Erfolgreich starten Handreichung für Mathematik, Naturwissenschaften und Technik in Kindertageseinrichtungen - schleswig-holstein.de

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Handreichung für Mathematik, Naturwissenschaften
und Technik in Kindertageseinrichtungen
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Inhalt

     1. Einleitung ................................................................................................................................................................................   5
       1.1          Zur Funktion der Handreichungen ..........................................................................................................................                        5
       1.2          Eigene Erfahrungen mit dem Bildungsbereich .....................................................................................................                                  6
       1.3          Die pädagogische Grundhaltung zum Kind ..........................................................................................................                                 6
       1.4          Benutzerinformation ..................................................................................................................................................            7

     2. Der methodische Ansatz .......................................................................................................................................................                8
       2.1          Ausgangspunkte für die Auswahl von Bildungsthemen ......................................................................................                                          8
       2.1.1        Situation als Ausgangspunkt .....................................................................................................................................                 9
       2.1.2        Zugemutetes Thema als Ausgangspunkt ................................................................................................................ 10
       2.2          Vorbereitete Umgebung ........................................................................................................................................... 11

3.     Der Bildungsbereich................................................................................................................................................................ 13
       3.1          Mathematik ................................................................................................................................................................. 13
       3.1.1 Welche Themen man in der Kindertages­einrichtung anbieten oder aufgreifen kann ......................................... 14
       3.1.2        Praxisbeispiel............................................................................................................................................................... 14
       3.1.3        Vorbereitete Umgebung ........................................................................................................................................... 15
       3.2          Naturwissenschafte n................................................................................................................................................. 16
       3.2.1        Welche Themen man in der Kindertages­einrichtung anbieten oder aufgreifen kann ...................................... 16
       3.2.2        Praxisbeispiele............................................................................................................................................................. 17
       3.2.3        Vorbereitete Umgebung............................................................................................................................................ 19
       3.3          Technik ......................................................................................................................................................................... 20
       3.3.1        Welche Themen man in der Kindertages­einrichtung anbieten oder aufgreifen kann ...................................... 20
       3.3.2        Praxisbeispiele............................................................................................................................................................. 20
       3.3.3        Vorbereitete Umgebung............................................................................................................................................ 22
       3.4          Umwelt ........................................................................................................................................................................ 23
       3.4.1        Welche Themen man in der Kindertages­einrichtung anbieten oder aufgreifen kann ...................................... 23
       3.4.2        Praxisbeispiele ............................................................................................................................................................ 24

4.     Literatur und Adressen ............................................................................................................................................................ 27

                                                                                                                                                                                                       3
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Die liegende Acht oder
die Geschichte von den zwei Eiern

Eines Morgens ging ich wie gewohnt Schritt für Schritt
auf das bewegliche Viereck in unserer Kita zu. Die Sonne
schien und ich hatte meine liegende Acht mit den dunklen
Gläsern auf der Nase.

Nachdem ich das Viereck mit Schwung geöffnet hatte,
stolperte ich über zwei im Weg liegende Kugeln. Mein
sensibles Gleichgewicht half mir, die Schwerkraft zu über-
winden und nicht zu fallen.

Mein Weg führte mich vorbei an Quadraten und Recht-
ecken mit Beinen. Im Vorbeigehen streifte mein Blick zwei
Bilder mit gleichseitigen Dreiecken und ich betrachtete
einen Hut mit drei Ecken.

Ich spürte Verwirrung und beschloss, durch ein weiteres
bewegliches Viereck zu gehen. In einem rechteckigen
Raum angekommen, öffnete ich einen weißen Quader. Ein
Schwall kalter Luft strömte mir entgegen. Da passierte das
Unglück. Zwei Eier rollten aus dem Quader, die Schwer-
kraft zog sie zu Boden und ich hatte etwas zu tun. Ich
holte den Zylinder mit Boden, füllte flüssiges H 2O hinein
und machte mich an die Arbeit. Da bemerkte ich, dass ich
vergessen hatte, die liegende Acht von meiner Nase zu
nehmen.

Mit Erstaunen stellte ich fest, dass ich mich in der Küche
unserer Kindertagesstätte befand. Bis vor wenigen Sekun-
den hatte ich die Welt durch eine mathematisch-natur-
wissenschaftliche Brille betrachtet. Ich holte tief Luft und
schmunzelte über meine Erlebnisse. Am gleichen Vormit-
tag spielte ich mit drei Kindern das berühmte Spiel, in dem
es darum geht, auf einem Quadrat möglichst viele Kegel
meiner Mitspieler umzustoßen. Wir hatten viel Freude,
aber auch Ärger ...

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1. Einleitung

Mathematische und naturwissenschaftliche Phänomene            Funktion der Handreichungen ist es, die verschiedenen
gehören zum Alltag von Kindern, auch in der Kinder­tages­     Bildungsbereiche mit Inhalt zu füllen und praktische Orien-
einrichtung. Die Aufgabe der pädagogischen Fach­kräfte        tierung zu geben.
ist es, im Alltag diese Phänomene wahrzunehmen und
als Bildungsthemen aufzugreifen. Zum Blick durch die          Die einzelnen Bildungsbereiche sind nicht als „Unter­
„mathematisch-naturwissenschaftliche Brille“ will diese       richtsfächer“, sondern als Teile eines ganzheitlichen Bil-
Handreichung ermutigen.                                       dungsprozesses zu verstehen. So ist kindliche Experimen-
                                                              tierfreude unter anderem verbunden mit der Entwicklung
                                                              von Selbstbewusstsein und Mut (Selbst­kompetenz) und
1.1   Zur Funktion der Handreichungen                         der Fähigkeit, sich auf ein Angebot in der Gruppe einzulas-
                                                              sen (Sozialkompetenz). Ebenso gibt es stets eine Verknüp-
Im Kindertagesstättengesetz ist der Bildungsauftrag der       fung zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen. Um
Kindertageseinrichtungen festgeschrieben und wird             zum Beispiel die Größe eines Raumes zu erfahren, spielen
anhand der Leitlinien zum Bildungsauftrag konkretisiert.      ­neben der Mathematik die Bildungsbereiche „Sprache
Die erstmals im Jahr 2004 vorgestellten Leitlinien, die vom   & Kommunikation“ sowie „Körper & Bewegung“ eine ent-
Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und        scheidende Rolle. Hier ergänzen sich die Handreichungen
Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein kontinuier-      zu den einzelnen Bildungsbereichen wechselseitig.
lich aktualisiert und veröffentlicht werden, unterscheiden
sechs Bildungsbereiche:

                                     Bildungsbereich
                                       Sprachen(n)
                                     Zeichen/Schrift
                                           und
                                     Kommunikation

        Bildungsbereich                                          Bildungsbereich
          Mathematik,                                             Ethik, Religion
      Naturwissenschaften                                               und
          und Technik                                              Philosophie

                               Kinder erwerben in Selbst-
                               bildungsprozessen Selbst-,
                              Sozial-, Sach- und Methoden-
                                       kompetenzen

         Bildungsbereich                                         Bildungsbereich
              Kultur,                                          Gestalten, Darstellen,
           Gesellschaft                                           Musik, Theater
            und Politik                                            und Medien

                                    Bildungsbereich
                                 Körper, Bewegung und                                   In allen Bildungsbereichen sind
                                       Gesundheit                                       die Querschnittsdimensionen
                                                                                        von Bildung zu berücksichten

                                                                                                                          5
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1.2   Eigene Erfahrungen mit dem Bildungsbereich               1.3   Die pädagogische Grundhaltung zum Kind

