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Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Kröll, PLL. M, MA P. MME Klinische Abteilung für allgemeine Anästhesiologie, Notfall- und Intensivmedizin Univ.-Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Medizinische Universität Graz
Grundbegriffe Bürgerliches Recht o Gleichrangiges Verhältnis der Rechtssubjekte o Ausgleich des Nachteils, der dem Patienten zugefügt worden ist o Grundlage: Behandlungsvertrag o Streitigkeiten vor öffentlichen Gerichten Strafrecht o Sanktionierung des Täterverhaltens o Grundlage: Sorgfaltsmaßstab o Objektiv: Gesetze, Standard, „Maßstabfigur“ in der Situation des Täters o Unterordnung des Einzelnen gegenüber dem Staat o Streitigkeiten vor öffentlichen Gerichten 29. Jänner 2020 2
Der Behandlungsvertrag Rechte des Arztes Honoraranspruch R auf Information R auf Beendigung der Behandlung Pflichten des Arztes Behandlungspflicht Sorgfaltspflicht Aufklärungs-, Informationspflicht P zur Führung schriftlicher Aufzeichnungen Schweigepflicht Ärztliche Anzeigepflicht P zur beruflichen Weiterbildung 3 29. Jänner 2020
Der Behandlungsvertrag Rechte des Patienten o Anspruch auf ärztliche Leistung o R auf Selbstbestimmung o R auf Information o R auf Vertraulichkeit Pflichten des Patienten o Zahlungspflicht o Informationsobliegenheit o Duldungsobliegenheit o Schadenminderungspflicht 4 29. Jänner 2020
Sorgfaltsmaßstab Verhalten der „Modellfigur“ eines einsichtigen und besonnenen Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters in der konkreten Situation. Standard (definiert von den medizinischen Wissenschaften) Verpflichtung zur regelmäßigen Fortbildung: §§ 40 (3) ÄrzteG, 49 (1) Wäre ein anderer als der Täter in der konkreten Situation fähig, bzw. wäre es ihm zumutbar gewesen, den objektiven Sorgfaltsanforderungen zu genügen? 29. Jänner 2020 5
Standard Standard in der Medizin „repräsentiert den jeweiligen Stand der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und der ärztlichen Erfahrung, der zur Erreichung des ärztlichen Behandlungsziels erforderlich ist und sich in der Erprobung bewährt hat“. Erst die Kombination von wissenschaftlicher Erkenntnis, ärztlicher Erfahrung und der professionellen Akzeptanz führen zum Standard und geben dem Arzt eine Orientierungshilfe für sein Handeln. 29. Jänner 2020 6
Art und Weise der Aufklärung Wer muss aufklären? Der behandelnde Arzt, Arbeitsteilung möglich Wen muss der Arzt aufklären? Den einsichts- und urteilsfähigen Patienten Den Erwachsenenvertreter, Vorsorgebevollmächtigten Den mj Patient und evtl. dessen Obsorgeberechtigten Wann ist aufzuklären? Rechtzeitig vor Beginn der Behandlung Wie ist aufzuklären? Arzt – Patientengespräch + Dokumentation Worüber ist aufzuklären? Aufklärung ist umgekehrt proportional zur Dringlichkeit des Eingriffs Wieweit ist aufzuklären? Soweit, dass der Patient die Tragweite der Entscheidung abschätzen kann 29. Jänner 2020 7
Rechtsgrundsätze der Aufklärung Umfang der A nach den jeweiligen Umständen Ziel der A: Tragweite des Eingriffs muss überschaubar sein A muss auf den Zustand des Patienten Bedacht nehmen A über typische Risiken A über seltene Risiken, wenn für Willensbildung erforderlich Überspannung der A ist zu vermeiden A in Abhängigkeit von der Dringlichkeit des Eingriffs A über alternative Methoden A muss auch für Arzt überschaubar sein 29. Jänner 2020 8
