80 80 80 70 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 Altersgruppe und Saison Altersgruppe und Saison Abb. 2 | Impfquoten für die Influenza-Impfung nach Altersgruppe und Influenza-Saison bei Personen im Alter von mindestens 60 Jahren unabhängig vom Bestehen einer möglichen zusätzlichen Indikation aufgrund bestehender Grunderkrankungen, bundesweit. den ÖBL weit über der Impfquote der WBL (s. Abb. 3 der Saison 2018/19 erkennbar, der in Saison 2019/20 und Tab. 1). Der zeitliche Verlauf der Impfquote in einer Impfquote von 32,3 % (bundesweit) bzw. ähnelt dem Verlauf der Impfquote der Influenza- 28,8 % (WBL; Spannweite 20,4 – 40,4 %) und Standardimpfung bei Personen ab 60 Jahren, liegt 49,2 % (ÖBL; Spannweite 44,8 – 54,0 %) resultiert allerdings auf einem niedrigeren Niveau. Auch bei (s. Tab. 1). der Indikationsimpfung ist ein leichter Anstieg ab Bundesweit Die Impfquoten der Influenza-Indikationsimpfung steigen mit dem Alter an (s. Abb. 4). In allen unter- Influenza-Impfquote in % Bundesweit WBL suchten Saisons erreichen allerdings erst die 80 Altersbereiche ab 60 Jahren eine Impfquote von Bundesweit WBL ÖBL 30 % und mehr. Der leichte Anstieg der Impfquote 70 in den Saisons 2018/19 und 2019/20 zeigt sich in WBL ÖBL 60 allen Altersgruppen. In Saison 2019/20 betrug die Impfquote nach Altersgruppen 8,5 % (18 – 29 Jahre), 50 ÖBL 11,4 % (30 – 39 Jahre), 15,5 % (40 – 49 Jahre), 21,4 % 40 (50 – 59), 34,8 % (60 – 69), 47,1 % (70 – 79) und 50,7 % (80 Jahre und älter). 30 20 3.1.3. Influenza-Impfung bei Schwangeren 10 Schwangerschaft ist ein wesentlicher Risikofaktor für schwere oder tödliche Krankheitsverläufe bei ei- 0 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 ner Influenzavirus-Infektion. Seit 2010 empfiehlt Saison die STIKO für alle Schwangeren, die während der Influenza-Saison schwanger sind, die Impfung ge- Abb. 3 | Impfquoten für die Influenza-Impfung bei Personen im Alter von mindestens 18 Jahren und einer Indikation gen saisonale Influenza.6 Gesunde Schwangere sol- aufgrund bestehender Grunderkrankungen nach Influenza- len die Impfung vorzugsweise ab dem 2. Trimenon Saison, bundesweit, westliche (WBL) und östliche Bundes- erhalten. Für Schwangere mit einer chronischen länder (ÖBL). Grunderkrankung, die unabhängig von der Schwan-
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 8 60 50 Influenza-Impfquote in % Influenza‐Impfquote in % in % 60 60 Influenza‐Impfquote 50 50 40 18‐29 18 – 29 40 40 30‐39 30 –18‐29 39 30‐39 30 40‐49 40 – 49 40‐49 30 30 50‐59 50 –50‐59 59 20 60‐69 20 20 60‐69 60 –70‐79 69 80+ 10 10 70‐79 70 – 79 80+ 10 00 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 80 + 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 Saison Saison 0 4 | Impfquoten für die Influenza-Impfung bei bestehender Indikation aufgrund impfrelevanter Grunderkran- Abb. kungen bei Personen im Alter von mindestens 18 Jahren nach Altersgruppe und Influenza-Saison, bundesweit. 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 2019/20 Saison gerschaft eine Indikation für die Influenza-Impfung 3.1.4. Influenza-Impfung bei Krankenhauspersonal darstellt, wird die Impfung bereits ab dem 1. Trime- Die STIKO empfiehlt medizinischem Personal auf non empfohlen. Grund des erhöhten beruflichen Risikos die jährli- che Impfung gegen Influenza.2 Die Impfung dient In der Influenza-Saison 2019/20 wurden bundes- sowohl dem individuellen Schutz als auch dem weit 16,6 % aller zur Impfsaison Schwangeren ge- Schutz der PatientInnen: Einerseits erhöhen die vie- gen s aisonale Influenza geimpft (s. Tab. 1). Zwischen len Kontakte zu akut Erkrankten das eigene Infek den KVen variierte die Impfquote um den Faktor 2,2. tionsrisiko für Gesundheitspersonal, andererseits Sachsen-Anhalt wies mit 29,5 % die mit Abstand stellt diese Berufsgruppe aber auch eine Infektions- höchste Impfquote auf, gefolgt von Sachsen (23,5 %) quelle für von ihr betreute PatientInnengruppen und Berlin (22,9 %). Am wenigsten häufig wurden mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende Schwangere in Baden-Württemberg und Bayern