ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT - OFFENER, EINSTUFIGER PROJEKTWETTBEWERB FÜR ARCHITEKTINNEN UND ARCHITEKTEN JURYBERICHT - Amazon ...
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ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT OFFENER, EINSTUFIGER PROJEKTWETTBEWERB FÜR ARCHITEKTINNEN UND ARCHITEKTEN JURYBERICHT
Impressum Jurybericht Erweiterung und Umbau Kantonsgericht Basel-Landschaft, Liestal Erste Auflage, Januar 2020 Auftraggeberin / Bau- und Umweltschutzdirektion des Kantons Basel-Landschaft Herausgeberin Hochbauamt, Rheinstrasse 29, CH - 4410 Liestal Wettbewerbsbegleitung Blauhut AG, Heinrichstrasse 267, CH - 8005 Zürich Wettbewerbssekretariat Bau- und Umweltschutzdirektion Kanton Basel-Landschaft Zentrale Beschaffungsstelle, Rheinstrasse 29, CH - 4410 Liestal E-Mail: zbs@bl.ch Inhalt und Redaktion Blauhut AG, Gregor Piontek Hochbauamt Basel-Landschaft, Jonas Wirth Modellfotografie Hochbauamt Basel-Landschaft, Thomas Hess Layout Hochbauamt Basel-Landschaft, Thomas Hess, Jonas Wirth Druck Schul- und Büromaterialverwaltung Basel-Landschaft Bezugsquelle Bau- und Umweltschutzdirektion Kanton Basel-Landschaft Hochbauamt Rheinstrasse 29 CH - 4410 Liestal E-Mail: hochbauamt@bl.ch Internet: www.hba.bl.ch
SEITE 3 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL INHALTSVERZEICHNIS Vorwort des Juryvorsitzenden.......................................................................................... 5 Einleitung ......................................................................................................................... 7 Wettbewerbsaufgabe....................................................................................................... 8 Verfahren ....................................................................................................................... 10 Preisgericht..................................................................................................................... 11 Vorprüfung...................................................................................................................... 12 Beurteilung..................................................................................................................... 13 Genehmigung................................................................................................................. 16 Projektverfassende......................................................................................................... 17 Rangierte Projekte.......................................................................................................... 19 SIRO............................................................................................................... 20 A few good rooms.......................................................................................... 28 LIBRA............................................................................................................. 36 FIDELIO.......................................................................................................... 44 THEMIS (1)..................................................................................................... 52 QUATTRO....................................................................................................... 60 Weitere Projekte............................................................................................................. 69
SEITE 5 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL VORWORT DES JURYVORSITZENDEN Für den Kanton Basel-Landschaft ist die seit Jahren anstehende Erweiterung des Kantonsgerichtes ein bedeut- sames Projekt, sowohl aus technischer als auch aus politischer Sicht. Umfangreiche planerische Vorstudien und Abklärungen mit der Stadt Liestal haben letztlich zum Entscheid geführt, das Gericht am bestehenden Standort in Liestal zu belassen. An diesem Ort, an dem im noch jungen Kanton Basel-Landschaft 1854 die Hauptstadt Liestal mit dem Neubau ihres Schulhauses an der prägnanten Geländekante mit Blick zur Altstadt ein selbstbewusstes Zeichen des Aufbruches setzte. Heute ist für die Stadt Liestal einerseits wichtig, dass die Institution Kantons- gericht in Liestal an diesem prominenten Ort bleibt. Andererseits soll in dem Gebiet am Bahnhof, welches städte- baulich weitgehend erneuert oder noch immer im Umbruch ist, ein Stück Heimat im Dialog mit dem benachbarten Kulturhaus Palazzo erhalten bleiben: Angesichts des umfassenden Erneuerungsbedarfs eines Bestandes, der im Zuge bisheriger Umbauten leider an architektonischer Qualität eingebüsst hat, und des erheblichen zusätzlichen Flächenbedarfs des Gerichtes, eine äusserst komplexe Aufgabe. Der offen ausgeschriebene Wettbewerb zeigte, dass zwar durchaus verschiedene Antworten und Haltungen möglich, die Rahmenbedingungen aber äusserst anspruchsvoll sind, was zu einer aussergewöhnlich hohen Zahl an Verstössen führte. Die Jury hat diese intensiv diskutiert, letztlich aber alle Beiträge zur Beurteilung zugelassen und so der Diskussion ausgesetzt, was für den Erkenntnisgewinn und für die Meinungsbildung entscheidend war. Mit dem einstimmig von der Jury ausgewählten Wettbewerbsbeitrag «SIRO» erhalten Kanton und Stadt einen Vorschlag, in welchem die Jury das Potential erkennt, wiederum ein Zeichen des Aufbruches und der Erneuerung zu werden, ohne dabei die Geschichte des Ortes zu verdrängen. Ein grosses Versprechen an die Auslober und ein hoher Anspruch an die weitere Projektentwicklung. Vor kurzem wurde in der Schweizerischen Bauzeitung TEC21 wieder einmal die Diskussion über Wirtschaftlichkeit, Sinnhaftigkeit und Fairness des in der Schweiz etablierten Wettbewerbswesens lanciert. Aus Sicht Auslober ist fest- zuhalten, dass sorgfältig vorbereitete und von verantwortungsbewussten Fachpersonen begleitete und durchgeführte Architekturwettbewerbe entscheidend zur Verbesserung der Baukultur beitragen. Durch das Einbinden der Sachjuroren werden auch komplexe Bauvorhaben breit abgestützt und bei den Beteiligten verankert. Dies gelingt, wenn sich die im Beurteilungsgremium Einsitz nehmenden Fachjuroren und Sachjuroren mit ihren jeweiligen Anliegen einbringen können, die Anliegen der anderen Beteiligten aufnehmen und sich damit auseinandersetzen. Das Niveau der eingereichten Arbeiten war sehr hoch und die Auseinandersetzung mit den Arbeiten im Rahmen des Beurteilungsgremiums geprägt von einer respekt- und verantwortungsvollen Ernsthaftigkeit, im Wissen um die Bedeutung der Aufgabe und des Aufwandes, den die Planungsteams jeweils betreiben. Allen Beteiligten möchte ich meinen Dank aussprechen. Vor allem möchte ich den Architektur- und Planungsteams danken, welche viel Zeit und Herzblut investiert, und so dem Beurteilungsgremium mit ihren Beiträgen die Gelegenheit geboten haben, eine grosse Bandbreite von Ideen und Konzepten zu diskutieren und letztlich das Siegerprojekt auszuwählen. Marco Frigerio Kantonsarchitekt
