Exzellenzinitiative evaluiert - Empfehlungen zur zukunft des wissenschaftssystems - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

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Exzellenzinitiative evaluiert - Empfehlungen zur zukunft des wissenschaftssystems - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
Angela Borgwardt

                   Exzellenzinitiative evaluiert – Empfehlungen
                         zur Zukunft des Wissenschaftssystems
 Ergebnisse einer Fachkonferenz des Netzwerk Exzellenz an deutschen Hochschulen,
 Friedrich-Ebert-Stiftung Berlin, 15. Februar 2016

 Aufgrund der positiven Impulse für das deutsche Wis-      die konkrete Ausgestaltung der neuen Exzellenziniti-
 senschaftssystem haben Bund und Länder entschie-          ative wurden von der Internationalen Expertenkom-
 den, die gemeinsame Exzellenzinitiative zur Förderung     mission zur Evaluation der Exzellenzinitiative (IEKE)
 der universitären Spitzenforschung in einem Nachfol-      erwartet, die inzwischen ihren Bericht vorgelegt hat.
 geprogramm fortzusetzen. Die große Koalition will da-     Zu welchen Ergebnissen und Empfehlungen kam die
 für von 2018 bis 2028 insgesamt mindestens vier Mrd.      IEKE und welche Schlussfolgerungen können daraus
 Euro zur Verfügung stellen. Wichtige Anregungen für       für die nächste Exzellenzinitiative gezogen werden?

Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund             Bewertung der Exzellenzinitia-
und Ländern (GWK) beauftragte 2014 eine unab-
hängige, internationale Expertenkommission mit der         tive durch die internationale
Evaluation der Exzellenzinitiative. 1 Sie sollte die Ex-   Evaluierungskommission
zellenzinitiative als strategisches Programm qualitativ
bewerten und ihre Auswirkungen auf das deutsche            Insgesamt bewertete die IEKE das Instrument der Ex-
Wissenschaftssystem herausarbeiten. Darüber hinaus         zellenzinitiative als „überaus positiv“. 4 Das Bund-Län-
entwickelte die Kommission Vorschläge zur Gestaltung       der-Programm habe Dynamik ins deutsche Universi-
des Nachfolgeprogramms. 2 Am 15. Februar 2016 prä-         tätssystem gebracht, zur Stärkung der universitären
sentierte der Vorsitzende der Internationalen Exper-       Spitzenforschung in Deutschland beigetragen und die
tenkommission zur Evaluation der Exzellenzinitiative       internationale Wettbewerbsfähigkeit und Sichtbarkeit
(IEKE), Prof. Dr. Dieter Imboden, auf der Konferenz        der deutschen Universitäten erhöht.
des Netzwerk Exzellenz an deutschen Hochschulen
der Friedrich-Ebert-Stiftung die wesentlichen Ergeb-       Imboden verwies zunächst auf methodische Schwie-
nisse und Empfehlungen, die anschließend von Ak-           rigkeiten bei der Evaluation.5 Zum einen seien zehn
teuren aus Politik, Hochschulen und Wissenschaftsor-       Jahre nicht ausreichend, um die Auswirkungen eines
ganisationen diskutiert wurden. 3                          solchen Programms abschließend bewerten zu können.
                                                           Zum anderen hätten während der Laufzeit der Initia-
                                                           tive zusätzlich andere Impulse auf das deutsche Wissen-
                                                           schaftssystem eingewirkt (z. B. steigende Studierenden-
                                                           zahlen, weitere Förderprogramme), sodass beobachtete
                                                           Veränderungen nicht immer eindeutig als Auswirkung
                                                           der Exzellenzinitiative zugeordnet werden konnten.
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Vor diesem Hintergrund richtete die IEKE ihren Blick                        den außeruniversitären Forschungseinrichtungen
nicht nur auf die Universitäten, sondern auf das ge-                        zurückgeblieben sind (v. a. unzureichende Grund-
samte deutsche Wissenschaftssystem, fokussiert                              finanzierung, höherer und steigender Anteil an
auf sechs „Baustellen“, wo bereits wichtige Verände-                        Drittmitteln).
rungen stattfinden.
                                                                            Die Exzellenzinitiative hat nach den Ergebnissen
Wie hat sich die Exzellenzinitiative ausgewirkt?                            der IEKE die Internationalisierung der deutschen
                                                                            Forschung befördert.
    In Bezug auf die horizontale Differenzierung des
    deutschen Universitätssystems (Profilbildung, the-
    matische Schwerpunktsetzung) konnte die IEKE                       Empfehlungen der
    keinen förderlichen Einfluss der Exzellenzinitia-                  Evaluierungskommission
    tive feststellen. Doch seien markante Unterschiede
    in der Forschungsleistung der Universitäten deut-
    lich geworden (vertikale Differenzierung).                         Die IEKE unterbreitet in ihrem Bericht auch Vorschlä-
                                                                       ge für eine Exzellenzinitiative II – Universitäre Spit-
    An vielen exzellenzgeförderten Universitäten                       zenforschung. Das Nachfolgeprogramm sollte das
    könnten Fortschritte im Bereich Governance ver-                    zentrale Ziel der Exzellenzinitiative – die Stärkung der
    zeichnet werden, doch wurden auch unbeabsich-                      universitären Spitzenforschung und die Verbesserung
    tigte Nebenwirkungen beobachtet: Insbesondere                      der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deut-
    Exzellenzcluster neigten dazu, sich zu gesonderten                 schen Universitäten – noch konsequenter als bisher
    Einheiten innerhalb der Universität zu entwickeln,                 in den Fokus nehmen. In Anbetracht der begrenzten
    was eine Universitätsleitung mit zentrifugalen                     finanziellen Mittel sollte ihre Konzentration auf Ex-
    Kräften konfrontiert.                                              zellenzförderung nicht durch die Vermischung mit
                                                                       anderen Zielen geschwächt werden, seien diese noch
    Im Hinblick auf Studierendenzahlen und Qualität                    so berechtigt und dringend.