Jede pädagogische Fachkraft hat aufgrund ihrer per-            Die pädagogische Fachkraft ist die Bindungsperson
sönlichen Biografie, ihres familiären Hintergrundes und        (siehe Leitlinien zum Bildungsauftrag von Kindertages-
ihrer schulischen Erfahrungen einen lebensgeschichtlich        einrichtungen) in der Kindertageseinrichtung, die eine
geprägten Zugang zum Bildungsbereich „Mathematik,              sichere Basis für die Kinder darstellt. Von hier aus erschlie-
Naturwissenschaften und Technik“.                              ßen sie sich neue Erfahrungen und Bildungsthemen. Die
                                                               zentrale Aufgabe der pädagogische Fachkraft erfordert,
Es ist ein weit verbreitetes Phänomen, dass in der Kind-       zum einen die Themen der Kinder in den Alltagssituatio-
heit naturwissenschaftliche Fragen nach der unbelebten         nen wahrzunehmen und aufzugreifen, zum anderen ihnen
Natur nicht befriedigend beantwortet werden. Auch der          Bildungsthemen zuzumuten, das heißt, eine vorbereitete
Unterricht in der Schule hat bei vielen Schülerinnen und       Umgebung, Angebote oder Projekte zu gestalten, die den
Schülern zu keiner positiven Einstellung geführt, weil         Kindern die Möglichkeit für neue Erfahrungen und Experi-
„durch Mathematisierung der Naturphänomene und unnö-           mente mit naturwissenschaftlichen Phänomenen bieten.
tigen Formeldrill“ das „kindliche Naturinteresse nachhaltig
erstickt“ wird (Lück 2003, S. 10). Nach Schülerumfragen        Gleichzeitig ist die pädagogische Fachkraft aufgefordert,
rangieren die naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächer        in einer offenen, neugierigen und wertschätzenden Hal-
Chemie und Physik im unteren Drittel der Beliebtheitsskala     tung die Kinder zu beobachten und mit ihnen in den Dia-
(Lück 2000, S. 13). Da wundert es nicht, wenn pädagogi-        log zu treten, denn nur so kann sie Sinnzusammenhänge,
sche Fachkräfte diese Themen häufig meiden.                    in denen die Kinder handeln und denken, verstehen und
                                                               die Themen der Kinder herausfinden.
Um diesen Bildungsbereich wahrnehmen und mit den
Kindern aufgreifen zu können, ist es notwendig, dass die       Für ihre Selbstbildungsprozesse brauchen Kinder Zeit und
pädagogische Fachkraft ihn sich mit Lust und Freude            Raum, um Dinge erfassen, ausprobieren, Fehler machen
selbst neu erschließt. Hierbei spielen die eigene Selbstbil-   und sich korrigieren zu können. Die Aufgabe der pädago-
dung, das eigene Experimentieren und Ausprobieren eine         gischen Fachkräfte ist es, den Kindern entsprechend Zeit
zentrale Rolle.                                                und Raum zu geben und sie da, wo es nötig ist, individuell
                                                               zu unterstützen. Sie sollen Entwicklungsbegleiter/innen
                                                               – nicht „Entwicklungsbestimmer/innen“ – sein und den
                                                               Kindern ihre eigenen Lernwege und ihr eigenes Lern-
                                                               tempo lassen. Damit die Kinder diese eigenen Wege des
                                                               Lernens beschreiten können, ist es notwendig, Rahmen-
                                                               bedingungen zu gestalten, in denen sie selbstbestimmt
                                                               handeln und mit anderen Kindern und Erwachsenen in

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1.4   Benutzerinformation

Ent­scheidungs­prozesse gehen können. Dies muss die          Die Handreichung besteht zunächst aus einem metho-
pädagogische Fach­kraft unterstützen und fördern, indem      dischen Teil als Grundlage für die pädagogische Praxis.
sie sich zurücknimmt, sich als Moderator/in versteht und     Anschließend werden die Bildungsschwerpunkte
Beteiligungsformen im Kita-Alltag praktiziert.               Mathematik, Naturwissenschaften, Technik und Umwelt
                                                             differenziert vorgestellt und mit einzelnen Praxis­bei­spielen
                                                             versehen. Die jeweilige Auflistung der Themen ist bewusst
                                                             unvollständig und muss in den Kinder­tages­einrichtungen
  Wie wichtig eine nicht-direktive, kompetenzorientier-      durch die aktuellen Themen ergänzt werden. Zur weiteren
  te Haltung ist, macht ein Beispiel aus dem Bildungs-       Vertiefung des Themas ist am Ende der Handreichung
  thema Mathematik deutlich:                                 eine Literaturliste angefügt.
  Die Familie sitzt beim Abendbrot. Der dreieinhalbjäh-
  rige Fabian zählt seine Häppchen. „Eins – zwei – drei
  – vier – fünf – sechs – sieben – acht – neun.“ Dann isst
  er ein Häppchen auf und zählt erneut: „Eins – zwei –
  drei – vier – fünf – sieben – acht – neun.“ „Du hast die
  Sechs vergessen“, korrigiere ich ihn. „Es heißt doch
  fünf – sechs – sieben.“ Erstaunt sieht er mich an und
  erklärt: „Nein, die hab‘ ich nicht vergessen. Die ist
  doch schon in meinem Bauch.“ (Spiegel/Selter in TPS
  10/2003, S. 9)
  Bevor man Kinder vorschnell korrigiert, sollte man
  erst nach dem Sinn in ihren Äußerungen schauen
  und versuchen, ihre Gedankengänge nachzuvoll-
  ziehen. Denn „hinter ihren vermeintlich falschen
  Angaben oder Erklärungen verstecken sich häufig
  sehr kreative Problemlösungswege.“ (ebd.)

                                                                                                                         7
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2. Der methodische Ansatz

2.1   Ausgangspunkte für die Auswahl
      von Bildungsthemen

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, in der Kinder­       Zum anderen kann man das Bildungsthema direkt als
tageseinrichtung ein Bildungsthema aufzugreifen.               „Zumutung“ an die Kinder herantragen. Bei der Auswahl
                                                               der Themen sind gesellschaftspolitische und zukunfts-
Zum einen kann man das Bildungsthema aus einer alltäg­         relevante Aspekte ausschlaggebend. Ein Beispiel ist die
lichen Situation entwickeln, aus dem, was die Kinder selbst    Auseinandersetzung mit dem Thema Mülltrennung und
ansprechen oder tun, was sie also aktuell beschäftigt, oder    Wiederverwertung (siehe S. 25). Auch aus einer beobach-
aus dem, womit sie im Alltag zufällig konfrontiert sind.       teten Situation heraus können sich zugemutete Themen
Wenn zum Beispiel Kinder immer wieder Flüssigkeit von          entwickeln.
einem Gefäß in ein anderes füllen oder wenn ein Glas um-
fällt und eine Flüssigkeit auf­gewischt werden muss, ist man
schon mittendrin im Bildungsthema Naturwissenschaften
(siehe nächste Seite).

                       Bildungs-                                                     Bildungs-
                        thema                                                         thema

    Bildungs-          Situation/          Bildungs-             Bildungs-         Zugemutetes           Bildungs-
     thema               Alltag              thema                thema               Thema                thema

                       Bildungs-                                                     Bildungs-
                        thema                                                         thema

Bei dieser Vorgehensweise werden Gelegenheiten und             Beide Herangehensweisen – das Ausgehen von der
Situationen des Alltags genutzt, um den Kindern die Mög-       Alltagssituation oder vom zugemuteten Bildungsthema
lichkeit zu neuen Erfahrungen und zur Wissens­aneignung        selbst - können zu einer längerfristigen Beschäftigung mit
in realen Lebenssituationen zu geben. Fragen und Ent­          dem Thema in Form von Angebotsreihen oder Projekten
deckungen der Kinder werden zum Ausgangspunkt für              führen. Dieser methodische Ansatz hat Konsequenzen für
die Bearbeitung ihrer Themen.                                  die Materialauswahl und Raum­gestaltung in den Kinder­
                                                               tageseinrichtungen.

