Windesheim University of Applied Sciences Zwolle, Niederlande - Erfahrungsbericht Erasmus+ WS 2017/2018
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Erfahrungsbericht Erasmus+ Windesheim University of Applied Sciences Zwolle, Niederlande WS 2017/2018
Vorwort Ich habe mich relativ spontan für ein Auslandsemester entschieden, nachdem mich ein Mitstudent in die Erasmus-Infoveranstaltung mitgeschleppt hat. Die Niederlande habe ich gewählt, da sie ein progressives und liberales Land sind, ihre Bewohner sehr gutes Englisch sprechen und die geographische Lage sehr zum Reisen einlädt. Am Ende meines Semesters war ich überrascht, wie viel ich gesehen und erlebt habe, obwohl ich „nur“ im Nachbarland war. Anreise - Auto: Parken kann in Zwolle je nach Lage teuer werden, auch Benzin ist mit um 1,50€/l Benzin nicht gerade billig. Wer jedoch viel Gepäck hat und an ungemütlichen Tagen lieber Auto statt Rad fährt, sollte sich das überlegen. Auch Roadtrips mit anderen Studenten sind so günstig möglich. Die Fahrtzeit beträgt je nachdem wie viel Pausen ihr macht zwischen acht und zehn Stunden. Ich selbst bin mit dem Auto angereist und kann es empfehlen. - Flugzeug: Flüge sind – frühe Buchung vorausgesetzt – um 100€ möglich. Der Flug dauert etwas über eine Stunde. Vom Flughafen in Amsterdam muss man dann nochmal etwas mehr als eine Stunde mit dem Zug nach Zwolle fahren. Wenn ihr all euer hab und gut in eine bezahlbare Menge an Koffern bekommt, ist das auch eine gute Möglichkeit. - Zug: Theoretisch auch möglich, jedoch mit über acht Stunden recht lang. Außerdem oftmals mit vielen Umstiegen verbunden. Verkehrsmittel - Fahrrad: Ganz nach dem niederländischen Stereotyp ist das bevorzugte Verkehrsmittel in Zwolle das Rad. Der Innenstadtkern ist nahezu Autofrei und alle wichtigen Orte sind in wenigen Minuten mit dem Fahrrad erreichbar. Fahrräder kann man zu Beginn für um die 100€ kaufen – eine Liste mit den aktuellen Läden werden euch eure Mentoren aushändigen. Hier gilt es schnell zu sein, da am ersten Wochenende die meisten Studenten ein Rad kaufen wollen. Prinzipiell solltet ihr euch kein teures Rad anschaffen, da es dann nicht gerade unwahrscheinlich ist, dass es gestohlen wird. - Öffentlicher Nahverkehr: Die Öffentlichen in Zwolle sind – begründet in der Fahrradkultur – nur marginal ausgebaut. Ab und an sieht man Bushaltestellen und fast noch seltener die dazugehörigen Busse. Wenn man in Zwolle lebt, braucht man diese aber eigentlich nicht - Regionalzüge: Die Züge der niederländischen Verkehrsbetriebe liegen preislich in etwa auf dem Niveau der Deutschen Bahn. Allerdings gibt es ein Gruppenticket, mit dem man, vorausgesetzt man hat genug Leute (fünf oder mehr) und jemanden mit niederländischen Konto, zwischen sieben und zehn Euro bezahlt – hin und zurück. Im Gegensatz zur Deutschen Bahn sind die Züge dort jedoch (über)pünktlich und schnell. Man erreicht so ziemlich jedes interessante Ziel in den Niederlanden in ein bis drei Stunden. - Auto: Wie bereits erwähnt ist das Auto im Unterhalt bei unseren Nachbarn recht teuer. An der Uni kostet parken 2€/Tag, an einigen Orten kann man gar nicht länger
als ein paar Stunden parken. Außerdem ist es gut zu wissen, dass es nahezu an jeder Kreuzung Blitzer gibt und dass die Strafen dafür drastisch höher sind. Außerdem gilt eine Promillegrenze von 0,1 für die ersten fünf Jahre Führerschein. Zwolle Ich habe mich sehr wohl gefühlt in der Provinzhauptstadt. Für mich ist Zwolle ein ruhigeres, provinzielleres Amsterdam. Es bietet die typisch niederländische Lebensart, mit Grachten, Fahrradfreundlichkeit, der Architektur und den Einwohnern. Dennoch ist es keineswegs langweilig: Zwolle ist eine Studentenstadt durch und durch. Es bietet viele Cafes, Bars, Restaurants, kleine Clubs und viele Läden zum Shoppen. Auch feiern gehen kommt nicht zu kurz, auch wenn es keine riesigen Discos gibt. Wer feiern will, kann dies dienstags und von