ERA-Themendossier Social Sciences and Humanities (SSH) in Horizon 2020 - März 2017
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ERA-Themendossier Social Sciences and Humanities (SSH) in Horizon 2020 März 2017
INHALT 0 Einleitung und Zielsetzung 4 1 Executive Summary 5 2 Datenquellen 8 2.1 EK Monitoring Berichte zur Integration von Social Sciences and Humanities (SSH) in Horizon 2020 9 3 Horizon 2020 und Social Sciences and Humanities (SSH) 11 3.1 Was sind SSH in Horizon 2020? 11 3.2 SSH-integrated / SSH-flagged Topics 12 3.3 SC6 Inclusive Societies sowie „SSH-integrated“ als Spannungsfeld in Horizon 2020 – Entstehungsgeschichte 13 3.4 Die Bedeutung der Programmlinie SC6 Inclusive Societies für die SSH-Community 15 4 Österreichische Performance 2014 und 2015 in Horizon 2020 17 4.1 Budgetüberblick 17 4.2 Fördervolumen an SSH-Partner 19 4.3 SSH-flagged heißt nur selten auch SSH-integrated – zur Qualität der SSH-Integration 24 4.4 Performance österreichischer SSH-Partner im Ländervergleich 27 4.5 SSH-KoordinatorInnen nach Programmlinien und der Beitrag Österreichs 28 4.6 SSH-Partner nach Disziplinen sowie erfolgreiche österreichische SSH- ForschungsakteurInnen 31 4.7 Die Rolle von SC6 Inclusive Societies für die österreichischen ForschungsakteurInnen 33 Seite 2 von 47
5 Weitere SSH-relevante Horizon 2020 Programmlinien sowie nationale und multilaterale Förderprogramme 35 5.1 Österreichs Performance in Säule 1 – Wissenschaftsexzellenz von Horizon 2020 mit Fokus auf SSH-AkteurInnen 35 5.1.1 Österreichs SSH-Performance im ERC 35 5.1.2 Österreichs SSH-Performance in MSCA 36 5.1.3 Österreichs SSH-Beteiligungen in ESFRI-Projekten der Forschungsinfrastrukturen (INFRA) 37 5.2 COST 38 5.3 Nationale und multilaterale Förderprogramme mit SSH-Relevanz 38 5.3.1 Nationale Förderprogramme und ERA-NETs des FWF 38 5.3.2 Nationale Förderprogramme und Joint Programming Initiativen der FFG 40 6 Handlungsempfehlungen 42 7 Abkürzungsverzeichnis 45 Seite 3 von 47
0 Einleitung und Zielsetzung Im Programmaufbau von Horizon 2020, dem europäischen Rahmenprogramm zu Forschung, Technologie und Innovation (FTI) für die Jahre 2014 bis 2020, haben die Social Sciences and Humanities, kurz SSH, verglichen mit den vorhergehenden Forschungsförderungsprogrammen der Europäischen Kommission eine deutlich andere Positionierung erhalten. Waren sie im siebten Rahmenprogramm noch eine eigene Programmlinie, gelten sie nun als ein Forschungszugang, der quer zur Logik einzelner Disziplinen in allen drei Säulen von Horizon 2020 sozial- und geisteswissenschaftliche Fragestellungen und entsprechende Antworten einbringen soll. Wesentliches Ziel dabei ist die Förderung der Interdisziplinarität innerhalb der europäischen Forschung, um den aktuellen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen besser gerecht werden zu können. Dieses Themendossier wirft einen genauen Blick auf die Rolle von SSH in Horizon 2020. Es fokussiert auf die für Konsortialprojekte ausgeschriebenen SSH-flagged Topics, also jene Themenfelder, in denen eine sozial- und geisteswissenschaftliche Herangehens- weise in Projekten ausdrücklich gewünscht ist. Die Europäische Kommission hat ab Beginn von Horizon 2020 die neu eingeführten SSH-flagged Topics als Beitrag zu mehr trans- bzw. interdisziplinären Projekten mit Beteiligung von SSH und vor allem als zusätzliche Einreichmöglichkeit für SSH-Communities in Horizon 2020 präsentiert. Folgende Fragestellungen leiten die Ausführungen auf den nachstehenden Seiten: Wie weit wird der Anspruch in Horizon 2020, Social Sciences and Humanities in allen relevanten Themenbereichen zu integrieren, verwirklicht? Wie sieht dabei die Performance der österreichischen Institutionen aus? Welche Handlungsempfehlungen lassen sich aus der Bestandsaufnahme für die anstehenden Arbeitsschritte auf europäischer wie auch nationaler Ebene ableiten? Seite 4 von 47
1 Executive Summary Erstmalig sind die Disziplinen der Social Sciences and Humanities (SSH) in Horizon 2020, dem europäischen FTI-Rahmenprogramm 2014–2020, als Querschnittsmaterie in allen drei Säulen integriert. Damit SSH als geforderter Beitrag in Konsortialprojekten für Einreichende sichtbar wird, hat die Europäische Kommission die Markierung von Ausschreibungsthemen (Topics) eingeführt, so genannte SSH-flagged Topics. Sie sollen die Integration von SSH und damit die Interdisziplinarität in Projekten fördern, insbesondere in Säule 3, den Gesellschaftlichen Herausforderungen (Societal Challenges). Das Ergebnis aus den Jahren 2014 und 2015 ist wenig zufriedenstellend: Die Integration von Expertisen aus den Social Sciences and Humanities (SSH) in allen relevanten Themenbereichen zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderung ist als nicht hinreichend gelungen einzustufen, dies sowohl quantitativ als auch qualitativ. Auf Grundlage europäischer Monitoringberichte zur Integration von SSH zeigt sich, dass SSH-flagged Topics in unterschiedlichem, insgesamt aber geringem Ausmaß in den Programmlinien vorkommen. So weisen nur 33 % der Topics ein Flagging auf, was im Umkehrschluss heißt, dass in 67 % der Topics von vornherein auf die Mitwirkung von Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften verzichtet wird. Dies ist insbesondere in den Societal Challenges bedenklich. In mehr als der Hälfte der ausgeschriebenen Themen in allen sieben definierten gesellschaftlichen Herausforderungen wird eine Integration der SSH als nicht notwendig erachtet. Und auch in den SSH-flagged Topics sind SSH- Partner in nicht einmal 80 % der Projekte vertreten. Positiv zu bemerken ist, dass sich der Anteil der Projekte mit SSH-Beteiligung in den beiden betrachteten Jahren erhöht hat, ein Trend, der sich hoffentlich in den kommenden Jahren fortsetzt. Was die Qualität der SSH-Integration anbelangt, die in den Monitoring-Berichten mit none – weak – fair – good kategorisiert wird, ist diese ebenfalls als nicht ausreichend zu beurteilen: So lag in 28 % (2014) bzw. 21 % (2015) der Projekte der Beitrag der SSH- Partnerorganisationen unter 10 % und war damit so gering, dass er unter „none SSH- integration“ läuft. Die Integration hat sich im Jahresvergleich insgesamt verbessert (Zunahme von „fair“ sowie „good integration“). Gering ist auch das Budget, das an SSH-Partner geht: In den Jahren 2014 und 2015 sind nur rund 6 % bzw. 5 % des Gesamtbudgets aller Ausschreibungen bei SSH-Partnern eingelangt, was eine Reduktion von 40 Mio. Euro Fördermittel für SSH-Partner bedeutet. Dies hängt, neben dem um 257 Mio. Euro für alle Ausschreibungen und Partner insgesamt weniger zur Verfügung stehenden Budget in Säule 2 und 3 von Horizon 2020, v. a. auch damit zusammen, dass der für SSH-flagged Topics gewidmete Budgetanteil von 28 % 2014 auf 24 % 2015 gesunken ist. Eine besondere Rolle für die SSH-Forschung spielt dabei die sechste Gesellschaftliche Herausforderung, Integrative, innovative und reflexive Gesellschaften, im Folgenden kurz SC6 Inclusive Societies genannt. Obwohl SC6 Inclusive Societies von allen Societal Challenges mit Abstand die geringste Dotierung aufweist, fließen über diese Programmlinie dennoch gut 30 % des Budgets an SSH-Partner. Zur geringen Dotierung von SC6 Inclusive Societies (2014: 114 Mio. Euro gesamt, 2015: 127,1 Mio. Euro gesamt) kommt noch hinzu, dass sie mit rund 25 % Other Actions einen überdurchschnittlich Seite 5 von 47
