Fachkräfteengpässe schon über Vorkrisenniveau - GemeinsamFürFachkräfte DIHK-Report Fachkräfte 2021

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Fachkräfteengpässe schon über Vorkrisenniveau - GemeinsamFürFachkräfte DIHK-Report Fachkräfte 2021
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 1

Fachkräfteengpässe schon
über Vorkrisenniveau
DIHK-Report Fachkräfte 2021

  GemeinsamFürFachkräfte
2 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21

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       Friedemann Encke, DIHK

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       Stand
       November 2021
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Inhalt
Methodik                                                                                                                            3

Das Wichtigste in Kürze                                                                                                             4

I.   Noch mehr Fachkräfteengpässe als vor der Krise                                                                                 5

II.	Unternehmen suchen am häufigsten beruflich Qualifizierte – Tendenz steigend                                                    7

III. Wie reagieren die Unternehmen?                                                                                                10

IV. Fachkräftemangel – mit gravierenden Folgen                                                                                    20

DIHK-Empfehlungen                                                                                                                 25

Fragebogen                                                                                                                        27

Methodik
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat im     Beschäftigten. Zwei Prozent der Antworten entfallen auf große
Rahmen seiner DIHK-Konjunkturumfrage im Herbst 2021 die In-    Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.
dustrie- und Handelskammern (IHKs) gebeten, die Unternehmen
u. a. auch zum Themenfeld Fachkräftesicherung zu befragen.     Die IHKs gestalten ihre Stichprobe so aus, dass ein repräsen-
                                                               tatives Stimmungsbild der gewerblichen Wirtschaft vor Ort
Der DIHK-Auswertung liegen je nach Fragestellung bis zu        abgebildet ist (branchen-, regionen- sowie unternehmensgrö-
23.000 Unternehmensantworten zugrunde. Nach Wirtschafts-       ßenbezogen geschichtete Stichprobe). Die Aggregation auf
bereichen stammen die Antworten aus der Industrie (28 Pro-     Bundesebene erfolgt über eine regionale und branchenbezo-
zent), aus der Bauwirtschaft (sechs Prozent), aus dem Handel   gene Gewichtung. Die Antworten der regelmäßigen Konjunk-
(22 Prozent) und aus den Dienstleistungen (44 Prozent).        turfragen von Betriebsstätten mit mehr als 500 Beschäftigten
                                                               sind mit dem Faktor 2 und die Antworten von Betriebsstätten
Die Untergliederung nach Unternehmensgröße weist 50 Pro-       mit mehr als 1.000 Beschäftigten mit dem Faktor 3 gewichtet.
zent kleine Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigten aus, 40    Bei den hier gestellten Fragen zur Fachkräftesicherung wird
Prozent mittlere Unternehmen mit 20 bis 199 Beschäftigten      auf die Gewichtung nach Größenklassen verzichtet
sowie acht Prozent mittelgroße Unternehmen mit 200 bis 999
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       Das Wichtigste in Kürze
       Noch mehr Fachkräfteengpässe als vor der Krise

       •	Mehr als jedes zweite der 23.000 antwortenden Unterneh-          •	An dritter Stelle (34 Prozent) steht die Erleichterung der
          men kann offene Stellen zumindest teilweise nicht beset-            Vereinbarkeit von Familie und Beruf, damit mehr Eltern
          zen, weil es keine passenden Arbeitskräfte findet. Damit            am Arbeitsleben teilnehmen, aber auch ihre Arbeitszeiten
          sind aktuell bereits mehr Unternehmen von Stellenbeset-             ausweiten können. Die Corona-Pandemie mit geschlossenen
          zungsschwierigkeiten betroffen als vor der Corona-Krise im          Schulen und Kitas hat noch einmal deutlich gemacht, wie
          Herbst 2019.                                                        wichtig eine gute Vereinbarkeit für das Funktionieren der
                                                                              Betriebe ist.
       •	Die größten Engpässe bestehen in der Bauwirtschaft (66
          Prozent), die von der Krise nicht so stark getroffen wur-        •	Die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte ist für jedes
          de wie Industrie, Handel und Dienstleister. Den stärksten           dritte Unternehmen (34 Prozent) eine Option. Das Fachkräf-
          Anstieg der Stellenbesetzungsprobleme gegenüber dem                 teeinwanderungsgesetz, das die Zuwanderung aus Nicht-
          Vorjahr (Herbst 2020) berichten die Industrieunternehmen            EU-Staaten gerade für beruflich Qualifizierte erleichtern
          (von 29 auf 53 Prozent).                                            soll, trat im März 2020 in Kraft und wurde zunächst von der
                                                                              Pandemie ausgebremst. In den kommenden Monaten kann es
                                                                              einem Praxistest unterzogen werden.
       Unternehmen suchen am häufigsten beruflich
       Qualifizierte – Tendenz steigend
                                                                           Fachkräftemangel – mit gravierenden Folgen
       •	57 Prozent der Unternehmen, die Stellen nicht besetzen
          können, suchen erfolglos Personen mit dualer Berufsausbil-       •	Der Fachkräftemangel stellt nicht nur die direkt betroffenen
          dung. Hier haben die Engpässe merklich zugenommen, denn             Unternehmen vor Herausforderungen, sondern die Volks-
          dies sind acht Prozentpunkte mehr als bei der letzten DIHK-         wirtschaft insgesamt. Zukunftsprojekte wie Digitalisierung,
          Umfrage zu diesem Thema (Herbst 2018).                              Klimaschutz oder Infrastruktur- und Wohnungsbau sind auf
                                                                              ausreichend Fachkräfte in den Betrieben angewiesen.
       •	Auch Absolventinnen und Absolventen mit Weiterbildungsab-
          schluss sind gesucht – hier berichtet jedes dritte von Engpäs-   •	Neben der Mehrbelastung der Belegschaften (61 Prozent)
          sen betroffene Unternehmen von einer erfolglosen Suche.             sorgen sich viele Unternehmen um steigende Arbeitskosten
                                                                              (58 Prozent) als Folge von Engpässen. Gehen diese in die
       •	Hochschulabsolventinnen und -absolventen werden beson-              Preise ein, wäre das vor dem Hintergrund der anziehenden
          ders in Branchen mit IT-Bezug gesucht, was die Knappheit            Inflation eine nicht zu vernachlässigende Entwicklung.
          der IT-Experten dokumentiert.
                                                                           •	43 Prozent der Unternehmen erwarten, dass sie Aufträge
                                                                              verlieren oder ablehnen oder ihr Angebot reduzieren müssen,
       Wie reagieren die Unternehmen?                                         wenn das nötige Personal fehlt. Dieser Anteil hat sich im Ver-
                                                                              gleich zu 2019 weiter erhöht (damals 39 Prozent). Hier zeigt
       •	Mit der Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität wollen die        sich besonders deutlich, dass weite Teile der Wirtschaft durch
          meisten Unternehmen auf Engpässe reagieren (53 Prozent).            Engpässe in einzelnen Bereichen in Mitleidenschaft gezogen
          Neben dem Gehalt zählen z.B. Möglichkeiten zum flexiblen und        werden können – z.B. wenn Vorprodukte fehlen, Lieferkapa-
          mobilen Arbeiten dazu.                                              zitäten eingeschränkt sind, IT-Experten für die Digitalisierung
                                                                              im Mittelstand nicht verfügbar sind oder Bauprojekte schei-
       •	Knapp jedes zweite Unternehmen (46 Prozent) möchte seine            tern, weil für Planung und Ausführung zu wenig Fachkräfte
          eigene Ausbildung weiter intensivieren, um perspektivisch           vorhanden sind.
          die Fachkräftebasis zu sichern.
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I. Noch mehr Fachkräfteengpässe als vor der Krise
Die deutsche Volkswirtschaft steht nicht nur bei der Bewälti-                  Stellen nicht besetzen, das waren 15 Prozentpunkte weniger als
gung der Pandemiefolgen, sondern auch durch die Digitalisie-                   im Herbst 2019. 51 Prozent hatten vor Jahresfrist, insbesondere
rung der Geschäftsprozesse, den Kampf gegen den Klimawandel                    pandemiebedingt, keinen Personalbedarf – aktuell sind dies 34
und durch den verschärften demografischen Wandel vor großen                    Prozent. Obwohl die Pandemiefolgen in vielen Unternehmen
und langfristigen Modernisierungsherausforderungen. Um diese                   noch nicht überstanden sind, der Wirtschaftsaufschwung ins
Herkules-Aufgaben der Zukunft zu stemmen, benötigt die deut-                   Stocken gerät und bezüglich der weiteren Entwicklung erhebli-
sche Wirtschaft Fachkräfte. Der vorliegende DIHK-Report macht                  che Unsicherheiten bestehen1, sind die Besetzungsprobleme am
jedoch deutlich, dass die gesuchten Fachkräfte in den Unterneh-                aktuellen Rand sogar größer als vor der Krise. Nur 15 Prozent
men mehr und mehr zum Engpassfaktor werden.                                    der Unternehmen berichten derzeit von problemloser Stellenbe-
                                                                               setzung, vor der Krise waren es mit 17 Prozent etwas mehr.2
Aktuell berichtet mehr als jedes zweite Unternehmen (51
Prozent), dass es längerfristig offene Stellen zumindest teilwei-              Der Fachkräftemangel ist für die Unternehmen bereits wieder das
se nicht besetzen kann. Damit ist der deutliche Rückgang der                   größte Geschäftsrisiko – dies nennen 59 Prozent. Nachdem dieser
Stellenbesetzungsprobleme, der sich im Herbst 2020 infolge der                 schon vor der Krise als Top-Risiko galt, war der Wert im Frühsom-
Corona-Pandemie und dem zwischenzeitlichen Einbruch der                        mer 2020 coronabedingt zwischenzeitlich auf 26 Prozent gefallen.
Personalnachfrage eingestellt hatte, bereits jetzt wieder aufge-               Energie- und Rohstoffpreise folgen aktuell mit 58 Prozent und die
zehrt. Im letzten Herbst konnten 32 Prozent der Unternehmen                    wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mit 43 Prozent.3