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2.1.1 Situation als Ausgangspunkt                            Praxisbeispiel

Wie vielfältig die Anlässe im Kita-Alltag sind, ein mathe­
matisch-naturwissenschaftliches Bildungsthema zu entwi-        Ein Glas fällt um – ein Vorfall und seine Folgen
ckeln, soll exemplarisch anhand einer Frühstücks­situation
gezeigt werden.                                                Beim Frühstück in der Kita fällt ein Glas um. Wasser
                                                               ergießt sich über den Tisch und bildet eine Pfütze.
›› Beim Tischdecken zählen die Kinder, wie viele Teller,­      Die päda­gogische Fachkraft bittet die Kinder, es
   Tassen und Bestecke gebraucht werden.                       nicht aufzuwischen. Statt dessen holt sie verschiede-
   ➞ Mathematik                                                ne Gegen­stände zusammen: einen Stein, ein Stück
›› Milch wird aus einem großen in ein kleines Gefäß            Frischhaltefolie, Watte, Küchenpapier, ein Stofftuch.
   gegossen: Passt die Menge rein? Wird das Glas voll          Die Kinder tauchen die Gegenstände in die Pfütze
   oder nur halbvoll? ➞ Mathematik                             und stellen fest, dass manche das Wasser aufneh-
›› Ein Kind fragt: „Wie wachsen eigentlich Möhren?“            men, andere nicht. Später wiederholen sie das Expe-
   ➞ Naturwissenschaft Biologie                                riment, indem sie immer die gleiche Menge Wasser
›› Der Zustand von Lebensmitteln verändert sich:               in ein Glasschälchen füllen und so die Saugfähigkeit
   der Apfel von letzter Woche ist ganz verschrumpelt,         der verschiedenen Materialien untersuchen. Die
   die Banane ist braun geworden, das Eis schmilzt auf         hängt ab von der Art und Größe der Oberfläche. Der
   dem Teller. ➞ Naturwissenschaft Chemie                      Stein und die Folie sind glatt und dicht, hier kann
›› Die Kinder tauschen mitgebrachtes Essen:                    das Wasser nicht eindringen. Die Watte hat eine sehr
   drei Apfelstückchen gegen ein Butterbrot.                   gute Saug­fähigkeit, da sie aus kleinen Zellulosefäden
   ➞ Mathematik                                                besteht, die zusammen eine sehr viel größere Ober-
›› Ein Löffel fällt vom Tisch und landet scheppernd            fläche bilden, als der Stein sie hat.
   auf dem Boden. ➞ Naturwissenschaft Physik
›› Ein Kind versucht, mit dem Nussknacker Nüsse                Das Experimentieren mit Wasser gefällt den Kindern.
   zu öffnen. ➞ Technik                                        Die pädagogische Fachkraft fordert sie auf, eine Prise
›› Beim Aufräumen muss der Müll entsorgt werden.               Pfeffer in ein Wasserglas zu streuen: Er bleibt auf
   Wohin mit der Bananenschale und dem Joghurtbecher?          der Wasseroberfläche liegen und sinkt erst nach der
   ➞ Umwelt                                                    Zugabe von Spülmittel zu Boden. Die Kinder erleben,
                                                               dass Wasser eine Oberflächenspannung hat, die
Aus jeder dieser Situationen lassen sich, je nach Inte­        durch das Hineingeben von Spülmittel aufgelöst
resse und Lernbedürfnis der Kinder, vertiefende Unter­         wird.
suchungen, Übungen, Experimente oder Experimen­
tierreihen entwickeln.                                         Dann untersuchen die Kinder die Eigenschaften
                                                               ­anderer Flüssigkeiten. Sie schütten Essig in Wasser
                                                                und sehen: Beides vermischt sich. Bei Öl funktioniert
                                                                das nicht - manche kennen das schon vom Abwa-
                                                                schen der Salatschüssel, wenn das Wasser immer
                                                                wieder von der fettigen Oberfläche abperlt. Wasser
                                                                und Öl sind nicht mischbar. Sie mischen sich erst
                                                                nach der Zugabe von Spül­mittel.

                                                               Schließlich stellen die Kinder fest, dass Wasser nicht
                                                               nur flüssig, sondern manchmal auch fest oder gas-
                                                               förmig ist. Sie beobachten und messen, bei welchen
                                                               Temperaturen Wasser seinen Aggregatzustand
                                                               ändert und gefriert oder verdampft.

                                                                                                                        9
Erfolgreich starten Handreichung für Mathematik, Naturwissenschaften und Technik in Kindertageseinrichtungen - schleswig-holstein.de
Ein Thema, an dem die Kinder Interesse signalisieren, kann
auch zum Anlass für ein mehrwöchiges Projekt genommen        Veranschaulichen kann man dieses den Kindern,
werden. Das Projekt wird mit den Kindern gemeinsam ge-       indem ein Kind das Wasser spielt und ein anderes
plant und praktisch umgesetzt, dabei wird mit unterschied-   Kind, das die Luft spielt, auffordert, ihm auf seinem
lichen Methoden gearbeitet. Die Kinder können sich auf       Stuhl Platz zu machen. Dort, wo ein Kind (Luft) sitzt,
diese Weise intensiv und längerfristig mit einem Thema       kann kein anderes Kind (Wasser) sitzen. Es sei denn,
auseinandersetzen. Projekte ermöglichen ihnen einen          das Kind weicht aus. (Lück 2003, S. 111–113)
ganzheitlichen Bildungspro­zess mit vielfältigen Aspekten:
An einem komplexen Themenbereich können sie forschen,        Nachdem die Kinder so erfahren haben, dass Luft
sich ausprobieren, einen Lösungsweg gehen und ihn wie-       existiert und auch einen Raum einnimmt, kann die
der verwerfen, Kompromisse finden, einzeln und in der        pädagogische Fachkraft die Kinder auf den Wind, die
Gruppe am Thema arbeiten.                                    bewegte Luft, aufmerksam machen. Sie spüren den
                                                             Wind auf der Haut, er lässt ihr Haar wehen, er treibt
                                                             Blätter vor sich her und lässt die Blätter in den Bäu-
2.1.2 Zugemutetes Thema als Ausgangspunkt                    men rauschen. Mit all ihren Sinnen können die Kinder
                                                             dieses aufnehmen. Mit selbst gebastelten Wind­
Zu den uns täglich umgebenden Naturphänomenen                rädchen versuchen die Kinder dann die Windkraft
zählen die Luft und das Wetter. Dennoch ist Kindern          einzufangen und erleben, dass je nach Windstärke
im Vorschulalter und sogar Grundschulkindern die Luft        die Windräder sich unterschiedlich schnell drehen.
als Gas nicht vertraut. Mit einfachen naturwissenschaft-     Nach dem gleichen Prinzip funktionieren die Wind­
lichen Experimenten kann den Kindern in der Kinder­          rotoren, die der Stromerzeugung dienen.
tageseinrichtung die Beschäftigung mit dem Thema Luft
zugemutet werden. Mit einfachsten Mitteln können Kinder      Vertraut mit der Materie Luft, dem Wind und der
so mit dem uns täglich umgebenden Naturphänomen,             Windkraft kann die pädagogische Fachkraft ge­
dem Wetter, vertraut gemacht werden.                         mein­sam mit den Kindern eine kleine Wetterstation
                                                             aufbauen. Dazu wird ein Thermometer, ein Regen­
                                                             auffangbehälter und ein Beobachtungsbogen mit
Praxisbeispiel                                               Symbolen für Sonne, Wolken, Regen und Wind
                                                             ­benötigt. Ein Regenmesser lässt sich leicht selbst
                                                              herstellen. Dazu schneidet man zunächst den Hals
  Gas, Luft, Wetter                                           und den unteren Teil einer Plastikflasche ab.

