Fachkraft 2020 Erhebung zur wirtschaftlichen und allgemeinen Lebenssituation der Studierenden in Deutschland für das Wintersemester 2012 ...

Die Seite wird erstellt Wolf Conrad
 
WEITER LESEN
Fachkraft 2020
Erhebung zur wirtschaftlichen und allgemeinen Lebenssituation der
Studierenden in Deutschland

für das Wintersemester 2012

Herausgegeben durch

STUDITEMPS GmbH | Maastricht University

Köln/Maastricht, November 2012

                                                                    1
2   Fachkraft 2020
INHALT
1. Einleitung                                                                                                                  4

           1.1 Ausgangslage und Relevanz................................................................................ 6
           1.2 Basisdaten zu den Befragten................................................................................ 9
           1.3 Methodisches Vorgehen..................................................................................... 10

2. Ergebnisse                                                                                                                 11

  2.1 Studium.............................................................................................................    11
		         2.1.1 Fächerbelegung allgemein..................................................................                   11
		         2.1.2 Fächerbelegung nach Geschlecht........................................................                       13
		         2.1.3 Erworbene und angestrebte Abschlüsse.............................................                            15
		         2.1.4 Selbsteinschätzung der beruflichen Perspektive.................................                              16
		         2.1.5 Angestrebter beruflicher Status..........................................................                    18
		         2.1.6 Bereitschaft zu transnationaler Arbeitsmigration................................                             19
		         2.1.7 Fremdsprachkenntnisse im Vergleich.................................................                          20
  2.2 Jobsituation.......................................................................................................     22
		         2.2.1 Quantitative Joberfahrungen...............................................................                   23
		         2.2.2 Nebenjobs mit Studienbezug..............................................................                     24
		         2.2.3 Zeitaufwand für die Arbeit..................................................................                 26
		         2.2.4 Verdienst und Stundenlohn................................................................                    27
		         2.2.5 Jobs mit Stundenlohn von 10 Euro und mehr......................................                              29
		         2.2.6 Stufung des studentischen Einkommens............................................                             30
		         2.2.7 Finanzielle Gesamtausstattung...........................................................                     32
		         2.2.8 Motive für studentische Arbeit...........................................................                    35
  2.3 Zeitmanagement...............................................................................................           36
		2.3.1 Allgemein...........................................................................................                  37
		         2.3.2 Frauen vs. Männer..............................................................................              37
		         2.3.3 Migrationshintergrund vs. kein Migrationshintergrund.......................                                  38
		         2.3.4 Bildungsausländer vs. Bildungsinländer..............................................                         39
		         2.3.5 BAföG-Empfänger vs. kein BAföG-Empfänger.......................................                              40
		         2.3.6 Job vs. kein Job...................................................................................          40
		         2.3.7 Vergleich nach Studienabschluss.......................................................                       41

3. Fazit und Ausblick                                                                                                         44

4. Anhang                                                                                                                     46

           4.1 Literaturverzeichnis............................................................................................ 46
           4.2 Verzeichnis der Tabellen und Diagramme........................................................... 48

                                                                                                                                     3
1. EINLEITUNG
    Das Studieren in Deutschland unterliegt einem          des Deutschen Studentenwerks. Sie dient den
    grundlegenden Wandel. Diplom und Magister,             bildungspolitischen Entscheidungsträgern als
    die neben dem Staatsexamen bisher maßgeb-              argumentative Richtlinie und hat damit einen
    lichen universitären Abschlüsse, wurden im             nicht unerheblichen Einfluss auf die finanzielle
    Zuge des Bologna-Prozesses mehrheitlich durch          Versorgung der Universitäten durch die öffent-
    Bachelor und Master abgelöst. Hinzu kommt              liche Hand. Es sei das Ziel, „rechtzeitig Hand-
    die Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre (G8),          lungsbedarfe zu erkennen und gegebenenfalls
    welche den Universitäten auf absehbare Zeit            korrigierend in diesen Prozess einzugreifen“1,
    den Zulauf doppelter Abiturjahrgänge aufbür-           heißt es dazu in der 19. Ausgabe aus dem Jahr
    det. Und auch der von Schulabgängern in der            2009. Ähnliches gilt für den seit 2006 durch
    Vergangenheit gerne als Phase der beruflichen          die Kultusministerkonferenz (KMK) und das
    Orientierung genutzte Zivildienst gehört seit          Bundesministerium für Bildung und Forschung
    2011 im Verbund mit dem Wehrdienst der Ver-            (BMBF) veröffentlichten Bildungsbericht. Das
    gangenheit an. Politisch gewollte Konsequenz           Gros der übrigen Untersuchungen widmet
    dieser Veränderungen ist auch die frühzeitigere        sich Teilaspekten des studentischen Lebens in
    Verfügbarkeit junger Menschen am Arbeits-              Deutschland, ohne dabei eine periodisch fort-
    markt, denn längst zeichnen sich in zahlreichen        schreitende Kontextualisierung der analysierten
    Branchen demografisch bedingte Engpässe ab             Sachverhalte anzustreben. Hieraus resultiert
    (Stichwort Fachkräftemangel).                          nun die Frage, ob die aktuellen wie zukünftigen
    Die somit erwirkte Dynamisierung der deut-             Dynamiken und Problemfelder des Hochschul-
    schen Bildungslandschaft stellt alle beteiligten       sektors mithilfe dieser Erhebungen adäquat
    Akteure vor große Herausforderungen und                erfasst werden können. Um ein Beispiel zu
    wirft zugleich Fragen auf: Wie beispielsweise          nennen: Zwar liefert die oben genannte Sozi-
    beeinflusst die zeitliche Straffung des neuer-         alerhebung allumfassende Daten zur Lebenssi-
    dings gestuften Studiums das Zeitmanagement            tuation der Studierenden, jedoch erscheint sie
    angehender Absolventen? Bleiben Spielräume             lediglich in einem Turnus von drei Jahren. Eine
    für Nebenjobs und den Erwerb vorberuflicher            auf Zeitnähe basierende Abbildung und Analy-
    Referenzen? Resultiert aus den Reformen eine           se der zuletzt wirksam gewordenen Verände-
    erhöhte persönliche Belastung? Oder ist sogar          rungen scheint hierdurch nicht gewährleistet
    von einer sich nicht nur punktuell, sondern            (Stichwort Studentenansturm, vgl. Kapitel 1.1).
    ganzheitlich verändernden Lebenssituation der          Es zeichnet sich daher Bedarf an einer hoch-
    Studierenden auszugehen?                               frequenten Beleuchtung der universitären Ge-
                                                           samtlage ab, idealerweise semesteraktuell.
    Die wissenschaftliche Datenlage liefert hierzu         Eine derart konzipierte Erhebung besitzt nach
    zwar eine Reihe fundierter Erkenntnisse, ist in        Meinung der Autoren das Potenzial, den wis-
    der Summe jedoch überschaubar. Die umfang-             senschaftlichen Kenntnisstand maßgeblich zu
    reichste zyklisch erscheinende Studie hierzu ist       erweitern.
    die seit 1951 herausgegebene Sozialerhebung

    1
      Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden
    in Deutschland 2009 – 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks durchgeführt durch HIS Hochschul-
    Informations-Service, Bonn/Berlin 2010, S. 3

