Fachkräfteengpässe schon über Vorkrisenniveau - GemeinsamFürFachkräfte DIHK-Report Fachkräfte 2021
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D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 1 Fachkräfteengpässe schon über Vorkrisenniveau DIHK-Report Fachkräfte 2021 GemeinsamFürFachkräfte
2 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 Impressum Herausgeber und Copyright © Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) | Berlin | Brüssel DIHK Berlin Postanschrift: 11052 Berlin | Hausanschrift: Breite Straße 29 | Berlin-Mitte Telefon: 030 20308-0 | Telefax: 030 20308-1000 DIHK Brüssel Hausanschrift: 19 A-D, Avenue des Arts | B-1000 Bruxelles Telefon: +32-2-286-1611 | Telefax: +32-2-286-1605 info@dihk.de www.dihk.de Facebook www.facebook.com/DIHKBerlin Twitter http://twitter.com/DIHK_News Redaktion Dr. Stefan Hardege, DIHK, Bereich „Gesundheitswirtschaft, Beschäftigung, Organisationsentwicklung“, Ulrike Friedrich, DIHK, Bereich „Ausbildung“ Grafik Friedemann Encke, DIHK Alle Rechte liegen beim Herausgeber. Ein Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers gestattet. Bildnachweis © Getty Images Stand November 2021
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 3 Inhalt Methodik 3 Das Wichtigste in Kürze 4 I. Noch mehr Fachkräfteengpässe als vor der Krise 5 II. Unternehmen suchen am häufigsten beruflich Qualifizierte – Tendenz steigend 7 III. Wie reagieren die Unternehmen? 10 IV. Fachkräftemangel – mit gravierenden Folgen 20 DIHK-Empfehlungen 25 Fragebogen 27 Methodik Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat im Beschäftigten. Zwei Prozent der Antworten entfallen auf große Rahmen seiner DIHK-Konjunkturumfrage im Herbst 2021 die In- Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. dustrie- und Handelskammern (IHKs) gebeten, die Unternehmen u. a. auch zum Themenfeld Fachkräftesicherung zu befragen. Die IHKs gestalten ihre Stichprobe so aus, dass ein repräsen- tatives Stimmungsbild der gewerblichen Wirtschaft vor Ort Der DIHK-Auswertung liegen je nach Fragestellung bis zu abgebildet ist (branchen-, regionen- sowie unternehmensgrö- 23.000 Unternehmensantworten zugrunde. Nach Wirtschafts- ßenbezogen geschichtete Stichprobe). Die Aggregation auf bereichen stammen die Antworten aus der Industrie (28 Pro- Bundesebene erfolgt über eine regionale und branchenbezo- zent), aus der Bauwirtschaft (sechs Prozent), aus dem Handel gene Gewichtung. Die Antworten der regelmäßigen Konjunk- (22 Prozent) und aus den Dienstleistungen (44 Prozent). turfragen von Betriebsstätten mit mehr als 500 Beschäftigten sind mit dem Faktor 2 und die Antworten von Betriebsstätten Die Untergliederung nach Unternehmensgröße weist 50 Pro- mit mehr als 1.000 Beschäftigten mit dem Faktor 3 gewichtet. zent kleine Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigten aus, 40 Bei den hier gestellten Fragen zur Fachkräftesicherung wird Prozent mittlere Unternehmen mit 20 bis 199 Beschäftigten auf die Gewichtung nach Größenklassen verzichtet sowie acht Prozent mittelgroße Unternehmen mit 200 bis 999
4 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 Das Wichtigste in Kürze Noch mehr Fachkräfteengpässe als vor der Krise • Mehr als jedes zweite der 23.000 antwortenden Unterneh- • An dritter Stelle (34 Prozent) steht die Erleichterung der men kann offene Stellen zumindest teilweise nicht beset- Vereinbarkeit von Familie und Beruf, damit mehr Eltern zen, weil es keine passenden Arbeitskräfte findet. Damit am Arbeitsleben teilnehmen, aber auch ihre Arbeitszeiten sind aktuell bereits mehr Unternehmen von Stellenbeset- ausweiten können. Die Corona-Pandemie mit geschlossenen zungsschwierigkeiten betroffen als vor der Corona-Krise im Schulen und Kitas hat noch einmal deutlich gemacht, wie Herbst 2019. wichtig eine gute Vereinbarkeit für das Funktionieren der Betriebe ist. • Die größten Engpässe bestehen in der Bauwirtschaft (66 Prozent), die von der Krise nicht so stark getroffen wur- • Die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte ist für jedes de wie Industrie, Handel und Dienstleister. Den stärksten dritte Unternehmen (34 Prozent) eine Option. Das Fachkräf- Anstieg der Stellenbesetzungsprobleme gegenüber dem teeinwanderungsgesetz, das die Zuwanderung aus Nicht- Vorjahr (Herbst 2020) berichten die Industrieunternehmen EU-Staaten gerade für beruflich Qualifizierte erleichtern (von 29 auf 53 Prozent). soll, trat im März 2020 in Kraft und wurde zunächst von der Pandemie ausgebremst. In den kommenden Monaten kann es einem Praxistest unterzogen werden. Unternehmen suchen am häufigsten beruflich Qualifizierte – Tendenz steigend Fachkräftemangel – mit gravierenden Folgen • 57 Prozent der Unternehmen, die Stellen nicht besetzen können, suchen erfolglos Personen mit dualer Berufsausbil- • Der Fachkräftemangel stellt nicht nur die direkt betroffenen dung. Hier haben die Engpässe merklich zugenommen, denn Unternehmen vor Herausforderungen, sondern die Volks- dies sind acht Prozentpunkte mehr als bei der letzten DIHK- wirtschaft insgesamt. Zukunftsprojekte wie Digitalisierung, Umfrage zu diesem Thema (Herbst 2018). Klimaschutz oder Infrastruktur- und Wohnungsbau sind auf ausreichend Fachkräfte in den Betrieben angewiesen. • Auch Absolventinnen und Absolventen mit Weiterbildungsab- schluss sind gesucht – hier berichtet jedes dritte von Engpäs- • Neben der Mehrbelastung der Belegschaften (61 Prozent) sen betroffene Unternehmen von einer erfolglosen Suche. sorgen sich viele Unternehmen um steigende Arbeitskosten (58 Prozent) als Folge von Engpässen. Gehen diese in die • Hochschulabsolventinnen und -absolventen werden beson- Preise ein, wäre das vor dem Hintergrund der anziehenden ders in Branchen mit IT-Bezug gesucht, was die Knappheit Inflation eine nicht zu vernachlässigende Entwicklung. der IT-Experten dokumentiert. • 43 Prozent der Unternehmen erwarten, dass sie Aufträge verlieren oder ablehnen oder ihr Angebot reduzieren müssen, Wie reagieren die Unternehmen? wenn das nötige Personal fehlt. Dieser Anteil hat sich im Ver- gleich zu 2019 weiter erhöht (damals 39 Prozent). Hier zeigt • Mit der Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität wollen die sich besonders deutlich, dass weite Teile der Wirtschaft durch meisten Unternehmen auf Engpässe reagieren (53 Prozent). Engpässe in einzelnen Bereichen in Mitleidenschaft gezogen Neben dem Gehalt zählen z.B. Möglichkeiten zum flexiblen und werden können – z.B. wenn Vorprodukte fehlen, Lieferkapa- mobilen Arbeiten dazu. zitäten eingeschränkt sind, IT-Experten für die Digitalisierung im Mittelstand nicht verfügbar sind oder Bauprojekte schei- • Knapp jedes zweite Unternehmen (46 Prozent) möchte seine tern, weil für Planung und Ausführung zu wenig Fachkräfte eigene Ausbildung weiter intensivieren, um perspektivisch vorhanden sind. die Fachkräftebasis zu sichern.
