Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI

Die Seite wird erstellt Karl Siegel
 
WEITER LESEN
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN
                ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH

   9 Epidemiologisches
2022 Bulletin
 3. März 2022

                FSME-Risikogebiete in Deutschland
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin           9 | 2022       3. März 2022                                                          2

  Inhalt

  FSME: Risikogebiete in Deutschland (Stand: Januar 2022)                                                                     3
  In Deutschland besteht ein Risiko für eine FSME-Infektion vor allem in Bayern und Baden-Württemberg,
  in Südhessen, im südöstlichen Thüringen und in Sachsen. Einzelne Risikogebiete befinden sich zudem in
  Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Niedersachsen.
  Nun kommen sechs neue Risikogebiete hinzu, von denen vier an bekannte Risikogebiete grenzen. Erst­malig
  in Brandenburg werden drei Kreise Risikogebiet (LK Oberspreewald-Lausitz, LK Oder-Spree und LK Spree-
  Neiße), erstmalig in Nordrhein-Westfalen wird der Stadtkreis (SK) Solingen Risikogebiet und in Sachsen
  kommen zwei Kreise hinzu (SK Chemnitz und LK Görlitz). Somit sind aktuell 175 Kreise als FSME-Risiko-
  gebiete definiert.
  Im Jahr 2021 wurden insgesamt 390 FSME-Erkrankungen übermittelt (Stand: 21.01.2022). Dies entsprach
  einer Abnahme von 45 % gegenüber dem Rekordwert im Vorjahr (712 FSME-Erkrankungen). Durch einen
  technischen Fehler konnten jedoch etwa 5 % der 2021 gemeldeten FSME-Erkrankungen nicht gezählt werden.

  Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten: 8. Woche 2022                                                    23

  Monatsstatistik nichtnamentlicher Meldungen ausgewählter Infektionen: Dezember 2021                                         26

  Impressum
  Herausgeber                                                      Allgemeine Hinweise/Nachdruck
  Robert Koch-Institut                                             Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung:
  Nordufer 20, 13353 Berlin                                        www.rki.de/epidbull
  Telefon: 030 18754 – 0
  E-Mail: EpiBull@rki.de                                           Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise
                                                                   die Meinung des Robert Koch-Instituts wider.
  Redaktion
  Dr. med. Jamela Seedat                                           Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons
  Dr. med. Maren Winkler, Heide Monning (Vertretung)               Namensnennung 4.0 International Lizenz.

  Redaktionsassistenz
  Nadja Harendt
  Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung)
                                                                   ISSN 2569-5266

         Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin      9 | 2022      3. März 2022                                                   3

  FSME: Risikogebiete in Deutschland
  (Stand: Januar 2022)

  In dieser Ausgabe des Epidemiologischen Bulletins          Risiko einer schweren Erkrankung deutlich erhöht
  (Epid Bull) wird – in Übereinstimmung mit den              ist. Die Mehrzahl (99 %) der 2021 übermittelten
  diesbezüglichen Ausführungen in den Empfehlun-             FSME-Erkrankten war gar nicht oder unzureichend
  gen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim              geimpft, d. h. die Grundimmunisierung war unvoll-
  Robert Koch-Institut (RKI) – eine aktualisierte Dar-       ständig oder Auffrischimpfungen fehlten. Ein hoher
  stellung der Risikogebiete der Frühsommer-Menin-           Anteil der auftretenden FSME-Erkrankungen könn-
  goenzephalitis (FSME) in Deutschland in einer Ein-         te wahrscheinlich durch eine Steigerung der Impf-
  teilung nach Kreisgebieten als Grundlage für ge-           quoten insbesondere in Risikogebieten mit hoher
  zielte präventive Maßnahmen publiziert. Sie beruht         FSME-Inzidenz verhindert werden.
  auf den gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) dem
  RKI übermittelten FSME-Erkrankungsdaten aus
  den Jahren 2002 – 2021. Diese Karte ersetzt die Kar-       Hintergrund
  te der Risikogebiete vom März 2021.1                       Die FSME und verwandte Virusenzephalitiden wer-
                                                             den durch das TBE-(Tick-Borne Encephalitis-)Virus
                                                             verursacht. Weltweit gibt es drei relevante Virussub-
  Zusammenfassung                                            typen: den europäischen, den sibirischen und den
  In Deutschland besteht ein Risiko für eine FSME-           fernöstlichen Subtyp. TBE ist der englische Überbe-
  Infektion vor allem in Bayern und Baden-Württem-           griff für alle Subtypen, der deutsche Begriff „FSME“
  berg, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen und          bezeichnet die Erkrankung mit dem europäischen
  in Sachsen. Einzelne Risikogebiete befinden sich           Subtyp. Der typische Verlauf einer FSME-Erkran-
  zudem in Mittelhessen (Landkreis (LK) Marburg-             kung ist biphasisch und beginnt mit unspezifischen
  Biedenkopf), im Saarland (LK Saarpfalz-Kreis), in          Krankheitszeichen wie Kopfschmerzen und Fieber
  Rheinland-Pfalz (LK Birkenfeld) und in Niedersach-         (Inkubationszeit meist 7 – 14 Tage). Nach einem kur-
  sen (LK Emsland). Nun kommen sechs neue Risiko-            zen symptomfreien Intervall von ca. einer Woche
  gebiete hinzu, von denen vier an bekannte Risiko-          folgen die spezifischen neurologischen Manifestatio­
  gebiete grenzen. Erstmalig in Brandenburg werden           nen der FSME (Meningitis, Enzephalitis, Myelitis).
  drei Kreise Risikogebiet (LK Oberspreewald-Lausitz,        Verläufe mit nur einer Krankheitsphase kommen
  LK Oder-Spree und LK Spree-Neiße), erstmalig in            auch vor. Schätzungen zufolge verlaufen jedoch
  Nordrhein-Westfalen wird der Stadtkreis (SK) Solin-        70 – 95 % der Infektionen asymptomatisch oder die
  gen Risikogebiet und in Sachsen kommen zwei                zweite Krankheitsphase bleibt aus.2,3
  Kreise hinzu (SK Chemnitz und LK Görlitz). Somit
  sind aktuell 175 Kreise als FSME-Risikogebiete de-         Das TBE-Virus wird meist durch Zecken auf den
  finiert. Es wurden auch in Bundesländern ohne              Menschen übertragen, in Deutschland durch die
  FSME-Risikogebiete vereinzelt FSME-Erkrankun-              Spezies Ixodes ricinus. Übertragungen durch den
  gen beobachtet, sodass besonders während der               Verzehr von Rohmilch(-produkten) sind möglich,
  ­Zeckensaison bei entsprechender Symptomatik               aber selten. Als FSME-Risikogebiete werden Ende-
   überall in Deutschland differenzialdiagnostisch an        miegebiete der FSME deklariert, in denen für Per-
   FSME gedacht werden sollte.                               sonen mit Zeckenexposition ein Erkrankungsrisiko
                                                             besteht, welches nach Übereinkunft von Fachleuten
  Die STIKO empfiehlt eine FSME-Impfung für Per-             präventive Maßnahmen begründet. Im Vorder-
  sonen, die in FSME-Risikogebieten zeckenexponiert          grund steht die effektive FSME-Impfung für die Be-
  sind. Auch in Risikogebieten sind die Impfquoten           völkerung, Besuchende und beruflich Tätige in Ri-
  weiterhin auf niedrigem Niveau, insbesondere bei           sikogebieten, die durch den Aufenthalt im Grünen
  Personen im Alter über 60 Jahren, bei denen das            ­zeckenexponiert sind.
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin                9 | 2022         3. März 2022                                                             4

  Das FSME-Erkrankungsrisiko wird anhand der                               zende Indikatoren hilfreich, um ein fortbestehendes
  kreisbezogenen Inzidenz der nach IfSG gemeldeten                         Infektionsrisiko für Nichtgeimpfte abzuschätzen.
  und dem RKI übermittelten FSME-Erkrankungen                              Daher haben die Erfassung von Impfquoten einen
  eingeschätzt.4 Aufgrund der kreisbezogenen Melde-                        hohen Stellenwert, ebenso die Evaluation weiterer
  pflicht ist es dabei nicht möglich, das Risiko klein-                    Indikatoren für das FSME-Erkrankungsrisiko, wie
  räumiger als auf Kreisebene abzubilden. Kreise                           z. B. die Bestimmung der Infektion bei Tieren (s. u.).
  ­variieren jedoch in ihrer Größe und sind Kreisge-
   bietsreformen unterworfen. FSME-Herde sind oft-
   mals kleinräumig,5 sodass das FSME-Risiko auch                          Zur FSME-Situation in Deutschland
   innerhalb von Kreisen mit insgesamt niedriger In-                       im Jahr 2021
   zidenz stark schwanken kann. Diesbezüglich liegen                       Im Jahr 2021 wurden insgesamt 390 FSME-Erkran-
   den Gesundheitsämtern – auch in Kreisen, die nicht                      kungen übermittelt, die die Referenzdefinition des
   als FSME-Risikogebiete definiert sind – unter Um-                       RKI erfüllten (Stand: 21.01.2022). Dies entsprach ei-
   ständen detailliertere Daten vor, die für Beratungen                    ner Abnahme von 45 % gegenüber dem Rekordwert
   von Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko, z. B.                      im Vorjahr (712 FSME-Erkrankungen). Durch einen
   Forstbedienstete, herangezogen werden können.                           technischen Fehler konnten jedoch etwa 5 % der
                                                                           2021 gemeldeten FSME-Erkrankungen nicht ge-
  Derzeit bleibt die Surveillance menschlicher FSME-                       zählt werden. Die tatsächliche Anzahl der 2021
  Erkrankungen die bestmögliche Grundlage zur Ein-                         übermittelten FSME-Erkrankungen wird in folgen-
  schätzung des humanen Erkrankungsrisikos. Sollte                         den Publikationen korrigiert. Die jährliche Fallzahl
  die Inzidenz jedoch aufgrund steigender Impfquo-                         seit 2001 schwankte stark zwischen 195 (2012) und
  ten in einzelnen Gebieten abnehmen, wären ergän-                         712 (2020), im Median 313. Bei 52 % der 2021 über-