hohen Anteil an „gebundenem Budget“ aufweist. Zudem sind IKT-Themen und Themen zur Innovationsorientierung mit einem erheblichen Budget-Anteil vertreten. Nicht zu Unrecht wird die SC6 Inclusive Societies daher vielfach als Sammelbecken für die Förderung aller möglichen Versatzstücke und Themengebiete wahrgenommen. Unabhängig davon bleibt sie aber gleichzeitig die zentrale Programmlinie für Konsortial- projekte mit „klassischen“ sozialwissenschaftlichen Themenstellungen und mit entsprechend quantitativ wie qualitativ hoher SSH-Beteiligung. Die Attraktivität der Themenstellungen und die schwierige Rolle der SSH in anderen Programmlinien haben hohe Überzeichnungen und eine extrem niedrige Erfolgsrate (7,1 %) in der SC6 Inclusive Societies zur Folge. Vor dem Hintergrund dieser schwierigen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene lassen sich für die österreichische Performance folgende Aussagen treffen: Österreichs Anteil am bereits vergebenen Fördervolumen in Horizon 2020 beträgt 563,8 Mio. Euro, das sind 2,9 %. Aus dem Bereich der SSH-flagged Topics gingen 2014/2015 rund 20 Mio. Euro an österreichische SSH-Forschungsorganisationen. Im Vergleich mit den Benchmark-Ländern Belgien, den Niederlanden, Schweden und Dänemark liegt Österreich gemessen an den Projektbeteiligungen von SSH-Partnern deutlich vor Schweden und Dänemark, aber ebenso deutlich hinter den Niederlanden und Belgien. Insgesamt reiht sich Österreich 2014 mit 40 Beteiligungen auf den guten 8. Platz (von EU-28) ein, 2015 belegt es den 9. Platz (mit 34 Beteiligungen). Mit jeweils drei SSH-KoordinatorInnen stellt Österreich 4 % und 5 % aller SSH- KoordinatorInnen der Jahre 2014 und 2015. Im Vergleich zum österreichischen Anteil an den Koordinationen im Horizon 2020 gesamt von 2,5 % ist das ein gutes Ergebnis. 17 von 64 österreichischen SSH-Institutionen waren in den Ausschreibungen der Jahre 2014 und 2015 von Horizon 2020 erstmals in einem europäischen Forschungsrahmen- programm erfolgreich. Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen stellen traditionell eine hohe Zahl an Beteiligungen in SSH-relevanten Topics. In der Programmlinie SC6 Inclusive Societies sind österreichische Forschungspartner (also SSH und non-SSH zusammen) mit 46 Beteiligungen vertreten, drei davon mit Projektkoordinationsaufgabe. Die niedrigen Erfolgsraten in SC6 Inclusive Societies treffen auch auf Österreich zu (9,3 %), wenngleich die österreichische Erfolgsquote in der SC6, wie in vielen anderen Programmlinien auch, über dem EU-Durchschnitt liegt. Abschließend gilt es festzuhalten, dass mehrere Maßnahmen für eine gute SSH- Integration ausschlaggebend sind, wie etwa: • Die SSH-Organisationen in die Ausgestaltung der Arbeitsprogramme frühzeitig einzubinden • Die Sichtbarmachung von SSH-Themen durch das Flagging beizubehalten • Sicherzustellen, dass SSH-Expertise innerhalb der Evaluierungs-Panels vorhanden ist • Das jährliche EK Monitoring zur SSH-Integration fortzuführen Seite 6 von 47
Die Programmdelegierten können in all den genannten Punkten eine wesentliche Rolle einnehmen und ihre gute Positionierung in den unterschiedlichen Gremien nützen, um die Bedeutung der SSH in der europäischen Forschungslandschaft zu stärken. In Bezug auf die Ausgestaltung der nächsten Programmperiode gilt es, sowohl in Bezug auf Gesellschaftliche Herausforderungen als auch in Bezug auf Integration der SSH eine wesentlich bessere Balance zu finden. Dafür ist weiterhin eine Doppelstrategie in der SSH-Förderung notwendig, die neben der verbesserten Sichtbarkeit von SSH-Themen in den verschiedenen Programmlinien auch das Ausmaß der Beteiligungsmöglichkeiten (Flagging der Ausschreibungen) sowie die Qualität der Beteiligung erhöht. Hinsichtlich der SC6 Inclusive Societies gilt es, den „The-winner-takes-it-all“ Effekt für klassische sozialwissenschaftliche Themenfelder zu beenden und der eklatanten Überzeichnung der Programmlinie durch Budgeterhöhung für die Konsortialprojekte nachhaltig entgegen zu wirken. Für die österreichische GSK-Forschungscommunity wird eine verstärkte nationale Förderung angeregt, um einerseits der Ressourcenvergeudung in Form nicht bewilligter Anträge auf EU-Ebene entgegen zu wirken und andererseits GSK-Disziplinen mehr Anschlussmöglichkeiten auf europäischer Ebene zu bieten. Seite 7 von 47
2 Datenquellen Der Bericht greift auf Daten aus der EU-Vertragsdatenbank eCORDA1 zurück, wie sie von EU-PM für den Cockpitbericht der FFG mit Datenstand 30.09.2016 aufbereitet wurden2, sowie auf Auswertungen der beiden Monitoring Reports der Europäischen Kommission zur Integration von SSH in Horizon 2020 zu den Jahren 2014 und 2015. Diese Daten- quellen bilden die Grundlage für die Kapitel 3 und 4. Die Datenlage zu SSH in nationalen und multilateralen Förderprogrammen ist sehr unterschiedlich, weshalb die Abhandlung dazu nur deskriptiv erfolgt (Kapitel 5). Wie in den beiden Monitoring Berichten der Europäischen Kommission fokussieren wir auf transnationale Konsortialprojekte in Säule 2 und Säule 3 von Horizon 2020. In diesen beiden Säulen sollen die Social Sciences and Humanities (SSH) durch die Einführung der so genannten SSH-flagged Topics eine bedeutende Rolle spielen (vgl. Abschnitt 3.2). Zusätzlich sehen wir uns die österreichische Performance in den Programmlinien ERC, MSCA und Forschungsinfrastrukturen der Säule 1 an.3 In der nachstehenden schematischen Darstellung von Horizon 2020 (Abb. 1) sind die im vorliegenden Themendossier behandelten Programmlinien fett hervorgehoben. Jene Programmlinien, die prinzipiell SSH-flagged Topics aufweisen, sind blau gesetzt. Abb. 1: Struktur von Horizon 2020 mit den SSH-relevanten (blau) sowie im Themendossier behandelten Programmlinien (fett) Darstellung: FFG 1 Siehe dazu: https://webgate.ec.europa.eu/eCORDA/index.cfm. 2 Cockpitbericht zum Datenstand 30.9.2016, Wien, 10. November 2016: https://www.ffg.at/sites/default/files/allgemeine_downloads/Monitoring/H2020/ffg_eupm_h2020_cockpitbericht_o ktober_2016.pdf. 3 In der Programmlinie ERC gibt es keine SSH-flagged Topics, aber den SSH ist eine von drei Evaluierungsdomänen gewidmet (vgl. Kapitel 5). Seite 8 von 47