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 5 I. Noch mehr Fachkräfteengpässe als vor der Krise Die deutsche Volkswirtschaft steht nicht nur bei der Bewälti- Stellen nicht besetzen, das waren 15 Prozentpunkte weniger als gung der Pandemiefolgen, sondern auch durch die Digitalisie- im Herbst 2019. 51 Prozent hatten vor Jahresfrist, insbesondere rung der Geschäftsprozesse, den Kampf gegen den Klimawandel pandemiebedingt, keinen Personalbedarf – aktuell sind dies 34 und durch den verschärften demografischen Wandel vor großen Prozent. Obwohl die Pandemiefolgen in vielen Unternehmen und langfristigen Modernisierungsherausforderungen. Um diese noch nicht überstanden sind, der Wirtschaftsaufschwung ins Herkules-Aufgaben der Zukunft zu stemmen, benötigt die deut- Stocken gerät und bezüglich der weiteren Entwicklung erhebli- sche Wirtschaft Fachkräfte. Der vorliegende DIHK-Report macht che Unsicherheiten bestehen1, sind die Besetzungsprobleme am jedoch deutlich, dass die gesuchten Fachkräfte in den Unterneh- aktuellen Rand sogar größer als vor der Krise. Nur 15 Prozent men mehr und mehr zum Engpassfaktor werden. der Unternehmen berichten derzeit von problemloser Stellenbe- setzung, vor der Krise waren es mit 17 Prozent etwas mehr.2 Aktuell berichtet mehr als jedes zweite Unternehmen (51 Prozent), dass es längerfristig offene Stellen zumindest teilwei- Der Fachkräftemangel ist für die Unternehmen bereits wieder das se nicht besetzen kann. Damit ist der deutliche Rückgang der größte Geschäftsrisiko – dies nennen 59 Prozent. Nachdem dieser Stellenbesetzungsprobleme, der sich im Herbst 2020 infolge der schon vor der Krise als Top-Risiko galt, war der Wert im Frühsom- Corona-Pandemie und dem zwischenzeitlichen Einbruch der mer 2020 coronabedingt zwischenzeitlich auf 26 Prozent gefallen. Personalnachfrage eingestellt hatte, bereits jetzt wieder aufge- Energie- und Rohstoffpreise folgen aktuell mit 58 Prozent und die zehrt. Im letzten Herbst konnten 32 Prozent der Unternehmen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mit 43 Prozent.3 Können Sie in Ihrem Unternehmen derzeit offene Stellen längerfristig nicht besetzen, weil Sie keine passenden Arbeitskräfte finden? Nach Wirtschaftszweigen – in Prozent Gesamt 2021 51 15 34 Gesamt 2020 32 18 51 Industrie 2021 53 19 27 Industrie 2020 29 21 49 Bau 2021 66 9 25 Bau 2020 55 12 33 Handel 2021 45 14 41 Handel 2020 29 18 53 Dienstleistungen 2021 50 13 37 Dienstleistungen 2020 31 17 52 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ja, Stellen können nicht besetzt werden nein, keine Probleme nein, derzeit kein Personalbedarf 1 gl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Aufschwung droht ausgebremst zu werden – Standort Deutschland attraktiver V für Unternehmen gestalten, DIHK-Konjunkturumfrage Herbst 2021, Berlin 2021. 2 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräftesuche bleibt Herausforderung, DIHK-Report Fachkräfte 2020, Berlin 2020. 3 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Aufschwung droht ausgebremst zu werden – Standort Deutschland attraktiver für Unternehmen gestalten, DIHK-Konjunkturumfrage Herbst 2021, Berlin 2021.