Donnerstag bis Samstag tun. Generell ist Zwolle eine schöne und saubere Stadt. Der Innenstadtkern, die „Altstadt“, wird von einer sternförmigen Gracht umgeben. Im Kern befinden sich ziemlich alle oben genannten Läden. Am Stadtplatz findet dann jeden Freitag und Samstag ein Wochenmarkt statt, auf dem man frische Lebensmittel vergleichsweise günstig bekommt. Außerhalb der Innenstadt gibt es unzählige Supermärkte, ein Kino, und vieles mehr. Sollte es einen doch mal in eine andere Stadt ziehen, bietet Zwolle mit seinem großen Bahnhof erstaunlich viele Optionen an. Vorbereitung Zuerst muss man das Buddy-Programm in München absolvieren, bei dem man als Ansprechpartner und Helfer für einen Incoming-Studenten fungiert. Meine mir zugeteilte Studentin war sehr eigenständig und so habe ich nicht wirklich viel Arbeit mit ihr gehabt. Außerdem wird ein gewisses Englisch-Kompetenzniveau verlangt. Am Anfang des Semesters muss man in der Windesheim UAS den Cambridge Englisch-Test machen. Je nachdem, welches Level man erreicht, muss man verpflichtend an Englischkursen teilnehmen. Wer die Business English Kurse in München noch vor sich hat, kann sich das überlegen. Anscheinend ist der Anfängerkurs recht simpel, während der weiterführende Kurs sehr arbeitsaufwändig sein soll. Ab C1 im Cambridge Test ist man nichtmehr dazu verpflichtet und kann diese freiwillig machen. Bis zu einem gewissen Level ist nur der weiterführende, dann beide Kurse verpflichtend. Wer keine passende Kredit- oder Debitkarte hat, zahlt in den Niederlanden oftmals je Abhebung gebühren. Das kann mit einem niederländischen Konto natürlich umgangen werden. Glücklicherweise sind die Niederländer sehr progressiv – und so kann man so ziemlich überall per Bankkarte bezahlen. Ich war insgesamt dreimal Bargeld abheben in fünf Monaten. Bei Vodafone und Telekom werden die Vertragskonditionen 1:1 ohne Mehrkosten in den Niederlanden bereitgestellt. Ihr müsst also keinen extra Vertrag in Zwolle abschließen. O² hingegen kürzt euer Volumen auf 1GB soweit ich weiß. Die Vertragskosten der niederländischen Provider sind in etwa dieselben wie in Deutschland.
Unterkunft Die Hochschule hat eigene Kontingente in Studentenwohnheimen, die exklusiv für Auslandsstudenten bereitgestellt werden. Allerdings gibt es weniger Wohnungen als Interessenten. Ihr werdet eine Mail bekommen mit Deadline, da gilt es dann schnell sein, da es auf „first come first served“-Basis läuft. Außerdem braucht ihr für die Mietkaution eine Kreditkarte mit etwas unter 900€ Limit. Private Unterkünfte sind gerade zum Wintersemester sehr schnell weg, werden präferiert an Langzeitstudenten und ohne Möbel angeboten. Deshalb gilt so oder so: rechtzeitig mit der Wohnungssuche anfangen. Im folgendem die verschiedenen Angebote: - Talentenplein (Hochschule): Man teilt sich ein Zimmer zu zweit. In dem Zimmer befinden sich zwei Betten, eine Küchenzeile, Schränke, Tisch und Stühle. Außerdem hat man ein kleines Bad. Da ich alleine nach Zwolle reiste, somit keinen mir bekannten Zimmerpartner hatte und es nicht riskieren wollte, mit einem Fremden zusammenzuleben, mit dem ich mich womöglich nicht verstehe, entschied ich mich dagegen. Dieses Wohnheim ist allerdings das modernste und neuste. In meinem Semester waren dort die meisten Parties und Pre-drinks. Es liegt direkt vor der Innenstadt. Man kann von hier aus problemlos binnen Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad einkaufen, shoppen, feiern oder essen gehen. An der Uni ist man mit dem Rad in unter zehn Minuten. Durch die zentrale Lage bedingt gibt es aber in der ganzen Umgebung keine kostenlosen Parkplätze. - Leliestraat (Hochschule): Was von außen ein graues Betonhochhaus ist, ist nichts anderes als ein älteres Talentenplein. Die Betten sind diesmal nur Stockbetten, und es liegt nicht ganz so zentral. Zur Uni sind es per Rad ca. zehn Minuten, in die Innenstadt braucht man das Rad ebenso. Während die Räume