    in der Lehre wurden zum Teil ungewollte Einflüsse
    festgestellt, die die Entwicklung zu international                 Aus Sicht der IEKE ist der verbleibende Zeitraum für
    sichtbaren Spitzenuniversitäten erschweren, etwa                   die Entscheidung über die Ausgestaltung eines Nach-
    die – im internationalen Vergleich – schlechten                    folgeprogramms zu knapp bemessen. Es wird deshalb
    Betreuungsverhältnisse und das hohe Lehrdeputat                    eine Verlängerung der Laufzeit aller Projekte der
    der Professor_innen. Die Kapazitätsverordnungen                    laufenden Exzellenzinitiative um zwei Jahre, d.h. bis
    der Länder wurden als großes Hindernis identifi-                   Ende 2019, vorgeschlagen. Diese Lösung würde auch
    ziert, exzellente Forschung mit exzellenter Lehre                  der speziellen Situation jener Projekte Rechnung tra-
    zu verbinden.                                                      gen, die erst in der zweiten Phase der Exzellenzinitia-
                                                                       tive I begonnen wurden.
    Der Bereich wissenschaftlicher Nachwuchs wurde
    ambivalent bewertet. Positiv sei die Einrichtung                   Für die Exzellenzinitiative II schlägt die IEKE zwei
    strukturierter Promotionsprogramme und die                         Förderlinien (statt bisher drei) vor, die in teilweise
    Schaffung neuer Assistenzprofessuren mit Tenure                    stark modifizierter Form eine Fortsetzung der bishe-
    Track. Die parallele Einrichtung zahlreicher Post-                 rigen zweiten und dritten Förderlinie darstellen. Eine
    doc-Stellen habe den Zeitpunkt der Entscheidung                    Weiterführung der ersten Förderlinie der Exzellenzini-
    für eine wissenschaftliche Karriere aber weiter                    tiative I (Graduiertenschulen) als eigenständiges Pro-
    nach hinten (statt nach vorne) verschoben.                         gramm wird nicht empfohlen. Die Graduiertenschulen
                                                                       sollten stattdessen in die Normalförderung der DFG
    Die Auswirkungen der Exzellenzinitiative auf                       aufgenommen werden.
    die Einbettung der Universitäten in das deutsche
    Wissenschaftssystem wird tendenziell positiv ge-                   Die Förderlinie A Exzellenzcluster II soll die erfolg-
    sehen, da sie der Zusammenarbeit von Universi-                     reichen Elemente der bisherigen Exzellenzcluster
    täten und außeruniversitären Forschungseinrich-                    übernehmen. Besonders wichtig sei ein möglichst of-
    tungen einen neuen Impuls gegeben hat. Kritisch                    fener Zuschnitt im Hinblick auf Thematik, Geometrie
    sei jedoch, dass die Universitäten trotz sehr guter                und finanziellen Umfang. Antragsberechtigt sollen
    Forschungsleistungen in Bezug auf finanzielle                      deutsche Universitäten und/oder eine Gruppe von Uni-
    Ausstattung und Forschungsbedingungen hinter                       versitäten mit außeruniversitären Forschungseinrich-
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tungen sein. Die Evaluation der Anträge sollte auf rein
wissenschaftlicher Basis unabhängig von (regional-)
                                                                       Exzellenzcluster
politischen Faktoren erfolgen. Der risikofreundliche
Charakter der Förderung soll durch längere Lauf-                       In der folgenden Diskussion bestand Konsens, dass
zeiten (sieben bis acht Jahre) mit einem Minimum an                    die Exzellenzcluster als Förderung von Spitzenfor-
Zwischenevaluationen unterstrichen werden. Die be-                     schung aufgrund ihrer positiven Effekte für das Wis-
teiligten Universitäten sollen zusätzlich zur üblichen                 senschaftssystem weitergeführt werden sollten. Wie
(DFG-)Programmpauschale von 22 Prozent eine Uni-                       von der IEKE vorgeschlagen, sollte die Geometrie
versitätspauschale von 20 Prozent erhalten. Damit                      deutlich offener sein als bisher, sowohl in Bezug auf
soll die universitäre Governance bottom up gestärkt                    den Umfang und die Zeiträume der Förderung, als
und möglichen zentrifugalen Wirkungen des Clusters                     auch im Hinblick auf die Art und Partner der Zusam-
entgegengewirkt werden.                                                menarbeit (Universitäten mit anderen Hochschulen,
                                                                       außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Un-
Die Förderlinie B Exzellenzprämie soll den Diffe-                      ternehmen; mit regionalen und internationalen Part-
renzierungsprozess top down unterstützen, indem die                    nern). Der Zuschnitt eines Clusters sollte sich immer
Universitätsleitung zusätzliche Mittel erhält, die sie                 an Exzellenz in einem thematischen Forschungsgebiet
nach eigenem Ermessen zur Stärkung der Forschung                       orientieren, die Zusammenarbeit verschiedener Ak-
oder Verbesserung der Governance einsetzen kann.                       teure allein aus wissenschaftlicher Sicht besondere
Bei der institutionellen Förderung ist nach Ansicht                    Vorteile bieten.