SEITE 7 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL EINLEITUNG Das Kantonsgerichtsgebäude am Bahnhofplatz 16 in Liestal vermag die Anforderungen an einen zeitgemässen Gerichtsbetrieb nicht erfüllen: Aufgrund der ungünstigen und verschachtelten räumlichen Disposition kann der Publikumsverkehr nur mit aufwändigen betrieblichen Massnahmen und entsprechendem Sicherheitsdispositiv vom internen Gerichtsbetrieb getrennt werden. Die Kapazitätsgrenze ist erreicht und das nordseitig angebaute Provisorium muss mittelfristig zurückgebaut werden, wodurch eine Erweiterung notwendig wird, die den Raum- bedarf auch längerfristig decken soll. Dabei sind umfangreiche Instandsetzungen und Massnahmen zur Erdbeben- ertüchtigung des Bestands notwendig. Dem 1854 als Schulhaus der Stadt Liestal errichteten, 1919 durch den Kanton übernommenen und zum Gerichts- gebäude umgebauten Bau, kommt in seiner städtebaulichen Lage eine besondere Stellung zu: Am Rande des sich in grösseren Transformationsprozessen befindenden Bahnhofgebiets, liegt es an exponierter Lage gegen- über der Altstadt von Liestal. Als repräsentativer Bau der obersten Instanz der kantonalen Rechtsprechung, steht er in sinniger Sichtbeziehung zum ebenbürtig gegenüberliegenden Regierungsgebäude, welches als markanter Riegel die Altstadt gegen Norden abschliesst. Das Gebäude ist im Inventar Schützenswerter Ortsbilder der Schweiz (ISOS) als A-Objekt eingetragen und kommunal geschützt. Ein eingeholtes bauhistorisches Gutachten attestiert dem Gerichtsgebäude darüber hinaus eine hohe Schutzwürdigkeit. Um die Umsetzung des Bedarfs am bestehenden Standort zu ermöglichen, wurden zusammen mit der Stadt Liestal und der kantonalen Denkmalpflege im Rahmen einer Vorstudie verschiedene Lösungen diskutiert. Gemeinsam ist man zum Schluss gekommen, dass nur ein Umbau des Bestands mit nord- seitiger Erweiterung möglich ist und gegenüber dem Bahnhofplatz die repräsentative Wirkung des Gerichts- gebäudes von 1919 wiederhergestellt werden soll. Im durchgeführten offenen, einstufigen Wettbewerb konnte mit dem Projekt «SIRO» von Notaton AG aus Chur ein betrieblich überzeugendes Projekt evaluiert werden, welches durch seine städtebauliche Setzung besticht, die im dichten Umfeld viel Raum freispielt. Dabei gelingt es dem Beitrag einen Ausdruck zu finden, der dem Repräsentationsanspruch und der Würde des Kantonsgerichts Basel-Landschaft in seiner besonderen städtebaulichen Lage angemessen ist.
SEITE 8 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL WETTBEWERBSAUFGABE Ziel des Wettbewerbs war die Erlangung architektonisch herausragender Projektvorschläge, welche die betrieb- lichen Bedürfnisse und Anforderungen an ein zeitgemässes Gerichtsgebäude optimal erfüllen und denen es gleichzeitig gelingt, einen Ausdruck zu finden, der dem Repräsentationsanspruch und der Würde des Kantons- gerichts Basel-Landschaft in seiner besonderen städtebaulichen Lage angemessen ist: Als freistehendes Objekt soll das Gerichtsgebäude allseitig eine entsprechende Wirkung entfalten können, wobei im Gegen- über zum Kulturhaus Palazzo die repräsentative Wirkung des Gerichtsgebäudes von 1919 wiederhergestellt werden soll. Der Projektperimeter umfasst die heutige Liegenschaft 908 sowie ein Teil der Liegenschaft 918. Im erweiterten Betrachtungsperimeter wurden konzeptionelle Lösungsvorschläge erwartet, wie der Raum zwischen Kantons- gericht und der Bebauung «Lüdin-Areal» sowie die Hangkante zum Orisbach hin gestaltet werden könnte, wobei das gesamte Programm für den Umbau und die Erweiterung des Kantonsgerichts innerhalb des Projekt- perimeters sicherzustellen war. Neben öffentlichen Wegrechten waren Abstände mit Näherbaurechten und Baulinien zu berücksichtigen. Das Raumprogramm differenziert zwischen einem internen Bereich der Gerichte und einem Zentralbereich mit Publikumsverkehr. Der interne Bereich umfasst die Arbeitsplätze des Kantonsgerichts mit vier Abteilungen sowie die Arbeitsplätze der Gerichtsverwaltung. Der Zentralbereich mit Publikumsverkehr beinhaltet die Gerichtssäle mit den erforderlichen Funktionen und Nebenräumen, welche für die in der Regel öffentlich zugänglichen Gerichtsver- handlungen notwendig sind. Übersicht Projektperimeter und umliegende Planungen
SEITE 9 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL Der Gerichtsbetrieb stellt spezifische Anforderungen an die Funktionalität und die Sicherheit: Öffentlich zugäng- liche Bereiche, Besucherbereich, Arbeitsplätze und polizeiliche Zuführung sind konsequent voneinander zu trennen. Die Qualität des Gerichtsbetriebs ist dabei abhängig von einem möglichst effizienten Zusammen- wirken der unterschiedlichen funktionalen Einheiten, was durch kurze Wege begünstigt wird. Eine zeitgemässe Ausstattung sowie eine Struktur, die fähig ist, künftige betriebliche Entwicklungen aufzunehmen, wurden voraus- gesetzt. Die Baustruktur des Bestandsgebäudes hat eine sinnvolle und nachvollziehbare Logik und soll möglichst erhalten bleiben. Es wurden Projektvorschläge erwartet, deren strukturelle und konstruktive Konzeption auf eine lange Nutzungsdauer und -flexibilität ausgelegt sind. Die Auftraggeberin versteht unter Nachhaltigkeit die Gesamtheit ökologischer, ökonomischer und sozialer Verantwortung in Bezug auf den Ressourceneinsatz bei der Erstellung, Bewirtschaftung und Nutzung eines Gebäudes. Erwartet wurden vorbildliche Projektvorschläge, die mit der architektonischen Konzeption Fragen der Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bewältigen können. Gerichtsgebäude vom Bahnhofplatz um 1919