  Übermittelte FSME-Erkrankungen/100.000 Einwohner

  5,0
                        Durchschnitt 2017 – 2020                           2021
  4,5

  4,0

  3,5

  3,0

  2,5

  2,0

  1,5

  1,0

  0,5

  0,0
         ♂    ♀     ♂     ♀    ♂     ♀      ♂     ♀    ♂    ♀    ♂    ♀     ♂     ♀    ♂    ♀    ♂    ♀    ♂    ♀    ♂      ♀   ♂       ♀
           0–4        5–9       10 – 14      15 – 19   20 – 24   25 – 29     30 – 39   40 – 49   50 – 59   60 – 69       70 +   Gesamt

  Abb. 1 | An das RKI übermittelte FSME-Erkrankungen (nach IfSG) aus Baden-Württemberg und Bayern pro 100.000 Einwohner
  nach Altersgruppe und Geschlecht, 2017 – 2021
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin                9 | 2022       3. März 2022                                                         5

                     mittelten Erkrankungen wurde ein klinisches Bild                         zahl im Juni auf; im Jahr 2021 wurden jedoch im Juli
                     mit neurologischen Manifestationen einer Meningi-                        die meisten Erkrankungen nach IfSG übermittelt.
                     tis, Enzephalitis oder Myelitis angegeben. Dies ent-
                     spricht dem Anteil des Vorjahres 2020 (50 %). Drei                       Von den im Jahr 2021 übermittelten Fällen wurde
                     Personen verstarben an ihrer FSME-Erkrankung,                            bei 338 Fällen nur Deutschland als mögliches Infek-
                     zwei davon im Alter von über 80 Jahren und eine                          tionsland genannt. Bei drei Fällen wurden zusätz-
                     Person mit Vorerkrankungen in der Altersgruppe                           lich Österreich und Schweden als weitere mögliche
                     20 – 25 Jahre.                                                           Infektionsländer angegeben. Bei zwölf Fällen wur-
                                                                                              den ausschließlich mögliche Infektionsländer au-
                     Die durchschnittliche FSME-Inzidenz steigt ab                            ßerhalb Deutschlands angegeben: sechsmal Öster-
                     dem Alter von 40 Jahren deutlich an (s. Abb. 1) und                      reich und je einmal Ägypten, Estland, Frankreich,
                     ist größer bei männlichen als bei weiblichen Perso-                      Kroatien, Schweden und die Schweiz. Für 37 Fälle
                     nen (2021: 1,6 vs. 0,9 Erkrankungen/100.000 Ein-                         (9,5 %) wurde keine Angabe zum Infektionsland ge-
                     wohner). Im Jahr 2021 war die Inzidenzverteilung                         macht.
                     nach Alter und Geschlecht ähnlich wie in den Vor-
                     jahren, wenn auch mit insgesamt niedrigerer Fall-                        Für 335 Fälle wurde wenigstens je ein vermutlicher
                     zahl (s. Abb. 1).                                                        Infektionsort (Kreis) in Deutschland angegeben. Es
                                                                                              wurden insgesamt 118 (Vorjahr: 135) verschiedene
                     Die Mehrzahl der FSME-Erkrankungen findet in                             Kreise als Infektionsorte genannt (340 Nennungen;
                     den Monaten Mai bis Oktober statt, so auch im Jahr                       in drei Fällen wurden zwei und in einem Fall drei
                     2021 (s. Abb. 2). Üblicherweise tritt die höchste Fall-                  mögliche Infektionsorte genannt). Die Nennungen
                                                                                              verteilen sich wie folgt auf die Bundesländer: 154

                     Übermittelte FSME-Fälle

                     200
                                       Median
                                       Median             Mittlere 50%      Min-Max          Nur 2020
                       Median           Mittlere50
                                       Mittlere  50%
                                                   %            Min-Max     Nur 2020
          Median       Mittlere 50%   Min-Max
                                       Min-Max Nur 2020
Mittlere 50%          Min-Max
                     150
                                       Nur
                                       Nur2020
                                           2021

                     100

                      50

                       0

                              Jan       Feb       März           April    Mai         Juni       Juli    Aug       Sep      Okt        Nov           Dez

                                                                                                                           Monat des Erkrankungsbeginns

                     Abb. 2 | Verteilung der von 2001–2021 übermittelten FSME-Fälle (n= 7.602) nach Monat der Erkrankung, mit Hervorhebung des
                     Jahres 2021. Die dunkelblaue Fläche stellt die mittleren 50 % der Datenpunkte dar.
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin      9 | 2022       3. März 2022                                                    6

  (45,3 %) auf Bayern, 124 (36,5 %) auf Baden-Würt-           ▶▶ 12 Kreise in Thüringen (unverändert)
  temberg, 24 (7,1 %) auf Sachsen, 9 (2,6 %) auf Hes-         ▶▶ 10 Kreise in Hessen (unverändert)
  sen, 7 (2,1 %) auf Thüringen, jeweils 6 (1,8 %) auf         ▶▶ 10 Kreise in Sachsen (2 zusätzliche Kreise:
  Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, 5 (1,5 %)               SK Chemnitz, LK Görlitz)
  auf Brandenburg, je 2 (0,6 %) auf Sachsen-Anhalt            ▶▶ 3 Kreise in Brandenburg (3 zusätzliche Kreise:
  und Berlin und 1 (0,3 %) auf Rheinland-Pfalz. Bei              LK Oberspreewald-Lausitz, LK Oder-Spree,
  310 (93 %) der 335 Fälle mit Angabe eines Infektions-          LK Spree-Neiße)
  ortes in Deutschland ist dieser auch der Kreis des          ▶▶ 1 Kreis in Niedersachsen (unverändert)
  Wohnortes. Dieser Anteil lag in den Jahren 2020             ▶▶ 1 Kreis in Nordrhein-Westfalen
  und 2021 nur leicht über dem der Vorjahre (2019                (1 zusätzlicher Kreis: SK Solingen)
  und 2018 jeweils 89 %), d. h. auch während der              ▶▶ 1 Kreis in Rheinland-Pfalz (unverändert)
  ­Coronavirus Disease 2019-(COVID-19-)Pandemie               ▶▶ 1 Kreis im Saarland (unverändert)
   gab es keine wesentliche Veränderung im Anteil der         ▶▶ 1 Kreis in Sachsen-Anhalt (unverändert)
   FSME-Infektionen, die außerhalb des Wohnkreises
   erworben wurden.                                           In Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen sind
                                                              nur folgende Kreise somit keine FSME-Risiko­
  Im Jahr 2021 lagen bei 347 Erkrankten (90 %) An-            gebiete:
  gaben zur möglichen Infektionsquelle vor. Davon             ▶▶ Baden-Württemberg: SK Heilbronn
  gaben 211 Fälle (61 %) einen Zeckenstich an, 7 Fälle        ▶▶ Bayern: SK Augsburg, LK Fürstenfeldbruck,
  (2 %) Rohmilchverzehr und 6 Fälle (2 %) sowohl ei-              SK München, SK Schweinfurt
  nen Zeckenstich als auch Rohmilchverzehr. Bei 123           ▶▶ Sachsen: SK Leipzig, LK Leipzig,
  Fällen (35 %) lagen weder Zeckenstiche noch der                 LK Nordsachsen
  Verzehr von Rohmilch während des Expositionszeit-
  raums vor. Der überwiegende Teil der FSME-                  Die aktuellen Ergebnisse der für den Zeitraum
  Erkrankungen wird demnach durch Zeckenstiche                2002 – 2021 ausgewerteten Daten bestätigen somit
  übertragen, wobei etwa ein Drittel der Erkrankten           weiterhin die Existenz größerer, weitgehend zusam-
  den Stich vermutlich nicht bemerkte. Ein kleiner            menhängender FSME-Naturherde im Süden und in
  Anteil der Erkrankungen könnte möglicherweise               der Mitte Deutschlands, vor allem in Baden-Würt-
  mit dem Verzehr infizierter Milch in Zusammen-              temberg, Bayern, Südhessen, im südlichen Thürin-
  hang stehen. Seit Beginn der Erfassung der FSME             gen und in Sachsen. Bemerkenswert ist, dass nach
  nach IfSG im Jahr 2001 wurde erstmals im Jahr               dem ersten sächsischen Risikogebiet im Jahr 2014
  2016 eine FSME-Erkrankung durch den Verzehr in-             aktuell bereits zehn aller 13 sächsischen Kreise Risi-
  fizierter Ziegenmilch (verzehrt als Milch und Frisch-       kogebiete sind. Die zwei im Jahr 2022 neu hinzuge-
  käse) in Baden-Württemberg erworben. Im Jahr                kommenen sächsischen Risikogebiete grenzen an
  2017 wurde eine weitere Häufung mit insgesamt               bestehende Risikogebiete. Ebenso grenzen zwei der
  acht FSME-Erkrankungen bei Personen, die Ziegen-            drei neu hinzugekommenen Kreise in Brandenburg
  rohmilch getrunken hatten, an das RKI übermittelt.          (LK Oberspreewald-Lausitz und LK Spree-Neiße) an
  Die Rohmilchproben waren negativ für das Virus,             sächsische Risikokreise. Das dritte brandenburgi-
  aber es wurden FSME-Antikörper bei einer der Zie-           sche Risikogebiet LK Oder-Spree grenzt nicht an be-
  gen nachgewiesen. Bei keiner Person wurden Symp­            stehende Risikogebiete, dort traten jedoch in den
  tome des zentralen Nervensystems (ZNS) angege-              letzten Jahren vermehrt autochthone Erkrankungen
  ben, jedoch wurde eine Person hospitalisiert.               auf (s. Tab. 2). Auch im ersten Risikogebiet in Nord-
                                                              rhein-Westfalen, SK Solingen, traten zuletzt ver-
                                                              mehrt Fälle auf (s. Tab. 2).
  Aktuelle Änderungen im Jahr 2022
  Insgesamt sind aktuell 175 Kreise als FSME-Risiko-          Auch außerhalb dieser Risikogebiete treten Einzel-
  gebiete ausgewiesen (s. Abb. 3 und Tab. 1):                 fälle in nördlichen und westlichen Regionen
  ▶▶ 92 Kreise in Bayern (unverändert)                        Deutschlands auf. In den 1960er Jahren war es zu-
  ▶▶ 43 Kreise in Baden-Württemberg (unverändert)             dem auch z. B. in Mecklenburg-Vorpommern und
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin          9 | 2022         3. März 2022                                                          7

