Konzeption Kinderkrippe Eppelheim - Stand: 06.08.2019 - Postillion eV
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Konzeption Kinderkrippe Eppelheim _____________________________________________ Postillion e.V. – Kinder- und Jugendhilfe im Rhein- Neckar-Kreis Stand: 06.08.2019 Anerkannter Träger der Jugendhilfe gem. § 75 SGB VIII. Vom Finanzamt Heidelberg als gemeinnützig anerkannt (Steuer Nr. 32489/41467); Eintragung ins Registergericht Mannheim (VR 331407) Vorstand: Stefan Lenz (Geschäftsführender Vorsitzender), Christian Sauter (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied) Bankverbindung: Konto 58114200, Volksbank Kurpfalz H+G Bank eG (BLZ 672 901 00); IBAN DE81672901000058114200, BIC GENODE61HD3
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 2 Liebe Eltern, die vorliegende Konzeption ist eine Arbeitsgrundlage für alle Mitarbeiter_innen des Postillion e.V. in der Kinderkrippe Eppelheim. Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Konzeption leben muss, Mitarbeiter_innen, Eltern und auch die Kinder müssen sie ständig weiterentwickeln. Daher widmet sich ein eigenes Kapitel der Weiterentwicklung dieser Konzeption, als zentraler Bestandteil der Qualitätssicherung. Wir wissen aus Studien, dass der Einbezug der Eltern von grundlegender Wichtigkeit ist. Daher haben wir die Konzeption auch für die Eltern geschrieben und auf wissenschaftliche Erkenntnisse verwiesen. Es ist ferner Ziel der Konzeption, unsere Arbeit transparent und erklärbar zu machen. Daher unser Appell: Machen Sie bei der Weiterentwicklung der Konzeption mit. Hierfür stehen Ihnen Team, Einrichtungs- und Fachleitung zur Verfügung. Herzlichst Ihr(e) Stefan Lenz, Geschäftsführender Vorsitzender Bettina Kiem, Fachleitung Bärbel Aldinger, Krippenleitung
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1 Erziehungsgrundsätze ................................................................................................. 4 1.1 Die Krippe als Betreuungsinstitution ...................................................................... 4 1.2 Bildung................................................................................................................... 5 1.3 Erziehung ...............................................................................................................6 2 Rahmung ..................................................................................................................... 7 2.1 Personal ................................................................................................................. 7 2.2 Gruppengröße ........................................................................................................ 7 2.3 Verpflegung ............................................................................................................8 2.4 Öffnungszeiten .......................................................................................................8 2.5 Einzugsgebiet ......................................................................................................... 9 2.6 Organisatorische Strukturen/Hintergrundunterstützung ........................................ 9 2.7 Mitarbeit in Fachverbänden und Fortbildungen .................................................... 10 2.8 Finanzierung der Einrichtung ................................................................................ 10 3 Der Alltag in der Krippe .............................................................................................. 10 3.1 Tagesablauf ...........................................................................................................11 3.1.1 Ankommen .......................................................................................................11 3.1.2 Singkreis/Morgenkreis .................................................................................... 12 3.1.3 Essen............................................................................................................... 12 3.1.4 Spielen ............................................................................................................ 12 3.1.5 Pädagogische Angebote .................................................................................. 13 3.1.6 Schlafen .......................................................................................................... 14 3.1.7 Pflege-/Wickelsituation ................................................................................... 14 3.1.8 Aufenthalt im Freien ........................................................................................ 15 3.1.9 Feste................................................................................................................ 15 3.2 Schwerpunkte ...................................................................................................... 16 3.2.1 Sprechen lernen .............................................................................................. 16 3.2.2 Literacy ............................................................................................................ 16 3.2.3 Bewegungsentwicklung ................................................................................... 17 3.2.4 Naturerfahrung ................................................................................................ 18 3.2.5 Der Raum als dritter Erzieher ........................................................................... 18 3.3 Was uns ausmacht ............................................................................................... 19 4 Von der Beobachtung über die Dokumentation zur pädagogischen Handlung .......... 19 5 Einbeziehung der Familien ........................................................................................ 21 5.1 Eingewöhnung...................................................................................................... 23 6 Vernetzung und Kooperation ..................................................................................... 24 7 Kinderrechte und Beteiligung .................................................................................... 24 7.1 Partizipation und Einbeziehung der Kinder ........................................................... 25 7.2 Beschwerdemöglichkeiten ................................................................................... 25 8 Qualitätsentwicklung ................................................................................................26