                       Können Sie in Ihrem Unternehmen derzeit offene
                       Stellen längerfristig nicht besetzen, weil Sie
                       keine passenden Arbeitskräfte finden?
                       Nach Wirtschaftszweigen – in Prozent

     Gesamt 2021                                      51                                         15                             34
     Gesamt 2020                       32                                 18                                         51

    Industrie 2021                                     53                                             19                             27
    Industrie 2020                    29                              21                                         49

         Bau 2021                                               66                                          9                        25
         Bau 2020                                          55                                     12                            33

      Handel 2021                                45                                    14                                 41
      Handel 2020                     29                             18                                         53

    Dienstleistungen
                2021                                  50                                    13                                 37
    Dienstleistungen
                2020                   31                             17                                        52
                       0         10         20             30         40          50             60        70              80             90        100

                           ja, Stellen können nicht besetzt werden             nein, keine Probleme              nein, derzeit kein Personalbedarf

1
    gl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Aufschwung droht ausgebremst zu werden – Standort Deutschland attraktiver
   V
   für Unternehmen gestalten, DIHK-Konjunkturumfrage Herbst 2021, Berlin 2021.
2
  Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräftesuche bleibt Herausforderung, DIHK-Report Fachkräfte 2020, Berlin 2020.
3
   Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Aufschwung droht ausgebremst zu werden – Standort Deutschland attraktiver
    für Unternehmen gestalten, DIHK-Konjunkturumfrage Herbst 2021, Berlin 2021.
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       Größte Besetzungsprobleme in der Bauwirtschaft                       zu besetzen, die im Zuge des Lockdowns verloren gegangen
       – stärkster Anstieg in der Industrie                                 sind. Nicht selten haben Beschäftigte zu Zeiten geschlosse-
                                                                            ner Hotels und Restaurants alternative Tätigkeiten in anderen
       Besonders in der Bauwirtschaft bestehen weiterhin Schwie-            Branchen gefunden und sind dort geblieben, was die Suche der
       rigkeiten. Dort bleiben bei zwei Drittel der Betriebe Stellen        Gastronomie zur Herausforderung macht.
       unbesetzt – nur neun Prozent beurteilen die Besetzung als
       problemlos. Der Bau war von den Auswirkungen der Krise               Die Gruppe der Investitionsgüterproduzenten (wie z.B. Maschi-
       weniger stark betroffen als Industrie, Handel und Dienstleistun-     nenbau, Hersteller von EDV-Geräten, Fahrzeugbau) ist ebenfalls
       gen, daher fällt der Anstieg im Vorjahresvergleich auch nicht so     überdurchschnittlich häufig mit Besetzungsschwierigkeiten
       deutlich aus (plus elf Prozentpunkte). In der Industrie zeigt sich   konfrontiert (57 Prozent). Investitionen sind ein Schlüssel für
       dagegen ein merkliches Plus von 24 Prozentpunkten, dort kann         nachhaltiges Wachstum und Zukunftsfähigkeit. Allerdings
       zurzeit mehr als jedes zweite Unternehmen Stellen nicht wie          sehen die Unternehmen einen erheblichen Investitionsbedarf im
       gewünscht besetzen (53 Prozent). Auch bei den Dienstleistern         öffentlichen und privaten Bereich.4 Fehlende Fachkräfte bei den
       (50 Prozent; plus 19 Prozentpunkte) und im Handel (45 Prozent;       dafür relevanten Herstellern können die nötigen Investitionen
       plus 16 Prozentpunkte), bei denen besonders viele Betriebe in        verringern.
       den zurückliegenden Monaten der Pandemie von Geschäftsein-
       bußen getroffen wurden, steigen die Besetzungsschwierigkeiten
       aktuell wieder an.                                                   Schwierigkeiten besonders im Mittelstand

                                                                            Mit größerer Belegschaft nimmt der Anteil der Unternehmen zu,
       Viele Branchen betroffen                                             die Stellen nicht wie geplant besetzen können (64 Prozent der
                                                                            Unternehmen mit 20 bis 199 und 66 Prozent mit 200 bis 999
       67 Prozent der Gesundheits- und Sozialdienstleister (u.a.            Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; bei Großunternehmen mit
       wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von Krankenhäusern oder            über 1.000 Beschäftigten sind es 59 Prozent). Bei der Interpre-
       Arztpraxen, Kindertagesstätten, Pflegeheime, ambulante Alten-        tation ist zu beachten, dass größere Unternehmen regelmäßig
       und Pflegedienste) können offene Stellen längerfristig nicht         Personal suchen und daher im Vergleich mit KMU auch der
       besetzen, weil sie keine passenden Fachkräfte finden. Viele          Anteil höher ist, der Stellen nicht besetzen kann. Dennoch
       Betriebe aus diesem Bereich sind seit Monaten besonders ge-          gelingt diesen Unternehmen im Vergleich mit kleinen Betrieben
       fordert und benötigen Personal, das jedoch bereits seit etlichen     die Stellenbesetzung etwas öfter ohne Probleme: so berichten
       Jahren knapp ist. Hinzu kommt, dass Betriebe auch Beschäftigte       etwa 29 Prozent der Großunternehmen und 22 Prozent in
       verloren haben, die sich vor dem Hintergrund der Pandemie            der Größenklasse 200 bis 999 Beschäftigte von problemloser
       andere Tätigkeiten gesucht haben.                                    Stellenbesetzung, während dies bei den kleinen mit bis zu 19
                                                                            Beschäftigten elf Prozent sind.
       In der Bauwirtschaft insgesamt und in einzelnen Teilbereichen
       des Baus wie z.B. dem Ausbaugewerbe (72 Prozent) und dem             Jedes dritte dieser KMU mit bis zu 19 Mitarbeiterinnen und
       Tiefbau (67 Prozent), aber auch in Architektur- und Ingenieur-       Mitarbeitern kann Stellen nicht besetzen. Dieser Wert liegt
       büros (58 Prozent), sind die Personalprobleme besonders stark        deshalb unter dem Durchschnitt der Gesamtwirtschaft, weil in
       ausgeprägt. Viele private wie öffentliche Bauvorhaben und nicht      den kleinsten und kleinen Betrieben derzeit in weniger als jedem
       zuletzt die Erweiterung und Modernisierung der öffentlichen          zweiten Betrieb überhaupt nach Personal gesucht wird. Deshalb
       Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur können damit               ist dort der Anteil derer, die längerfristig Stellen nicht besetzen
       ausgebremst werden, selbst wenn die Finanzierung für solche          können, unterdurchschnittlich stark ausgeprägt. 37 Prozent der
       Vorhaben gesichert ist. Personalknappheit in der öffentlichen        Betriebe mit bis zu 19 Mitarbeitenden können ihre Stellen nicht
       Verwaltung mit Blick auf nötige Genehmigungsverfahren sowie          besetzen. Suchen sie jedoch, so gestaltet sich die Einstellung
       Materialknappheiten sind weitere Hürden in diesem Kontext. Bei       von Personal schwierig (nur elf Prozent berichten von einer
       Ersterem könnten perspektivisch digitale Verfahren helfen und        problemlosen Stellenbesetzung).
       zur Beschleunigung beitragen.