2.1 EK Monitoring Berichte zur Integration von Social Sciences and Humanities (SSH) in Horizon 2020 Die Europäische Kommission veröffentlichte bereits zwei Monitoring Berichte zu „Integration of Social Sciences and Humanities in Horizon 2020: Participants, Budgets and Disciplines“.4 Basis der Berichte sind die im Jahr 2014 und 2015 geförderten Projekte in SSH-flagged Topics5 in Säule 3 und Teilen von Säule 2, nämlich in den LEIT- Programmen. Dabei wird auf die tatsächlichen SSH-Partner6 fokussiert, wieviel Budget sie erhalten und in welchen Programmen sie reüssieren. V. a. geht es darum zu beurteilen, inwieweit die SSH als Querschnittsthema tatsächlich in Horizon 2020 integriert sind. Die Monitoring Berichte beinhalten einen stark qualitativen Zugang und beruhen auf Daten der geförderten Projektanträge in SSH-flagged Topics. Dazu kamen von der EK folgende Definitionen zur Anwendung: • SSH-Partner: Konsortialpartner (Institutionen), von denen mehr als 66 % der im Projektantrag angeführten ExpertInnen einen SSH-Hintergrund haben und entsprechende Expertise einbringen. • SSH-Budget: Gesamtbudget, das an SSH-Partner geht. • Disziplin-Vorkommen: Eine SSH-Disziplin wird als solche gezählt, sobald nur ein Experte/eine Expertin dieser Disziplin angehört und in einem Projekt mitmacht; es können aber auch mehrere ExpertInnen mitarbeiten. Während im Monitoring Report für 2014 der personelle Umfang einer Disziplin keine Rolle spielte, wurde im Bericht für 2015 die Anzahl der ExpertInnen pro Disziplin gezählt (siehe dazu auch nächste Dimension). Zudem wurde unterschieden, ob der ExpertInnenbeitrag im Bereich Forschung oder in projektbezogener Kommunikation & Projektmanagement erbracht wird. • Qualität der SSH-Integration in einem Projekt: führt die Performance in jedem Projekt entlang von vier Dimensionen und den dazugehörigen Schwellenwerten zusammen, und zwar ob: 4 https://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/news/integration-social-sciences-and-humanities-horizon- 2020-participants-budget-and-disciplines; sowie https://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/news/integration-social-sciences-and-humanities-horizon-2020- participants-budget-and-disciplines-2nd; Der zweite Monitoring-Bericht zur SSH-Integration in H2020 mit Daten der Ausschreibungen 2015 wurde kurz vor Fertigstellung dieses Themendossiers veröffentlicht (im Februar 2017). 5 Der entsprechende englische Untertitel lautet für beide Berichte: “Monitoring report on SSH-flagged projects funded in 2014 under Societal Challenges and Industrial Leadership.” Die Bezeichnung SSH-flagged projects ist jedoch irreführend, da nur die Topics, nicht jedoch die in ihnen durchgeführten Projekte ein Flagging aufweisen, korrekt es also Projekte in SSH-flagged Topics heißen muss. 6 SSH-Partner ist eine in den EK Monitorings definierte Bezeichnung für eine Forschungsinstitution, deren im Projekt tätigen ExpertInnen zu 66 % einen SSH-Hintergrund aufweisen. Da es sich hier um Institutionen, die als Partner in einem Projekt vertreten sind, und nicht um die beteiligten Personen handelt, sehen wir hier vom Binnen-I ab. Geht es in erster Linie um die ForscherInnen selbst, bevorzugen wir den Ausdruck SSH-ForschungsakteurInnen. Seite 9 von 47
• der Anteil an SSH-Partnern über 10 % liegt; • der Budget-Anteil für SSH-Partner über 10 % liegt; • der Beitrag der SSH in Abstract, Schlagwörtern, Arbeitsprogramm und Ergebnissen des Projekts gut integriert ist (2014) / der Anteil der Personen- Monate von SSH-Partnern über 10 % liegt (2015); • der SSH-Input von zumindest zwei (unterschiedlichen) SSH-Disziplinen erbracht wurde.7 Jedes Projekt wurde entsprechend dieser Dimensionen in ihrer Qualität der SSH- Integration bewertet und einer der vier Ausprägungen zugeordnet: None Der Schwellenwert wurde in keiner der vier Dimensionen erreicht Weak Der Schwellenwert wurde in einer Dimension erreicht Fair Der Schwellenwert wurde in zwei oder drei Dimensionen erreicht Good Der Schwellenwert wurde in allen vier Dimensionen erreicht Sobald also ein Partner mit 66 % SSH-Expertise vertreten ist, wird er als SSH-Partner ausgewiesen, unabhängig von der Qualität der SSH-Integration. In den Auswertungen sind keine und schwache SSH-Integration mitenthalten. Die Daten der EK Monitoring-Berichte erlauben eine Unterscheidung von SSH- und non- SSH-ForschungsakteurInnen innerhalb der SSH-flagged Topics. Damit sind auch Aussagen zu SSH-Ausmaß, -Verteilung und -Qualität möglich. 7 Im Monitoring Report für 2015 wurden auch Auswertungen zu einer 20 %-Schwelle durchgeführt, die hier jedoch nicht berücksichtigt werden (keine Vergleichsmöglichkeiten mit 2014). Weitere Anpassungen siehe https://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/news/integration-social-sciences-and-humanities-horizon-2020- participants-budget-and-disciplines-2nd, S. 14ff, Methodology. Seite 10 von 47
3 Horizon 2020 und Social Sciences and Humanities (SSH) Der Disziplinencluster Social Sciences and Humanities (SSH) lässt sich am besten mit dem deutschsprachigen Überbegriff „Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften“ übersetzen. Dieser trifft eher die in SSH relevanten Disziplinen als der in Österreich gängige Ausdruck „Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften“ (GSK). In diesem Bericht bleiben wir in erster Linie beim Akronym SSH, wie er in der zumeist englischsprachigen Quellenbasis verwendet wird. 3.1 Was sind SSH in Horizon 2020? Das englische Akronym SSH steht für Social Sciences and Humanities. Es umschreibt eine Vielzahl von Disziplinen, die oft unterschiedlich gruppiert, teilweise auch unterschiedlich ge- und benannt werden. Dieser Bericht folgt der Definition von SSH, wie sie in Horizon 2020 verwendet wird. Nachstehende Abbildung (Abb. 2) gibt den Überblick dazu, wie die Europäische Kommission SSH im Participant Portal, dem digitalen Einreichportal u. a. für das Europäische FTI-Rahmenprogramm Horizon 2020, darstellt: Abb. 2: Liste von SSH-Disziplinen Quelle: H2020 Online Manual, Participant Portal8 Die Forschungsfelder der SSH sind in sehr unterschiedlichem Ausmaß in der europäischen Forschungslandschaft vertreten (vgl. dazu Abschnitt 4.6). 8 http://ec.europa.eu/research/participants/docs/h2020-funding-guide/cross-cutting-issues/ssh_en.htm#listSSH Seite 11 von 47
