Erasmus-Semester an der Universidad de Granada - Sommersemester 2013

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Erfahrungsbericht

   Erasmus-Semester an der Universidad de Granada –
                           Sommersemester 2013

Das erste Monat: Wohnungssuche, Orientierungsveranstaltung, Sprachkurs.

Meine Ankunft in Granada war zwei Wochen vor Semesterstart angesetzt um genug Zeit zu
haben um mich in der neuen Stadt zu Recht zu finden (Wo befindet sich meine Fakultät? Wie
komme ich am besten hin? Wo finden meine Vorlesungen statt? etc.). Es war mir ein
persönliches Anliegen schon von Wien aus ein Zimmer in einer WG zu haben, einfach um
mir die Ankunft stressfreier zu machen. Für den schlimmsten Fall, dass die Wohnsituation
nicht so war wie ich es mir vorgestellt hatte, hätte ich in den zwei Wochen auch noch genug
Zeit gehabt mir ein neues Zimmer zu suchen. Glücklicherweise lief alles problemlos ab, und
mir wurde nicht zu viel versprochen – die WG und mein Zimmer waren genau so wie sie mir
beschrieben wurden und auf den Fotos ausgesehen hatten. Ich habe bewusst nach größeren
Wohngemeinschaften gesucht um gleich mehr Anschluss zu anderen Studenten in Granada zu
finden (in der Hoffnung im besten Fall gleich mit einigen SpanierInnen zusammen zu
wohnen), und habe mein Semester dann in einer 10er WG verbracht, und würde, könnte ich
noch einmal ein Erasmus machen, wieder nach einer großen Wohngemeinschaft suchen.

       Tipp: Wohnungssuche

       Ich persönlich finde es entspannter schon vorab eine Bleibe zu haben, habe in Granada
       aber andere Erasmusstudenten kennengelernt, die erst vor Ort eine Wohnung gesucht
       haben und diese auch problemlos gefunden haben. Man sollte sich nur bewusst sein,
       wenn man über das Internet nach einem Zimmer sucht, dass SpanierInnen nicht
       sonderlich schnell auf E-Mails antworten und außerdem ist es so, dass viele
       Wohnungen oder Zimmer oft schöner beschrieben werden als sie sind und sehr viele
       Wohngemeinschaften nur schnell jemanden für die nächsten Monate suchen um nicht
       auf den Kosten sitzen zu bleiben. Falls man also nicht in einer Zweck-WG wohnen
       möchte, dann kann man vorher mit den zukünftigen Mitbewohnern ein Kennenlern-
       Skype vorschlagen oder sich schon per E-Mail ein bisschen detaillierter vorstellen um
       eine unglückliche Wohnsituation im Vorhinein zu vermeiden (sind diese nicht
       sonderlich an einer stärkeren Interaktion im Vorhinein interessiert, dann ist das
       zumindest für mich schon ein klares Zeichen, dass kein Interesse an der Person die
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       zukünftig einziehen soll existiert, und es sich somit eher um eine Zweck-WG handeln
       wird).

Außerdem     fanden     die   Erasmus-Orientierungsveranstaltungen    in   der   Woche   vor
Semesterbeginn statt, und ich würde es jedem und jeder empfehlen dorthin zu gehen, auch
wenn man sich selbstständig schon auf den Homepages informiert hat.

       Tipp: Orientierungsveranstaltungen und Erasmus-Kennenlern-
       Veranstaltungen

       Man bekommt bei den Orientierungsveranstaltungen nicht nur die wichtigsten
       Informationen noch einmal aufbereitet sondern kann sich dort auch bei
       Gemeinnützigen Organisationen (zB AEGEE oder ESN), die sich speziell um
       Erasmus-StudentInnen kümmern, einschreiben. Auch das lege ich jedem und jeder
       wärmsten ans Herz, denn diese organisieren wirklich sehenswerte und preisgünstige
       Reisen in die benachbarten Städte (Sevilla, Cordoba, Lisboa und sogar Marokko, um
       nur einige aufzuzählen), oder Ausflüge zu traditionellen Dorffeste wie etwa das Feuer-
       und Wasserfest in Salobrena und Lanjaron, sowie diverse Parties und Kennenlern- und
       Sprachtandemabende.

Um die zwei Wochen vor Vorlesungsbeginn auch bestmöglich zu nutzen und vor allem um
mir nicht mit meinem verrosteten Spanisch das Leben auf der Uni gleich in der ersten Woche
unnötig schwer zu machen,        habe ich mich in einer Sprachschule für einen Intensiv-
Sprachkurs eingeschrieben. Ich hatte in Spanisch maturiert und war auf einem guten B2-
Level, habe jedoch die Verantwortlichen in der Sprachschule gebeten mich in einen Kurs
unter dieses Level zu setzen, um die Basic-Vokabel und Grammatik wieder hervorzurufen.

