Erneuerbare Energien: Vorteile statt Vorurteile - AEE Suisse
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Erneuerbare Energien: Vorteile statt Vorurteile. Fakten über erneuerbare Energien und deren Potenziale Auf den ersten Blick scheint es, dass die erneuerbaren Energien bei der Energieversorgung der Schweiz einen grossen Schritt nach vorne gemacht haben. Dieser Eindruck stimmt. Doch viel mehr ist möglich. Um ihr ganzes Potenzial konsequent zu nutzen, müssen wir mit Vorurteilen und Bedenken Schluss machen. Mit Fakten zu den wichtigsten erneuerbaren Energiequellen erweitert diese Broschüre den Blickwinkel und verleiht den vollen Durchblick. In Zusammenarbeit mit
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 2 | 3 Vorurteil: Erneuerbare Energien sind nur dank staatlicher Subventionen konkurrenzfähig. 6 Vorurteil: Mit erneuerbaren Energien drohen Versorgungslücken. 8 Vorurteil: Wir haben zu wenige Speicher für eine zuverlässige Versorgung mit erneuerbarer Energie. 10 Vorurteil: Mit erneuerbaren Energien steigen die Strompreise in schwindelerregende Höhen. 12 Vorurteil: Solarenergie lohnt sich nur in der Wüste. 14 Vorurteil: Genug Wind weht nur am Meer. 16 Vorurteil: Das Potenzial der Wasserkraft ist ausgeschöpft. 18 Vorurteil: Biomasse ist doch nur Mist. 20 Vorurteil: Holz ist viel zu schade zum Verbrennen. 22 Vorurteil: Wärme und Strom aus dem Erdreich sind Zukunftsmusik. 24 Vorurteil: Elektroautos sind etwas für reiche Leute. 26 Vorurteil: Energiesparen ist unmöglich, wir brauchen einfach immer mehr Energie. 28 Vorurteil: Intelligente Gebäude sind etwas für Computerfreaks. 30 Vorurteil: Der Umstieg auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz ist unbezahlbar. 32 Vorurteil: Erneuerbare Energien verschlingen Milliarden für den Ausbau des Stromnetzes. 34 Vorurteil: Die Schweiz ist weit voraus bei der Nutzung erneuerbarer Energien. 36 Die AEE SUISSE. 38 Herausgeber AEE SUISSE Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz Falkenplatz 11, Postfach, 3001 Bern, www.aeesuisse.ch Text und Gestaltung CRK Kommunikation Kreation & Kino Stand März 2018, 4. vollständig überarbeitete Auflage Sämtliche Angaben wurden mit grösstmöglicher Sorgfalt erarbeitet und überprüft. Dennoch lassen sich in einer derart komplexen und sich rasch entwickelnden Materie Fehler nicht gänzlich vermeiden. In einem solchen Fall bitten wir um Verständnis und um einen Hinweis. Diese Broschüre wurde möglich mit der Unterstützung von EnergieSchweiz, Ernst Schweizer AG, Flumroc AG, IWB, BKW, Helion Solar, Schmid energy solutions, Regio Energie Solothurn und vielen anderen mehr.
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 4 | 5 Mehr Menschen werden künftig mehr Energie nahmenpaket der Energiestrategie ausarbeiten benötigen. Gleichzeitig hilft intelligente Tech- muss, das wirksame – gesetzliche und freiwillige nologie beim Energiesparen und die Technolo- Instrumente zur Steigerung von Energieeffizienz gie im Bereich der erneuerbaren Energien wird und zum Einsatz erneuerbarer Energien umfasst. immer besser. Mit dem ersten Massnahmen- paket der Energiestrategie 2050 ist der Anfang Die Schweiz hat viel Nachholbedarf, auch im Ver- gemacht – der aber bei Weitem nicht ausreicht. gleich mit dem benachbarten Ausland. Gleichzei- Der Klimawandel ist eine Tatsache, die nach tig leben wir in einer Zeit, die uns Möglichkeiten Glossar verstärktem und konsequentem Handeln ruft – bietet, die noch vor wenigen Jahren undenkbar bei Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir gewesen wären. Technologische Entwicklun- BAFU: Bundesamt für Umwelt, bafu.admin.ch können unser Wohlstandsniveau nur dann hal- gen im Bereich der Speicherung von Strom und BEV: battery electric vehicles = batteriebetriebene Elektrofahrzeuge ten, wenn wir dafür die notwendigen Rahmen- Wärme sind genauso vielversprechend wie Fort- BFE: Bundesamt für Energie, bfe.admin.ch bedingungen schaffen, um den Umbau unserer schritte im Bereich der Elektromobilität oder der DENEFF: Deutsche Unternehmerinitiative Energieeffizienz, deneff.org Energieversorgung zu ermöglichen und zu be- intelligenten Gebäudesteuerung. Wir müssen sie EAFO: European Alternative Fuels Observatory, eafo.eu schleunigen. nur nutzen und bereit sein, neuen Technologien EEG: Erneuerbare-Energien-Gesetz, Deutschland und Geschäftsmodellen eine Chance zu geben. EEX: European Energy Exchange (Europäische Strombörse Leipzig) Der 21. Mai 2017 war ohne Zweifel ein Meilen ElCom: Eidgenössische Elektrizitätskommission, unabhängige staatliche Regulierungsbehörde im stein in der Schweizer Energiepolitik. Das Mit dieser Broschüre zeigt die AEE SUISSE auf, Elektrizitätsbereich, elcom.admin.ch Stimmvolk hat die Energiestrategie 2050 klar was wir in der Schweiz mit erneuerbaren Ener- ESC: Energy Science Center der ETH Zürich, esc.ethz.ch bestätigt. Mit dem neuen Energiegesetz gelten gien schon erreicht haben – und wie viel mehr in Haushalt: Es wird die Definition nach Bundesamt für Energie BFE verwendet, d.h., ein 4-Personen- seit 1. Januar 2018 verbesserte Rahmenbedin- ihnen steckt. In der Neuauflage 2018 widmen wir Haushalt verbraucht 4500 kWh Strom pro Jahr gungen für die Entwicklung und den Ausbau von uns auch aktuellen Themen wie der Digitalisie- Hz: Hertz, Einheit zur Messung der Netzfrequenz in der Stromversorgung erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in rung, der Elektromobilität oder der Speicherung IEA: Internationale Energieagentur, iea.org der Schweiz. Wie oft bei solchen Themen gibt von Energie. Der Überblick zeigt, dass der Umbau KEV: Kostendeckende Einspeisevergütung (ab 2018 nur noch Einspeisevergütung), Instrument des es auch hier ein grosses Aber. Denn allein neue im Energiesektor in vollem Gange ist, nicht nur Bundes zur Förderung der Stromproduktion aus neuen erneuerbaren Energien, finanziert durch den Vorschriften und gesetzliche Rahmenbedingun- aufseiten der Verbraucher, sondern auch bei An- Netzzuschlag gen, die in vielen Bereichen (noch) nicht weit bietern, die den heutigen Herausforderungen mit LED: Light-emitting diodes = Leuchtdioden, werden heute als effiziente Leuchtmittel für Elektrogeräte genug gehen, reichen nicht aus. neuen Geschäftsmodellen begegnen müssen. oder die Raum- und Aussenraumbeleuchtung verwendet ODI: Overseas Development Institute, odi.org Um das vom Bundesrat gesetzte Ziel, im Jahr PHEV: Plug-in-hybrid electric vehicles = Plug-In-Hybrid-Elektrofahrzeuge 2020 im Durchschnitt 16% weniger Energie S.A.F.E.: Schweizerische Agentur für Energieeffizienz, energieeffizienz.ch pro Person zu verbrauchen und im Jahr 2035 SATW: Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften, satw.ch sogar 43% weniger, braucht es nicht nur wei- SDL: Systemdienstleistungen (im Zusammenhang mit Regelenergie) tere Massnahmen, sondern auch das individu- TWh: Terawattstunde (= 1000 Gigawattstunden GWh = 1’000’000 Megawattstunden MWh = elle Engagement der Bevölkerung und der Wirt- 1’000’000’000 Kilowattstunden kWh); in der Schweiz wurden 2016 insgesamt (inkl. Treibstoffen schaft. Alle müssen ihren Beitrag leisten. Dazu Gianni Operto in der Mobilität) 237.3 TWh Energie verbraucht, 58 TWh davon als Elektrizität. gehört auch die Politik, die ein zweites Mass- Präsident AEE SUISSE