Krankheitsverläufe dar. geimpft (13,5 % bzw. 13,3 %). Abbildung 5 zeigt die Entwicklung der Impfquote bundesweit und nach In der Population der teilnehmenden Kliniken bzw. KV von Saison 2014/15 bis Saison 2019/20. In die- des teilnehmenden Personals ist die Ärzteschaft in sem Zeitraum ist auf Bundesebene (+ 84 %) sowie allen Saisons häufiger geimpft als die übrigen un- in allen KVen eine Zunahme der Influenza-Impf- tersuchten Berufsgruppen (s. Tab. 2). Die bereits zur quote zu beobachten, die sich insbesondere in den Saison 2018/19 gestiegene Impfquote in dieser letzten drei Saisons vollzog. Relativ betrachtet wie- Gruppe erhöhte sich auch in Saison 2019/20 noch- sen die beiden KVen mit den niedrigsten Impfquo- mals weiter auf 79,3 %. Knapp ein Drittel des Pfle- ten die höchste Steigerung auf (+ 107 % in Baden- gedienstes war jeweils in den Saisons 2016/17 und Württemberg und + 142 % in Bayern). Die höchsten 2017/18 gegen Influenza geimpft. In der Saison absoluten Zuwächse verzeichneten Berlin und 2018/19 stieg die Impfquote um rund 15 Prozent- Sachsen (jeweils + 11 Prozentpunkte) sowie Sachsen- punkte und lag in der Saison 2019/20 bei einem mit Anhalt (+ 10 Prozentpunkte). Die Influenza-Impf- der Vorsaison vergleichbaren Wert von 46,7 %. Ein quoten bei Schwangeren weisen die gleichen Unter- ähnlicher Anstieg ist für die Impfquote der anderen schiede zwischen ÖBL und WBL auf wie bei der Berufsgruppen zu beobachten, zu denen Verwal- Standardimpfung ab 60 Jahren und der Impfung tungsmitarbeiterInnen, medizinisch-technisches von Erwachsenen mit Grunderkrankungen (s. Abb. 1 Personal, Laborpersonal, Küchenpersonal und und Abb. 3). therapeutische Berufe zählen. Auch für diese
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 9 erufsgruppen ist die Impfquote in Saison 2019/20 B re wiederholt werden.2 In der folgenden Auswer- mit 48,0 % ähnlich der der Vorsaison. tung sind die Impfquoten der Standardimpfung für Personen ab dem Alter von 60 Jahren auf solche 3.2. Impfung gegen Pneumokokken Personen beschränkt, bei denen in unserer Daten- 3.2.1. Pneumokokken-Standardimpfung bei ≥ 60- analyse keine impfrelevanten Grunderkrankungen Jährigen ohne impfrelevante Grunderkrankungen identifiziert wurden. Die Auswertungen für die Die STIKO empfiehlt allen Personen ab einem Alter Impfquoten ab Quartal I/2015 konnten für die von 60 Jahren die einmalige Impfung gegen Pneu- Altersgruppe 60 bis mindestens 67 Jahren durch mokokken als Standardimpfung, bei impfrelevan- geführt werden. Die Altersbeschränkung ergibt sich ten Grunderkrankungen soll die Impfung alle 6 Jah- aus der Tatsache, dass in der Datenbank der KV- Influenza-Impfquote in % 30 2014/2015 2015/2016 2016/2017 2017/2018 2018/2019 2019/2020 25 20 15 10 5 0 Baden- Württemberg Bayern Berlin Brandenburg Bremen Hamburg Hessen Mecklenburg- Vorpommern Nordrhein Rheinland- Pfalz Saarland Sachsen Sachsen- Anhalt Schleswig- Holstein Thüringen Westfalen- Lippe Abb. 5 | Impfquote gegen saisonale Influenza bei Schwangeren mit Impfindikation nach KV-Bereich für die Saisons 2014/15 bis 2019/20. Für die KV Hamburg waren erst ab Saison 2016/17 und für die KV-Westfalen-Lippe ab Saison 2016/17 die notwendigen Daten für diese Analyse verfügbar. Für die KV Niedersachsen lagen bis zum Zeitpunkt der Datenanalyse keine verwendbaren Daten vor. Saison 2016/17 Saison 2017/18 Saison 2018/19 Saison 2019/20 Krankenhäuser 52 125 171 131 Teilnehmende 5.808 17.891 27.163 18.872 Verteilung Impfquote Verteilung Impfquote Verteilung Impfquote Verteilung Impfquote in % (n =) in % in % (n =) in % in % (n =) in % in % (n =) in % Berufsgruppe Ärzteschaft 18,0 (1.074) 60,8 18,0 (3.476) 59,4 18,0 (5.109) 76,0 18,9 (3.564) 79,3 Pflegedienst 36,7 (1.824) 32,7 36,7 (6.449) 31,1 36,7 (8.474) 46,0 31,5 (5.940) 46,7 Andere 45,3 (2.910) 36,6 45,3 (7.966) 37,9 45,3 (13.580) 47,8 49,6 (9.368) 48,0 Tab. 2 | Influenza-Impfquoten und ihre Verteilung bei Krankenhauspersonal nach Berufsgruppe, Ergebnisse aus der Online befragung von Krankenhauspersonal zur Influenza-Impfung (OKaPII-Studie), Saisons 2016/17 – 2019/20.