SEITE 10 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL VERFAHREN Gestützt auf § 20 des kantonalen Gesetzes über öffentliche Beschaffungen wurde ein offener Projektwettbewerb in einem einstufigen, anonymen Verfahren durchgeführt. Die Ordnung SIA 142 für Architektur- und Ingenieur- wettbewerbe, Ausgabe 2009, galt subsidiär zu den Bestimmungen über das öffentliche Beschaffungswesen. Ziel des Verfahrens war die Erlangung eines, den Anforderungen entsprechenden Projektvorschlags und damit die Bestimmung einer geeigneten Architektin oder eines geeigneten Architekten zur Bildung eines Generalplanerteams für die Planung und Realisierung des Projekts «Erweiterung und Umbau Kantonsgericht Basel-Landschaft, Liestal». Das Verfahren wurde ordnungsgemäss am 6. Juni 2019 im Amtsblatt des Kantons Basel-Landschaft und auf der Webplattform simap.ch publiziert. Bis am Donnerstag, 17. Oktober 2019, 16.00 Uhr sind beim Wettbewerbs- sekretariat 37 Wettbewerbsbeiträge eingegangen. Sämtliche Modelle zu den 37 Wettbewerbsbeiträgen wurden am 7. November 2019 fristgerecht abgegeben. Liste der 37 eingereichten Wettbewerbsbeiträgen mit unsystematisch vergebener Kontrollnummer: 1 IMMER WEITER WEITER BAUEN 20 MANI PULITE 2 Serpentine 21 Intarsia 3 BALTHASAR 22 DIKE (1) 4 Friedrich 23 Kaizen 5 Golfstrom 24 CASTOR UND PULLUX 6 PARAGRAPHUS 25 CODE 7 sacco & vanzetti 26 THEMIS (2) 8 Zarathustra 27 DIKE (2) 9 Krock & Co. 28 A few good rooms 10 FIDELIO 29 HUEFYSE 11 JOSEPH K. 30 WYNTON 12 STILLER 31 HELIAIA 13 THEMIS (1) 32 LIBRA 14 C’est juste 33 SUMMERHOLDEN 15 KAPLA 34 Dike (3) 16 POSAMENTE 35 Poussin 17 RES PUBLICA 36 QUATTRO 18 TRIBUNALIESTAL 37 EDWIN 19 SIRO
SEITE 11 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL PREISGERICHT Fachpreisgericht Marco Frigerio Kantonsarchitekt BL (Vorsitz) Urs Egg Architekt, Zürich Luca Selva Architekt, Basel Astrid Staufer Architektin, Frauenfeld Anna Suter Architektin, Bern Marco Fabrizi Stellvertretender Kantonsarchitekt BL Jonas Wirth Architekt, Hochbauamt BL (Ersatz) Sachpreisgericht Roland Hofmann Kantonsgerichtspräsident BL Isaac Reber Regierungspräsident BL Franz Kaufmann Stadtrat Liestal Enrico Rosa Kantonsgerichtsvizepräsident BL und Präsident der Abteilung Strafrecht Martin Leber Gerichtsverwalter BL (Ersatz) Heinz Plattner Abteilungsleiter Planung, Stadt Liestal (Ersatz) Experten, nicht stimmberechtigt Denkmalpflege Walter Niederberger, Kantonale Denkmalpflege BL Baukosten Roman Weder, PBK AG, Basel Statik Dominik Weiss, Ulaga Partner AG, Basel Brandschutz Reinhard Wiederkehr, Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See Verkehr / Parkierung Markus Hofstetter, KONTEXTPLAN AG, Bern Lüdin-Areal Oliver Tschudin, Planar AG, Zürich
SEITE 12 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL VORPRÜFUNG Einfache Vorprüfung Sämtliche 37 Beiträge wurden durch die Wettbewerbsbegleitung einer formellen und einer inhaltlichen Vorprüfung unterzogen. Die formelle Vorprüfung umfasste die Einhaltung der Vorgaben bezüglich Anonymität sowie die Prüfung der Vollständigkeit und Lesbarkeit der Beiträge. Neben der Prüfung der Kohärenz zwischen Plan, Modell und Schrift wurden sämtliche Beiträge inhaltlich auf die einschlägigen baurechtlichen Bestimmungen sowie die Einhaltung der wesentlichen Anforderungen an das Programm und die Funktionalität geprüft. Die fomelle Vorprüfung kam zum Schluss, dass sämtliche Wettbewerbsbeiträge die Anforderungen erfüllen und zur Beurteilung zugelassen werden können. Bei der inhaltlichen Vorprüfung stellte die Wettbewerbsbegleitung bei folgenden 17 Wettbewerbsbeiträgen Verstösse fest: 1 IMMER WEITER WEITER BAUEN 18 TRIBUNALIESTAL 3 BALTHASAR 21 Intarsia 6 PARAGRAPHUS 25 CODE 7 sacco & vanzetti 28 A few good rooms 9 Krock & Co. 29 HUEFYSE 10 FIDELIO 31 HELIAIA 14 C’est juste 33 SUMMERHOLDEN 16 POSAMENTE 36 QUATTRO 17 RES PUBLICA Vertiefte Vorprüfung Die nach dem ersten Jurytag verbliebenen 8 Projekte wurden einer vertieften Vorprüfung unterzogen. Neben der vertieften Untersuchung funktionaler Aspekte und einer Einschätzung zur Nachhaltigkeit wurden die Projekte durch die Experten des Preisgerichts bezüglich Brandschutz, Statik und Verkehr (Parkierung) näher geprüft. Zudem wurden die Kosten geschätzt.
SEITE 13 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL BEURTEILUNG Das Preisgericht trat am 22. November 2019 zum ersten und am 13. Dezember 2019 zum zweiten Jurytermin zusammen. Zu Beginn des ersten Jurytags wird dem Preigericht das Ergebnis der Vorprüfung präsentiert. Aufgrund der formellen Vorprüfung beschliesst das Preisgericht, sämtliche Beiträge zur Beurteilung zuzulassen. Die mit der inhaltlichen Vorprüfung festgestellten Verstösse werden durch das Preisgericht eingehend diskutiert. Bei folgenden 9 Projekten werden die Verstösse als geringfügig beurteilt, womit die Beiträge zur Preiserteilung zugelassen werden: 1 IMMER WEITER WEITER BAUEN 14 C’est juste 6 PARAGRAPHUS 28 A few good rooms 7 sacco & vanzetti 31 HELIAIA 9 Krock & Co. 36 QUATTRO 10 FIDELIO Folgende 8 Projekte werden nach eingehender Diskussion aufgrund wesentlicher Verstösse durch das Preis- gericht von einer Preiserteilung ausgeschlossen: 3 BALTHASAR Verstoss der Abstandsvorschriften sowie Verletzung des Wegrechts 16 POSAMENTE Verstoss der Abstandsvorschriften 17 RES PUBLICA Überschreitung des Projektperimeters sowie Verletzung des Wegrechts 18 TRIBUNALIESTAL Verstoss der Abstandsvorschriften sowie Verletzung des Wegrechts 21 Intarsia Verstoss der Abstandsvorschriften 25 CODE Verstoss der Abstandsvorschriften 29 HUEFYSE Verletzung des Wegrechts 33 SUMMERHOLDEN Verletzung des Wegrechts Nachdem das Preisgericht das Ergebnis der Vorprüfung zur Kenntnis genommen hat, begutachten und diskutieren vier Gruppen, paritätisch zusammengesetzt aus Mitgliederinnen und Mitgliedern des Fach- und Sachpreis- gerichtes, jeweils sämtliche 37 Wettbewerbsbeiträge. Dabei vergeben die Gruppen 7 - 9 Stimmen an diejenigen Wettbewerbsbeiträge, die aus Sicht der jeweiligen Gruppe gemäss den im Wettbewerbsprogramm genannten Beurteilungskriterien Städtebau und Architektur, Umgang mit dem Bestand, Funktionalität und Nutzung, Kons- truktion und Materialisierung sowie Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit am besten zu überzeugen vermögen. Im Anschluss wird eine Einteilung in Wertungsrundgänge aufgrund der Auswertung der vergebenen Stimmen und der Diskussion im Plenum vorgenommen.