4         Fachkraft 2020
Die STUDITEMPS GmbH hat deshalb in Koope-             Antizipation sich anbahnender Problemfelder
ration mit dem Fachbereich Education Econo-           des hochschulpolitischen Sektors. Für Unter-
mics der Maastricht University eine Studien-          nehmen und Wirtschaftsverbände kann die Stu-
reihe initiiert, die in kurzen Intervallen (fortan    dienreihe in Zukunft Detailinformationen über
jeweils zu Semesterbeginn) den Status quo des         die allgemeine Lage der studentischen Klientel
studentischen Lebens in Deutschland erfassen          sowie deren Bedürfnisse und Erwartungen lie-
und eine Vergleichsanalyse ausgewählter As-           fern. Schließlich stehen Studierende einerseits
pekte dieses Komplexes vornehmen soll. Im Fo-         als flexible Arbeitskräfte, andererseits als früh-
kus stehen dabei drei Bereiche: (1) allgemeine        zeitig zu bindende Perspektivkräfte im Fokus
Studiensituation, (2) Jobsituation und (3) stu-       der personellen Entscheidungsträger.
dentisches Zeitmanagement.                            Mittels aktueller Daten zu Jobsituation und Zeit-
Die angestrebte Periodizität der Studie ermög-        budget der Studierenden erhalten Wirtschafts-
licht es weiterhin, neben einer langfristig avi-      akteure die Möglichkeit, ihre Bedarfe mit der
sierten Vergleichsanalyse auch auf sich kurz-         Verfügbarkeit von Arbeitskräften besser in Ein-
fristig ergebende Fragestellungen reagieren           klang bringen zu können und Rekrutierungs-
und punktuell eingehen zu können. Mittels der         strategien an die jeweilige Lage anzupassen.
so gewonnenen Erkenntnisse sollen sich fortan         Die in diesem Paper aufgeführten statistischen
Tendenzen und Problemlagen des Bildungssek-           Erhebungen besitzen rein deskriptiven Charak-
tors frühzeitiger als zuletzt erkennen bezie-         ter. Sie dienen einer ersten Orientierung für alle
hungsweise antizipieren lassen.                       Interessierten und als Beispiel für die inhaltli-
Folglich ist es ein zentraler Beitrag dieser Studi-   che Ausrichtung und das Design der fortan pe-
enreihe, die bestehende Datenlage um wichti-          riodisch erscheinenden Studie. Diese soll dann
ge, insbesondere zeitkritische Komponenten zu         zukünftig, basierend auf einer umfassenden
ergänzen und den Akteuren des hochschulpo-            Datenmenge, eine wissenschaftlich fundierte,
litischen Diskurses auf Basis semesteraktueller       präzise und aktuelle Analyse der Dynamiken
Befragungsdaten mehrwertige Analysen zu lie-          des Hochschulsektors im Allgemeinen und der
fern. Bildungspolitische Zielsetzungen können         studentischen Lebens- und Arbeitssituation im
so schnellstmöglich mit den daraus erwachsen-         Speziellen liefern.
den Konsequenzen für Studierende und Univer-
sitäten abgeglichen werden.
Ferner soll für Studierende ein Orientierungs-
rahmen geschaffen werden, anhand dessen die
eigene Studiensituation hinterfragt und einge-
schätzt werden kann. Ein Kernaspekt liegt auch
hier in der frühzeitigen individuellen

Ansprechpartner STUDITEMPS                            Ansprechpartner Maastricht University
Stephan Hartmann                                      Philipp Seegers
stephan.hartmann@studitemps.de                        p.seegers@maastrichtuniversity.nl

Michael Thiel
michael.thiel@studitemps.de

                                                                                   Einleitung              5
1.1 AUSGANGSLAGE UND RELEVANZ                            ke von 40 Prozent.3 Impliziert wird hier einmal
    „Wir müssen die Bildungsrepublik Deutschland             mehr, wie hoch problematisch eine perspekti-
    werden“2, forderte Bundeskanzlerin Angela                vische Unterversorgung der hiesigen Wirtschaft
    Merkel (CDU) Mitte 2008 im Rahmen der Vorlage            mit qualifizierten Fachkräften sei.
    des Zweiten Nationalen Bildungsberichts durch
    die Kultusminister der Länder und deklarierte            Aktuell offenbart der Blick in die Statistik ein
    damit gleichsam den Ausbau des Bildungssek-              anderes Bild. Noch im Jahr 2008 übersprang
    tors zur zentralen politischen Aufgabe. Dem              besagte Studienanfängerquote erstmals die
    zugrunde liegt ein gewachsener Problemdruck,             40-Prozent-Marke und wuchs fortan bis 2012
    ausgelöst zuvorderst durch das Spannungs-                auf rund 55 Prozent an. Verantwortlich hierfür
    verhältnis zwischen nationaler demografischer            sind laut dem Vierten Nationalen Bildungsbe-
    Entwicklung und sich international zuspitzen-            richt (2012) neben der allgemein steigenden
    den ökonomischen Verteilungskämpfen. In der              Bildungsbeteiligung vor allem vorübergehende
    Bewertung der Ausgangslage herrscht Konsens              Faktoren wie die aus der G8-Reform resultie-
    auf breiter gesellschaftlicher Ebene: Aufgrund           renden doppelten Abiturjahrgänge und die seit
    der Überalterung wird sich Deutschland in den            2011 vollzogene Aussetzung von Wehrpflicht
    kommenden Jahrzehnten nur auf Basis erheb-               und Zivildienst. In der Konsequenz übertrifft
    licher Anpassungen am globalisierten Markt               der Zuwachs an Neueinschreibungen 2011 (+
    behaupten können, was die konsequente Aus-               517.000 Studierende) und 2012 (+ 493.000 Stu-
    schöpfung der Potenziale des Bildungssektors             dierende) die bereits positive Entwicklung der
    unabdingbar macht.                                       Vorjahre nochmals beträchtlich. Zum Vergleich:
                                                             Die Summe der in beiden Jahren registrierten
    Analog dazu geht aus dem Bildungsbericht des             Immatrikulationen beträgt 1,01 Millionen und
    Jahres 2008 hervor, die Bundesrepublik habe              liegt damit um rund 180.000 Ersteinschreibun-
    im internationalen Vergleich (noch immer) zu             gen oberhalb der diesbezüglichen Addition für
    wenige Studierende: So lag die Studienanfän-             die Jahre 2008 (+ 397.000 Studierende) und 2009
    gerquote für den Altersjahrgang 2007 mit knapp           (+ 424.000 Studierende). Die nachfolgende Ta-
    37 Prozent unterhalb der politischen Zielmar-            belle verdeutlicht den Zeitverlauf seit 2000.

    2
      Nationaler Bildungsbericht – Merkel ruft „Bildungsrepublik“ aus (12. Juni 2008), in: Frankfurter Allgemeine Zei-
    tung online.
    3
      Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2008 – Ein indikatorengestützter Be-
    richt mit einer Analyse zu Übergängen im Anschluss an den Sekundarbereich I, Bielefeld 2008, S. 7.
    4
      Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2012 – Ein indikatorengestützter Be-
    richt mit einer Analyse zur kulturellen Bildung im Lebenslauf, Bielefeld 2012, S. 8 und S. 128.

6         Fachkraft 2020
TABELLE 1: NEUEINSCHREIBUNGEN IN DEUTSCHLAND VON 2000 BIS 20125

    JAHR      STUDIENANFÄNGER            VERÄNDERUNG ABSOLUT               STUDIENANFÄNGERQUOTE
    2000           314.956                        ---                              33,5 %
    2001           344.830                      29.874                             36,1 %
    2002           358.946                      14.116                             37,1 %
    2003           377.504                      18.558                             38,9 %
    2004           358.870                     -18.634                             37,1 %
    2005           356.076                      -2.794                             37,0 %
    2006           344.967                     -11.109                             35,7 %
    2007           361.459                      16.492                             37,1 %
    2008           396.800                      35.341                             40,3 %
    2009           424.273                      27.473                             43,0 %
    2010           444.719                      20.446                             45,2 %
    2011           518.748                      72.171                             54,0 %
    2012           492.674                     -26.074                             54,7 %

Auch die Gesamtzahl der Studierenden bleibt            lionen gelegen. Damit ergibt sich für die Zeit
hiervon nicht unbetroffen. Laut dem Statisti-          zwischen beiden angeführten Bildungsberich-
schen Bundesamt sind in Deutschland zum                ten eine völlig veränderte Problemlage: Stand
Wintersemester 2012/13 rund 2,5 Millionen Stu-         zunächst der schiere Mangel an Studenten im
dentinnen und Studenten immatrikuliert. Dies           Fokus der Bildungspolitik, ist es nun die Be-
entspricht gegenüber 2,025 Millionen Einschrei-        wältigung der erheblich gestiegenen Zahl von
bungen zum WS 2008/09 einer Steigerung von             Studienanfängern. Diese Umkehr der Situation
475.000 Personen (+19 %). Zuvor hatte die Zahl         wirkt umso schlagender, wenn man sich vor
der Studierenden in Deutschland ab dem WS              Augen führt, dass zwischen beiden Szenarien
2003/04 annähernd konstant bei etwa 2 Mil-             lediglich vier Jahre liegen.

5
  Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Bildung und Kultur – Schnellmeldungsergebnisse der Hochschulstatistik
zu Studierenden und Studienanfänger/-innen (Wintersemester 2012/2013), Wiesbaden 2011, S. 11.
6
  Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.): Bildung in Deutschland 2012, S. 124.