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 10 Impfsurveillance aufgrund der Verfügbarkeit von nen des Jahres 2008 und damit ältesten Vertreter ÄrztInnen-PatientInnen-Kontakten erst seit dem der hier betrachteten Altersspanne sind zum ersten Jahr 2008 PatientInnen längsschnittlich beobachtet hier dargestellten Berichtszeitpunkt (I. Quartal werden können. Für eine vollständige Berechnung 2015) daher 67 Jahre alt. Mit jedem weiteren Kalen- der Impfquote ist eine Beobachtung ab dem Alter derjahr der Analyse kann die betrachtete Altersgrup- von 60 Jahren erforderlich. Die 60-jährigen Perso- pe dann um jeweils ein Altersjahr weitergeführt Bundesweit werden (d. h. bis zum Alter von 72 Jahren für den Berichtszeitpunkt I. Quartal 2020). Aus Gründen Bundesweit WBL der Vergleichbarkeit über alle Berichtszeitpunkte Pneumokokken-Impfquote in % beschränken wir uns bei der Darstellung der Impf- 50 Bundesweit WBL ÖBL quoten jedoch auf die Altersgruppe 60 – 67 Jahre. 45 40 WBL ÖBL Die Impfquoten der Altersgruppe der 60- bis 67-Jäh- 35 rigen weisen in den ÖBL einen über die Zeit steigen- ÖBL 30 den Trend auf, der sich in den WBL zunächst nicht 25 zeigt (s. Abb. 6). Zwischen I/2019 und I/2020 ist 20 dann ein starker Zuwachs sowohl in den 15 ÖBL (um 7,0 Prozentpunkte auf 32,4%; Spannweite 29,0 – 35,3%) als auch den WBL (um 6,5 Prozent- 10 punkte auf 15,1%; Spannweite 9,5 – 28,2%) zu beob- 5 achten, der bundesweit in einer Impfquote von 0 18,5% resultiert. Die Impfquote steigt mit dem Alter I/2015 I/2016 I/2017 I/2018 I/2019 I/2020 an (s. Abb. 7). Der Zuwachs der Impfquote zum Quartal Stand I/2020 ist in allen Altersjahren zu beobach- Abb. 6 | Impfquoten für die Pneumokokken-Impfung ohne Vorliegen einer Indikation aufgrund bestehender Grund ten; mit 60 Jahren liegen die Impfquoten bundes- erkrankungen bei Personen im Alter von 60 – 67 Jahren weit bei 6,0%, mit 72 Jahren betragen sie 40,4%. In jeweils zum Ende des I. Quartals 2015 bis 2020, bundesweit, der Altersgruppe der 60- bis 72-Jährigen sind zum westliche (WBL) und östliche Bundesländer (ÖBL). Stand I/2020 bundesweit 24,2 % geimpft (s. Tab. 1). Pneumokokken-Impfung in % 50 50 60 60 45 45 61 61 62 62 Pneumokokken‐Impfquote in % 40 40 60 63 63 61 35 35 64 62 64 30 63 30 65 65 64 25 25 66 66 65 66 67 20 20 67 67 68 68 15 68 15 69 69 69 10 10 70 70 70 71 5 71 71 72 0 72 72 I/2015 I/2015 I/2016 I/2016 I/2017 I/2017 I/2018 I/2018 I/2019 I/2019 I/2020 I/2020 60 – 67-Jährige 60 – 68-Jährige 60 – 69-JährigeQuartal 60 – 70-Jährige 60 – 71-Jährige 60 – 72-Jährige I/2016 I/2017 I/2018 I/2019 I/2020 Quartal as Alter jeweils auf der x‐AchseQuartal abzutragen? So wird Abb. 7 | Impfquoten für die Pneumokokken-Impfung ohne Vorliegen einer Indikation aufgrund bestehender die Altersgruppen in den verschiedenen Quartalen Grunderkrankungen bei Personen im Alter von 60 bis max. 72 Jahren jeweils zum Ende des I. Quartals 2015 bis weit reichen.2020, bundesweit x‐Achse abzutragen? So wird en verschiedenen Quartalen
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 11 3.2.2. Pneumokokken-Indikationsimpfung len.2 Die für eine Indikation relevanten Vorerkran- bei Erwachsenen mit impfrelevanten Grund- kungen sind mit denen für eine aus gesundheit erkrankungen lichen Gründen indizierte Influenza-Impfung bei- Wie die Influenza-Impfung wird allen Personen nahe identisch. Die Indikationsimpfung sollte mit mit bestimmten Vorerkrankungen unabhängig einem Mindestabstand von 6 Jahren aufgefrischt vom A lter die Pneumokokken-Impfung empfoh- werden. Entsprechend beschreiben die Impfquo- Bundesweit ten den Anteil der Personen mit bestehenden impfrelevanten Grunderkrankungen, der inner- Pneumokokken-Impfquote in % Bundesweit WBL halb der letzten 6 Jahre die Impfung in Anspruch 50 genommen hat. Bundesweit WBL ÖBL 45 40 WBL ÖBL Bundesweit steigt die Impfquote über die Jahre auf 35 19,0 % in I/2020 an (s. Abb. 8). In den ÖBL liegt sie ÖBL mit 28,0 % (Spannweite 26,5 – 29,3 %) insgesamt 30 wesentlich höher als in den WBL (WBL 16,9 %; 25 Spannweite 11,5 – 28,1 %) (s. Abb. 8 und Tab. 1). Ein 20 Anstieg ist auch mit dem Alter zu beobachten 15 (s. Abb. 9). Dabei erreichen die Impfquoten bis zur 10 Altersgruppe von 50 – 59 Jahren jedoch nicht mehr 5 als 10 %. Ab der Gruppe der 