6 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 Größte Besetzungsprobleme in der Bauwirtschaft zu besetzen, die im Zuge des Lockdowns verloren gegangen – stärkster Anstieg in der Industrie sind. Nicht selten haben Beschäftigte zu Zeiten geschlosse- ner Hotels und Restaurants alternative Tätigkeiten in anderen Besonders in der Bauwirtschaft bestehen weiterhin Schwie- Branchen gefunden und sind dort geblieben, was die Suche der rigkeiten. Dort bleiben bei zwei Drittel der Betriebe Stellen Gastronomie zur Herausforderung macht. unbesetzt – nur neun Prozent beurteilen die Besetzung als problemlos. Der Bau war von den Auswirkungen der Krise Die Gruppe der Investitionsgüterproduzenten (wie z.B. Maschi- weniger stark betroffen als Industrie, Handel und Dienstleistun- nenbau, Hersteller von EDV-Geräten, Fahrzeugbau) ist ebenfalls gen, daher fällt der Anstieg im Vorjahresvergleich auch nicht so überdurchschnittlich häufig mit Besetzungsschwierigkeiten deutlich aus (plus elf Prozentpunkte). In der Industrie zeigt sich konfrontiert (57 Prozent). Investitionen sind ein Schlüssel für dagegen ein merkliches Plus von 24 Prozentpunkten, dort kann nachhaltiges Wachstum und Zukunftsfähigkeit. Allerdings zurzeit mehr als jedes zweite Unternehmen Stellen nicht wie sehen die Unternehmen einen erheblichen Investitionsbedarf im gewünscht besetzen (53 Prozent). Auch bei den Dienstleistern öffentlichen und privaten Bereich.4 Fehlende Fachkräfte bei den (50 Prozent; plus 19 Prozentpunkte) und im Handel (45 Prozent; dafür relevanten Herstellern können die nötigen Investitionen plus 16 Prozentpunkte), bei denen besonders viele Betriebe in verringern. den zurückliegenden Monaten der Pandemie von Geschäftsein- bußen getroffen wurden, steigen die Besetzungsschwierigkeiten aktuell wieder an. Schwierigkeiten besonders im Mittelstand Mit größerer Belegschaft nimmt der Anteil der Unternehmen zu, Viele Branchen betroffen die Stellen nicht wie geplant besetzen können (64 Prozent der Unternehmen mit 20 bis 199 und 66 Prozent mit 200 bis 999 67 Prozent der Gesundheits- und Sozialdienstleister (u.a. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; bei Großunternehmen mit wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von Krankenhäusern oder über 1.000 Beschäftigten sind es 59 Prozent). Bei der Interpre- Arztpraxen, Kindertagesstätten, Pflegeheime, ambulante Alten- tation ist zu beachten, dass größere Unternehmen regelmäßig und Pflegedienste) können offene Stellen längerfristig nicht Personal suchen und daher im Vergleich mit KMU auch der besetzen, weil sie keine passenden Fachkräfte finden. Viele Anteil höher ist, der Stellen nicht besetzen kann. Dennoch Betriebe aus diesem Bereich sind seit Monaten besonders ge- gelingt diesen Unternehmen im Vergleich mit kleinen Betrieben fordert und benötigen Personal, das jedoch bereits seit etlichen die Stellenbesetzung etwas öfter ohne Probleme: so berichten Jahren knapp ist. Hinzu kommt, dass Betriebe auch Beschäftigte etwa 29 Prozent der Großunternehmen und 22 Prozent in verloren haben, die sich vor dem Hintergrund der Pandemie der Größenklasse 200 bis 999 Beschäftigte von problemloser andere Tätigkeiten gesucht haben. Stellenbesetzung, während dies bei den kleinen mit bis zu 19 Beschäftigten elf Prozent sind. In der Bauwirtschaft insgesamt und in einzelnen Teilbereichen des Baus wie z.B. dem Ausbaugewerbe (72 Prozent) und dem Jedes dritte dieser KMU mit bis zu 19 Mitarbeiterinnen und Tiefbau (67 Prozent), aber auch in Architektur- und Ingenieur- Mitarbeitern kann Stellen nicht besetzen. Dieser Wert liegt büros (58 Prozent), sind die Personalprobleme besonders stark deshalb unter dem Durchschnitt der Gesamtwirtschaft, weil in ausgeprägt. Viele private wie öffentliche Bauvorhaben und nicht den kleinsten und kleinen Betrieben derzeit in weniger als jedem zuletzt die Erweiterung und Modernisierung der öffentlichen zweiten Betrieb überhaupt nach Personal gesucht wird. Deshalb Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur können damit ist dort der Anteil derer, die längerfristig Stellen nicht besetzen ausgebremst werden, selbst wenn die Finanzierung für solche können, unterdurchschnittlich stark ausgeprägt. 37 Prozent der Vorhaben gesichert ist. Personalknappheit in der öffentlichen Betriebe mit bis zu 19 Mitarbeitenden können ihre Stellen nicht Verwaltung mit Blick auf nötige Genehmigungsverfahren sowie besetzen. Suchen sie jedoch, so gestaltet sich die Einstellung Materialknappheiten sind weitere Hürden in diesem Kontext. Bei von Personal schwierig (nur elf Prozent berichten von einer Ersterem könnten perspektivisch digitale Verfahren helfen und problemlosen Stellenbesetzung). zur Beschleunigung beitragen. Im Gastgewerbe treten die Stellenbesetzungsprobleme deutli- cher denn je zu Tage, nachdem die Betriebe dort besonders von Lockdown-Maßnahmen betroffen waren. Der Anteil mit solchen Schwierigkeiten hat sich im Vorjahresvergleich von 31 Prozent auf 66 Prozent mehr als verdoppelt. Im Herbst 2019 – vor der Krise – waren es 57 Prozent. Mit ihrer jetzigen Nachfrage nach Arbeitskräften dürften viele Betriebe versuchen, Stellen wieder 4 gl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Entscheiden, investieren, gemeinsam Zukunft sichern, IHK-Unternehmens V barometer zur Bundestagswahl 2021, Berlin 2021.
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 7 Können Sie in Ihrem Unternehmen derzeit offene Stellen längerfristig nicht besetzen, weil Sie keine passenden Arbeitskräfte finden? Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1 bis 9 32 11 57 10 bis 19 51 13 36 20 bis 199 64 16 20 200 bis 999 66 22 12 1.000 und mehr 59 29 11 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ja, offene Stellen können nicht besetzt werden nein, keine Probleme bei der Besetzung nein, derzeit kein Personalbedarf Die regionale Auswertung der Stellenbesetzungsproblematik stehen sie vor erheblichen Herausforderungen, die häufig auf zeigt: Der Norden (52 Prozent) liegt einen Prozentpunkt über die dort weiter vorangeschrittene demografische Entwicklung dem Durchschnitt, der Westen (47 Prozent) und Osten (45 zurückgehen. 58 Prozent der Betriebe im Süden haben länger- Prozent) liegen unter dem Durchschnitt. Allerdings berichten fristig Probleme, ihre Stellen zu besetzen. Der überproportional die Betriebe im Osten am seltensten von einer problemlosen hohe Wert im Süden hängt insbesondere mit der Wirtschafts- Stellenbesetzung (dort ist zugleich der Anteil ohne Personalbe- struktur der Region zusammen. Im Süden Deutschlands finden darf im Vergleich am höchsten). Wenn die Betriebe dort suchen, sich vermehrt die größeren Betriebe der Industrie. II. U nternehmen suchen am häufigsten beruflich Qualifizierte – Tendenz steigend Zur Einschätzung der gesuchten Qualifikationen wurden im terinnen und Facharbeiter mit einer abgeschlossenen Berufs- Rahmen der Umfrage diejenigen Unternehmen, die derzeit Stel- ausbildung. Diese beruflich Qualifizierten waren bereits 2018 len längerfristig nicht besetzen können gebeten, anzugeben, für die am stärksten nachgefragten Personen einer Belegschaft (49 welches Qualifikationsniveau sie erfolglos Arbeitskräfte suchen. Prozent).5 Trotz der schwierigen Umstände der Corona-Pande- Unternehmen, die entweder keinen Personalbedarf haben oder mie ist der Wert in dieser Zeit um ganze acht Prozentpunkte denen problemlos die Einstellung gelingt, werden im Folgenden gestiegen. Hatte die Umfrage zuvor von einem klaren Trend auf nicht berücksichtigt. hohem Niveau gesprochen, hat der Wert nun einen Höchststand erreicht. Beruflich Qualifizierte werden – nicht erst seit diesem Mehr als jedes zweite Unternehmen (57 Prozent), das länger- Jahr – händeringend gesucht. fristig Stellen nicht besetzen kann, sucht erfolglos Facharbei- 5 gl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräfteengpässe groß – trotz schwächerer Konjunktur, DIHK-Arbeits- V marktreport 2019, Berlin 2019.