der IEKE ein Übergang vom Konzeptwettbewerb
zum Leistungswettbewerb notwendig. Die Exzel-                          In diesem Zusammenhang wurde als Hindernis for-
lenzprämie sollte – im Unterschied zum bisherigen                      muliert, dass die Bildung von forschungsgeleiteten
Zukunftskonzept – nicht auf Antrag, sondern einzig                     Verbünden die Zusammenarbeit mit internationalen
aufgrund der vergangenen Leistung für einen Zeit-                      Partnern häufig unverzichtbar macht, die von der
raum von sieben bis acht Jahren vergeben werden.                       Exzellenzförderung aber bisher ausgeschlossen sind.
Die Höhe der Prämie könnte pro Universität und                         Dies sei ein erhebliches Problem, um die besten Ko-
Jahr 15 Mio. Euro betragen. Als Ausgangspunkt für                      operationspartner weltweit zu gewinnen. Hier könnte
die Entwicklung einer Methode für die Vergabe der                      sich Deutschland vom Programm „Sinergia“ des
Exzellenzprämie schlägt die IEKE vor, eine Kombi-                      Schweizerischen Nationalfonds anregen lassen, der
nation aus eingeworbenen DFG-Drittmitteln und                          eine Finanzierung von internationalen Partnern er-
Preisen 6 zu wählen, die beide jeweils auf die Anzahl                  möglicht, wenn diese Zusammenarbeit für das Wohl
der Professuren normiert werden. Daraus könnte ein                     der Schweizer Forschung wichtig ist.
Ranking der zehn leistungsstärksten Universitäten
erstellt werden, die die Prämie erhalten.                              In der Diskussion wurden Vorschläge unterbreitet,
                                                                       welche Ziele bei der Weiterführung der Exzellenz-
Aus Sicht der Kommission sind Fortschritte bei uni-                    cluster verstärkt gefördert werden sollten:
versitärer Differenzierung und Governance besonders
wichtig, damit sich die deutschen Universitäten bes-                   1. Verbindung von Spitzenforschung
ser entwickeln und künftig international an der Spitze                 und Spitzenlehre
positionieren können. Ein erfolgreicher Differenzie-                   Zur besseren Einbindung der Lehre in die Exzellenz-
rungsprozess brauche eine geeignete Governance, die                    cluster wurde vorgeschlagen, die Förderentscheidung
auf klaren Entscheidungs- und Leitungsstrukturen                       vom Nachweis abhängig zu machen, dass im jeweiligen
im Innern der Institution und auf einer weitgehen-                     Forschungsbereich auch in der Lehre hervorragende
den Autonomie gegenüber dem Staat im Außenver-                         Leistungen erbracht werden. Allerdings müssten dafür
hältnis beruht. Künftig bedürfe es einer Stärkung                      erst noch geeignete Indikatoren für „exzellente Lehre“
der Universitätsleitung von oben und von unten,                        diskutiert und etabliert werden. Sinnvoller erscheint
um hier Fortschritte zu erzielen (Universitätsprämie                   deshalb die Möglichkeit, dass Antragstellende darle-
und Exzellenzprämie). Im Bereich der universitären                     gen, wie die Forschung eines Exzellenzclusters kon-
Governance besteht nach Auffassung der IEKE „noch                      kret in die Lehre dieses Bereichs eingehen soll. „Wir
großes ungenutztes Potenzial und substanzieller                        brauchen intelligente Konzepte dafür, wie man vom
Nachholbedarf“.                                                        Bachelorstudiengang an bis in die Masterstudiengänge
                                                                       hinein mit welchen Formaten Forschung auf hohem
                                                                       Niveau in Studiengänge diffundieren kann“, meinte
                                                                       Prof. Dr. Julia von Blumenthal, Dekanin der Kultur-,
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Sozial- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät an                     Imboden erinnerte an die Förderbedingung, dass Ex-
der Humboldt-Universität zu Berlin.                                    zellenzcluster nach dem Auslaufen der Exzellenzmittel
                                                                       von den Universitäten verstetigt werden sollten. Dies
2. Neue Konstrukte bei der Kooperation von                             sei weitgehend in Vergessenheit geraten, was ange-
Universitäten und außeruniversitären                                   sichts der Unterfinanzierung der deutschen Universi-
Forschungseinrichtungen                                                täten auch nicht überrasche. Doch müssten die Mittel
Durch die Exzellenzinitiative wurde die Versäulung                     der Exzellenzinitiative als Innovationsfonds flexibel
des deutschen Wissenschaftssystems schon deutlich                      einsetzbar bleiben, damit immer wieder neue Projekte
reduziert. Nun sei es dringend notwendig, konkrete                     unterstützt werden können. Nur dann könne auch die
Modelle für die Zusammenarbeit von außeruniversi-                      erwünschte Dynamik im Wissenschaftssystem erhal-
tären Forschungseinrichtungen und Universitäten zu                     ten werden. Um die erreichten Erfolge laufender Pro-
entwickeln, um die beiden Systeme langfristig und sys-                 jekte nicht zu gefährden, könnten Fortsetzungsmittel
tematisch miteinander zu verbinden und eine Nach-                      für eine gewisse Zeit gewährt werden, doch müssten
haltigkeit der Kooperation zu erreichen, so Prof. Dr.                  rasch Wege gefunden werden, wie eine ausreichende
Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschafts-                     Grundfinanzierung der Universitäten langfristig er-
zentrum Berlin für Sozialforschung. Dies sei mit dem                   reicht werden könne.