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 6 | 7 Vorurteil: Erneuerbare Energien Richtig ist: Gegen immer günstigeren sind nur dank staatlicher Strom aus Sonne, Wind & Co haben fossile Subventionen konkurrenzfähig. und atomare Energien keine Chance. 150 Was noch vor wenigen Jahren undenkbar war, Tiefem Ölpreis trotzen ist heute Realität: Die Kosten pro Kilowatt- Dieses Phänomen der sinkenden Strompreise 125 stunde Wind- und Solarstrom sind in unseren verstärkt sich seit 2010 laufend. Zudem lag der Nachbarländern Deutschland und Italien unter Weltmarktpreis für Erdöl laut der Markterhe- Heizöl 100 das Niveau des Stroms vom Energieversorger bung von Tecson im Jahr 2012 zwischenzeitlich Elektrizität gesunken. Auch in der Schweiz ist das zum Teil bei über 120 Dollar pro Barrel. Erst Mitte 2014 Gas schon heute der Fall. begann der Preiszerfall, seit 2017 steigen die 75 Benzin Preise jedoch wieder. Anfang 2018 lag der Preis Entwicklung des Zusätzlich zu den Überkapazitäten im Kraftwerk- bei rund 70 Dollar pro Barrel – was noch immer Konsumentenpreisindexes 50 park und dem Preiszerfall von CO2-Zegrtifikaten doppelt so hoch ist wie noch im Jahr 2000. Aber drückt das Überangebot an Strom die Preise an selbst die sinkenden Ölpreise konnten den Trend der europäischen Strombörse European Energy des Ausbaus der erneuerbaren Energien nicht 25 Exchange (EEX). Die Diskussion hat sich in nur we- umkehren. Der Gaspreis sank zwischen 2000 nigen Jahren vollkommen geändert: Lange als zu und 2012 an der New York Mercantile Exchange 0 teuer und zu ineffizient abgestempelt, produzieren um rund ein Drittel. Grund ist der ökologisch 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Index (2010 = 100) erneuerbare Energieanlagen, insbesondere Solar- umstrittene Schiefergasboom in den USA. Seit Quelle: Bundesamt für Energie BFE und Windkraftwerke in Deutschland, Frankreich 2012 schwankt der Preis auf tiefem Niveau. oder Skandinavien, mittlerweile sogar deutlich Entwicklung der Energiepreise für Konsumenten (real, indexiert). günstiger als konventionelle Kraftwerke. Weil Wind- Überflieger Erneuerbare und Solarstrom so preiswert sind, können gera- Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet de fossil betriebene Anlagen und Atomkraftwerke mit einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Spanien 754 Mio. Euro und die Niederlande noch nicht mehr kostendeckend betrieben werden. Stromerzeugung bis 2022 auf über 8000 TWh. Das 639 Mio. Euro. Die Schweiz ist stark von Importen fossiler entspricht einem Ausbau um ein Drittel inner- Energieträger abhängig. Dies wirkt sich auf das Geschäft der grossen halb von sechs Jahren und dem Gesamtstrom- Ausser steigenden Energiepreisen und Subven- Zwischen 2012 und 2016 gab es eine leichte, zaghafte Ver- schiebung zugunsten erneuerbarer Energien: Der Anteil der Schweizer Energieversorger aus. Die grossen verbrauch von China, Indien und Deutschland tionen vermeiden erneuerbare Energien aber inländischen Energieträger stieg geringfügig an. Gleichzei- Produktionsanlagen in der Schweiz, insbeson- zusammen. Im Jahr 2022 werden demnach 30% auch jene Kosten, die bei fossilen und nuklearen tig nahm der Anteil der erneuerbaren Energien am Endver- brauch zu. Es bleibt aber noch viel zu tun. dere Kernkraftwerke, sind heute nicht mehr des gesamten Stroms erneuerbar produziert, Energieträgern überhaupt nicht auf der Rech- konkurrenzfähig. Auch die Grosswasserkraft 2016 waren es noch 24%, 2011 rund 20%. Die nung stehen: Deren Abbau und Verbrennen sind Ausland- 77.1% steht unter Druck. Das Geschäftsmodell, mit IEA unterstrich zudem bereits in früheren Stu- verantwortlich für Klimawandel und Gesund- abhängigkeit 75.8% günstigem Atomstrom nachts Wasser in Spei- dien, dass die Subventionen für konventionelle heitsschäden, für Landschaftszerstörung und cherseen zu pumpen und den Wasserstrom Energien weit höher lagen als die ökonomischen den Verlust von Artenvielfalt. Die Kosten hierfür Endverbraucheraus- 33’190 Mio. Fr. gaben für Energie 24’570 Mio. Fr. tagsüber teuer zu verkaufen, ist längst passé. Anreize für die erneuerbare Branche. Laut einer werden von der Allgemeinheit über Steuern und Der Druck kommt von der technologischen Ent- im Mai 2017 veröffentlichten Studie des Over- Ausgaben im Gesundheitswesen getragen. Und wicklung im Bereich der erneuerbaren Ener- seas Development Institute (ODI) förderte allein die Problematik der Entsorgung der mittel- und 2012 2016 Quelle: Bundesamt für Energie BFE gien und vom Preisdruck an der europäischen Deutschland die Kohleindustrie noch immer mit hochradioaktiven Abfälle ist noch immer nicht Strombörse. 3.2 Mrd. Euro, Polen gab dafür 920 Mio. Euro aus, gelöst.
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 8 | 9 Vorurteil: Mit erneuerbaren Richtig ist: Im Team sind erneuerbare Energien Energien drohen Versorgungslücken. zuverlässige Partner. Sogenannte «Rekordtage» der erneuerbaren lagen abgestimmt werden. Die Anlagen können Energieproduktion häufen sich. An Spitzen- sich gegenseitig stützen und ergänzen: Wenn Windkraft Elektro- Wasserkraft Geothermie- Kühlhaus Photovoltaik- Verbraucher Industrie mobilität kraftwerk anlage tagen können in verschiedenen Ländern be- kein Wind bläst, scheint in der Regel die Son- reits heute zwei Drittel des Strombedarfs aus ne. Wind- und Sonnenenergie ergänzen sich erneuerbarer Produktion gedeckt werden. also optimal. Fehlen Wind und Sonne, können Manchmal sind es sogar 100% des Bedarfs. Gut zum Beispiel Wasserkraft- und Biogasanlagen, kombiniert sind erneuerbare Energien auch in Holzkraftwerke oder geothermische Kraftwer- der Schweiz mittelfristig in der Lage, 100% der ke rund um die Uhr zuverlässig einspringen. Stromversorgung sicherzustellen. Auch umgekehrt: Wird zu viel Wind- und Son- nenstrom produziert, kann die Produktion von Am 8. Mai 2016 konnten in Deutschland bis zu Biomasse- oder Speicherkraftwerken auf einen 86% des Strombedarfs durch erneuerbare Ener- späteren Zeitpunkt verschoben werden. In ei- Stromnetz Quelle: Swissgrid gie gedeckt werden. Am 30. April 2017 war der ner Übergangsphase zur 100% erneuerbaren Beitrag der Kohlekraftwerke zur Deckung des Stromproduktion können dezentrale gasbetrie- Produzenten und Verbraucher schliessen sich beim Regelpooling zusammen und tragen so zur Netzstabilität bei. Bedarfs mit 8 GW so tief wie nie zuvor. Die ma- bene Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen dann ximale Leistung der deutschen Kohlekraftwerke Strom produzieren, wenn er gebraucht wird. Hohe Stromtarife in der Nacht Sekunden), Sekundärregelung (Abruf innerhalb liegt bei 50 GW. Diese «Rekordtage» häufen sich, Dieses flexible Abstimmen der Produktion auf Bis vor Kurzem wurden wegen der hohen Nach- von Minuten) und Tertiärregelung (Abruf inner- wie die Zahlen der deutschen Nichtregierungs- die Nachfrage ist bei Kohle- und Atomkraftwer- frage die höchsten Strompreise an der europä- halb von 15 Minuten). Die Schweiz spielt hier organisation Agora zeigen. Gleichzeitig stieg die ken nicht möglich. ischen Strombörse European Energy Exchange eine Vorreiterrolle in Europa. Seit Jahren wer- installierte Leistung der Photovoltaikanlagen in (EEX) um die Mittagszeit erzielt. Nun gibt es den Möglichkeiten in Pilotprojekten getestet, der Schweiz 2016 laut dem Branchenverband 90% erneuerbarer Strom kaum mehr Höchstpreise über den Mittag. welche die benötigte Flexibilität zur Verfügung Swissolar auf 1.7 GW. Die Solaranlagen produ- Die 2016 