60- bis 69-Jährigen stei- 0 gen die Impfquoten im Vergleich zur nächstjünge- I/2015 I/2016 I/2017 I/2018 I/2019 I/2020 ren Altersgruppe um 10 Prozentpunkte und mehr Quartal an. Die Gruppe der 70- bis 79-Jährigen in I/2020 Abb. 8 | Impfquoten für die Pneumokokken-Impfung weist mit 30,5 % bundesweit die höchste Impfquote innerhalb der letzten 6 Jahre bei Vorliegen einer Indikation aufgrund bestehender Grunderkrankungen bei Personen auf. Mit 80 Jahren und älter ist die Inanspruchnah- im Alter von mindestens 18 Jahren jeweils zum Ende des me der Pneumokokken-Impfung bei Personen mit I. Quartals 2015 bis 2020, bundesweit, westliche (WBL) impfrelevanten Grunderkrankungen dann wieder und östliche Bundesländer (ÖBL). geringer. 60 Pneumokokken-Impfquote in % 50 50 50 45 inin%% 45 40 40 Pneumokokken‐Impfquote Influenza‐Impfquote 35 35 40 18‐2918‐29 18 – 29 30 30 30‐39 30‐39 30 – 39 25 25 40‐49 30 50‐5940‐49 40 – 49 20 20 60‐6950‐59 50 – 59 15 15 70‐79 20 10 10 80+ 60‐69 60 – 69 55 70‐79 70 – 79 00 80+ 10 I/2015 I/2016 I/2017 I/2018 I/2019 I/2020 80 + I/2015 I/2016 I/2017 I/2018 I/2019 I/2020 Quartal Quartal 0 9 | Impfquoten für die Pneumokokken-Impfung innerhalb der letzten 6 Jahre bei Vorliegen einer Abb. Indikation aufgrund bestehender Grunderkrankungen nach Altersgruppe bei Personen im Alter von mindestens 18 Jahren2014/15 2015/16 jeweils zum Ende des I. Quartals2016/17 2017/18 2015 bis 2020, bundesweit. 2018/19 2019/20 Saison
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 12 3.3. Impfung gegen Herpes zoster 1,5 %, für die zweite 0,7 % (s. Tab. 1). Auch auf Seit Dezember 2018 empfiehlt die STIKO allen Per- KV-Ebene ist die bisherige Inanspruchnahme sehr sonen ab einem Alter von 60 Jahren die Impfung gering und zeigt zwischen den Regionen wenig mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-subunit- Variation (Spannweite der Impfquote erste Dosis: (HZ/su-)Totimpfstoff (Shingrix) mit 2 Impfstoff 0,9 – 2,7 %: zweite Dosis: 0,2 – 1,5 %). Bundesweit dosen im Abstand von mindestens 2 bis maximal wie auch jeweils in allen KV-Regionen hat nicht 6 Monaten zur Verhütung von Herpes zoster, sei- mehr als die Hälfte derjenigen Personen, die die ers- nen Komplikationen und Spätfolgen.7 Aufgrund des te Impfung in Anspruch genommen haben, bereits erhöhten Risikos für immunsupprimierte Personen die zweite Dosis erhalten. Für Sachsen, wo bereits und PatientInnen mit anderen schweren Grunder- seit 2010 eine Empfehlung zur Herpes-zoster-Imp- krankungen, an Herpes zoster und deren Kompli- fung besteht 8 – bis 2018 allerdings nur mit einem kationen zu erkranken, empfiehlt die STIKO für bis dahin verfügbaren Lebendimpfstoff durchführ- Personen ab einem Alter von 50 Jahren mit erhöhter bar, der von der STIKO explizit nicht empfohlen gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grund- ist – werden mit 2,7 % (erste Dosis) bzw. 1,5 % (zwei krankheit die Impfung mit dem HZ/su-Totimpfstoff Dosen) die höchsten Werte berechnet. als Indikationsimpfung. Im März 2019 hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Standard- und 3.4. Impfung gegen Diphtherie, Tetanus und Indikationsimpfung zur Pflichtleistung der Gesetz- Pertussis lichen Krankenkassen erklärt. In einer ersten Da- tenanalyse wurde vorerst nur die ab dem Jahr 2019 Allen Erwachsenen im Alter von mindestens 18 Jah- beginnende Inanspruchnahme als Standardimp- ren wird eine Tetanus(T)- und Diphtherie(d)-Auffri- fung in der Altersgruppe der Personen ab einem schungsimpfung in einem 10-jährigen Intervall Alter von mindestens 60 Jahren untersucht. empfohlen. Seit 2009 gilt zudem die Empfehlung, bei der nächstfälligen 10-jährlichen Td-Impfung ein- Bis zum Ende des ersten Quartals 2020 betrug die malig einen Impfstoff mit zusätzlicher azellulärer 80 bundesweite Impfquote für die erste Impfstoffdosis Pertussis-Komponente zu verwenden.9 Die Imp- 70 Impfquote in % 80 80 60 70 70 60 60 50 50 50 Impfquote in % 2016 Impfquote in % 40 40 2016 20172016 40 30 30 2018 2017 20192017 20 20 30 2018 2018 10 10 00 2019 2019 20 Pertussis Tetanus Pertussis Tetanus Pertussis Tetanus Diphtherie Diphtherie Diphtherie Tetanus Diphtherie Pertussis Tetanus Diphtherie Pertussis Tetanus Diphtherie Pertussis 10 Bundesweit Bundesweit WBL WBL ÖBL ÖBL Abb. 10 | Inanspruchnahme von Tetanus-, Diphtherie- und Pertussis-Impfungen innerhalb der vergangenen 10 Jahre bei Personen, die zu Beginn dieses Zeitintervalls mindestens 18 Jahre alt waren. Bundesweit, westliche 0 (WBL) und östliche Bundesländer (ÖBL), 2016 – 2019. ertussis Tetanus ertussis Tetanus ertussis Tetanus phtherie phtherie phtherie