  Kinder im Vorschulalter können schon gut zwischen          Den Hals stellt man dann umgedreht als Trichter
  Feststoffen und Flüssigkeiten unterscheiden. Dass          auf den unteren Teil der Flasche, an den von außen
  Luft als Gas existiert und genauso einen Raum ein-         noch ein Maßband aus Papier befestigt wird (Aulas,
  nehmen kann wie sichtbare Stoffe, können Kinder            S. 145). Die Kinder beobachten nun täglich sehr
  anhand ein­facher Mittel begreifen. Hierzu legt man        ­genau, wie hoch die Flüssigkeitssäule in dem Ther­
  Gummi­bärchen in ein mit Watte ausgekleidetes Alu­          mometer steigt bzw. fällt, wie viel Regenwasser sich
  miniumschälchen eines Teelichts. Dann setzt man             in dem Regen­auffangbehälter sammelt und sie
  dieses Boot auf die Wasseroberfläche in einer Salat­        kreuzen gewissenhaft je nach Wetter die Symbole
  schüssel, stülpt ein leeres Glas darüber und drückt         für Sonne, Wolken usw. an.
  es mit der Öffnung nach unten. Da die Watte und
  die Gummibärchen trocken bleiben, wird deutlich,           Ein natürlicher Luftfeuchtigkeitsmesser ist der Pinien­
  dass kein Wasser eindringt. Nur wenn die Luft, die in      zapfen, den man zur Beobachtung auf die Fenster-
  dem vermeintlich leeren Glas ist, entweichen kann          bank legen kann. Öffnen sich seine Schuppen, ist die
  (Luftblasen steigen auf), kann das Wasser in das Glas      Luft trocken. Das Wetter wird schön. Schließen sie
  nachrücken.                                                sich, ist Regen angesagt. (Ebd., S. 144)

10
2.2   Vorbereitete Umgebung

Das Konzept der vorbereiteten Umgebung geht auf die          Bei der Materialbeschaffung sollte man darauf achten,
Reformpädagogin Maria Montessori (1870 –1952) zurück.        dass alle Themenbereiche berücksichtigt sind. Zur Grund-
Damit ist eine Umgebung gemeint, in der die Kinder           ausstattung einer Kindertageseinrichtung gehört neben
selbst­­ständig arbeiten dürfen, ohne immer auf die Hilfe    klassischem Spielmaterial wie Knete, Baukasten und Pup-
eines Erwachsenen angewiesen zu sein. Raum und               penecke auch mathematisches, naturwissenschaftliches
Materialien sind nach einem sinnvollen Ordnungsprinzip       und technisches Material wie Sammel- und Sortierkästen,
gestaltet. Die Lernmaterialien befinden sich in Sicht- und   Magnete und Werkzeuge oder eine Werk­bank.
Reichweite der Kinder. Sie finden sie zuverlässig stets
am gleichen Ort wieder. Das gibt ihnen Sicherheit und        Aufbauend auf dem Prinzip der vorbereiteten Umge­bung
Orientierung. Die vorbereitete Umgebung ermöglicht den       sollten in der Kindertageseinrichtung Forscher­bereiche
Kindern Wiederholungen entsprechend ihrer Bedürfnisse        oder eine Lernwerkstatt eingerichtet werden. In einer
und ihres Lerntempos.                                        ruhigen Ecke oder einem gesonderten Raum finden die
                                                             Kinder verschiedene Lernangebote vor. Sie können ihre
Raumgestaltung und Material sollen den Kindern eine          Arbeitsmaterialien frei wählen, von Arbeit zu Arbeit wech-
anregende Umgebung für selbstorganisierte Lernpro­           seln und sich jeweils holen, was sie benötigen. Durch die
zesse bieten. Je nach räumlichen Möglichkeiten der           freie Wahl des Arbeitsschwer­punktes kann jedes Kind an
Kinder­tageseinrichtung können verschiedene thematisch       seinen individuellen Entwicklungsstand anknüpfen und
gestaltete Forscherbereiche oder auch eine Lernwerkstatt     auf ihn aufbauen. Unterschiedliche Lernwege und ein
mit Angeboten zu den einzelnen Bildungsbereichen ein-        individuelles Lerntempo finden dabei Berücksichtigung.
gerichtet werden.                                            Um Kinder darin zu begleiten und zu unterstützen, ist eine
                                                             nicht-direktive erzieherische Haltung entscheidend.
Das angebotene Material gibt den Kindern bestimmte
Bildungsthemen vor. Es kann sowohl dazu genutzt werden,      Bei der Forschertätigkeit von Kindern ist die Möglichkeit
einzelne Themen gezielt an die Kinder heranzutragen, als     der Wiederholung ein wichtiger Aspekt. Ein Kind baut
auch in Anknüpfung an beobachtete Themen der Kinder          schon früh selbsttätig Versuchsreihen auf um heraus­
entwickelt werden. Welches Material den Kindern aktuell      zufinden, ob es beim nächsten Mal wieder das gleiche
zur Verfügung steht, sollte sich immer an ihren jeweiligen   Ergebnis erzielt. Ein Forscherbereich bietet den Kindern
Interessen, ihren Lernbedürfnissen und ihrem Entwick-        diese Möglichkeit zum Üben, Wiederholen und Ver­tiefen.
lungsstand orientieren.

Praxisbeispiel

  Farbmischungen

  Zu einer vorbereiteten Umgebung im Bereich Natur­­-
  wissenschaften gehört zum Beispiel Material für
  Versuche mit Farbmischungen: ein Holzständer mit
  Reagenzgläsern und flüssige Wasserfarbe in den
  drei Grundfarben Rot, Blau und Gelb, abgefüllt in
  Pipetten­fläschchen. Alle notwendigen Utensilien
  liegen auf einem Tablett bereit und können von den
  Kindern leicht an den nächsten Arbeitsplatz geholt
  werden. Nach dem Experimentieren wird alles wie-
  der an den ursprünglichen Platz ins Regal geräumt,
  so dass das nächste Kind die gleiche Ausgangs­
  situation vorfindet. Schilder mit Symbolen schaffen
  Übersicht und erleichtern das Zurückstellen an den
  richtigen Ort.

                                                                                                                     11
Praxisbeispiel                                                ›› Ordnungsprinzipien in der vorbereiteten Umgebung
                                                                 –– Alle Materialien befinden sich in erreichbarer Höhe
                                                                    der Kinder.
  Lernwerkstatt                                                  –– Es gibt feste Plätze zum Aufbewahren von Materia­
                                                                    lien und Geräten, die nach Themen geordnet sind
  Eine Lernwerkstatt stellt Materialien für alle Bil­dungs­         und mit entsprechenden Bildern gekennzeichnet
  bereiche zur Verfügung wie einen Ton- oder Knet-                  sein können.
  tisch, eine Lese- und Schreibecke, eine Matheecke,             –– Durchsichtige Behälter erleichtern das Sortieren und
  eine Forscherecke, eine Bau- und Konstruktionsecke                Wiederfinden von Materialien.
  oder eine Hörecke. Die Aus­stattung dieser Bereiche            –– Schachteln und Kisten können ihren Inhalt ebenfalls
  richtet sich immer auch nach den jeweiligen Bedürf­               über Bilder (Digitalkamera) anzeigen, so dass langes
  nissen der Kinder. Wenn zum Beispiel ein Kind ent­­­-             Suchen erspart bleibt.
  deckt hat, dass Licht sich bricht und in alle Farben           –– Materialsammlungen und die Präsentation von
  des Regenbogens aufgliedert, stellt die pädagogi-                 Arbeitsergebnissen in Augenhöhe und Erreichbar-
  sche Fachkraft ihm Material zur Verfügung, so dass                keitder Kinder fördern Identifikation, Kommunikation
  es an dieser Entdeckung in der Forscherecke weiter-               und Selbstständigkeit.
  arbeiten und seine Erkennt­nisse durch Wiederho-               –– Rollwagen, in denen schwere Materialien wie z. B.
  lung vertiefen kann. (Siehe „Weltenentdecker“, S. 38)             Steine aufbewahrt werden, erlauben das Arbeiten
                                                                    damit an verschiedenen Orten im Raum.

                                                              ›› Materialqualität
                                                                 Folgende Eigenschaften sollten bei der Anschaffung
                                                                 ausschlaggebend sein:
                                                                 –– gute Qualität, die Langlebigkeit erwarten lässt,
                                                                 –– Sachlichkeit in der Form- und Farbgestaltung (keine
                                                                    Verkindlichung durch schrille Farben und niedliche
                                                                    Formen).
                                                                 –– Einsatz von echten Materialien, die die Wahrneh-
                                                                    mung von Kindern stimulieren.