älter sind als in Talentenplein, so ist das Parken hier umsonst. Außerdem sind die Erasmus-Räume in den oberen Stockwerken. Der Blick von den Balkons über Zwolle ist toll. Auch hier teilt man sich das Zimmer zu zweit; und ab und an gab es Parties in den Zimmern und Gängen. - Rijnlaan (Hochschule): Hier hat man ein Einzelzimmer, teilt sich jedoch Küche, Toilette und Bad mit mehreren Personen. Das eigentliche Problem hier ist die Distanz: Zur Uni sind es mit dem Rad um die 20 Minuten, in die Innenstadt 15. Ich war so gut wie nie dort, weil es so abgelegen ist. - Privat: Ich war zu spät dran und habe kein Zimmer mehr in den o.g. Unterkünften bekommen. Private Räume habe ich ebenfalls keine gefunden, bis die Hochschule eine private WG-Wohnung für uns aufgetrieben hat. Vondelkade 78 ist eine WG mit vier Personen. Man hat seinen eigenen Raum und teilt sich Küche, Bad und WC. Es ist 15min per Rad von der Uni entfernt und unter zehn zur Innenstadt. Die Hochschule konnte mir nicht sagen, ob die Wohnung für die nächsten Semester angeboten wird. Allerdings würde ich sie den anderen Vorziehen. Jeder meiner Mitstudenten aus den anderen Wohnheimen war derselben Meinung. Allerdings muss man wissen, dass die Möbel höchstens von den Vorgängern übernommen werden können. Allerdings sollten diese ziemlich günstig weitergegeben werden. Preislich liegen alle oben aufgeführten Möglichkeiten zwischen 350€ und 450€ warm. Erwartet keine riesigen Zimmer, gerade wenn ihr euch zu zweit ein Zimmer teilt. Trotzdem lässt es sich in den Räumen sehr gut leben.
Die Partnerhochschule Die Windesheim University of Applied Sciences ist mit ca. 20.000 Studenten nicht nur eine der größten Hochschulen der Niederlande; auch wählen sie ihre Studenten regelmäßig zu einer der besten. Die „Business, Media & Law“-Fakultät befindet sich im modernsten Gebäude auf dem Campus, dem X-Building. Es besticht durch eine einzigartige Architektur, kleine durch Glaswände abgetrennte Klassenzimmer, moderner IT und ein helles Atrium. Für mich war der Gang in die Uni allein schon wegen diesem Gebäude ein Erlebnis. Auch der Unterricht war für mich als HM-Studenten zunächst gewöhnungsbedürftig. Die Klassen sind relativ klein gehalten: Bei mir waren es zwischen 5 und 25 Studenten pro Kurs. Dementsprechend offen und interaktiv waren die Vorlesungen; mit den Dozenten ist man per Du und der Umgang mit ihnen ist vergleichsweise locker und entspannt. Grundsätzlich wird von den Studenten erwartet, genauso modern wie die Hochschule zu sein. In fast jedem Kurs habe ich meinen Laptop gebraucht, generell wird einem die Nutzung von Technik sehr leicht gemacht. Nicht nur in diesen Aspekten ist die Windesheim UAS deutlich anders strukturiert als die HM. Während ich von der HM zwei stressige Prüfungswochen ohne wirklich vorher zu erledigende Tasks gewohnt war, setzt man in den Niederlanden auf einen ausgewogeneren Ansatz. Ich hatte in regelmäßigen Abständen Assignments abzugeben oder Präsentationen zu halten – all dies floss als Anteil in die Gesamtnote ein. Außerdem ist ein Semester in zwei Hälften geteilt, d.h. es gibt zwei Klausurphasen. Die Klausuren sind allesamt in Englisch. Die Kurse Ich habe insgesamt 25 ECTS in Zwolle gemacht. Wenn man Englisch noch nicht geschrieben hat, kann man beide Englischkurse dort absolvieren. Die Noten dort waren anscheinend mehr als fair. Zu meinen Kursen: - Lean Six Sigma: Der Kurs war eine Mischung aus unseren Statistikfächern und Projektmanagement. Sehr spannend und nützlich, jedoch auch viel Stoff. Da die MC- Klausur open-book war, hielt sich der Lernaufwand dann doch in Grenzen. Ich empfehle, das vom Professor empfohlene Buch zu kaufen, es hat mir sehr geholfen. Wenn man die Klausur besteht, kann man sich auch das „Lean Six Sigma green belt certificate“ von einer niederländischen Consultingagentur ausstellen lassen. Die Bearbeitungsgebühr dafür beträgt 50€. Das Zertifikat ist allgemein