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 4 1 Erziehungsgrundsätze Dass Eltern ihre Kinder vor dem dritten Lebensjahr in eine öffentliche Einrichtung geben, hat in West-Deutschland keine lange Tradition. Kinderkrippen waren im Westen eher in Form von Selbsthilfegruppen oder privatgewerblich organisiert. Wenige freie Träger unterhielten eigene Kinderkrippen. Dies änderte sich mit der rot-grünen Koalition. Durch einen Passus im VIII. Sozialgesetzbuch (Kinder- und Jugendhilfegesetz) wurden die Kommunen verpflichtet, bedarfsgerecht Plätze auszubauen. Bedarfsgerecht in diesem Sinne waren die Kinder aller berufstätigen, alleinerziehenden und sich in Umschulung befindenden Eltern. Hinzu kommt die Gruppe der Kinder, für die es aus erzieherischen Gründen sinnvoll ist, in einer Tageseinrichtung untergebracht zu werden. Die Fachprofession beschäftigte sich zu diesem Zeitpunkt mit dem Thema Kinderkrippen und Betreuung von Kindern unter drei Jahren kaum. In der Ausbildung von Erziehern und auch im Studium der Sozialpädagogik spielte dieser Bereich faktisch keine Rolle. Umso weniger erstaunt, dass das in den 30er Jahren entstandene Elternerziehungsratgeberbuch "Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind" der NS-Pädagogin Dr. Johanna Haarer bis 1989 vertrieben wurde. Und so kommt bis heute die Fachdebatte über die Betreuung und die Bedürfnisse der 0-3jährigen nur sehr schleppend in Gang. Der Postillion e. V. beschäftigt sich mit der Krippenerziehung seit 2006. Damals hat die Mitgliederversammlung beschlossen, das Arbeitsfeld des Vereins, der bisher lediglich im Bereich der offenen Jugendarbeit, der Kindertagesbetreuung ab drei Jahren, sowie den Hilfen zur Erziehung tätig war, zu erweitern. Die erste Aufgabe der Betreuung von Kindern von zwei Monaten bis 3 Jahren ist natürlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf geschuldet. Dies bedeutete, eine von Wirtschaftskreisen geforderte Veränderung der Kinder- und Jugendhilfelandschaft. So versteht der Postillion sich als ein Träger, der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hochhalten möchte. Deshalb haben wir die Schließtage drastisch reduziert und versuchen auch in der Öffnungszeit der Einrichtungen den Bedürfnissen von berufstätigen Eltern entgegenzukommen. Natürlich muss sich dies auch mit den Interessen des Kindes und den wirtschaftlichen Interessen des Postillion (Kostendeckung) vereinbaren lassen. Es ist uns aber auch daran gelegen, dass die Kinder hierbei nicht leiden, sondern das die Einrichtungen so organisiert sind, dass es für Kinder einen Gewinn darstellt, täglich in die Krippe zu kommen. Dies wollen wir durch die räumliche Ausgestaltung, die Haltungen des Personals und letztendlich auch eine gute Elternarbeit gewährleisten. Denn nur wenn Eltern mit einem guten Gefühl ihr Kind in die Kinderkrippe geben, wird auch das Kind sich wohlfühlen. Wir wissen mittlerweile durch diverse Studien vor allen Dingen aus der Schweiz, dass Kinder, die in Kinderkrippen untergebracht sind, sehr gute Entwicklungsmöglichkeiten haben. Am meisten profitieren Kinder, die aus bildungsfernen Schichten kommen. Und Kindern, die aus bildungsnahen Familien kommen, schadet die Unterbringung in einer Krippe sicher nicht. Für uns ist die Kinderkrippe ein Ort, in dem die Kinder Betreuung, Bildung und Erziehung erfahren. Wir möchten daher diese drei Kategorien in dieser Konzeption ausführlicher darstellen. 1.1 Die Krippe als Betreuungsinstitution Betreuung ist wahrscheinlich der Begriff, der am einfachsten umzusetzen ist. Hier geht es zunächst darum, gesicherte, verlässliche Betreuungsangebote zu schaffen, sodass Eltern berufstätig sein können und die Kinder dennoch gut aufgehoben sind. Wir verbinden hiermit Kategorien wie Wärme, Nahrung und Schutz vor Gefahren. Also all das, was Kinder brauchen, damit ihre leiblichen Bedürfnisse befriedigt werden. Aber das alleine reicht nicht. Wir wissen aus
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 5 den in den 1940er Jahren durchgeführten Untersuchungen des Schweizer Psychologen René Spitz, dass junge Kinder schweren Schaden nehmen können, wenn sich die Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen nur auf Versorgung beschränkt. Wir brauchen also eine verlässliche Zuwendung von Erwachsenen und die Bereitschaft Erwachsener, sich auf Kinder im Rahmen von Beziehung und wechselseitiger Anerkennung einzulassen. Man kann sagen: Betreuung heißt, Bindungen zulassen, ermutigen und pflegen. 1.2 Bildung Bei Kindern unter 3 Jahren ist Bildung gekennzeichnet durch eine aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt über alle Sinne. Bildungsprozesse können angeregt, gefördert und begleitet werden. Jedoch werden Kinder diese Bildungsprozesse selbsttätig betreiben. Sie wählen aus, was ihre Neugierde erregt und organisieren das Vorgehen selbst, bzw. brechen es ab, wenn es zu einem Ergebnis geführt hat oder etwas anderes wichtiger wird. Dadurch bilden sie sich selbst und machen sich ein Bild von der Welt und von sich selbst. Dabei ist das Kind für seine gesunde Entwicklung und für seine Bildung auf Beziehungen, Interaktion und Kommunikation angewiesen1. Heidi Simoni vom Marie Meierhofer Institut für das Kind hat Eckpunkte für ein zeitgemäßes Bildungsverständnis für den Frühbereich entwickelt2. 1. Kinder sind von Geburt an kompetent, aktiv und wissbegierig. Sie versuchen, die Welt mit all ihren Sinnen zu entdecken und zu verstehen. 2. Frühkindliche Bildung heißt selbsttätig sein. Erkunden, fragen, beobachten und kommunizieren. Kinder müssen nicht "gebildet werden", sie bilden sich selbst. 3. Bildungsprozesse in der frühen Kindheit sind ganzheitlich und vollziehen sich im unmittelbaren natürlichen Lebensumfeld des Kindes. Sie sind mit den alltäglichen Handlungen des Kindes verbunden. Lernen in der frühen Kindheit ist Erfahrungslernen. 4. Frühe Bildungsprozesse basieren auf den sozialen Beziehungen des Kindes zu Erwachsenen und Gleichaltrigen. Kinder stehen im wechselseitigen Austausch mit ihrer sozialen Nahumwelt und konstruieren gemeinsam Wissen. Frühkindliche Bildungsprozesse sind Beziehungsprozesse. Vertrautheit und die Qualität der Interaktionen bilden das Fundament für die Bildungs- und Entwicklungsprozesse in der frühen Kindheit. 5. Frühkindliche Bildungs- und Entwicklungsförderung zielt darauf ab, Kindern eine anregungsreiche Lernumgebung bereitzustellen, in der sie vielfältige Erfahrungen mit sich und der Welt sammeln können. Eine anregungsreiche Lernumgebung bietet den Kindern – entsprechend ihren Interessen, Fragen und Fähigkeiten – Gelegenheiten für neue Herausforderungen. 6. Instruierende Lektionen zur Vermittlung von Wissen entsprechen nicht den Lernprozessen kleiner Kinder. Lektionen und Kurse werden weder ihren Bedürfnissen nach Eigenaktivität noch ihrer Zeiterfahrung gerecht. Für den Erwerb von Konzentrationsfähigkeit als Basis für 1 Wustmann, Corina: Stärkende Lerndialoge zwischen Erwachsenen und Kind, 2008 2 Simoni, Heidi: Kinder bilden sich – Krippen und Familien begleiten sie, in: Familien ergänzende Betreuung, Erziehung und Bildung von Kindern, Bern 2009