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 13 Bundesweit Bundesweit WBL fung kann als Td-Pertussis(Tdap)-Kombinations- Masern-Impfinzidenz in % impfung oder bei entsprechender Indikation auch 2,0 Bundesweit WBL ÖBL als Kombinationsimpfung Tdap-Poliomyelitis verab- 1,8 reicht werden. Die Pertussis-Impfung Erwachsener 1,6 WBL ÖBL soll die Krankheitslast durch Pertussis primär bei 1,4 Erwachsenen und indirekt bei ihren ungeschützten ÖBL 1,2 Kontakten, insbesondere bei Säuglingen, reduzie- 1,0 ren. Die Impfempfehlung wurde Anfang 2010 in 0,8 die Schutzimpfungsrichtlinie aufgenommen; damit besteht eine generelle Kostenübernahme durch die 0,6 gesetzlichen Krankenversicherungen.10 0,4 0,2 Die Inanspruchnahme der Tetanus- und Diphtherie- 0,0 Impfungen jeweils innerhalb des 10-Jahresintervalls 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 erfuhr in den Jahren 2016 – 2019 wenig Änderung. Jahr Die Impfquoten belaufen sich bundesweit auf Abb. 11 | Jährliche Masern-Impfinzidenz (Anteil mit einer im jeweiligen Jahr in Anspruch genommenen Masern-Impfung, 52 – 53 % (Tetanus) und 51 – 52 %. (Diphtherie) unabhängig vom Masern-Impfstatus) der nach 1970 (s. Abb. 10 und Tab. 1). Die Inanspruchnahme der geborenen ≥ 18-Jährigen, bundesweit, westliche (WBL) und Pertussis-Impfung ist in den letzten Jahren hinge- östliche Bundesländer (ÖBL), 2009 bis 2019. gen gestiegen. Während bis zum Jahr 2016 bundes- weit noch 32,7 % der Erwachsenen innerhalb der letzten 10 Jahre eine Pertussis-Impfung verabreicht bekommen hatten, betrug die Impfquote 2019 be- asern-Impfinzidenzen. Die Masern-Impfinzidenz M reits 41,9 %. In den WBL sind die Tetanus- und ist unabhängig vom jeweils bereits bestehenden Diphtherie-Impfquoten im Zeitraum 2016 – 2019 Impfstatus und beschreibt den Anteil von nach 1970 wesentlich geringer als in den ÖBL (WBL: Tetanus geborenen ≥ 18-jährigen Personen, der im jeweili- 49 – 50 %, Diphtherie 47 – 48 %; ÖBL: Tetanus gen Jahr eine Masern-Impfung in Anspruch ge- 68 – 70 %, Diphtherie 68 – 69 %). Auch die Inan- nommen hat. Daher erfolgte bei den Bezugspopula- spruchnahme der Pertussis-Impfung ist in den ÖBL tionen auch kein Abzug der in einem Berichtsjahr höher. Sie ist zwischen 2016 und 2019 aber in bei- geimpften Personen von den Versichertenzahlen den Regionen gestiegen (WBL: von 27,7 auf 37,5 %; der Folgejahre. ÖBL: von 51,1 % auf 62,9 %). Die bisherigen Auswertungen der KV-Impfsurveil- 3.5. Masern-Impfung bei nach 1970 geborenen lance belegten bereits eine bundesweite Masern- Erwachsenen Impfinzidenz von 0,4 % im Zeitraum 2009/10, Die STIKO empfiehlt allen nach 1970 geborenen einen Anstieg auf zirka 0,8 % in den ersten Jahren ≥ 18-Jährigen eine einmalige Impfung gegen nach Aussprechen der Impfempfehlung und für die Masern, wenn sie bisher nicht oder nur einmal in Jahre 2013, 2014 und 2016 einen Wert von 1,0 % der Kindheit gegen Masern geimpft wurden oder ihr (s. Abb. 11).13 Im Jahr 2015 lag die Masern-Impfinzi- Masern-Impfstatus unklar ist.11 Die Empfehlung denz bei 1,5 %, was auf mehrere Masern-Ausbruchs- wurde Ende 2010 in die Schutzimpfungsrichtlinie geschehen in Deutschland zurückzuführen ist. In aufgenommen und damit Teil des Leistungsum- allen Jahren lag die Impfinzidenz in den ÖBL zwi- fangs aller gesetzlichen Krankenkassen.12 Da in der schen 0,1 und 0,5 Prozentpunkten unter der in den KV-Impfsurveillance Impfungen nur anhand der WBL. Die aktuellen Auswertungen zeigen einen seit dem Jahr 2004 vorliegenden abgerechneten Rückgang der Impfinzidenz auf 0,8 % im Jahr 2018 Impfleistungsdaten identifiziert werden können, und einen Anstieg zum Jahr 2019 auf 1,1 % (s. Tab. 1). und daher Impfungen vor der Implementierung des Auch 2019 liegt die Impfinzidenz in den WBL mit Systems nicht erfasst werden, berichten wir an die- 1,2 % (Spannweite 0,8 – 1,6 %) über dem Wert in den ser Stelle keine Masern-Impfquoten sondern ÖBL (0,7 %; Spannweite 0,6 – 0,8 %).