                                         Schleswig-Holstein

                                                                    Mecklenburg-Vorpommern
                                                 Hamburg

                                    Bremen

                                         Niedersachsen
                                                                                          Berlin

                                                                                            Brandenburg

                                                              Sachsen-Anhalt

           Nordrhein-Westfalen
                                                                                Sachsen
                                                      Thüringen
                                        Hessen

         Rheinland-Pfalz

              Saarland
                                                                    Bayern

                             Baden-Württemberg

  Abb. 3 | FSME-Risikogebiete in Deutschland
  (Basis: dem RKI übermittelte FSME-Erkrankungen in den Jahren 2002 – 2021 mit genanntem Infektionsort in einem Kreis in
  Deutschland, n = 6.442; Stand: 21.01.2022); siehe Tabelle 1 für namentliche Angaben der Stadt- und Landkreise

       Ein Kreis wird als FSME-Risikogebiet definiert, wenn die Anzahl der übermittelten FSME-Erkrankungen in mindestens
       einem der 16 Fünfjahreszeiträume im Zeitraum 2002 – 2021 im Kreis ODER in der Kreisregion (bestehend aus dem
       betreffenden Kreis plus allen angrenzenden Kreisen) signifikant (p < 0,05) höher liegt als die bei einer Inzidenz von
       1 Erkrankung pro 100.000 Einwohner erwartete Fallzahl.
       Kreise, die im Jahr 2022 zum Risikogebiet ausgewiesen werden: SK Chemnitz, LK Görlitz, LK Oberspreewald-Lausitz,
       LK Oder-Spree, LK Spree-Neiße, SK Solingen
       Kein Risikogebiet
       Kreise, die in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen keine Risikogebiete sind: Baden-Württemberg: SK Heilbronn;
       Bayern: SK Augsburg, LK Fürstenfeldbruck, SK München, SK Schweinfurt; Sachsen: SK Leipzig, LK Leipzig, LK Nordsachsen
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin          9 | 2022             3. März 2022                                                               8

                                                    Kreis (LK = Landkreis/SK = Stadtkreis)

     Baden-Württemberg             Bayern (Fortsetzung)                  Bayern (Fortsetzung)             Hessen
     LK Alb-Donau-Kreis            LK Amberg-Sulzbach                    LK Lindau                        LK Bergstraße
     SK Baden-Baden                SK Ansbach                            LK Main-Spessart                 SK Darmstadt
     LK Biberach                   LK Ansbach                            SK Memmingen                     LK Darmstadt-Dieburg
     LK Böblingen                  SK Aschaffenburg                      LK Miesbach                      LK Fulda
     LK Bodenseekreis              LK Aschaffenburg                      LK Miltenberg                    LK Groß-Gerau
     LK Breisgau-Hochschwarzwald   LK Augsburg                           LK Mühldorf a. Inn
                                                                                                          LK Main-Kinzig-Kreis
     LK Calw                       LK Bad Kissingen                      LK München
                                                                                                          LK Marburg-Biedenkopf
     LK Emmendingen                LK Bad Tölz-Wolfratshausen            LK Neuburg-Schrobenhausen
                                                                                                          LK Odenwaldkreis
     LK Enzkreis                   SK Bamberg                            LK Neumarkt i. d. OPf.
                                                                                                          SK Offenbach
     LK Esslingen                  LK Bamberg                            LK Neustadt a. d. Waldnaab
                                                                                                          LK Offenbach
     SK Freiburg i. Breisgau       SK Bayreuth                           LK Neustadt/
                                                                         Aisch-Bad Windsheim              Niedersachsen
     LK Freudenstadt               LK Bayreuth
                                                                         LK Neu-Ulm                       LK Emsland
     LK Göppingen                  LK Berchtesgadener Land
     SK Heidelberg                 LK Cham                               SK Nürnberg                      Nordrhein-Westfalen

     LK Heidenheim                 SK Coburg                             LK Nürnberger Land               SK Solingen
     LK Heilbronn                  LK Coburg                             LK Oberallgäu                    Rheinland-Pfalz
     LK Hohenlohekreis             LK Dachau                             LK Ostallgäu                     LK Birkenfeld
     SK Karlsruhe                  LK Deggendorf                         SK Passau                        Saarland
     LK Karlsruhe                  LK Dillingen a. d. Donau              LK Passau                        LK Saarpfalz-Kreis
     LK Konstanz                   LK Dingolfing-Landau                  LK Pfaffenhofen a. d. Ilm
                                                                                                          Sachsen
     LK Lörrach                    LK Donau-Ries                         LK Regen
                                                                                                          LK Bautzen
     LK Ludwigsburg                LK Ebersberg                          SK Regensburg
                                                                                                          SK Chemnitz
     LK Main-Tauber-Kreis          LK Eichstätt                          LK Regensburg
                                                                                                          SK Dresden
     SK Mannheim                   LK Erding                             LK Rhön-Grabfeld
                                                                                                          LK Erzgebirgskreis
     LK Neckar-Odenwald-Kreis      SK Erlangen                           SK Rosenheim
                                                                                                          LK Görlitz
     LK Ortenaukreis               LK Erlangen-Höchstadt                 LK Rosenheim
                                                                                                          LK Meißen
     LK Ostalbkreis                LK Forchheim                          LK Roth
                                                                                                          LK Mittelsachsen
     SK Pforzheim                  LK Freising                           LK Rottal-Inn
                                                                         SK Schwabach                     LK Sächsische Schweiz-
     LK Rastatt                    LK Freyung-Grafenau                                                    Osterzgebirge
     LK Ravensburg                 SK Fürth                              LK Schwandorf
                                                                                                          LK Vogtlandkreis
     LK Rems-Murr-Kreis            LK Fürth                              LK Schweinfurt
                                                                                                          LK Zwickau
     LK Reutlingen                 LK Garmisch-Partenkirchen             LK Starnberg
                                                                                                          Sachsen-Anhalt
     LK Rhein-Neckar-Kreis         LK Günzburg                           SK Straubing
                                                                                                          SK Dessau-Roßlau
     LK Rottweil                   LK Haßberge                           LK Straubing-Bogen
                                                                         LK Tirschenreuth                 Thüringen
     LK Schwäbisch Hall            SK Hof
                                                                         LK Traunstein                    SK Gera
     LK Schwarzwald-Baar-Kreis     LK Hof
     LK Sigmaringen                                                      LK Unterallgäu                   LK Greiz
                                   SK Ingolstadt
     SK Stuttgart                                                        SK Weiden i. d. OPf.             LK Hildburghausen
                                   SK Kaufbeuren
     LK Tübingen                                                         LK Weilheim-Schongau             LK Ilm-Kreis
                                   LK Kelheim
     LK Tuttlingen                                                       LK Weißenburg-Gunzenhausen       SK Jena
                                   SK Kempten
     SK Ulm                                                                                               LK Saale-Holzland-Kreis
                                   LK Kitzingen                          LK Wunsiedel i. Fichtelgebirge
     LK Waldshut                                                                                          LK Saale-Orla-Kreis
                                   LK Kronach                            SK Würzburg
     LK Zollernalbkreis                                                                                   LK Saalfeld-Rudolstadt
                                   LK Kulmbach                           LK Würzburg
     Bayern                                                                                               LK Schmalkalden-Meiningen
                                   LK Landsberg a. Lech                  Brandenburg
     LK Aichach-Friedberg          SK Landshut                           LK Oberspreewald-Lausitz         LK Sonneberg

     LK Altötting                  LK Landshut                           LK Oder-Spree                    SK Suhl
     SK Amberg                     LK Lichtenfels                        LK Spree-Neiße                   LK Weimarer Land