publizierte UBS-Studie «Neue Energie Möglich ist, dass künftig, wenn immer weniger stellen – etwa mit Kühlhäusern als Speicher zierten 2016 zusammen 1.6 TWh Strom, womit für die Schweiz» sieht bereits ab 2025 eine zu Atom- und Kohlekraft am Netz ist, die höchsten (Projekt FlexLast) oder dem Swisscom-Produkt rund 355’000 4-Personen-Haushalte in der drei Vierteln erneuerbare Stromproduktion vor. Strompreise abends und nachts erzielt werden. tiko, bei welchem sich Haushalte vernetzen. Seit Schweiz beliefert werden können. Ab 2050 werden gemäss den berechneten Sze- 2013 bietet Swissgrid zudem das sogenann- narien 90% des Schweizer Stroms aus erneu- Regelenergie zur Stabilisierung te Regelpooling an. Erzeuger und Verbraucher Das Beispiel Deutschland zeigt: Auch bei hoher erbaren Quellen stammen. Den grössten Anteil Das Schweizer Stromnetz braucht eine stabile von Energie schliessen sich zu einem virtuellen erneuerbarer Stromproduktion bricht das Strom- hat dabei die Wasserkraft, aber auch die Pho- Frequenz von 50 Hz, d.h. Stromproduktion und Kraftwerk zusammen, das kurzfristig zum Aus- netz nicht zusammen. Dank präziserer Wetterpro- tovoltaik liefert über 16% des Strombedarfs. -nachfrage müssen in einem Gleichgewicht gleich zugeschaltet werden kann. Der Bezug der gnosen kann die Wind- und Solarstromproduktion Gemäss den Autoren ist die Schweiz «aufgrund stehen. Regelenergie oder Regelleistung (auch Regelleistung geschieht im Auktionsverfahren. immer besser berechnet werden. Zudem erhöhen ihrer heutigen Situation und der langfristigen zusammengefasst unter dem Begriff «System- Laut dem Tätigkeitsbericht der Eidgenössi- viele kleine und dezentrale Anlagen die Versor- Ausrichtung ihrer Politik auf bezahlbare Ener- dienstleistung SDL») ist genau jene Energie, die schen Elektrizitätskommission EICom betrugen gungssicherheit gegenüber dem Klumpenrisiko giepreise, Versorgungssicherheit sowie Um- der Netzbetreiber – in der Schweiz Swissgrid – die Ausgaben für Regelleistung im Jahr 2016 weniger Grossanlagen. Mit einer weitsichtigen weltaspekte und Nachhaltigkeit für die Zukunft braucht, um unvorhergesehene Schwankungen 169.7 Mio. Fr. (grössten Anteil mit 109.4 Mio. Fr. Energiepolitik und intelligenten Stromnetzen gut positioniert». im Stromnetz auszugleichen. Unterschieden hatte die Sekundärregelleistung). Im Jahr 2015 kann die Produktion von vielen dezentralen An- werden Primärregelung (Abruf innerhalb von waren es erst rund 122 Mio. Fr.
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 10 | 11 Vorurteil: Wir haben zu wenige Richtig ist: Speicher sorgen schon heute Speicher für eine zuverlässige Ver für Energie rund um die Uhr. sorgung mit erneuerbarer Energie. Stromsektor 1 Wärmesektor Es stimmt: Sonne und Wind liefern nicht immer • Hybridwerk: Wie sich die Sektoren Strom, 2 3 Gassektor dann Strom, wenn er benötigt wird. Doch schon Wärme und Mobilität verknüpfen lassen, de- 4 Stromspeicher S Wärmespeicher S heute sorgen gewaltige Stromspeicher in den monstriert Regio Energie Solothurn im Hybrid- Alpen für eine zuverlässige Versorgung. Künf- werk Aarmatt. An der Schnittstelle von Strom-, 7 5 tig werden neue Speicher nicht nur das leisten, Wärme-, Gas- und Wassernetz sind drei Ener- Gasspeicher P, S sondern auch saubere Wärme liefern, wenn giewandler – ein Gasheizkessel, ein Blockheiz- 6 Mobilitätssektor sie gebraucht wird. Durch die Verknüpfung der kraftwerk und ein Elektrolyseur – sowie zwei Energienetze mit erprobten und innovativen Speicherkomponenten – ein Wärme- und ein Technologien eröffnen Speicher ganz neue An- Wasserstoffspeicher – so mit den jeweiligen Kraftstoffspeicher P, S wendungen und Geschäftsmöglichkeiten. Energienetzen und zusätzlich untereinander verbunden, dass Energie flexibel und je nach Power-to-Heat, Power-to-Gas als Power-to-Liquid als 1 flexible KWK 4 Wärmespeicher 7 Stromkraftstoff Bei Energiespeichern denken wir schnell an Strom Bedarf umgewandelt, gespeichert oder direkt und vor allem an Batterien. Der beschlossene ins Netz eingespeist werden kann. Einspeichertechnologie Power-to-Gas als Primärer 2 5 Stromkraftstoff P Energiespeicher Power-to-Gas Ausstieg aus der Atomkraft erfordert dezentrale Power-to-Gas als Sekundärer 3 Stromspeicher 6 Elektromobilität S Energiespeicher Kraftwerke, intelligente Netze und eben Strom- • Wärmespeicher: Rund 50% der Gesamt- Quelle: Sterner et al, FENES, speicher für den Ausgleich zwischen Produktion energie werden für das Beheizen von Gebäu- OTH Regensburg 2016 und Verbrauch. Zudem werden Systeme benötigt, den, für Warmwasser und Prozesswärme in welche Wärme aus erneuerbaren Quellen rund der Industrie aufgewendet. Die zuverlässige Die Speicherung von Energie ist in verschiedenen Anwendungen mit unterschiedlichen Technologien präsent. um die Uhr und über das ganze Jahr bereitstellen. und kostengünstige Speicherung von Wärme aus erneuerbaren Quellen ist schon heute auf Viele Lösungen verschiedene Arten möglich: etwa mit einem mit überschüssigem Strom in einer Kaverne cher und ökologischer wird das ganze Energie- Für jede Anwendung gibt es geeignete Speicher- Vorrat an Holzpellets, einem Wasserspeicher Umgebungsluft. Wird Strom benötigt, wird die system. Energiespeicher leisten dafür schon verfahren. in Verbindung mit einer Solaranlage oder einer komprimierte Luft auf eine Turbine geleitet, die heute wertvolle Dienste – und werden künftig mit erneuerbarem Strom betriebenen Nieder- einen Stromgenerator antreibt. noch mehr leisten können. • Speicherseen: Um unsere Speicherseen in hub-Wärmepumpe, die im Sommer im Boden den Bergen werden wir beneidet. Schon heute gespeicherte Wärme sehr effizient nutzt. Strom, Wärme, Mobilität können damit grosse Mengen erneuerbar er- Mit diesen und weiteren Speicherverfahren ver- zeugten Stroms reguliert werden. • Batterien: Gesetzliche Regelungen und smar- fügen wir schon heute über zahlreiche Optionen. te Technik erlauben es, den Strom vom eigenen Zugleich sind die Wirtschaft und die Wissen- • Gasnetz: Das bereits gut ausgebaute Gasnetz Dach in den Gebäuden oder im Quartier selber schaft daran, noch bessere Verfahren zu entwi- kann als Energiespeicher und -puffer genutzt zu nutzen. Das entlastet die Stromnetze – und ckeln und zur Anwendung zu bringen. Je besser Im Forum Energiespeicher Schweiz treffen sich Unterneh- men, Fach- und Branchenverbände und Vertreter der Wis- werden. Mit dem Power-to-Gas-Verfahren ist auf mittlere Sicht auch das Haushaltsbudget. es gelingt, über den ganzen Weg der Energie – senschaft unterschiedlichster Fachrichtungen, um in einem es schon heute technisch möglich, Wind- und von der Erzeugung über die Speicherung und systematischen Dialog technologische, wirtschaftliche und Solarstrom zunächst in Wasserstoff und unter • Druckluftspeicher: Möglicherweise erhal- Verteilung bis hin zum Verbrauch – die Sektoren politische Erkenntnisse zur Speicherung von Energie zu- sammenzuführen, aufzubereiten und so zu vermitteln, dass Beigabe von CO2 in synthetisches Methan (SNG) ten die Stauseen bald Unterstützung. In einem Strom, Wärme und Mobilität flexibel zu verknüp- die Akteure in Wirtschaft und Politik zum richtigen Zeitpunkt umzuwandeln. Dieses weist dieselben Eigen- Druckluftspeicher verdichtet ein Kompressor fen, desto sicherer, zuverlässiger, wirtschaftli- vorausschauend Entscheidungen treffen können. schaften auf wie herkömmliches Erdgas.