       Im Gastgewerbe treten die Stellenbesetzungsprobleme deutli-
       cher denn je zu Tage, nachdem die Betriebe dort besonders von
       Lockdown-Maßnahmen betroffen waren. Der Anteil mit solchen
       Schwierigkeiten hat sich im Vorjahresvergleich von 31 Prozent
       auf 66 Prozent mehr als verdoppelt. Im Herbst 2019 – vor der
       Krise – waren es 57 Prozent. Mit ihrer jetzigen Nachfrage nach
       Arbeitskräften dürften viele Betriebe versuchen, Stellen wieder

       4
            gl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Entscheiden, investieren, gemeinsam Zukunft sichern, IHK-Unternehmens­
           V
           barometer zur Bundestagswahl 2021, Berlin 2021.
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 7

                      Können Sie in Ihrem Unternehmen derzeit offene
                      Stellen längerfristig nicht besetzen, weil Sie
                      keine passenden Arbeitskräfte finden?
                      Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent

            1 bis 9                    32                        11                                 57

          10 bis 19                               51                                    13                               36

         20 bis 199                                     64                                               16                     20

        200 bis 999                                         66                                                 22                     12

    1.000 und mehr                                     59                                                     29                      11

                      0         10          20         30         40          50         60         70              80         90            100

                          ja, offene Stellen können nicht besetzt werden            nein, keine Probleme bei der Besetzung
                          nein, derzeit kein Personalbedarf

Die regionale Auswertung der Stellenbesetzungsproblematik                  stehen sie vor erheblichen Herausforderungen, die häufig auf
zeigt: Der Norden (52 Prozent) liegt einen Prozentpunkt über               die dort weiter vorangeschrittene demografische Entwicklung
dem Durchschnitt, der Westen (47 Prozent) und Osten (45                    zurückgehen. 58 Prozent der Betriebe im Süden haben länger-
Prozent) liegen unter dem Durchschnitt. Allerdings berichten               fristig Probleme, ihre Stellen zu besetzen. Der überproportional
die Betriebe im Osten am seltensten von einer problemlosen                 hohe Wert im Süden hängt insbesondere mit der Wirtschafts-
Stellenbesetzung (dort ist zugleich der Anteil ohne Personalbe-            struktur der Region zusammen. Im Süden Deutschlands finden
darf im Vergleich am höchsten). Wenn die Betriebe dort suchen,             sich vermehrt die größeren Betriebe der Industrie.

II. U
     nternehmen suchen am häufigsten beruflich
    Qualifizierte – Tendenz steigend
Zur Einschätzung der gesuchten Qualifikationen wurden im                   terinnen und Facharbeiter mit einer abgeschlossenen Berufs-
Rahmen der Umfrage diejenigen Unternehmen, die derzeit Stel-               ausbildung. Diese beruflich Qualifizierten waren bereits 2018
len längerfristig nicht besetzen können gebeten, anzugeben, für            die am stärksten nachgefragten Personen einer Belegschaft (49
welches Qualifikationsniveau sie erfolglos Arbeitskräfte suchen.           Prozent).5 Trotz der schwierigen Umstände der Corona-Pande-
Unternehmen, die entweder keinen Personalbedarf haben oder                 mie ist der Wert in dieser Zeit um ganze acht Prozentpunkte
denen problemlos die Einstellung gelingt, werden im Folgenden              gestiegen. Hatte die Umfrage zuvor von einem klaren Trend auf
nicht berücksichtigt.                                                      hohem Niveau gesprochen, hat der Wert nun einen Höchststand
                                                                           erreicht. Beruflich Qualifizierte werden – nicht erst seit diesem
Mehr als jedes zweite Unternehmen (57 Prozent), das länger-                Jahr – händeringend gesucht.
fristig Stellen nicht besetzen kann, sucht erfolglos Facharbei-

5
     gl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräfteengpässe groß – trotz schwächerer Konjunktur, DIHK-Arbeits-
    V
    marktreport 2019, Berlin 2019.
8 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21

             Für welches Qualifikationsniveau suchen Sie ohne Erfolg Arbeitskräfte?
             nach Wirtschaftszweigen - in Prozent
                ohne abgeschlossene Berufsausbildung                                                                                Duale Berufsausbildung
                Fachwirt/Meister oder anderer Weiterbildungsabschluss                                                               (Fach-)Hochschulabschluss

                  Dienstleistungen                               Handel                                      Bau                                 Industrie                             Gesamt

                                                                               63
                                                                                                                     60                                       60
                                                           57                                                                                                                                       57
                                       53                                                          51                                       52
                     46                                                                                 45                                       46                               49
                                                                41                                                        44                                       41
                               37 39             35
                                                                                    37                                                                                                 38                36
                34        32                31                            30                  31             31 30             30
                                                                                                                                                      32 32             31                  33 35             32
                                                      27                                                                                                                     30
                                                                                                                                       25
                                                                     20                  19

                     2018          2021                    2018            2021                    2018            2021                     2018          2021                2018              2021
             Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können.

       Auch die Absolventinnen und Absolventen einer höheren                                                       Duale Ausbildung ist das Rückgrat des deutschen
       Berufsbildung – einer Weiterbildung, zum Meister oder Fach-                                                 Mittelstands
       wirt – suchen die Unternehmen auf nahezu konstant hohem
       Niveau vergeblich: 36 Prozent (2018: 38 Prozent) der Betriebe,                                              Die Schwierigkeiten, Kandidatinnen und Kandidaten mit dualer
       die Fachkräfte längerfristig nicht finden können, suchen höher                                              Ausbildung zu gewinnen, bestehen in allen Wirtschaftszweigen
       Qualifizierte der beruflichen Bildung. Hierbei ist es wichtig, diese                                        – besonders ausgeprägt sind sie im Handel (63 Prozent). Etwas
       quantitativ in den Arbeitsmarkt einzuordnen. Ihre Anzahl ist                                                schwieriger als im Durchschnitt fällt es auch den Unterneh-
       im Verhältnis zu Absolventinnen und Absolventen einer dualen                                                men des Baugewerbes und der Industrie (jeweils 60 Prozent),
       Ausbildung oder zu Hochschulabsolventinnen und -absolventen                                                 Fachkräfte mit Berufsabschluss zu finden. Bei den Dienstleistern
       deutlich geringer. Damit deutet der Wert von 36 Prozent der                                                 sind es 53 Prozent. Zu den einzelnen Branchen, in denen Absol-
       Unternehmen, die erfolglos suchen, auf erhebliche Engpässe in                                               ventinnen und Absolventen der dualen Ausbildung besonders
       diesem Qualifikationsbereich hin. Jährlich nehmen die IHKs in                                               häufig ohne Erfolg gesucht werden, zählen z.B. Kfz-Handel und
       der Höheren Berufsbildung etwa 60.000 Prüfungen ab. Bundes-                                                 -Reparatur (72 Prozent), Hersteller von Metallerzeugnissen (67
       weit haben schätzungsweise rund 2,5 Millionen Erwerbstätige                                                 Prozent), das Gastgewerbe (66 Prozent) sowie der Maschinen-
       einen solchen wertigen Abschluss der Höheren Berufsbildung                                                  bau (64 Prozent).
       und haben sich zum Fachwirt, Meister, Bilanzbuchhalter oder
       Betriebswirt weitergebildet. Zum Vergleich: Die Zahl der Hoch-                                              Fachkräfte mit einem Berufsabschluss einer dualen Ausbil-
       schulabgehenden liegt allein pro Jahr bei rund einer halben                                                 dung werden am häufigsten in Betrieben mit mehr als 20 und
       Million, während fast 400.000 Personen jährlich erfolgreich ihre                                            weniger als 1.000 Mitarbeitenden erfolglos gesucht. Das kann
       Erstausbildung abschließen.                                                                                 darauf zurückgeführt werden, dass der deutsche Mittelstand
                                                                                                                   selbst überproportional viel ausbildet und deshalb um die
       Die erfolglose Suche nach Hochschulabsolventen beschäftigt                                                  hohen Qualifikationen von Ausbildungsabsolventinnen und
       mit 32 Prozent ähnlich viele Unternehmen - auch hier zeigt sich                                             Absolventen weiß. Die größeren Besetzungsschwierigkeiten
       eine hohe Konstanz (2018: 33 Prozent). In 35 Prozent der Un-                                                von KMU im Vergleich zu Großunternehmen können einerseits
       ternehmen bestehen die Besetzungsprobleme auch für Stellen                                                  auf die anzahlmäßig hohe Nachfrage nach Ausbildungsabsol-
       ohne Ausbildung und formalen Abschluss. Im Vergleich zu 2018                                                ventinnen und -absolventen und andererseits auf die niedri-
       ist dieser Wert um fünf Prozentpunkte gestiegen.                                                            gere Bekanntheit von kleineren Unternehmen zurückgeführt
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    Für welches Qualifikationsniveau suchen Sie
    ohne Erfolg Arbeitskräfte?
    nach Beschäftigtengrößenklassen - in Prozent