8 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 Für welches Qualifikationsniveau suchen Sie ohne Erfolg Arbeitskräfte? nach Wirtschaftszweigen - in Prozent ohne abgeschlossene Berufsausbildung Duale Berufsausbildung Fachwirt/Meister oder anderer Weiterbildungsabschluss (Fach-)Hochschulabschluss Dienstleistungen Handel Bau Industrie Gesamt 63 60 60 57 57 53 51 52 46 45 46 49 41 44 41 37 39 35 37 38 36 34 32 31 30 31 31 30 30 32 32 31 33 35 32 27 30 25 20 19 2018 2021 2018 2021 2018 2021 2018 2021 2018 2021 Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können. Auch die Absolventinnen und Absolventen einer höheren Duale Ausbildung ist das Rückgrat des deutschen Berufsbildung – einer Weiterbildung, zum Meister oder Fach- Mittelstands wirt – suchen die Unternehmen auf nahezu konstant hohem Niveau vergeblich: 36 Prozent (2018: 38 Prozent) der Betriebe, Die Schwierigkeiten, Kandidatinnen und Kandidaten mit dualer die Fachkräfte längerfristig nicht finden können, suchen höher Ausbildung zu gewinnen, bestehen in allen Wirtschaftszweigen Qualifizierte der beruflichen Bildung. Hierbei ist es wichtig, diese – besonders ausgeprägt sind sie im Handel (63 Prozent). Etwas quantitativ in den Arbeitsmarkt einzuordnen. Ihre Anzahl ist schwieriger als im Durchschnitt fällt es auch den Unterneh- im Verhältnis zu Absolventinnen und Absolventen einer dualen men des Baugewerbes und der Industrie (jeweils 60 Prozent), Ausbildung oder zu Hochschulabsolventinnen und -absolventen Fachkräfte mit Berufsabschluss zu finden. Bei den Dienstleistern deutlich geringer. Damit deutet der Wert von 36 Prozent der sind es 53 Prozent. Zu den einzelnen Branchen, in denen Absol- Unternehmen, die erfolglos suchen, auf erhebliche Engpässe in ventinnen und Absolventen der dualen Ausbildung besonders diesem Qualifikationsbereich hin. Jährlich nehmen die IHKs in häufig ohne Erfolg gesucht werden, zählen z.B. Kfz-Handel und der Höheren Berufsbildung etwa 60.000 Prüfungen ab. Bundes- -Reparatur (72 Prozent), Hersteller von Metallerzeugnissen (67 weit haben schätzungsweise rund 2,5 Millionen Erwerbstätige Prozent), das Gastgewerbe (66 Prozent) sowie der Maschinen- einen solchen wertigen Abschluss der Höheren Berufsbildung bau (64 Prozent). und haben sich zum Fachwirt, Meister, Bilanzbuchhalter oder Betriebswirt weitergebildet. Zum Vergleich: Die Zahl der Hoch- Fachkräfte mit einem Berufsabschluss einer dualen Ausbil- schulabgehenden liegt allein pro Jahr bei rund einer halben dung werden am häufigsten in Betrieben mit mehr als 20 und Million, während fast 400.000 Personen jährlich erfolgreich ihre weniger als 1.000 Mitarbeitenden erfolglos gesucht. Das kann Erstausbildung abschließen. darauf zurückgeführt werden, dass der deutsche Mittelstand selbst überproportional viel ausbildet und deshalb um die Die erfolglose Suche nach Hochschulabsolventen beschäftigt hohen Qualifikationen von Ausbildungsabsolventinnen und mit 32 Prozent ähnlich viele Unternehmen - auch hier zeigt sich Absolventen weiß. Die größeren Besetzungsschwierigkeiten eine hohe Konstanz (2018: 33 Prozent). In 35 Prozent der Un- von KMU im Vergleich zu Großunternehmen können einerseits ternehmen bestehen die Besetzungsprobleme auch für Stellen auf die anzahlmäßig hohe Nachfrage nach Ausbildungsabsol- ohne Ausbildung und formalen Abschluss. Im Vergleich zu 2018 ventinnen und -absolventen und andererseits auf die niedri- ist dieser Wert um fünf Prozentpunkte gestiegen. gere Bekanntheit von kleineren Unternehmen zurückgeführt
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 9 Für welches Qualifikationsniveau suchen Sie ohne Erfolg Arbeitskräfte? nach Beschäftigtengrößenklassen - in Prozent 74 57 58 58 54 50 49 47 46 36 37 36 37 29 27 28 25 29 29 21 1 bis 9 10 bis 19 20 bis 199 200 bis 999 1.000 und mehr ohne abgeschlossene Berufsausbildung Duale Berufsausbildung Fachwirt/Meister oder anderer Weiterbildungsabschluss (Fach-)Hochschulabschluss Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können. werden. Großunternehmen sind aufgrund ihrer Produkte IT sucht Personen mit Hochschulabschluss häufig bekannter, was bei der Besetzung von Stellen von Vorteil sein kann. Lücken bei der Stellenbesetzung mit Hochschulabsolventinnen und -absolventen zeigen sich besonders häufig bei Dienst- leistungsunternehmen (35 Prozent) und in der Industrie (31 Erfolgreich mit Höherer Berufsbildung Prozent). Hier stehen u.a. Programmierer (90 Prozent), IT- sowie Informationsdienstleister (86 Prozent bzw. 83 Prozent) an der Besonders oft vergeblich nachgefragt werden die Absolven- Spitze der suchenden Branchen, was die Knappheit der IT-Ex- tinnen und Absolventen der Höheren Berufsbildung in der perten zum Ausdruck bringt. Auch die Bereiche Forschung und Bauwirtschaft (44 Prozent) und in der Industrie (41 Prozent). Entwicklung (68 Prozent) sowie Elektro-Spitzentechnologie (60 Bei den einzelnen Branchen stehen die Energieversorger Prozent) suchen überdurchschnittlich oft vergeblich. Engpässe (64 Prozent) – dort sind Kandidatinnen und Kandidaten mit bei den MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissen- Weiterbildungsabschluss