                                                                                     Einleitung            7
DIAGRAMM 1: GESAMTZAHL DER STUDIERENDEN IN DEUTSCHLAND
    (WS 02/03 BIS WS 11/12)7

             in Millionen
        3

    2,5

        2

    1,5

        1

    0,5

        0
                                                                                 /11

                                                                                          /12
               /04

                         /05

                                  /06

                                           /07

                                                    /08

                                                              /09

                                                                       /10

                                                                                                   /12
                                                                               10

                                                                                        11
              03

                       04

                                05

                                         06

                                                  07

                                                            08

                                                                      09

                                                                                                  11
                                                                            WS

                                                                                       WS
            WS

                     WS

                             WS

                                        WS

                                                WS

                                                          WS

                                                                    WS

                                                                                                WS

    In der Summe machen die vorangegangenen                 im Handelsblatt offen auf Fehlkalkulationen
    Ausführungen deutlich, welch unmittelbaren              im Hochschulwesen hin: „Für 2013 hatten wir
    und erheblichen Einfluss die Reformpolitik der          420.000 Anfänger erwartet, stattdessen waren
    letzten Jahre auf die Partizipation junger Men-         es 2011 bereits 520.000“8. Im Zuge des aktu-
    schen an universitären Bildungsmöglichkeiten            ellen Ansturms seien erhebliche finanzielle
    genommen hat. So weist Horst Hippler, Präsi-            Nachbesserungen zur Schaffung bedarfsgerech-
    dent der Hochschulrektorenkonferenz (HRK),              ter Studienplätze unumgänglich. Die Rede ist

    7
     Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Bildung und Kultur, S. 11.
    8
     „Die Wirtschaft braucht Persönlichkeiten“ – Interview mit HRK-Präsident Horst Hippler (29. Juli 2012), in:
    Handelsblatt online.

8           Fachkraft 2020
von fünf bis sieben Milliarden Euro bis 2017/18.          Als präferierte Wohnform der befragten Studie-
SPIEGEL Online zufolge erwartet die HRK bis               renden liegen nahezu paritätisch in Front die
2020 inzwischen 750.000 mehr Studienanfänger,             „Wohngemeinschaft“ (33,3 %) und die „eigene
als dies in einer Prognose aus dem Jahr 2009              Wohnung“ (32,5 %). Bei „Eltern oder Verwand-
avisiert worden war.9 An dieser Stelle zeigt sich         ten“ leben rund 18 Prozent der Befragten, es
die Berechtigung der eingangs aufgeworfenen               folgt mit 12 Prozent das Studentenwohnheim.
Frage nach der Notwendigkeit von Datenaktu-               3,6 Prozent gaben als Wohnform „zur Untermie-
alität im Hochschulwesen. Hieraus bezieht die             te bei Privatleuten“ an.
geplante Studienreihe einen erheblichen Teil              Die Angaben zum Familienstand sind wie folgt:
ihrer Relevanz.                                           3,5 Prozent der Befragten sind verheiratet, 51,8
                                                          Prozent leben in einer festen Partnerschaft, die
                                                          restlichen 44,7 Prozent befinden sich nicht in
Aus den zurückliegenden Reformen im Bil-                  einer (festen) Beziehung. Entsprechend hoch
dungsbereich resultierten binnen weniger Jahre            ist (noch) die Kinderlosigkeit, sie gilt für 97,4
umfangreiche statistische Veränderungen. Der              Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
seitens der Bildungspolitik ursprünglich diag-            14,5 Prozent gaben an, einen Migrationshinter-
nostizierte Mangel an Hochschülern ist einem              grund zu haben (heißt: mindestens ein Eltern-
gleichsam problematischen Ansturm von Stu-                teil ohne deutschen Pass). Außerdem handelt
dierenden gewichen.                                       es sich bei 28,8 Prozent der Teilnehmerinnen
                                                          und Teilnehmer um BAföG-Empfänger.
                                                          Die größte Gruppe der im Rahmen dieser Erhe-
1.2 BASISDATEN ZU DEN BEFRAGTEN                           bung Befragten kommt aus Nordrhein-Westfa-
56 Prozent der Rücksendungen entfallen auf                len (21,8 %), gefolgt von Bayern (15,8 %). Am
weibliche Teilnehmer, 44 Prozent auf männli-              geringsten war die Teilnahme in Bremen (1,1 %)
che. Das Durchschnittsalter der Befragten liegt           und dem Saarland (0,6 %). Bezogen auf die Par-
bei 23,7 Jahren. Als Mindestalter wurden 17 Jah-          tizipation in einzelnen Städten dominieren die
re, als Maximalalter 40 Jahre registriert. Rund           Metropolen: Spitzenreiter ist Berlin mit fast 12
80 Prozent gaben an, die Studienberechtigung              Prozent der zurückgesendeten Fragebögen. Es
über die allgemeine Hochschulreife erworben               folgen München (7,1 %), Köln (5,6 %), Hamburg
zu haben, weitere 12 Prozent über die Fach-               (5 %) und Frankfurt am Main (3,5 %).
hochschulreife.

9
    HRK warnt vor Studentenansturm (24. Juli 2012), in: SPIEGEL Online.

                                                                                      Einleitung              9
1.3 METHODISCHES VORGEHEN                          Repräsentativität und Rücklaufquote
     Zum Zweck der Datenerhebung bediente sich          Die vorliegende Erhebung ist zunächst reprä-
     die STUDITEMPS GmbH im September 2012 erst-        sentativ für das hauseigene Netzwerk der
     mals des hauseigenen Netzwerks mit bundes-         STUDITEMPS GmbH, abzulesen beispielsweise
     weit rund 280.000 online registrierten Studie-     an der hohen Übereinstimmung der Variablen
     renden. Eingeleitet wurde die Befragung durch      Geschlechterverteilung, Belegung von Studien-
     einen 5.000 Kontakte und fünf aufeinander fol-     fächern und angestrebter Abschlussart. Darü-
     gende Tage umfassenden Test, durch den neben       ber hinaus konnten statistische Parallelen zur
     der (1) inhaltlichen Akzeptanz der Befragung       Gesamtheit der Hochschülerinnen und Hoch-
     durch die Zielgruppe selbst der (2) bestmögli-     schüler in Deutschland nachgewiesen werden,
     che Zeitpunkt für den bevorstehenden Versand       beispielsweise mit Bezug zu studentischen Ne-
     der Hauptuntersuchung geprüft werden sollte.       benjobs. So gaben im Rahmen der vorliegenden
     Anhand der hieraus gewonnenen Erkenntnisse         Erhebung rund 82 Prozent der Befragten an,
     fand die Haupterhebung am 09. Oktober 2012         (irgendwann) schon einmal in einem Neben-
     mithilfe der online-basierten Zusendung des        job gearbeitet zu haben, 18 Prozent vernein-
     Fragebogens an insgesamt 170.000 Studierende       ten dies. Ähnliche Befunde zeigten sich in der
     statt. Am 16. Oktober, exakt eine Woche später,    Sozialerhebung des Studentenwerks aus dem
     wurde einmalig eine Erinnerungs-Mail versen-       Jahr 2009.
     det.                                               Zudem deutet die Registrierung im Netzwerk
                                                        von STUDITEMPS nicht zwingend auf eine akute
     Fragebogen                                         Jobsuche seitens der Studierenden hin. Denn
     Die 60 Fragen umfassende Erhebung entstand         vielmehr handelt es sich hierbei um eine Platt-
     in Kooperation mit dem Fachbereich Education       form, die für Studierende mit allgemeinem
     Economics der Maastricht University. Rund 65       Interesse am Themenfeld Studium und Arbeit
     Prozent der Fragen waren durch einzelne Klicks     von hohem Interesse ist. Dies zeigt sich unter
     zu beantworten, weitere 35 Prozent bedurften       anderem in der Vermittlungsstruktur des Unter-
     der händischen Eingabe in Textfelder. Inhaltlich   nehmens, die primär auf die telefonische oder
     fokussierte sich der Fragebogen auf sechs Be-      online-basierte Rückmeldung an registrierte
     standteile:                                        Studierende im Falle passender Jobangebote
                                                        abzielt. Heißt: Eine Reduzierung der Stichpro-
     » Allgemeine Fragen zum Studium
                                                        be dieser Erhebung auf Studierende mit aus-
     » Zeiteinteilung und Finanzierung                  schließlich aktuellem Jobbedarf ist mit hoher
     » Arbeiten neben dem Studium                       Wahrscheinlichkeit nicht gegeben.
     » Erwartungen an den Jobeinstieg                   Der Rücklauf dieser Befragung lässt sich bis
                                                        zum Erhebungsende am 27. Oktober 2012 auf
     » Auslandsaufenthalt
                                                        etwa 7,3 Prozent beziffern. Anders ausgedrückt:
     » Persönliche Angaben                              Von insgesamt 170.000 angeschriebenen Perso-
                                                        nen kamen 12.412 korrekt ausgefüllte Frage-
                                                        bögen retour. Rund 50 Prozent der Befragten
                                                        bestätigten zudem unmittelbares Interesse, an
                                                        einer Fortführung der Untersuchung im Folge-
                                                        semester erneut teilnehmen zu wollen.