                                                                                                                                          74

                                          57                          58                          58
             54
                                                                                                       50 49                   47 46
        36                          37                           36        37
                  29 27                        28 25                            29           29
                                                                                                                         21

             1 bis 9                     10 bis 19                 20 bis 199                  200 bis 999               1.000 und mehr

       ohne abgeschlossene Berufsausbildung                                           Duale Berufsausbildung
       Fachwirt/Meister oder anderer Weiterbildungsabschluss                          (Fach-)Hochschulabschluss
    Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können.

werden. Großunternehmen sind aufgrund ihrer Produkte                         IT sucht Personen mit Hochschulabschluss
häufig bekannter, was bei der Besetzung von Stellen von
Vorteil sein kann.                                                           Lücken bei der Stellenbesetzung mit Hochschulabsolventinnen
                                                                             und -absolventen zeigen sich besonders häufig bei Dienst-
                                                                             leistungsunternehmen (35 Prozent) und in der Industrie (31
Erfolgreich mit Höherer Berufsbildung                                        Prozent). Hier stehen u.a. Programmierer (90 Prozent), IT- sowie
                                                                             Informationsdienstleister (86 Prozent bzw. 83 Prozent) an der
Besonders oft vergeblich nachgefragt werden die Absolven-                    Spitze der suchenden Branchen, was die Knappheit der IT-Ex-
tinnen und Absolventen der Höheren Berufsbildung in der                      perten zum Ausdruck bringt. Auch die Bereiche Forschung und
Bauwirtschaft (44 Prozent) und in der Industrie (41 Prozent).                Entwicklung (68 Prozent) sowie Elektro-Spitzentechnologie (60
Bei den einzelnen Branchen stehen die Energieversorger                       Prozent) suchen überdurchschnittlich oft vergeblich. Engpässe
(64 Prozent) – dort sind Kandidatinnen und Kandidaten mit                    bei den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissen-
Weiterbildungsabschluss sogar am häufigsten gesucht –,                       schaften, Technik) machen sich deutlich bemerkbar.
Finanz- und Versicherungsdienstleister (57 Prozent), Hersteller
elektrischer Ausrüstungen (49 Prozent) sowie der hochwertige                 In den Großunternehmen hat die Suche nach Personen mit
Maschinenbau (47 Prozent) mit an der Spitze. Der Transforma-                 (Fach-)Hochschulabschluss ein höheres Gewicht – dort stehen
tionsprozess der Wirtschaft mit Schwerpunkten bei Klimawan-                  sie mit 74 Prozent an der Spitze, während es in KMU mit weni-
del, Energiewende, Digitalisierung und Elektrifizierung kann                 ger als 200 Beschäftigten 28 Prozent sind.
dafür mitverantwortlich sein.

Zudem sind es eher größere Unternehmen, die erfolglos nach                   Kandidaten ohne Berufsabschluss sind gefragter
diesen Personen suchen. Dies gilt z.B. für die Hälfte der Betriebe           denn je
mit 200 bis unter 1.000 Beschäftigten, aber nur für rund jedes
vierte Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitenden.                        Mehr als jedes dritte Unternehmen gibt an, auch Stellen für
                                                                             Personen ohne Ausbildung nicht besetzen zu können. Dieses
                                                                             gilt in besonderem Maße für Dienstleister (39 Prozent). Der
                                                                             Gesamtwert hat sich gegenüber 2018 um fünf Prozentpunk-
                                                                             te und gegenüber 2016 um elf Prozentpunkte erhöht.6 Dies
46%
                 E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0Industrie
10 | D I H K - RGesamt                             21         49%                     Bau   52%                        Handel   52%    Dienstleistungen   41%

             Mehr Weiterbildung

       ist ein Hinweis darauf, dass etliche Betriebe nicht mehr nur              Deutschland kommen konnten und auch teilweise noch nicht
       Fachkräfteengpässe, sondern zunehmend Arbeitskräfteeng-                   wieder können.
       pässe auch im niedrigen Qualifikationsbereich haben. Be-
       troffen sind insbesondere Branchen, in denen auch einfache                Aus Sicht der Personen, die über keinen formalen Berufsab-
       Tätigkeiten gefragt sind wie z.B. Sicherheitswirtschaft (81               schluss verfügen, bietet die Suche der Unternehmen Chancen
                                             Industrie 35%
              Gesamt
       Prozent),        32%
                   Reinigungsdienste       (80  Prozent), Straßenverkehr, Bau 35%für einen EinstiegHandel  34% Mittel-
                                                                                                    in Beschäftigung.     Dienstleistungen 29%
                                                                                                                              und langfristig soll-
       Schienennahverkehr (74 Prozent) sowie Gebäudebetreuung,                   ten sich junge Menschen jedoch nicht auf diese derzeit guten
       Garten- und Landschaftsbau (59 Prozent). Gerade in Bran-                  Beschäftigungsperspektiven verlassen und stattdessen mit dem
       chen,   die in  früheren
           Stärkung der Mitarbeiter- Umfragen  bereits ein hohes  Niveau  an     erfolgreichen Abschluss einer dualen Ausbildung ein Funda-
       vergeblich    suchenden
        kompetenzen für               Unternehmen für dual Qualifizierte
                         Digitalisierung                                         ment für ihre Zukunft bauen. Beschäftigte, die trotz fehlenden
            und/oder Strukturwandel
       gezeigt hatten, ergibt sich gleichermaßen ein hoher Anteil an             Abschlusses, in den Unternehmen eine Beschäftigung gefunden
       Unternehmen, die diese Stellen nun (auch) mit Arbeitskräften              haben, sind gut beraten, ihr Wissen sukzessive weiterzuentwi-
       ohne Berufsabschluss besetzen würden. So können 68 Prozent ckeln. Die Transformation der Wirtschaft wird häufig zu komple-
       der Betriebe der Gastronomie selbst Tätigkeiten, für die kein             xeren Anforderungen führen, denen mit Qualifizierung begegnet
       formaler Abschluss benötigt wird, nicht besetzen. Gleiches                werden kann.
       gilt für         29%Verkehr & Industrie
                 den Bereich
              Gesamt                                   29%
                                             Lagerei: 65  Prozent derer, dieBau 22%                Handel 31%             Dienstleistungen 30%
       ihre Stellen langfristig nicht besetzen können, suchen hierfür            Auch für Arbeitslose entstehen Chancen auf Beschäftigung. So
       ungelernte Kräfte. Der Anstieg in einigen Branchen ist nicht              verfügt rund jeder zweite Arbeitslose insgesamt und zwei Drittel
       zuletzt eine Folge der Pandemie. Ungelernte Kräfte wie z.B.               der Arbeitslosen im SGB II-Bezug über keine abgeschlossene
         Vereinbarkeit von Familie
       Minijobber,     Schüler,
           und Beruf erleichtern    Studenten, Rentner  sowie  Personen  ohne    Berufsausbildung. Von 2015 bis 2019 (also vor der Corona-Krise)
       beruflichen Abschluss haben im Lockdown die zwischenzeitlich ist die Arbeitslosenquote der Personen ohne Ausbildung von
       geschlossenen Betriebe z.B. in der Gastronomie verlassen, nun             20,3 Prozent auf 17,0 Prozent gefallen. Auch für Geflüchtete,
       fällt es den Betrieben zunehmend schwer, Ersatz zu finden.                die oftmals keine (formale) Qualifizierung haben, bieten sich
       Hinzu kommt, dass infolge der erschwerten Zuwanderung                     hier Gelegenheiten für den Weg in den Arbeitsmarkt.
       aus dem Ausland als Coronafolge weniger Arbeitskräfte nach
              Gesamt    34%                     Industrie     28%                     Bau   25%                        Handel   33%    Dienstleistungen   40%