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 12 | 13 Vorurteil: Mit erneuerbaren Richtig ist: Erneuerbare Energien wirken als Energien steigen die Strompreise Energiepreisbremse. in schwindelerregende Höhen. Strom aus erneuerbaren Energien wird immer Haushalte. Diese Kritik stösst auch in der 8% Einspeisevergütung 4% Abgaben günstiger. Ja, die Preise für Solarstrom waren Schweiz auf offene Ohren. Berechtigt ist sie da- Die Einspeisevergütung fördert die Abgaben an das Gemeinwesen: Diese Stromproduktion aus erneuerbaren werden von Kantonen oder Gemeinden vor einigen Jahren sehr hoch und in Deutsch- durch nicht, denn richtig ist: Das EEG hat einen Energien. Sie wird vom Bund erhoben zum Teil in unterschiedlicher Höhe land fand der Kapazitätsausbau auch dank Systemfehler, der die Kosten für durchschnitt- und von Swissgrid abgewickelt. erhoben. starker Förderung statt. Aber das ist Vergan- liche Stromkunden in die Höhe treibt, während genheit. Kostete zum Beispiel eine Kilowatt- die Grossverbraucher von der EEG-Umlage ent- stunde Solarstrom 1995 in der Schweiz rund lastet werden und zugleich vom billigen Strom Fr. 1.50, lag 2013 der Preis aus einer Grossan- aus Sonne und Wind profitieren. Die Schweiz lage bereits unter 20 Rp. Im Juni 2017 kostete hat aus diesen Erfahrungen gelernt: Nur eine die Kilowattstunde laut Swissolar noch durch- begrenzte Zahl von Grossverbrauchern wird von schnittlich 14.5 Rp. der KEV-Abgabe befreit. Wer zu diesen gehört, muss aber zwingend Stromeffizienzmassnah- 34% Energiebezug Stromkosten 2018 2017 zahlte ein typischer Schweizer 4-Personen- men umsetzen und diese in einer sogenannten 48% Diesen Anteil erhalten Kraft- Haushalt mit einem durchschnittlichen Jahres- Zielvereinbarung festhalten, da die KEV-Befrei- werksbetreiber und Energie verbrauch von 4500 kWh insgesamt gut 39 Fr. für ung sonst hinfällig wird. unternehmen für den ge die Einspeisevergütung, die seit 2009 den Ausbau lieferten elektrischen Strom, Verteilnetze den sie in ihren Kraftwerken Anteil für den Stromtransport im der erneuerbaren Energien fördert. Mit dem re- Kostenbremse erneuerbare Energie produzieren. Mittel- oder Niederspannungs vidierten Energiegesetz, das seit dem 1. Januar Die Preisbildung an der Strombörse orientiert netz: Lokale Verteilnetzbetreiber finanzieren damit die Wartung 6% 2018 gilt, steigt der Netzzuschlag auf maximal sich an den Grenzkosten für jede zusätzliche und den Ausbau des Strom 2.3 Rp. pro kWh. Davon sind 0.1 Rp./kWh für die Kilowattstunde Strom. Und diese sind bei Son- netzes (z.B. Strommasten, Frei- ökologischen Sanierungen der Wasserkraft re- ne und Wind unschlagbar niedrig. Denn Solar-, Übertragungsnetz leitungen, Transformatoren). serviert. Ein 4-Personen-Haushalt bezahlt da- Wind- und Wasserkraftanlagen verursachen Dieser Anteil sichert den Betrieb, den Unterhalt und mit 2018 gemäss den Berechnungen der Eidge- zwar hohe Investitionen, aber keinerlei Brenn- den Ausbau des Übertragungsnetzes. Unter ande- rem dient er zur Beschaffung von Regelenergie, die nössischen Elektrizitätskommission (ElCom) im stoffkosten. Ganz anders bei konventionellen für einen stabilen Netzbetrieb erforderlich ist. Durchschnitt 918 Fr. für Strom, darin enthalten Kraftwerken, die nach der ebenfalls kostspieli- sind rund 100 Fr. für Einspeisevergütungen, Ein- gen Errichtung mit Brennstoffen stetig Kosten Quelle: Swissgrid malvergütungen, Investitionsbeiträge für die verursachen. Gross- und Kleinwasserkraft sowie Biomassean- Ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt mit 4500 kWh Jahresverbrauch zahlt 2018 rund 918 Fr. für seinen Strom; davon über den Netzzuschlag lediglich 68 Fr. für die Förderung erneuerbarer Energien (rund 1.5 Rp. des Netzzuschlags von 2.3 Rp.). lagen und andere Förderinstrumente. Aber selbst Kein Konsum um jeden Preis dann bleibt Energie (Strom, Heizöl und Gas) einer Bei der Kostenreduktion der erneuerbaren der kleinsten Posten im Warenkorb einer typi- Energien geht oft das Wichtigste vergessen: schen Schweizer Familie. Die kostengünstigste und umweltverträglichs- pro Person und Jahr soll gegenüber dem Re- für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommuni- te Energie ist immer noch die, die überhaupt ferenzjahr 2000 bis 2020 um 16% und bis 2035 kation UVEK bereits in den letzten Jahren: 2015 Der Schweizer Weg nicht gebraucht wird. Die Energiestrategie 2050 um 43% gesenkt werden. Eine Senkung erfolg- lag der witterungsbereinigte Energieverbrauch Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz, des Bundesrats setzt dieses Prinzip an oberste te laut dem Faktenblatt «Energie sparen und pro Person um 14.1% tiefer als im Jahr 2000. kurz EEG, verteuere die Strompreise für die Stelle: Der durchschnittliche Energieverbrauch Energieeffizienz erhöhen» des Departements
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 14 | 15 Vorurteil: Solarenergie lohnt sich Richtig ist: Solaranlagen lohnen sich auf fast nur in der Wüste. jedem Haus. «Solarstrom ist zu teuer und bringt in unseren Haushalte und Betriebe zu Eigenverbrauchs- Potenzial Solarwärme pro Jahr: Breitengraden nichts» – dieses Vorurteil ist gemeinschaften zusammen, um möglichst viel 8.2 TWh längst überholt. 4% der Stromnachfrage liefer- selbst produzierten Strom direkt verbrauchen zu 2.6 TWh ten laut SolarPower Europe Europas (EU-28) können. Dieses Modell wird durch das seit Januar Potenzial Solarstrom bei gleichzeitiger Solarstromanlagen 2016 durchschnittlich. In 2018 geltende Energiegesetz gestützt. Reicht die Produktion von Solarwärme: Deutschland waren es im Durchschnitt sogar Produktion nicht aus, wird der Strom vom eige- 17 TWh 7.1%. Den Spitzenwert erreichte Italien mit 7.2% nen Speichersystem oder weiterhin vom Netz be- Potenzial Solarstrom bei ausschliesslich des Stromverbrauchs, der 2016 aus Photovoltaik reitgestellt. Viele Energieversorger unterstützen dazu verfügbarer Fläche: stammte. In der Schweiz waren es 2.7%. mittlerweile als Dienstleister Gebäudebesitzer 24.6 TWh 5.6 TWh bei der Installation eigener Produktionsanlagen, 2016 stammten 27.4% der neu zugebauten dem Aufbau von Eigenverbrauchsgemeinschaf- Swissolar und Meteotest haben 2017 das Potenzial der Kraftwerksleistung in der EU von Photovoltaik- ten oder auch bei der Elektromobilität. Solarenergie auf Schweizer Dach- und Fassadenflächen Anlagen. Zusammen mit den anderen erneuer- berechnet. Demnach könnten bis zu 30.2 TWh Strom pro Jahr aus Solaranlagen stammen, würden die zur Verfügung baren Energien trugen sie mehr als 80% zur neu Hälfte des Stromverbrauchs vom Dach stehenden Flächen optimal genutzt. Zum Vergleich: 2016 entstandenen Kraftwerksleistung bei. In den Auf den Dächern und Fassaden der Schweiz wurden in der ganzen Schweiz gut 58 TWh Strom verbraucht. meisten europäischen Ländern ist der Strom könnte rund die Hälfte des heutigen Strombe- vom eigenen Dach für Privathaushalte und Ge- darfs mit Solarzellen erzeugt werden. Unser werbebetriebe günstiger als der vom Energie- Gebäudepark, heute Verursacher der Hälfte un- Das Potenzial zur Gewinnung von Wärme und Strom aus Solarenergie ist in der Schweiz längst nicht ausgeschöpft. versorger. 