                                                              ›› Im Allgemeinen gilt:
                                                                 Klarheit im Raum
                                                                 –– ermöglicht konzentriertes Arbeiten
                                                                    an verschiedenen Arbeitsplätzen,
                                                                 –– erleichtert Ordnung,
                                                                 –– erhöht die Sicherheit,
                                                                 –– ermöglicht Selbstständigkeit,
                                                                 –– gibt Orientierung.

12
3. Der Bildungsbereich

                                                            3.1   Mathematik

Die Themenschwerpunkte Mathematik, Naturwissen-             Die Welt ist voller Mathematik, auch die der Kinder. Schon
schaften, Technik und Umwelt sind eng miteinander ver-      ganz kleine Kinder versuchen, ihre Umgebung durch
bunden. Mathematische Operationen wie Messen, Zählen        Räumen, Umpacken oder Sortieren von Gegenständen zu
oder Abschätzen von Mengen spielen beim Experimen-          verstehen. Ältere fangen an zu vergleichen („Ich bin größer
tieren mit Naturphänomenen eine Rolle: „Wie lang ist der    als du“) und interessieren sich für Mengen, Maßeinheiten
Regenwurm?“, „Wieviel Backpulver brauche ich, damit das     und Zahlen.
beim Mischen mit Wasser entstehende Gas einen Luftbal-
lon aufbläst?“                                              Mathematik beschäftigt sich mit zwei grundlegenden
                                                            Themenkreisen:
Technik ist die praktische Anwendung von Mathematik und     1. mit den Formen, also der strukturellen Gestalt
Naturwissenschaften. Wenn ein Kind ausprobiert, was es         von Gegenständen,
tun muss, damit der selbstgebaute Kran nicht umkippt, übt   2. mit den Zahlen, also dem rhythmischen,
es sein Gespür für Größenverhältnisse (Mathematik) und         systematischen Voranschreiten, und mit den
Schwerkraft (Physik). Beim Thema Umwelt geht es um eine        Eigenschaften der Zahlen. (Vgl. Beutelspacher, S. 8)
wertorientierte Betrachtung der Natur. Durch emotionale
Naturerlebnisse und die Erfahrung der Wechselwirkungen      Mathematik als Methode ist eine Tätigkeit, mit der wir die
zwischen Mensch und Umwelt können die Kinder Kompe-         Welt strukturieren. Beim Erlernen dieser Methode müs-
tenzen wie Achtsamkeit und Wertschätzung entwickeln.        sen Kinder den Schritt vom Konkreten zum Abstrakten
                                                            vollziehen. Im pädagogischen Alltag bedeutet das, dass
Es ist also weder möglich noch sinnvoll, die einzelnen      Mathematik für die Kinder praktisch erfahrbar wird. Die
Themenbereiche in der Praxis klar voneinander zu trennen.   handelnde Auseinandersetzung mit Dingen, die sinnliche
Die Aufteilung in vier thematische Bereiche strukturiert    Erfahrungen wie visuelle, akustische oder taktile Wahr-
aber die Beobachtung, Planung, Begleitung und Auswer-       nehmung ermöglicht, ist Grundvoraussetzung für mathe-
tung der kindlichen Bildungsprozesse.                       matisches Denken. Durch Erfahrungen mit handhabbaren
                                                            Dingen lernen die Kinder „nach und nach, die Welt nicht
                                                            mehr allein mit Hilfe des Augenscheins, sondern stärker
                                                            durch das Denken, also abstrakter zu beurteilen.“ (Hoe-
                                                            nisch/Niggemeyer, S. 14)

                                                                                                                      13
3.1.1 Welche Themen man in der Kindertages­einrichtung       3.1.2 Praxisbeispiel
      anbieten oder aufgreifen kann:

›› Sammeln, Sortieren, Vergleichen, Klassifizieren             Angebotsreihe „Messen und Wiegen“
   Zum Beispiel: Naturmaterialien (Steine, Muscheln), Sam-
   melkarten, Figuren, kleine Gegenstände, Farbtäfelchen       Die Kinder beschäftigen sich mit dem Thema Wach-
                                                               sen. Sie vergleichen sich: „Ich bin aber größer als
›› Zählen                                                      du.“ Ein Kind erzählt: „Mama sagt, ich bin schon wie-
   –– Ziffern und Reihenfolge erkennen                         der gewach­sen und die Hose ist zu kurz.“ Bei einem
   –– Rechenarten: Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren,     anderen ist ein Geschwisterkind geboren: „Das ist
      Dividieren                                               winzig klein.“ Dies kann Anlass sein für den Einstieg
   –– Wertigkeit von Zahlen                                    in die Mathe­matik über das Messen und Vergleichen
                                                               und das Erleben von Maßeinheiten. Zum Beispiel:
›› Menge                                                       –– Jedes Kind wird gemessen, seine Länge auf
   –– wie viel/wie wenig                                          Tapete gezeichnet und ausgeschnitten.
   –– leicht/schwer (Gewicht/wiegen)                           –– An der Wand wird eine Messlatte für jedes Kind
   –– Gegensätze erkennen und benennen                            befestigt, an der in regelmäßigen Zeitabständen
                                                                  die Größe markiert wird.
›› Raum und Zeit messen und erfahren                           –– Die Kinder messen ihre Größe mit einem
   –– Sekunde, Minute, Stunde, Tag, Monat, Jahr                   Wollfaden ab und probieren, ob sie den Faden
   –– Länge, Breite, Höhe                                         zwischen ihren ausgestreckten Armen spannen
                                                                  können oder wie oft der Faden um ihren Bauch
›› Geometrie                                                      oder das Handgelenk gewickelt werden kann.
   –– ebene Formen (Kreis, Dreieck, Viereck etc.)              –– Zum Vergleich wird geguckt, wie groß andere
   –– räumliche Formen/Körper                                     Menschen sind oder wie lang Tiere werden.
      (Kugel, Quader, Kegel etc.)
   –– Dimensionen (Ausmaße)                                    Von der Beschäftigung mit der Größe findet man
   –– Volumen (Rauminhalt)                                     leicht den Übergang zum Thema Gewicht:
   –– Umfang                                                   –– Jedes Kind wird gewogen und das jeweilige
                                                                  Gewicht in Sand aus der Sandkiste geholt.
›› Muster und Folgen, Symmetrie                                –– Die Kinder sprechen darüber, wie schwer sie als
   Zum Beispiel: Zebrastreifen, Bienenwabe, Tannen­               Baby waren. Um dies plastisch zu machen, sollen
   zapfen, Sonnenblume                                            sie ihr Geburtsgewicht von zu Hause mitbringen,
                                                                  zum Beispiel als drei Tüten Zucker.
›› Logik                                                       –– Die Kinder erstellen Steckbriefe für ihre Größe
   –– Arbeitsabläufe erkennen                                     und ihr Gewicht.
   –– Zusammenhänge erkennen                                   –– Sie sortieren sich nach Größe und Gewicht.
   –– Abfolgen erkennen

14
3.1.3 Vorbereitete Umgebung                                      Tipp

Um die Kinder zur weiterführenden Beschäftigung
mit dem Thema anzuregen, kann man eine Messecke ein-               Sammel- und Sortierspiele kann man gut selbst zu-
richten, in der sie mit unterschiedlichen Maßwerk­zeugen           sammenstellen. Zum Beispiel: In einem kleinen Koffer
experimentieren können. Dort werden verschiedene                   sind zehn verschiedene Gegenstände unterschied­
Werkzeuge zum Messen in ein Kästchen gelegt und mit                licher Anzahl von eins bis zehn, dazu zehn Karten mit
Aufträgen in Form von Bildkarten versehen: „Wie lang ist           den entsprechenden Zahlen. Auf der Rückseite der
der Tisch?“, „Wie viele Meter hat der Kindergarten?“               Karten ist der jeweilige Gegen­stand in der entspre-
                                                                   chenden Anzahl abgebildet (aus Digitalfoto ausge-
Das Messen bietet einen guten Übergang zum Zählen.                 schnitten). Das ermöglicht den Kindern nach dem
So lässt sich die Länge eines Raumes auch in Schrit­ten            Zählen der Gegenstände und dem Zuordnen der
messen, die man beim Gehen zählt. Schließlich ist der              Zahlen eine Fehlerselbstkontrolle.
Zollstock auch nur ein Zahlenstrahl zum Messen ...