       III. Wie reagieren die Unternehmen?
        Beschäftigung / Einstellung
          älterer Mitarbeiter
       Arbeitgeberattraktivität ganz oben auf der Agenda                                        Rahmen des DIHK-Arbeitsmarktreports gestellt wurde, an Be-
               ausweiten
                                                                                                deutung gewonnen (damals mit 47 Prozent auf Rang zwei)8. Die
       Fachkräftesicherung ist in erster Linie eine Aufgabe für die                             Dienstleister nennen diese Option etwas häufiger als Industrie,
       Unternehmen selbst – dabei brauchen sie aber die passenden                               Handel und Bauwirtschaft.
       Rahmenbedingungen, um erfolgreich sein zu können.
       An der Spitze der betrieblichen Aktivitäten steht die Steigerung                      Beim Werben um gesuchte Fachkräfte kommt es bereits seit
             Gesamt 28%                 Industrie 26%                Bau                    28%               Handel 29%           Dienstleistungen 29%
       der Arbeitgeberattraktivität, die von 53 Prozent der Unterneh-                        einigen Jahren immer stärker darauf an, sich als Unternehmen
       men genannt wird, die Stellen nicht besetzen können. Damit
                                                              7
                                                                                                als gute Alternative gegenüber den Wettbewerbern zu prä-
       hat sie im Vergleich zum Herbst 2016, als diese Frage zuletzt im                         sentieren. Dabei spielt eine attraktive Bezahlung eine wich-

               Steigerung der
           Arbeitgeberattraktivität

              Gesamt    53%                     Industrie     50%                     Bau   48%                        Handel   50%    Dienstleistungen   57%
       Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können

                 Investition in
       6
          gl.technische
         V      Deutscher   Industrie- und Handelskammertag, Fachkräfteengpässe groß – trotz schwächerer Konjunktur, DIHK-Arbeits-
                         Lösungen
         marktreport 2019, Berlin 2019.
       7
         Im Folgenden werden in diesem Kapitel die Unternehmen betrachtet, die Stellen längerfristig nicht besetzen können. Unter-
          nehmen, die entweder keinen Personalbedarf haben oder denen problemlos die Einstellung gelingt, werden im Folgenden nicht
          berücksichtigt.
       8
          Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräftesicherung gewinnt weiter an Bedeutung, DIHK-Arbeitsmarktreport
           2017,  Berlin25%
                Gesamt   2017.            Industrie 35%            Bau 16%                  Handel 20%            Dienstleistungen 22%

            Einstellung von Fach-
           kräften aus dem Ausland
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 11

tige, aber längst nicht die einzige Rolle. Möglichkeiten und                          sicherung (72 Prozent). Bei größeren Mittelständlern mit 200
Ausgestaltung von flexiblem und mobilem Arbeiten gewinnen                             bis unter 1.000 Beschäftigten sind es mit 67 Prozent nicht viel
aus Sicht der Beschäftigten bei der Wahl des Arbeitgebers an                          weniger. Bei den kleinen Unternehmen mit bis zu 20 Beschäf-
Gewicht. Unternehmen – auch in vermeintlich unattraktiveren                           tigten liegt der Wert bei 47 Prozent. Häufig haben größere
Regionen – haben z.B. durch Digitalisierung, Vernetzung und                           Unternehmen mehr finanziellen Spielraum für attraktivitäts-
virtuelle Kommunikationsformate die Möglichkeit, Fachkräfte                           steigernde Maßnahmen, aber auch organisatorisch lassen sich
von sich zu überzeugen, weil z.B. ein Umzug mit der Familie                           z.B. mobiles und flexibles Arbeiten als eine solche Maßnahme
nicht nötig ist. Durch die verstärkten digitalen Instrumente                          dort leichter organisieren. Und schließlich gehören auch Ange-
und die damit verbundene Möglichkeit, Dienstreisen, In- und                           bote zur Gesundheitsförderung und -beratung verstärkt in den
Auslandsflüge etc. durch effiziente Alternativen zu ersetzen,                         Instrumentenkasten der Arbeitgeberattraktivität.
können Unternehmen potenzielle Bewerber zudem mit ihrem
Engagement beim Klimaschutz ansprechen. Auch flache Hier-
archien, ein hohes Maß an Selbständigkeit und Verantwortung                           Engagement für Ausbildung
beim Arbeiten sowie ein gutes, wertschätzendes und kollegia-
les Umfeld können wichtige Attraktivitätsfaktoren sein.                               Fast jedes zweite Unternehmen möchte mit einer Intensi-
                                                                                      vierung der eigenen Ausbildung auf aktuelle und künftige
Zu den Branchen, die in besonderem Maße auf eine Steigerung                           Engpässe reagieren. Verglichen mit Ergebnissen aus dem
der Attraktivität setzen, zählen z.B. die IT-Dienstleister (71 Pro-                   Herbst 2016 zeigt sich ein leichter Rückgang (von 51 auf 46
zent), die Informationswirtschaft (69 Prozent) und das Kredit-                        Prozent). Dass es in erster Linie Fachkräfte mit dualer Berufs-
gewerbe (67 Prozent). Auch die Gesundheits- und Sozialdienst-                         ausbildung sind, die in den Betrieben häufig fehlen, erklärt
leister (61 Prozent) sehen vielfach Steigerungspotenzial. Hier                        dieses betriebliche Engagement für den eigenen Nachwuchs.
dürften nicht zuletzt die oftmals als wenig attraktiv geltenden                       Schwierigkeiten in der jüngeren Vergangenheit, geeignete
Arbeitszeiten eine Rolle spielen, die es anhand anderer Maßnah-                       Azubis zu finden, können ein Grund für den leichten Rückgang
men zu kompensieren gilt. Ebenso sind viele Zeitarbeitsbetriebe                       sein. Fast 20.000 Betriebe haben zuletzt keine Bewerbung auf
bestrebt, ihre Attraktivität für die Beschäftigten zu steigern (66                    ihre Ausbildungsplätze erhalten, was die Ausbildungsneigung
Prozent) und damit auch vermeintliche Kritikpunkte an diesem                          mindert.9 Die demografische Entwicklung mit abnehmenden
Geschäftsmodell, die in der Öffentlichkeit zuweilen geäußert                          Schülerzahlen und einem Negativsaldo bezüglich der in den
werden, durch gute Beispiele zu widerlegen.                                           Arbeitsmarkt Eintretenden gegenüber den Austretenden von
                                                                                      mehr als 350.000 im Jahr erschwert zudem die betrieblichen
Für Großunternehmen steht die Steigerung der Attraktivität                            Anstrengungen. Eine hohe Studierneigung der Schulabgänge-
deutlich an erster Stelle bei den Maßnahmen zur Fachkräfte-                           rinnen und -abgänger kommt hinzu.

                      Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung:
                      Steigerung der Arbeitgeberattraktivität
                      Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent

     1.000 und mehr                                                                                                                                      72

       200 bis 999                                                                                                                               67

        20 bis 199                                                                                                       54

         10 bis 19                                                                                              49

            1 bis 9                                                                                       46

                      0               10                20                30                40                 50                60                70                80

                      Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können.