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 6 Lernprozesse und kreative Aktivitäten sind Kinder auf Rhythmen und frei verfügbare Zeit im Alltag angewiesen. 7. Ein zeitgemäßes Bildungsverständnis verbindet die Dimensionen: Spielen, Lernen und Entwicklung. Sie setzt an den potenziellen Fähigkeiten der Kinder an, nicht an ihren Defiziten. 8. Pädagogische Fachkräfte sind Bildungs- und Entwicklungsbegleiter. Sie beobachten die Kinder kontinuierlich bei ihren Entwicklungsprozessen und bieten ihnen auf der Basis ihrer Beobachtungen neue Herausforderungen an. 9. Kindertageseinrichtung und Familie verbindet eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft, eine gemeinsame Verantwortung für die Begleitung und Bildungsförderung des Kindes. Auf der Basis dieser Forderungen ist die tägliche Arbeit in der Krippe zu organisieren. 1.3 Erziehung Man könnte Bildung und Betreuung von Kindern mit Erziehung gleichsetzen. Wir verstehen unter dem Begriff der Erziehung vor allem, dass wir Kindern ein Recht auf den heutigen Tag geben. Wie Janusz Korczak schon in den 1920er Jahren forderte, geht es darum, in der Kindheit einen liebevollen Umgang mit Kindern zu pflegen. Außerdem geht es darum, Kindheit als Lebensphase zu akzeptieren und nicht nur darum, Kinder zukunftsfähig zu machen. Dabei muss ein liebevoller Umgang mit Kindern im Mittelpunkt stehen. Wir haben als Tageseinrichtung eine hohe Verantwortung für Kinder, da sie sehr viel Zeit mit den Erzieher/innen verbringen. Im deutschsprachigen Europa, so stellte Margit Stamm3 fest, ist in den letzten fünf bis zehn Jahren ein markanter, progressiver Wechsel in Richtung einer frühen Förderung des Erwerbs der Kulturtechniken festzustellen. Margit Stamm konnte aufgrund verschiedener Längsschnittstudien nachweisen, dass zukünftige vorschulische Curricula nicht einseitig auf den Erwerb akademischer Fähigkeiten, sondern ebenso auf den Erwerb sozialer Kompetenzen ausgerichtet werden sollten. Die Kinder müssen lernen, Vertrauen zu gewinnen, Sorge für andere zu tragen, sich auf Gruppenziele zu konzentrieren, sich Meinungen zu bilden, aber auch Meinungen anderer zu übernehmen und mit anderen zusammenzuarbeiten. Sie müssen lernen, Aufmerksamkeit und Impulse zu kontrollieren, oder Dinge, welche sie nicht tun wollen, trotzdem - ohne einen Anreiz dafür zu bekommen - zu erledigen. Kleine Kinder müssen mit solchen Herausforderungen aufwachsen. In jeder Gruppe bestehen Regeln, Aufgabe der Erzieherinnen ist es, für die Einhaltung dieser Regeln Sorge zu tragen und den Kindern im Bedarfsfall auch Grenzen aufzuzeigen. Wenn dies konsequent und in angemessener Weise – abgestimmt auf die jeweilige Situation – geschieht, ist dies durchaus im Einklang mit einem achtvollen und respektvollen Umgang mit den Kindern. Nicht immer ist es förderlich, dass in der Tagespresse und in Erziehungsratgebern für Eltern viele Informationen über Erziehung verbreitet werden. Eltern, so erleben wir es, sind zunehmend verunsichert, ob sie richtige Maßnahmen treffen, um nicht für die Zukunft ihres Kindes wesentliche Dinge zu verpassen. Die heutige Kindertageseinrichtung muss sich dieser Problematik stellen und muss Eltern vermehrt beraten. Die vielen neuen Ideen im Bereich der frühkindlichen und vorschulischen Bildung führen bundesweit zu der Tendenz, viele Projekte ins Leben zu rufen. Wir sind hier sehr vorsichtig. Wir beobachten die aktuelle wissenschaftliche 3 Margit Stamm: Frühkindliche Bildung als Prävention gegen Schulversagen – empirische Befunde und kritische Anmerkungen zur frühpädagogischen Forschung, in: Zeitschrift für Sozialpädagogik Ausgabe 3/2009
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 7 Diskussion. Häufig vorgestellte Programme, wie zum Beispiel Gewaltpräventionsprogramme werden bei uns nur Anwendung finden, wenn deren Effekt wissenschaftlich nachgewiesen wurde, da die Etablierung und Umsetzung solcher Programme mit sehr viel Zeit verbunden ist, die an anderen Ecken fehlt. Gerade bei der Erziehung der Kinder ist die professionelle Haltung der Fachkräfte von elementarer Bedeutung. Daran arbeiten wir prioritär. 2 Rahmung Die Forschung über gute Kindertagesstättenarbeit läuft erst seit einigen Jahren an. Die ersten Lehrstühle in Deutschland werden besetzt. Wir wissen jedoch heute schon, dass vier Kriterien wichtig sind, damit Kinderkrippen gut wirken können. Sprich: damit Kinder nicht nur betreut werden, sondern auch etwas mitnehmen. Diese sind: gut ausgebildetes Personal, ein geeigneter Personalschlüssel, eine gute Einbeziehung der Eltern und eine gute Qualität (Stamm 20094). Diese Konzeption will versuchen, einen Rahmen zu geben, in dem gute Kindertagesbetreuung stattfinden kann. 2.1 Personal Der Postillion e. V. setzt in den Kindertagesstätten Erzieher/innen ein, die eine Fachschulausbildung besitzen. Die Auswahl der Mitarbeiter/innen wird zunächst im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs vom Vorsitzenden getroffen. Die Einrichtung hat die Möglichkeit, bei Neubesetzungen mitzuwirken. Es soll keine Mitarbeiter/in gegen den Willen des Teams in einer Einrichtung arbeiten müssen. In jeder Einrichtung sollte eine Sozialpädagogin mit einem akademischen Studienabschluss sein. Dies vor dem Hintergrund, da neben der Beratung der Eltern auch Erziehungsprozesse zu organisieren und hierbei wissenschaftliches Wissen zu integrieren ist. Der Personalschlüssel liegt in unseren Einrichtungen gemäß dem Standard des Landes Baden- Württemberg bei einem Mitarbeiter auf fünf anwesende Kinder. Es gibt eine Formel nach der, entsprechend dem Betreuungsumfang in der Einrichtung, der Personalbedarf berechnet wird. Es ist uns wichtig, dass jede Einrichtung diesen Schlüssel in Urlaubs-, Fortbildungs- und Krankheitssituationen erfüllt. Daher hat der Postillion e. V. ein zentrales Springkräfteteam, dessen Mitarbeiter auch kurzfristig auf Abruf bereitstehen, um fehlendes Stammpersonal zu vertreten. Dadurch kann zwar die Personalkontinuität nicht erreicht werden, wir gehen aber davon aus, dass es besser ist, die ausgefallene Kraft mit einer anderen Person zu ersetzen, um den Ablauf des Alltags in angemessener Weise gewährleisten zu können. Das Team der Springkräfte trifft sich regelmäßig zu Teamsitzungen, sie werden auf ihre besondere Tätigkeit vorbereitet. 2.2 Gruppengröße Die Größe einer Kindergruppe wird in unterschiedlichen Studien kontrovers diskutiert und beurteilt. In Baden-Württemberg gelten die Rahmenbedingungen des Kommunalverbands für Jugend und Soziales, der für die Kindertageseinrichtungen Aufsichtsbehörde ist. Pro Gruppe gilt die Höchstgrenze von 10 Kindern. Es gibt allerdings noch keine systematische Erforschung der erzieherischen Ergebnisse bei kleineren Gruppen für den Kindertagesstättenbereich. Aus dem schulischen Bereich wissen wir, dass in kleineren Gruppen enorme Leistungsverbesserungen erzielt werden können. Hier erzielen die kleinsten Lerngruppen von bis zu fünf Kindern die besten Lernergebnisse. Ob diese Ergebnisse jedoch auf den Kindertagesstättenbereich 4 Noch unveröffentlichter Vortrag auf der Fachtagung Uni Fribourg/Schweiz 2009