Es wurden       zwar von der Uni auch Sprachkurse angeboten, diese hätten allerdings erst
gleichzeitig mit dem neuen Semester begonnen. Mein ursprünglicher Plan war es nach dem
Intensiv-Kurs an der privat organisierten Sprachschule den Sprachkurs der Uni für 139€ zu
besuchen, um den Lernprozess aufrecht zu erhalten und so meine Sprachkenntnisse am besten
zu verbessern. Allerdings wurde ich beim Einstufungstest für den Unisprachkurs auf B2
eingestuft und für dieses Level hätte der Sprachkurs knappe 400€ gekostet. Somit beließ ich
es bei dem zweiwöchigen Intensiv-Sprachkurs und bin auch so bestens zu Recht gekommen –
am meisten und besten lernt man wenn man sich ganz einfach strikt auf Spanisch mit anderen
StudentInnen unterhält.

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       Tipp: Keine Angst vor Sprachbarrieren!

       Generell gilt: einfach so viel wie möglich Spanisch reden und auf Spanisch denken. In
       meiner WG haben auch andere Austauschstudenten gewohnt, wir haben uns allerdings
       darauf geeinigt ausschließlich Spanisch miteinander zu sprechen – auch wenn es
       teilweise auf Englisch leichter gewesen wäre. So konnten wir uns gegenseitig
       weiterhelfen, ausbessern und voneinander lernen. Dieselbe „Regel“ habe ich mit all
       meinen Austausch-FreundInnen aufgestellt, denn es war in unser aller Interesse so viel
       Spanisch wie möglich zu lernen. Desweiteren darf man einfach keine Hemmungen
       haben Spanisch mit SpanierInnen zu reden, auch wenn man auf Grund der
       Sprachgeschwindigkeit der SpanierInnen (vor allem wenn sie untereinander reden)
       garantiert Anfangs nach jedem dritten Satz um eine Wiederholung beten muss – es gilt
       hartnäckig zu bleiben, und in den letzten zwei Monaten war es dann für mich schon im
       Vergleich zum Anfang so viel leichter Gesprächen zwischen SpanierInnen zu
       verfolgen und mich sogar einzubringen.

Organisatorisches erledigt - jetzt wird sich eingelebt!
Prinzipiell werden alle organisatorischen Angelegenheiten im ersten Monat (sowie den letzten
Tagen) abgewickelt, und wenn man sich an die „Anleitungs-Mails“ aus den jeweiligen
Erasmus-Service-Stellen hält kann eigentlich wirklich nichts schief gehen, und kann man ja
notfalls immer nachfragen.

Man gewöhnt sich ziemlich schnell an den Unialltag und kann sich somit gut auf die neuen
kulturellen und sozialen Erlebnisse einlassen. Wie oben bereits erwähnt werden von AEGEE
oder ESN Städtereisen und Tandem-Abende angeboten, die prima dazu dienen Anschluss zu
anderen StudentInnen zu finden. Man lernt wirklich schnell neue Leute kennen mit denen
man sich dann auch außerhalb der von ESN organisierten Veranstaltungen trifft und
gemeinsam die Stadt, die Alhambra, die Tapas Bars und unzähligen charismatischen kleinen
Cafés erkunden kann oder selbst einen gemeinsamen Besuch in die naheliegende Städte
organisiert.

Erstmals an den verschobenen Ausgeh- und Tagesrhythmus gewöhnt (Abendessen geht man
etwa nicht vor 22:00h und abends man trifft sich kaum vor 23h), bietet Granada selbst ein
unglaubliches Angebot an kleinen Konzerten und Jam-Sessions, nahezu jeden Abend findet
irgendwo eine Flamenco Aufführung statt und alleine in den Straßen tummeln sich viele

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talentierte MusikerInnen. Auch das „Vorurteil“, dass SpanierInnen gerne, laut und lange auf
den Straßen feiern hat sich bestätigt – vielleicht ist Granada aber auch nur eine Ausnahme, da
die meisten Erasmus-StudentInnen in ganz Spanien aufnimmt.