10        Fachkraft 2020
2. ERGEBNISSE
In diesem Bereich werden die Ergebnisse der             1. Wirtschaftswissenschaften (19,3 %)
vorliegenden Erhebung für die drei Hauptkate-           2. Ingenieurwissenschaften (14,9 %)
gorien (1) Studium, (2) Jobsituation, (3) Zeitma-
                                                        3. Sozial- und Geisteswissenschaften (13,2 %)
nagement dargestellt und punktuell analysiert.
                                                        4. Sprach- und Kulturwissenschaften (10,2 %)
2.1 STUDIUM
Die im Studium eingeschlagenen Fachrichtun-             Dies sind zugleich die einzigen Fachrichtungen
gen sind ein wesentlicher Indikator für die             im zweistelligen Prozentbereich. Schlusslichter
zeitversetzte Verfügbarkeit von Absolventen             sind Psychologie (2,4 %) und Mathematik (2,1
am Arbeitsmarkt in den jeweiligen Branchen.             %). Zudem gaben 26 Prozent der Studierenden
Vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräf-             an, ein Zweitfach belegt zu haben. Prozentual
temangels ist anzunehmen, dass gerade die-              sind hier im Spitzenbereich Parallelen zur zuvor
jenigen Berufszweige mit drohenden oder sich            dargestellten Wahl der Hauptfächer erkennbar –
bereits konkret abzeichnenden Engpässen ein             jedoch in abgeänderter Reihenfolge:
steigendes Interesse an statistischen Befunden          1. Sprach- und Kulturwissenschaften (22 %)
zur Beliebtheit einzelner Studiengänge mitbrin-         2. Sozial- und Geisteswissenschaften (20,6 %)
gen dürften.
                                                        3. Wirtschaftswissenschaften (15,1 %)
2.1.1 FÄCHERBELEGUNG ALLGEMEIN
Einleitend gaben 90 Prozent der Studierenden            Dagegen fallen die Ingenieurwissenschaften
an, auch im anschließenden Wintersemester               bei der Wahl des Zweitfachs deutlich ab, sie
2012/13 an derselben Hochschule verbleiben zu           kommen lediglich auf 4,3 Prozent. Legt man
wollen, Wechselabsicht bekundeten 5,1 Prozent           im Vergleich dazu die im Zuge des drohenden
der Befragten. Die übrigen 4,9 Prozent gaben            Fachkräftemangels als richtungsweisend klassi-
an, das Studium im Sommersemester 2012 be-              fizierten MINT-Fächer10 als Maßstab an, ergibt
enden zu wollen. Fast 60 Prozent der Teilneh-           sich folgendes Bild: Insgesamt belegte im Som-
menden verteilten sich zum Zeitpunkt der Be-            mersemester 2012 fast jeder dritte Befragte im
fragung auf vier Studiengänge. Dabei handelt            Hauptfach einen diesem Bereich zugehörigen
es sich um:                                             Studiengang. Rund die Hälfte davon entfällt auf
                                                        die Ingenieurwissenschaften (14,9 %), gefolgt

10
     MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik

                                                                                   Ergebnisse              11
von Naturwissenschaften (8,7 %), Informatik       Studienfach die Naturwissenschaften mit 5,7
     (5,6 %) und Mathematik (2,1 %). Im Nebenfach      Prozent, der Minimalwert lässt sich für Mathe-
     haben fast 20 Prozent der Befragten einen die-    matik festhalten (3,8 %).
     ser Studiengänge belegt, wobei hier die prozen-
     tuale Aufteilung laut Tabelle 2 deutlich homo-
     gener ist. Zum Vergleich: Den Maximalwert im
     MINT-Bereich erreichen mit Blick auf das zweite

     TABELLE 2: PROZENTUALE FÄCHERBELEGUNG IM HAUPT- UND NEBENFACH
     FACHRICHTUNG                                             HAUPTFACH               2. FACH
     WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN                                  19.4 %                15.1 %
     INGENIEURWISSENSCHAFTEN                                    14.9 %                 4.3 %
     SOZIAL- UND GEISTESWISSENSCHAFTEN                          13.2 %                20.6 %
     SPRACH- UND KULTURWISSENSCHAFTEN                           10.2 %                22.6 %
     NATURWISSENSCHAFTEN                                         8.7 %                 5.7 %
     ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTEN                                    5.6 %                 6.5 %
     INFORMATIK                                                  5.6 %                 5.6 %
     MEDIEN UND KOMMUNIKATIONSWISSENSCHAFTEN                     5.0 %                 4.8 %
     MEDIZIN / GESUNDHEITSWISSENSCHAFTEN                         4.9 %                 1.0 %
     RECHTSWISSENSCHAFT, JURA                                    4.9 %                 2.8 %
     KUNST / MUSIK                                               3.2 %                 4.2 %
     PSYCHOLOGIE                                                 2.4 %                 3.6 %
     MATHEMATIK                                                  2.1 %                 3.8 %

12        Fachkraft 2020
2.1.2 FÄCHERBELEGUNG NACH GE-                           fragten belegt wurden, auf weiblicher Seite hin-
SCHLECHT                                                gegen lediglich von 7,5 Prozent. Damit liegt in
Der Vergleich nach Geschlecht offenbart für die         diesem Fall ein Verhältnis von annähernd 4:1
Belegung im Hauptfach eine Reihe nennens-               vor – und damit ein höherer Wert als bei der
werter Unterschiede, die analog zu weiteren             zuvor dargestellten Fächerdominanz auf weib-
wissenschaftlichen Befunden die Tendenz einer           licher Seite. Selbiges gilt für den Bereich Infor-
sich an klassischen Bildungsmustern orientie-           matik, in dem auf männlicher Seite 9,1 Prozent
renden Wahl von Studienrichtung und Berufs-             rund 2,5 Prozent weiblichen Studierenden ge-
ziel erkennen lassen.11                                 genüberstehen. In zwei weiteren MINT-Fächern
                                                        ist ein vergleichbares Ungleichgewicht nicht
So überwiegt bei Frauen im Vergleich zu Männern         bzw. weniger stark ausgeprägt – Mathematik
im Sommersemester 2012 die Fachbelegung in              und Naturwissenschaften. Während im Fachbe-
den Bereichen Sprach- und Kulturwissenschaf-            reich Mathematik nur von einer eingeschränk-
ten (14 % vs. 5.1 %), Erziehungswissenschaften          ten männlichen Dominanz gesprochen werden
(7.6 % vs. 2.7 %) und Psychologie (3 % vs. 1            kann (2,6 % vs. 1,9 %), gibt es im Bereich der
%) – allesamt im Verhältnis von annähernd 3:1.          Naturwissenschaften sogar ein leichtes Überge-
Hinzu kommen bei abgeschwächter Ungleich-               wicht auf weiblicher Seite (9 % vs. 9,1 %).13
heit die Sozial- und Geisteswissenschaften (14.8        Reduziert man die Perspektive in der Analyse
% vs. 10.7 %) oder beispielsweise Kunst/Musik           auf die kumuliert männliche und weibliche Par-
(3.9 % vs. 2,4 %). Diese Disparität bestätigt die       tizipation an Fächern aus dem MINT-Bereich,
vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales           lassen sich folgende Erkenntnisse festhalten:
(BAS) festgestellte ungleiche Geschlechterver-          Insgesamt waren im Sommersemester 2012
teilung im MINT-Bereich12 und weist vor dem             über 47 Prozent der männlichen Studierenden
Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels             in den Fächern Mathematik, Informatik, Natur-
auf ein grundlegendes bildungspolitisches Pro-          wissenschaften und Ingenieurwissenschaften
blem hin. Besonders ausgeprägt ist die Abwei-           eingeschrieben. Demgegenüber stehen auf
chung im Bereich der Ingenieurwissenschaften,           weiblicher Seite lediglich 20 Prozent, mehr-
die zum Sommersemester 2012 auf männlicher              heitlich im Bereich der Naturwissenschaften.
Seite im Hauptfach von 26,7 Prozent der Be-             Auf männlicher Seite überwiegen, wie bereits

11
   Europäische Kommission (Hrsg.): Traditionelle Rollenbilder bestimmen weiterhin Bildungserfolg (07. Juni
2010): „Viele junge Männer und Frauen entscheiden sich noch immer für Berufe, die traditionelle Geschlech-
terrollen widerspiegeln. [...] Auch in Deutschland folgt die Studienfachwahl oft traditionellen Mustern: der
Anteil der weiblichen Hochschulabsolventen im Bereich Gesundheit und Soziales betrug 2007 fast 75 Prozent
[...], im Ingenieur- und Bauwesen jedoch nur knapp 18 Prozent [...].“
12
   Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Fachkräftesicherung – Ziele und Maßnahmen der Bun-
desregierung, Berlin 2011, S. 22.
13
   Ob und inwiefern dies auf eine sozusagen intern naturwissenschaftliche Ungleichverteilung in den Berei-
chen Physik, Chemie und Biologie zurückzuführen ist, wird an dieser Stelle nicht näher erörtert.

