Erfahrungsbericht zum Auslandsstudium: KU Leuven - Charité
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Erfahrungsbericht zum Auslandsstudium: KU Leuven 1. Weshalb Belgien? Da ich schon während der Schulzeit für ein Jahr im Ausland war, hatte ich schon recht früh die Überlegung ein Auslandssemester zu machen. Spanisch und Französisch habe ich zwar einige Jahre gelernt, aber seit dem Abitur ist davon leider nicht mehr viel in meinem Gedächtnis geblieben, wodurch für mich nur noch Englisch-sprachige Studiengänge in Betracht kamen. Belgien wird oft nur als Teil von BeNeLux gesehen, weshalb es mich gereizt hat zu sehen, was das Land so zu bieten hat. Das vergleichsweise kleine Land ermöglicht es viele Tagesausflüge in andere Städte zu unternehmen und alle Facetten von Nordsee bis niedlichen Orten zu sehen. Spannend ist zudem die sprachliche Trennung Belgiens in das Französisch-sprachige Wallonien und das flämische Flandern, was vor allem im zweisprachigen Brüssel auffällt. Der kleine Deutsch-sprachige Teil ist nicht von allzu großer Bedeutung. Um die Klischees zu erfüllen gibt es tatsächlich überall Frituur (Pommesbuden), Brüsseler oder Lütticher Waffeln, Schokolade/ Pralinen und eine große Auswahl verschiedenster Biere. Durch den Wunsch nach einer kleineren Studentenstadt hat es mich letztlich nach Leuven verschlagen, was ich keine Sekunde bereut habe. Von den circa 100.000 Einwohnern sind etwa 60.000 StudentInnen, die das Bild der Stadt hauptsächlich gestalten. Unter der Woche wird der Oude Markt, ein großer zentraler Platz mit einer Bar neben der anderen, durch unzählige junge Leute zum Leben erweckt und auch am Wochenende ist dank der vielen Internationalen immer etwas los und man fühlt sich nie allein. Zusätzlich gibt es von fast jeder Fakultät eine Bar, sogenannte Fak-Bars, die sowohl Clubs mit günstigeren Preisen als auch Veranstaltungsort der typisch belgischen Cantus sind. Auch wenn Leuven auf dem ersten Blick recht klein und niedlich aussieht, steckt sehr viel Leben darin und ein toller Kontrast zwischen alten Gebäuden und all den jungen Menschen, die unterwegs sind. Von einem Ende zum anderen Ende der Stadt braucht man maximal 15-20 Minuten mit dem Fahrrad, weshalb man sich oft auch sehr spontan verabredet. Vor der Abreise hatte ich mithilfe eines Lehrbuches schon angefangen Niederländisch zu lernen, was ich für den Alltag sehr angenehm fand. Es werden von der Uni auch Anfängerkurse angeboten, was vor allem Sinn ergibt, wenn man mehr als nur ein Semester bleibt. Man kommt aber auch mit Englisch sehr gut zurecht. 2. Unileben und fachliche Betreuung Die Katholieke Universiteit Leuven gehört zu den bedeutendsten und renommiertesten Universitäten im europäischen Raum. Für Auslandssemester oder Master-Programme kommen jedes Jahr ungefähr 10.000 Studierende aus aller Welt nach Leuven, die während der angebotenen Orientierungswoche Zeit haben sich und Leuven kennenzulernen.