SEITE 14 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL Im ersten Wertungsrundgang scheiden folgende 17 Projekte aus: 4 Friedrich 23 Kaizen 5 Golfstrom 25 CODE 6 PARAGRAPHUS 26 THEMIS (2) 7 sacco & vanzetti 29 HUEFYSE 11 JOSEPH K. 30 WYNTON 14 C’est juste 33 SUMMERHOLDEN 17 RES PUBLICA 34 Dike (3) 18 TRIBUNALIESTAL 35 Poussin 21 Intarsia Im zweiten Wertungsrundgang scheiden folgende 10 Projekte aus: 2 Serpentine 15 KAPLA 3 BALTHASAR 16 POSAMENTE 8 Zarathustra 20 MANI PULITE 9 Krock & Co. 27 DIKE (2) 12 STILLER 37 EDWIN Ein Rückkommensantrag nach Abschluss des zweiten Wertungsrundgangs für das Projekt 9 «Krock & Co.» wird abgeleht, womit das Projekt als im zweiten Wertungsrundgang ausgeschieden verbleibt. Nach Diskussion der verbleibenden 10 Projekte entscheidet das Preisgericht die Projekte 1 «IMMER WEITER WEITER BAUEN» und 31 «HELIAIA» im dritten Wertungsrundgang auszuscheiden, womit 8 Projekte zur vertieften Vorprüfung verbleiben. Zum Abschluss des ersten Jurytags werden sämtliche Projekte in einem Kontrollrund- gang nochmals begutachtet. Zu Beginn des zweiten Jurytags nimmt das Preisgericht die vertiefte Vorprüfung zur Kenntnis. Nach Lesung der zu den verbliebenen Projekten verfassten Würdigungen, wird der dritte Wertungsrundgang fortgesetzt. Im dritten Wertungsrundgang scheiden folgende 4 Projekte aus: 1 IMMER WEITER WEITER BAUEN 24 CASTOR UND PULLUX 22 DIKE (1) 31 HELIAIA
SEITE 15 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL In der engeren Wahl verbleiben nach Abschluss des dritten Wertungsrundgangs folgende 6 Projekte: 10 FIDELIO 28 A few good rooms 13 THEMIS (1) 32 LIBRA 19 SIRO 36 QUATTRO Wettbewerbsentscheid Nach intensiver Diskussion der Projekte der engeren Wahl entscheidet das Preisgericht einstimmig das Projekt 19 «SIRO» in den ersten Rang zu setzen. Das Projekt vermag in der Gesamtbeurteilung am besten zu über- zeugen, insbesondere aus betrieblicher und funktionaler, aber auch aus städtebaulicher und architektonischer Sicht. Nach Rangierung und Preiserteilung werden im abschliessenden Kontrollrundgang sämtliche 37 Beiträge noch- mals begutachtet. Ein Antrag, dass Projekt 33 «SUMMERHOLDEN» vom ersten Wertungsrundgang in den zweiten Wertungsrundgang zu stellen, wird abgelehnt. Rangierung Für 4-7 Preise und Ankäufe im Rahmen des Projektwettbewerbs stand dem Preisgericht eine Gesamtpreis- summe von CHF 200‘000.- (exkl. MwSt.) zur Verfügung: 1. Rang / 1. Preis 19 SIRO CHF 80’000.- 2. Rang / 2. Preis 28 A few good rooms CHF 50’000.- 3. Rang / 3. Preis 32 LIBRA CHF 25’000.- 4. Rang / 4. Preis 10 FIDELIO CHF 20’000.- 5. Rang / 5. Preis 13 THEMIS (1) CHF 15’000.- 6. Rang / 6. Preis 36 QUATTRO CHF 10’000.- Empfehlung Das Preisgericht empfiehlt der Auftraggeberin einstimmig das Projekt 19 «SIRO» im ersten Rang zur Weiter- bearbeitung. Um das Projekt entsprechend den Anforderungen weiter zu entwickeln, wird der Auftraggeberin empfohlen, das Preisgericht im Rahmen einer Bereinigung des Projekts im Dialog mit den Verfassenden beratend beizuziehen.
SEITE 16 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL GENEHMIGUNG Muttenz, 13. Dezember 2019, das Preisgericht: Marco Frigerio................................................................................................................................... Urs Egg............................................................................................................................................. Luca Selva........................................................................................................................................ Astrid Staufer.................................................................................................................................... Anna Suter........................................................................................................................................ Marco Fabrizi.................................................................................................................................... Jonas Wirth....................................................................................................................................... Roland Hofmann............................................................................................................................... Isaac Reber....................................................................................................................................... Franz Kaufmann................................................................................................................................ Enrico Rosa....................................................................................................................................... Martin Leber..................................................................................................................................... Heinz Plattner...................................................................................................................................