                                                                                     Ergebnisse                13
erwähnt, die ingenieurwissenschaftlichen Stu-
                                                        Die Liste der am häufigsten belegten Stu-
     diengänge.
                                                        diengänge führen (1) Wirtschaftswissen-
     Im Gegensatz zu den MINT-Fächern haben wirt-
                                                        schaften, (2) Ingenieurwissenschaften, (3)
     schaftswissenschaftliche Studiengänge für bei-
                                                        Sozial- und Geisteswissenschaften sowie (4)
     de Geschlechter eine hohe Relevanz. Sie domi-
                                                        Sprach- und Kulturwissenschaften an. Die
     nieren auf weiblicher Seite mit 18,6 Prozent der
                                                        geschlechtlichen Unterschiede bei der Fä-
     Teilnehmerinnen, wohingegen sie auf männli-
                                                        cherbelegung lassen in Summe Tendenzen
     cher Seite gleich hinter den Ingenieurwissen-
                                                        einer Orientierung an traditionellen Rollen-
     schaften rangieren (20,5 %). Der Blick auf die
                                                        mustern erkennen.
     geschlechtsbezogene Belegung in den Neben-
     fächern offenbart ein den zuvor dargestellten
     Ergebnissen vergleichbares Gesamtbild und soll
     daher an dieser Stelle nicht vertieft werden.

     TABELLE 3: PROZENTUALE FÄCHERBELEGUNG IM HAUPTFACH NACH GE-
     SCHLECHT
     HAUPTFACH                                               MÄNNLICH               WEIBLICH
     ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTEN                                  2.7 %                  7.6 %
     INFORMATIK                                                9.1 %                  2.5 %
     INGENIEURWISSENSCHAFTEN                                  26.7 %                  7.5 %
     KUNST / MUSIK                                             2.4 %                  3.9 %
     MATHEMATIK                                                2.6 %                  1.9 %
     MEDIEN UND KOMMUNIKATIONSWISSENSCHAFTEN                   3.5 %                  5.9 %
     MEDIZIN / GESUNDHEITSWISSENSCHAFTEN                       3.1 %                  6.0 %
     NATURWISSENSCHAFTEN                                       9.0 %                  9.1 %
     PSYCHOLOGIE                                               0.9 %                  3.0 %
     RECHTSWISSENSCHAFT, JURA                                  3.8 %                  5.4 %
     SOZIAL- UND GEISTESWISSENSCHAFTEN                        10.7 %                 14.8 %
     SPRACH- UND KULTURWISSENSCHAFTEN                          5.1 %                 14.0 %
     WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN                                20.5 %                 18.6 %

14        Fachkraft 2020
2.1.3 ERWORBENE UND ANGESTREB-                         schrittweise vollzogenen Ablösung der tradi-
TE ABSCHLÜSSE                                          tionellen Studiengänge Diplom und Magister
Das Durchschnittsalter der Teilnehmerinnen             durch die international vergleichbaren Grade
und Teilnehmer dieser Erhebung liegt bei 23,7          Bachelor und Master.
Jahren, folglich verfügen rund zwei Drittel der        Mit Blick auf die vorliegende Erhebung dient
Befragten noch über keinen universitären Ab-           dies zugleich als Begründung für die gewachse-
schluss. Spitzenreiter der bereits erworbenen          ne Marginalisierung von Diplom und Magister
akademischen Grade ist der bundesweit inzwi-           bei der Frage nach dem nächsten angestrebten
schen flächendeckend eingeführte Bachelor mit          Abschluss. Lediglich 4 Prozent der Befragten ga-
18,4 Prozent. Es folgen mit Abstand Diplom (2,1        ben hier das Diplom an, 1,5 Prozent das Magis-
%), Staatsexamen (1,8 %) und Master (1,5 %).           ter-Studium. Von höherer Relevanz ist hingegen
Bezogen auf die Teilnehmerinnen und Teilneh-           das traditionelle Staatsexamen, das von rund
mer der vorliegenden Erhebung dürfte sich              11 Prozent der Befragten angestrebt wird.15 Auf
der Prozentsatz derjenigen Studierenden ohne           dem Weg zum Master befinden sich dagegen 16
bisherigen Abschluss angesichts der durch-             Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
schnittlich absolvierten Semesterzahl von 5,1
innerhalb der kommenden 12 Monate deutlich             Die Frage nach dem höchsten angestrebten Ab-
reduzieren. Denn 62 Prozent der Befragten stre-        schluss verdeutlicht, dass das Bachelor-Studi-
ben als nächsten akademischen Grad den Ba-             um (9,5 %) mehrheitlich als Durchgangsstati-
chelor an, dessen Regelstudienzeit von sechs           on zu Master (56 %) und Promotion (12,1 %)
Semestern laut einer Untersuchung des Sta-             gesehen wird. Das Staatsexamen folgt mit 8,8
tistischen Bundesamtes im Prüfjahr 2010 von            Prozent, Diplom und Magister stehen dagegen
wiederum 60 Prozent der Studierenden einge-            mit 3,5 und 1,6 Prozent am Ende der statis-
halten wurde14.                                        tischen Erfassung. Überdies beantworteten 4,8
                                                       Prozent der Studierenden die Frage nach dem
Gleichzeitig stellt dies den Höchstwert aller          höchsten angestrebten Grad mit der Option
durch die Wiesbadener Behörde verglichenen             „kein Abschluss“. Ob dies tendenziell auf un-
Abschlüsse dar. Der Master-Studiengang folgt           überwindbare Schwierigkeiten bei der Bewälti-
hier mit 48 Prozent und rangiert damit ebenfalls       gung der universitären Agenda oder aber das
deutlich vor dem traditionellen Diplom, das le-        Vorhandensein einer Art „Plan B“ für das indivi-
diglich 20 Prozent der Prüflinge in der Regel-         duelle berufliche Fortkommen zurückzuführen
studienzeit beendeten. Dies kommt zunächst             ist, bleibt im Rahmen dieser Erhebung unbe-
einer Bestätigung der bildungspolitischen Ziel-        antwortet. Dies soll durch eine weitere Option
setzung gleich, die mit dem Bologna-Beschluss          „noch nicht sicher“ im Verlauf der kommenden
erfolgte: die frühzeitigere Verfügbarkeit jun-         Befragungen präzisiert werden.
ger Absolventen am Arbeitsmarkt anhand der

Das Gros der Befragten hat noch keinen Abschluss und strebt zunächst den Bachelor an. Als finalen
Schritt der akademischen Ausbildung favorisiert die Mehrheit den Master. Das bedeutet folglich:
Der Bachelor wird seitens der Studierenden mit lediglich eingeschränkter Akzeptanz als vollwerti-
ger Abschluss wahrgenommen.

14
   Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Pressemitteilung 174/12: 2010 – 39% aller Hochschulabschlüsse in der Re-
gelstudienzeit erworben, Wiesbaden 2012.
15
   Bundesministerium für Bildung und Forschung: Die Umsetzung der Bologna-Reformen in Deutschland (08.
August.2012).