Unialltag und Prüfungen
Der wichtigste Tag im Semester, abgesehen von den Prüfungen natürlich, ist der erste Tag.
Ich empfehle wirklich jedem, sich nicht in eine Gruppe mit den anderen Erasmus-
StudentInnen zu verkriechen, sondern Kontakt mit SpanierInnen zu suchen, und diese
entweder nach der Vorlesung oder wenn es sich ergibt währenddessen, bitten Unklarheiten
aufzuklären.

       Tipp: Verständnisprobleme im Unterricht bewältigen

       Wenn jemand um Hilfe bittet, dann bekommt er sie meistens auch – man darf also
       wirklich keine Angst haben oder sich genieren wenn man in den ersten Vorlesungen
       nicht so viel versteht und bei SpanierInnen nachfragen muss. Ich habe in einer
       Vorlesung, bei der ich mir besonders schwergetan habe gleich den StudentInnen, der
       fleißig eine sehr detaillierte Mitschrift auf seinem Laptop notierte, gefragt, ob er mir
       seine Notizen schicken könnte. Er hat sie glücklicherweise gleich als Google Doc
       hochgeladen, mir den Link geschickt und somit hatte ich jede Woche die aktualisierte
       Version der Mitschrift.

       Oder aber habe ich gleich bei den ProfessorInnen nachgefragt, ob ich das soeben
       behandelte oder aufgetragene richtig verstanden habe. Die meisten ProfessorInnen
       sympathisieren sehr mit den StudentInnen wenn sie sehen, dass diese sich bemühen
       und gewillt sind am Unterricht teilzunehmen und sich nicht auf den „Erasmus-Bonus“
       zu verlassen.

Ich habe mich in jeder Vorlesung sehr bemüht, habe die praktischen Aufgaben gemacht,
Referate gehalten und versucht so gut es ging am Unterricht teilzunehmen. Das hat bei zwei
meiner drei Vorlesungen gut geklappt, bei der dritten hatte ich einige Probleme mit der
Professorin, da sie die meiste Zeit der Vorlesung den Inhalt schnell diktierte und zu
spezifisches Vokabular verwendete, als dass das mithalten hätte können und es für mich eine
irrsinnige bis unmögliche Herausforderung darstellte. Zum Glück hatte ich bei dieser
Vorlesung die Mitschrift meines Kollegen, hatte mir auch noch zusätzlich das Buch
organisiert, dass von der Autorin verfasst wurde und mich meiner Meinung nach gut für die
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Prüfung vorbereitet. Allerdings waren die Prüfungsfragen dann wieder so kompliziert gestellt,
dass ich das erste Mal seit langem ein Blackout hatte, trotzdem drei Seiten mit dem Gelernten
geschrieben habe und sogar mit einer zweiten Erasmus-Kollegin eine 15-seitige Arbeit
abgegeben habe. Dennoch habe ich diese Prüfung nicht bestanden, ich bin darauf hin in die
Sprechstunde der Professorin gegangen um aufzuklären was bei der Prüfung so schief
gegangen war. Sie meinte, dass das was ich geschrieben hatte prinzipiell in Ordnung war, aber
nicht die Frage an sich beantwortet hat. Ich habe mit ihr diskutiert, ihr versucht nahezubringen
dass ich mir ihr Buch und eine Mitschrift organisiert hatte und diese gelernt habe sowie viel
Energie in die Praktiken und die Arbeit gesteckt habe. Trotzdem meinte sie, mit so wenig
Punkten auf die Prüfung besteht keine Chance, dass ich diese Vorlesung positiv abschließen.
Im Zeugnis hatte ich dann für diese Prüfung vier von fünf Punkten und fünf wären nötig
gewesen um die Vorlesung positiv abzuschließen.

Das hinterließ meine Erasmus-Semester leider einen kleinen bitteren Nachgeschmack, vor
allem weil ich die beiden anderen Prüfungen mit guten Noten absolviert habe.

Nichtsdestotrotz war mein Erasmus-Semester eine unverzichtbare und durchaus positive
Erfahrung. Mein persönliches Hauptziel, wieder fließend und problemlos Spanisch zu
sprechen, habe ich erfüllt; ich schätze mich unglaublich glücklich ein halbes Jahr meinen
Alltag einem neuen Lebensrhythmus anpassen zu können und mich neuer kultureller
Erfahrungen ausgesetzt haben zu können, die über den typischen zweiwöchigen
Urlaubsbesuch hinausgegangen sind. Ich habe außerdem wunderbare Bekanntschaften und
Freundschaften geschlossen mit denen ich immer noch in Kontakt bin und unvergessliche und
wunderschöne Momente teilen konnte von denen ich so viel wertvolles für mein weiteres
Leben mitnehmen konnte.

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