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 8 anzuwenden sind, steht in Frage. Wir werden die aktuelle Diskussion in Deutschland jedoch weiter verfolgen. Es gibt auch in Baden-Württemberg Bestrebungen, die Gruppengrößen etwas zu reduzieren. Von Nachteil sind kleinere Gruppen immer dann, wenn man die Attraktivität der Gruppe für die Kinder betrachtet. Denn andere Kinder – auch unterschiedlichen Alters - sind für die Entwicklung von enormer Wichtigkeit. Wir versuchen, bei der Gestaltung des Tagesablaufs und der Räumlichkeiten, die Gruppengröße zumindest psychologisch zu reduzieren.5 2.3 Verpflegung Aus verschiedenen Gründen hat der Postillion sich dagegen entschieden, in den Einrichtungen eine eigene Küche zu unterhalten. Der Vorteil wäre zwar, dass die Kinder erleben würden, wie das Essen zubereitet wird, allerdings sind die Auflagen und die Qualitätsanforderungen in kleinen Einrichtungen kaum zu bewerkstelligen. Daher bedienen wir uns derzeit externer Caterer, die von uns regelmäßig, gemeinsam mit dem Gesamtelternbeirat überprüft werden. Hierzu gibt es eine Checkliste, die die Caterer kennen. Einmal im Jahr besucht eine Delegation von Postillion und dem Gesamtelternbeirat den Caterer und gemeinsam wird vereinbart, wo noch Verbesserungen erwünscht sind. Die Kriterien sind vor allen Dingen hygienische Anforderungen, aber auch kindgerechte Ernährung, die Verwendung von frischen Produkten und die Nachvollziehbarkeit, wo die Lebensmittel eingekauft werden. Adresse und Homepage der Caterer ist auf der Homepage der Kita aufgeführt. 2.4 Öffnungszeiten Der Postillion möchte mit seinen Einrichtungen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Daher verfolgen wir bei den Öffnungszeiten ein kundenfreundliches System. Die Betreuungszeiten sind in der Regel recht lang. Die Schließtage im Jahr werden auf 20 Tage begrenzt. Trotzdem legen wir Wert darauf, dass die Kinder auch eine ausreichende Zahl an „Urlaubstagen“ von der Einrichtung haben und empfehlen, dass sie auch über die Schließtage hinaus Zeit mit ihren Familien verbringen. Wir akzeptieren es, dass Eltern voll berufstätig sein wollen. Es gibt ausreichend Studien, die beweisen, dass Kinder von der Berufstätigkeit ihrer Eltern eher profitieren, als Schaden nehmen. Wir wissen, dass dies in der Gesellschaft noch lange nicht voll akzeptiert ist, wollen die Eltern allerdings auch hier bei der Erziehung ihrer Kinder aktiv unterstützen. Hierzu wären sicherlich noch Konzepte notwendig. Problematisch wird es immer dann, wenn ein Kind krank wird, oder wenn ein Kind zusätzliche Förderangebote benötigt. Hier sind noch kreative Ideen gefragt. Aus der Verantwortung gegenüber den anderen Kindern und den Mitarbeiterinnen heraus, sollten kranke Kinder nicht in die Einrichtung gebracht werden. Sie sind eventuell ansteckend, ruhebedürftig und fühlen sich dann entsprechen in der großen Gruppe auch nicht wohl. Um die Kinder nicht zu überfordern und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, kontaktieren wir die Eltern, sobald wir feststellen, dass ein Kind im Laufe des Tages erkrankt. Gemeinsam wird dann das weitere Vorgehen besprochen, im Bedarfsfall muss das Kind früher abgeholt werden. Die Eltern können in unseren Einrichtungen die Kinder bringen und abholen, wann sie möchten. Es gibt keine festen Abhol- und Bringzeiten. Die Einrichtung ist lediglich zu bestimmten Zeiten verschlossen und nur mit einer Klingel zu erreichen. Damit wir den Kindern realistische Rückmeldungen geben können, wäre es jedoch gut, wenn wir eine Mitteilung bekommen, wann sie abgeholt werden. Wir würden es auch begrüßen, wenn die Bringzeiten sich am Tagesablauf 5 Vgl. ausführlich bei Dolase, Rainer: Gruppenführung in Kindertageseinrichtungen, in Rieder-Aigner: Praxishandbuch Kindertageseinrichtungen, Regensburg 2000.
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 9 orientieren, damit die Kinder bei allen Aktionen dabei sein können, bzw. zu keinen unpassenden Zeiten rausgeholt werden müssen (z.B. während Schlafens- oder Essenszeiten). Wir empfehlen eine Kernbetreuungszeit von 9.00 bis 13.30 Uhr in der die Kinder auf jeden Fall in der Einrichtung sein sollten. Sie verbringen viel Zeit des Tages in unserer Krippe, das heißt, wir haben einen sehr weitgehenden Bildungsauftrag, den wir auch ernst nehmen. 2.5 Einzugsgebiet Vorrangig nehmen wir Kinder aus Eppelheim auf. Wenn ausreichend Plätze zur Verfügung stehen, sind auch andere Kinder willkommen. 2.6 Organisatorische Strukturen/Hintergrundunterstützung Jede Einrichtung ist ein sehr eigenständiges Element innerhalb des Postillion e. V. Die Mitarbeiter/innen und der Elternbeirat vertreten die Einrichtung nach außen, wenn es um Öffentlichkeitsarbeit geht. Die Mitarbeiter/innen sind auch direkte Ansprechpersonen für die Eltern, sodass der Alltag gemeinsam gestaltet werden kann. Wir akzeptieren, dass Eltern berufstätig sind und damit naturgemäß weniger Zeit haben, sich im Alltag in der Kindertagesstätte zu engagieren. Wir möchten daher keine Eltern verpflichten, irgendwelche Tätigkeiten wahrzunehmen. Der gesamte Elternbeirat soll vor allen Dingen die Funktion haben, mit der Einrichtungsleitung im Sinne einer Mitbestimmung zusammenzuarbeiten. Konzeption, Öffnungszeiten und organisatorische Regelungen sollten daher in enger Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat erfolgen. Die Einrichtungsleitung und die Mitarbeiter besitzen eine Stellenbeschreibung. Die Einrichtung wird vom Postillion e.V. umfangreich unterstützt. Neben der gesamten Buchhaltung, dem finanziellen Bereich und den Verhandlungen mit der Standortkommune, wird vor allem fachliche Unterstützung geboten. Für die fachliche Weiterentwicklung und Unterstützung der Einrichtung ist die Fachleitung der Kindertagesstätten zuständig. Sie hat vor allen Dingen die Aufgaben, neue fachliche Impulse an die Einrichtung weiterzugeben und die Konzeptionsentwicklung gemeinsam mit den anderen Kindertagesstätten des Postillion e.V. voranzubringen. Außerdem ist es ihre Aufgabe, Forschungsergebnisse neuerer Natur in die tägliche Arbeit einfließen zu lassen und die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter zu organisieren. Sie ist auch Ansprechperson, wenn Eltern mit der Einrichtung unzufrieden sind. Wir möchten in diesem Zusammenhang alle Eltern auffordern, mit Unzufriedenheiten nicht lange zu warten, sondern diese direkt der Fachleitung, oder noch besser, der Einrichtungsleitung mitzuteilen. Für bestimmte spezialisierte Tätigkeiten gibt es Unterstützung: - im baulichen Bereich gibt es einen Diplom-Ingenieur, der für die Gebäudesicherheit, aber auch für die Gebäudequalität zuständig ist. Hierzu gehört auch der Außenspielbereich. - für juristische Fragestellungen, die in einer Kindertagesstätte naturgemäß weniger vorhanden sind, oder sich allenfalls um die Frage der Aufsichtspflicht drehen, gibt es eine Volljuristin, die für die Mitarbeiter/innen zur Verfügung steht. Im Einzelfall können sich Eltern nach Rücksprache mit der Fachleitung direkt an die Juristin wenden. - die politische Vertretung der Einrichtung wird vom Vorsitzenden wahrgenommen, der vor allen Dingen die Verhandlungen mit den Kommunen führt. Ansprechpartner für den