3.2 SSH-integrated / SSH-flagged Topics Die Struktur des Europäischen Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 wird von drei tragenden Säulen bestimmt, deren Programmlinien ein gemeinsames Ziel verfolgen: Säule 1, Excellent Science (Wissenschaftsexzellenz), dient der Schaffung einer fundierten Wissenschaftsbasis in der Europäischen Union; Säule 2, Industrial Leadership (Führende Rolle der Industrie), hat als primäres Ziel Wachstum; und Säule 3, Societal Challenges (Gesellschaftliche Herausforderungen), verfolgt einen missionsorientierten Ansatz und strebt Beiträge zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen an. Wesentlich – und neu in H2020 gegenüber den vorherigen Rahmenprogrammen – ist, dass Social Sciences and Humanities (SSH) in allen drei Programmsäulen sowie in Cross- Cutting-Programmlinien als Querschnittsthema angelegt sind, in Form der Einführung von so genannten SSH-flagged Topics. Die SSH-flagged Topcis sind Ausschreibungen, die dezidiert eine Beteiligung von Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften vorsehen. Im Participant Portal werden diese Ausschreibungen quer über viele unterschiedliche Programmlinien hinweg dargestellt. Ziel dieser Querschnittsstrategie ist, dass SSH in ihrer Vielschichtigkeit in allen gesellschaftlich relevanten Forschungsbereichen gesellschaftlichen Mehrwert erzeugen, d. h. neues Wissen generieren, evidenzbasierte Politik unterstützen, Kernkompetenzen entwickeln und zu gesellschaftlichen wie auch technologischen Aufgabenstellungen ihren Beitrag leisten sollen. Hinweise, dass den SSH ein höherer Stellenwert als bisher zukommen soll, sind etwa: Im Fragebogen zur öffentlichen Public Stakeholder Evaluation der Europäischen Kommission zu Horizon 20209 (geöffnet von 20.10.2016 bis 15.01.2017) werden auch Items dazu abgefragt, wie gut die Integration von SSH in Ausschreibungen im Rahmen von Horizon 2020 gelungen ist. Zudem wird sowohl in Antragsformularen als auch bei den Guidelines für die Evaluierung Interdisziplinarität angesprochen. Im Online Manual des Participant Portal wird Anträgen in SSH-flagged Topics, die keine ausreichenden Forschungsinhalte und -Expertisen mit SSH-Bezug aufweisen, schlechtere Evaluierung in Aussicht gestellt.10 Bei Ausschreibungen, die Interdisziplinarität bzw. das Einbeziehen von SSH-Aspekten in Forschungsinhalten im Ausschreibungstext erwähnen, sollen diese Aspekte also auch bei den EvaluatorInnen der Kommission und den Agenturen Berücksichtigung finden. Neben der unterschiedlichen Größenordnung der Programmlinien im Allgemeinen sticht bei der ungleichen Verteilung der SSH-flagged Topics auf die einzelnen Programmlinien insbesondere SC6, Inclusive, Innovative and Reflective Societies (in Folge kurz SC 6 Inclusive Societies), hervor, die nahezu zur Gänze SSH-flagged Topics aufweist. 9 Diese Konsultation findet vor dem Hintergrund der von der Europäischen Kommission bis Ende 2017 durchzuführenden Interims-Evaluierung von Horizon 2020 statt und soll in diese einfließen. http://ec.europa.eu/research/consultations/interim_h2020_2016/consultation_en.htm 10 „A proposal without a sufficient contribution/integration of SSH research and competences will receive a low evaluation score“, siehe https://ec.europa.eu/research/participants/portal/desktop/en/support/faqs/faq-938.html Seite 12 von 47
3.3 SC6 Inclusive Societies sowie „SSH-integrated“ als Spannungsfeld in Horizon 2020 – Entstehungsgeschichte Die Europäische Kommission hat die Struktur von Horizon 2020 ursprünglich ohne die heutige SC6 Inclusive Societies vorgeschlagen. In Säule 3 waren sechs Societal Challenges vorgesehen. Die damalige SC6 hieß Inclusive, Innovative and Secure Societies. Zu Social Sciences and the Humanities hieß es in diesem Vorschlag der Europäischen Kommission lediglich, diese sollten bei den Societal Challenges inkludiert sein. Es gab danach starke Kritik an diesem Vorschlag sowohl von AkteurInnen aus dem Bereich Sicherheitsforschung als auch aus den SSH-Forschungsfeldern und letztlich dem Europäischen Parlament. Im Oktober 2011 – also noch vor den politischen Entscheidungen zu Horizon 2020 – wurden im Rahmen eines open letters „Europe needs a large Societal Science and Humanities-centered research programme to tackle its ‘Societal Challenges’“ 11 nahezu 26.000 Unterschriften gesammelt. Dieses Schreiben forderte sowohl eine eigene Societal Challenge mit erkennbarer Ausrichtung auf SSH-Forschung, als auch die Einbeziehung von SSH-Forschung in alle Societal Challenges in der dritten Säule von Horizon 2020. Von der Europäischen Kommission wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass das Einfordern einer Programmlinie, die spezifische Forschungsdisziplinen adressiert, nicht umsetzbar bzw. mit der Konstruktionslogik von Horizon 2020 nicht vereinbar sei: The priority "Societal challenges" should increase the effectiveness of research and innovation in responding to key societal challenges by supporting excellent research and innovation activities. Those activities should be implemented using a challenge-based approach which brings together resources and knowledge across different fields, technologies and disciplines. Social sciences and humanities research is an important element for addressing all of the challenges. (Absatz 12 des Specific Programme12) Die Argumentation der Kommission ist durchaus verständlich. Zugleich sind aber alle Societal Challenges inhaltlich zumindest in Teilbereichen stark an die jeweiligen thematischen bzw. disziplinären Vorgängerprogramme des 7. Rahmenprogramms angelehnt. Diese Kontinuitäten sind sichtbar, auch wenn die stärkere Verankerung von Innovationsförderung in Horizon 2020 innerhalb der dritten Säule ebenfalls zutrifft. Schließlich besteht Säule 3 aus sieben Societal Challenges. Aus der ursprünglich vorgeschlagenen SC6 Inclusive, Innovative and Secure Societies gingen zwei Programmlinien hervor, nämlich SC6 Europe in a changing world – inclusive, innovative and reflexive societies (kurz: SC6 Inclusive Societies) und SC7 Secure societies – Protecting freedom and security of Europe and its citizens (kurz: SC7 Security). SC6 ist innerhalb von Horizon 2020 de facto das „Erbe“ des SSH-Programms im vorhergehenden Rahmenprogramm, damals SSH – Socio-economic Sciences and Humanities genannt. Horizon 2020 hat somit, technisch gesehen, keine Programmlinie mehr, die SSH in ihrem Titel weiter führt, dennoch spricht SC6 Inclusive Societies primär die SSH- Forschungscommunity an. 11 http://www.eash.eu/openletter2011/ 12 http://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/legal_basis/sp/h2020-sp_en.pdf Seite 13 von 47