  Tab. 1 | Land- und Stadtkreise (n = 175), die im Jahr 2022 als FSME-Risikogebiete ausgewiesen werden, nach Bundesland; neue
  Risikogebiete sind grau hinterlegt (Stand 21.01.2022)
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin       9 | 2022       3. März 2022                                                      9

  in Brandenburg vermehrt zu FSME-Infektionen ge-
                                                                In fünf Kreisen in Rheinland-Pfalz (LK Alzey-Worms,
  kommen, diese Bundesländer weisen in den letzten
                                                                LK Germersheim, LK Rhein-Pfalz-Kreis, SK Speyer,
  Jahren aber nur noch Einzelfälle auf.6                        SK Worms) wurde eine signifikant erhöhte FSME-
                                                                Inzidenz in der Kreisregion, nicht jedoch in dem
  In 131 Kreisen wurde in mindestens einem Fünfjah-             Kreis beobachtet. In diesen Kreisen sind noch nie
  reszeitraum zwischen 2002 – 2020 eine Inzidenz                autochthone Fälle aufgetreten. Sie grenzen zwar for-
  berechnet, die signifikant höher als 1 Erkrankung/            mal an Risikogebiete in Baden-Württemberg und
  100.000 Einwohner war. Weitere 48 Kreise wurden               Hessen, sind von diesen jedoch durch den Rhein ge-
  allein aufgrund einer in mindestens einem Fünfjah-            trennt. Weil der Rhein in dieser Region eine plausible
  reszeitraum (s. o.) signifikant erhöhten Fünf­jah­res­        natürliche Grenze für Naturherde darstellt, wurden
  inzidenz (> 1 Erkrankungen/100.000 Einwohner) in              diese fünf Kreise nicht zu Risikogebieten erklärt.
  der Kreisregion als Risikogebiete definiert. Abgese-
  hen von fünf Kreisen in Rheinland-Pfalz, die nicht
  als Risikogebiete ausgewiesen wurden (s. Kasten
                                                                Ein Kreis wurde abweichend von den Berechnungen
  oben auf dieser Seite), wurden alle diese Kreise seit         als Risikogebiet ausgewiesen. Im LK Aichach-Fried-
  1984 mindestens einmal als Infektionsort genannt.             berg, der im Jahr 2005 als Risikogebiet ausgewiesen
  Darüber hinaus wurde wie in den Vorjahren ein wei-            wurde, lag die Inzidenz in allen o. g. Zeiträumen we-
  terer Kreis abweichend von den Berechnungen als               der im Kreis selbst, noch in der Kreisregion signi­
  Risikogebiet ausgewiesen (s. Kasten unten auf dieser          fikant höher als 1  Erkrankung/100.000 Einwohner.
  Seite).                                                       Vor dem Hintergrund der im Vergleich zu 2006 im-
                                                                mer noch höheren Impfquoten wird dieser jedoch
                                                                weiterhin für den festgelegten Mindestzeitraum von
  Zusammenfassung des FSME-Infektions-                          20 Jahren als Risikogebiet eingestuft. Eine ähnliche
  risikos nach Bundesländern                                    Abweichung galt im Zeitraum 2006 – 2020 für den
                                                                SK Gera, welcher ab dem Zeitraum 2016 – 2020 je-
  Bundesländer mit definierten FSME-Risikogebieten:
                                                                doch auch aufgrund der Kreisinzidenz die regulären
  Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen,
                                                                Kriterien als Risikogebiet erfüllt.
  Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen,
  Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-
  Anhalt
                                                               Die Anamnese sollte sowohl durchgemachte FSME-,
  Bundesländer mit vereinzelt auftretenden autoch­             Gelbfieber-, Japanische Enzephalitis-, Denguefie-
  thonen FSME-Erkrankungen, in denen jedoch kein               ber-, Westnilvirus-(WNV-) und Zikavirus-Erkran-
  Landkreis die Definition für ein FSME-Risikogebiet           kungen als auch frühere Impfungen gegen FSME,
  erfüllt: Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Schles-             Gelbfieber, Japanische Enzephalitis bzw. Aufenthal-
  wig-Holstein                                                 te in den entsprechenden Endemiegebieten erfas-
                                                               sen. Eine Exposition mit diesen Erregern/Impfun-
  Bundesländer, in denen bisher keine FSME-Erkran-             gen kann zu einem falsch-positiven Ergebnis im
  kungen erworben wurden: Bremen, Hamburg                      FSME-ELISA führen. Denguefieber ist endemisch
                                                               in Asien, Süd- und Mittelamerika sowie in Afrika.
                                                               WNV ist endemisch in Nordamerika, Afrika, dem
  Zum Vorgehen beim Auftreten von                              Mittleren Osten, Asien, Australien und einigen eu-
  FSME-Einzelfällen in Nichtrisikogebieten                     ropäischen Ländern (in den letzten Jahren: Grie-
  Eine valide Bewertung von FSME-Fällen in Nicht­              chenland, Rumänien, Italien, Ungarn, Zypern, Ser-
  risikogebieten bedarf einer besonders sorgfältigen           bien, Israel und die Türkei; www.ecdc.europa.eu/
  klinischen, labordiagnostischen und epidemiologi-            en/west-nile-fever/surveillance-and-disease-data/
  schen Untersuchung und Dokumentation. Dies gilt              historical). Das Zikavirus ist in vielen Ländern
  vor allem für Kreise, die nicht an bestehende FSME-          ­Asiens, Afrikas, Süd- und Zentralamerikas ende-
  Risikogebiete grenzen und in denen vorher noch                misch; eine begrenzte lokale Zirkulation wurde
  keine FSME-Fälle beobachtet wurden.                           auch aus den USA (Texas, Florida) berichtet. Das
Epidemiologisches Bulletin 9 2022 - RKI
Epidemiologisches Bulletin      9 | 2022       3. März 2022                                                   10

  Europäische Zentrum für die Prävention und die              6.429 Fälle mit einem Infektionsort in Deutschland
  Kontrolle von Krankheiten (ECDC) stellt auf seinen          seit 2002. Davon traten jeweils 13 % in Niedersach-
  Internetseiten eine Karte zu Ländern mit Zika­virus-        sen, Bayern und in Rheinland-Pfalz, 12 % in Hessen,
  Transmission zur Verfügung: www.ecdc.europa.eu/             7 % in Sachsen, 6 % in Sachsen-Anhalt, 2 % in Thü­
  en/zika-virus-infection/threats-and-outbreaks/zi-           ringen, jeweils 1 % in Baden-Württemberg und im
  ka-transmission.                                            Saar­land und 35 % in Bundesländern ohne ausge­
                                                              wiesene Risikogebiete auf. (s. Tab. 2 und Tab. 3). Ein
  Bei positiv auf FSME getesteten Personen, die sich          Teil dieser Fälle ist mit einer gewissen diagnosti-
  in der Expositionszeit nicht in FSME-Risikogebie-           schen Unsicherheit behaftet, insbesondere wenn
  ten aufgehalten haben, sollte unbedingt eine (Rück-         die Fälle in Kreisen auftraten, in denen FSME bisher
  stell-)Probe an das Konsiliarlabor für FSME ge-             noch nie oder kaum nachgewiesen worden war
  schickt werden, um die Diagnostik mit den dort ver-         (s. o.). Im Jahr 2021 wurden Proben von elf dieser
  fügbaren Verfahren7 zu überprüfen. Dafür steht seit         23  Fälle zusätzlich am Konsiliarlabor für FSME un-
  2020 ein Einsendeschein zur Verfügung (www.rki.             tersucht und anhand hoher FSME-spezifischer An-
  de/fsme-einsendeschein). Die Überprüfung am                 tikörperkonzentrationen bestätigt. Einige Fälle hat-
  Konsiliarlabor ist auch unbedingt bei Fällen mit vor-       ten eine positive Impfanamnese (s. Tab. 2 und
  liegender FSME-Impfung empfohlen, da auch bei               Tab. 3); dies kann zu falsch-positiven serologischen
  diesen das Risiko einer falsch-positiven Diagnostik         Befunden führen.8,9
  besteht. Alternativ können sequenzielle Serumpro-
  ben (d. h. mind. zwei Proben in einem Abstand von
  ca. 2 – 4 Wochen) entnommen werden, um einen                Bedeutung präventiver Schutz­
  Anstieg der spezifischen Antikörper zu dokumen-             maßnahmen, insbesondere der FSME-
  tieren. Ein signifikanter Anstieg FSME-spezifischer         Schutzimpfung
  Antikörper (IgG) weist auf eine akute Infektion hin         Grundlage der Prävention ist die Aufklärung über
  und ist üblicherweise nicht bei vorbestehenden              das erhöhte Risiko der FSME-Übertragung in den
  (kreuzreaktiven) Antikörpern aufgrund einer der             ausgewiesenen Risikogebieten und über vorbeugen-
  o. g. Impfungen oder durchgemachten Infektionen             de Maßnahmen. Typische Lebensräume für Zecken,
  zu erwarten. Gegebenenfalls kann eine Aviditätstes-         die ausreichend Feuchtigkeit benötigen, sind unter
  tung darüber Aufschluss geben, ob es sich um neu-           anderem lichte Wälder oder Waldränder sowie Flä-
  gebildete (frische Infektion) oder schon länger be-         chen mit hohem Gras oder Büschen. Gute Bedin-
  stehende Antikörper handelt. Die Untersuchung               gungen bieten auch Gärten und städtische Parks.
  der Serum- und Liquorproben sollte in einem viro-           Zeckenstiche können zum Teil durch Schutzmaß-
  logischen Labor mit spezieller Erfahrung in der             nahmen wie das Tragen geschlossener Kleidung,
  FSME-Diagnostik erfolgen. Neben dem Konsiliar­              das Vermeiden von Unterholz und hohen Gräsern
  labor für FSME am Institut für Mikrobiologie der            und das Verbleiben auf festen Wegen verhindert
  Bundeswehr (IMB) (s. Kasten S. 21) bieten auch die          werden. Repellents schützen begrenzt über einige
  Landesgesundheitsämter in Bayern und Baden-                 Stunden. Bei Zeckenbefall sollte die Zecke immer
  Württemberg diesbezüglich fachliche Beratung und            umgehend entfernt und die Wunde möglichst des-
  weiterführende Diagnostik an (Kontakte s. u.). Bei          infiziert werden. Im Gegensatz zur Übertragung
  Verdacht auf Kreuzreaktionen sollte ein Neutralisa-         von Borrelien durch Zecken auf den Menschen, die
  tionstest (NT) durchgeführt werden, der am Konsi-           meist erst Stunden nach Beginn des Saugakts er-
  liarlabor für FSME etabliert ist.                           folgt, gelangen die FSME-Viren bereits bei Beginn
                                                              des Saugakts von der Zecke in den Menschen. Da-
                                                              her kann das Absuchen des Körpers nach Zecken
  Das FSME-Infektionsrisiko in Kreisen, die                   und deren schnelle Entfernung zwar häufig eine
  nicht als Risikogebiete eingestuft wurden                   Borreliose verhindern, bietet jedoch wenig Schutz
  Von 2002 – 2021 traten insgesamt 199 Fälle außer-           vor FSME. Antworten auf häufig gestellte Fragen zu
  halb der im Jahr 2021 ausgewiesenen Risikogebiete           Zecken, Zeckenstich und Infektion finden sich auf
  auf, davon 23 im Jahr 2021. Das waren 3,1 % der             der Internetseite des RKI: https://www.rki.de/Sha-
Epidemiologisches Bulletin                 9 | 2022             3. März 2022                                                                 11