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 14 3.6. Impfung gegen FSME bei Erwachsenen recht konstant geblieben (Baden-Württemberg: in Risikogebieten 15 – 16 %; Rheinland-Pfalz: 13 %), leicht gefallen (Bay- Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen FSME für ern: von 22 % auf 20 %; Thüringen: von 33 % auf Personen, die in FSME-Risikogebieten zeckenexpo- 30 %) oder etwas gestiegen (Hessen: von 15 % auf niert sind. Die Mehrzahl (98 %) der 2019 gemelde- 16 %; Saarland: von 5 % auf 8 %) (s. Abb. 12). Für ten FSME-Erkrankten war gar nicht oder unzurei- Sachsen wurde erstmals in 2014 eine Kreisregion chend geimpft. Ein hoher Anteil der auftretenden als Risikogebiet ausgewiesen. In Sachsen betrug die FSME-Erkrankungen könnte also durch eine Steige- Impfquote in dieser Kreisregion zunächst 13 % und rung der Impfquoten insbesondere in Risikogebie- stieg bis 2017 auf 23 %; im Jahr 2018 kamen 3 weite- ten mit hoher FSME-Inzidenz verhindert werden.14 re Risikogebiete in Sachsen hinzu, und die Gesamt Als FSME-Risikogebiete werden Endemiegebiete impfquote für alle Risikogebiete Sachsens verrin- der FSME deklariert, in denen ein Erkrankungsrisi- gerte sich im selben Jahr auf 14 %. Insgesamt beste- ko für Personen mit Zeckenexposition besteht, das hen zwischen den 156 Risikogebieten des Jahres nach einer Übereinkunft von Experten präventive 2018 große Unterschiede bezüglich der Impfquo- Maßnahmen begründet. Das FSME-Erkrankungs ten, die zwischen 7,5 % und 38,5 % liegen (s. Abb. 13 risiko wird anhand der kreisbezogenen Inzidenz und Tab. 1). der nach IfSG gemeldeten und dem RKI übermit- telten FSME-Erkrankungen eingeschätzt.15 In allen Bundesländern ist die Impfquote in den Risikogebieten bei den sehr jungen Erwachsenen Die Verabreichung der FSME-Impfung wird auf am höchsten (s. Abb. 14). Bis zum Alter von rund Basis der jeweiligen Fachinformation empfohlen. 30 Jahren ist ein Abfallen der Impfquote zu beob- Dabei erfolgt die Grundimmunisierung mit 3 Impf- achten, bevor sie bis zum Alter von rund 40 Jahren stoffdosen. Auffrischungsimpfungen sind altersab- zunächst erneut ansteigt. Im Anschluss sind die hängig in der Regel nach 3 bzw. 5 Jahren fällig. Impfquoten mit zunehmenden Alter entweder zu- nächst fallend (Saarland), stagnierend (Baden- In den Jahren 2013 – 2018 ist die FSME-Impfquote Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz), leicht an- in den Bundesländern – und hier beschränkt auf als steigend (Hessen, Saarland) oder stark ansteigend Risikogebiet eingestufte Kreisregionen – entweder (Thüringen). Mit 60 Jahren zeigt sich in den Aus- 50 45 FSME-Impfquote in % 40 5050 35 4545 FSME‐Impfquote 4040 30 3535 25 FSME‐Impfquote 3030 2013 2013 20 2525 2014 2013 2014 2020 2014 15 2015 2015 1515 2015 2016 2016 10 1010 2016 2017 2017 2017 55 5 2018 00 2018 2018 0 Baden- Württemberg Bayern Hessen Rheinland- Pfalz Saarland Sachsen Thüringen Abb. 12 | FSME-Impfquoten von Personen aus FSME-Risikogebieten bei Personen ab einem Alter von 18 Jahren nach Bundesland, 2013 – 2018. Im Jahr 2013 keine Risikogebiete in Sachsen.