2015 geänderten Art. 91b GG nun auch möglich.
                                                                       Wissenschaftsgeleitetes Verfahren. Prof. Dr. Peter
3. Stärkung der anwendungsorientierten und                             Strohschneider, Präsident der Deutschen Forschungs-
translationalen Forschung                                              gemeinschaft, betonte die Notwendigkeit eines wis-
Am Beispiel der Medizin verdeutlichte Prof. Dr. Karl                   senschaftsgeleiteten Verfahrens ohne thematische
M. Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité – Uni-                  Vorgaben. Die Exzellenzcluster müssten als offenes
versitätsmedizin Berlin, dass in Deutschland große                     und flexibles Instrument ermöglichen, was von den
Defizite in der Translation beispielsweise zwischen                    jeweiligen Forschungsprogrammatiken her begründ-
experimenteller und klinischer Forschung sowie dem                     bar sei. Die wissenschaftliche Qualität müsse im Be-
Transfer von Forschungsergebnissen in anwendungs-                      wertungsprozess das entscheidende Kriterium sein, zu
nahe Bereiche bestehen. Ein Grund hierfür sei, dass                    dem dann andere Funktionen akzessorisch hinzutre-
exzellente Spitzenforschung noch zu oft ausschließ-                    ten könnten.
lich mit exzellenter Grundlagenforschung gleichge-
setzt werde. Folglich blieben die aus Anwendungsbe-
zügen resultierenden Erkenntnispotenziale in vielen
                                                                       Exzellenzprämie
Vorhaben der Exzellenzinitiative ungenutzt. Bei der
nächsten Exzellenzinitiative sollten diese Anwen-                      Das Instrument der Exzellenzprämie soll laut IEKE
dungsbezüge im Sinne von Relevanzpotenzialen eine                      dazu beitragen, Fortschritte im Bereich Governance
größere Rolle spielen, um wichtige Forschungslücken                    zu erzielen, indem den Universitätsleitungen Gestal-
zu schließen. Auch bräuchte es für mehr Exzellenz                      tungsspielräume eröffnet werden, um strategische
dringend eine „Forschung der Forschung“ in der Medi-                   Entscheidungen voranzubringen. Der frei einsetzbare
zin, die eine Reflexion der Methoden, der Qualitätskri-                Bonus in der institutionellen Förderlinie wurde in der
terien und der Relevanzpotenziale von medizinischer                    Diskussion sehr positiv aufgenommen.
Forschung einschließt.
                                                                       Kritisch diskutiert wurde dagegen das vorgeschlagene
4. Intensivere Zusammenarbeit mit der Wirtschaft                       Verfahren für die Vergabe der Exzellenzprämie. Es
Auch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sollte                      sei nicht zielführend, nur vergangene Leistungen (past
in Zukunft in den Exzellenzclustern ein größeres Ge-                   merits) in die Bewertung einzubeziehen. Die Einforde-
wicht erhalten, etwa durch die Einrichtung gemein-                     rung zukunftsgerichteter Konzepte sei unverzichtbar,
samer Forschungsplattformen von Universitäten und                      da bei der strategischen Entwicklung der Universi-
Unternehmen.                                                           täten wichtige Ziele noch nicht erreicht wurden. Dazu
                                                                       gehöre beispielsweise eine Governance, die eine ge-
Diskutiert wurde auch die Frage, wie die Nachhal-                      eignete Personalstruktur und systematische Personal-
tigkeit der laufenden Exzellenzcluster sichergestellt                  entwicklung einschließt.
werden kann. Die Entwicklung wissenschaftlicher Ex-
zellenz brauche viel Zeit und die Erfolge der laufenden                Imboden meinte, dass natürlich auch Konzepte einge-
Projekte dürften nach dem Ende des Programms nicht                     fordert werden könnten, doch sollte die Auswahl der
gefährdet werden.                                                      Universitäten nicht alleine davon abhängig gemacht
Exzellenzinitiative evaluiert – Empfehlungen zur Zukunft des Wissenschaftssystems                                  Seite 05 /09

werden wie bisher bei den Zukunftskonzepten. Für                       zur institutionellen Weiterentwicklung in die Bewer-
past merits als entscheidendes Kriterium spricht aus                   tung eingehen müssten. Allerdings sollten die Kon-
seiner Sicht, dass eine Universität mit hervorragenden                 zepte nicht mehr so umfangreich wie die bisherigen
Leistungen deutlich gezeigt habe, ihre verfügbaren                     Zukunftskonzepte sein und es sollte eine Fokussie-
Mittel optimal einsetzen zu können. Hier müsse die                     rung angestrebt werden, indem im Antrag genau be-
Politik den Universitäten mehr Vertrauen schenken.                     schrieben wird, wie konkrete Handlungsfelder mit
Auch verschiedene Hochschulrektor_innen forderten                      welchen Zielen (weiter-) entwickelt werden sollen.
mehr Vertrauen der Politik in die Hochschulleitungen.