Das typische Risiko Die Typizität eines Risikos ergibt sich nicht aus der Komplikationshäufigkeit, sondern daraus, dass das Risiko speziell dem geplanten Eingriff anhaftet und auch bei Anwendung allergrößter Sorgfalt und fehlerfreier Durchführung nicht sicher zu vermeiden ist und den nicht informierten Patienten überrascht. Als eingriffstypische Risiken werden jene definiert, die mit der konkreten beabsichtigten Behandlung, d. h. nicht etwa generell mit jeder medizinischen Behandlung, einhergehen, deren Kenntnis beim medizinischen Laien nicht vorausgesetzt werden kann, die jedoch für die Entscheidung des Patienten von Bedeutung sein können. Das Risiko muss allerdings stets von einiger Erheblichkeit und dadurch 9 geeignet sein, die Entscheidung des Patienten zu beeinflussen (OGH 25. 1. 1994, 1 Ob 532/94; OGH 30. 1. 1996, 4 Ob 505/96) 29. Jänner 2020
Zeitpunkt der Aufklärung Leitet sich aus dem Zweck der Aufklärung ab Zeitpunkt der Selbstbestimmungsaufklärung Zeitpunkt der Sicherungsaufklärung Aufklärungsgespräch „deutlich abgesetzt“ vom Eingriff Vortagsaufklärung vs. Aufklärung am Vorabend Normaler Eingriff vs. schwerwiegender Eingriff Angemessene Überlegungsfrist, um in Ruhe und ohne Druck eine Entscheidung treffen zu können „Angemessen“: Dauer der Überlegungsfrist ist abhängig von Umständen des Einzelfalles, Dringlichkeit der ärztlichen Behandlung, Schwere der Behandlung 29. Jänner 2020 10
Zeitpunkt der Selbstbestimmungsaufklärung 2 Stunden vor der geplanten Behandlung: zu spät Am Vorabend der Operation: rechtzeitig 2 Wochen vor der OP: erforderlich (ÄsthOPG) 11 29. Jänner 2020
Probleme bei der Aufklärung Individuelle Lernbereitschaft und Lernfähigkeit Persönliche Betroffenheit Komplizierte Sachverhalt Entscheidungsnotstände Beeinträchtigung der zerebralen Leistungsfähigkeit Gefahr der Ausuferung Auswirkung der Judikatur (Arzt, Patient, Gesellschaft) 12 29. Jänner 2020
Entscheidungsfähigkeit „Entscheidungsfähig ist, wer die Bedeutung und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang verstehen, seinen Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann. Dies wird im Zweifel bei Volljährigen vermutet“ (§ 24 Abs. 2 ABGB). 29. Jänner 2020 13
Teilnahme am Rechtsverkehr „Im rechtlichen Verkehr ist dafür Sorge zu tragen, dass volljährige Personen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, möglichst selbständig, erforderlichenfalls mit entsprechender Unterstützung, ihre Angelegenheiten selbst besorgen können“ § 239 Abs. 1 ABGB). 29. Jänner 2020 14
Die vier Säulen des Erwachsenenschutzrechts Vorsorgevollmacht Gewählter Erwachsenenvertreter Gesetzlicher Erwachsenenvertreter Gerichtlicher Erwachsenenvertreter 29. Jänner 2020 15
Gewählter Erwachsenenvertreter „Soweit eine volljährige Person ihre Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit nicht für sich selbst besorgen kann, dafür keinen Vertreter hat und eine Vorsorgevollmacht nicht mehr errichten kann, aber noch fähig ist, die Bedeutung und Folgen einer Bevollmächtigung in Grundzügen zu verstehen, ihren Willen danach zu bestimmen und sich entsprechend zu verhalten, kann sie eine oder mehrere ihr nahe stehende Personen als Erwachsenenvertreter zur Besorgung dieser Angelegenheiten auswählen“ (§ 264 ABGB) 29. Jänner 20200 16
17 Gesetzlicher Erwachsenenvertreter „Eine volljährige Person kann in den in § 269 angeführten Angelegenheiten von einem oder mehreren nächsten Angehörigen vertreten werden: Voraussetzung: 1. beeinträchtigte Entscheidungsfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung, 2. es gibt keinen Vertreter, 3. die Person kann oder will einen solchen nicht mehr wählen, 4. der gesetzlichen Erwachsenenvertretung nicht vorab widersprochen wurde und die im ÖZVV registriert ist“ (§ 268 Abs. 1 ABGB) 29. Jänner 20200