Dabei gibt es neben organisatorischen Vorträgen, einem Flämisch Crash-Kurs auch zahlreiche Angebote, um Leuven und Umgebung zu entdecken. Vorab kann man sich für ein Buddy- Programm registrieren, um in den ersten Tagen schon jemanden zu kennen, der/die sich auskennt und für Fragen zur Verfügung steht. Die Studierendenorganisation Erasmus Student Network Leuven hat zusätzlich viele Veranstaltungen, beispielsweise Parties und Cantus, und Reisen in und um Belgien organisiert. Die Orientierungswoche findet im Stadtzentrum auf dem Social Science Campus und Pangea statt. Pangea ist DER Treffpunkt für Internationals und bietet neben Sprach-/Tandem-Cafés, Potluck Abenden, Salsa-Kursen und Spieleabenden auch sonst die Möglichkeit sich entspannt zusammenzusetzen, neue Leute kennenzulernen und während der Happy Hour am Freitag ins Wochenende zu starten. Abende in Pangea mit wackeligen Jenga-Türmen, spanischen Sommerhits gefolgt von Wonderwall und dem Durchprobieren aller belgischen Biere auf der Karte gehören zu meinen besten Erinnerungen an Leuven. Im angebotenen English Semester of Medicine im Rahmen des 1. Masters nehmen maximal 25 Studierende teil, jeweils ungefähr zur Hälfte belgisch und international (https://med.kuleuven.be/eng/internationalisation/medicineint/english-semester). Durch diese vergleichsweise kleine Gruppe ist die Atmosphäre untereinander recht familiär und auch die Interaktion mit den DozentInnen ist engagierter. Als „Seminargruppe“ waren wir mehrmals auch außerhalb der Uni zusammen essen, haben Spiele gespielt und uns gegenseitig etwas vorgestellt, was die anderen noch nicht von uns wussten. Dadurch ist die gesamte Gruppe zusammengewachsen, was bei unseren Gruppen in Berlin leider oft nicht mehr der Fall ist. Aufgrund der Kombination von lokalen und ausländischen StudentInnen gab es auch einen regen kulturellen Austausch inklusive Tipps für Gerichte, Biere oder Orte, die wir nicht verpassen dürfen. Bei Fragen konnte man sich jederzeit an den Mobility Unit bzw. die ProfessorInnen wenden. Auf der Internetseite kann man sich schon im Voraus über die Kurse informieren und mit den KoordinatorInnen im Erasmus Büro in Berlin erarbeiten, welche Module am besten anerkannt werden können. 3. Fachliche Betreuung Die Orientierungswoche ist für alle Studiengänge gleich, wobei man während des International Dinners und eines Abends in der jeweiligen Fak-Bar schon Anschluss and KommilitonInnen und seine Fakultät findet. Teil des englischen Semesters sind die Kurse „Cardiovascular diseases“, „Digestive diseases“, „Respiratory diseases“ und „Diseases of the kidney and urinary tract“, welche am ehesten dem 7. Semester der Charité (Modul 25 und 26 sowie Wahlpflichtmodule 28 und 32) entsprechen. Wenn man im Sommersemester an der Charité begonnen hat, müssen eventuell zwei Semester getauscht werden, da das EN Semester von der KU Leuven nur im Wintersemester angeboten wird. Das Semester beginnt mit der Orientierungswoche schon Mitte September und die letzten Vorlesungen gehen bis Ende Dezember. Neben rein theoretischen Vorlesungen gab es auch viele klinische Vorträge, bei denen Fall-basiertes Arbeiten im Vordergrund stand. Anders als bei uns sind die Tage oft vollgepackt und einige der Seminare mal eben zwei bis drei Stunden lang. Vor allem am Anfang war das schon eine Umstellung, da durch die kleine Gruppengröße und die doch recht strebsamen BelgierInnen eine Art positiver peer pressure entstanden ist, die Vorlesungen zu besuchen. Im Gegensatz zum normalen belgischen Kurs fanden für uns von etwa Mitte November bis Mitte Dezember diverse Praktika statt, um uns das Gelernte in der Praxis zu sehen. In meist Zweierteams gewinnt man Einblicke in verschiedene OP-Abläufe, Funktionsabteilungen und Ambulanzsprechstunden, allerdings nur als BeobachterIn ohne PatientInnen aktiv zu untersuchen. Vor allem während der Sprechstunden ist ein Grundverständnis von Flämisch durchaus von Vorteil, weil viele der PatientInnen kein Englisch sprechen. Alle Kurse zählen unabhängig voneinander, weshalb über den Januar verteilt, pro Modul, jeweils eine mündliche oder schriftliche Prüfung in Englisch stattfinden. Wie genau die Prüfungen ablaufen, kann bei der Kursbeschreibung nachgelesen werden und wird zu Beginn genauer erklärt.