SEITE 17 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL PROJEKTVERFASSENDE Nach Abschluss der Beurteilung und Genehmigung des Ergebnisses wurden die verschlossenen Verfassercouverts geöffnet und folgende Projektverfassende der rangierten und mit Preisen ausgezeichneten Projekte ermittelt: 1. Rang / 1. Preis 19 SIRO Empfehlung zur Weiterbearbeitung Architektur: Notaton Haldenweg 12, 7000 Chur 2. Rang / 2. Preis 28 A few good rooms Architektur: Schmid Schärer Architekten ETH SIA Sihlfeldstrasse 1, 8003 Zürich Landschaftsarchitektur: Skala Landschaft Raum Gmbh, Zürich Bauingenieur: SEFORB Ingenieurbüro für Hochbauten, Uster HLKS: G+T Ingenieure GmbH, Winterthur 3. Rang / 3. Preis 32 LIBRA Architektur: ARGE Stähelin Partner Architekten, Basel & Schwob Sutter Architekten, Liestal Sperrstrasse 44, 4057 Basel Landschaftsarchitektur: Chaves Biedermann GmbH, Solothurn / Stähelin Partner Architekten, Basel Statik: WMM Ingenieure AG, Münchenstein Elektro und Sicherheit: Pro Engineering Basel AG, Basel Brandschutz: Quantum Brandschutz GmbH, Basel 4. Rang / 4. Preis 10 FIDELIO Architektur: ffbk Architekten AG Oslo-Strasse 2, 4142 Münchenstein Visualisierung: Nightnurse Images GmbH, Zürich 5. Rang / 5. Preis 13 THEMIS (1) Architektur: Herzog Architekten Binzstrasse 23, 8045 Zürich 6. Rang / 6. Preis 36 QUATTRO Architektur: Demuth Hagenmüller & Lamprecht Architekten GmbH Flössergasse 15, 8001 Zürich Bauingenieur: Synaxis AG, Zürich Nachhaltigkeit: Durable Planung und Beratung GmbH, Zürich Landschaft: Johannes von Pechmann Landschaftsarchitekt BSLA SIA, Zürich
SEITE 19 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL RANGIERTE PROJEKTE 19 SIRO 28 A few good rooms 32 LIBRA 10 FIDELIO 13 THEMIS (1) 36 QUATTRO
SEITE 20 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL SIRO 1. Rang / 1. Preis CHF 80‘000.– Empfehlung zur Weiterbearbeitung Architektur: Notaton Haldenweg 12, 7000 Chur lrene Duelli, Aldo Duelli Das Projekt «SIRO» ist auf einer klugen Interpretation des Ortes und der Aufgabe aufgebaut. Zunächst besetzt das Projekt einen geringen Fussabdruck und lässt den Aussenräumen genügend Spielraum, indem der Perimeter nur teilweise in Anspruch genommen wird. Vor allem zeigt sich die über Eck gestellt quadratische Erweiterung als glaubwürdige Setzung in Bezug auf den Bestand. Der Bestand bleibt als Ganzes spürbar, während der ausgedrehte Baukörper des Erweiterungsbaues präzise und interessante Bezüge über den Orisbach zum Regierungsgebäude, aber auch zur neuen Bahnhofsbebauung aufbaut. Der solitäre Charakter des Gerichtsgebäudes, als neues Ensemble aus Bestand und Erweiterung, wird gestärkt und der Raum zum benachbarten Lüdin-Areal entspannt. Dabei bleibt auch die prägende Hangkante zum Orisbach hin erlebbar. Die bewusst differenzierte Materialisie- rung des Erweiterungsbaus als monolithischer Baukörper ist denkbar und stärkt die Projektidee. Als Folge des kleinen Fussabdruckes wird eine Anordnung der Gerichtssäle auf zwei Geschossen – respek- tive mit dem Reservegerichtssaal im Sockelgeschoss – auf drei Geschossen vorgeschlagen. Die vertikalen Erschliessungen sind sowohl für die Öffentlichkeit als auch die Mitarbeitenden je in Rotunden angelegt, die mit adäquatem Gestus die jeweiligen Nutzerinnen und Nutzer in die verschiedenen Obergeschosse – respektive in das Sockelgeschoss führen. Die vordergründig betrieblich aufwändig erscheinende Stapelung der Gerichts- säle überrascht mit einer guten Funktionalität: Die zentral gelegene interne Erschliessung schafft kurze Wege und ermöglicht eine effiziente Organisation des Gerichtsbetriebs. Die Organisation des internen Bereichs mit den Arbeitsplätzen und Abteilungen ist schematisch dargestellt, lässt jedoch unterschiedliche Möglichkeiten zur Organisation des internen Bereichs zu. Die Verfassenden entwickelten das Projekt aus dem Raum heraus, bemerkbar wird dies bei der Ausgestaltung der Gerichtssäle im Zusammenspiel mit den dahinterliegenden Raumschichten oder dem Publikumswarte- bereich mit Blick über den Orisbach zur Altstadt Liestals. Die Gerichtssäle sind über hochliegende dreiseitige Verglasungen natürlich belichtet. Allerdings ist die Anmutung der Gerichtssäle mit der informell wirkenden Bestuhlung im Verständnis der Nutzerinnen und Nutzer noch nicht befriedigend. Hier müsste das durchaus vorhandene Optimierungspotenzial aktiviert werden.
SEITE 21 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL Der Bestand wird im Süden auf den Stand von 1875 rückgebaut, was zu einer selbstverständlichen, der Würde des Kantonsgerichts entsprechenden Volumetrie führt. Der Altbau wird unter erheblichen Eingriffen dem geforderten Programm angepasst. Sowohl der Einschub des Anbaues als auch die Entfernung der Treppen des Altbaus bedeuten starke Eingriffe in den Bestand, was für das geschützte Gebäude kritisch ist. Die Jury wünscht sich hierbei einen behutsameren Umgang mit dem Baudenkmal und empfiehlt diesen in der Weiter- bearbeitung zu bearbeiten. Gelobt hingegen wird die bemerkenswerte Aufwertung des Ortsbildes. Im Querver- gleich ist das Projekt flächeneffizient, das Programm wird mit einem verhältnismässig kleinen Volumen abgebildet, auch Gebäudehülle und Öffnungsanteile sind günstig, wobei allerdings die aufwändige zweigeschossige Unterkellerung der übrigen Effizienz des Projekts entgegensteht. Die vorliegende Projektstrategie führt zu einer überzeugenden städtebaulichen Lösung, die sich mehrschichtig lesen lässt und auch im Volumenmodell überzeugt. Auf der Basis dieser starken Setzung entwickelt das Projekt eine beeindruckende architektonische Identität, die konsequent und mit grossem Talent umgesetzt ist. Die Innenwelt ist reich, die Materialisierung des Baukörpers glaubhaft. Den Verfassenden gelingt es mit erstaunlich leichter Hand, das Haus mit seiner wechselvollen Geschichte überzeugend in eine neue Epoche zu tragen. Modellansicht von Nordosten