Universitäten bräuchten möglichst viel Autonomie                       Mit großer Skepsis wurde auf den Vorschlag der IEKE
und Flexibilität, um ihre Governance optimal gestal-                   reagiert, die Bewertung von Leistungen an quantita-
ten zu können und unterschiedliche Governancemo-                       tive Indikatoren zu koppeln und auf dieser Basis ein
delle jeweils passfähig für die eigene Institution zu                  nationales Ranking der zehn besten Universitäten zu
entwickeln.                                                            erstellen. Allein auf der Grundlage quantitativer In-
                                                                       dikatoren könne keine valide und reliable Einschät-
Die Hochschulleitungen warnten vor einer staatli-                      zung von Qualität erreicht werden, so der Vorsitzen-
chen Detailsteuerung. Die Aufgabe des Staates sei es,                  de des Wissenschaftsrats, Prof. Dr. Manfred Prenzel.
geeignete politische Rahmenbedingungen vor allem                       Auch Prof. Dr. Peter Strohschneider, Präsident der
in den Landeshochschulgesetzen zu schaffen. Dem                        DFG, hält es für sehr problematisch, Leistungen ein-
feststellbaren Trend einer Rückkehr zur Mikrosteu-                     zelner Universitäten allein anhand von quantitativen
erung in manchen Bundesländern müsse unbedingt                         Kennzahlen in einem Vergleich über das gesamte Uni-
entgegengewirkt werden.                                                versitätssystem hinweg zu berechnen. Selbst wenn es
                                                                       gelingen sollte, sich auf ein Set von quantitativen In-
Dem hielt Hubertus Heil, MdB und stellvertretender                     dikatoren politisch zu verständigen (Indikatorfragen
Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion entgegen,                      seien schließlich Machtfragen) und einen indikatorba-
dass die Politik aus seiner Sicht in diesem Bereich nicht              sierten Leistungsvergleich aller Universitäten durch-
detailsteuern wolle. Die Einforderung von belastbaren                  zuführen, bei dem sowohl die unterschiedliche Größe
Konzepten dürfe nicht als Ausdruck von Misstrauen                      von Universitäten als auch die unterschiedlichen
gegenüber den Hochschulleitungen interpretiert wer-                    Forschungskostenniveaus der wissenschaftlichen Be-
den. Vielmehr wolle man neben der Auszeichnung                         reiche kalibriert werden, selbst dann würde man da-
vorhandener Exzellenz auch konkrete Anreize setzen,                    mit ein Anreizsystem schaffen, das zum „Teurerrech-
um neue Exzellenz zu heben. Deshalb müssten auch                       nen“ von Forschung verleite. So bestehe das Risiko,
zukunftsgerichtete Konzepte einbezogen werden, in                      Größe und Güte in der Forschung zu verwechseln.
denen Ziele für die Weiterentwicklung der Institution
formuliert werden. Um die bisherigen Leistungen an-                    Demgegenüber wurde als Vorteil eines einheitlichen
zuerkennen und andererseits eine verbesserte Gover-                    Kennzahlen- oder Indikatorensystems hervorgeho-
nance- und Strukturentwicklung zu erreichen, schlägt                   ben, dass man dadurch auf Dauer mehr Transparenz
Edelgard Bulmahn, MdB und Bundesministerin für Bil-                    und Ruhe im System erreichen könne, da die Regeln
dung und Forschung a.D., anstatt einer Exzellenzprä-                   klar und für jeden gleich seien. Zudem seien die Trans-
mie als zweite Förderlinie eine Strategie- und Struk-                  aktionskosten eines solchen Verfahrens geringer als
turentwicklungsprämie oder einen Strategie- und                        ein Begutachtungssystem, das es erforderlich macht,
Strukturfonds vor.                                                     internationale Expert_innen zu finden, die nicht nur
                                                                       thematisch qualifiziert sind, sondern auch das deut-
Vorgeschlagen wurde, das Problem geeigneter Indika-                    sche Wissenschaftssystem kompetent beurteilen kön-
toren zu entschärfen, indem nicht past merits sondern                  nen. Um den Nebeneffekt zu vermeiden, dass dieser
confirmed merits herangezogen werden: Es könnte be-                    Mechanismus kostentreibend wird, könnte ein Festbe-
wertet werden, ob eine Universität in den letzten Jah-                 trag vergeben werden. Wichtig sei bei diesem Modell
ren eine Strategie durchgeführt und ihre Ziele erreicht                der Gedanke eines Automatismus, der das Begutach-
hat. Überprüft werden könnte dies z. B. an der indi-                   tungsverfahren erleichtere und transparenter mache.
viduellen Stärke der berufenen Wissenschaftler_innen
und an den langfristig aufgebauten Strukturen in ei-                   Der Vorsitzende des Wissenschaftsrats Manfred Pren-
ner Universität.                                                       zel findet es nicht überzeugend, beim Auswahlverfah-
                                                                       ren zur Vergabe einer Exzellenzprämie nur ein quanti-
In der Diskussion kristallisierte sich heraus, dass so-                tatives Kennzahlensystem einzusetzen. Entscheidend
wohl vergangene Leistungen als auch ein Konzept                        sei vielmehr, welche verschiedenen Ziele mit der
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Nachfolge-Exzellenzinitiative erreicht werden sollen.                       Das Auswahlverfahren soll rein wissenschaftsge-
Man werde auf Dauer nicht erfolgreich sein, wenn                            leitet sein, indem allein die wissenschaftliche Qua-
man sich nur auf die Förderung von Spitzenforschung                         lität eine Rolle spielt.
im engeren Sinn konzentriere. Es sei wichtig, das Wis-
senschaftssystem als Ganzes in den Blick zu nehmen                          In den Fördervoraussetzungen bei Clustern sind
und die Frage zu stellen, in welchen Bereichen beson-                       belastbare Konzepte vorgesehen, die auch andere
derer Handlungsbedarf besteht und was das Instru-                           Leistungsdimensionen neben wissenschaftlicher
ment Exzellenzinitiative dort jeweils bewirken kann,                        Exzellenz berücksichtigen (z.B. Qualität der Lehre,
etwa bei der Translation oder bei der Kooperation von                       Gleichstellungskonzepte).