Ähnlich zu Olmen gibt es WikiMedica, wo Altfragen und Gedächtnisprotokolle hochgeladen wurden, die allerdings in Flämisch sind. Einige der belgischen Mitstudierenden waren jedoch so nett Teile zu übersetzen. 4. Sprachkompetenz Die Kurse werden auf Englisch gegeben, was größtenteils auch die Verständigungssprache untereinander ist. Mir gab das Semester die Möglichkeit mein Medizin-Englisch auszuweiten und sowohl in der Uni als auch mit Freunden so sicher zu sein, nicht mehr über die Sprache nachdenken zu müssen. Wer möchte, kann zusätzliche seine Kenntnisse in Flämisch verbessern. Durch die vielen jungen und internationalen Leute kommt man auch mit Englisch sehr gut zurecht und kann gleichzeitig in seiner Freizeit seine Kenntnisse in anderen Sprachen auffrischen. Zu Beginn des Semesters war ich ungefähr bei Sprachniveau A1, was zum Lesen und groben Verstehen erstmal ausgereicht hat. Da ich in einer WG mit zehn BelgierInnen war, habe ich im Laufe des Semesters zunehmend mehr gesprochen und damit mein Niveau verbessert. 5. Weiterempfehlung Die KU Leuven legt großen Wert darauf, dass sich internationale Studierende wohlfühlen. Sämtliche Internetseiten der KU Leuven stehen auch in Englisch zur Verfügung und auch vor Ort wird einem von den administrativen Büros und Fakultäten schnell und unkompliziert weitergeholfen. Nicht zuletzt die große Auswahl Englisch-sprachiger Master und Erasmus- Programme macht Leuven für internationale Studierende attraktiv. Ich empfand die Organisation als sehr angenehm und übersichtlich. 6. Verpflegung an der Hochschule Über die Stadt verteilt gibt es vier Mensen, die jeweils an einen der Campusse angeschlossen sind. Das Menü wechselt täglich und beinhaltet neben 2-3 Hauptgerichten auch eine vegetarische Option. Und wer hätte es gedacht, man kann jeden Tag Pommes als Beilage wählen. Des Weiteren werden verschiedene Sandwiches und Salate zum Zusammenstellen angeboten. Insgesamt sind die Preise etwas höher als in der Mensa Nord (für Hauptgerichte 3,75€ aufwärts). Dafür gibt es zum Teil auch ein Abendangebot und während der Prüfungsphasen sind viele der Mensen auch am Wochenende mittags und abends geöffnet. 7. Öffentliche Verkehrsmittel Wenn man nur in der „Innenstadt“ unterwegs ist, sind viele Plätze fußläufig zu erreichen. Das meist genutzte Verkehrsmittel ist jedoch definitiv das Fahrrad, was sich bei den kurzen Entfernungen trotz einiger Hügel am besten eignet. Es bietet sich an bei Swapfiets oder Velo ein Fahrrad für 10-15€ pro Monat zu mieten, wobei jeweils kostenlose Reparaturen mitinbegriffen sind. Diverse Buslinien der Gesellschaft DeLijn verkehren in Teilen Leuvens, die mit einer Buskarte für 20€/12 Monate beliebig oft genutzt werden können. Einzeltickets sind wesentlich teurer (3€ im Bus, 1,80€ per App oder 10-Karte für 15€). Das Streckennetz deckt Leuven leider nur bedingt gut ab und oft monatelange Bauarbeiten mit Streckenumleitungen kommen erschwerend dazu. Innerhalb Belgiens können junge Leute unter 26 sehr günstig mit dem Zug fahren. Mit dem GoPass1 (6,20€) oder GoPass10 (53€ für 10 Fahrten) kann man überall in Belgien mit dem Zug hinfahren. Städte, die es sich zu besuchen lohnt sind u.a. Gent, Brügge, Brüssel und Antwerpen. Von Freitag 19 Uhr bis Sonntagabend gibt es ein Wochenendticket, mit dem man Hin- und Rückfahrt zum Preis von einer kaufen kann.