9
    Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, DIHK-Ausbildungsumfrage 2019, Berlin 2019.
12 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21

        Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung
               Mehr Ausbildung

               Gesamt   46%                      Industrie   49%                      Bau   52%                        Handel    52%            Dienstleistungen   41%
       Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können

       Besonders   Handel und Bau (jeweils 52 Prozent) sowie Industrie (49
            Mehr Weiterbildung                                                  Während im Süden (49 Prozent), im Norden (47 Prozent) und
       Prozent) wollen mit mehr Ausbildung auf Engpässe reagieren. Gerade       im Westen (46 Prozent) der Anteil der Unternehmen, der mit
       dort ist auch die erfolglose Suche nach beruflich Qualifizierten ein     mehr Ausbildung auf Stellenbesetzungsprobleme reagieren will,
       besonderes Problem. Bei den Dienstleistern sind es mit 41 Prozent        sehr ähnlich ist, liegt dieser im Osten mit 38 Prozent deutlich
       etwas weniger – dort ist gleichzeitig der Anteil höher, der auch Stellen darunter. Die vergleichsweise kleinteilige Wirtschaftsstruktur
       für Kandidaten ohne Abschluss nicht besetzen kann. An der Spitze der     mit weniger Ausbildungsbetrieben kann hierfür eine Erklärung
       Branchen stehen u. a. Kfz-Handel und -Reparatur (63 Prozent), das        sein. Auch die im Osten weiter vorangeschrittene demografische
                       32%
              Gesamt (59
       Holzgewerbe                         Industrie
                           Prozent), die Gummi-      35%
                                                und Kunststoffindustrie,   Bau 35%
                                                                         Glas,  Entwicklung kannHandel      34%
                                                                                                     eine Rolle spielen, weilDienstleistungen 29%
                                                                                                                              die Betriebe wissen,
       Keramik, Steineverarbeitung (jeweils 54 Prozent) sowie der Hochbau       dass weniger Auszubildende zur Verfügung stehen.
       (53 Prozent), für die damit die Intensivierung der Ausbildung an erster
       Stelle im gesamten Maßnahmenkatalog zur Fachkräftesicherung steht.
           Stärkung der Mitarbeiter-
         kompetenzen für Digitalisierung
            und/oder Strukturwandel

                              Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung:
                              mehr Ausbildung
                              Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent
               Gesamt   29%                      Industrie   29%                      Bau   22%                        Handel    31%            Dienstleistungen   30%
          1.000 und mehr                                                                                                                       48

         Vereinbarkeit von Familie
            200 bis 999                                                                                                                                      55
           und Beruf erleichtern

              20 bis 199                                                                                                                            50

                10 bis 19                                                                                                   39
               Gesamt   34%                      Industrie   28%                      Bau   25%                        Handel    33%            Dienstleistungen   40%
                   1 bis 9                                                                                        34
        Beschäftigung / Einstellung
                          0                             10                   20                      30                     40                  50                  60
            älterer Mitarbeiter
                 ausweiten
                              Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können.

       Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern
               Gesamt   28%                      Industrie   26%                      Bau   28%                        Handel    29%            Dienstleistungen   29%
       Mehr als jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) möchte als Reakti-                        Im Vergleich mit dem DIHK-Arbeitsmarktreport 2017 hat die
       on auf Fachkräfteengpässe die Vereinbarkeit von Familie und Beruf                        Verbesserung der Vereinbarkeit aus Sicht der Unternehmen an
       erleichtern. Mit entsprechenden Maßnahmen lassen sich nicht nur                          Bedeutung gewonnen. Damals nannten dies 29 Prozent und
       Beschäftigte   mit Familienaufgaben
              Steigerung  der                 für den Betrieb neu gewinnen                      diese Option lag auf dem fünften Rang – nun auf Rang drei.
         Arbeitgeberattraktivität
       bzw.  halten, sondern auch eine Ausweitung der Arbeitszeiten die-                        Nicht zuletzt die Erfahrungen in den zurückliegenden Monaten
       ser Beschäftigten ermöglichen. Gerade bei der Beschäftigung von                          der Corona-Pandemie haben deutlich gemacht, wie wichtig eine
       Frauen in Teilzeit besteht hier in Deutschland Potenzial. So arbeiten                    gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf für das Funktionie-
       ca. die Hälfte der Frauen in Teilzeit, wobei dies eine durchschnittli-                   ren der betrieblichen Abläufe und für die Fachkräftesicherung
       che Wochenarbeitszeit von knapp über 20 Stunden bedeutet.                                insgesamt ist.
               Gesamt   53%                      Industrie   50%                      Bau   48%                        Handel    50%            Dienstleistungen   57%
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 13

        Gesamt   29%                     Industrie   29%                       Bau   22%                        Handel   31%              Dienstleistungen     30%

 Vereinbarkeit von Familie
   und Beruf erleichtern

        Gesamt   34%                     Industrie   28%                       Bau   25%                        Handel   33%               Dienstleistungen    40%
Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können

Insbesondere
 Beschäftigung die   Dienstleister wollen die Vereinbarkeit weiter
                / Einstellung                                         Eher selten wird die Erleichterung der Vereinbarkeit dagegen
erleichtern  (40 Prozent), es folgen Handel (33 Prozent), Industrie z.B. von Unternehmen aus dem Tiefbau, der Gummi- und
     älterer Mitarbeiter
          ausweiten
(28 Prozent)   und Bau (25 Prozent). Unter anderem die Möglich-       Kunststoffindustrie (jeweils 21 Prozent) sowie der Zeitarbeit
keiten für flexibles Arbeiten – zeitlich und mobil – erleichtern      (22 Prozent) genannt.
die Vereinbarkeit und lassen sich häufiger, wenn auch nicht
immer, im Dienstleistungsbereich durchführen. Besonders die           Da i.d.R. größere Unternehmen organisatorische und mit-
Bildungswirtschaft (54 Prozent), die Gesundheits- und Sozial-         unter kostenintensive Maßnahmen zur Vereinbarkeit (bis
dienstleister  28%
      Gesamt (53                   Industrie 26%
                    Prozent), das Kreditgewerbe                  Bau 28%
                                                  (51 Prozent) sowie  hin zum eigenenHandel     29%
                                                                                        Betriebskindergarten) Dienstleistungen 29%
                                                                                                                anbieten können,
Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung (50 Prozent)           nimmt mit der Betriebsgröße der Anteil der Nennungen zu.
planen Schritte für mehr Vereinbarkeit. Auch das Gastgewerbe          So sind es in Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftig-
sieht häufig diese Notwendigkeit (45 Prozent). Dort bestehen          ten 33 Prozent, in Großunternehmen 51 Prozent. Gerade
infolgeSteigerung
         der nicht der
                    immer familienkompatiblen Öffnungszeiten          kleine Betriebe können jedoch mit vielen niedrigschwelligen
  Arbeitgeberattraktivität
vielfach  besondere Herausforderungen, hier gute Lösungen zu          Maßnahmen und einer gelebten familienfreundlichen Kultur
finden. Aber auch in Industriebetrieben z.B. aus den Bereichen        ebenfalls erhebliche Akzente setzen.10
der Elektro-Spitzentechnologie (43 Prozent) sowie bei Herstel-
lern von Datenverarbeitungsgeräten (42 Prozent) steht das The-
ma Vereinbarkeit überdurchschnittlich häufig auf der Agenda.
        Gesamt   53%                     Industrie   50%                       Bau   48%                        Handel   50%               Dienstleistungen     57%
                      Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung:
                      Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern
           Investition Nach
                       in   Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent
       technische Lösungen

     1.000 und mehr                                                                                                                              51

       200 bis 999                                                                                                       41
        Gesamt   25%                     Industrie   35%                       Bau   16%                        Handel   20%              Dienstleistungen     22%
        20 bis 199                                                                                         33

      Einstellung von Fach-
          10 aus
     kräften  bis dem
                  19 Ausland                                                                               33

            1 bis 9                                                                                        33

                      0                      10                       20                      30                    40                      50                      60