                                                                                     Ergebnisse                15
TABELLE 4: PROZENTUALER VERGLEICH DER ABSCHLUSSARTEN (STATUS QUO
     UND PERSPEKTIVE)
                                           BEREITS                 ANGESTREBT               ANGESTREBT
                                         ERWORBEN                   NÄCHSTER                 HÖCHSTER
      BACHELOR                             18.4 %                    62.0 %                    9.5 %
      DIPLOM                                2.1 %                     4.0 %                    3.5 %
      MAGISTER                              0.5 %                     1.5 %                    1.6 %
      MASTER                                1.5 %                    16.0 %                   55.9 %
      PROMOTION                             0.1 %                     1.1 %                   14.1 %
      STAATSEXAMEN                          1.8 %                    11.0 %                    8.8 %
      ANDERER ABSCHLUSS                    11.0 %                     0.9 %                    1.8 %
      KEIN ABSCHLUSS                       64.6 %                     3.4 %                    4.8 %

     2.1.4 SELBSTEINSCHÄTZUNG DER                           gegebenen Zeitpunkt nicht an eine perspekti-
     BERUFLICHEN PERSPEKTIVE                                venreiche berufliche Zukunft glauben, wobei 4
     Ungeachtet der wirtschaftlichen Probleme in            Prozent dieser Gruppe die pessimistischste Ka-
     Teilen des Euro-Raumes und den damit ver-              tegorie „stimme nicht zu“ wählten.
     bundenen Gefahren für die deutsche Wirtschaft16        Der Blick auf einzelne Studiengänge verdeut-
     werden die Jobchancen im Anschluss an den              licht jedoch, wie unterschiedlich die Jobchan-
     akademischen Abschluss von den Studierenden            cen je nach Fachrichtung gesehen werden.
     mehrheitlich positiv gesehen. So stimmte der           Die Befragten aus dem Bereich Medizin / Ge-
     Aussage „Meine Jobchancen nach dem Studium             sundheitswissenschaften blicken hier am opti-
     sind gut“ etwa ein Viertel der Befragten zu17,         mistischsten in die Zukunft: Rund 55 Prozent
     weitere 38 Prozent schränkten mit „stimme              beurteilten die Aussage in uneingeschränkter
     eher zu“ lediglich punktuell ein. Damit gehen          Form mit „stimme zu“. Daneben ließen sich
     rund 63 Prozent der Teilnehmenden von einem            auch für Ingenieurwissenschaften (41,7 %),
     tendenziell unproblematischen Übergang in das          Mathematik (41,3 %) und Informatik (39,9 %)
     spätere Berufsleben aus. Dem stehen lediglich          weit überdurchschnittlich positive Jobaussich-
     14 Prozent der Befragten gegenüber, die zum            ten erfassen. Erheblich pessimistischer sehen

     16
        Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (Hrsg.): Schlaglichter der Wirtschaftspolitik – Monats-
     bericht November 2012, Berlin 2012, S. 32: Der Bericht sieht die Eurozone am Rande einer leichten Rezessi-
     on. Zwar sei die deutsche Wirtschaft weiterhin robust, allerdings habe sich die Stimmung bei den Unterneh-
     men verschlechtert. Weiterhin werden „erhebliche Abwärtsrisiken für die Konjunktur“ festgestellt.
     17
        Zur Auswahl standen: (1) Stimme nicht zu, (2) Stimme eher nicht zu, (3) Neutral, (4) Stimme eher zu, (5)
     Stimme zu.

16         Fachkraft 2020
dagegen angehende Absolventinnen und Ab-           im Verlauf der Folgestudien näher analysiert
solventen im Bereich der Sprach- und Kultur-       werden.
wissenschaften den bevorstehenden Übergang         Die nachfolgende Tabelle fasst die positive
in den Beruf, hier stimmten lediglich 11 Pro-      Selbsteinschätzung der Befragten zusammen.
zent der Aussage „Meine Jobchancen nach dem        Es zeigt sich, dass auch in der Summe der
Studium sind gut“ voll und ganz zu. Ähnlich        beiden Antwortmöglichkeiten „stimme eher
niedrige Werte ließen sich für Studierende in      zu“ und „stimme zu“ die Befragten aus dem
den Sozial- und Geisteswissenschaften (11,4        Bereich Medizin den Spitzenplatz belegen, ge-
%), dem Bereich Kunst / Musik (14,2 %) oder        folgt von den MINT-Fächern Mathematik, Inge-
rechtswissenschaftlichen Studiengängen (16,2       nieurwissenschaften und Informatik. Kunst /
%) festhalten.                                     Musik sowie Sprach- und Kulturwissenschaften
                                                   schneiden in der Addition am schlechtesten ab.
Vergleicht man die Selbsteinschätzung der Job-
chancen männlicher und weiblicher Studieren-
der, sind ebenfalls deutliche Unterschiede fest-
stellbar: 33 Prozent der männlichen Befragten
sehen dem Jobeinstieg uneingeschränkt positiv
entgegen, auf weiblicher Seite sind es lediglich
20 Prozent. Dieser signifikante Unterschied soll

TABELLE 5: PROZENTUALE SELBSTBEINSCHÄTZUNG ZUR AUSSAGE „MEINE
JOBCHANCEN NACH DEM STUDIUM SIND GUT“
                                             STIMME EHER ZU        STIMME ZU         GESAMT
 MEDIZIN                                          29.0 %             55.4 %          84.4 %
 MATHEMATIK                                       37.8 %             41.3 %          79.1 %
 INGENIEURWISSENSCHAFTEN                         36.45 %             41.7 %          78.3 %
 INFORMATIK                                       37.0 %             39.9 %          76.9 %
 PSYCHOLOGIE                                      45.0 %             27.0 %          72.0 %
 WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN                        45.1 %             24.4 %          69.5 %
 ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTEN                         43.6 %             23.6 %          67.2 %
 NATURWISSENSCHAFTEN                              37.9 %             24.8 %          62.8 %
 RECHTSWISSENSCHAFT, JURA                         44.5 %             16.2 %          60.7 %
 MEDIENWISSENSCHAFTEN                             37.8 %             16.7 %          54.5 %
 SOZIAL- UND GEISTESWISSENSCHAFTEN                35.4 %             11.4 %          46.9 %
 KUNST / MUSIK                                    29.7 %             14.2 %          43.9 %
 SPRACH- UND KULTURWISSENSCHAFTEN                 30.8 %             11.0 %          41.9 %

                                                                             Ergebnisse             17
Die insgesamt positive Wahrnehmung der in-         Männliche Studierende sehen dem Jobeinstieg
     dividuellen Berufschancen ist dabei nicht nur      optimistischer entgegen als weibliche. Bezogen
     an die Fächerwahl, sondern auch an bereits         auf die einzelnen Fächer überwiegt eine posi-
     gemachte Joberfahrungen geknüpft. Rund 41          tive Selbstwahrnehmung bei (1) Medizin, (2)
     Prozent der Befragten sehen in der richtigen       Mathematik, (3) Ingenieurwissenschaften und
     Wahl des Nebenjobs einen Vorteil für den spä-      (4) Informatik.
     teren Berufseinstieg. Gestützt wird dies durch
     die Frage nach der individuellen Motivation für    2.1.5 ANGESTREBTER BERUFLICHER
     einen Job neben dem Studium. Hier stimmten         STATUS
     der Aussage „...um praktische Erfahrungen und      Weniger konkret konnte hingegen die Frage
     Kontakte zu sammeln“ über 50 Prozent der Be-       nach dem angestrebten beruflichen Status im
     fragten zu, lediglich 27 Prozent beantworteten     Anschluss an das Studium beantwortet wer-
     diese Aussage mit „nein“.                          den. Die meisten Stimmen (37,2 %) entfielen
                                                        hier auf die Option „noch nicht sicher“, was
     Dennoch wird der Nebenjob über den akade-          ursächlich auf das recht frühe akademische
     mischen Abschluss hinaus mehrheitlich nicht        Stadium zurückzuführen sein dürfte, in dem
     als beruflich vertiefenswert bzw. ausbaubar        sich die Befragten zum Zeitpunkt der Erhebung
     angesehen: Der Aussage „Mein Nebenjob ist          mehrheitlich befanden (= rund 65 Prozent noch
     für mich später auch in Vollzeit vorstellbar“      ohne Abschluss, vgl. Tabelle 4). Dagegen ist ein
     stimmten lediglich 6,4 Prozent uneingeschränkt     Beruf im Angestelltenverhältnis für 29,7 Prozent
     zu. Weitere 8,3 Prozent entschieden sich für die   fest avisiert, gefolgt von der Beamtenlaufbahn
     Option „stimme eher zu“ (14,7 % gesamt). Im        (12,6 %) und dem Status Unternehmer(in), wo-
     Vergleich dazu gaben in Summe der Antwortop-       für sich im Rahmen dieser Befragung 11,8 Pro-
     tionen „stimme nicht zu“ und „stimme eher          zent entschieden. Eine freiberufliche Tätigkeit
     nicht zu“ 65 Prozent an, der Aussage nicht zu-     wird von lediglich 8,7 Prozent der Befragten
     stimmen zu können (vgl. dazu Kapitel 2.2.2).       angestrebt.