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 10 Gesamtelternbeirat ist der Vorsitzende gemeinsam mit der Fachleitung. Der Gesamtelternbeirat setzt sich zusammen aus allen Elternbeiräten der Einrichtungen des Postillion e. V. Er hat vor allen Dingen die Aufgabe, die Elternbeiräte miteinander zu vernetzen und aktuelle Entwicklungen gemeinsam mit dem Vorsitzenden und der Fachleitung zu diskutieren. Eine wichtige Aufgabe des Gesamtelternbeirats ist es auch, dass er die regelmäßigen Küchenbesichtigungen unserer Caterer begleitet. 2.7 Mitarbeit in Fachverbänden und Fortbildungen Der Postillion e. V. ist Mitglied im Verband der Kindertagesstätten der Schweiz (www.kitas.ch). Dies ist darin begründet, dass es in Deutschland keinen trägerübergreifenden Fach- oder Trägerverband gibt. Eine Vernetzung mit anderen Einrichtungen halten wir jedoch für die Qualität der Kindertagesstätten für unerlässlich. Wir nehmen daher an Veranstaltungen in der Schweiz teil, um auf dem aktuellen Stand der Forschung zu bleiben. Derzeit sind wir dabei, über die internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGFH), in der wir auch Mitglied sind, ein bundesweites Netzwerk zu gründen, um deutschlandweit Anregungen zu erhalten. Fortbildungen sind Bestandteil der Personalentwicklung. Regelmäßig wird ein Personalentwicklungsgespräch geführt, bei dem der Fortbildungsbedarf einzelner Mitarbeiter bestimmt wird. Gemeinsam legen Fach- und Einrichtungsleitung die Fortbildungen für das kommende Jahr fest. Zwei pädagogische Fachtage pro Jahr sind für alle Einrichtungen im Bereich der Kindertagesstätten des Postillion e. V. verbindlich. Hier geht es vor allen Dingen um eine konzeptionelle Weiterentwicklung und um das Aufbereiten neuer Erkenntnisse für die Kindertagesbetreuung. Flankierend werden immer wieder kurzfristige und kleinere Fortbildungseinheiten angeboten. 2.8 Finanzierung der Einrichtung Die aktuellen Elternbeiträge entnehmen Sie bitte der Homepage. Die umfangreiche Kalkulation der Einrichtung kann bei Interesse gerne beim Verein angefordert werden. Änderungen im Tarif muss der Stadtrat von Eppelheim beschließen. Der Postillion e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der grundsätzlich keine Gewinne aber auch keine Verluste erwirtschaften darf. Wir bemühen uns lediglich darum, ein Monatsgehalt als Rücklage zu erwirtschaften. Die Finanzen werden zunächst vom Beirat des Vereins überprüft. Der Beirat besteht aus Mitarbeitern und Vertretern der Mitgliedsgemeinden und -städte. Die Jahresrechnung wird jährlich in der Mitgliederversammlung verabschiedet. Bei Bedarf kann sie beim Verein eingesehen werden. 3 Der Alltag in der Krippe “Die alltäglichen Mini-Übergänge in der Kita sind für Kinder Momente des Lernens, in denen sie Kompetenzen für die Bewältigung zukünftiger Veränderungsprozesse entwickeln können.“6 Häufig entsteht der Eindruck – mitunter auch durch die öffentliche Berichterstattung - dass Kinder nur in gezielten pädagogischen Angeboten und Projekten etwas Lernen. Da Kinder aber nicht nur bestimmte Fertigkeiten wie zum Beispiel den Umgang mit der Schere lernen sollen, sondern auch Kompetenzen, die sie im Alltag befähigen, selbstbewusst und sicher agieren zu 6 Fischer, Sibylle: Sanfter Wechsel statt abruptem Ende, in Kleinstkinder 03/2009
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 11 können, ist es unerlässlich, dass die Krippe auch Zeit und Raum für diesen Alltag lässt. Gelernt wird eben nicht (nur) in Angeboten, sondern im Alltag. Übergänge im Alltag sind nicht nur Phasen zwischen zwei wichtigen anderen Dingen, sie sind die Phasen, in der die größten Unsicherheiten entstehen, weil etwas Neues, etwas Anderes kommt. Entsprechend behutsam müssen sie gestaltet und die Kinder auch daran beteiligt werden, damit sie eine emotionale Sicherheit in ihrem Alltag entwickeln können. Sie lassen sich auf Bekanntes leichter ein und können mit Hilfe von feststehenden Ritualen und stetig wiederkehrenden Abläufen ihre Selbstständigkeit kontinuierlich weiterentwickeln. Kinder wollen zudem an den alltäglichen Aufgaben beteiligt werden und sind hochmotiviert, dies auch „richtig“ zu tun und entsprechend Anerkennung dafür zu erhalten. Sie entwickeln in den ersten drei Jahren vorrangig die Fertigkeiten, die sie zu einer möglichst eigenständigen Person mit Alltagskompetenzen wie Laufen, Sprechen oder selbständig Essen machen. Aus dieser Perspektive heraus ist es dann auch wichtig, dass beim Rausgehen genügend Zeit gelassen wird, um auch mal die Schuhe oder die Jacke selber anzuziehen, und sei es nur, um auszuprobieren. Diese selbständig bewältigten Aufgaben des Alltags bestärken jedes Kind in seiner Entwicklung und motivieren für den nächsten Schritt. Das Kind wächst mit der Überzeugung auf, neue Aufgaben und Situationen bewältigen zu können – sie werden so zu Herausforderung und nicht zu Momenten, in denen sich ein Kind ängstlich zurückzieht. Vorhersehbarkeit schafft Sicherheit und im Rahmen ihres strukturierten Tages in der Krippe können die Kinder sich einen Überblick verschaffen und ihre eigenen Strategien für Übergänge und ihren Umgang mit Alltagssituationen entwickeln. Deswegen ist es wichtig, dass den Kindern im Verlauf des Tages immer wieder angekündigt wird, was als nächstes kommt oder dass sie in ihren Erwartungen – beispielsweise, dass der Morgenkreis direkt nach dem Frühstück kommt – bestärkt werden. Auch die Gestaltung des Raumes ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Der Raum und das Wissen um den Platz der einzelnen Dinge schafft Orientierung und ermöglicht einen relativ autonomen Handlungsspielraum. „Selber machen dürfen“ und „helfen dürfen“ werden so nicht zur Ausnahme, sondern bilden die Basis für einen respektvollen Umgang miteinander, da die Kinder mit ihren Kompetenzen ernst genommen werden. Die Herausforderung des Alltags liegt darin, die unterschiedlichen Entwicklungsstufen und Bedürfnisse zu berücksichtigen und für alle einen unterstützenden und sicheren Rahmen zu bieten. Ein langer Tag in der Krippe ist aber nicht nur vom Kompetenzerwerb geprägt. Körperliche und emotionale Zuwendung ist die wichtigste Voraussetzung, dass die Kinder sich in der Einrichtung geborgen fühlen und sich auch entspannt auf Ruhephasen einlassen können. Emotionale Zuwendung setzt voraus, dass die Erzieherin die Gefühle der Kinder wahrnimmt, sie benennt und darauf eingeht. Dabei hat jedes Kind auch ein Anrecht, seinen Stimmungen Ausdruck geben zu dürfen – auch an weniger guten Tagen. 3.1 Tagesablauf 3.1.1 Ankommen Jeder Mensch hat seine eigenen Rituale und sein eigenes Tempo beim Ankommen. Für diese persönlichen Eigenheiten soll Raum sein, so dass die Kinder sich entsprechend ihren Bedürfnissen orientieren können. Möchten sie lieber etwas für sich spielen, ein Buch anschauen oder lieber in der Nähe der Erzieherin den Tag in der Einrichtung langsam beginnen. Wichtig ist es, dass das Kind spürt, dass die Beziehung zwischen den Eltern und der begrüßenden Person stimmt, dass es mit einem positiven Gefühl übergeben und auch empfangen wird. Wir nehmen die Kinder entgegen, begrüßen sie persönlich und versuchen ihnen – entsprechend ihrer Stimmung – einen guten Einstieg in den Tag zu ermöglichen. Mit den Eltern klären wir in einem kurzen Gespräch, wie die Nacht und der Morgen verlaufen ist und ob an diesem Tag etwas