sogar am häufigsten gesucht –, schaften, Technik) machen sich deutlich bemerkbar. Finanz- und Versicherungsdienstleister (57 Prozent), Hersteller elektrischer Ausrüstungen (49 Prozent) sowie der hochwertige In den Großunternehmen hat die Suche nach Personen mit Maschinenbau (47 Prozent) mit an der Spitze. Der Transforma- (Fach-)Hochschulabschluss ein höheres Gewicht – dort stehen tionsprozess der Wirtschaft mit Schwerpunkten bei Klimawan- sie mit 74 Prozent an der Spitze, während es in KMU mit weni- del, Energiewende, Digitalisierung und Elektrifizierung kann ger als 200 Beschäftigten 28 Prozent sind. dafür mitverantwortlich sein. Zudem sind es eher größere Unternehmen, die erfolglos nach Kandidaten ohne Berufsabschluss sind gefragter diesen Personen suchen. Dies gilt z.B. für die Hälfte der Betriebe denn je mit 200 bis unter 1.000 Beschäftigten, aber nur für rund jedes vierte Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitenden. Mehr als jedes dritte Unternehmen gibt an, auch Stellen für Personen ohne Ausbildung nicht besetzen zu können. Dieses gilt in besonderem Maße für Dienstleister (39 Prozent). Der Gesamtwert hat sich gegenüber 2018 um fünf Prozentpunk- te und gegenüber 2016 um elf Prozentpunkte erhöht.6 Dies
46% E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0Industrie 10 | D I H K - RGesamt 21 49% Bau 52% Handel 52% Dienstleistungen 41% Mehr Weiterbildung ist ein Hinweis darauf, dass etliche Betriebe nicht mehr nur Deutschland kommen konnten und auch teilweise noch nicht Fachkräfteengpässe, sondern zunehmend Arbeitskräfteeng- wieder können. pässe auch im niedrigen Qualifikationsbereich haben. Be- troffen sind insbesondere Branchen, in denen auch einfache Aus Sicht der Personen, die über keinen formalen Berufsab- Tätigkeiten gefragt sind wie z.B. Sicherheitswirtschaft (81 schluss verfügen, bietet die Suche der Unternehmen Chancen Industrie 35% Gesamt Prozent), 32% Reinigungsdienste (80 Prozent), Straßenverkehr, Bau 35%für einen EinstiegHandel 34% Mittel- in Beschäftigung. Dienstleistungen 29% und langfristig soll- Schienennahverkehr (74 Prozent) sowie Gebäudebetreuung, ten sich junge Menschen jedoch nicht auf diese derzeit guten Garten- und Landschaftsbau (59 Prozent). Gerade in Bran- Beschäftigungsperspektiven verlassen und stattdessen mit dem chen, die in früheren Stärkung der Mitarbeiter- Umfragen bereits ein hohes Niveau an erfolgreichen Abschluss einer dualen Ausbildung ein Funda- vergeblich suchenden kompetenzen für Unternehmen für dual Qualifizierte Digitalisierung ment für ihre Zukunft bauen. Beschäftigte, die trotz fehlenden und/oder Strukturwandel gezeigt hatten, ergibt sich gleichermaßen ein hoher Anteil an Abschlusses, in den Unternehmen eine Beschäftigung gefunden Unternehmen, die diese Stellen nun (auch) mit Arbeitskräften haben, sind gut beraten, ihr Wissen sukzessive weiterzuentwi- ohne Berufsabschluss besetzen würden. So können 68 Prozent ckeln. Die Transformation der Wirtschaft wird häufig zu komple- der Betriebe der Gastronomie selbst Tätigkeiten, für die kein xeren Anforderungen führen, denen mit Qualifizierung begegnet formaler Abschluss benötigt wird, nicht besetzen. Gleiches werden kann. gilt für 29%Verkehr & Industrie den Bereich Gesamt 29% Lagerei: 65 Prozent derer, dieBau 22% Handel 31% Dienstleistungen 30% ihre Stellen langfristig nicht besetzen können, suchen hierfür Auch für Arbeitslose entstehen Chancen auf Beschäftigung. So ungelernte Kräfte. Der Anstieg in einigen Branchen ist nicht verfügt rund jeder zweite Arbeitslose insgesamt und zwei Drittel zuletzt eine Folge der Pandemie. Ungelernte Kräfte wie z.B. der Arbeitslosen im SGB II-Bezug über keine abgeschlossene Vereinbarkeit von Familie Minijobber, Schüler, und Beruf erleichtern Studenten, Rentner sowie Personen ohne Berufsausbildung. Von 2015 bis 2019 (also vor der Corona-Krise) beruflichen Abschluss haben im Lockdown die zwischenzeitlich ist die Arbeitslosenquote der Personen ohne Ausbildung von geschlossenen Betriebe z.B. in der Gastronomie verlassen, nun 20,3 Prozent auf 17,0 Prozent gefallen. Auch für Geflüchtete, fällt es den Betrieben zunehmend schwer, Ersatz zu finden. die oftmals keine (formale) Qualifizierung haben, bieten sich Hinzu kommt, dass infolge der erschwerten Zuwanderung hier Gelegenheiten für den Weg in den Arbeitsmarkt. aus dem Ausland als Coronafolge weniger Arbeitskräfte nach Gesamt 34% Industrie 28% Bau 25% Handel 33% Dienstleistungen 40% III. Wie reagieren die Unternehmen? Beschäftigung / Einstellung älterer Mitarbeiter Arbeitgeberattraktivität ganz oben auf der Agenda Rahmen des DIHK-Arbeitsmarktreports gestellt wurde, an Be- ausweiten deutung gewonnen (damals mit 47 Prozent auf Rang zwei)8. Die Fachkräftesicherung ist in erster Linie eine Aufgabe für die Dienstleister nennen diese Option etwas häufiger als Industrie, Unternehmen selbst – dabei brauchen sie aber die passenden Handel und Bauwirtschaft. Rahmenbedingungen, um erfolgreich sein zu können. An der Spitze der betrieblichen Aktivitäten steht die Steigerung Beim Werben um gesuchte