2014 gab es einige Kritik an der Umsetzung der SC6 Inclusive Societies durch die Europäische Kommission (EK). Im März des Jahres schrieben die European Sociological Association (ESA), die European Confederation of Political Science Association (ECPSA), die European Educational Research Association (EERA), die European Association of Social Anthropologists (EASA) sowie das European Consortium for Humanities Institutes and Centres (ECHIC) einen gemeinsamen Brief an die damalige EU-Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft, Márie Geoghegan-Quinn.13 Darin wurde der aus Sicht der AutorInnen alarmierend geringe Teil von SSH-Forschungsförderung in SC6 Inclusive Societies als nicht im Einklang mit dem Specific Programme14 stehend kritisiert. Die Umsetzung der SSH-Mainstreaming-Politik mit Hilfe der SSH-flagged Topics sei zudem eng, im Umgang mit SSH-Forschung utilitaristisch und würde den von der Europäischen Kommission selbst gesetzten Ansprüchen nicht genügen. Im April 2014 schrieb Science Europe15 einen Brief an Kommissarin Geoghegan-Quinn, in dem die Qualität der Integration von SSH-relevanten Ausschreibungen in die Arbeitsprogramme 2014–15 der Societal Challenges kritisiert wurde. In 75 % der Ausschreibungen der Societal Challenges 2014–2015 werde SSH-Forschung nicht angesprochen.16 Für 2015, mehr noch aber für die später folgenden Arbeitsprogramme, werden eine bessere Integration von SSH-Aspekten in Ausschreibungen, aber auch eine stärkere Anleitung für EvaluatorInnen hinsichtlich der Integration von SSH-Forschung in Ausschreibungen und Anträgen gefordert. Im Programmausschuss der SC6, in dem die Mitgliedsstaaten durch ihre Delegierten die jeweiligen konkreten Arbeitsprogramme mit der Kommission verhandeln, wird das Thema SSH-Integration seit Beginn von Horizon 2020 diskutiert. Rechtlich hat der Programmaus- schuss der SC6 Incusive Societies keine Zuständigkeit, denn diese liegt im Strategischen Programmausschuss (da es sich bei SSH-Integration um eine Querschnittsmaterie handelt). Allerdings sieht die Kommission die Delegierten in diesem Programmausschuss aufgrund ihrer Expertise, ihrer Verankerung in den nationalen SSH-Forschungs- communities sowie aufgrund ihrer inhaltlichen Zuordnung zu SSH-Abteilungen in den Ministerien oder SSH-Forschungsförderungsagenturen als natürliche Ansprech- partnerInnen bei diesem Thema. Ebenso ist die SSH-Thematik generell meist national im Verantwortungsbereich der nationalen SC6-Delegierten. Die Mitgliedsstaaten- vertreterInnen zeigen sich seit Beginn von Horizon 2020 kritisch über die tatsächliche Umsetzung der SSH-Integration. Die Diskussion zur SSH-Integration begleitet Horizon 2020 während der bisherigen Laufzeit mit unterschiedlicher Intensität und ist zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichtes auch nicht beendet. Die Auseinandersetzungen zur zukünftigen Einbeziehung von SSH-Forschung im 9. EU-FTI-Rahmenprogramm kommen erst langsam in Gang. Das vorliegende Themendossier mag einen Beitrag dazu leisten (siehe dazu Kapitel 6, Handlungsempfehlungen). 13 http://www.afsp.msh-paris.fr/activite/2014/lettersshcommunity110314.pdf 14 http://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/legal_basis/sp/h2020-sp_en.pdf 15 Science Europe ist ein Dachverband von Organisationen, die Forschung fördern oder betreiben. Deren Zusammenarbeit in Science Europe soll die europäische Forschungslandschaft stärken und die Bedeutung von Forschung für Fortschritt und Innovation in Europa sichtbar machen, vgl. http://www.scienceeurope.org/. 16 http://www.scienceeurope.org/wp-content/uploads/2014/05/Letter_Science_Europe_WP2015_Challenges.pdf Seite 14 von 47
3.4 Die Bedeutung der Programmlinie SC6 Inclusive Societies für die SSH-Community Die Programmlinie SC6 – Integrative, innovative und reflexive Gesellschaften – ist ein wesentlicher Strang, in dem sozial- und geisteswissenschaftliche Forschung gefördert werden soll, und sie ist bis heute die diese Forschungscommunities klar ansprechende Programmlinie. Echte SSH-spezifische Forschungsansätze werden so gut wie ausschließlich in SC6 adressiert. Themen, welche in dieser Form nur in SC6 gefördert werden, betreffen beispielsweise die Forschung zur Überwindung der Wirtschaftskrise, zu sozialer Ungleichheit, Bildung, Europäischer Identität, oder auch die Positionierung Europas in seinem globalen Umfeld. Auch das Themenfeld Migration wird hier bereits bearbeitet. In anderen Programmlinien hingegen werden – sofern SSH dort überhaupt eine Rolle spielt – am ehesten ökonomische Aspekte, die Anwendbarkeit von Technologien oder von naturwissenschaftlicher Forschung adressiert oder es wird zu Policies in bestimmten Technologiefeldern gearbeitet. SC6 Inclusive Societies verlangt in den Ausschreibungen großteils Forschungslogiken, die eine Teilnahme von Forschungscommunities aus dem Bereich SSH zur Bedingung haben und wo die Projekte zumeist nicht ohne Federführung aus dem SSH-Bereich durchgeführt werden können. Darin liegt ein zentraler Unterschied zum Ansatz der SSH als Quer- schnittsmaterie in den SSH-flagged Topics. In der SC6 Inclusive Societies finden sich Ausschreibungen, die an das SSH-Programm in FP7 erinnern sowie, passend zur stärkeren Innovationsorientierung, Themen aus dem Bereich Innovationsforschung, die zumeist zentral auf gewisse SSH-Expertisen abzielen. Ausnahmen bilden in der SC6 manche Ausschreibungen mit starker IKT-Dominanz (Informations- und Kommunikations- technologien), für die bis dato eine fundierte Integration bzw. gelingende Trans- disziplinarität mit SSH in den Formulierungen der konkreten Ausschreibungen meist nur schwer erkennbar ist. SC6 Inclusive Societies bedient, grob gesprochen, drei große Linien: 1. Themen, die sozial- und wirtschaftswissenschaftliche sowie, in geringerem Ausmaß, auch geistes- und kulturwissenschaftliche Forschungscommunities adressieren. Innerhalb der Europäischen Kommission werden diese Themen durch die Unit B.6 – Open and Inclusive Societies in der Generaldirektion für Forschung (DG RTD) koordiniert. Auch Themen zur Einbettung der Europäischen Union in ein globales Umfeld werden regelmäßig adressiert, etwa zu Konfliktherden in unmittelbarer Nähe der Europäischen Union bzw. Europas sowie Themen zur internationalen Forschungskooperation (sogenannte INCO-Projekte; dieses Thema wird allerdings mittlerweile zentralisiert durch die sogenannte „Service Facility in Support of the Strategic Development of International Cooperation in Research and Innovation“ für die Europäische Kommission abgewickelt). 2. Informations- und Kommunikationstechnologie-Themen (IKT), ausgehend von DG CONNECT, also die Generaldirektion Digital Single Market – Digital Economy and Society, dort gesteuert vom Directorate H, Digital Security, Trust and Cyber Security. Auch Cultural Heritage wird als IKT-basiertes Thema aus dieser DG gesteuert. 3. Themen zu Innovationsforschung, gesteuert von der DG RTD, Generaldirektion B, Open Science and Open Innovation. Hier liegt der Fokus auf dem Themenkomplex Innovation und Wirtschaftswachstum, inklusive e-Government oder Public Sector Innovation unter Einschluss von IKT. Seite 15 von 47