In der Messecke können auch Instrumente zum Wiegen               Auch Bastelkästen gehören zu den Mathematerialen.
und zum Abmessen von Mengen angeboten werden.                    Durch sie lernen die Kinder logische Arbeitsabläufe
›› Mit einer Balkenwaage lässt sich erfahren, dass man           kennen. Bastelkästen enthalten Anleitungen mit Bildern/
   sehr viele Muscheln braucht, um wenige Steine auf­            Symbolen und Schrift zum Basteln eines Gegenstandes,
   zuwiegen.                                                     z. B. ein Hampelmann aus Pappe o. ä.
›› Verschieden große Messbecher eignen sich für über­            Für die Kinder bedeutet die Bearbeitung dieses Kastens
   raschende Erfahrungen mit Volumen. Passt die Menge            ›› Die Anleitung anhand von Bildern zu lesen.
   Wasser in dem hohen schmalen Gefäß wirklich in das            ›› Ein Ordnungssystem zu entwickeln.
   niedrige breite, das viel kleiner zu sein scheint? Durch      ›› Die Fragestellung zu lösen: Womit fange ich an,
   Hin- und Herschütten kann man das ausprobieren.                   womit höre ich auf?
                                                                 ›› Zu lernen: Wie löse ich ein Problem?
Als Messinstrumente für Länge, Gewicht, Menge/ Volumen           ›› Zu erfahren. Ich kann mir selbst helfen!
und Zeit können angeboten werden:                                ›› Zu erleben: Ich traue mich allein an Neues heran!
Lineal, Zollstock, Zentimetermaß, Meterstock, Geodreieck,        (Aus: Marion Tielemann, Konzeption Lernwerkstatt der Kita
Personen­waage, Balkenwaage (geht auch selbst ge­baut            Bünningstedt. Zitiert nach „Weltenentdecker“, S. 28.)
mit zwei an einem Stock hängenden Schachteln), verschie-
dene Mess­becher, Uhr, Stopp­uhr, Sanduhr, Kalender ...          ›› Weitere Ideen für Materialangebote
                                                                    –– Geometrische Figuren, eben und räumlich
Eine zentrale mathematische Fragestellung ist, ob und               –– Würfelspiele, Münzen, Dominosteine,
warum bestimmte Gegenstände zusammenpassen. Sam-                       Abzählverse, Hüpfkästchen
mel- und Sortierspiele sind daher eine wichtige Grundlage           –– Muster, Regelmäßigkeiten, Rhythmen erkennen:
für mathematisches Denken. Man kann sie mit zufällig im                optisch oder in Tonfolgen, Tanzschritten,
Raum befindlichen Gegenstände durchführen: Was ist                     Tagesablauf, Jahreszeiten ...
alles rund, was ist eckig, eben, räumlich, rot, blau ...? Oder
dafür kleine Sammlungen mit verschiedenen Gegenstän-
den vorbereiten.

                                                                                                                       15
3.2   Naturwissenschaften

Kinder sind von sich aus Naturforscher. Sie sammeln und       3.2.1 Welche Themen man in der Kindertages­einrichtung
horten Fundstücke aus der Natur wie Muscheln, Steine                anbieten oder aufgreifen kann:
oder Kastanien. Sie beobachten mit Hingabe, wie eine
Schnecke über den Weg kriecht, und wollen wissen,             ›› Phänomene der unbelebten Natur
warum Wasser zu Eis wird, wenn man es ins Gefrierfach            –– Aggregatzustände von Stoffen (fest, flüssig,
stellt. Auch das Experimentieren, Aus­probieren und Wie-            gasförmig)
derholen, bis ein befriedigendes Ergebnis erreicht ist, ist      –– Chemische Reaktionen/Stoffumwandlungen
eine Methode der Naturwissen­schaften ebenso wie der                (Zum Beispiel wandelt sich Kerzenwachs in Kohlen-
Selbstbildung von Kindern.                                          stoffdioxid, Wärme, Licht und Wasser um, wenn eine
                                                                    Kerze abbrennt. Diese Stoffumwandlungen finden
Die grundlegenden Naturwissenschaften Biologie, Chemie              überall statt: Wachstum einer Blume, Nahrungsauf-
und Physik beschäftigen sich mit den Phäno­menen der                nahme beim Menschen etc.)
belebten und unbelebten Natur. Auch hier finden die Kin-         –– Eigenschaften von Stoffen (Brennbarkeit, Saug-
der am besten über das praktische Tun Zugang, also durch            fähigkeit, Ausdehnungsfähigkeit, Leitfähigkeit etc.)
Sammeln, Betrachten, Ausprobieren und Umgehen.                   –– Magnetismus (Fähigkeit eines Stoffes, Eisen oder
                                                                    andere – sich wie Eisen magnetisch verhaltende –
Bei naturwissenschaftlichen Experimenten ist es wichtig,            Stoffe anzuziehen)
dass die Kinder sie selbstständig durchführen können,            –– Schwerkraft (Anziehungskraft, z. B. die zwischen der
dass sie sich Zeit nehmen zum Beobachten und Stau­nen               Erde und den in ihrer Nähe befindlichen Körpern)
und dass schließlich eine gemeinsame Deutung er­folgt.           –– Fliehkraft (bei der Bewegung eines Körpers auf einer
Wenn Letzteres fehlt, gewinnen die Kinder schnell den Ein-          gekrümmten Bahn oder bei der Drehung um eine
druck von „Zauberei“. „Mit der Deutung des Experiments              Achse auftretende, nach außen gerichtete Kraft)
ist der entscheidende zweite Schritt auf dem Weg in die          –– Mechanik (Gleichgewicht und Bewegung der Körper
Natur­wissenschaften getan, nämlich der vom Staunen zum             unter dem Einfluss von Kräften)
Begreifen.“ (Lück 2000, S. 28)                                   –– Elektrizität
                                                                 –– Wärmelehre
Dabei sollte jedoch auf „verfrühte Erklärungen, unange-          –– Optik (Licht, Schatten, Farben)
messene Modelle und leere Worte“ verzichtet werden, die          –– Akustik (Töne, Schallwellen)
ein wirkliches Verstehen der Kinder blockieren (Einleitung       –– Geologie (Entwicklung und Bau der Erde)
Fiesser/Kochhafen). Der eigentliche Lerngewinn liegt im          –– Mineralogie (Gesteinskunde)
konkreten Umgang mit den Phänome­nen und im unmit-               –– Astronomie (Sternkunde)
telbaren Erleben eines finalen Zusam­menhangs: „Immer            –– Wetterkunde
wenn ich dies tue, dann folgt das.“
                                                              ›› Phänomene der belebten Natur
                                                                 –– Pflanzen
                                                                 –– Tiere
                                                                 –– Menschen
                                                                 –– Säen und Pflanzen
                                                                 –– Wachstum
                                                                 –– die Jahreszeiten
                                                                 –– Körperaufbau und -funktionen
                                                                 –– Befruchtung
                                                                 –– Geburt
                                                                 –– Vermehrung und Fortpflanzung
                                                                 –– Ernährung

16
3.2.2 Praxisbeispiele

  Angebotsreihe „Das Aufblasen eines Luftballons           Manche Kinder werden wahre Meister und können Expe­
  mit Backpulver und etwas Wasser“ – Wie Kinder            rimente ohne Hilfe durchführen und anderen Kindern
  selbstständig forschen und experimentieren               vermitteln.