anerkannt und wird auch von Agenturen wie bearingpoint angeboten. - Global Trends and Issues: Ein sehr interessantes Fach über Marktanalysen mit viel Hintergrundinformationen über Nachhaltigkeit. Generell sehr modern und progressiv gehalten. Die Vorlesungen haben nicht wirklich zur Klausur beigetragen, da nur ein Buch von rolandberger als Grundlage für die Klausur gedient hat. Es war aber so spannend, dass ich jede Vorlesung besucht habe. Die MC-Klausur ist mit dem Studium des Buches ebenfalls sehr machbar. Die Assignments fließen nur als pass/fail ein und nicht in die Note. - Intercultural awareness + Cross cultural management: Pro Semesterpart hatte ich eines der zwei Fächer. Beides war recht interaktiv, und gerade in einer interkulturellen Klasse sehr praxisnah. Für beide Fächer musste man eine benotete
Präsentation halten sowie eine Klausur schreiben. Alles zusammen ergab dann eine gesamte Note in München - Project 1 + Project 2: Beides waren Gruppenarbeiten mit einem echten Klienten. Die Kurse erfordern viel Eigeninitiative, interkulturelles Verständnis und eine hohe Frustationsschwelle. Die Gruppen werden nämlich von der Hochschule zusammengemischt. Wenn man Glück hat, kommt man in ein ausgewogenes Team und kann sich einer guten Note ohne viel Arbeit sicher sein. Wenn nicht, kann es schon passieren, dass man am Ende alleine oder zu zweit ein Projekt mit Workload für fünf stemmen muss. Nach der Benotung kann man über einen Punktepool die Punkte zwischen den Mitgliedern je nach Einbringung verteilen. Allerdings nur, wenn jedes Gruppenmitglied zustimmt. Ich habe in beiden Gruppen mit Studenten gearbeitet, die nicht mithelfen konnten (wegen fehlenden sprachlichen Kenntnissen) oder wollten. In beiden wurden die Punkte dann innerhalb der Gruppe fair verteilt. Ich rate euch, das aber zu Beginn klar mit der Gruppe abzusprechen, damit am Ende keine bösen Überraschungen auftreten. - Windesheim & the Netherlands: Das beste Fach. Selbst die Studenten, die es nicht im Learning Agreement hatten, haben jede Veranstaltung besucht. Die Studentenorganisation SUN organisiert in diesem Fach ca. 8 Events, wobei man min. 5 davon besuchen muss. Unter anderem waren es eine Stadtführung durch Zwolle, ein Ausflug ans Meer und ein internationales Buffet. Am Ende muss man noch einen Essay über die kulturellen Unterschiede/Gemeinsamkeiten mit dem eigenen Land schreiben, welcher dann benotet wird. - Dutch language introduction: Als absolutes Muss habe ich natürlich den Beginnerkurs der Landessprache gewählt. Der war zwar ganz spaßig, aber deutlich aufwendiger als ich dachte. Man muss jede Woche ein Video drehen, wie man sich mit einem Holländer in Niederländisch unterhält. Diese Videos waren dann 50% der gesamten Note, während die anderen 50% eine sehr faire Klausur war. Die Benotung Das Benotungssystem geht bis 10 (exzellent), wobei alles unter 5,5 als nicht bestanden gilt. 10 Punkte werden so gut wie nie vergeben. Diese Umrechnungstabelle hilft sehr zur Orientierung:
Die Anrechnung Ich habe die Kurse von meinen Vorgängern übernommen und bin so (ohne die Englischkurse) auf 24 ECTS in Zwolle gekommen, was in München auf 25 ECTS aufgerundet wird. Ich konnte keine weiteren anrechenbaren Kurse in den angebotenen englischsprachigen Kursen der Windesheim UAS finden. Fazit Ich kann jedem, der progressiv eingestellt ist und ein aufregendes, „typisches“ Auslandssemester erleben will nur empfehlen, nach Zwolle zu gehen. Der Studentenalltag war entgegen seinem Namen nie wirklich alltäglich. Das International Office dort legt sehr viel Wert darauf, dass man sein Auslandssemester genießt – und das merkt man auch. Die Uni war nie wirklich im Vordergrund – Erleben, Feiern und Reisen hingegen schon. Zusätzlich konnte ich meinen Schnitt deutlich verbessern. Kontakt Bei Fragen könnt ihr mich gerne kontaktieren via florianlohse@outlook.de
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