      Bundesland (Anzahl Fälle)   Kreis des Infektionsortes (Anzahl Fälle)   Meldejahr (Anzahl wenn >1)           Weiterer möglicher Infektionsort
                                  SK Berlin Lichtenberg (1)                  2017
      Berlin                      SK Berlin Spandau (1)                      2021
      (n = 4)                     SK Berlin Steglitz-Zehlendorf (1)          2013
                                  SK Berlin Treptow-Köpenick (1)             2021
                                  LK Barnim (1)                              2021
                                  SK Cottbus (3)                             2007, 2016, 2019
                                  LK Dahme-Spreewald (2)                     2006, 2017
                                  LK Elbe-Elster (1)                         2021ǂ
                                  SK Frankfurt (Oder) (1)                    2020ǂ
      Brandenburg
      (n = 23)                    LK Märkisch-Oderland (1)                   2020ǂ
                                  LK Oberspreewald-Lausitz (2)               2006, 2013
                                                                             2006, 2016, 2019 (2, bei 1ǂ), 2021
                                  LK Oder-Spree (7)
                                                                             (3, bei 2ǂ)
                                  LK Spree-Neiße (3)                         2013, 2014, 2018
                                  LK Uckermark (2)                           2004, 2014
                                  LK Ludwigslust–Parchim (1)                 2011
                                  LK Mecklenburgische Seenplatte (2)         2004,ǂ 2018                          Fall 2018: SK München
      Mecklenburg-Vorpommern
                                  LK Rostock (1)                             2016
      (n = 10)
                                  LK Vorpommern–Greifswald (2)               2006, 2012ǂ
                                  LK Vorpommern–Rügen (4)                    2005, 2010,* 2015,* 2020ǂ
                                  LK Aachen (1)                              2007
                                  LK Borken (1)                              2015
                                  SK Duisburg (1)                            2018*
                                  LK Ennepe-Ruhr-Kreis (1)                   2018
                                  LK Euskirchen (1)                          2020ǂ
                                  LK Lippe (1)                               2018
      Nordrhein-Westfalen         LK Oberbergischer Kreis (1)                2020
      (n = 29)                    SK Münster (1)                             2018
                                  LK Paderborn (2)                           2018, 2020ǂ
                                  LK Rhein-Erft-Kreis (1)                    2016
                                  LK Rhein-Sieg-Kreis (6)                    2013,ǂ 2017, 2018, 2020 (2), 2021
                                  SK Solingen (7)                            2013, 2016, 2018,ǂ 2021 (4ǂ)
                                  LK Steinfurt (4)                           2013, 2014, 2018, 2021ǂ
                                  LK Wesel (1)                               2015*
                                  LK Anhalt-Bitterfeld (4)                   2017, 2019 (2, bei 1ǂ), 2021         1 Fall 2019: LK Harz
                                  LK Börde (1)                               2004
                                  SK Halle (1)                               2020
      Sachsen-Anhalt              SK Halle (Saale) (1)                       2004
      (n = 11)                    LK Harz (1)                                2007
                                  LK Jerichower Land (1)                     2016
                                  SK Magdeburg (1)                           2020
                                  LK Saalekreis (1)                          2019ǂ
                                  LK Herzogtum Lauenburg (1)                 2010
      Schleswig-Holstein          LK Pinneberg (1)                           2017
      (n = 4)                     LK Segeberg (1)                            2010
                                  LK Stormarn (1)                            2009

  Tab. 2 | Von 2002 – 2021 nach IfSG übermittelte FSME-Erkrankungen mit Infektionsorten ausschließlich in Nichtrisikogebieten in
  Bundesländern, in denen bis 2021 keine Risikogebiete ausgewiesen waren (n  =  81)
  ǂ
     Labornachweis bestätigt (z. B. am Konsiliarlabor FSME oder mittels FSME-Antikörperanstieg)
  * Positive Impfanamnese (Diagnostik weniger valide)
  Blaue Einfärbung: Kreise, aus denen 2021 erstmalig autochthone FSME-Fälle gemeldet wurden; Graue Einfärbung: Kreise, die im
  Jahr 2022 zum Risikogebiet ausgewiesen werden
Epidemiologisches Bulletin                 9 | 2022         3. März 2022                                                                   12

      Bundesland          Kreis des Infektionsortes          Meldejahr (Anzahl wenn >1)                        Weiterer möglicher
      (Anzahl Fälle)      (Anzahl Fälle)                                                                       Infektionsort
      Baden-Württemberg   SK Heilbronn (2)                   2008, 2012
      (n = 2)
                          SK Augsburg (4)                    2013 (3); 2014
      Bayern              LK Fürstenfeldbruck (2)            2002, 2021
      (n = 25)            SK München (19)                    2008, 2009, 2011,* 2015, 2016 (2), 2017, 2018
                                                             (3, bei 1ǂ), 2019 (6, bei 4ǂ), 2020 (3, bei 1ǂ)
                          SK Frankfurt am Main (1)           2013*
                          LK Hochtaunuskreis (2)             2014, 2019
                          LK Kassel (1)                      2017                                              LK Paderborn
                          LK Lahn-Dill-Kreis (2)             2004, 2016
                          LK Limburg-Weilburg (1)            2008*
      Hessen              LK Rheingau-Taunus-Kreis (3)       2013 (2), 2017
      (n = 23)            LK Schwalm-Eder-Kreis (6)          2004, 2006, 2009, 2011 (2, bei 1*), 2013          Fall 2006: SK Frankfurt am Main
                          LK Waldeck-Frankenberg (1)         2010

                          LK Werra-Meißner-Kreis (2)         2006, 2017

                          LK Wetteraukreis (2)               2012, 2017
                          SK Wiesbaden (2)                   2005, 2013
                          LK Celle (4)                       2016, 2017, 2021 (2ǂ)
                          LK Cuxhaven (4)                    2004, 2007, 2019,ǂ 2021                           Fall 2007: LK Oldenburg, Fall
                                                                                                               2021: LK Stade
                          LK Goslar (1)                      2011
                          LK Göttingen (1)                   2019ǂ
      Niedersachsen       Region Hannover (5)                2008, 2010, 2011, 2015, 2019ǂ
      (n = 25)            LK Harburg (1)                     2021
                          LK Helmstedt (2)                   2005,* 2018
                          LK Hildesheim (2)                  2008,* 2017
                          LK Nienburg (Weser) (3)            2011, 2016, 2017
                          LK Rotenburg (Wümme) (1)           2002
                          SK Wolfsburg (1)                   2016
                          LK Ahrweiler (1)                   2016
                          LK Altenkirchen (3)                2011, 2014, 2020
                          LK Bad Dürkheim (3)                2005, 2010,ǂ 2015*
                          LK Bad Kreuznach (8)               2003, 2004, 2005,* 2012, 2013 (3, bei 1*), 2018
                          LK Bitburg-Prüm (1)                2020
                          SK Kaiserslautern (1)              2016
      Rheinland-Pfalz
                          LK Kaiserslautern (1)              2016
      (n = 26)
                          SK Koblenz (2)                     2013, 2018
                          SK Pirmasens (1)                   2016*
                          LK Rhein-Lahn-Kreis (2)            2011, 2013ǂ
                          LK Südliche Weinstraße (1)         2008
                          SK Trier (1)                       2021
                          SK Zweibrücken (1)                 2018
      Saarland            LK Stadtverband Saarbrücken (1)    2020
      (n = 1)
                          SK Chemnitz (3)                    2002, 2012,ǂ 2019ǂ
      Sachsen             LK Görlitz (6)                     2006, 2013, 2014,* 2018,ǂ 2021 (2, bei 1ǂ)
      (n = 13)            LK Leipzig (2)                     2009, 2016                                        Fall 2009: LK Nordsachsen
                          LK Nordsachsen (2)                 2016, 2021
                          LK Eichsfeld (1)                   2018ǂ
      Thüringen
                          LK Wartburgkreis (1)               2005
      (n = 3)
                          SK Weimar (1)                      2014