8. Wohnen Über kotwijs.be lassen sich relativ einfach Angebote von privaten oder KU Leuven Wohnheimen finden (https://icts.kuleuven.be/apps/kotwijs/search/index.php?lang=en). Ferner kann man in Facebookgruppen nachschauen oder fragen. Der Mietpreis liegt bei etwa 320-500€, abhängig davon, ob man ein Zimmer in einer großen „WG“ oder ein Appartement sucht. Oft werden Zimmer mit eigenem oder Etagenbad und gemeinsamer Küche angeboten, aber WGs gibt es eher selten. Der medizinische Campus Gasthuisberg liegt etwas außerhalb des Rings im Westen Leuvens, weshalb es sich anbietet sich in der Richtung ein Zimmer zu suchen, z.B. im Wohnheim Camilo Torres. Aber auch von der anderen Seite Leuvens aus ist man innerhalb von 20 Minuten da. 9. Kultur und Freizeit Für alle Erasmus Studierende ist die Sportscard, mit der man verschiedene Angebote des Hochschulsports entdecken und nutzen kann, inklusive. Für einige Kurse muss man sich teilweise wöchentlich oder für das gesamte Semester anmelden und eventuell eine zusätzliche Gebühr bezahlen. Außerdem kann man eine „Culture Card“ erwerben, mit der man vergünstigt oder kostenlos zu diversen Konzerten oder Ausstellungen gehen kann. In Leuven gibt es zahlreiche Restaurants, Cafés und Bars zu entdecken. Zu meinen Empfehlungen zählen Otomat Pizza, Hawaiian Pokebowl, Thai House, Leos Pancakes, Nosh, Loving Hut, Café Noir, Chocolate Company Café Leuven, Café Belge and Barvista. Am Oude Markt findet man diverse Bars bzw. Clubs, sodass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Ansonsten kann man auch nach Brüssel fahren und dort die Bars und das Nachtleben testen. Die Studierendeorganisationen veranstalten unter anderem die typisch belgischen Cantus, die man während des Aufenthalts auf jeden Fall erlebt haben sollte. Zu Beginn des Wintersemesters finden die Aufnahmerituale statt, wodurch man die eine oder andere lustig kostümierte Gestalt auf den Straßen antrifft. Jeden Freitag und Samstag finden auf bzw. um den Grote Markt herum Märkte statt, die ein breitgefächertes Angebot an Käse, Obst und Gemüse, Quiche, Waffeln sowie Kleidung aufweisen. Was man sich nicht entgehen lassen sollte, ist zum sogenannten 24 urenloop zu gehen, anzufeuern und die Stimmung zu genießen. Dabei wird eine Laufstrecke auf dem Hochschulsportgelände aufgebaut und alle Fakultäten schicken LäuferInnen für einen 24- stündigen Staffellauf ins Rennen. Wer möchte kann auch selbst für seine oder eine andere Fakultät an den Start gehen. Bis zur letzten Stunde kann man jederzeit nachschauen, welches Team die meisten Runden geschafft hat. In der Fak-Bar wird die Gewinner-Fakultät im Anschluss ausgiebig gefeiert. Für mich ist Leuven die perfekte Studentenstadt mit einer großartigen Atmosphäre, die sowohl zum Studieren als auch zum Leben genießen einlädt. Sind Sie mit der Veröffentlichung Ihres Sachberichtes einverstanden? Ja 10.02.2020 Datum/ Unterschrift
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