  Ein Kind hat eine Idee für ein Experiment aus dem
  Fernsehen, nämlich das Aufpusten eines Luftballons         Angebotsreihe „Kerzen anzünden und löschen“
  mit einer Flasche, gefüllt mit Back­pulver und Wasser.
  In der Kindertageseinrichtung bekommt es die               Mit Teelichtern, langen Streichhölzern, Wasser­
  Mög­lichkeit, das Experiment zusammen mit anderen          schälchen, verschieden großen Gläsern und einem
  Kindern zu organisieren und auszuprobieren. Die            Tuch probieren die Kinder aus, wie man auf verschie-
  pädagogische Fachkraft ist dabei nur Assistent/in.         dene Weise eine Flamme löschen kann. Zum Bei­spiel
  Die Kinder organisieren sich ihr Material bei der Kö-      durch
  chin und aus dem Fundus des Naturforscher­raums.           –– Ausblasen,
  Mit einem Tablett als Unterlage probieren sie aus,         –– Eintauchen des Streichholzes in Wasser,
  wie sie das Backpulver in eine Flasche bekommen.           –– Ausschütten der Kerze,
  Nach einigen Fehlschlägen erkennen sie, dass ein           –– Ersticken unter einem Glas
  Trichter das Einfüllen erleichtern könnte. Sie fin-        –– oder mit einem Tuch.
  den ihn ebenfalls im Natur­forscherraum. Nachdem
  die Kinder etwas Wasser dazugegeben haben, ist            Beim Experimentieren zählt ein Kind, wie lange es
  nach Ansicht des leitenden Kindes alles getan, was        dauert, bis die Flamme seines Teelichts unter einem
  vor dem Verschließen der Flasche mit dem Luft­            Glas verlöscht. Es probiert verschieden große Gläser
  ballon erforderlich ist. Nun tritt jedoch ein neues       aus und sieht: Bei größeren dauert es länger. Und
  Problem auf: Die Kinder sind nicht in der Lage, die       wenn man mehrere Teelichter unter einen Glas­
  enge Öffnung des Luft­ballons so zu weiten, dass sie      behälter stellt, gehen sie schneller aus, als wenn nur
  über den Flaschenhals passt. In der Zwischenzeit          ein einzelnes darunter steht. Die Kinder erleben, dass
  beobachten sie allerdings, dass in der Flasche ein        eine Kerze zum Brennen Luft (genauer: Sauer­stoff)
  heftiges Schäumen zu erkennen ist, und hören auch         benötigt, dass die Luft allmählich „verbraucht” wird
  ein Zischen und Knacksen. Trotz der Panne ist das Ex-     und die Kerze erlischt, wenn nicht mehr genug Luft zur
  periment so spannend, dass die Kinder beschließen,        Verfügung steht. (Vgl. Lück 2003, S. 117 ff.)
  es gleich noch einmal zu wiederholen, dieses Mal          Beim Experimentieren mit Feuer muss immer ein Er-
  mit kleinen Medizin­fläschchen aus dem Fundus des         wachsener anwesend sein. Erfahrungsgemäß werden
  Naturforscherraums. In der offenen Angebotsphase          dabei unzählige Streichhölzer verbraucht, aber die
  kommen viele neue Kinder dazu und beobachten,             Kinder werden immer geschickter im Umgang damit.
  geben Ratschläge, überlegen, warum da etwas in der
  Flasche zischt und schäumt. In den nächsten Tagen
  wollen viele Kinder auch dieses Experiment erlernen,
  so dass es fest eingeplant wird.

  In den folgenden Angeboten zu diesem Thema
  werden die Kinder immer sicherer und differenzierter
  in der Auswahl der Materialien. So wird das Wasser
  in die kleinen Fläschchen mit einer Pipette einge-
  füllt, deren Handhabung besondere Konzentration
  erfordert. Außerdem muss ein Spatel als Hilfsmittel
  zum Einfüllen des Pulvers verwendet werden, da die
  Öffnung der Fläsch­chen zu klein ist für den kleinsten
  Trichter.

                                                                                                                    17
Projekt                                                    Praxisbeispiel

  Die Lebensweise der Stabheuschrecke                        Berechtigungsscheine/Urkunden

  Seit fast einem Jahr pflegen die Kinder in der Kinder­     Für anspruchsvollere Aufgaben wie die Benutzung
  tageseinrichtung eine Stabheuschrecke. Sie war             eines Mikroskops oder das Füttern der Fische im
  das Geschenk einer Kollegin, und es ist besonders          Aquarium können die Kinder eine Urkunde erwer-
  inte­ressant, sie zu beobachten und Besucher aufzu-        ben. Dafür müssen sie vor einem „Gremium“ aus
  fordern, das gut getarnte Tierchen im Terrarium zu         päda­gogischen Fachkräften und anderen Kindern
  suchen. Die gute Pflege des Tieres hat Folgen. Eines       nachweisen, dass sie darüber Bescheid wissen. Ein
  Tages erkennen die Kinder, dass es nicht nur die           Mikros­kop darf ein Kind nur dann benutzen, wenn
  große Stabheuschrecke gibt, sondern auch unzähli-          die pädago­gische Fachkraft im Raum ist oder es die
  ge kleine Stabheuschreckenbabys. Nun müssen die            entsprechende Urkunde besitzt. Das schützt die Res-
  Kinder viele Fragen klären und sich ganz besonders         sourcen vor Verschwen­dung und ist zugleich Anreiz
  mit der Lebens­weise und den Bedürfnissen der              und Be­stätigung für das Kind: „Ich darf das, ich kann
  Stabheuschrecke beschäftigen: Was frisst und trinkt        das.“
  das Tier? Wie vermehrt es sich (ohne Männchen und
  ganz allein!)? Wie muss ein Terrarium eingerichtet
  werden? Wie groß werden die Tiere? Usw. Die Kinder
  beobachten und malen Bilder, diktieren der päda-
  gogische Fachkraft, machen mit ihr Fotos, suchen         ›› Weitere Themenbeispiele:
  Infor­mationen im Internet, bauen sogar eine Stab-          –– Luft „begreifen“ (Luft ist nicht nichts!)
  heuschrecke aus Draht und Pappmaché, messen mit             –– Kerze löschen durch Luftentzug
  Lineal und Maßband. Die Folge: Wenn es ein Buch             –– Kerze löschen durch Kohlenstoffdioxid
  über Aquarienfische gibt, dann machen wir ein Buch             (Der selbstgebaute Feuerlöscher)
  über die Stabheuschrecke. Die Kinder machen sich            –– Mischbarkeit von Flüssigkeiten (Essig, Wasser, Öl)
  noch mehr Gedanken, die alle mit in das Buch ge-            –– Aggregatzustände von Wasser
  schrieben werden: Man darf Stabheuschrecken nicht              (Warum schwimmt Eis auf dem Wasser?)
  quetschen. Man darf sie nicht auf dem Fußboden              –– Löslichkeit von Zucker und Salz in Wasser
  laufen lassen, das kann für sie gefährlich sein. Man        –– Wiedergewinnung von gelösten Stoffen
  darf sie auch nicht mit ins Bett nehmen. Wenn sie              (Gelöste Stoffe sind nicht weg)
  zu viel Wasser haben, können sie sich verschlucken          –– Saugfähigkeit von Stoffen im Vergleich
  oder sogar ertrinken ...                                    –– Lavendelparfüm selbst gemacht
                                                              –– Das Farbenrennen mit Kreide
  Neben dem Erwerb von Faktenwissen sind die                     (Siehe Lück 2000 und 2003)
  Ergebnisse der Forschungsarbeit über die Stab­
  heuschrecke:
  –– Kinder unterschiedlichen Alters beschäftigen sich
     allumfassend mit der Lebensweise und dem
     Verhalten dieser Spezies und können sehr genaue
     Auskünfte erteilen.
  –– Sie erleben dabei einen Wissensvorsprung
     gegenüber vielen Erwachsenen.
  –– Es macht ihnen Spaß, immer wieder Neues über
     eine Sache herauszufinden.
  –– Ihre Beobachtungen und Gedanken zum Thema
     werden ernst genommen und sind wichtig.

  Übrigens: Stabheuschrecken können nicht hüpfen.
  Sie können also problemlos in einer Kindertagesein-
  richtung gehalten werden.