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 15 90,0 – 100,0 80,0 – 89,9 70,0 – 79,9 60,0 – 69,9 50,0 – 59,9 40,0 – 49,9 30,0 – 39,9 20,0 – 29,9 10,0 – 19,9 0,0 – 9,9 kein Risikogebiet Abb. 13 | FSME-Impfquoten von Personen aus FSME-Risikogebieten bei Personen ab einem Alter von 18 Jahren nach Kreisregion, 2018. Dargestellt sind die Bundesländer, für die im Jahr 2018 Risikogebiete ausgewiesen waren (Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Thüringen). Impfquoten in %. FSME-Impfquote in % 50 50 45 45 40 40 35 35 Baden‐Württemberg Baden-Württemberg 30 30 Bayern Bayern FSME‐Impfquote in % Baden‐Württemberg Hessen Bayern Hessen 25 25 Hessen Rheinland‐Pfalz Rheinland-Pfalz Rheinland‐Pfalz 20 20 Saarland Saarland Saarland Sachsen 15 15 Sachsen Thüringen Sachsen 10 10 Thüringen Thüringen 55 00 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80++ 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 Alter in Jahren Alter in Jahren Abb. 14 | FSME-Impfquoten von Personen in FSME-Risikogebieten ab einem Alter von 18 Jahren nach Alter und Bundesland, 2018. 80+ 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 Alter in Jahren
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 16 wertungen ein Abfall der Impfquote. Dies ist auf die ragen kam, zu einer verstärkten Aufmerksamkeit T Anwendung des kürzeren Auffrischungsintervalls und Nachfrage geführt.18 Zum anderen war die vor- in den Auswertungsdefinitionen für ausreichend herige Saison 2017/18 eine ungewöhnlich schwere geimpft (3 statt 5 Jahre ab einem Alter von 60 Jah- Influenza-Saison,19 so dass die Akzeptanz für die ren) zurückzuführen. Bei über 60-Jährigen zeigt Impfung in der Folgesaison höher war und damit sich in beinahe allen Bundesländern (Ausnahme die Inanspruchnahme stieg. Obwohl die Influenza- Saarland) ein weiterer Anstieg der Impfquote, die in Impfung für Personen im Alter ab 60 Jahren emp- sehr hohem Alter dann wieder rückläufig ist. fohlen ist, wird ein großer Zuwachs der Impfquote erst von der Altersgruppe der 60- bis 69-Jährigen hin zu 70- bis 79-Jährigen beobachtet. Zwar könnte 4. Diskussion der große Unterschied zwischen diesen beiden Al- Im vorliegenden Beitrag wird mit Daten der tersgruppen auch darin begründet sein, dass be- KV-Impfsurveillance erstmals zu Impfquoten aller triebliche Impfleistungen nicht in den Abrech- für Erwachsene empfohlenen Impfungen berichtet. nungsdaten der KVen erfasst werden und somit der Als gänzlich neu sind die Analysen zur Influenza- Altersbereich bis ca. 65 Jahren einer Untererfassung Impfung in der Schwangerschaft, zur Herpes- von Impfquoten unterliegt. Dem steht jedoch entge- zoster-Impfung sowie zur FSME-Impfung in das gen, dass bei Betrachtung der Impfquoten für ein- Analyse- und Publikationsspektrum der KV-Impfsur- zelne Altersjahre statt Altersgruppen kein Sprung veillance hinzugekommen. Auswertungen zur In- im Anstieg der Impfquote im Bereich um das anspruchnahme der Tetanus-, Diphtherie- und Renteneintrittsalter zu verzeichnen ist (Daten nicht Pertussis-Impfung wurden von uns zwar bereits an gezeigt). anderer Stelle veröffentlicht, sind nun aber Teil des Berichtsformats zu Impfquoten bei Erwachsenen In den korrespondierenden Altersgruppen der im Epidemiologischen Bulletin. Sie wurden für den Personen mit einer Indikation für eine Influenza- vorliegenden Bericht ebenso um aktuelle Daten er- Impfung aufgrund bestehender Grunderkran weitert und vervollständigt, wie die Analysen zur kungen sind die Impfquoten höher als bei allen Influenza-, Pneumokokken- und Masern-Impfung. ≥ 60-jährigen Personen, die eine Influenza-Imp- fung erhalten haben. Dennoch erreichen auch die Nach lange Zeit rückläufigen bzw. stagnierenden Impfquoten der Influenza-Impfung bei gesundheit- Impfquoten der Influenza-Standardimpfung sind licher Indikation in keiner Altersgruppe Werte, die diese in den letzten beiden Saisons wieder angestie- sich der 75 %-Zielvorgabe der EU annähern. Insge- gen. Gleichwohl wird die Impfung von Personen ab samt sind in allen untersuchten Saisons weniger als einem Alter von 60 Jahren noch immer unzurei- die Hälfte der ≥ 18-Jährigen mit gesundheitlicher chend in Anspruch genommen. Die Europäische Impfindikation gegen die saisonale Influenza Union (EU) hat in einer Resolution das Ziel defi- geimpft. Ein wesentlicher Sprung der Impfquote ist niert, dass bis zum Jahr 2015 in allen Mitgliedstaa- hier zur Altersgruppe der 60- bis 69- sowie dann ten unter älteren Personen eine Influenza-Impf zur Gruppe der 70- bis 79-Jährigen zu beobachten. quote von mindestens 75 % erreicht werden soll.16 Sehr wahrscheinlich beruht dies auf dem Vorliegen Diese Zielvorgabe ist auch im Nationalen Impfplan der doppelten Impfindikation aus gesundheitlichen für Deutschland entsprechend übernommen.17 und altersbedingten Gründen. Ein bundesweiter Doch nach wie vor werden diese Zielvorgaben in Survey zur Untersuchung von Impfquoten bei Deutschland bisher von keinem Bundesland und in Erwachsenen mit impfrelevanten Grunderkrankun- keiner Altersgruppe der älteren Erwachsenen er- gen identifizierte ebenfalls wesentlich geringere reicht. Der beobachtete Anstieg zur Saison 2018/19 Impfquoten in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen hat sich auch 2019/20 fortgesetzt – und zwar so- im Vergleich zu Personen ab einem Alter von wohl bei der Standardimpfung als auch bei den 60 Jahren.20 In dem Survey konnten die individuelle Indikationsimpfungen. Zum einen hatte vermutlich Wahrnehmung von Impfeffektivität und Schwere die STIKO-Empfehlung für einen quadrivalenten einer Influenza-Erkrankung sowie das wahrgenom- Impfstoff, die erstmals in Saison 2018/19 zum mene Risiko, an einer Influenza mit schwerem Ver-