Fachkräfte kommt es bereits seit Gesamt 28% Industrie 26% Bau 28% Handel 29% Dienstleistungen 29% der Arbeitgeberattraktivität, die von 53 Prozent der Unterneh- einigen Jahren immer stärker darauf an, sich als Unternehmen men genannt wird, die Stellen nicht besetzen können. Damit 7 als gute Alternative gegenüber den Wettbewerbern zu prä- hat sie im Vergleich zum Herbst 2016, als diese Frage zuletzt im sentieren. Dabei spielt eine attraktive Bezahlung eine wich- Steigerung der Arbeitgeberattraktivität Gesamt 53% Industrie 50% Bau 48% Handel 50% Dienstleistungen 57% Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können Investition in 6 gl.technische V Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräfteengpässe groß – trotz schwächerer Konjunktur, DIHK-Arbeits- Lösungen marktreport 2019, Berlin 2019. 7 Im Folgenden werden in diesem Kapitel die Unternehmen betrachtet, die Stellen längerfristig nicht besetzen können. Unter- nehmen, die entweder keinen Personalbedarf haben oder denen problemlos die Einstellung gelingt, werden im Folgenden nicht berücksichtigt. 8 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräftesicherung gewinnt weiter an Bedeutung, DIHK-Arbeitsmarktreport 2017, Berlin25% Gesamt 2017. Industrie 35% Bau 16% Handel 20% Dienstleistungen 22% Einstellung von Fach- kräften aus dem Ausland
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 11 tige, aber längst nicht die einzige Rolle. Möglichkeiten und sicherung (72 Prozent). Bei größeren Mittelständlern mit 200 Ausgestaltung von flexiblem und mobilem Arbeiten gewinnen bis unter 1.000 Beschäftigten sind es mit 67 Prozent nicht viel aus Sicht der Beschäftigten bei der Wahl des Arbeitgebers an weniger. Bei den kleinen Unternehmen mit bis zu 20 Beschäf- Gewicht. Unternehmen – auch in vermeintlich unattraktiveren tigten liegt der Wert bei 47 Prozent. Häufig haben größere Regionen – haben z.B. durch Digitalisierung, Vernetzung und Unternehmen mehr finanziellen Spielraum für attraktivitäts- virtuelle Kommunikationsformate die Möglichkeit, Fachkräfte steigernde Maßnahmen, aber auch organisatorisch lassen sich von sich zu überzeugen, weil z.B. ein Umzug mit der Familie z.B. mobiles und flexibles Arbeiten als eine solche Maßnahme nicht nötig ist. Durch die verstärkten digitalen Instrumente dort leichter organisieren. Und schließlich gehören auch Ange- und die damit verbundene Möglichkeit, Dienstreisen, In- und bote zur Gesundheitsförderung und -beratung verstärkt in den Auslandsflüge etc. durch effiziente Alternativen zu ersetzen, Instrumentenkasten der Arbeitgeberattraktivität. können Unternehmen potenzielle Bewerber zudem mit ihrem Engagement beim Klimaschutz ansprechen. Auch flache Hier- archien, ein hohes Maß an Selbständigkeit und Verantwortung Engagement für Ausbildung beim Arbeiten sowie ein gutes, wertschätzendes und kollegia- les Umfeld können wichtige Attraktivitätsfaktoren sein. Fast jedes zweite Unternehmen möchte mit einer Intensi- vierung der eigenen Ausbildung auf aktuelle und künftige Zu den Branchen, die in besonderem Maße auf eine Steigerung Engpässe reagieren. Verglichen mit Ergebnissen aus dem der Attraktivität setzen, zählen z.B. die IT-Dienstleister (71 Pro- Herbst 2016 zeigt sich ein leichter Rückgang (von 51 auf 46 zent), die Informationswirtschaft (69 Prozent) und das Kredit- Prozent). Dass es in erster Linie Fachkräfte mit dualer Berufs- gewerbe (67 Prozent). Auch die Gesundheits- und Sozialdienst- ausbildung sind, die in den Betrieben häufig fehlen, erklärt leister (61 Prozent) sehen vielfach Steigerungspotenzial. Hier dieses betriebliche Engagement für den eigenen Nachwuchs. dürften nicht zuletzt die oftmals als wenig attraktiv geltenden Schwierigkeiten in der jüngeren Vergangenheit, geeignete Arbeitszeiten eine Rolle spielen, die es anhand anderer Maßnah- Azubis zu finden, können ein Grund für den leichten Rückgang men zu kompensieren gilt. Ebenso sind viele Zeitarbeitsbetriebe sein. Fast 20.000 Betriebe haben zuletzt keine Bewerbung auf bestrebt, ihre Attraktivität für die Beschäftigten zu steigern (66 ihre Ausbildungsplätze erhalten, was die Ausbildungsneigung Prozent) und damit auch vermeintliche Kritikpunkte an diesem mindert.9 Die demografische Entwicklung mit abnehmenden Geschäftsmodell, die in der Öffentlichkeit zuweilen geäußert Schülerzahlen und einem Negativsaldo bezüglich der in den werden, durch gute Beispiele zu widerlegen. Arbeitsmarkt Eintretenden gegenüber den Austretenden von mehr als 350.000 im Jahr erschwert zudem die betrieblichen Für Großunternehmen steht die Steigerung der Attraktivität Anstrengungen. Eine hohe Studierneigung der Schulabgänge- deutlich an erster Stelle bei den Maßnahmen zur Fachkräfte- rinnen und -abgänger kommt hinzu. Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung: Steigerung der Arbeitgeberattraktivität Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 72 200 bis 999 67 20 bis 199 54 10 bis 19 49 1 bis 9 46 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können. 9 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, DIHK-Ausbildungsumfrage 2019, Berlin 2019.