Universitäten und außeruniversitären Forschungsein-
richtungen. Dann müsse geprüft werden, ob die Indi-                         Die Graduiertenschulen sind ein Erfolgsmodell
katorensysteme mit den gewünschten Zielen überein-                          und weitgehend in das Angebot der Universitäten
stimmen. „Exzellenz kann nur durch eine kompetente                          integriert. Deshalb wird die bisherige Förderlinie
und fundierte Begutachtung festgestellt werden“,                            im Rahmen der Exzellenzinitiative auslaufen. Es
sagte Prenzel.                                                              wird jedoch über die Möglichkeit einer Weiterför-
                                                                            derung in einem anderen Format nachgedacht.
In diesem Zusammenhang wurde angemerkt, dass bei
den traditionellen Bewertungskriterien von wissen-                          Die Overhead-Aufschläge der Universitäten sollen
schaftlicher Leistung, wie z. B. Preise, Publikationen                      erhöht werden (um ca. 20 Prozent).
und Drittmittel, zu viele Aspekte wissenschaftlicher
Exzellenz sowie Innovationen in der Forschung leicht                        Bei der institutionellen Förderung wird es eher
durch das Bewertungsraster fallen. Deshalb sei es un-                       eine „breite Spitze“ geben (mehr als fünf, aber we-
verzichtbar, die traditionellen Indikatoren durch neue                      niger als 15 Universitäten). Die von der IEKE vor-
Kriterien zu ergänzen, die im kritischen Diskurs al-                        geschlagene Zahl von zehn Universitäten komme
lerdings noch entwickelt werden müssen. Nur dann                            dem Endergebnis vermutlich recht nahe.
könne ein zukunftsträchtiger Begriff von wissen-
schaftlicher Exzellenz abgebildet und auch neuen                            Es sollen längere Förderzeiträume (sieben bis acht
Formen der Exzellenz eine Chance gegeben werden.                            Jahre) etabliert werden.
Als weitgehender Konsens zeichnete sich ab, dass eine
Kombination aus indikatorgestütztem und gutach-                             Es besteht Einigkeit, dass die zweite Förderlinie die
terlichem Verfahren sinnvoll wäre.                                          strategische Weiterentwicklung der Universität im
                                                                            Blick haben soll. Die Ausgestaltung ist aber noch
                                                                            offen.
Stand der
                                                                       Über die Ausgestaltung der institutionellen zweiten
Verhandlungen                                                          Förderlinie wird gegenwärtig verhandelt. Dies sei der
                                                                       „gordische Knoten, der aufzulösen ist“, meinte Heil.
Die bisherigen Konsensbereiche von Bund und Län-                       Ziel sei ein leicht umsetzbares und transparentes Ver-
dern benannten Prof. Dr. Eva Quante-Brandt, stell-                     fahren. Es spreche einiges dafür, eine gutachterliche
vertretende Vorsitzende der GWK und Senatorin für                      Bewertung von Zukunftskonzepten mit indikatoren-
Wissenschaft, Gesundheit und Verbraucherschutz der                     gestützten Kriterien erbrachter Leistungen zu kombi-
Freien Hansestadt Bremen, und Hubertus Heil, MdB                       nieren. Das von der IEKE vorgeschlagene Verfahren
und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundes-                     eines reinen Leistungswettbewerbs auf der Basis von
tagsfraktion:                                                          past merits statt eines Konzeptwettbewerbs könne
                                                                       die SPD-Bundestagsfraktion nicht mittragen, so Heil.
   Die Höhe der bisher aufgewendeten Exzellenzmit-                     Denn es widerspreche dem Ziel der Exzellenzinitiative
   tel soll beibehalten werden (ca. 500 Mio. Euro im                   als „gesamtstaatliches Zukunftsprojekt“, wenn einigen
   Jahr).                                                              Hochschulleitungen auf der Basis kaum veränder-
                                                                       licher Anteile, wie z.B. DFG- und EU-Forschungsmit-
   Die Exzellenzcluster bleiben Herzstück der künf-                    teln, Geld zur freien Verfügung gegeben werde. Auf
   tigen Exzellenzinitiative, werden aber in modi-                     diese Weise könne auch nicht die gewünschte Dyna-
   fizierter Form weitergeführt. Die Bandbreite der                    mik fortgesetzt werden, die mit dem Wettbewerb der
   Förderung soll ausgeweitet werden, damit vielfäl-                   Zukunftskonzepte ausgelöst wurde. Bei der Vergabe
   tigere Bereiche eine Chance erhalten.                               von Steuergeldern sei es zudem eine politische Frage
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der Legitimation, dass Universitäten darlegen, wie                     begonnen werden, weil viele Universitäten schon an
sie öffentliche Mittel einsetzen möchten bzw. wel-                     ihren Konzepten arbeiten und die Motivation nicht
che Ziele sie verfolgen und mit welchen Strategien                     verloren gehen dürfe.