Der vielfach formulierte Eindruck, dass die SC6 Inclusive Societies als Sammelbecken für die Förderung aller möglichen Versatzstücke und Themengebiete in Horizon 2020 herhalten muss, ist bis heute aufrecht, wie folgende Beispiele zeigen: • Bis heute weist die SC6 Inclusive Societies mit rund 25 % Other Actions einen überdurchschnittlich hohen Anteil an „gebundenem Budget“ auf.17 • Wie in den anderen Societal Challenges auch, sind IKT-Themen in SC6 Inclusive Societies integriert, und zwar mit einem erheblichen Budgetanteil. Diese IKT-Themen weisen meist kein SSH-Flagging auf. Zu Beginn der Programmperiode wurden sie von vielen als Fremdkörper wahrgenommen, der die Programmlinie stark in Richtung Technologieförderung treibt – und dies bei deutlich niedrigerem Budget für die SC6 Inclusive Societies als in allen anderen Societal Challenges. Eine funktionierende Integration von SSH in diesen von DG CONNECT gesteuerten Ausschreibungen wurde v. a. im ersten zweijährigen Arbeitsprogramm 2014–2015 vermisst. SSH-geleitete Anträge für derartige Ausschreibungen sind bis heute nicht sichtbar. • Auch die Ausgestaltung von Ausschreibungen zu Innovationsforschung wurde immer wieder hinsichtlich ihrer engen Fokussierung, etwa auf Entrepreneurship, im Programmausschuss kritisch diskutiert. • Zu den Teilen des Arbeitsprogrammes, welche Sozial-, Wirtschafts- und teilweise auch Geisteswissenschaften mit-adressieren, gab es ebenfalls laufend Diskussionen im Programmausschuss. Vielen erschien bei Forschung zu den Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Europa der Zugang zum Wachstumsparadigma als zu traditionell und zu wenig offen. Im Gegenzug wurden Themen zu sozialer Ungleichheit erst auf Druck der Mitgliedsstaaten im Programmausschuss stärker in Arbeitsprogramme aufgenommen. Dasselbe gilt hinsichtlich eines größeren Ausschreibungsangebots für Geisteswissenschaften in Themen, die nicht unmittelbar durch IKT mit Technologieanwendung gekoppelt ausgeschrieben werden. Den SSH widerfährt also ein ambivalenter Umgang innerhalb von H2020. Zum einen werden sie als eine für alle Gesellschaftlichen Herausforderungen zentrale Perspektive anerkannt, um nachhaltige Problemlösungen zu erarbeiten. Zum anderen wird gerade die Programmlinie SC6 Inclusive Societies, in der sozialwissenschaftliche Forschung federführend (und qualitativ hochwertig) stattfindet, budgetär kurz gehalten und inhaltlich mit vielen anderen Themen überfrachtet. Zudem wird einerseits das Bestreben nach Interdisziplinarität betont, andererseits aber scheint weiterhin vielfach eine disziplinäre Silo-Logik vorzuherrschen. So kam etwa für die Arbeitsprogramm-Periode 2018–2020 die ursprünglich diskutierte Focus Area zum Themenkomplex Migration für das letzte Arbeitsprogramm nicht zustande. Als Grund nannte die Europäische Kommission, dass es nicht gelang, die dafür notwendigen budgetären Mittel aus unterschiedlichen Societal Challenges zu bündeln. Themen zu Migration and the Refugee Crisis werden nun ausschließlich im Arbeitsprogramm der SC6 ausgeschrieben werden. 17 Das für Other Actions vorgesehene Budget wird in Form von öffentlicher Beschaffung (z. B. für Preise, Konferenzen) oder Förderungen von ExpertInnen und Plattformen für spezifische policy-relevante Themen vergeben und steht nicht für Projekte und damit für kompetitiv vergebene Forschungsförderung zur Verfügung. Seite 16 von 47
Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass bestimmte Themen wie Wirtschaftskrise und Migration, unabhängig von ihrer politischen Brisanz und Herausforderung für die Gesellschaft, von anderen Programmen – trotz aller Bemühungen eines integrierten Forschungsansatzes in den Gesellschaftlichen Herausforderungen – nicht unterstützt werden. Es untermalt auch die Bedeutung der SC6 Inclusive Societies. Damit besteht eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Einführung der SSH-flagged Topics scheint nicht in dem Ausmaß SSH-Integration zu fördern, wie dies angestrebt wurde. Dies wird auch im folgenden Kapitel deutlich und dort, wo möglich, mit konkreten Zahlen belegt. 4 Österreichische Performance 2014 und 2015 in Horizon 2020 4.1 Budgetüberblick Horizon 2020 sieht für die gesamte Laufzeit (2014–2020) ein Fördervolumen von 77,2 Mrd. Euro vor. Mit Stand 30. September 2016 waren 19,6 Mrd. Euro vergeben, das sind 25 % des Budgets. Nachstehende Abbildung (Abb. 3) veranschaulicht die geplanten wie auch bisher vergebenen Fördersummen an alle Staaten nach Programmlinien der drei Säulen von H2020 (Spalten eins bis drei) sowie nach weiteren Themen und Programmen (Spalte vier). Hier wird die bereits in Kapitel 3 thematisierte unterschiedlich hohe Budgetierung der einzelnen Programmlinien sichtbar. Mit rund 1,3 Mrd. Euro ist die SC6 Inclusive Societies die am geringsten dotierte Gesellschaftliche Herausforderung. Seite 17 von 47
Abb. 3: Horizon 2020 Budget in Millionen Euro nach Programmen und Abwicklungsfortschritt SÄULE 1 SÄULE 2 SÄULE 3 WEITERE THEMEN UND WISSENSCHAFTS-EXZELLENZ FÜHRENDE ROLLE IN DER GESELLSCHAFTLICHE PROGRAMME INDUSTRIE HERAUSFORDERUNGEN Gesamt: 24.232,10 Gesamt: 16.466,50 Gesamt: 28.629,60 Ergebnisse vorliegend: 6.702,09 Ergebnisse vorliegend: 4.527,45 Ergebnisse vorliegend: 7.419,05 Abwicklungsquote: 27,7% Abwicklungsquote: 27,5% Abwicklungsquote: 25,9% Frontier research founded by the Leadership in enabling and SC1: Health, demographic change Spreading Excellence and European research Council (ERC) industrial technologies and wellbeing Widening Participation Gesamt: 13.094,80 Gesamt: 13.035,00 Gesamt: 7.256,70 Gesamt: 816,50 Ergebnisse vorliegend: 3.474,33 Ergebnisse vorliegend: 4.454,27 Ergebnisse vorliegend: 1.621,98 Ergebnisse vorliegend: 162,21 Abwicklungsquote: 26,5% Abwicklungsquote: 34,2% Abwicklungsquote: 22,4% Abwicklungsquote: 19,9% SC2: Food security, sustainable agriculture and forestry, marine Future and Emerging maritime and inland water Technologies Access to risk finance research and the Bioeconomy Science with and for Society Gesamt: 2.585,40 Gesamt: 2.842,30 Gesamt: 3.707,70 Gesamt: 444,90 Ergebnisse vorliegend: 570,38 Ergebnisse vorliegend: 8,20 Ergebnisse vorliegend: 874,17 Ergebnisse vorliegend: 105,54 Abwicklungsquote: 22,1% Abwicklungsquote: 0,3% Abwicklungsquote: 23,6% Abwicklungsquote: 23,7% SC3: Secure, clean and efficient Non-Nuclear direct actions of the Marie Skłodowska-Curie actions Innovation in SMEs energy JRC Gesamt: 