        Gesamt   34%                Industrie
                   Die Angaben beziehen         32% auf die Unternehmen,
                                        sich ausschließlich       Bau 37%                           Handel
                                                                         die Stellen längerfristig nicht      25%
                                                                                                         besetzen können.                 Dienstleistungen     38%

10
      as beim DIHK angesiedelte Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ stellt dazu viele Best-Practice-Beispiele und wei-
     D
     tere Informationen für Unternehmen bereit.
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               Gesamt   25%                      Industrie   35%                      Bau   16%                        Handel   20%   Dienstleistungen   22%

             Einstellung von Fach-
            kräften aus dem Ausland

               Gesamt   34%                      Industrie   32%                      Bau   37%                        Handel   25%   Dienstleistungen   38%
       Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können

       Fachkräfte aus dem Ausland

       Mit der Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland will mehr als                        Besonders Dienstleister (38 Prozent) und Bauwirtschaft (37
       jedes dritte Unternehmen mit Stellenbesetzungsproblemen künftig                          Prozent) wollen künftig Personal aus dem Ausland einstellen,
       auf Personalengpässe reagieren (34 Prozent) – im DIHK-Arbeits-                           aber auch in der Industrie (32 Prozent) sind es nicht viel we-
       marktreport 2017 waren es 30 Prozent.11 Bereits in den letzten                           niger. Beim Blick in die Branchen stehen Betriebe aus den Be-
       Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie trug die Beschäftigung                           reichen Gastgewerbe (60 Prozent), Textilgewerbe (50 Prozent),
       von Arbeitskräften aus dem Ausland mehr als zur Hälfte zum Job-                          Gesundheits- und Sozialdienstleister (50 Prozent), Verkehr und
       wachstum bei. Die Arbeitskräfte stammen dabei zum Großteil aus                           Lagerei (44 Prozent) sowie das Ausbaugewerbe (43 Prozent)
       den EU-Mitgliedstaaten, für die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt. Mit                      mit am häufigsten ganz oben, wenn es um die Einstellung
       dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) wurden in Deutschland                            ausländischer Fachkräfte geht. Im Gastgewerbe ist dies sogar
       Möglichkeiten geschaffen, um die Zuwanderung aus Nicht-EU-                               die meist genannte Reaktion der Betriebe. Erhebliche Personal-
       Staaten zu erleichtern. Da das Inkrafttreten des FEG zum 1.3.2020                        engpässe im Inland, aber bereits auch viele Erfahrungen in der
       mit dem Ausbruch der Pandemie zusammenfiel, konnte es noch                               Vergangenheit mit Einstellung und Integration, können hierfür
       keinem wirklichen Praxistest unterzogen werden. Zum einen brach                          u.a. ausschlaggebend sein.12 Vergleichsweise geringe Anforde-
       die Personalnachfrage der Betriebe zu großen Teilen ein. Zum                             rungen an deutsche Sprachkenntnisse oder an das (formale)
       anderen waren die Verwaltungsstrukturen z.B. bei den Botschaften                         Qualifikationsniveau machen eine Beschäftigung von auslän-
       im Ausland sowie den Ausländerbehörden im Inland infolge der                             dischen Arbeitskräften zudem dort mitunter einfacher.
       Corona-Krise erheblich gestört und zwischenzeitlich war infolge
       von Mobilitätseinschränkungen und Reisebeschränkungen eine
       Einreise nach Deutschland nicht möglich.

        Der DIHK informiert, berät und unterstützt Unternehmen und interessierte Fachkräfte im Ausland und in Deutschland bei
        Fragen rund um Zuwanderung, Anerkennung sowie zu Fragen zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit unterschiedlichen
        Projekten:

        Hand in Hand for International Talents gewinnt qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten für deutsche Unternehmen. Als Pilot-
        projekt baut es Kooperationsstrukturen auf und erprobt Prozesse für eine geregelte Fachkräfteeinwanderung aus nicht-europäi-
        schen Ländern für Fachkräfte in ausgewählten IHK-Berufen, gefördert durch das BMWi und in Kooperation mit der Bundesagentur
        für Arbeit.

        Unternehmen Berufsanerkennung (UBA) unterstützt Unternehmen bei der Beschäftigung ausländischer Fachkräfte auf vielfäl-
        tige Weise. Zum Beispiel können Unternehmen über ein digitales Tool auf der Projektwebsite ihre Fragen rund um die Fachkräfte-
        einwanderung und Berufsanerkennung stellen und individuelle Antworten erhalten. Darüber hinaus bietet UBA Mustervorlagen
        und FAQs für die Umsetzung von Anpassungsqualifizierungen und bringt Unternehmen mit teilanerkannten Fachkräften ganz
        praktisch über die Matching Datenbank UBAconnect zusammen. Gefördert wird das Projekt vom BMBF.

        ProRecognition berät an zehn AHK-Standorten Fachkräfte mit akademischem und beruflichem Abschluss zu ihren Anerken-
        nungschancen. Darüber hinaus unterstützen die Berater mit passgenauen Angeboten zu Sprachqualifikationen, der Visabeantra-
        gung, der Vorbereitung der Bewerbungsunterlagen und der Jobsuche. Das Projekt wird vom BMBF gefördert.

       11
           gl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräftesicherung gewinnt weiter an Bedeutung, DIHK-Arbeitsmarktreport
          V
          2017, Berlin 2017.
       12
          Im Gesundheitsbereich bestehen z.B. unterschiedliche Projekte – u.a. im Rahmen von Vermittlungsabsprachen der Bundesagen-
           tur für Arbeit.
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 15

Aber auch Unternehmen des Bereichs F&E (49 Prozent), Pro-                              eine nicht so große Rolle, wenn die Geschäftssprache beispiels-
grammierung (42 Prozent) und Architektur, Ingenieurdesign                              weise englisch ist – was in den genannten Bereichen nicht
sowie des hochwertigen Maschinenbaus (jeweils 38 Prozent)                              unüblich sein dürfte.
nennen überdurchschnittlich oft die Beschäftigungsperspekti-
ven ausländischer Fachkräfte. Hier dürften eher hohe Qualifika-                        Die Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland wird nahezu
tionsanforderungen vorliegen. Oftmals sind Hochschulabschlüs-                          von Unternehmen aller Größenordnungen in ähnlichem Umfang
se gefragt, die i.d.R. international einfacher zu vergleichen sind,                    genannt (zwischen 31 und 37 Prozent), bei den Großunter-
womit die Bewertung der Qualifikation und mögliche Besonder-                           nehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten ist der Wert am
heiten im deutschen Ausbildungssystem keine so großen Hür-                             geringsten (27 Prozent). Diese Unternehmen sind aus Sicht der
den darstellen, wie dies in anderen Berufen der Fall sein kann,                        inländischen Beschäftigten oft besonders attraktiv und bieten
für die es z.B. im Ausland keine entsprechende Berufsausbildung                        gute Beschäftigungsperspektiven, so dass der Blick ins Ausland
gibt. Gleichfalls spielen fehlende deutsche Sprachkenntnisse                           dort nicht ganz so häufig ist.

                      Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung:
                      Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland
                      Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent

     1.000 und mehr                                                                                                          27

       200 bis 999                                                                                                                                33

        20 bis 199                                                                                                                                                37

         10 bis 19                                                                                                                                           36

            1 bis 9                                                                                                                       31

                      0                5                10                15                20                25                30                35                   40

                      Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können.