  Tab. 3 | Von 2002 – 2021 nach IfSG übermittelte FSME-Erkrankungen mit Infektionsorten ausschließlich in Nichtrisikogebieten
  in Bundesländern, in denen bis 2021 mindestens 1 Kreis als Risikogebiet ausgewiesen war (n = 118)
  ǂ
     Labornachweis bestätigt (z. B. am Konsiliarlabor FSME oder mittels FSME-Antikörperanstieg)
  * Positive Impfanamnese (Diagnostik weniger valide)
  Blaue Einfärbung: Kreise, aus denen 2021 erstmalig autochthone FSME-Fälle gemeldet wurden; Graue Einfärbung: Kreise, die im
  Jahr 2022 zum Risikogebiet ausgewiesen werden
Epidemiologisches Bulletin      9 | 2022       3. März 2022                                                  13

  redDocs/FAQ/FSME/Zecken/Zecken.html. Auch                   Bewertung für bestimmte Personen sinnvoll sein
  die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung           (s. aktuelle Empfehlungen der STIKO, Epid Bull
  (BZgA) stellt nützliche Hinweise zu Präventions-            4/2022, S. 8), z. B. für Personen, die aufgrund von
  maßnahmen auf ihren Internetseiten zur Verfü-               beruflichen oder Freizeittätigkeiten einer besonders
  gung: www.kindergesundheit-info.de/themen/                  intensiven Zeckenexposition ausgesetzt sind. So
  krankes-kind/zeckenschutz0/.                                wurde z. B. die FSME-Impfung seit 2014 in Nieder-
                                                              sachsen seitens des Arbeitgebers für alle Forstbe-
  Den zuverlässigsten Schutz gegen die FSME bietet            dienstete angeboten.10,11 Da Naturherde der FSME
  die FSME-Impfung. Diese ist von der STIKO emp-              jedoch örtlich sehr begrenzt sind, können Mitarbei-
  fohlen für                                                  tende der zuständigen Gesundheitsämter unter
  ▶▶ Personen, die in Risikogebieten wohnen oder              Umständen differenziertere Risikoeinschätzungen
      arbeiten und dabei ein Risiko für Zeckenstiche          vornehmen.12
      haben, und
  ▶▶ Personen, die sich aus anderen Gründen in Ri-            Außerhalb Deutschlands ist die FSME-Impfung für
      sikogebieten aufhalten und dabei ein Risiko für         Reisende empfohlen, die in Endemiegebieten
      Zeckenstiche haben.                                     zecken­exponiert sind. In den Nachbarländern be-
                                                              steht ein Infektionsrisiko vor allem in Tschechien
  Ein zeitlich begrenzter Impfschutz (etwa für Ferien-        und Österreich sowie in großen Teilen Polens und
  gäste aus Nichtrisikogebieten) erfordert mindestens         der Schweiz (www.zecken.ch/Karten/karten.html).
  zwei Gaben des Impfstoffs; ein länger bestehender           In Frankreich wurden in den letzten Jahren verein-
  Impfschutz jedoch drei Gaben. Die erste Auf­                zelt FSME-Fälle aus dem Elsass beschrieben, mit
  frischungsimpfung erfolgt nach drei Jahren; weitere         einem Höchstwert von 29 bestätigten Fällen im
  Auffrischungsimpfungen werden je nach Alters-               Jahr 2016.13 Zudem werden seit 2016 vereinzelte au-
  gruppe und verwendetem Impfstoff in Abständen               tochthone FSME-Erkrankungen in den Niederlan-
  von drei bis fünf Jahren empfohlen. In der Bera-            den diagnostiziert und zwar meist in der Region
  tungspraxis sollten immer Art, Ausmaß und Dauer             Sallandse Heuvelrug, unweit der Grenze zum nie-
  der Gefährdung sowie die Mobilität der Personen,            dersächsischen LK Emsland.14,15 Eine Übersicht
  die ein Risikogebiet bewohnen oder besuchen, be-            über das Risiko in der europäischen Region findet
  rücksichtigt werden. Eine Pflicht zur Kostenerstat-         sich in Literaturstelle 16.
  tung der Impfung seitens der Krankenkassen be-
  steht nach der Schutzimpfungsrichtlinie des Ge-             Bei Reisen außerhalb Deutschlands sollte bedacht
  meinsamen Bundesausschusses (www.g-ba.de/                   werden, dass Infektionen mit den in anderen Regio­
  richtlinien/60/) nur für den empfohlenen Perso-             nen vorkommenden fernöstlichen und sibirischen
  nenkreis. In Baden-Württemberg wird durch die zu-           Subtypen des TBE-Virus häufiger schwerwiegende-
  ständige Landesbehörde die Impfung gegen FSME               re gesundheitliche Folgen nach sich ziehen können
  ohne geografische Einschränkung empfohlen. Hier             als eine Infektion mit dem zentraleuropäischen
  ist als einziger Kreis nur der SK Heilbronn nicht als       Subtyp, welcher in Deutschland vorkommt. In man-
  Risikogebiet eingestuft.                                    chen Ländern zirkulieren beide Virustypen, z. B. in
                                                              Finnland.17 Neben diesen drei Haupt-Subtypen des
  Zusätzlich ist die Impfung von der STIKO und nach           TBE-Virus existieren weitere Subtypen: Baikal,
  der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge            ­Himalaya und 886-84.18
  (ArbMedVV) für Personen empfohlen, die beruflich
  gefährdet sind (in Risikogebieten Tätige, z. B. expo-       Antworten auf häufig gestellte Fragen zur FSME-
  nierte Personen, die in der Forst- oder Landwirt-           Impfung finden sich auf der Internetseite des RKI:
  schaft arbeiten, sowie exponiertes Laborpersonal).          https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/FSME/FS-
                                                              ME-Impfung/FSME-Impfung.html
  Eine Impfung kann auch in Nichtrisikogebieten, in
  denen sporadische FSME-Einzelerkrankungen auf-
  treten (s. o.), nach individueller Risiko-Nutzen-
05                 % ni%etnoi%ueqtnofi%
                                               puem
                        Epidemiologisches BulletinqtnofIi%
                                                         p‐ueEm
                                                              qtnM
                                                                 9o
                                                                  fI|i%
                                                                      p2022
                                                                       ‐uSeEm
                                                                            FqtM
                                                                               nofIi%
                                                                                    p‐uSeEm
                                                                                          FqtM
                                                                                             nofIi3.p‐uSeEMärz
                                                                                                          mFqtMofIp‐2022
                                                                                                                    uSEm
                                                                                                                       FqMfIp‐SEm
                                                                                                                                FMI‐SEFMSF                               14

                      04
                       5
                       4
                      04
                       5
                       3
                       4
                       4
                       5
                       3
                       3
                       4
                       4
                       2
                       5
                       3
                       3
                       4
                       2
                      04
                       2
                       5
                       3
                       3
                       1
                       4
                       2
                       4
                       2
                       5
                       3
                       1
                       3
                      01
                       4
                       2
                       4
                       2
                       3
                       1
                       3
                       1
                       4
                       2
                       2
                      53
                       1
                       3
                       1
                       2
                      02
                       3
                       1
                       1
                      52
                       2
                       1
                      01
                       2
                      51
                       1
                      01
                      5
                      0
                      5
                      5
                      0
                      5
                      0
                      0
                      5
                      0
                      5
                      5
                      0
                      0
                      5
                      0
                      0
                      5
                      5
                      0
                      5
                      5
                      0
                      0
                      5
                      5
                      0
                      0
                      5
                      5
                      0
                      5
                      0
                      0
                      5
                      5
                      0
                      5
                      0
                      0
                      0
                      5
                      5
                      0
                      0
                      5
                      0
                      5
                      0
                      5
                      0
                      5
                      0

                      5
                      0
                      5
                      0
                      5
                                                                                                                                                 0
                            FSME-Impfstatus                                                                     gen Rückgang. Weiterhin war innerhalb dieser vier
                            Die Impfquoten sind auch in Risikogebieten eher                                     Bundesländer zu erkennen, dass Risikogebiets-
                            niedrig und variieren stark. Nach einer Auswertung                                  Kreise höhere Impfquoten aufwiesen als Kreise, die
                            der Daten aus der KV-Impfsurveillance (KV = Kassen­                                 nicht Risikogebiet waren.
                            ärztliche Vereinigung) am RKI schwankte 2019 die
                            kreisbezogene Impfquote innerhalb der Risikoge-                                     Die Impfquoten in Risikokreisen weisen in allen
                            biete zwischen 7,7 – 38,6 % bei Erwachsenen, bei                                    Bundesländern deutliche Altersunterschiede auf (s.
                            Kindern zwischen 13,3 – 50,5 % (Grundimmunisie-                                     Abb. 5). Der Impfschutz ist bei Kindern und jungen
                            rung plus ggf. Auffrischung). Die bundeslandbezo-                                   Erwachsenen am höchsten und fällt bis zu einem
                            genen Impfquoten (nur Risikogebiete) waren 22,3 %                                   Alter von 30 Jahren langsam ab. Ältere Erwachsene
                            in Bayern, 18,0 % in Baden-Württemberg, 30,4 % in                                   sind in allen Bundesländern weniger gut geschützt
                            Thüringen und 18,8 % in Hessen (s. Abb. 4). Seit                                    als Kinder. Dies ist besonders relevant, da ältere
                            dem Jahr 2013 sind die Impfquoten in fast allen                                     Menschen im Vergleich zu Kindern bei einer FSME-
                            Bundesländern leicht rückläufig. Erst im Jahr 2019                                  Infektion ein deutlich höheres Risiko haben, schwer
                            ist ein möglicher ansteigender Trend sichtbar. In                                   zu erkranken und Komplikationen oder bleibende
                            Sachsen, wo im Jahr 2014 das erste Risikogebiet aus-                                Schäden zu erleiden.21 Der Abfall der Impfquoten
                            gewiesen wurde, stieg die Impfquote zunächst stark                                  im Alter von 60 Jahren ist darauf zurückzuführen,
                            an, fiel im Jahr 2018 jedoch wieder deutlich ab                                     dass ab dieser Altersgrenze ein kürzeres Auf­
                            (s. Abb. 4). Ein länger zurückliegender Zeittrend der                               frischungsintervall von drei statt fünf Jahren gilt,
                            Impfquoten wurde bis zur Epid Bull-Ausgabe                                          um als vollständig geimpft gewertet zu werden.
                            9/20211 anhand der Daten der Schuleingangsunter-
                            suchungen dargestellt: Die Impfquoten bei Schul-                                    Um Erkrankungen zu verhindern, ist eine hohe
                            anfängern in den vier Bundesländern mit der Mehr-                                   Impfquote bei Erwachsenen besonders wichtig, da
                            zahl der Risikogebiete (Bayern, Baden-Württem-                                      lediglich 5 – 10 % aller übermittelten Fälle bei Kin-
                            berg, Hessen, Thüringen) stiegen ab 2006/07 bis                                     dern < 15 Jahren auftreten, die Inzidenz ab dem Al-
                            zum Jahr 2010 deutlich an, gefolgt von einem steti-                                 ter von 40 Jahren deutlich ansteigt (s. Abb. 1) und