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 12 Wichtiges beachtet werden muss. In dieser Zeit können keine langen und intensiven Gespräche geführt werden, da die Erzieherinnen für die Kinder da sind. 3.1.2 Singkreis/Morgenkreis Im Morgenkreis begrüßen sich die Kinder gegenseitig und es wird darüber gesprochen, wer heute aus welchen Gründen nicht da sein kann. Die Kinder werden so einzeln wahrgenommen und auch die nicht anwesenden Kinder bleiben durch das Gespräch Teil der Gruppe. Der Morgenkreis findet jeden Tag statt und bildet ein wiederkehrendes festes Ritual im Tagesablauf der Krippe. Die Kinder wissen, was sie erwartet und sie können sich daran orientieren, was danach kommt. Gemeinsam mit den Kindern werden Lieder gesungen und Tänze und Fingerspiele gemacht. Je nach Alterszusammensetzung der Gruppe wird es auch Erzählrunden und kleine Spiele geben. 3.1.3 Essen „Die Fähigkeit zu genießen ist uns angeboren. Sie steht beim kleinen Kind in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gefühl von Sättigung: Ein satter Säugling ist ein zufriedener Säugling. Da die Nahrungsaufnahme jedoch von Geburt an ein biologischer und ein sozialer Prozess ist, bestimmt die Beziehung zwischen dem Kind und der Person, die es ernährt, die Qualität dieses Vorgangs.“7 Essen ist ein gemeinschaftliches und sinnliches Erlebnis, entsprechend legen wir Wert darauf, dass die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen werden und jede Krippengruppe ihre eigene Tischkultur auch lebt. Dazu gehört für uns die Entscheidung, richtiges Geschirr anstelle von Plastikbechern und –Tellern zu verwenden. Porzellan und Glas haben eine gewisse Schwere, die die Handhabbarkeit für Kinder sogar erleichtert. Mahlzeiten sind keine reinen „Versorgungssituationen“, sondern sind ebenso Teil des individuellen Bildungsprozesses der Kinder, wie beispielsweise ein pädagogisches Angebot. Somit gehört auch dazu, dass sie sich an der Situation weitestgehend beteiligen können. Das beinhaltet Tischdecken, Getränke selber einschenken, selbständig zu schöpfen und in den Anfängen auch mal mit den Händen zu essen. Kleinkinder werden selbstverständlich gefüttert, aber wir unterstützen die Selbständigkeitsbestrebungen und bieten Hilfe an, wenn sie nicht mehr weiterkommen. „Helfen können wir dem Kind damit, dass wir es probieren lassen, und es so im Lauf seiner Experimente selbst erlernt, wie man eigentlich mit dem Löffel isst.“8 Ein gemeinsamer Tischspruch markiert den Beginn der Mahlzeit und vermittelt gleichzeitig die Zugehörigkeit zur Tischgemeinschaft. Die Erzieherinnen sind für die positiven Rahmenbedingungen zuständig und beobachten das Essverhalten der Kinder. Aus pädagogischen Gründen halten wir es für sinnvoll, dass auch sie mitessen. Kinder essen, wenn sie hungrig sind und auch nur so viel, wie sie möchten. Kein Kind wird gezwungen, seinen Teller leer zu essen. Wir verstehen Lebensmittel nicht als „Erziehungsmittel“, d.h., dass sie auch nicht zur Belohnung oder zu Bestrafung eingesetzt werden. Wir legen vielmehr Wert darauf, dass den Kindern ein abwechslungsreiches Angebot zur Verfügung steht und dass sie ihre Mahlzeiten mit einem positiven und lustvollen Gefühl verbinden. 3.1.4 Spielen Freies Spielen, als Zeitraum, in dem sich die Kinder ihren Spielort, die Spielpartner und die Inhalte und Dauer ihres Spiels selbst auswählen, hat einen wichtigen Stellenwert in einem Tagesablauf, in dem viele Strukturen bereits vorgegeben sind. Die Erziehung der Kinder zu selbstständigen Menschen, die ihre Bedürfnisse wahrnehmen und angemessen darauf reagieren können, setzt entsprechende Erfahrungsspielräume voraus. Sollen die Kinder sich als Akteure 7 von der Beek, Angelika, Bildungsräume für Kinder von Null bis Drei, Seite 127 8 Vincze, Maria: Schritte zum selbständigen Essen, Pikler Gesellschaft Berlin
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 13 ihrer eigenen Entwicklung wahrnehmen, bedarf es dafür einer anregenden Umgebung und Erzieherinnen, die bereit sind, sich auch für Phasen aus dem Geschehen zurückzuziehen, um den Kindern gewisse Selbsterfahrungen zu ermöglichen. Spielsituationen sind für Kinder immer auch Lernsituationen: sie sammeln Erfahrungen über die Beschaffenheit ihrer Umwelt, sie imitieren Beobachtetes, sie entdecken Gesetzmäßigkeiten und erwerben soziale Kompetenzen in der Interaktion mit ihren Spielpartnern. Im Verlauf seiner Entwicklung durchläuft jedes Kind verschiedene Spielphasen, in denen jeweils unterschiedliche Lernerfahrungen im Vordergrund stehen. Im freien Spiel, agieren die Kinder ohne Anleitung, aber sie haben jederzeit die Möglichkeit, eine anwesende Bezugsperson anzusprechen oder sich bei ihr Hilfe zu holen. Sie entdecken ihre Welt und dazu benötigen sie lediglich eine sichere und gut vorbereitete Umgebung und jemanden, der sie bei Bedarf tröstet, aufmuntert oder sich mit ihnen über einen Entwicklungsschritt freut. Sie lernen, indem sie sich aktiv mit ihrer Umwelt auseinander setzen. Für die Erzieherinnen besteht in diesen Momenten die Herausforderung darin, eine beobachtende Haltung einzunehmen und sich aus der Situation zurückzunehmen. Unser Schwerpunkt liegt nicht darin, die Bewegungs- und Spielentwicklung zu beschleunigen, sondern Entwicklungsmöglichkeiten für möglichst viele verschiedene Sinneserfahrungen anzubieten und den Kindern so eine freie Entfaltung zu ermöglichen. Die Rolle der Erzieherin ist keine „lehrende“, sondern eine „begleitende“. Bei der Auswahl der Spielmaterialien legen wir Wert auf einfache Materialien, mit denen die Kreativität der Kinder herausgefordert wird. Sie sollen die Möglichkeit zum Ausprobieren haben, unterschiedliche Materialien kennenlernen und auch mit Alltagsgegenständen spielen dürfen. Nach der Devise „weniger ist mehr“, werden die Räume nicht mit Spielmaterialien überfrachtet und die Sachen werden auch immer mal wieder ausgetauscht. Der Zugang zu den Materialien sollte den Kindern leicht gestaltet werden, so dass sie ihre eigene Wahl treffen können. Ein ganz wichtiges Element des Freispiels ist das Beobachten der Kinder. Die Erzieherinnen können sich phasenweise aus dem Spiel zurückziehen und die Kinder in Ruhe bei ihren Tätigkeiten, Aushandlungsprozessen und ihrem Gestaltungsreichtum beobachten. Diese Beobachtungen dienen dann wieder als Vorlage für Entwicklungsgespräche, eine eventuell erforderliche neue Raumgestaltung und die Planung der nächsten Angebote, da die Interessen, Bedürfnisse und Fähigkeiten der einzelnen Kinder und der Gruppe erfasst werden können. Ausführlichere Informationen zu dem wichtigen Themenbereich „Beobachten“ finden sich auch im entsprechenden Kapitel. 