12 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung Mehr Ausbildung Gesamt 46% Industrie 49% Bau 52% Handel 52% Dienstleistungen 41% Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können Besonders Handel und Bau (jeweils 52 Prozent) sowie Industrie (49 Mehr Weiterbildung Während im Süden (49 Prozent), im Norden (47 Prozent) und Prozent) wollen mit mehr Ausbildung auf Engpässe reagieren. Gerade im Westen (46 Prozent) der Anteil der Unternehmen, der mit dort ist auch die erfolglose Suche nach beruflich Qualifizierten ein mehr Ausbildung auf Stellenbesetzungsprobleme reagieren will, besonderes Problem. Bei den Dienstleistern sind es mit 41 Prozent sehr ähnlich ist, liegt dieser im Osten mit 38 Prozent deutlich etwas weniger – dort ist gleichzeitig der Anteil höher, der auch Stellen darunter. Die vergleichsweise kleinteilige Wirtschaftsstruktur für Kandidaten ohne Abschluss nicht besetzen kann. An der Spitze der mit weniger Ausbildungsbetrieben kann hierfür eine Erklärung Branchen stehen u. a. Kfz-Handel und -Reparatur (63 Prozent), das sein. Auch die im Osten weiter vorangeschrittene demografische 32% Gesamt (59 Holzgewerbe Industrie Prozent), die Gummi- 35% und Kunststoffindustrie, Bau 35% Glas, Entwicklung kannHandel 34% eine Rolle spielen, weilDienstleistungen 29% die Betriebe wissen, Keramik, Steineverarbeitung (jeweils 54 Prozent) sowie der Hochbau dass weniger Auszubildende zur Verfügung stehen. (53 Prozent), für die damit die Intensivierung der Ausbildung an erster Stelle im gesamten Maßnahmenkatalog zur Fachkräftesicherung steht. Stärkung der Mitarbeiter- kompetenzen für Digitalisierung und/oder Strukturwandel Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung: mehr Ausbildung Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent Gesamt 29% Industrie 29% Bau 22% Handel 31% Dienstleistungen 30% 1.000 und mehr 48 Vereinbarkeit von Familie 200 bis 999 55 und Beruf erleichtern 20 bis 199 50 10 bis 19 39 Gesamt 34% Industrie 28% Bau 25% Handel 33% Dienstleistungen 40% 1 bis 9 34 Beschäftigung / Einstellung 0 10 20 30 40 50 60 älterer Mitarbeiter ausweiten Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können. Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern Gesamt 28% Industrie 26% Bau 28% Handel 29% Dienstleistungen 29% Mehr als jedes dritte Unternehmen (34 Prozent) möchte als Reakti- Im Vergleich mit dem DIHK-Arbeitsmarktreport 2017 hat die on auf Fachkräfteengpässe die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Verbesserung der Vereinbarkeit aus Sicht der Unternehmen an erleichtern. Mit entsprechenden Maßnahmen lassen sich nicht nur Bedeutung gewonnen. Damals nannten dies 29 Prozent und Beschäftigte mit Familienaufgaben Steigerung der für den Betrieb neu gewinnen diese Option lag auf dem fünften Rang – nun auf Rang drei. Arbeitgeberattraktivität bzw. halten, sondern auch eine Ausweitung der Arbeitszeiten die- Nicht zuletzt die Erfahrungen in den zurückliegenden Monaten ser Beschäftigten ermöglichen. Gerade bei der Beschäftigung von der Corona-Pandemie haben deutlich gemacht, wie wichtig eine Frauen in Teilzeit besteht hier in Deutschland Potenzial. So arbeiten gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf für das Funktionie- ca. die Hälfte der Frauen in Teilzeit, wobei dies eine durchschnittli- ren der betrieblichen Abläufe und für die Fachkräftesicherung che Wochenarbeitszeit von knapp über 20 Stunden bedeutet. insgesamt ist. Gesamt 53% Industrie 50% Bau 48% Handel 50% Dienstleistungen 57%
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 13 Gesamt 29% Industrie 29% Bau 22% Handel 31% Dienstleistungen 30% Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern Gesamt 34% Industrie 28% Bau 25% Handel 33% Dienstleistungen 40% Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können Insbesondere Beschäftigung die Dienstleister wollen die Vereinbarkeit weiter / Einstellung Eher selten wird die Erleichterung der Vereinbarkeit dagegen erleichtern (40 Prozent), es folgen Handel (33 Prozent), Industrie z.B. von Unternehmen aus dem Tiefbau, der Gummi- und älterer Mitarbeiter ausweiten (28 Prozent) und Bau (25 Prozent). Unter anderem die Möglich- Kunststoffindustrie (jeweils 21 Prozent) sowie der Zeitarbeit keiten für flexibles Arbeiten – zeitlich und mobil – erleichtern (22 Prozent) genannt. die Vereinbarkeit und lassen sich häufiger, wenn auch nicht immer, im Dienstleistungsbereich durchführen. Besonders die Da i.d.R. größere Unternehmen organisatorische und mit- Bildungswirtschaft (54 Prozent), die Gesundheits- und Sozial- unter kostenintensive Maßnahmen zur Vereinbarkeit (bis dienstleister 28% Gesamt (53 Industrie 26% Prozent), das Kreditgewerbe Bau 28% (51 Prozent) sowie hin zum eigenenHandel 29% Betriebskindergarten) Dienstleistungen 29% anbieten können, Rechts- und Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung (50 Prozent) nimmt mit der Betriebsgröße der Anteil der Nennungen zu. planen Schritte für mehr Vereinbarkeit. Auch das Gastgewerbe So sind es in Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftig- sieht häufig diese Notwendigkeit (45 Prozent). Dort bestehen ten 33 Prozent, in Großunternehmen 51 Prozent. Gerade infolgeSteigerung der nicht der immer familienkompatiblen Öffnungszeiten kleine Betriebe können jedoch mit vielen niedrigschwelligen Arbeitgeberattraktivität vielfach besondere Herausforderungen, hier gute Lösungen zu Maßnahmen und einer gelebten familienfreundlichen Kultur finden. Aber auch in Industriebetrieben z.B. aus den Bereichen ebenfalls erhebliche Akzente setzen.10 der Elektro-Spitzentechnologie (43 Prozent) sowie bei Herstel- lern von Datenverarbeitungsgeräten (42 Prozent) steht das The- ma Vereinbarkeit überdurchschnittlich häufig auf der Agenda. Gesamt 53% Industrie 50% Bau 48% Handel 50% Dienstleistungen 57% Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung: Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern Investition Nach in Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent technische Lösungen 1.000 und mehr 51 200 bis 999 41 Gesamt 25% Industrie 35% Bau 16% Handel 20% Dienstleistungen 22% 20 bis 199 33 Einstellung von Fach- 10 aus kräften bis dem 19 Ausland 33 1 bis 9 33 0 10 20 30 40 50 60 Gesamt 34% Industrie Die Angaben beziehen 32% auf die Unternehmen, sich ausschließlich Bau 37% Handel die Stellen längerfristig nicht 25% besetzen können. Dienstleistungen 38% 10 as beim DIHK angesiedelte Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ stellt dazu viele Best-Practice-Beispiele und wei- D tere Informationen für Unternehmen bereit.