Weiterbildung intensivieren

Die Weiterbildung ist für viele Unternehmen eine wichtige                              nehmen an betrieblicher Weiterbildung – gegenüber 2010 ist
Strategie zur Fachkräftesicherung, die etwa jedes dritte Unter-                        das ein Anstieg um rund fünf Prozentpunkte. Die Teilnahme an
nehmen neben den schon bestehenden Angeboten noch weiter                               betrieblicher Weiterbildung hat am aktuellen Rand auch noch
intensivieren will. Dies gilt in der Industrie und im Bau in etwas                     einmal zugelegt: 48 Prozent der 18- bis 64-Jährigen haben sich
stärkerem Ausmaß als in den anderen Wirtschaftszweigen.                                2020 im Betrieb weitergebildet. Gegenüber 2018 ist das ein
Zunehmende sowie sich z.T. schnell ändernde Anforderungen                              Zuwachs um acht Prozentpunkte.
an die Beschäftigten machen das Lebenslange Lernen immer
mehr zur Voraussetzung für die dauerhafte Beschäftigungsfä-                            Größere Unternehmen sehen häufiger Möglichkeiten, ihre
higkeit im Betrieb. Die Weiterbildung der Beschäftigten ist in                         Weiterbildungsaktivitäten noch auszuweiten. Sie haben z.B.
den Unternehmen bereits vielfach verankert (2019 haben die                             öfter professionelle Personalabteilungen, die entsprechende
Unternehmen in Deutschland mehr als 40 Mrd. Euro in Weiter-                            Qualifizierungsstrategien und -maßnahmen entwickeln und
bildung investiert, drei Jahre zuvor waren es 34 Mrd. Euro)13.                         organisieren können.
Daher sind der weiteren Intensivierung auch Grenzen gesetzt.
Insgesamt beteiligen sich aktuell knapp 88 Prozent der Unter-                          An der Spitze der Branchen, die als Reaktion auf Fachkräfteeng-

13
     Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft, Berufliche Weiterbildung in Deutschland: Status Quo und Weiterentwicklung, Köln 2021.
16 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21

               Gesamt   46%                      Industrie   49%                      Bau     52%                      Handel    52%            Dienstleistungen   41%

             Mehr Weiterbildung

              Gesamt    32%                      Industrie   35%                      Bau     35%                      Handel    34%            Dienstleistungen   29%
       Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können

       pässe  die Weiterbildung
          Stärkung der Mitarbeiter- intensivieren wollen, steht der Fahr-                       wesentlichen Beitrag leisten. Auch Elektro-Spitzentechnologie
        kompetenzen
       zeugbau   (53fürProzent).
                        Digitalisierung
                                     Dort wird keine andere der abgefragten                     (42 Prozent) und Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten (41
           und/oder Strukturwandel
       Maßnahmen häufiger genannt. Der Weg hin zu neuen Antriebs-                               Prozent) wollen stärker auf Weiterbildung setzen.
       technologien und der E-Mobilität insgesamt dürfte hier einen

                              Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung:
               Gesamt   29%           Industrie 29%      Bau 22%         Handel 31%                                                             Dienstleistungen   30%
                              mehr Weiterbildung
                              Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent

         Vereinbarkeit von Familie
           und und
         1.000 Beruf erleichtern
                   mehr                                                                                                                        48

        Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung
             200 bis 999                                                                                                                44

              20      34%
                 bis 199
              Gesamt                             Industrie   28%                      Bau     25%               33     Handel    33%            Dienstleistungen   40%
               Mehr Ausbildung
                10 bis 19                                                             23
        Beschäftigung / Einstellung
            älterer Mitarbeiter
                 ausweiten
                  1 bis 9                                                                24

                              0                         10                   20                      30                     40                  50                  60
               Gesamt   46%                      Industrie   49%                      Bau     52%                      Handel    52%            Dienstleistungen   41%
                              Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können.

               Gesamt   28%                      Industrie   26%                      Bau     28%                      Handel    29%            Dienstleistungen   29%
             Mehr Weiterbildung

       Neue Kompetenzen für Digitalisierung und Strukturwandel
              Steigerung der
          Arbeitgeberattraktivität
       Digitalisierung, Klimawandel sowie weitere Bereiche des                                 verfügbar sein und sich auch die spezifischen Kompetenzen der
       Strukturwandels erfordern von den Unternehmen z.T. merkliche                            Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Feldern weiterent-
            Gesamt 32%
       Anpassungen    bis hin zu geänderten      35%
                                             Produktionsabläufen
                                       Industrie                 und
                                                                   Bau                        35%                Handeles34%
                                                                                               wickeln – gerade wenn      z.B. um die betriebliche       29%
                                                                                                                                                   Umsetzung
                                                                                                                                        Dienstleistungen
       -verfahren oder neuen Geschäftsmodellen. Damit diese Trans-                             von Digitalisierung, KI-Anwendungen oder den Weg in die
       formation gelingt, müssen die hierfür erforderlichen Fachkräfte                         Klimaneutralität geht.
               Gesamt   53%
           Stärkung der Mitarbeiter-
                                                 Industrie   50%                      Bau     48%                      Handel    50%            Dienstleistungen   57%
         kompetenzen für Digitalisierung
            und/oder Strukturwandel

                Investition in
            technische Lösungen

               Gesamt   29%                      Industrie   29%                      Bau     22%                      Handel    31%            Dienstleistungen   30%
       Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können

                        25%
             Gesamt von Familie
         Vereinbarkeit                           Industrie   35%                      Bau     16%                      Handel    20%            Dienstleistungen   22%
           und Beruf erleichtern
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 17

Fast jedes dritte Unternehmen will daher die entsprechenden                         sieht sich mit Blick auf die dortigen Entwicklungen rund um die
Fähigkeiten und Kenntnisse seiner Belegschaft stärken, womit                        E-Mobilität besonders gefordert. Ebenso sehen viele Unter-
dieser Punkt eine Facette im Kontext der Weiterbildung ist.                         nehmen aus dem Bereich Energieversorgung (51 Prozent) die
Die IHKs unterstützen die notwendigen Qualifizierungsprozes-                        Notwendigkeit, die Kompetenzen zu erweitern – dort dürften
se – etwa durch die Abnahme von Prüfungen in der Höheren                            Fragen des Klimaschutzes besonders auf der Agenda stehen.
Berufsbildung (etwa 60.000 Prüfungsteilnehmer jährlich) oder                        Insgesamt zählen besonders häufig wissensintensive Dienst-
durch passende Zertifikatslehrgänge wie den KI-Manager (IHK),                       leister (39 Prozent) und Unternehmen aus dem Bereich der
den Data-Analyst (IHK) oder den EnergieManager (IHK).                               Hochtechnologie (35 Prozent) zu denen, die mit der Stärkung
                                                                                    der Mitarbeiterkompetenzen bezüglich neuer Herausforderun-
Zwischen Industrie (29 Prozent), Dienstleistungen (30 Prozent)                      gen wie Digitalisierung und Strukturwandel auf aktuelle und
und Handel (31 Prozent) zeigen sich kaum Unterschiede, in der                       künftige Personalengpässe reagieren wollen.
Bauwirtschaft sind es mit 22 Prozent weniger. Auch dort halten
Digitalisierung in der täglichen Arbeit sowie Aspekte des Klima-                    Mit zunehmender Unternehmensgröße steigt der Anteil, der die
schutzes z.B. beim Thema Energieeffizienz zwar Einzug, aber in                      digitalisierungs- und strukturwandelrelevanten Mitarbeiter-
insgesamt geringerem Ausmaß.                                                        kompetenzen stärken will. In der Klasse von 200 bis unter 1.000
                                                                                    Beschäftigten sind des bereits 45 Prozent und in Großunterneh-
Besonders häufig sehen u.a. Finanz- und Versicherungsdienst-                        men mit 1.000 und mehr Mitarbeitenden 56 Prozent. Gerade in
leister (57 Prozent), Werbung und Marktforschung (51 Prozent)                       den größeren Unternehmen wird damit häufig zusätzlich zur
sowie Informationsdienstleister (50 Prozent) Bedarf bei der                         „üblichen“ Weiterbildung besonderes Augenmerk auf neue Kom-
digitalisierungsbedingten Kompetenzerweiterung der Beschäf-                         petenzen rund um den Strukturwandel gerichtet. Dabei ist zu
tigten. Dort spielt der Einsatz neuer digitaler Technologien eine                   beachten, dass Großunternehmen i.d.R. Industrieunternehmen
besondere Rolle und stellt z.B. Banken schon seit längerem vor                      und damit deutlich öfter technologie- und forschungsorientiert
Herausforderungen. Auch der Kraftfahrzeugbau (41 Prozent)                           sind als z.B. KMU in anderen Branchen.

                   Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung: Stärkung der
                   Mitarbeiterkompetenzen für Digitalisierung und / oder Strukturwandel
                   Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent

 1.000 und mehr                                                                                                                                            56

    200 bis 999                                                                                                                 45

     20 bis 199                                                                         29

      10 bis 19                                                         22

         1 bis 9                                                             24

                   0                     10                      20                      30                      40                      50                      60

                   Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können.
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