Epidemiologisches Bulletin 47 | 2020 19. November 2020 17 lauf zu erkranken, als mit der Entscheidung für I nfluenza-Standard- und -Indikationsimpfungen er- oder gegen eine Impfung assoziierte Hauptfaktoren reichen auch die Influenza-Impfquoten bei Kran- identifiziert werden. kenhauspersonal einen im Vergleich zur Vorsaison höheren Wert in Saison 2018/19. Das Niveau, das Die im vorliegenden Beitrag beobachtete flächen mit dem beobachteten Anstieg der Impfquoten er- deckende Zunahme der Impfquote bei Frauen mit reicht wurde, zeigt sich auch in der Saison 2019/20 Impfindikation Schwangerschaft, insbesondere in für alle Berufsgruppen. Dabei bleibt die Ärzteschaft den jüngsten untersuchten drei Saisons 2017/18 – die mit Abstand am besten geimpfte Berufsgruppe. 2019/20, ist ein positiver Befund und zeigt, dass Das Pflegepersonal weist zwar in den Saisons diese Empfehlung zunehmend in die öffentliche 2018/19 und 2019/20 eine im Vergleich zu den Vor- Wahrnehmung rückt. Trotzdem bleibt die Inan- saisons deutlich höhere Impfquote auf, doch weiter- spruchnahme insgesamt noch unzureichend und hin bleibt mehr als die Hälfte ungeimpft. Der Anteil weist beträchtliche regionale Unterschiede auf. Bis- geimpfter Personen ist für Pflegepersonal nicht hö- lang liegen nur wenige Erkenntnisse zur Umset- her als der anderer Berufsgruppen in den Kliniken zung der seit 2010 bestehenden STIKO-Empfeh- (beispielsweise VerwaltungsmitarbeiterInnen, me- lung vor. Bätzing et al. publizierten flächendecken- dizinisch-technisches Personal und Laborpersonal), de Daten zur Influenza-Impfquote bei Schwange- obgleich der PatientInnenkontakt in den meisten ren für den Zeitraum 2010 – 2014, ebenfalls Fällen intensiver und nosokomiale Infektionen da- basierend auf vertragsärztlichen Abrechnungs mit wahrscheinlicher werden. daten.21 Trotz einer sehr unterschiedlichen metho- dischen Herangehensweise weisen die Ergebnisse Die Quoten der Pneumokokken-Standardimpfung von Bätzing et al. und die im vorliegenden Bericht fallen im Vergleich zur Influenza-Impfung wesent- für den gleichen Berichtszeitraum eine sehr hohe lich niedriger aus, wie ein Vergleich der analysier- Übereinstimmung auf (Impfquote Bätzing et al. für ten Altersgruppen der 60- bis 67-Jährigen (Pneu- 2014: 9,2%; Impfquote im vorliegenden Beitrag für mokokken) und 60- bis 69-Jährigen (Influenza) Saison 2014/15: 9,0%). Auf Ebene der KVen betru- zeigt. Die Inanspruchnahme der Pneumokok- gen die Abweichungen in der Impfquote in den ken-Impfung ist in den ersten Altersjahren des meisten Fällen 1 – 3% (11,7 % vorliegend vs. 12,9 % empfohlenen Impfalters sehr gering, und die Quo- in Bätzing et al.21). In einer 2012 – 2014 durchge- ten liegen im einstelligen Bereich. Die Inanspruch- führten bundesweiten Studie betrug die Influenza- nahme steigt dann um die 70 Jahre deutlicher an Impfquote unter 838 in die Analyse eingeschlosse- (auf 25% und mehr), so wie dies auch bei der Influ- nen schwangeren Frauen 11%.22 In dieser Gruppe enza-Impfung zu beobachten ist. Auch die Impf- war das empfundene Risiko für Impfkomplikatio- quoten der Pneumokokken-Indikationsimpfung nen höher als das Risiko, das von einer Influenza- sind wesentlich geringer als die Werte der Erkrankung ausgeht. Zudem waren die Kenntnis Influenza-Indiaktionsimpfung. Sie liegen bei den um die Impfempfehlung und eine positive Einstel- ≥ 18-Jährigen je nach Saison um das 2- bis 3-Fache lung des betreuenden Gynäkologen in Bezug auf unter den Werten der Influenza- Indikations die Schwangeren-Impfung s ignifikant mit höheren impfung. Der Sprung der Impfquote von der Grup- Impfquoten assoziiert. pe der 50- bis 59-Jährigen zu den 60- bis 69-Jähri- gen ist besonders ausgeprägt und liegt beim ca. 2- Bisherige Studien zeigen, dass die Influenza- bis 4-Fachen. Offenbar ist auch dieser Unterschied Impfung von medizinischem Personal nur unzurei- in der dann vorliegenden doppelten Indikation für chend in Anspruch genommen wird.23,24 Die Online eine Pneumokokken-Impfung begründet. In späte- befragung von Krankenhauspersonal zur Influenza- ren Altersjahren (mit 80 Jahren und älter) sinkt die Impfung (OKaPII) ist das bundesweit einzige Impfquote dann wieder. Da die im vorliegenden Impfquoten-Monitoringsystem für medizinisches Beitrag berechnete Impfquote der Indikations-Imp- Personal und gibt zudem Einblicke in die Impf fung die Inanspruchnahme innerhalb der jeweils motivation der einzelnen Berufsgruppen. Wie bei vergangenen 6 Jahre beschreibt, ist zu vermuten, den beschriebenen Trends der Impfquoten der dass in vielen Fällen der Eintritt in den für die Stan-
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