18        Fachkraft 2020
2.1.6 BEREITSCHAFT ZU TRANSNATI-                       zahl – die durch Zuwanderung ja nur begrenzt
ONALER ARBEITSMIGRATION                                kompensiert werden kann – das ökonomische
Für die ökonomische Leistungsfähigkeit                 Wachstum insgesamt absinken werde; manche
Deutschlands ist die viel zitierte Frage nach den      vermuten, dass mit dem zunehmenden Alter
Fach- und Führungskräften in den kommenden             der Erwerbstätigen die Dynamik, die Innovati-
Dekaden von elementarer Bedeutung. Eine Spe-           onsfähigkeit der Wirtschaft leiden werde – sehr
zifizierung hierzu liefert Daniela Kolodziej:          zum Nachteil Deutschlands im internationalen
                                                       Wettbewerb mit Ländern, die weniger stark al-
„Ein Fachkräftemangel […] in Deutschland lässt         tern oder schrumpfen.“ 19
sich bereits heute […] ablesen, allerdings kann
er nicht immer wissenschaftlich präzise für die        Wesentlicher bildungspolitischer Eckpfeiler zur
einzelnen Berufsfelder beschrieben werden. […]         Eindämmung dieser Problematik ist die opti-
Es deutet jedoch vieles darauf hin, dass sich in       mierte universitäre Ausbildung inländischer
den kommenden Jahren ein Fachkräftemangel              Potenziale, was den Verbleib derselben über
im mittleren und hohen Qualifikationsniveau            das Studium hinaus jedoch zwingend voraus-
einstellen kann, wenn nicht mit verschiede-            setzt. Umso problematischer erweist sich in
nen Maßnahmen einer solchen Entwicklung                diesem Zusammenhang die bei Studierenden
entgegengewirkt wird. […] So sollen einerseits         in Deutschland festzustellende Bereitschaft, im
die Potentiale der vorhandenen inländischen            Anschluss an den akademischen Abschluss im
Arbeitskräfte stärker ausgeschöpft und ande-           Ausland zu arbeiten. Für etwa 80 Prozent der
rerseits bürokratische Hürden für die Zuwande-         Befragten stellt dies eine ernstzunehmende Op-
rung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland         tion dar. Gestützt wird diese hohe Bereitschaft
abgebaut werden.“18                                    zu transnationaler Arbeitsmigration durch ein
                                                       Gutachten des Sachverständigenrates deut-
Dem zugrunde liegt ein gewachsener Prob-               scher Stiftungen für Integration und Migration
lemdruck, zuvorderst ausgelöst durch das Span-         aus dem Jahr 2011, demzufolge auch immer
nungsverhältnis zwischen gesellschaftlicher Al-        mehr junge Spitzenkräfte mit Migrationshinter-
terung und sich zuspitzenden wirtschaftlichen          grund (und hier besonders diejenigen, die in
Verteilungskämpfen auf internationaler Ebene.          Deutschland aufgewachsen sind), die Bundes-
Jürgen Kocka schreibt hierzu:                          republik nach dem Studium dauerhaft verlas-
„Mit seriöseren Argumenten sagen Ökonomen              sen.20
voraus, dass mit abnehmender Erwerbstätigen-

18
   Kolodziej, Daniela: Fachkräftemangel in Deutschland – Statistiken, Studien und Strategien, in: Deutscher
Bundestag (Hrsg.), Infobrief WD 6 – 3010-189/11, Berlin 2012, S. 30 f.
19
   Kocka, Jürgen: Chancen und Herausforderungen einer alternden Gesellschaft, in: Staudinger, Ursula / Häf-
ner, Heinz (Hrsg.): Schriften der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Heidelberger Akademie der
Wissenschaften (Buch 18): Was ist Alter(n)? Neue Antworten auf eine scheinbar einfache Frage, Berlin/Heidel-
berg 2008, hier fehlt die Seitenangabe!
20
   Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (Hrsg.): Migrationsland 2011 –
Jahresgutachten 2011 mit Migrationsbarometer, Berlin 2012, S. 42: „In der Altersgruppe von 30 bis 35 Jahren
wanderten 2009 sowohl ausländische als auch deutsche Staatsangehörige häufiger ab als zu. Damit verlas-
sen im Saldo gerade die Personen Deutschland, die für den Arbeitsmarkt am wichtigsten sind: junge Men-
schen mit einer qualifizierten Ausbildung und aktueller Berufserfahrung.“

                                                                                    Ergebnisse                 19
2.1.7 FREMDSPRACHKENNTNISSE IM                     tegorie nicht annähernd erreichter Wert. Weite-
     VERGLEICH                                          re 40 Prozent beurteilten ihre Sprachkenntnisse
     Wesentliche Voraussetzung für eine berufliche      als „gut“, gefolgt von „Grundkenntnissen“ (7,5
     Orientierung ins Ausland ist die individuelle      %) und „Muttersprachler“ (1,6 %). Lediglich
     Sprachkompetenz. Selbige wird nachfolgend          0,3 Prozent gaben an, über keinerlei Englisch-
     dargestellt für:                                   kenntnisse zu verfügen. Setzt man voraus, dass
                                                        bereits die Kategorie „gute Kenntnisse“ die Er-
     » Englisch
                                                        fordernisse einer unproblematischen bzw. zeit-
     » Französisch                                      nahen sprachlichen Integration im jeweiligen
     » Spanisch                                         Zielland abdeckt, könnten für das englischspra-
     » Chinesisch                                       chige Ausland über 90 Prozent der Befragten
                                                        grundsätzlich von Interesse sein – und umge-
     » Russisch
                                                        kehrt.

     Englisch ist die Welt- und Wirtschaftssprache      Die Bereitschaft zu transnationaler Arbeitsmig-
     Nummer Eins. Rund 1,5 Milliarden Menschen          ration ist bei den befragten Studierenden groß
     beherrschen sie, darunter 375 Millionen Mut-       (und problematisch mit Blick auf den sich ab-
     tersprachler (=25 % der weltweiten Sprecher        zeichnenden Mangel an Fachkräften). Die als
     sind Muttersprachler). Im Rahmen dieser Un-        hoch einzustufende Sprachkompetenz im Eng-
     tersuchung gaben 51,2 Prozent der Befragten        lischen ist als wichtiger Indikator für die Prak-
     an, über fließende Englischkenntnisse zu verfü-    tikabilität dieser Migrationsbereitschaft anzuse-
     gen, ein in allen übrigen Sprachen für diese Ka-   hen.

     DIAGRAMM 2: SELBSTAUSKUNFT ZU ENGLISCHEN SPRACHKENNTNISSEN

                                                                         Muttersprachler

                                                                         Fließend

                                                                         Gut

                                                                         Grundkenntnisse

                                                                         Keine Kenntnisse

20        Fachkraft 2020
Französisch ist die fünftmeist gesprochene       gegen gaben 39 Prozent an, im Französischen
Sprache der Welt, mit 79 Millionen Mutter-       über „keine“ Sprachkenntnisse zu verfügen.
sprachlern und 370 Millionen Sprechern gesamt    Den in dieser Kategorie alle anderen Sprachen
(21 % Muttersprachler). Im Gegensatz zur eng-    übertreffenden Spitzenwert erreichte die Frage
lischen Sprache wird sie unter den Befragten     nach den „Grundkenntnissen“: 43 Prozent ver-
dieser Untersuchung von lediglich 4 Prozent      orteten sich in dieser Kategorie.
fließend gesprochen. Weitere 2,2 Prozent sind
Muttersprachler, sodass sich die Summe der
Teilnehmer mit perfektem bzw. ausgezeichne-
tem Sprachniveau auf 6,2 Prozent beläuft. Da-

DIAGRAMM 3: SELBSTAUSKUNFT ZU FRANZÖSISCHEN SPRACHKENNTNISSEN

                                                                     Muttersprachler

                                                                     Fließend

                                                                     Gut

                                                                     Grundkenntnisse

                                                                     Keine Kenntnisse

Als viertgrößte Sprache der Welt wird Spanisch   über „gute Kenntnisse“ und in Summe ledig-
von 330 Millionen Muttersprachlern und ins-      lich 3,6 Prozent über perfekte/ausgezeichnete
gesamt 420 Millionen Menschen gesprochen         Kenntnisse (davon 2,3 % „fließend“ und 1,3 %
(79 % Muttersprachler). Dennoch rangiert sie     „Muttersprachler“). Perspektivisch deutet sich
in der Relevanz der in Deutschland Studieren-    für den deutschen Bildungsbereich jedoch eine
den etwas hinter dem Französischen, wofür als    Relevanz-Erhöhung der spanischen Sprache
Begründung zunächst die größere geografische     an. So berichtete ZEIT ONLINE im September
Entfernung der Bundesrepublik zu Spanien         2012 über sich deutlich erhöhende Zahlen von
anzunehmen ist. 26,6 Prozent der Befragten       Deutschlernern in Spanien und weiteren südeu-
verfügen über „Grundkenntnisse“, 6,7 Prozent     ropäischen Staaten, registriert durch das Goe-

                                                                           Ergebnisse             21
the-Institut21. Um 80 Prozent sei die Nachfrage           50 Prozent22, wodurch Arbeits- und Bildungsmi-
     nach Deutschkursen in Spanien ab 2010 gestie-             gration in wirtschaftlich bessergestellte Staaten
     gen, heißt es in dem Artikel. Hintergrund: Die            als individuelle Option im Leben junger Men-
     Jugendarbeitslosigkeit liegt hier derzeit bei über        schen an Gewicht zu gewinnen scheinen.