sie diese erreichen wollen. Deshalb könne in dieser
Förderlinie auf einen Wettbewerb der Konzepte nicht                    Ein wichtiges Ergebnis der Diskussion war, dass in den
verzichtet werden. Trotzdem sei es sinnvoll, die Kon-                  nächsten Monaten auch Indikatoren hinterfragt bzw.
zepte zu vereinfachen und stärker auf konkrete Ziele                   neu erarbeitet und festgelegt werden müssen, um die
statt auf Zukunftsvisionen zu gründen, meinte Heil.                    Qualität und Relevanz von (Spitzen-)Forschung ange-
                                                                       messen zu bestimmen und im Rahmen der neuen Ex-
Bei der institutionellen Förderlinie ist es nach Ansicht               zellenzinitiative geeignete Anreizsysteme und Förder-
von Heil auch wichtig, dass die Förderung kein sym-                    entscheidungen in Bezug auf bestimmte Ziele treffen
bolisches „Sahnehäubchen“ darstellt, sondern eine                      zu können.
Summe ist, mit der etwas bewegt werden kann (ver-
mutlich zwischen 5 bis 15 Mio. Euro pro Jahr und                       Von zentraler Bedeutung ist es nach wie vor, das Pro-
Universität). Auch sollten neben Universitäten auch                    blem der strukturellen Unterfinanzierung des deut-
Verbünde antragsberechtigt sein, die „messbaren wis-                   schen Universitätssystems zu lösen. Es muss möglichst
senschaftlichen Mehrwert generieren“. Um „Beute-                       rasch ein Weg gefunden werden, eine ausreichende
gemeinschaften“ zu verhindern, seien hier ebenfalls                    und nachhaltige Grundfinanzierung der Universi-
Konzepte mit klaren Zielen einzufordern (z. B. Stär-                   täten zu erreichen. Dies ist auch deshalb nötig, um die
kung der Lehre, des Transfers).                                        Erfolge der Exzellenzinitiative dauerhaft abzusichern
                                                                       und z. B. Exzellenzcluster als integralen Bestandteil
Heil verdeutlichte die erforderliche Rollenvertei-                     der Universitäten verstetigen zu können.
lung zwischen Wissenschaft und Politik: „Die Politik
muss den Rahmen abstecken, in dem die Exzellenz-                       Nach Auffassung von Edelgard Bulmahn, MdB und
initiative stattfinden soll, und auch, was nach wel-                   Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, ist eine
chen Kriterien gefördert werden soll. Zu ermitteln,                    deutliche und auf Dauer angelegte Erhöhung der
was Exzellenz ist, sollte ausschließlich Aufgabe der                   Grundfinanzierung mit Beteiligung des Bundes un-
Wissenschaft sein. Es ist ein eminent wichtiger Punkt,                 verzichtbar. Diese könnte zum Beispiel durch die
dass es bei dem bewährten wissenschaftsgeleiteten                      Einführung einer Studienabschlussförderung, deren
Auswahlverfahren bleibt.“                                              Grundlage die Prüfungsanmeldungen zu den BA- und
                                                                       MA-Prüfungen darstellen, erreicht werden.

Nächste politische                                                     Mit der Verfassungsänderung vom 1. Januar 2015 (Art.
                                                                       § 91b GG) wurden dafür auch die rechtlichen Grund-
Schritte                                                               lagen geschaffen. Nun brauche es allerdings auch die
                                                                       politische Bereitschaft, diese neuen Möglichkeiten zu
Die GWK will bereits am 22. April 2016 eine neue                       nutzen, so Bulmahn. Gleich im Anschluss sollte eine
Bund-Länder-Vereinbarung in Nachfolge der Exzel-                       Reformierung der Kapazitätsverordnung (KapVO) in
lenzinitiative beschließen und den Regierungschef_in-                  Angriff genommen werden, die ebenfalls ein erheb-
nen von Bund und Ländern im Juni zur Entscheidung                      liches Problem im deutschen Wissenschaftssystem
vorlegen. 7 Somit muss in einem relativ kleinen Zeit-                  darstellt und sich zudem als Hindernis erweist, Spit-
fenster eine Verständigung zwischen 16 Ländern und                     zenforschung mit Spitzenlehre zu verbinden.
dem Bund erzielt werden. Dies sei zwar eine große
Herausforderung, so Quante-Brandt, doch bestehe auf                    Über das am besten geeignete Modell der Bundes-
allen Seiten eine hohe Bereitschaft, sich rasch auf eine               beteiligung an der Grundfinanzierung muss noch
gute Lösung zu einigen. Vonseiten der Politik wurde                    Einigung erzielt werden. Als mögliche Wege sind
deutlich gemacht, dass die politischen Entschei-                       derzeit eine Studienabschlussförderung 8, eine Finan-
dungen zur Ausgestaltung der neuen Exzellenzinitia-                    zierung der ausländischen Studierenden durch Bun-
tive unbedingt im Juni 2016 getroffen werden müssen.                   desmittel 9 und eine Übernahme der Länderanteile in
Nur dann könnten die vereinbarten Mittel gesichert                     den außeruniversitären Forschungseinrichtungen in
und verhindert werden, dass diese Frage in den Stru-                   der Diskussion. Eine zentrale Frage ist dabei, wohin
del des Wahlkampfs gerät. Mit der konkreten Umset-                     Bundesmittel fließen müssen, damit es keine Substi-
zung des Programms könne man sich etwas mehr                           tutionseffekte gibt und die Länder sich in anderen Be-
Zeit lassen, doch sollte spätestens Anfang 2019 damit                  reichen zurückziehen. Es muss sichergestellt werden,
Exzellenzinitiative evaluiert – Empfehlungen zur Zukunft des Wissenschaftssystems                                                 Seite 08/09

dass die Universitäten per Saldo wirklich zusätzliche                        pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs).