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3.2.3 Vorbereitete Umgebung

Beispiel für einen Naturforscherraum                             ›› Rohstoffe zum Experimentieren
›› Die Arbeitsplätze im Naturforscherraum                           sind für chemische oder physikalische Experimente
   –– befinden sich auf Arbeitsplatten, die an den Wänden           kostengünstig anzuschaffen: Salz und Zucker in ver-
      des Raumes befestigt sind und in ihrer Höhe den               schiedenen Körnungen, Essig, Backpulver, Hefe, Öl,
      Bedürfnissen der Kinder angepasst werden können.              Haushaltskerzen, Teelichter etc.
      Sie sind mit Hilfe der Kinder gebaut worden.
   –– Die Funktionen der festen und veränderlichen               ›› Installationen im Raum
      Arbeits­plätze sind weitgehend offen gelassen,um die          –– vorbereitete Installationen an der Decke für verschie-
      freie Entwicklung von raumgreifenden Installationen              dene mechanische Experimente, z. B. Pendel-
      zuzulassen. Die Tische in der Mitte des Raumes                   installationen, Sandschalenpendel, Flaschenzug
      werden nach Bedarf in verschiedene Positionen                 –– Sand- und Wasserwanne
      gebracht, Stühle dürfen entfernt werden, auch auf             –– verschiedene Biotope, eingerichtet und gepflegt von
      dem Boden kann gearbeitet werden.                                und mit Kindern: Aquarium, Terrarien mit und ohne
   –– Ein Drittel des Raumes dient der Auseinanderset-                 Tierhaltung
      zung mit Sandexperimenten. Bei Bedarf ist ein                 –– ein PVC-Schlauch, ca. fünf bis sechs Meter lang für
      schnelles Umgestalten und Freiräumen möglich.                    vielfältige Experimente, z. B. Bewegungsübertragung
   –– Die Kinder können mittels Tabletts ihren Arbeits­                von Kugeln, „Telefonieren“ ...
      bereich abgrenzen.

›› Materialien im Naturforscherraum                              Praxisbeispiel
   –– Auf Erfahrungswerte und gute Fachberatung bei
      der Anschaffung von optischen Hilfsmitteln wie
      ­Lupen, Mikroskopen, Makroskopen sollte Wert                 Kugelbahn
       ­gelegt werden.
   –– Pipetten und Objektträger sollten aus Glas statt             Mit einem durchsichtigen PVC-Schlauch aus dem
        aus Plastik sein, um die Zerbrechlichkeit zu verdeut­      Baumarkt und Metallkugeln (am besten aus Eisen,
        lichen. (Vgl. Kapitel 2.2: Einsatz von echten Materi­      dürfen nicht nass werden!) kann man eine Kugel­bahn
        alien, die die Wahrnehmung von Kindern ernst               bauen. Am Ende einer Reihe von Kugeln im Schlauch
        nehmen)                                                    wird immer die gleiche Anzahl weggestoßen, die
   –– Pinzetten aus Metall sind denen aus Plastik vorzuzie-        man am anderen Ende hineinrollen lässt – ein Gesetz
        hen. Sie sind zwar teuer, aber besser in der Funktion.     der Kinetik. Beim Experimentieren damit legen
   –– Reagenzgläser und Halter gibt es in großer, gut              die Kinder Hindernisse für die Fort­bewegung der
        handhabbarer Ausführung im Fachhandel (Lehrmit-            Kugeln, bauen Schlaufen, lassen sie schneller oder
        telversand).                                               langsamer rollen, halten das Schlauchende ans Ohr
   –– Einfache Haushaltsgegenstände können vielfältig              und hören interessante Geräusche ...
        eingesetzt werden: Siebe, Löffel, kleine Schälchen,
        Messbecher, Küchenwaage etc.
   –– Senfgläser, Gurkengläser, schöne Flaschen aus
        Weißglas sind kostenlos in jedem Haushalt anfallen-
        de Recyclingprodukte, die beim Experimentieren
        neuen Einsatz finden.
   –– Magnetspiele sollten in vielfältiger Form vorhanden
        sein, wie Geo Mag, Magneten groß und klein, dazu
        diverse kleine und große Eisenteile.

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3.3   Technik

Wie kommt es, dass der Motor die Räder antreibt? Warum       3.3.2 Praxisbeispiele
saugt der Staubsauger den Schmutz vom Teppich? Was
bewegt den Zeiger an der Uhr? Technische Geräte faszi-
nieren Kinder und fordern sie zum Untersuchen heraus,          Projekt „Baustelle mit Kränen“
besonders wenn man von außen nicht sehen kann, wie sie
funktionieren. Kinder nehmen schon früh Dinge ausein­          Im Ort ist eine Baustelle. Die Kinder sind fasziniert
ander oder betätigen sich selbst als Baumeister und            von den riesigen Kränen, die sich bewegen und
Konstrukteure. Sie türmen Bauklötze auf, bis die Gesetze       schweres Baumaterial in die Höhe heben. In der
der Schwerkraft sie zum Einsturz bringen, und eignen           Kindertageseinrichtung versuchen sie, mit Holzbau­
sich durch Nachbauen selbst komplizierter Mechanismen          steinen Kräne nachzubauen. Diese Situation wird
deren Funktionsweise an.                                       zum Anlass für ein Projekt genommen, das sich über
                                                               mehrere Wochen hinzieht.
Technik ist die Anwendung von Naturwissenschaft und Ma-
thematik. „Bei Bauspielen beschäftigen sich die Kinder mit     Die Kinder machen Ausflüge zu verschiedenen
geometrischen Körpern und berücksichtigen physikalische        Bau­stellen in der Umgebung und gucken sich alles
Gesetze. Ihre Tätigkeit wird in hohem Maße durch logische      genau an. Es entsteht die Idee, eine Baustelle selbst
Operationen wie Synthese (Zusammensetzen) und Analyse          zu bauen. Als Grundlage dient eine Holzplatte, auf
(Zerlegen) sowie durch Vergleichen, Schlussfolgern und         der mit Sand, kleinen Ziegelsteinen und Playmobil­
In-Beziehung-Setzen bestimmt.“ (Von der Beek/Buck/Ru-          figuren die Szenerie aufgebaut wird.
fenach, S. 141/42) Bauen, Auseinandernehmen und der
Umgang mit technischen Geräten fördern handwerkliches          Die Kinder informieren sich in Büchern über Kräne
Geschick, Ausdauer, Koordination und Selbstwertgefühl.         und bringen verschiedene Modelle von zu Hause
                                                               mit. Sie erforschen: Wie schafft es ein Kran, Lasten
                                                               hochzuheben? Etwas hochheben kann man auch
3.3.1 Welche Themen man in der Kindertages­einrichtung         mit einer Baggerschaufel. Wie funktioniert die? Die
      anbieten oder aufgreifen kann:                           Kinder bauen unterschiedliche Hebemechanismen
›› Bauen und Konstruieren                                      nach und probieren aus, wie man Lasten bewegen
›› Handwerkliche Grundfertigkeiten/Umgang                      kann. Auch eine Wippe ist dabei, denn auch damit
   mit Werkzeug                                                lässt sich etwas anheben. Durch praktische Erpro-
›› Auseinandernehmen von Gegenständen und Geräten              bung bekommen die Kinder eine Vorstellung von
›› Experimentieren mit technischem Spielzeug: Hebel,           den Hebegesetzen der Mechanik.
   Waage, Magnet, schiefe Ebene, Räder, Vergröße-
   rungsgläser, Lupendosen, Periskope ...                      Auf der Baustelle entstehen funktionsfähige Kräne
›› Umgang mit technischen oder elektrischen Geräten:           aus unterschiedlichen Materialien. Es gibt einen
   Knoblauchpresse, Fleischwolf, Sahneschläger ...             Kran aus Eisstielen und einen Kran aus Draht, der
›› Umgang mit Elektrizität (Schaltkreise)                      an Bindfäden Gegenstände hochziehen kann. Zum
›› Umgang mit Medien/Kommunikationstechnik                     Schluss wagen sich die Kinder sogar an den Bau
›› Solartechnik                                                eines Flaschenzuges.
›› Windräder

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