     DIAGRAMM 4: SELBSTAUSKUNFT ZU SPANISCHEN SPRACHKENNTNISSEN

                                                                                     Muttersprachler

                                                                                     Fließend

                                                                                     Gut

                                                                                     Grundkenntnisse

                                                                                     Keine Kenntnisse

     Russisch ist weltweit gesehen die siebtgrößte             nen). Die Zahl der Sprecher beträgt weltweit
     Sprache. 165 Millionen Muttersprachlern ste-              1,1 Milliarden (= 90 % Muttersprachler). An den
     hen hier 275 Millionen Sprecher gegenüber (=              deutschen Hochschulen spielt Chinesisch ledig-
     60 % Muttersprachler). Unter den Befragten be-            lich eine untergeordnete Rolle. Trotz der welt-
     finden sich über 4 Prozent „Muttersprachler“,             wirtschaftlich stark gestiegenen Relevanz der
     in dieser Kategorie der Spitzenwert im Vergleich          Sprache verfügen 96,4 Prozent der Teilnehmer
     aller fünf untersuchten Sprachen. Weitere 1,6             über „keine“ Sprachkenntnisse (Höchstwert al-
     Prozent gaben „gute Kenntnisse“ an, rund 88               ler untersuchten Sprachen in dieser Kategorie).
     Prozent verweisen demgegenüber auf keinerlei              Über Grundkenntnisse verfügen 2,3 Prozent der
     Sprachkenntnisse.                                         Befragten, alle übrigen Angaben liegen deutlich
                                                               unterhalb der Ein-Prozent-Marke.
     Chinesisch rangiert in der Liste der weltgröß-
     ten Sprachen hinter dem Englischen auf dem                2.2 JOBSITUATION
     zweiten Platz, hat jedoch die mit Abstand größ-           Die Jobsituation angehender Absolventinnen
     te Zahl an Muttersprachlern (rund 980 Millio-             und Absolventen hat angesichts der zeitlichen

     21
          Noack, Rick: Ohne Deutsch kein Job (14. September 2012), in: Die Zeit online.
     22
          Jugendarbeitslosenquote in den EU-Ländern September 2012 (Oktober 2012).

22           Fachkraft 2020
Straffung des Studiums durch Bachelor und         Nachwuchskräfte gelegen sein dürfte.
Master zweifelsfrei an Komplexität hinzuge-
wonnen. So zeigt der Blick auf die Zeitbudgets    2.2.1 QUANTITATIVE JOBERFAHRUN-
der Studierenden, dass universitärer Mehrauf      GEN
wand wochentags und auch am Wochenende            Zum Status quo: Die Teilnehmerinnen und Teil-
tendenziell zu Lasten von Arbeits- und Freizeit   nehmer dieser Studie gaben an, bis zum Zeit-
geht (vgl. Kapitel 2.3).                          punkt der Befragung im Durchschnitt 2,3 Ne-
                                                  benjobs absolviert zu haben. Dabei weisen 17,9
Dementsprechend begründeten rund 42 Pro-          Prozent keinerlei Joberfahrung auf, das Gros der
zent der im Zuge dieser Erhebung Befragten        Befragten gibt einen einzigen bisherigen Job an.
ihre fehlenden Nebenjoberfahrungen mit einer      Auch zeigt sich, dass weibliche Studierende im
„zu großen Belastung“ durch die Hochschul-        Durchschnitt über (etwas) mehr Nebenjober-
Agenda (weiblich = 46,9 %; männlich = 35,6 %).    fahrung verfügen. Dies verdeutlicht die gerin-
Dies zu verfolgen, ist eine der zentralen Ziel-   gere Prozentzahl der für die Kategorie „ohne
setzungen dieser periodisch wiederkehrenden       bisherige Joberfahrung“ gemachten Angaben
Publikation, zumal den Branchen und Unter-        – sie liegt auf weiblicher Seite bei 17 Prozent.
nehmen vor dem Hintergrund der demografisch       Demgegenüber gaben 20,2 Prozent der männli-
ungünstigen Rahmenbedingungen an einer            chen Befragten an, über keinerlei Joberfahrung
immer früheren Einbindung perspektivreicher       zu verfügen.

DIAGRAMM 5: SELBSTAUSKUNFT ZUR ANZAHL DER BISHERIGEN JOBS

      % der Befragten
30

25

20

15

10

 5

 0
             0 Jobs        1 Job         2 Jobs        3 Jobs         4 Jobs        5 Jobs

                                                                               Ergebnisse            23
Die Studierenden mit Joberfahrung arbeiteten       2.2.2 NEBENJOBS MIT STUDIENBE-
     dieser Befragung zufolge überwiegend und           ZUG
     „regelmäßig im selben Job“ (44,8 %). Auf die       Rund ein Drittel der Teilnehmenden gab an, im
     Option „flexibel in wechselnden Jobs“ verwie-      Sommersemester 2012 einen Nebenjob mit ei-
     sen 25,6 Prozent, wohingegen 29,6 Prozent der      nem direkten inhaltlichen Bezug zum Studium
     Befragten mit Joberfahrung beide Möglichkeiten     ausgeübt zu haben, für weitere 6 Prozent gilt
     wahrnahmen.                                        dies mit Bezug zu einer bereits absolvierten
     Zur ebenfalls abgefragten Jobaktualität ist ein-   Ausbildung. Diese Gruppe soll im Zuge der
     leitend zu sagen, dass über 80 Prozent der Teil-   folgenden Erhebungen besondere Berücksich-
     nehmerinnen und Teilnehmer zum Zeitpunkt           tigung erfahren. Es wird zu prüfen sein, ob die
     der Beantwortung angaben, in den vorangegan-       studienfachnahe Jobwahl Auswirkungen auf
     genen sechs Monaten einer bezahlten Tätigkeit      den Stundenlohn, die Zukunftsperspektive etc.
     nachgegangen zu sein. Dies deckt sich mit den      hat. Es bietet sich hier ein Vergleich mit der
     nachfolgend unter Punkt 2.2.8 im Detail darge-     Gruppe der Studierenden an, deren Job keinen
     stellten Motiven für das Jobben und der sich       inhaltlichen Bezug zu Studium oder Berufsaus-
     daraus ergebenden Relevanz des Themas Ar-          bildung aufweist (diese Gruppe macht in die-
     beit im Leben junger Studierender. Die Gruppe      ser Erhebung 60 Prozent der Befragten aus).
     ohne jegliche Jobaktivität in den zurückliegen-
     den sechs Monaten gab in lediglich 3,9 Prozent     Gegenüber dieser prozentualen Gewichtung
     der Fälle an, Gelderwerb sei in diesem Zeitraum    konnten sowohl für den Vergleich „Mann vs.
     nicht erforderlich gewesen.                        Frau“ als auch für den Vergleich „Migrations-
     Das Gros von 9,4 Prozent sah aufgrund der zu       hintergrund vs. kein Migrationshintergrund“
     hohen Studienbelastung keinen Spielraum für        keine erwähnenswerten Unterschiede festge-
     das Jobben. Zudem fällt das Nichtfinden eines      stellt werden. Hingegen offenbart der Blick auf
     Jobs als Begründung für temporäre Arbeitslo-       die einzelnen Fachrichtungen zum Teil erheb-
     sigkeit kaum ins Gewicht. Lediglich 3,2 Prozent    liche Abweichungen, wobei im Folgenden le-
     der Befragten gaben dies an, was im Umkehr-        diglich auf die prozentuale Gewichtung der Ne-
     schluss als Anzeichen für eine in Deutschland      benjobs mit Bezug zum Studium eingegangen
     sehr ausgeprägte Struktur von studentischen        werden soll. Den diesbezüglichen Spitzenwert
     Verdienstmöglichkeiten verstanden werden           erreichen die Studierenden aus dem Bereich
     darf. Wer als Student arbeiten möchte, so die      der Medienwissenschaften (44,9 %), gefolgt
     Quintessenz der erhobenen Daten, wird mit ho-      von Erziehungswissenschaftlern (41 %) und In-
     her Wahrscheinlichkeit fündig werden.              formatikern (37,9 %). Am Ende rangieren Natur-
                                                        wissenschaftler (25,9 %) und Juristen (23,6 %).

24        Fachkraft 2020
Sie können auch lesen