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SEITE 28 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL A FEW GOOD ROOMS 2. Rang / 2. Preis CHF 50‘000.– Architektur: Schmid Schärer Architekten ETH SIA Sihlfeldstrasse 1, 8003 Zürich Patrick Schmid, Roger Schärer, Remo Baumgartner, Simon Kunzler Landschaftsarchitektur: Skala Landschaft Raum GmbH, Zürich Bauingenieur: SEFORB Ingenieurbüro für Hochbauten, Uster HLKS: G+T Ingenieure GmbH, Winterthur Mit der Befreiung der Erweiterungen aus den 70er Jahren erlangt der Altbau seine ursprüngliche architektonische und räumliche Qualität zurück. Zusammen mit dem nördlichen Erweiterungsbau entsteht ein neues kräftiges Volumen an der Schlüsselstelle zwischen Bahnhofplatz mit seinen prägnanten Solitärbauten und der angestrebten städtebaulichen Entwicklung auf dem Areal Lüdin, als Gegenüber zur Altstadt Liestals und dem Regierungs- gebäude. Als Solitärbau definiert das Gerichtsgebäude zusammen mit dem Palazzo den östlichen Bahnhofs- und Postplatz und bildet gleichzeitig im Norden zusammen mit den Bauten im Lüdin-Areal einen neuen Gassen- und Platzraum aus. Durch die Positionierung des öffentlichen Zugangs nach Süden auf den Bahnhofsplatz und des Zugangs für die Mitarbeitenden nach Norden über den Gerichtsplatz, geben die Verfassenden diesen Platz- räumen Präsenz und Bedeutung. Dabei werden die Fassaden zu gewichteten Hauptfassaden aufgewertet: Es gibt kein Vorne und Hinten mehr. Der Entwurf ist von einer klaren Trennung der Funktionen in der Vertikalen und einer einfachen Wegführung und Zonierung in einen öffentlichen Bereich, den Publikumsbereich mit den Gerichtsälen und den geschützten internen Bereich geprägt. Die Bereiche sind durch die Positionierung der beiden, mit Oblichtern ausgeleuchteten Gerichts- sälen auf selbstverständliche Weise zoniert. Vom Haupteingang her führt der Weg an der Porte vorbei in den Wartebereich, der als Verteilerraum in der Schnittfigur durch einen der Dramaturgie und Belichtung geschuldeten Deckendurchbruch überhöht wird. Die beiden Obergeschosse werden jeweils durch zwei Gerichtsabteilungen besetzt, wobei die einfache Erschliessung in der Horizontalen und Vertikalen eine flexible Zuordnung der Flächen ermöglicht. Mit verschiedenen Massnahmen, wie das Zurückweichen der Fassadenflucht oder einer tieferen Setzung der Traufe beim Anbau, sind die Verfassenden bestrebt, ein respektvolles Zusammenfügen des Neuen mit dem Alten zu erreichen. Dabei soll ein neues untrennbares Ganzes entstehen, was sich im Grundriss gut ablesen lässt. Im Einsatz der architektonischen Elemente wird ein dialogisches Verhältnis der Teile zueinander angestrebt, in dem Elemente übernommen, andere aber bewusst «konterkariert» werden: So versteht sich der hölzerne Attikaaufbau der Erweiterung als Interpretation des mächtigen Dachstuhls im Altbau, welcher
SEITE 29 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL ohne Nutzungen weiterhin als kalter Estrich erhalten bleibt. Das primäre Tragsystem des Altbaus wird weit- gehend beibehalten. Die teilweise erheblichen Eingriffe in den Bestand, wie das Durchbrechen der Decken, der Neubau der südlichen Treppenhäuser oder die Eingriffe im Untergeschoss werden hinterfragt, insbesondere aus denkmalpflegerischer Sicht. «A few good rooms» stellt ein sorgfältig durchgearbeiteter Projektbeitrag dar, der sich insbesondere durch seine pragmatische und übersichtliche Organisation der Funktionen auszeichnet. Die Proportionierung und die sorg- fältige Gliederung der Aussenräume führt zu einer Aufwertung und Klärung an diesem städtebaulich anspruchs- vollen Ort und schafft es als Scharnier die erwünschten Verbindungen und Beziehungen im Stadtgefüge herzustellen. Der Einsatz der architektonischen Mittel, welche die Verfasser als Konterkarieren der Teile und Themen verstehen, wäre zu überprüfen. Modellansicht von Nordosten
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SEITE 36 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL LIBRA 3. Rang / 3. Preis CHF 25‘000.– Architektur: ARGE Stähelin Partner Architekten, Basel & Schwob Sutter Architekten, Liestal Sperrstrasse 44, 4057 Basel Nuno Silva, Sara Carvalho, Silvia Capello, Piero Graziani, Christoph Sutter Landschaftsarchitektur: Chaves Biedermann GmbH Solothurn / Stähelin Partner Architekten, Basel Statik: WMM Ingenieure AG, Münchenstein Elektro und Sicherheit: Pro Engineering Basel AG, Basel Brandschutz: Quantum Brandschutz GmbH, Basel Das Projekt zeigt auf den unterschiedlichsten Ebenen eine überraschende Einfachheit im Umgang mit der Aufgabenstellung, die sich nicht nur in den sorgfältigen Plandarstellungen manifestiert, sondern auch die textlichen Erläuterungen prägt. In Erinnerung an das Bild des ehemaligen «Schulpalastes» wird das heutige Gerichtsgebäude in ein neues Ganzes transformiert. Die Eingangsfassade wird – wenn auch mit etwas viel Masse und einem eher «domestizierten» Ausdruck – als Hauptfront zum südlichen Bahnhofplatz gestärkt, während auf der kleinformatigen Nordseite ein massstäblich begrenzter Platzraum entsteht. Zentrales Element des Entwurfs ist aber ein «kontem- plativer» Hof, der als Aussenraum gleichsam das Herz der neuen Gesamtanlage bildet und allseitig auf diese ausstrahlt. Während dieser Hofraum in den Obergeschossen durch Büronutzungen in den beiden fortgesetzten Seiten- flügeln gefasst wird, fungiert er im Erdgeschoss als die Öffentlichkeit zentrierende und repräsentative Mitte: Die Eingänge der beiden grossen und des kleinen Gerichtssaals sind auf würdevolle Weise auf ihn ausgerichtet, dem Foyerbereich im Altbau spendet er das angemessene Licht und den Büroräumlichkeiten des Bestandes die Weit- sicht über den niedrigen Quertrakt hinweg. Durch die Introvertiertheit der Figur gelingt es auch, Büroräume im Dachgeschoss des Altbaus unterzubringen und die dafür erforderlichen Dachflächenfenster vollumfänglich nach innen zu kehren. In funktionaler Hinsicht werden trotz schlüssiger Grunddisposition das Fehlen eines direkten Weibelzuganges zum internen Bereich, die Nähe des Mitarbeiterzuganges zum Haupteingang sowie die strukturell bedingt eher geringe Breite und Höhe der Gerichtssäle bemängelt. Auf technischer Ebene ist das Projekt bereits solide durchgearbeitet. Die Stringenz der Setzungen widerspiegelt sich in einer überdurchschnittlich guten Wirtschaftlichkeit, während die vergleichsweise geringe Kompaktheit zu etwas schlechteren Nachhaltigkeitswerten führt. Hinsichtlich seines Ausdrucks nährt sich der Erweiterungsbau an den Themen des Bestandes und macht die Naht- stellen zwischen Alt und Neu zum Thema: Befensterung und Rustikasockel werden mit plastischen Mitteln neu interpretiert und ausdrucksmässig differenziert. Hinsichtlich der Ausformulierung des eingeschossigen Gebäude-