6.162,30 Gesamt: 589,20 Gesamt: 5.688,10 Gesamt: 1.855,70 Ergebnisse vorliegend: 1.939,41 Ergebnisse vorliegend: 64,98 Ergebnisse vorliegend: 1.692,90 Ergebnisse vorliegend: 0,00 Abwicklungsquote: 31,5% Abwicklungsquote: 11,0% Abwicklungsquote: 29,8% Abwicklungsquote: 0,0% European research infrastructures, including e- Industrial Leadership - Cross- SC4: Smart, green and integrated European Institute of Innovation Infrastructures theme transport and Technology (EIT) Gesamt: 2.389,60 Gesamt: 0,00 Gesamt: 6.149,40 Gesamt: 2.383,00 Ergebnisse vorliegend: 717,97 Ergebnisse vorliegend: 0,00 Ergebnisse vorliegend: 1.588,71 Ergebnisse vorliegend: 0,00 Abwicklungsquote: 30,0% Abwicklungsquote: - Abwicklungsquote: 25,8% Abwicklungsquote: 0,0% SC5: Climate action, environment, resource efficiency and raw materials EURATOM Gesamt: 2.956,50 Gesamt: 2.374,00 Ergebnisse vorliegend: 895,89 Ergebnisse vorliegend: 512,76 Abwicklungsquote: 30,3% Abwicklungsquote: 21,6% SC6: Europe in a changing world - Inclusive, innovative and reflective societies Gesamt: 1.258,50 Ergebnisse vorliegend: 329,33 Abwicklungsquote: 26,2% SC7: Secure societies – Protecting freedom and security of Europe and its citizens Gesamt: 1.612,70 Ergebnisse vorliegend: 416,08 Abwicklungsquote: 25,8% Quelle: FFG-Cockpitbericht zum eCORDA-Datenstand 30.9.2016, S. 3 Seite 18 von 47
Österreichs Anteil am bereits vergebenen Fördervolumen beträgt 563,8 Mio. Euro, das sind 2,9 %. Nachstehende Ausführungen werden zeigen, dass nur ein Bruchteil davon SSH-ForschungsakteurInnen und SSH-Themen zu Gute kommt. 4.2 Fördervolumen an SSH-Partner Sehen wir uns zu Beginn an, von welchen Summen wir sprechen, wenn es konkret um SSH-Beteiligung und SSH-ForschungsakteurInnen bzw. -organisationen geht. Dazu lassen sich in den Monitoring Berichten der Europäischen Kommission Informationen finden. Datenbasis des EK Monitorings zur Integration von SSH in Horizon 2020 sind die geförderten Projekte in den SSH-flagged Topics der Ausschreibungen 2014 und 2015 in Säule 3 und den LEIT-Programmen von Säule 2. In den folgenden Abbildungen geht es um jene Budgets, die 2014 (Abb. 4) und 2015 (Abb. 5) nachvollziehbar an SSH-Partner18 in Konsortialprojekten in SSH-flagged Topics geflossen sind. 18 Laut Definition im EK Monitoring Bericht: SSH-Partner sind Konsortialpartner (Institutionen), von denen mehr als 66 % der im Projektantrag angeführten ExpertInnen einen SSH-Hintergrund haben. Seite 19 von 47
Abb. 4: Budget für SSH-flagged Topics und für SSH-Partner in Projekten 2014 (in Mio. Euro) Budget allocated to SSH-flagged topics and to SSH partners (million €) Share of Share of Share of budget Budget Budget budget going budget going Budget going going to Austrian Horizon Total budget allocated to going to to SSH to SSH to Austrian SSH partners out 2020 parts 2014 calls SSH-flagged SSH partners under partners out of SSH partners of budget all SSH topics partners SSH-flagged the total call partners topics budget SC1 589 275 33 12% 6% 2,20 6,6% SC2 293 104 29 27% 10% 0,52 1,8% SC3 583 94 21 22% 4% 1,65 7,8% SC4 539 226 21 9% 4% 2,09 9,9% SC5 306 124 16 13% 5% 0,00 0,0% SC6 114 83 70 84% 61% 2,59 3,7% SC7 205 79 28 36% 14% 0,63 2,2% Total SC 2629 985 218 22% 8% 9,69 4,4% LEIT-ICT 710 100 13 13% 2% 0,93 6,9% LEIT-NMBP 533 21 3 16% 1% 0,94 27,3% LEIT-SPACE 130 17 1 7% 1% 0,29 24,6% Total LEIT 1373 138 18 13% 1% 2,15 11,9% Total 4002 1123 236 21% 6% 11,84 5,0% Total ex. SC6 3887 1041 166 16% 4% 9,25 5,6% Quelle: Datenauswertung des EK Monitoring Reports für 2014, Spalten zu österreichischer Beteiligung: Auswertung FFG Abb. 5: Budget für SSH-flagged Topics und für SSH-Partner in Projekten 2015 (in Mio. Euro) Budget allocated to SSH-flagged topics and to SSH partners (million €) Share of Share of Share of budget Budget Budget budget going budget going Budget going going to Austrian Horizon Total budget allocated to going to to SSH to SSH to Austrian SSH partners out 2020 parts 2015 calls SSH-flagged SSH partners under partners out of SSH partners of budget all SSH topics partners SSH-flagged the total call partners topics budget SC1 590 135 26 19% 4% 0,44 1,7% SC2 179 85 12 14% 7% 0,55 4,5% SC3 619 88 13 15% 2% 2,00 15,7% SC4 268 75 27 36% 10% 1,11 4,1% SC5 329 172 16 9% 5% 0,43 2,7% SC6 127 92 61 67% 48% 1,87 3,1% SC7 200 38 13 34% 7% 0,57 4,3% Total SC 2312 685 168,5 25% 7% 6,97 4,1% LEIT-ICT 819 195 28,5 15% 3% 1,84 6,4% LEIT-NMBP 510 8 0,2 2% 0% 0,00 0,0% LEIT-SPACE 104 0 0 0% 0% 0,00 0,0% Total LEIT 1433 203 28,7 14% 2% 1,84 6,4% Total 3745 888 197,2 22% 5% 8,81 4,5% Total ex. SC6 3618 796 136 17% 4% 6,94 5,1% Quelle: Datenauswertung des EK Monitoring Reports für 2015, Spalten zu österreichischer Beteiligung: Auswertung FFG 2015 stand weniger Budget als 2014 zur Verfügung. Auch der Budgetanteil der SSH- Partner am gesamten Ausschreibungs-Budget ist von 6 % auf 5 % gesunken. Insgesamt sind somit 2015 um rund 39 Mio. Euro weniger an SSH-Partner gegangen. Generell ist zu sagen, dass es sowohl zwischen den Programmlinien als auch im Jahresvergleich zu Variationen kommt. In beiden Jahren sticht aber die SC6 Inclusive Societies hervor: Das Budget, das innerhalb dieser SC an SSH-Partner geht, macht immerhin 30 % des Gesamtbudgets aus, das an alle SSH-Partner in den betrachteten Programmen und SSH- flagged Topics fließt. Seite 20 von 47
Der Rückgang des Gesamtbudgets sowie des Budget-Anteils für SSH-Partner im Jahres- vergleich spiegelt sich auch in den Zahlen für Österreich wider: Das Fördervolumen für österreichische SSH-Partner sank um gut zwei Mio. Euro von 11,84 Mio. Euro 2014 auf 8,81 Mio. Euro 2015. Zudem ging der Anteil deren Fördervolumens von 5 % auf 4,5 % zurück. Dabei blieb der Einfluss, den SC6 Inclusive Societies auf den Budgetanteil für österreichische SSH-Partner zeigt, gleich (für beide Jahre: 0,6 Prozentpunkte). Hingegen ergaben sich in anderen Programmlinien, sowohl in Säule 2 als auch Säule 3, deutliche Budgetflussverschiebungen. Insgesamt stellen 5 % bzw. 4,5 % Anteil am SSH-Förder- volumen für österreichische Partner eine gute Performance dar, liegt doch der Österreich- Anteil am Gesamt-Förderbudget für Horizon 2020 bei 2,9 % (FFG-Cockpitbericht, November 201619). In eine Grafik gegossen, sehen die Größenverhältnisse der Budgets in Horizon 2020 (für alle Ausschreibungen aus 2014 + 2015 gesamt 7.747 Mio. Euro, für SSH-flagged Topics 2.011 Mio. Euro, für SSH-Partner 433,2 Mio. Euro; inkl. SC6) folgendermaßen aus: Abb. 6: Budget für alle Ausschreibungen 2014+2015 (gelb), davon an SSfT (grün), davon an SSH-ForschungsakteurInnen (rot) Quelle: Datenauswertung der EK Monitoring Reports für 2014 und 2015, Darstellung: FFG Es ist also ein verschwindend kleiner Budgetanteil, der aus den Ausschreibungen 2014 und 2015 bei den SSH-Partnern ankam. Rechnet man die Programmlinie SC6 Inclusive Societies noch heraus, die primär von SSH bedient wird, so zeigt sich, dass die Integration von SSH in den anderen Forschungsfeldern noch geringer ist. Für die Folgejahre 2016–18 ist von keinen starken Veränderungstendenzen auszugehen, wenn sie nicht schon jetzt in der Arbeitsprogrammgestaltung mitgedacht werden. 19 Cockpitbericht zum Datenstand 30.9.2016, Wien, 10. November 2016 https://www.ffg.at/sites/default/files/allgemeine_downloads/Monitoring/H2020/ffg_eupm_h2020_cockpitbericht_o ktober_2016.pdf Seite 21 von 47