2016 wurde in Europa laut den Be- seres Energiebedarfs, würde so zu einem Kraft- rechnungen von Bloomberg New Energy Finance werk. Einen grossen Teil dieses Potenzials wer- Swissolar hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2035 Holzheizzentrale wird von 1000 m2 Sonnenkol- erstmals eine installierte Leistung von über den wir nutzen müssen, um den Ersatz der AKW mindestens 10% des Wärmebedarfs in Schwei- lektoren unterstützt, die im Sommer die Wärme 100 GW erreicht. Weltweit wurden 2017 Anlagen sicherzustellen und um den Anforderungen des zer Wohngebäuden, Hotels, Heimen, Spitälern für das Wärmenetz liefern. Die Anlage gilt auch mit einer Leistung von rund 100 GW neu instal- Pariser Klimaabkommens gerecht zu werden sowie der Prozesswärme mit Sonnenenergie zu als Vorbild für die Schweiz, wo viele mit Holz be- liert – 25 GW mehr als noch 2016. (Dekarbonisierung der Energieversorgung bis decken. Zur Nutzung der Solarenergie verfügt die triebene Wärmeverbünde ihren Sommerbetrieb Mitte des Jahrhunderts). Der Branchenverband Schweiz über rund 200 Mio. m2 geeignete Dach- mit Solarwärme sicherstellen könnten. Energieversorgung im Umbruch Swissolar hat für 2035 ein Produktionsziel von und Fassadenflächen. Und es gibt viele weitere Trotz immer mehr privater Solaranlagen kommt 17 TWh Solarstrom (28% des Verbrauchs) defi- geeignete Flächen ausserhalb des Gebäude- Längere Lebensdauer für Erdwärmesonden der Strom für fast alle noch immer vom Ener- niert. Trotz Energiestrategie 2050 sind wir noch parks. Ein Platzproblem gibt es also nicht – auch Wärmepumpen mit Erdsonden sind in der gieversorger. Dass selbst produzierter Strom nicht auf Kurs zur Erreichung dieser Ziele. 2016 dann nicht, wenn Solarstrom und Solarwärme Schweiz sehr beliebt. Doch der Boom hat sei- für Private und Unternehmen günstiger zu ha- und 2017 lag der Zubau unter 300 MW, gegen- gleichzeitig konsequent ausgebaut werden. ne Schattenseiten – die Sonden können sich zu ben sein wird als der vom Elektrizitätswerk, wird über 336 MW im Jahr 2015. Ab 2018 wird wieder rasch abkühlen und damit zu einem steigenden den Strommarkt auch hierzulande grundlegend ein Wachstum erwartet. 1000 m2 Kollektoren für Wärmeverbund Stromverbrauch im Winter führen. Sehr erfolgs- verändern. Mit der eigenen Solaranlage wird der Solare Wärme kann auch für Wärmeverbünde versprechend ist die Regeneration der Sonden Solarstrom nicht nur für den Haushalt, sondern 10% Solarwärme bis 2035 genutzt werden: solarcomplex hat in der deut- mit überschüssiger Solarwärme im Sommer. auch als Treibstoff für das Elektroauto interes- Doch die Schweiz braucht nicht nur erneuerba- schen Enklave Büsingen das Konzept eines Bio- Was an Pilotprojekten erprobt ist, kann nun in sant. Immer öfter schliessen sich auch mehrere ren Strom, sondern auch erneuerbare Wärme. energiedorfs mit Solarwärme umgesetzt. Eine der Breite eingesetzt werden.
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 16 | 17 Vorurteil: Genug Wind weht nur Richtig ist: Es gibt in der Schweiz viele Orte am Meer. mit ausgezeichneten Windverhältnissen. ) rn ter tte lät blä Die Schweiz ist auch ein Windland: Hierzulan- gab es in der Schweiz erst 37 Anlagen mit ei- rb tor oto de gibt es zwar viele Schwachwindregionen, ner Produktion von 128 GWh Strom. 2017 ging Ro rR aber auch sehr gute Windgebiete, die mit der in der ganzen Schweiz keine einzige neue Wind- kl. ag de (in rtr richtigen Windturbine genutzt werden können. anlage ans Netz. Im deutschen Bundesland Ba- er he rE ss hö Am stärksten wehen die Winde auf den Höhen den-Württemberg allein wurden 2017 78 neue he me mt lic rch von Jura und Voralpen, in den Alpentälern und Anlagen in Betrieb genommen, 2016 waren es sa hr Du Ge Jä auf Alpenpässen. Einige Standorte können sogar 120, während in der Schweiz eine einzige es durchaus mit den Küstengebieten Nord- Anlage ans Netz ging. 66 m 133 m 2.4 GWh deutschlands aufnehmen. Immer längere Rotorblätter 86 m 143 m 3.2 GWh Turmhöhe 100 m Dank der Entwicklung längerer und leiserer Der grosse Produktivitätssprung gelang der 90 m 145 m 4.1 GWh Hightech-Rotorblätter wird heute pro Windtur Windindustrie mit der Entwicklung längerer bine deutlich mehr Strom produziert als noch Rotorblätter. Damit lässt sich am selben Stand- 100 m 150 m 4.7 GWh vor wenigen Jahren. Sie nutzen mittlere Winde ort bei nur geringfügig grösserer Gesamthöhe effizient, sind aber auch für hohes Windaufkom- deutlich mehr Strom produzieren (siehe Grafik men und Kälte besser gerüstet. Was die neuen rechts). Die optimierten Anlagen sind nicht nur Anlagen bringen, zeigen die sogenannten «Repo- in der Lage, schwächere Winde zu nutzen, son- wering-Projekte» auf dem Mont Crosin und dem dern müssen bei hohem Windaufkommen auch Mont Soleil. Nach 2016 stieg die Leistung des nicht abgeschaltet werden, wie dies bei älteren Windparks Juvent der BKW mit vier neuen Wind- Anlagen der Fall ist. Zudem sind sie so ausge- turbinen erneut. Es sind bis dato die leistungs- rüstet, dass die Eisbildung an den Blättern im stärksten Turbinen der Schweiz. Sie erhöhen die Winter, wenn die Anlagen am meisten produ- Jahresproduktion von 55 auf 70 GWh, womit mehr zieren, verhindert wird. So kann das Abschalten als 15’000 durchschnittliche 4-Personen-Haus- der Anlagen vermieden werden. halte mit Windstrom versorgt werden können. Keine Gefahr für Vögel 7% des Windstroms bis 2050 Studien aus der Schweiz zeigen, dass nur sehr Wird in der Schweiz konsequent und kontinuier- wenige Vögel mit den Windenergieanlagen Nicht nur auf den Standort und die Turmhöhe der Windturbine kommt es an: Entscheidend für den Stromertrag ist der Rotordurchmesser. lich Windleistung zugebaut, rechnet der Fach- kollidieren. Verkehr und verglaste Gebäude verband Suisse Eole vor, könnten bis ins Jahr sind eine ungleich grössere Gefahr für Vögel. 2050 7% des Stromverbrauchs mit Windstrom Trotzdem wird Vogelschutz in der Windbran- Potenzial realisieren gedeckt werden – so sieht es die Energiestra- che grossgeschrieben: In der Schweiz werden Windturbinen liefern den für die Energiewende Richtplan eine jährliche Produktion von 0.5 bis tegie 2050 des Bundes vor. Um dieses Potenzial Systeme entwickelt, welche mittels Radarüber- dringend benötigten Winterstrom, denn genau 1 TWh angestrebt. Diese Menge bestätigt, dass zu erschliessen, sind rund 120 Windparks mit wachung die Windenergieanlagen in kritischen im Winter produzieren sie am meisten. Im Kan- die von Suisse Eole anvisierten 6 TWh für die fünf bis zehn Turbinen erforderlich. Ende 2017 Situationen gezielt abschalten können. ton Waadt alleine wird gemäss dem kantonalen Schweiz realistisch sind.