SEITE 37 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL traktes drängen sich allerdings noch ungeklärte Fragen auf: Durch den Rücksprung im Grundriss wird nach aussen zwar eine Differenzierung zu den ihn flankierenden Flügeln angedeutet, in vertikaler Richtung fehlt ihm als freigespielter Sockel aber das notwenige «Gewicht». Auch ist nicht plausibel, weshalb die gleiche Fenster- typologie sowohl die seitlich an die Fassade tretenden Gerichtssäle als auch die nordseitig angrenzende Korridor- zone säumt. Zur Aufsicht auf die prägnante Dachfläche des Nordtraktes fehlen in den Darstellungen Hinweise betreffend der Durchgestaltung der sogenannten «fünften Fassade», die aus den hofseitigen Innenräumen heraus von zentraler Bedeutung ist. Insgesamt liegen die Stärken dieses Projektes in einer ebenso rationalen wie rationellen Anordnung der Nutzungs- einheiten, die über die befreite Mitte – im Kontrast zur kompakten Bestandesanlage – eine grosse Würde und Poesie entfalten könnte. Hinsichtlich der Durchgestaltung ist das Projekt zwar von tragfähigen Gedanken zum Verhältnis von Bestand und Erweiterung und einem verheissungsvollen «Weiterbauen» geprägt, kann in seiner architektonischen Durchgestaltung und aufgrund einiger funktionaler Mängel aber nicht umfassend über- zeugen. An entscheidenden Stellen wird das konzeptionelle und ausdrucksmässige Potential nicht ausgeschöpft, was zu einem streckenweise etwas schematischen und dadurch zu einem allzu verhaltenen Gesamtein- druck führt. Modellansicht von Nordosten
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SEITE 44 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL FIDELIO 4. Rang / 4. Preis CHF 20‘000.– Architektur: ffbk Architekten AG Oslo-Strasse 2, 4142 Münchenstein Gerard Jansen, Alexander Furter, Marilyn Brühlmann, Giuseppe Castellaneta, Emilia lonici, Marta Kossakowska Visualisierung: Nightnurse Images GmbH, Zürich Das Projekt «FIDELIO» verfolgt die Strategie das Bestandsgebäude auf den Stand von 1919 zurückzuführen und in Folge das purifizierte Gebäudevolumen mit einem Anbau in vergleichbarem Duktus zu erweitern. Diese städtebaulich durchaus nachvollziehbare Haltung führt dank einer klaren Volumetrie zu einer kräftigen Setzung. Das Schaubild mit Blick vom Regierungsgebäude macht die Haltung des Verfasserteams nachvollziehbar. Es zeigt allerdings auch die problematische Ambivalenz zwischen Alt und Neu auf, indem die Fassaden des Neubaus klar abgesetzt sind, die Dächer sich aber als eine Einheit ausgeben. Wie bewusst der Einsatz dieser Mimesis erfolgt, bleibt unbeantwortet. Die Grundrisse sind entlang den Anforderungen entwickelt. Die beiden Gerichtssäle sind über eine räum- lich spannende, querliegende und zweigeschossige Halle erschlossen, wobei die räumliche Dramaturgie über die Pressung durch den Einschub der Lektoratsräume im 1. OG geschickt gesteigert wird. Die beiden Hauptgerichtssäle sind in ihrer Erscheinung ansprechend, wobei das Podium der Richtenden im Gegen- licht keine zeitgemässe Interpretation der Gerichtsbarkeit darstellt. Nichtsdestotrotz ist die vorgeschlagene betriebliche Lösung überzeugend, insbesondere auch über die klug platzierte Treppe zwischen den beiden Gerichtssälen. Mit dem knapp bemessenen Innenhof wird die Belichtung der innenliegenden Räume teilweise schwierig, wodurch im Verhältnis zu seiner Masse wenig innenräumliche Qualität entsteht. Die vorgeschlagene Konzep- tion führt zu einem vergleichsweise grossen Volumen, was sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit des Projekt- beitrags auswirkt.
SEITE 45 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL Das Projekt überzeugt in der Volumetrie des Gipsmodells. Das Konzept einer «Verdoppelung» des Bestands stellt einen durchaus interessanten Ansatz dar. Die architektonisch-konstruktive Umsetzung ist jedoch zu wenig präzis formuliert: Hier zeigen sich Widersprüche. Während sich der Putz des Altbaus und der Erweiterung iden- tisch zeigt, wird mit den Fenstern eine nicht nachvollziehbare Dialektik zum Bestand inszeniert. Die Verfassenden überhöhen den Bestand, der trotz unbestrittener Qualitäten letztlich ein ehemaliges Schulhaus darstellt. Die Befürchtung liegt nahe, dass die vorgeschlagene Strategie den Bestand überfordert und ihn in eine Rolle bringt, die er nie hatte, weshalb in letzter Konsequenz das Konzept der «Verdoppelung» des Bestandes nicht überzeugen kann. Modellansicht von Nordosten
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SEITE 52 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL THEMIS (1) 5. Rang / 5. Preis CHF 15‘000.– Architektur: Herzog Architekten Binzstrasse 23, 8045 Zürich Dominik Herzog, Jens Ullersperger Zurückgesetzt um das Mass der Eckpilaster, fügt der Projektvorschlag «THEMIS» die erforderliche Erweiterung an die Seitenrisalite des bestehenden Gerichtsgebäudes an. Die dreigeschossige Ergänzung respektiert die Traufhöhe des Bestands und umschreibt einen Innenhof, in welchem auf Niveau des Erdgeschosses die zenital belichteten Gerichtssäle zu liegen kommen. Zum Bahnhofsplatz hin wird die Eingangsfassade etwas zurück- gesetzt, wodurch es gelingt, die heute gedrungene Erscheinung der Eingangspartie aufzubrechen und würdevoll zu gestalten. Die repräsentative Wirkung des Ehrenhofs von 1919 kann dabei jedoch nicht vollständig zurück- gewonnen werden: Der Auftritt zum Bahnhofplatz hin bleibt zurückhaltend, auch durch die Beibehaltung der puri- fizierten Bestandsfassaden. Im Betrachtungsperimeter zwischen Gericht und Lüdin-Areal wird ein städtischer Aufenthaltsraum vorgeschlagen, der – freilichttheaterartig – in Sitzstufen zum Orisbach hin die Hangkante einbindet. Die übergeordnete Wegführung ist nachvollziehbar, lässt in der vorgeschlagenen Ausformulierung jedoch Fragen offen. Der Velozugang in die Tiefgarage nimmt an der wichtigen städtischen Verbindung vom Bahnhof zur Altstadt in der vorgeschlagenen Konzeption eine zu prominente Stellung ein. Vom Bahnhofplatz her betritt man zentral den Eingangsbereich, an dem direkt und übersichtlich organisiert der Publikumsbereich anschliesst. Für Mitarbeitende und zu schützende Personen bietet der Projektvorschlag mehrere Nebeneingänge. Der Gerichtsbetrieb ist gut organisiert und erfüllt die wesentlichen Anforderungen. Bei gleichzeitiger Benutzung zweier Gerichtssäle ist die Gewährleistung der Sicherheit aufgrund der Grundrissdis- position allerdings fraglich. Auch ist die Breite der Gerichtssäle eher knapp bemessen. Die umlaufende Organi- sation der Büroarbeitsplätze in den beiden Obergeschossen lässt eine flexible Aufteilung unterschiedlich grosser Abteilungen zu und verspricht langfristig die betrieblichen Bedürfnisse erfüllen zu können.