Wie unterschiedlich sich die Budgets der Ausschreibungen gesamt, für die SSH-flagged Topics und für die SSH-Partner auf die einzelnen Programmlinien verteilen, zeigen nachstehende Abbildungen: Abb. 7: Budgetverteilung für alle Ausschreibungen, für SSH-flagged Topics und für SSH-Partner 2014 (oben) und 2015 (unten) Quelle: Datenauswertung der EK Monitoring Reports für 2014 und 2015 Seite 22 von 47
In den einzelnen Programmlinien werden also in sehr unterschiedlichem Ausmaß Förderbudgets an SSH-Partner vergeben. Dies hängt auch mit den unterschiedlichen Anteilen an SSH-flagged Topics in den Programmlinien zusammen. Nur jene der Societal Challenges betrachtet, lag deren Anteil dort in den Calls 2014 und 2015 bei 40 %. Das bedeutet, dass immerhin 60 % der Topics der missionsorientierten Programmlinien mit einer stark interdisziplinären Ausrichtung von vornherein als für SSH nicht relevant eingestuft werden. Getrennt nach Säulen betrachtet wurden im Jahr 2015 in Säule 3 insgesamt 2.312 Mio. Euro bewilligt, davon entfielen 685 Mio. Euro auf SSH-flagged Topics. Von diesem Betrag kamen nur 25 % SSH-Partnern zu Gute (168,5 Mio. Euro). Zieht man als Vergleichswert die Gesamtbewilligungen in H2020 für Säule 3 heran, ergibt dies einen Anteil von 7 % (2014: 8 %). Für die Säule 2 ergibt sich im Überblick eine noch ungünstigere Verteilung von Fördergeldern auf SSH-Partner. Hier kommen nur 14 % der Gelder in SSH-flagged Topics bei SSH-Forschungsorganisationen an, auf das Gesamtbudget gerechnet sind dies sogar nur 2 % der Fördersumme. Bei den drei LEIT-Programmlinien sticht im Jahr 2015 LEIT-ICT hervor, wo 15 % des Budgets in SSH-flagged Topics an SSH-Partner geht, was aber auf das Gesamtbudget gerechnet nur 3 % ausmacht. Im Jahr 2014 lag LEIT-NMBP weit über den anderen LEIT-Programmlinien. Betrachten man den Budget-Anteil in SSH-flagged Topics, betrug der Anteil am Gesamtbudget jedoch lediglich 1 %. Säule 2 und Säule 3 zusammen betrachtet, machten die Förderungen an SSH-Partner im Jahr 2015 nur 5 % aller Förderungen in H2020 aus (und damit noch um einen Prozentpunkt weniger als 2014; trotz leichten Anstiegs des Anteils am Fördervolumen an SSH-Partner in SSH-flagged Topics von 21 % 2014 auf 22 % 2015). Rechnet man SC6 Inclusive Societies aufgrund ihrer spezifischen Bedeutung für SSH aus den Budgets heraus, sinkt der Anteil des Budgets für SSH-Partner um einen Prozentpunkt auf 4 %. Durch Projektförderungen in SC6 Inclusive Societies flossen 2015 61 Mio. Euro an SSH- Partner. Obwohl die S6 Inclusive Societies deutlich geringer als die anderen Challenges dotiert ist, stellt dieser Betrag dennoch knapp ein Drittel aller Fördermittel dar, die 2015 insgesamt an SSH-Partner in SSH-flagged Topics vergeben wurden. Die Integration der SSH ist also mit der Maßnahme, Topics als für SSH besonders relevant zu kennzeichnen, in nur geringem Ausmaß gelungen. In den wenigsten Fällen werden in den SSH-flagged Topics tatsächlich SSH-ForschungsakteurInnen gefördert. Damit lässt sich die Forderung nach verstärkter interdisziplinärer Forschung zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen nur schwer umsetzen. Das Vorhaben, die Aufmerksamkeit auf SSH-relevante Ausschreibungen zu erhöhen, erscheint sinnvoll. Fraglich ist jedoch, wieweit hier eine tatsächliche Weiterentwicklung zum siebten Rahmenprogramm erkennbar ist. Weiters wurde deutlich: Allein in SC6 Inclusive Societies ist, wo SSH genannt wird, tatsächlich auch SSH vorhanden und wird dies auch in budgetärer Zuwendung sichtbar. Seite 23 von 47
Kernaussagen: • Die Förderungen, die SSH-Partnern in Säule 2 und Säule 3 zusammen gesehen zu Gute kamen, machen 2015 nur 5 % aller Förderungen in H2020 aus, was einen Rückgang um einen Prozentpunkt gegenüber 2014 bedeutet. Säule 3 alleine betrachtet liegt dieser Anteil bei 8 % (2014: 7 %), für Säule 2 liegt er lediglich bei 1 % (2014 hingegen: 2 %). • Ohne SC6 Inclusive Societies sinkt der Anteil der Fördergelder an SSH-Partner in Säule 2 und Säule 3 auf 4 % (gleiche Prozentzahl 2014). • 70 Mio. Euro Fördergelder 2014 und 61 Mio. Euro im Jahr 2015 an SSH-Partner in SC6 Inclusive Societies machen rund 30 % aller Fördermittel an SSH-AkteurInnen in Säule 2 und Säule 3 zusammen aus. • Im Jahr 2015 stand insgesamt um gut 250 Mio. Euro weniger Budgetvolumen für die Säulen 2 und 3 zur Verfügung als 2014. Dabei sank auch der für SSH-flagged Topics gewidmete Budget-Anteil von 28 % auf 24 %. Für die SSH-Partner bedeutete dies einen Rückgang des Fördervolumens an sie von fast 40 Mio. Euro. • Das Fördervolumen für österreichische SSH-Partner sank – analog zum generellen Rückgang der Mittel 2015 – um gut zwei Mio. Euro von 11,84 Mio. Euro 2014 auf 8,81 Mio. Euro 2015. Zudem ging der Anteil des Fördervolumens an SSH-Partner für die österreichischen SSH-Partner von 5 % auf 4,5 % zurück. 4.3 SSH-flagged heißt nur selten auch SSH-integrated – zur Qualität der SSH-Integration Die Kennzeichnung eines Topics als für SSH-Fragestellungen relevant (SSH-flagged Topic) bedeutet noch nicht, dass tatsächlich SSH-Partner in einem Projekt beteiligt sind bzw. in einem zufriedenstellenden Ausmaß beteiligt sind. Auch bzgl. der qualitativen Integration liefert das EK Monitoring Ergebnisse. In Kapitel 2 wurde die Vorgansweise der Qualitätsmessung im Monitoring bereits erläutert. Jedes Projekt, in dem SSH-Partner identifiziert wurden (mindestens 66 % der eingebrachten Leistung des Projektpartners wird SSH-ExpertInnen zugerechnet), wird anhand von vier Dimensionen (Anteil SSH- Forschungspartner, Budget-Anteil an SSH- Forschungspartner, SSH in relevanten Projekttexten und -teilen erkennbar (2014)/Anteil der Personenmonate von SSH- Forschungspartnern (2015), SSH-Input von mindestens zwei Disziplinen) geprüft, inwieweit SSH-Integration erfolgt (none, weak, fair, good). Abbildung 8 verdeutlicht die spezifische Rolle von SC6 Inclusive Societies, auch was die Qualität von SSH-Integration anbelangt: Seite 24 von 47
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