                      50
                      45 FSME-Impfquote in %
FSME‐Impfquote in %

                      40 40
                                     2013            2014            2015              2016          2017            2018              2019                                   2013
                      35 35
                                 3102
                                        4102
                                        3102
                                        5102
                                        4102
                                            022
                                        5102
                                            022
                                            022
                                              2
                                              2
                                              2
                                              2
                                            022
                                              2
                                              2
                                            022
                                            022
                                              2
                                              2
                                              2
                                              2
                                        7102  2
                                              2
                                              2
                                              2
                                        8102  2
                                        7102  2
                                            022
                                            022
                                        7102
                                            022
                                        8102
                                        7102
                                        9102
                                        8102
                                                                                                                                9102
                                          10
                                          10
                                          10
                                            0
                                            0
                                            0
                                            0
                                          100
                                            0
                                            0
                                          10
                                          10
                                            0
                                            0
                                            0
                                            0
                                            0
                                            0
                                            0
                                            0
                                            0
                                          10
                                          10
                                          10

                                                                                                                                                                              2014
                                        61
                                          1
                                        61
                                          1
                                          1
                                          1
                                          1
                                        611
                                          1
                                          1
                                        41
                                        31
                                          1
                                          1
                                          1
                                          1
                                          1
                                          1
                                          1
                                          1
                                          1
                                        91
                                        81
                                        91

                      30 30
                                        3
                                        4
                                        7
                                        3
                                        5
                                        8
                                        4
                                        7
                                        3
                                        9
                                        5
                                        8
                                        7
                                        6
                                        9
                                        5
                                        8
                                        4
                                        3
                                        6
                                        9
                                        5
                                        4
                                        6
                                        5
                                        6

                                                                                                                                                                              2015
                      25 25                                                                                                                                                   2016
                      20    20
                                                                                                                                                                              2017
                      15 15                                                                                                                                                   2018

                      10 10                                                                                                                                                   2019

                        5    5

                        0    0
                                     Baden-               Bayern             Hessen            Nieder-           Rheinland-            Saarland      Sachsen   Thüringen
                                   Württemberg                                                 sachsen              Pfalz
                                     (18,0)                 (22,3)            (18,8)            (10,5)             (14,8)               (11,4)       (17,6)     (30,4)

                            Abb. 4 | FSME-Impfquoten von Personen aus FSME-Risikogebieten nach Bundesland, berechnet anhand von Daten der KV-
                            Impfsurveillance19,20 2013 – 2019. Ab dem Jahr 2014 erstes deklariertes Risikogebiet in Sachsen, ab dem Jahr 2019 erstes Risiko­­
                            gebiet in Niedersachsen. Die Zahlen unterhalb der X-Achse geben die bundeslandbezogenen Impfquoten für das Jahr 2019 an.
50
                                       Epidemiologisches Bulletin             9 | 2022             3. März 2022                                                                   15
                                        45

                                        40
                                in %

                                        35
FSME‐Impfquote inFSME‐Impfquote

                                         FSME-Impfquote in %
                                        30
                                       5050                                                                                                                  Thüringen
                                                                                                                                                             Thüringen

                                        25
                                       4545                                                                                                                  Bayern
                                                                                                                                                             Bayern

                                        20
                                       4040                                                                                                                  Baden‐Württemberg
                                                                                                                                                             Baden-Württemberg
                  %

                                        15                                                                                                                    übrige Bundesländer
                                                                                                                                                             übrige Bundesländer
                                       3535                                                                                                                  mit Risikogebieten
                                                                                                                                                             mit Risikogebieten
                                        10
                                       3030
                                                                                                                                                            Thüringen
                                          5
                                       2525
                                                                                                                                                            Bayern
                                          0
                                       2020
                                               0    5   10     15   20   25     30       35   40    45   50   55      60     65    70     75 80+            Baden‐Württemberg

                                       1515                                        Alter in Jahren                                                          übrige Bundesländer
                                                                                                                                                            mit Risikogebieten
                                       1010

                                        55

                                        00
                                              00   55   10
                                                        10     15
                                                               15   20
                                                                    20   25
                                                                         25   30
                                                                              30     35
                                                                                     35       40
                                                                                              40   45
                                                                                                   45    50
                                                                                                         50   55
                                                                                                              55     60
                                                                                                                     60    65
                                                                                                                           65     70
                                                                                                                                  70    75
                                                                                                                                        75 80+
                                                                                                                                            80+

                                                                                 Alter in Jahren                                     Alter in Jahren

                                         Abb. 5 | FSME-Impfquoten von Personen aus FSME-Risikogebieten nach Alter und Bundesland,
                                         berechnet anhand von Daten der KV-Impfsurveillance,19,20 teilweise zusammengefasst (zusam-
                                         mengefasste Bundesländer: Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen), 2019.

                                         ältere Menschen ein höheres Risiko einer schweren                         vorhandenes FSME-Risiko. In Risikogebieten mit
                                         Erkrankung haben.21 Daher hat die Aufklärung über                         hohen Impfquoten, aber auch in Regionen, in de-
                                         die Relevanz des Impfschutzes in den Risikogebie-                         nen erstmals FSME-Fälle auftreten, wären jedoch
                                         ten hohe Priorität.                                                       neben humanen Erkrankungsfällen weitere Indika-
                                                                                                                   toren für ein Infektionsrisiko hilfreich. Zwar sind
                                         Eine Steigerung der Impfquoten, insbesondere in                           Nachweise des FSME-Virus in Zecken für die Bestä-
                                         Kreisen mit hoher FSME-Inzidenz, könnte einen er-                         tigung von Naturherden sehr hilfreich, doch eignen
                                         heblichen Teil der Erkrankungen verhindern. So er-
                                         warben 71 % (1.639) der 2.297 Fälle, die sich in den
                                         Jahren 2017 – 2021 in den 175 im Jahr 2022 als Risi-
                                         kogebiet ausgewiesenen Kreisen infiziert hatten,                                                                     Impfquote
                                                                                                                                                       (Mittelwert und Spanne)
                                         ihre Erkrankung in nur 58 dieser Kreise mit der
                                                                                                                    Risikogebiete mit Inzidenz
                                         höchsten Inzidenz (im oberen Terzil, s. Abb. 6). In                                                            22,3 % (10,5 – 36,0 %)
                                                                                                                    im oberen Terzil*
                                         diesen 58 Kreisen lagen die Impfquoten nur wenige                          Risikogebiete mit Inzidenz          18,9 % (10,5 – 39,0 %)
                                                                                                                    im mittleren Terzil*
                                         Prozentpunkte über den Impfquoten in Risikoge-
                                                                                                                    Risikogebiete mit Inzidenz          17,6 % (8,1 – 33,0 %)
                                         bieten mit niedrigerer Inzidenz (s. Tab. 4). Eine Stei-                    im unteren Terzil*
                                         gerung der Impfquote insbesondere in diesen Ge-
                                                                                                                   Tab. 4 | Impfquoten in FSME-Risikogebieten nach Höhe der
                                         bieten hätte ein erhebliches Präventionspotenzial.
                                                                                                                   FSME-Inzidenz, Daten der KV-Impfsurveillance über alle
                                                                                                                   Altersgruppen19,20
                                         Bei den weiterhin niedrigen und weitgehend stag-                          * oberes Terzil ≥ 7,64 – 55,35 Erkrankungen/100.000 Ein-
                                         nierenden Impfquoten in den Risikogebieten ver-                             wohner im Zeitraum 2017 – 2021, mittleres Terzil ≥ 2,36 –
                                         bleiben humane FSME-Erkrankungen weiterhin                                  7,63 Erkrankungen, unteres Terzil < 2,36 Erkrankungen.
                                                                                                                     Siehe auch Abb. 6.
                                         ein relativ verlässlicher Indikator für ein regional
Epidemiologisches Bulletin          9 | 2022         3. März 2022                                                               16

                                                                                                   FSME-Inzidenz
                                                                                                   Erkrankungen / 100.000
                                                                                                   Einwohner / 5 Jahre
                                                                                                           0,00 bis < 2,36 (58 Kreise)
                                                                                                         ≥ 2,36 bis < 7,64 (59 Kreise)
                                                                                                         ≥ 7,64 bis < 55,35 (58 Kreise)

  Abb. 6 | FSME-Risikogebiete 2022 (n = 175) eingefärbt nach Höhe der Inzidenz im Zeitraum 2017 – 2021
Epidemiologisches Bulletin      9 | 2022      3. März 2022                                                    17