SEITE 53 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL Die Gestaltung der Ergänzung nimmt charakteristische Gliederungen und Proportionen des Bestandes auf, führt diese mit den vertikal zusammengefassten Öffnungen zu einem eigenständigen, im Vergleich zum Bestand strengeren Ausdruck, der einem Gerichtsgebäude angemessen sein kann. Gegenüber dem städtischen Aussen- raum zum Lüdin-Areal, wirkt die Nordfassade jedoch distanziert, was durch die Freitreppe des Nebeneingangs unterstrichen wird. Die Eingriffstiefe im Bestand vermag zu überzeugen: Charakteristische und historische Bausubstanz, wie die beiden bestehenden Treppenhäuser, bleiben erhalten. Die Konstruktion des Ergänzungsbaus erfolgt in der Logik des Bestands als Massivbau mit verputztem Einsteinmauerwerk. In der Wertigkeit vergleichbar mit dem Bestand wird eine solide Struktur bereitgestellt, die sich in einer Lebenszyklusbetrachtung günstig auswirkt. «THEMIS» ist ein durchaus sorgfältiger Projektvorschlag, der eine schlüssige Antwort auf die Herausforderungen der Aufgabenstellung findet und in vielen Bereichen zu überzeugen vermag, jedoch zu wenig beherzt ist. Dies führt zu einer zu pragmatischen Lösung, die in entscheidenden Bereichen, wie den Gerichtssälen mit dem Publikumswartebereich, keine angemessene räumliche Qualität bieten kann. Modellansicht von Nordosten
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SEITE 60 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL QUATTRO 6. Rang / 6. Preis CHF 10‘000.– Architektur: Demuth Hagenmüller & Lamprecht Architekten GmbH Flössergasse 15, 8001 Zürich Lilian Demuth, Sandra Hagenmüller, Andreas Lamprecht, Federico Farinatti, Maro Tsagka Bauingenieur: Synaxis AG, Zürich Nachhaltigkeit: Durable Planung und Beratung GmbH, Zürich Landschaft: Johannes von Pechmann Landschaftsarchitekt BSLA SIA, Zürich Die Verfassenden beabsichtigen mit ihrem Entwurf städtebaulich auf die unterschiedlichen Neuplanungen im Bahnhofsgebiet entlang des Bahnhofscorso zu reagieren und das zu entstehende Ensemble mittels einem präg- nanten Gesamtvolumen zu komplementieren. Mit der Haltung des Weiterbauens, der Rückführung der Südfassade auf den Zustand von 1875 und der erneuten Etablierung des Ehrenhofes, beabsichtigen die Verfassenden einen repräsentativen Auftakt für das Kantonsgericht zur Bahnhofstrasse zu schaffen. Während der Entwurf südseitig den Bestand schärft, nimmt die Erweiterung nordseitig die Entwicklung des Lüdin-Areals auf und bilden durch das Aufbrechen der Orthogonalität, einen dynamischen Zwischenraum mit Verbindung zum Orisbach. Mit der Absicht der Schärfung der städtebaulichen Entwicklung, schlägt die Autorenschaft vor, die Zwischenräume mit Terrassen und grosszügigen Treppen zu komplementieren und somit die Sichtachsen und wechselseitigen Beziehungen vom Bahnhofsgebiet zur Altstadt Liestals zu artikulieren. Gleichzeitig wird durch diese Massnahme die Präsenz des Kantonsgerichts und die gewünschten städtebaulichen Qualitäten unterstrichen. Dabei gelingt eine stim- mige, identitätsstiftende Gesamtsituation, die sich der schwierigen Ausgangslage erfolgreich stellt, jedoch aus Sicht der Stadt quer zur bisherigen Diskussion im Umgang mit der Situation steht. Das Erdgeschoss, mit Eingang über den Ehrenhof, dient der gesamten Gerichtsnutzung. Angrenzend an den Publikumsbereich liegen die Gerichtssäle unter dem Innenhof und werden über Oblichter belichtet. Über die neue Wegführung entlang dem Lüdin-Areal wird der Zugang für die Mitarbeitenden erschlossen. In den Ober- geschossen wird die Nutzung dem Erdgeschoss zudienend programmatisch weitergeführt. Die Verfassenden nutzen das Handarchiv entlang des Innenhofes als Drehscheibe des Büroalltags, während das neu artikulierte Dachgeschoss, das entlang des Innenhofs gruppiert ist, funktional als eigene Einheit für die Gerichtsverwaltung vorgesehen ist. Der mittig platzierte Innenhof dient der Belichtung der Räume in den Obergeschossen. Dies ermöglicht, die äussere Erscheinungsform des Bestandes, trotz erweitertem Dachausbau zu erhalten und die Erscheinung im gleichen Sinne auch in der Erweiterung weiterzuführen. Ob der Innenhof als das Identitäts- stiftendes Element, wie vom Verfasser vorgeschlagen, und nicht bloss als Tageslichtführung wahrgenommen werden kann, bleibt bei der pragmatischen Ausformulierung fragwürdig.
SEITE 61 JURYBERICHT ERWEITERUNG UND UMBAU KANTONSGERICHT BL Die Struktur und Beschaffenheit des Bestandes werden in gestalterischer Absicht weitgehend respektiert und als Inspiration für die Weiterführung in der Erweiterung verwendet. Wo stellenweise mit Rekonstruktionen im Fassadenbild (Rustika im Sockelbereich) versucht wird, dem Charakter und der Geschichte des Altbaus gerecht zu werden, wird in der Erweiterung die Sprache modernisiert. Im Bestreben eine schlüssige gestalterische Einheit zu bilden, wird die zweischalige Betonfassade, mittels in Schalungen eingelegter Matrizen, optisch horizontal gegliedert. Für die Autoren stellt das umlaufende Walmdach die wichtigste Charakteristik des Gebäudes dar. Mit der Materialwahl Kupfer wird die farbliche Anpassung zum Bestand (Dachziegel) angestrebt. Der topografisch und räumlich sehr anspruchsvollen Aufgabe – der visuellen Verbindung von Bahnhof, Kantons- gericht, Altstadt und Orisbach – begegnet dieser Projektbeitrag mit einem gestalterisch starken Konzept. Die präzise Setzung der Terrassen mit ihren Kanten und den Treppenanlagen, unterstützen die städtebauliche Posi- tionierung des Kantonsgerichts und bilden vielseitige Vistas und eine starke Szenografie für den Parkraum am Orisbach. Innenräumlich verpasst der Beitrag die klare Haltung des Aussen weiter zu thematisieren und wirkt stellenweise sehr nüchtern in der Raumentfaltung. Der Übergang vom Bestand zur Erweiterung wird kaum arti- kuliert oder nur sehr zurückhaltend und bleibt dementsprechend wirkungslos. Modellansicht von Nordosten
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