Gesetzlicher Erwachsenenvertreter „Nächste Angehörige sind: Eltern und Großeltern, volljährige Kinder und Enkelkinder, Geschwister, Nichten und Neffen der volljährigen Person, Ehegatte, eingetragener Partner, Lebensgefährte, wenn dieser mit ihr mindestens drei Jahre im gemeinsamen Haushalt lebt, ein von der volljährigen Person in einer Erwachsenenvertreter-Verfügung bezeichneten Person“ (§ 268 Abs. 2 ABGB) 29. Jänner 20200 18
Gerichtlicher Erwachsenenvertreter „Einer volljährigen Person ist vom Gericht auf ihren Antrag oder von Amts wegen insoweit ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter zu bestellen, als (1) sie bestimmte Angelegenheiten nicht für sich selbst besorgen kann, (2) sie dafür keinen Vertreter hat, (3) sie einen solchen nicht wählen kann oder will, (4) eine gesetzliche Erwachsenenvertretung nicht in Betracht kommt“ (§ 271 ABGB) „Ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter darf nur für einzelne oder Arten von gegenwärtig zu besorgenden und bestimmt zu bezeichnenden Angelegenheiten bestellt werden. Nach Erledigung der übertragenen Angelegenheit ist die gerichtliche Erwachsenenvertretung einzuschränken oder zu beenden“ (§ 272 ABGB). 29. Jänner 20200 19
Medizinische Behandlung Entscheidungsfähiger Patient „In eine medizinische Behandlung kann eine volljährige Person, soweit sie entscheidungsfähig ist, nur selbst einwilligen. Eine medizinische Behandlung ist eine von einem Arzt oder auf seine Anordnung hin vorgenommene diagnostische, therapeutische, rehabilitative, krankheitsvorbeugende oder geburtshilfliche Maßnahme. Auf diagnostische, therapeutische …………. Maßnahmen von Angehörigen anderer gesetzlich geregelter Gesundheitsberufe sind die §§ 252 – 254 sinngemäß anzuwenden“ (§ 252 Abs. 1 ABGB) „Hält ein Arzt eine volljährige Person für nicht entscheidungsfähig, so hat er sich nachweislich um Beiziehung von Angehörigen etc. und im Umgang mit solchen schwierigen Lebenslagen besonders geübten Fachleuten zu bemühen, die die volljährige Person unterstützen können, ihre Entscheidungsfähigkeit zu erlangen. Soweit sie aber zu erkennen gibt, dass sie mit der Beiziehung nicht einverstanden ist, so hat dies der Arzt zu unterlassen“ (§ 252 Abs. 2 ABGB). „Kann durch die Unterstützung die Entscheidungsfähigkeit hergestellt werden, so ist ihre Einwilligung in die Behandlung ausreichend“ (§ 252 Abs. 3 ABGB). 29. Jänner 20200 20
Medizinische Behandlung Nicht entscheidungsfähiger Patient „Eine medizinische Behandlung an einer volljährigen Person, die nicht entscheidungsfähig ist, bedarf der Zustimmung ihres Vorsorgebevollmächtigten oder Erwachsenenvertreters, dessen Wirkungsbereich diese Angelegenheit umfasst. Er hat sich dabei vom Willen der vertretenen Person leiten zu lassen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass diese eine medizinisch indizierte Behandlung wünscht“ (§ 253 Abs. 1 ABGB). „Der Grund und die Bedeutung der medizinischen Behandlung sind auch einer nicht entscheidungsfähigen Person zu erläutern“ (§ 253 Abs. 2 ABGB) Hat die im Behandlungszeitpunkt nicht entscheidungsfähige Person die medizinische Behandlung in einer verbindlichen Patientenverfügung angelehnt und gibt es keine Hinweise auf die Unwirksamkeit der PatV, so muss die Behandlung ohne Befassung eines Vertreters unterbleiben (§ 253 Abs. 4 ABGB) 29. Jänner 20200 21
Medizinische Behandlung Nicht entscheidungsfähiger Patient „Gibt eine nicht entscheidungsfähige Person ihrem Vorsorgebevollmächtigten oder Erwachsenenvertreter oder dem Arzt gegenüber zu erkennen, dass sie die medizinische Behandlung oder deren Fortsetzung ablehnt, so bedarf die Zustimmung des Vorsorgebevollmächtigten oder Erwachsenenvertreters zur Behandlung der Genehmigung durch das Gericht“ (§ 254 Abs. 1 ABGB) 29. Jänner 20200 22
Danke für Ihre Aufmerksamkeit 23 29. Jänner 2020
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