Mittel zur Verfügung haben.
                                                                             Von großer Bedeutung hierfür ist das Schwellenjahr
Auch besteht die dringende Aufgabe, das Finanzie-                            2019/20, wenn zahlreiche Bund-Länder-Pakte und
rungsungleichgewicht von außeruniversitären For-                             die Kompensationszahlungen des Bundes für den
schungseinrichtungen und Universitäten zu beseiti-                           Hochschulbau auslaufen und gleichzeitig die Schul-
gen und rechtliche Hindernisse abzubauen, die eine                           denbremse in den Ländern voll zur Wirkung kommt.
Zusammenarbeit der beiden Systeme (z. B. in Exzel-                           Dann werden jährlich etwa 3,5 Mrd. Euro Bundesgeld
lenzclustern) bisher noch erschweren.                                        zur Verfügung stehen, für deren effiziente Verwendung
                                                                             dringend politische Ziele und Instrumentarien entwi-
Mit dem Konzept der „Baustellen“ hat die IEKE deut-                          ckelt werden müssen. Deshalb sollte in den nächsten
lich gemacht, dass sich das deutsche Wissenschafts-                          Monaten schon damit begonnen werden, die Frage der
system insgesamt noch weiterentwickeln muss. Um alle                         Zukunft der Wissenschaftsfinanzierung nach 2020
notwendigen Bereiche der Veränderung zu bearbeiten                           konzeptionell zu diskutieren. Dabei sollte auch darüber
und die damit verbundenen Ziele zu erreichen, werden                         nachgedacht werden, wie alle Finanzierungs- und För-
neben der Exzellenzinitiative weitere Instrumente ge-                        derinstrumente einschließlich der Exzellenzinitiative in
braucht, die parallel laufen (u.a. Hochschulpakt, Qua-                       ein abgestimmtes Gesamtkonzept überführt werden
litätspakt Lehre, Pakt für Forschung und Innovation)                         können und nach 2020 eine finanzielle Neuordnung
oder noch auf den Weg gebracht werden (Zukunfts-                             des Wissenschaftssystems erreicht werden kann.

Fussnoten

1   Die Kommission bestand aus zehn internationalen Wissenschaft-                Wissenschaftsrat: Bericht der Gemeinsamen Kommission zur
    ler_innen unter dem Vorsitz des Schweizer Wissenschaftlers Prof.             Exzellenzinitiative an die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz,
    Dr. Dieter Imboden (sog. Imboden-Kommission).                                Juni 2015, http://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/DFG-WR-
2   Vgl. Internationale Expertenkommission zur Evaluation der Exzel-             Bericht-Juni2015.pdf (15.02.2016).
    lenzinitiative, Endbericht, Januar 2016, http://www.gwk-bonn.de/         6   Z.B. Leibniz-Preise, Humboldt-Professuren, Starting, Consolidator
    fileadmin/Papers/Imboden-Bericht-2016.pdf (08.03.2016).                      und Advanced Grants des European Research Council.
3   Die Konferenz knüpfte an die Debatte einer vorherigen Veran-             7   So sieht es der Grundsatzbeschluss vom Dezember 2014 vor.
    staltung des Netzwerk Exzellenz an deutschen Hochschulen der             8   Vgl. Edelgard Bulmahn: Die Unis brauchen einen großen Wurf,
    Friedrich-Ebert-Stiftung am 11. November 2015 in Berlin an.                  in: Tagesspiegel Online, 02.09.2015, http://www.tagesspiegel.de/
    Vgl. Angela Borgwardt: Alles exzellent? – Die Zukunft des Wis-               wissen/wie-weiter-mit-der-exzellenzinitiative-der-bund-muss-in-
    senschaftssystems,      http://library.fes.de/pdf-files/studienfoerde-       die-grundfinanzierung-der-hochschulen-einsteigen/12270064-2.
    rung/12271.pdf (15.02.2016).                                                 html.
4   Internationale Expertenkommission, S. 2.                                 9   Vgl. Jürgen E. Zöllner: Was kommt nach der Exzellenzinitiative?
5   Diee IEKE hat anhand von Leitfragen über 100 Gespräche mit                   Zur Zukunft der Hochschulgrundfinanzierung ab 2017. Neue
    Akteur_innen auf allen hierarchischen Ebenen an deutschen                    Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 10/2013, S. 44-47, http://www.
    Universitäten geführt, ergänzend Gespräche mit außeruniversi-                frankfurter-hefte.de/upload/Archiv/2013/Heft_10/PDF/2013-
    tären Forschungseinrichtungen und Universitäten im Ausland. In               10_zoellner.pdf (15.2.16) sowie Kostenübernahme des Bundes für
    die Bewertung wurde auch der datengestützte Bericht der DFG                  Studierende aus Entwicklungsländern, http://library.fes.de/pdf-
    und des Wissenschaftsrates zum Thema einbezogen. Vgl. DFG/                   files/studienfoerderung/10962.pdf.
Exzellenzinitiative evaluiert – Empfehlungen zur Zukunft des Wissenschaftssystems   Seite 09/09

Die Autorin dieser Publikation

Dr. Angela Borgwardt, Politikwissenschaftlerin
und Germanistin, arbeitet als freie wissenschaftliche
Publizistin und Redakteurin in Berlin.

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