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 18 | 19 Vorurteil: Das Potenzial der Richtig ist: Modernisierungen von Wasserkraft ist ausgeschöpft. kleinen und grossen Kraftwerken erhöhen die Wasserstromproduktion. Weltweit ist Wasserkraft eine der bedeutends- ten Technologien zur Produktion von Energie. Das gilt erst recht für die Schweiz, wo die To- Ökonomisch und ökologisch Ein besonderes Potenzial liegt in der Sanie- rung und Wiederinbetriebnahme von Gross- und Stromproduktion der Schweiz im Jahr 2016 nach Kraftwerkkategorien (in %) 5.0% Konventionell-thermische und andere Kraftwerke pografie und die Niederschlagsmengen ideale Voraussetzungen zur Nutzung der Wasserkraft Kleinwasserkraftwerken. Die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) förderte bis Ende 2017 3.2% 26.9% Diverse erneuerbare bieten. Schon seit Ende des 19. Jahrhunderts aber nicht die Wasserkraft allgemein, sondern Energien wird mit Wasser Strom erzeugt. 2016 waren lediglich Kleinwasserkraftwerke mit einer Leis- es 59% der gesamten Stromerzeugung in der tung von bis zu 10 MW. Ab 2018 wird zusätzlich Laufwasserkraftwerke Schweiz. die Grosswasserkraft mit 0.3 Rp./kWh Strom aus (Gross- und Kleinwasserkraft) dem Netzzuschlag unterstützt. 32.8% Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts produ- zierten rund 7000 Kleinwasserkraftwerke Strom. Denn schon mit verhältnismässig geringem fi- Heute werden in der Schweiz laut dem Fachver- nanziellem Aufwand lässt sich die Leistung beste- band Swiss Small Hydro schätzungsweise noch über 1600 Klein- und Kleinstwasserkraftwerke hender Anlagen erhöhen und können stillgelegte Kleinwasserkraftwerke reaktiviert werden. Gleich- Kernkraftwerke 32.1% Speicherkraftwerke mit einer Leistung von rund 950’000 kW und ei- zeitig werden sie ökologisch aufgewertet. Auch in ner jährlichen Produktionserwartung von etwa sogenannten Infrastrukturanlagen, also beispiels- Quelle: Bundesamt für Energie BFE 4 TWh betrieben. Das entspricht immerhin rund weise in Trinkwasserversorgungen und Kläranla- 11% der gesamten Wasserkraft und gut 6% der gen, ist noch viel Potenzial vorhanden. Dort ist es Wasserkraft ist ein Hauptpfeiler der Schweizer Stromversorgung. Im niederschlagsreichen Jahr 2016 betrug der Anteil der Wasserkraft an der Stromproduktion 59%. gesamten Stromproduktion. Das Bundesamt möglich, ohne jeglichen Eingriff in die Landschaft für Energie geht von einem Ausbaupotenzial sauberen und günstigen Strom zu produzieren. von mehr als 1000 GWh jährlicher Elektrizitäts- produktion aus Kleinwasserkraft aus. Dieses Produktionssteigerung Aber auch Sanierungen von Grosskraftwerken die sogenannte Pumpspeicherung aufgewendet. Potenzial liesse sich durch sorgfältig integrierte Ein Beispiel von vielen ist das Kleinwasserkraft- bringen erhebliche Produktionssteigerungen bei Über Jahrzehnte wurde auf diese Weise unter Anlagen mit sehr geringen Umweltauswirkun- werk Hard in Winterthur. Vor über 150 Jahren gleichzeitiger ökologischer Aufwertung: Mit dem anderem nachts günstiger Überschussstrom gen nutzen – wäre dabei aber wie die anderen für die Spinnerei genutzt, beliefert das Kraft- Neubau des Kraftwerks Hagneck im Berner in die Schweizer Stauseen gepumpt und tags- erneuerbaren Technologien auf eine Anschubfi- werk heute Haushalte der Wohn- und Gewerbe Seeland konnte die jährliche Stromproduktion über als teurer Spitzenstrom verkauft. Mit dem nanzierung angewiesen. gemeinschaft Hard. 2014/2015 wurde die Anlage 2015 von etwa 80 GWh auf über 100 GWh gestei- Ausbau der erneuerbaren Energien können die erneuert. Die produzierte Strommenge konnte gert werden. Gleichzeitig wurde in eine ökologi- Speicherseen künftig bei einem Überangebot Im Rahmen der Energiestrategie 2050 hat sich mehr als verdoppelt werden. Vor dem Neubau sche Aufwertung des gesamten Kraftwerkareals von Solar- und Windstrom in der Schweiz oder in der Bund das Ziel gesetzt, die jährliche Was- lieferte das Kraftwerk 1.2 GWh Strom pro Jahr, investiert. Ausführliche Informationen finden Europa als grüne Batterie dienen. Bereits heute serkraftproduktion bis 2035 um weitere 2% auf heute sind es 2.6 GWh, was etwa dem Bedarf sich hier: bielerseekraftwerke.ch/hagneck. spielen sie eine wichtige Rolle bei der Stabilisie- 37.4 TWh zu erhöhen und bis 2050 auf 38.6 TWh. von 725 Haushalten entspricht. rung des Übertragungsnetzes. Mit dem Ausbau Dieses Ziel beruht auf Modernisierungen und Strom im Fluss der erneuerbaren Energien in Europa kann die- Neubauten sowohl von Klein- wie auch von Das Beispiel ist hier ausführlich beschrieben: Von der in den Schweizer Kraftwerken produ- se Leistung noch wertvoller werden. Grosswasserkraftwerken. geha-ag.ch/wasserkraft. zierten Strommenge werden rund 2.4 TWh für
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 20 | 21 Vorurteil: Biomasse ist doch Richtig ist: Biomasse trägt erheblich zu nur Mist. einer sauberen Energieversorgung bei. Wer denkt, Abfall sei gleich Abfall, kennt die hängigkeit verringert, sondern auch die Kritik an Industrieabwässer Energie, die in Biomasse steckt, nicht: Kü- der Ausbeutung armer Länder sowie an der För- Gaseinspeisung [GWh] chenabfälle, Grünabfälle aus Garten und derung von Monokulturen entkräftet. Wie bei den Stromproduktion [GWh] Parks, Gülle und Mist vom Bauernhof oder anderen erneuerbaren Energien ist das Poten Genutzte Wärme [GWh] 300 120 Wärme Eigenbedarf [GWh] Abwasser und Faulschlamm aus Kläranlagen zial der Biomasse längst nicht ausgeschöpft. Ein Anzahl Anlagen spielen schon heute eine bedeutende Rolle Beispiel: In einem Kehrichtsack stecken laut den 250 100 bei der Produktion von CO2-neutralem Strom. Erhebungen des Bundesamts für Umwelt BAFU Gewerbe/Industrie Gaseinspeisung [GWh] Biomasse umfasst alle Arten von Pflanzen so- durchschnittlich 32% vergärbare Biomasse, aus Energieproduktion [GWh] 200 80 Stromproduktion [GWh] wie pflanzliche und tierische Reststoffe. Dar- Anzahl Anlagen der sich Energie gewinnen liesse. Jährlich liegt Genutzte Wärme [GWh] aus lassen sich feste, flüssige und gasförmige das Potenzial für vergärbare Siedlungsabfälle bei Wärme Eigenbedarf [GWh] 150 60 Energieträger gewinnen. knapp 1 Mio. Tonnen. Allein aus organischen Sied- Anzahl Anlagen lungsabfällen könnte mit Biogas genug Strom für 100 40 Landwirtschaft Sauberer Energiekreislauf rund 40’000 Haushalte produziert werden. Gaseinspeisung [GWh] Pflanzen nehmen im Rahmen der Photosyn- Stromproduktion [GWh] 50 20 these Kohlenstoff auf, speichern diesen und Biotreibstoffe Genutzte Wärme [GWh] wirken auf diese Weise als sogenannte CO2- Aber auch für die Produktion von Biotreibstoffen 0 0 Wärme Eigenbedarf [GWh] Senken oder CO2-Speicher. Werden die Pflanzen gibt es in der Schweiz eine Vielfalt von Rohstof- 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Anzahl Anlagen verbrannt bzw. durch Vergärung oder Kompos- fen, die genutzt werden könnten: (Abfall-)Holz, tierung zersetzt, wird dieser Kohlenstoff wieder Bioabfälle, Stroh oder andere Pflanzenteile mit an die Atmosphäre abgegeben und von anderen hohem Zelluloseanteil. Solche Rohstoffe wer- Pflanzen aufgenommen. Da dabei nur so viel den bereits heute in Pilotanlagen zu flüssigem Kohlenstoff freigesetzt wird, wie die Pflanzen Treibstoff oder synthetischem Gas verarbeitet. vorher aufgenommen haben, ist Energie aus Bio- Der Vorteil dieser Ausgangsmaterialien ist, dass masse «CO2-neutral». sie als Nebenprodukte der Landwirtschaft den Anbau von Nahrungs- und Futterpflanzen nicht Quelle: Bundesamt für Energie BFE In Biomasse steckt viel Energie! konkurrenzieren. Biomasse ist nicht gleich Biomasse. Je mehr Energie in Produktion und Ernte gesteckt werden Energie aus dem Kehricht muss, umso kleiner sind die Vorteile im Vergleich In einem Kehrichtsack steckt durchschnittlich zu fossilen Energien. Die Energieproduktion die Energie, die 1.5 Liter Erdöl entspricht (Erd- Strom und Wärme iedlungsabfall. Die bei der Verbrennung an- S aus Abfällen hat daher die besten Umwelt- und öläquivalente). Bei der Nutzung dieser Energie Bei der Stromerzeugung bleiben aus physika- fallende Energie wird zur Stromproduktion für Klimabilanzen. In der Schweiz werden im Ge- ist die Schweiz weltweit führend: Sämtliche Keh- lischen Gründen zwei Drittel der Energie als 42’000 Haushalte und zur Bereitstellung von gensatz zu Deutschland die umstrittenen nach- richtverbrennungsanlagen nutzen die Energie, Abwärme übrig. Daher ist die Wärmenutzung Wärme und Heisswasser für 12’000 Gebäude wachsenden Rohstoffe nicht gefördert. Energie die beim Verbrennen des Kehrichts entsteht, um besonders wertvoll. In der Kehrichtverbren- genutzt. Die KEBAG ist damit die grösste Ener- wird primär aus inländischer Abfall-Biomasse Strom zu erzeugen. Damit deckt die Branche nungsanlage der KEBAG Zuchwil zum Beispiel gieproduktionsanlage in unmittelbarer Nähe von erzeugt – damit wird nicht nur die Auslandsab- rund 3% des inländischen Strombedarfs. landen Jahr für Jahr rund 220’000 Tonnen Solothurn.
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 22 | 23 Vorurteil: Holz ist viel zu schade Richtig ist: Die Erzeugung von Wärme zum Verbrennen. und Strom aus Holz ist effizient, CO2-neutral und ausbaufähig. Holz ist ein bedeutender einheimischer Energie- Holz ist ein wertvoller regionaler Energie- bis zu 90%. Einen wahren Boom erlebt Holz seit träger, der uns von teuren und unberechenbaren träger und im Wärmebereich die wichtigste dem Aufkommen der Holz-Wärmeverbünde und Energieimporten unabhängiger macht. einheimische und erneuerbare Energiequelle. der Pellets: Pelletheizungen bieten einen ähn- Die Schweiz verfügt nur über wenige Arten von einheimi- Alle Vorteile, die für Biomasse sprechen, gelten lichen Komfort wie Ölheizungen, und wer seine schen Energieträgern. Umso wichtiger ist es, alle optimal in besonderem Mass für Holz. Denn Holz ist ein Liegenschaft an einem Holz-Wärmeverbund an- zu nutzen. ausserordentlich vielseitiger Rohstoff, der über geschlossen hat, muss sich überhaupt nicht mehr seinen ganzen Lebenszyklus sinnvoll verwertet ums Heizen kümmern. Inländische Gewinnung von Primärenergieträgern 2016 werden kann. (Gesamt: 72.2 TWh) Der technische Fortschritt lässt den Energie- Energieholz 15.9% Wer an Holz als Energieträger denkt, hat wohl als klassiker Holz zunehmend auch bei der Strom- Wasserkraft 50.3% Erstes ein prasselndes Kaminfeuer vor Augen. erzeugung seine Stärken ausspielen. Sei es mit Müll und Industrieabfälle 22.7% Und richtig: Holz wird in erster Linie zur Wär- der Dampf-, der ORC- oder der Heissgasturbi- Übrige erneuerbare Energien 11.1% meerzeugung genutzt. In der Regel wird für die ne, sei es mit dem Holzvergaser – die Wärme- energetische Nutzung – wie auch für die Nutzung Kraft-Koppelung (WKK) erzeugt gleichzeitig Quelle: Biomasse Schweiz, Bundesamt für Energie BFE als «Industrieholz» in der Papier-, Zellulose- und Wärme und Elektrizität. Die Stromerzeugung mit Spanplattenproduktion – nur «mindere» Holz- Holz ist dann besonders sinnvoll, wenn auch die qualität verwendet. Qualitativ hochwertiges Holz Wärme genutzt werden kann. 2016 produzierten etc.). Und Landschaftsholz ist zwar naturbelassen, zen lässt und deshalb auch die Stromproduktion kommt hauptsächlich als Baumaterial für Gebäu- die insgesamt 23 Holz-WKK-Anlagen 0.3% der stammt jedoch nicht aus dem Wald, sondern aus gedrosselt wird. Die Stromerzeugung mit Holz ist de, Innenausbauten oder Möbel zum Einsatz. Elektrizitätserzeugung der Schweiz, 1996 wa- Parks, Gärten und Landschaftspflege. Das heute also nur sinnvoll, wenn gleichzeitig die Wärme ren es erst 0.03% – eine Steigerung also um das noch ungenutzte Potenzial ermöglicht eine Erhö- das ganze Jahr genutzt werden kann. Grössere Wärme und Strom aus Holz Zehnfache innert 20 Jahren. hung um 50 bis 70% der aktuellen Nutzung des Holzheizkraftwerke befinden sich zum Beispiel in Trotz aller Vorteile war der wertvolle Energieträ- erneuerbaren Energieträgers Holz. Domat/Ems, Basel, Bern, Rueyres oder Zürich. ger Holz einmal fast aus dem Rennen: 1970 deckte Energie, die nachwächst Holzvergaser befinden sich in Stans, Ettiswil und Holz laut der Gesamtenergiestatistik des Bundes- Doch nicht nur die Vielseitigkeit, auch die hohe Ver- Grosse Leistung Escholzmatt. amts für Energie gerade noch 1.4% des Gesamt fügbarkeit macht Holz zu einem «Star» unter den Die Energieeffizienz von Holz ist am höchsten bei ! energieverbrauchs, im Jahr 2000 waren es bereits Energieträgern. Gerade in der Schweiz ist Holz ein der Verbrennung in dezentralen Holzheizwerken Wirklich sauber? 3.3%. 