  sie sich aufgrund der niedrigen Virusdurchseu-             den. In den letzten Jahren kamen vermehrt erstmals
  chung und der Kleinräumigkeit der FSME-Natur-              Risikogebiete in nördlicher gelegenen Bundeslän-
  herde eher nicht für eine landesweite systematische        dern hinzu: 2022 in Brandenburg und Nordrhein-
  Überwachung. Vielversprechender sind daher sero-           Westfalen, 2021 in Sachsen-Anhalt und 2019 in
  logische Untersuchungen an standorttreuen Wild-            ­Niedersachsen. Zusätzlich befinden sich einzelne
  oder Nutztieren22,23 oder serologische Untersuchun-         Risikogebiete in Mittelhessen, im Saarland und in
  gen an Nagern, in denen das Virus über Monate               Rheinland-Pfalz. Ein kleiner Teil der erfassten ­FSME-
  nach der Infektion nachgewiesen werden kann.                Erkrankungen trat zudem in Nichtrisikogebieten
  PCR-Untersuchungen in Nagetieren können das Vi-             auf, die zum Teil nicht an bestehende Risikogebiete
  rus v. a. im Winter über längere Zeit im Gehirn der         grenzen, vor allem in Niedersachsen, Sachsen-
  Tiere nachweisen.24,25 Bislang wurden derartige Un-         Anhalt, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen. Es
  tersuchungen jedoch in erster Linie zu Forschungs-          muss sorgfältig beobachtet werden, ob FSME-
  zwecken eingesetzt und nicht zur systematischen             Naturherde sich nachhaltig in nördlichen und west-
  Überwachung. Eine detaillierte Verknüpfung von              lichen Regionen Deutschlands etablieren bzw. ob
  humanen FSME-Daten mit einer Vielzahl von öko-              die Verbreitung nach Norden weiter anhält. Die ver-
  logischen Daten wird seit 2017 im Rahmen des                einzelt auftretenden FSME-Erkrankungen in den
  großangelegten Forschungsverbunds TBENAGER                  östlichen Bundesländern Brandenburg, Mecklen-
  (Tick-Borne ENcephAlitis in GERmany, www.                   burg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, in denen
  gesundheitsforschung-bmbf.de/de/tbenager-                   das FSME-Virus bereits zwischen den 1960er bis
  fruhsommer-meningoenzephalitis-fsme-in-                     Anfang der 1980er Jahre endemisch war, zeigen,
  deutschland-7222.php) etabliert. Darin wird z. B.           dass das FSME-Virus dort in geringem Umfang in
  untersucht, inwieweit ein Nachweis von FSME-An-             Naturherden persistiert.27 – 29 Insbesondere während
  tikörpern in Wild- oder Haustieren oder des FSME-           der Zeckensaison sollte deshalb überall in Deutsch-
  Virus in Nagern tatsächlich ein Infektionsrisiko für        land die FSME bei entsprechender Symptomatik in
  den Menschen widerspiegelt. Diese Erkenntnisse              die Differenzialdiagnose einbezogen werden.
  sind erforderlich, um Daten zur FSME-Infektion
  von Säugetieren auch in eine Risiko-Nutzen-Abwä-           Die Impfquoten in den Risikogebieten sind nach
  gung für eine routinemäßige Impfung von zecken­            wie vor unzureichend, um eine starke Zunahme der
  exponierten Personen in einer Gegend einzubezie-           FSME-Fallzahlen wie im Jahr 2020 zu verhindern.
  hen. Im Rahmen einer intensivierten Surveillance           In Jahren mit hoher Krankheitslast war das Zusam-
  (www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/For-                  menspiel von ökologisch-klimatischen Faktoren
  schungsprojekte/FSME-Studie/FSME-Studie.html)              wahrscheinlich besonders günstig für die Ausbrei-
  werden akute Symptome sowie mögliche Langzeit-             tung von Zecken und des Virus innerhalb seiner Na-
  schäden der FSME-Erkrankung detailliert unter-             turherde und/oder die humane Exposition. Es sollte
  sucht. Mittels eines Fall-Kontroll-Ansatzes werden         insbesondere in Kreisen mit hoher FSME-Krank-
  weiterhin die Effektivität der FSME-Impfung ge-            heitslast (s. Abb. 6) verstärkt über den Nutzen einer
  schätzt, sowie mögliche Risikofaktoren für eine            FSME-Impfung aufgeklärt werden, um höhere
  FSME-Infektion identifiziert. Unter anderem wur-           Impfquoten zu erreichen. Dadurch könnte ein
  den dabei Freizeitaktivitäten mit Expositionsrisiko        Großteil der Erkrankungen in Deutschland verhin-
  für Zeckenstiche abgefragt, z. B. Waldspaziergänge.        dert werden.
  Die Ergebnisse werden im Jahr 2022 veröffent-
  licht.26
                                                             Methodik
                                                             Für die Definition der Risikogebiete werden die im
  Zusammenfassende Einschätzung                              Zeitraum 2002 – 2021 dem RKI gemäß IfSG über-
  In Deutschland besteht vor allem in Bayern und             mittelten FSME-Erkrankungen mit vorliegendem
  Baden-Württemberg, in Südhessen, im südöstli-              Infektionslandkreis verwendet (n = 6.442 Erkran-
  chen Thüringen und in Sachsen ein Risiko, durch            kungsfälle, Stand: 21.01.2022, s. auch Kasten oben
  Zeckenstiche mit dem FSME-Virus infiziert zu wer-          auf der nächsten Seite). Zum Zeitpunkt des Da-
Epidemiologisches Bulletin          9 | 2022         3. März 2022                                                       18

                                                                    zidenzen für die Zeiträume 2002 – 2006, 2003 –
    Wie bereits detailliert beschrieben,4 wird ein Kreis als
                                                                    2007, usw. bis 2017 – 2021 berechnet, um die Ver-
    FSME-Risikogebiet definiert, wenn die Anzahl der
                                                                    gleichbarkeit der FSME-Krankheitslast in den ein-
    übermittelten FSME-Erkrankungen in mindestens
                                                                    zelnen Kreisen zu gewährleisten. Als Zähler wird
    einem der Fünfjahreszeiträume 2002 – 2006, 2003 –
    2007, usw. bis 2017 – 2021 im Kreis ODER in der                 die Zahl der in einem Kreis erworbenen FSME-
    Kreis­region (bestehend aus dem betreffenden Kreis              Erkrankungen (also Erkrankungen bei im Kreis
    plus allen angrenzenden Kreisen) signifikant                    wohnhaften und den Kreis besuchenden Personen)
    (p < 0,05) höher liegt als die bei einer Inzidenz von           und als Nenner der Mittelwert der Kreisbevölkerung
    1  Erkrankung/100.000 Einwohner erwartete Fallzahl.             im jeweiligen Fünfjahresintervall verwendet. Ferner
    Da es in den letzten 20 – 30 Jahren keine Anzeichen             wird das Infektionsrisiko in umliegenden Kreisen
    für ein Erlöschen von FSME-Naturherden in den be-               berücksichtigt, zum einen, um der Mobilität der Be-
    stehenden Risikogebieten gegeben hat und weil die               völkerung Rechnung zu tragen und zum anderen,
    Impfquoten zwischen 2006 und 2009/2010 deutlich                 weil Naturherde kreisübergreifend sein können. Da-
    angestiegen waren, wurde auf einem FSME-Exper-
                                                                    durch wird zudem eine Glättung zufälliger Inzidenz­
    tentreffen im November 2011 am RKI entschieden,
                                                                    unterschiede erreicht.
    dass ein Kreis mindestens 20 Jahre lang seinen Sta-
    tus als Risikogebiet behalten sollte.30
                                                                    Für Berechnungen, die nicht den Infektionsland-
                                                                    kreis betreffen, werden alle dem RKI übermittelten
  tenstands werden Änderungen in Fällen des jewei-                  FSME-Erkrankungen verwendet (n = 7.602, Stand:
  ligen Vorjahres berücksichtigt und in die fortgeführ-             21.01.2022).
  te Fallsammlung übernommen, z. B. die Ergänzung
  eines Infektionslandkreises durch das Gesundheit-                 Die aktuelle gleitende Fünfjahresinzidenz sowie die
  samt. Nachträgliche Änderungen in länger zurück-                  maximale und minimale Fünfjahresinzidenz der
  liegenden Fällen werden nicht mehr übernommen.                    früheren Intervalle werden für alle Kreise in
  Es wurden 16 kreisbezogene gleitende Fünfjahresin-                Deutschland als Anhang zu diesem Artikel veröf-

    Anmerkungen zur Datenbasis
    Die übermittelten Daten zu gemeldeten FSME-                      ein signifikanter Titeranstieg gefordert. Die ab Beginn
    Erkrankungen unterlagen folgenden Einschränkungen:               des Jahres 2004 gültige aktualisierte Falldefinition32
                                                                    hat dies berücksichtigt. Auch der alleinige IgM-Anti-
    Infektionsort: Ohne Hinweis zum vermutlichen Infek-
                                                                    körpernachweis im ­Liquor wird seit 2004 nicht mehr
    tionsort (= „Expositionsort“) kann ein übermittelter
                                                                    akzeptiert; es wurde nunmehr der Nachweis einer
    FSME-Fall nicht zur Präzisierung der FSME-Risiko­
                                                                    ­intrathekalen Antikörpersynthese (erhöhter Liquor-
    gebiete genutzt werden. Daher haben die aufwendi-
                                                                     Serum-Index) gefordert.
    gen Ermittlungen seitens der Gesundheitsämter einen
    ­hohen Stellenwert. Die Übermittlung des vermutli-              Vor diesem Hintergrund wurden Fälle aus den Jahren
     chen Infektionsortes fehlte im Jahr 2002 noch in 49 %          2002 und 2003 mit alleinigem FSME-spezifischen
     der Fälle; in den Jahren 2006 – 2019 jedoch nur noch           IgM-Antikörpernachweis nur dann zur Datengrund­
     in 1,6 – 11,8 % der Fälle, mit dem höchsten Anteil im          lage für die Karte gerechnet, wenn eine Symptomatik
     Jahr 2014 (11,8 %). Im Jahr 2021 fehlte der Infektions-        des ZNS vorlag.
     ort bei 11,0 % der Fälle.
                                                                    Seit der 2007 aktualisierten Falldefinition33 (www.rki.
    Falldefinition nach IfSG: Die von 2001 bis Ende 2003            de/falldefinitionen) wird auch der Nachweis eines
    gültige Falldefinition31 des RKI war auch dann erfüllt,         ­simultanen IgM- und IgG-Nachweises im Liquor – wie
    wenn labordiagnostisch nur ein serologischer FSME-               im Serum – als Laborbestätigung anerkannt. Dies
    spezifischer IgM-Antikörpernachweis vorlag. Dies                 wurde in der Praxis bereits bei den in den Jahren
    wurde nachträglich von Fachleuten als nicht ausrei-              2004 – 2006 übermittelten Fällen weitgehend so ge-
    chend spezifisch eingeschätzt. Zur sicheren Diagnose             handhabt.
    wurde entweder zusätzlich ein erhöhter IgG-Titer oder
Sie können auch lesen