3.1.5 Pädagogische Angebote Konkrete pädagogische Angebote werden immer im Hinblick auf den individuellen Entwicklungs- stand der Kinder ausgerichtet. Sie bieten die Möglichkeit, neue Materialien einzuführen und ausprobieren zu lassen oder Themen aufzugreifen und zu vertiefen, die sich im Austausch mit den Kindern entwickelt haben. Sie werden von den Erzieherinnen vorbereitet und orientieren sich an den vorhergehenden Beobachtungen der Kinder, damit es zu keiner Überforderung kommt. „Es ist ein großer Unterschied, ob sich das Kind selbst eine Aufgabe stellt oder ab der Erwachsene sie ihm gibt. Das Kind, das sich die Aufgabe selber gibt, kann sie zurücknehmen oder so verändern, dass sie zwar leichter aber doch noch interessant ist. In dem Moment, wo der Erwachsene eine Aufgabe stellt, fühlt sich das Kind nicht frei, sie zu verändern.“9 Pädagogische Angebote im Krippenalter lassen Raum zum Experimentieren, Inhalt ist nicht - wie in späteren Jahren – Techniken zu erlernen, sondern möglichst viele Materialien kennen zu lernen. Sinnlich-körperliche Erfahrungen sollen ermöglicht werden, die Raum zum eigenen Gestalten lassen. Im Sinne der „hundert Sprachen des Kindes“ aus der Reggio-Pädagogik nutzen 9 Tardos, Anna: „Lasst mir Zeit …“ Vortrag bei der Montessori-Werkstatt 1998
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 14 Kinder alle Möglichkeiten, die ihnen zugänglich gemacht werden, um sich mitzuteilen, zu gestalten und Neues zu entdecken. Angefangen beim Sensumotorischen Spiel, bei dem die Entdeckung des eigenen Körpers und das Betasten von Gegenständen im Vordergrund steht, über das Experimentierspiel, bei dem die angebotenen Gegenstände erst einmal untersucht werden, um Erkenntnisse über die Umwelt zu erlangen, bis hin zum Konstruktions- und Rollenspiel, bei denen bewusst Dinge zusammengefügt oder nachgeahmt werden: Angebote können in jeder Alters- und Entwicklungsstufe gemacht werden. Sie müssen nicht mit großartigem Anspruch versehen sein, sondern einfach das Lebensumfeld der Kinder erweitern und um neue Lernerfahrungen bereichern. 3.1.6 Schlafen Ein langer Tag in der Krippe muss Raum für ausgiebige Ruhephasen bieten, um nach den vielen Eindrücken auch wieder Kraft schöpfen zu können. Dafür erforderlich ist Zeit: Zeit für die Erzieherinnen, um selbst zur Ruhe zu kommen und Zeit für die Kinder, die sie benötigen um in den Schlaf zu finden. Durch den wiederkehrenden Ablauf in der Krippe und die Gruppenkonstellation ergibt sich für die Kinder ein Schlafrhythmus, dem sie sich nach und nach anpassen. Selbstverständlich können müde Kinder auch zwischendurch schlafen, dies ist vor allem bei Kleineren häufiger der Fall, da sie in der Gruppe unglaublich vielen Eindrücken ausgesetzt sind und immer mal wieder Ruhe brauchen. Jedes Kind hat sein eigenes Bett und sein „Übergangsobjekt“: Kuscheltier, Schmusetuch oder ein Schnuller – ein vertrauter Gegenstand, der beruhigt und das Einschlafen erleichtert. Die individuellen Einschlafrituale werden mit den Eltern im Vorfeld besprochen, wobei sich in der Einrichtung häufig andere Rituale entwickeln, da mehrere Kinder sich gleichzeitig zum Schlafen legen. Die Kinder werden von einer Erzieherin in den Schlaf begleitet, anschließend wird mit einem Babyphon überwacht, wann die Ersten bereits wieder aufwachen. Sie werden aus dem Schlafraum geholt, damit die anderen noch ungestört weiterschlafen können. Individuelles Eingehen auf die Kinder kann beim Schlafen auch nach sich ziehen, dass ein Kind nicht im Schlafraum, sondern im Gruppenzimmer schläft oder einzeln in einem anderen Raum. Manche Kinder mögen keine dunklen Räume, andere haben Schwierigkeiten, in der Gruppe in den Schlaf zu finden, wieder andere benötigen sehr lange, bis sie zur Ruhe kommen. Für diese Kinder sind Einzellösungen möglich. Manchmal erstrecken sich diese nur über kurze Phasen und die Kinder kehren früher oder später wieder in die Schlafgemeinschaft zurück, da diese ja auch etwas Besonderes ist. 3.1.7 Pflege-/Wickelsituation Die Pflegesituation in der Einrichtung ist keine Tätigkeit, die mal kurz „zwischendurch“ erledigt wird, sie ist ein wichtiger Bestanteil des Tages, da gerade bei der Pflege Kleinkinder vielfältige Erlebnisse haben und durch die Berührungen und den Hautkontakt sich selbst und auch den anderen Menschen spüren. Für eine gute Entwicklung ist es sehr bedeutsam, auch eine positive Beziehung zu seinem eigenen Körper zu haben, gerne in ihm zu „wohnen“. Eine liebevolle und ungeteilte Aufmerksamkeit in diesen Situationen bereitet dafür eine gute Basis. Hände sind die erste Beziehung mit der Umwelt: durch sie wird der Hunger gestillt, die nasse Windel gewechselt und sie legen das Kind ab oder heben es auch wieder auf, wenn es Körperkontakt braucht. Die Kinder erleben die Hand auf ihrer Haut als Kontakt, der auf ihre Körpersignale reagiert, der ihnen vermittelt, dass diese Signale auch verstanden werden und entsprechend darauf reagiert. So erfahren Kinder, dass ihre Bedürfnisse ernst genommen werden und sie durch ihre Reaktionen und Antworten auch Wirkung ausüben können. Umziehen oder das Wechseln der Windel ist immer eine sorgsame und wechselseitige Interaktion. Die Erzieherinnen kündigen den nächsten Schritt an und ermöglichen es den Kindern dadurch, auch aktiv mitzuwirken. Eins zu eins Situationen sind im Krippenalltag eher selten und