2016 waren es 4.6%, Tendenz steigend. Energieträger mit Zukunft: In einer Sekunde wach- mit Nahwärmeverbünden sowie in modernen Ge- Wie bei jeder Verbrennung entsteht auch bei der Verbrennung Auf dem wirtschaftlich und ökologisch wichtigen sen in Schweizer Wäldern rund 0.3 m3 Holz nach, bäude- und Wohnraumheizungen. So lässt sich ein von Holz Kohlendioxid (CO2). Genauso wie andere Biomasse ist Wärmemarkt haben Stückholz, Schnitzel und Pel- das sind 9 bis 10 Mio. m3 jährlich. Das Energieholz Wirkungsgrad von mehr als 80% erzielen. Bei der Holz aber CO2-neutral: Die gesamte Menge an Kohlendioxid, die bei der Verbrennung freigesetzt wird, wurde während der Wachs- lets laut der BFE-Studie «Der Energieverbrauch wird in 4 Kategorien eingeteilt: Waldholz geht di- Stromerzeugung aus Holz sind theoretisch elektri- tumsphase des Baumes aus der Atmosphäre gebunden. Bis vor der Privaten Haushalte 2000–2016» mittlerweile rekt aus dem Wald in die Heizung. Restholz ist ein sche Wirkungsgrade von bis zu 30% möglich. Wird wenigen Jahren waren die Feinstaubemissionen von Holzfeue- rungen ein grosses Thema. Seit 2007 bzw. 2012 sind die diesbe- (per 2016) einen Anteil von rund 10.7%. Gründe Nebenprodukt der Verarbeitung des Holzes in Sä- die dabei entstehende Wärme konsequent genutzt, züglichen Grenzwerte für Anlagen grösser 70 kW derart tief, dass dafür gibt es viele: z.B. die hohe und dezentrale gereien, Zimmereien und Schreinereien (Schwar- ergibt sich ein Gesamtwirkungsgrad von fast 80%. sie mit einem Partikelabscheider ausgerüstet werden müssen. Diese Nachrüstungen sind zu einem grossen Teil bereits abge- Verfügbarkeit und Flexibilität sowie der techni- ten, Sägemehl, Abschnitte). Altholz ist verarbeite- In der Praxis werden jedoch die 30% Wirkungs- schlossen, sodass der Feinstaub hier kein Thema mehr ist. Bei sche Fortschritt. So sind moderne Holzheizungen tes Holz am Ende seiner Lebensdauer (alte Möbel grad bei der Stromproduktion selten erreicht, weil kleinen Anlagen lässt sich die Problematik durch einen sachge- rechten Betrieb (richtiges Anfeuern) entschärfen. schadstoffarm und erzielen Wirkungsgrade von und Verpackungen, Holz aus Gebäudeabbrüchen sich die Wärme vor allem im Sommer kaum nut-
Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz 24 | 25 Vorurteil: Wärme und Strom aus Richtig ist: Die Schweiz ist bei der dem Erdreich sind Zukunftsmusik. Nutzung von Erdwärmesonden schon heute Weltmeisterin. Oberflächennahe Geothermie (bis 400 m) Tiefe Geothermie (ab 400 m) In der Erde ist viel Energie gespeichert, die sich jekt Géothermie 2020 neue, innovative Wege. So Stromproduktion auf unterschiedliche Weise erschliessen lässt, werden für die Wärmeversorgung des Quartiers A Hydrothermal (tiefer Aquifer) um effizient und sauber zu heizen und Warm- La Concorde ein Grundwasserspeicher (untiefe B Petrothermal (EGS, SGS) Erdwärme- Erdwärme- Wärmenutzung wasser aufzubereiten. Bei Bedarf lassen sich Geothermie) mit Abwärme aus einer Kehricht- sonde sondenfeld Hydrothermal (tiefer Aquifer) 3 Injektions- und Produktionsbohrungen 4 Wärmetauscher Gebäude auch kühlen, indem Überschusswärme verbrennungsanlage und einem Blockheizkraft- Grundwasser- Energiepfähle 1 Heizzentrale 5 Kraftwerk: OCR Turbine und Generator wärmenutzung und Geostrukturen im Untergrund gespeichert wird. Tiefengeother- werk kombiniert. Da nicht überall Tiefenwas- 2 Fernwärmenetz 6 Kühlturm 7 Fernwärmenetz mieanlagen produzieren zusätzlich Strom. ser im Untergrund vorkommt, wird weltweit an petrothermalen Systemen gearbeitet, die Wasser 6 Schweiz ist Weltmeisterin ins tiefe Felsgestein pressen. Während es zwi- 2 1 Nirgendwo auf der Welt sind mehr Erdwärme- schen zwei Bohrungen zirkuliert, heizt sich das 2 1 7 4 3 sonden pro Landesfläche installiert als in der Wasser auf. 4 5 3 5 Schweiz! Die Statistik des Verbandes Wärme- pumpen Schweiz zeigt, dass allein 2016 über Tiefengeothermieprojekte in der Schweiz A 18’000 Wärmepumpen installiert wurden. Seit Während im benachbarten Ausland bereits ver- 2008 sind es regelmässig zwischen 18’000 und schiedene geothermische Anlagen neben Wär- B 20’000 Systeme. Im Jahr 2000 waren es erst 7000. me auch Strom produzieren, sind in der Schweiz Kristallines Laut der Statistik der geothermischen Nutzung gegenwärtig noch keine derartigen Anlagen in Grundgebi rge 6 in der Schweiz waren 2016 etwa 100’000 Wärme- Betrieb. Die Energiestrategie des Bundes geht 1 5–20 m, 8–12 °C 4 100–300 m, 10–20 °C 2 100–300 m, 14–20 °C 5 0.4–3 km, 20–100 °C pumpen in Betrieb. Die Anlagen lieferten 2016 davon aus, dass bis 2050 bis zu 7% des Strom- 3 10–60 m, 10–12 °C 6 3–5(–7) km, 100–200 °C zusammen etwa 3.5 TWh Wärme- und Kälte bedarfs der Schweiz aus Geothermie gewonnen Grafik: GEOTHERMIE.CH energie. Dazu kommen die vier in der Schweiz werden könnten. Laut Bundesamt für Energie installierten Grossanlagen in Weggis, Weissbad, waren 2017 rund ein Dutzend Projekte der mit- In der Schweiz nimmt die Temperatur pro 100 m Tiefe im Schnitt um etwa 3 °C zu: In 1000 m Tiefe werden Temperaturen von rund 40 °C und in 3000 m von ca. 100 °C erreicht. Rund 20 – 30 °C benötigen Fischfarmen und Thermalbäder, 40–60 °C brauchen Gewächshäuser, ca. 90 °C Fernwärmenetze. Zürich (Triemli) und Pontresina. Sie lieferten teltiefen und tiefen Geothermie in Entwicklung, Ab 100–120 °C kann neben Wärme auch Strom produziert werden. 2016 knapp 3 GWh Energie. dies in den Kantonen Aargau, Genf, Jura, Luzern, Thurgau und Waadt. Tiefer gehen: Strom und Wärme aus der Erde im Rahmen des Swiss Competence Center for Bern bzw. der lokale Energieversorger ewb mit Neben der Nutzung der oberflächennahen, un- Für Aufsehen haben in der Schweiz bisher vor al- Energy Research (SCCER). Daneben sind auch einem Pilotprojekt auf dem Areal der Energie- tiefen Geothermie mittels Erdwärmesonden sind lem zwei Bohrungen gesorgt. Das Projekt «Deep von den mit der Energiestrategie 2050 beschlos- zentrale Forsthaus begonnen. Die Kehrichtver- in der Schweiz auch mitteltiefe hydrothermale Heat Mining» in Basel wurde 2009 aufgegeben, senen Beiträgen des Bundes für die Erkundung brennungsanlage produziert dort viel Wärme, Systeme etabliert. Sie nutzen tief im Untergrund nachdem 2006 mehrmals die Erde gebebt hatte. des (heute noch relativ schlecht erforschten) Un- die im Winter problemlos genutzt werden kann. strömendes Wasser. In Riehen BS wird seit 1994 Dasselbe passierte 2013 in St. Gallen. Trotzdem tergrundes und von der Risikogarantie Impulse Im Sommer hingegen ist dies nicht der Fall. die Wärme aus einer ca. 1.5 km tiefen wasser- konnten aus beiden Vorhaben wertvolle Erkennt- für die tiefe Geothermie zu erhoffen. Das Projekt «Geospeicher» will die ungenutzte führenden Gesteinsschicht genutzt. In Lavey-les- nisse für die künftige Entwicklung der Technolo- Abwärme aus der Kehrichtverbrennung in den Bains werden die geothermischen Ressourcen gie gewonnen werden. Um das Risiko induzierter «Geospeicher» in Bern Sandsteinschichten auf einer Tiefe von 200 bis im Thermalbad seit Jahrzehnten genutzt. Der Seismik besser zu verstehen, sind in der Schweiz Ein weiterer Nutzen der Geothermie könnte 500 m speichern, sodass diese im Winter wieder Kanton Genf geht mit dem 2014 lancierten Pro- Forschungstätigkeiten im Gang, zum Beispiel künftig die Speicherung sein. 2017 hat die Stadt genutzt werden kann.
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