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 15 so bietet sich die Pflegesituation auch als Moment an, in dem entsprechen den Ansätzen von Emmi Pikler „beziehungsvolle Pflege“ stattfinden kann. „Pflegezeit ist Kontaktzeit. Nur wenn Kinder ‚satt‘ an Kontakt sind, haben sie die innere Sicherheit, die Welt zu erkunden.“10 Orientierung erhalten die Kinder dadurch, dass immer am gleichen Platz gewickelt wird und sich auch die Wechselkleidung und die Pflegeutensilien immer an Ort und Stelle befinden. Mit zunehmendem Alter holen sie die benötigten Utensilien selbständig aus ihren Eigentumsboxen und sind so aktiv mit in die Situation eingebunden. Signalisiert ein Kind Interesse daran, dass es auch auf die Toilette gehen möchte, so wird dieser Schritt von der Einrichtung aktiv mit begleitet, auch im regen Austausch mit den Eltern. Beide Seiten sollten in dieser Phase eng zusammenarbeiten, damit das Kind in der Einrichtung und zuhause Bereitschaft und Verständnis erhält. Signalisiert ein Kind, dass es nach wie vor lieber gewickelt werden möchte, dann akzeptieren wir dies und üben keinen Zwang aus. Wir möchten abwarten, bis das Kind von selbst Interesse dafür zeigt. 3.1.8 Aufenthalt im Freien Naturerfahrungen sind ein wichtiger Bestandteil für die Entwicklung der Kinder. Der tägliche Aufenthalt im Garten gehört dazu: bei schlechtem Wetter vielleicht mal etwas kürzer, bei schönem Wetter dann mal wieder länger. Bewegungs- und Spielmöglichkeiten im Freien sind die eine Seite. Darüber hinaus geht es aber auch um Zugänge zu elementaren Naturerfahrungen: Pflanzen und Tiere, die lebendig sind, direkter Kontakt mit den Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer/Licht. Die Vielfältigkeit des Außengeländes ist wichtig: Hügel, Bäume und Sträucher und unterschiedliche Bodenmaterialien erweitern die Perspektive und den Erfahrungsspielraum. Ein großer Sandkasten bietet viele Gestaltungsmöglichkeiten. Kleinkinder benötigen keine ausgefeilten Turn- und Bewegungsgeräte, um ihrem Bewegungsdrang nachgehen zu können. Sie benötigen ausreichend Platz und Materialien, mit denen sie sich beschäftigen können und die ihre Fantasie anregen. Draußen gibt es noch viel mehr zu entdecken als in den Räumen und es wird eine ganz andere Art der kindlichen Gestaltung und Kreativität möglich, da den wenigsten Naturmaterialien eine feststehende „Gebrauchsanweisung“ anhaftet: sie sind zum Entdecken und freien Spielen da. 3.1.9 Feste Feste, in Verbindung mit wiederkehrenden Ritualen, sind im Krippenalltag fest verankert. Die (teilweise christlich geprägten) Feiern, die im Jahresrhythmus immer wiederkehren, werden auch von uns als nicht konfessionellem Träger gefeiert, da sie von allen Kindern in unserem Kulturraum bereits sehr früh auch in ihrem Alltag außerhalb der Einrichtung erlebt werden. Sie sind somit wichtige Themen, die die Kinder beschäftigen und die wir in der Krippe auch noch einmal aufgreifen und für Kinder verständlich aufbereiten, speziell für die ganz Kleinen. Dazu gehören Ostern, St. Martin, Nikolaus und Weihnachten. Um diese Feste nicht sinnentleert zu feiern, greifen wir den religiösen Hintergrund durchaus auf und sprechen mit den Kindern darüber. Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang, dass die Kinder möglichst früh die Erfahrung machen, dass es verschiedene Arten gibt, diese Feste zu begehen und dass es auch andere Kulturen mit anderen wichtigen Festtagen und Feiern gibt. Wir möchten Kenntnisse und Offenheit in Bezug auf andere Kulturen und Lebensweisen vermitteln und unsere (christlich geprägte) Kultur als eine von vielen verschiedenen Möglichkeiten vorstellen. Auch Geburtstagsfeiern sind uns wichtig. Ein Kind erlebt sich an diesem Tag als Hauptperson, die es wert ist, gefeiert zu werden. Ein Geburtstag erinnert jährlich daran, dass dieser Tag etwas Besonderes ist, weil ein besonderer Mensch geboren wurde. Wir möchten diese Wertschätzung 10 Dr. Pikler, Emmi, Miteinander vertraut werden
Postillion e.V.: Konzeption Kinderkrippe Eppelheim Seite 16 den Kindern auch in der Einrichtung vermitteln und feiern den Tag mit feststehenden Ritualen. Das Geburtstagskind wird mit einem Kranz geschmückt und feiert mit seiner Gruppe. Es darf sich an diesem Tag auf den dekorierten Geburtstagsstuhl setzen, die Kinder singen ein Geburtstagslied und anschließend wird das von den Eltern mitgebrachte Essen gegessen. Jedes Kind erhält dann auch von uns ein kleines Geschenk. 3.2 Schwerpunkte 3.2.1 Sprechen lernen Sprache bringt Ordnung in unser Leben. Durch sie können wir unsere Wünsche und Bedürfnisse formulieren und uns anderen mitteilen. Sie macht uns zu einem Mitglied einer bestimmten Gemeinschaft und ermöglicht uns den Zugang zu immer komplexeren Sphären unseres Lebens. Kinder haben eine angeborene Bereitschaft, Sprache zu lernen. Wesentliche Faktoren für diesen jahrelangen Lernprozess sind Anregungen durch das Umfeld und der eigene Wunsch, sich mittzuteilen. Vorstufen der Sprachentwicklung sind das Hören und motorische Aktivitäten, da sich die Feinmotorik des Mundes erst nach und nach entwickelt. Über die Lallphase und die Erst- und Zweiwortsätze kommt das Kind zu Mehrwortsätzen und verfügt im dritten Lebensjahr bereits über einen erheblichen Wortschatz. Durch die enorme Orientierung der Kinder an ihren Bezugspersonen kommt den Erzieherinnen eine große Bedeutung als Sprachvorbild zu. Kinder erlernen vieles dadurch, wie es ihnen vorgelebt wird: aufmerksames Zuhören und ein intensiver Blickkontakt signalisieren, „ich bin bei dir, du hast meine Aufmerksamkeit.“ Das Kind fühlt sich ernst genommen und ist bereit, zu erzählen. Aber auch das Erzählen kommt nicht von alleine. Erwachsene müssen die Kinder adressieren und ihnen zeigen, dass es wichtig ist, sich über seinen Alltag, Gedanken, Wünsche und Gefühle zu äußern. „Damit Erfahrungen bewusst werden und denkend genutzt werden können, braucht das Kind Menschen, die auf seine Erfahrungen eingehen, sie auf unterschiedliche Weise spiegeln und sie schließlich auch in Worte fassen. So gesehen, ist das selbstbewusste Denken und Handeln, sind seine Möglichkeiten und Grenzen ein Ergebnis der frühen, kommunikativen Erfahrungen des Kindes. Daraus ergibt sich, dass kleine Kinder für ihre Bildungsprozesse vertraute Menschen benötigen, die ihre frühen Erfahrungen mit ihnen teilen. Die gemeinsam geteilte Erfahrung ist gewissermaßen die Keimzelle frühkindlicher Bildung.“11 Aufgabe der Einrichtung ist es, eine sprachreiche Umgebung zu bieten, die anregt und Freude am Austausch und am Gespräch vermittelt. Sprechgeschwindigkeit, eine deutliche Aussprache und eine den sprachlichen Fähigkeiten der Kinder angemessene Wortwahl sind unabdingbare Voraussetzungen, um Verstehen und dadurch Lust auf Sprache zu ermöglichen. Die Methode des handlungsbegleitenden Sprechens, bei dem sowohl die eigenen Handlungen wie auch die der Kinder kommentiert werden, ermöglicht es, viele Alltagssituationen als Sprechgelegenheiten aufzugreifen. Außerdem bieten Singen, Fingerspiele, gemeinsam Bilderbuchbetrachtungen und Erzählsituationen im Morgenkreis über den Tag hinweg immer wieder Möglichkeiten, sich spielerisch mit Sprache zu beschäftigen. 3.2.2 Literacy „Literacy-Erziehung“12 (es gibt noch keine entsprechende deutsche Begrifflichkeit dafür) ist ein elementarer Bestandteil der sprachlichen Bildung13. Sie bezieht sich auf die vielfältigen kindlichen Erfahrungen, die in der frühen Kindheit rund um Buch-, Erzähl- und Schriftkultur 11 Schäfer, Gerd E.: Das Denken lernen – Bildung im Krippenalter, in Betrifft Kinder 08-09, 2008 12 Literacy: die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können 13 Umfassendes Konzept bei Ulich, Michaela: Literacy und sprachliche Bildung im Elementarbereich; in: Ebert, Sigrid (Hersg.): Die Bildungsbereiche im Kindergarten; Freiburg 2008
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