14 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 Gesamt 25% Industrie 35% Bau 16% Handel 20% Dienstleistungen 22% Einstellung von Fach- kräften aus dem Ausland Gesamt 34% Industrie 32% Bau 37% Handel 25% Dienstleistungen 38% Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können Fachkräfte aus dem Ausland Mit der Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland will mehr als Besonders Dienstleister (38 Prozent) und Bauwirtschaft (37 jedes dritte Unternehmen mit Stellenbesetzungsproblemen künftig Prozent) wollen künftig Personal aus dem Ausland einstellen, auf Personalengpässe reagieren (34 Prozent) – im DIHK-Arbeits- aber auch in der Industrie (32 Prozent) sind es nicht viel we- marktreport 2017 waren es 30 Prozent.11 Bereits in den letzten niger. Beim Blick in die Branchen stehen Betriebe aus den Be- Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie trug die Beschäftigung reichen Gastgewerbe (60 Prozent), Textilgewerbe (50 Prozent), von Arbeitskräften aus dem Ausland mehr als zur Hälfte zum Job- Gesundheits- und Sozialdienstleister (50 Prozent), Verkehr und wachstum bei. Die Arbeitskräfte stammen dabei zum Großteil aus Lagerei (44 Prozent) sowie das Ausbaugewerbe (43 Prozent) den EU-Mitgliedstaaten, für die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt. Mit mit am häufigsten ganz oben, wenn es um die Einstellung dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) wurden in Deutschland ausländischer Fachkräfte geht. Im Gastgewerbe ist dies sogar Möglichkeiten geschaffen, um die Zuwanderung aus Nicht-EU- die meist genannte Reaktion der Betriebe. Erhebliche Personal- Staaten zu erleichtern. Da das Inkrafttreten des FEG zum 1.3.2020 engpässe im Inland, aber bereits auch viele Erfahrungen in der mit dem Ausbruch der Pandemie zusammenfiel, konnte es noch Vergangenheit mit Einstellung und Integration, können hierfür keinem wirklichen Praxistest unterzogen werden. Zum einen brach u.a. ausschlaggebend sein.12 Vergleichsweise geringe Anforde- die Personalnachfrage der Betriebe zu großen Teilen ein. Zum rungen an deutsche Sprachkenntnisse oder an das (formale) anderen waren die Verwaltungsstrukturen z.B. bei den Botschaften Qualifikationsniveau machen eine Beschäftigung von auslän- im Ausland sowie den Ausländerbehörden im Inland infolge der dischen Arbeitskräften zudem dort mitunter einfacher. Corona-Krise erheblich gestört und zwischenzeitlich war infolge von Mobilitätseinschränkungen und Reisebeschränkungen eine Einreise nach Deutschland nicht möglich. Der DIHK informiert, berät und unterstützt Unternehmen und interessierte Fachkräfte im Ausland und in Deutschland bei Fragen rund um Zuwanderung, Anerkennung sowie zu Fragen zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz mit unterschiedlichen Projekten: Hand in Hand for International Talents gewinnt qualifizierte Fachkräfte aus Drittstaaten für deutsche Unternehmen. Als Pilot- projekt baut es Kooperationsstrukturen auf und erprobt Prozesse für eine geregelte Fachkräfteeinwanderung aus nicht-europäi- schen Ländern für Fachkräfte in ausgewählten IHK-Berufen, gefördert durch das BMWi und in Kooperation mit der Bundesagentur für Arbeit. Unternehmen Berufsanerkennung (UBA) unterstützt Unternehmen bei der Beschäftigung ausländischer Fachkräfte auf vielfäl- tige Weise. Zum Beispiel können Unternehmen über ein digitales Tool auf der Projektwebsite ihre Fragen rund um die Fachkräfte- einwanderung und Berufsanerkennung stellen und individuelle Antworten erhalten. Darüber hinaus bietet UBA Mustervorlagen und FAQs für die Umsetzung von Anpassungsqualifizierungen und bringt Unternehmen mit teilanerkannten Fachkräften ganz praktisch über die Matching Datenbank UBAconnect zusammen. Gefördert wird das Projekt vom BMBF. ProRecognition berät an zehn AHK-Standorten Fachkräfte mit akademischem und beruflichem Abschluss zu ihren Anerken- nungschancen. Darüber hinaus unterstützen die Berater mit passgenauen Angeboten zu Sprachqualifikationen, der Visabeantra- gung, der Vorbereitung der Bewerbungsunterlagen und der Jobsuche. Das Projekt wird vom BMBF gefördert. 11 gl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräftesicherung gewinnt weiter an Bedeutung, DIHK-Arbeitsmarktreport V 2017, Berlin 2017. 12 Im Gesundheitsbereich bestehen z.B. unterschiedliche Projekte – u.a. im Rahmen von Vermittlungsabsprachen der Bundesagen- tur für Arbeit.
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 15 Aber auch Unternehmen des Bereichs F&E (49 Prozent), Pro- eine nicht so große Rolle, wenn die Geschäftssprache beispiels- grammierung (42 Prozent) und Architektur, Ingenieurdesign weise englisch ist – was in den genannten Bereichen nicht sowie des hochwertigen Maschinenbaus (jeweils 38 Prozent) unüblich sein dürfte. nennen überdurchschnittlich oft die Beschäftigungsperspekti- ven ausländischer Fachkräfte. Hier dürften eher hohe Qualifika- Die Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland wird nahezu tionsanforderungen vorliegen. Oftmals sind Hochschulabschlüs- von Unternehmen aller Größenordnungen in ähnlichem Umfang se gefragt, die i.d.R. international einfacher zu vergleichen sind, genannt (zwischen 31 und 37 Prozent), bei den Großunter- womit die Bewertung der Qualifikation und mögliche Besonder- nehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten ist der Wert am heiten im deutschen Ausbildungssystem keine so großen Hür- geringsten (27 Prozent). Diese Unternehmen sind aus Sicht der den darstellen, wie dies in anderen Berufen der Fall sein kann, inländischen Beschäftigten oft besonders attraktiv und bieten für die es z.B. im Ausland keine entsprechende Berufsausbildung gute Beschäftigungsperspektiven, so dass der Blick ins Ausland gibt. Gleichfalls spielen fehlende deutsche Sprachkenntnisse dort nicht ganz so häufig ist. Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung: Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 27 200 bis 999 33 20 bis 199 37 10 bis 19 36 1 bis 9 31 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können. Weiterbildung intensivieren Die Weiterbildung ist für viele Unternehmen eine wichtige nehmen an betrieblicher Weiterbildung – gegenüber 2010 ist Strategie zur Fachkräftesicherung, die etwa jedes dritte Unter- das ein Anstieg um rund fünf Prozentpunkte. Die Teilnahme an nehmen neben den schon bestehenden Angeboten noch weiter betrieblicher Weiterbildung hat am aktuellen Rand auch noch intensivieren will. Dies gilt in der Industrie und im Bau in etwas einmal zugelegt: 48 Prozent der 18- bis 64-Jährigen haben sich stärkerem Ausmaß als in den anderen Wirtschaftszweigen. 2020 im Betrieb weitergebildet. Gegenüber 2018 ist das ein Zunehmende sowie sich z.T. schnell ändernde Anforderungen Zuwachs um acht Prozentpunkte. an die Beschäftigten machen das Lebenslange Lernen immer mehr zur Voraussetzung für die dauerhafte Beschäftigungsfä- Größere Unternehmen sehen häufiger Möglichkeiten, ihre higkeit im Betrieb. Die Weiterbildung der Beschäftigten ist in Weiterbildungsaktivitäten noch auszuweiten. Sie haben z.B. den Unternehmen bereits vielfach verankert (2019 haben die öfter professionelle Personalabteilungen, die entsprechende Unternehmen in Deutschland mehr als 40 Mrd. Euro in Weiter- Qualifizierungsstrategien und -maßnahmen entwickeln und bildung investiert, drei Jahre zuvor waren es 34 Mrd. Euro)13. organisieren können. Daher sind der weiteren Intensivierung auch Grenzen gesetzt. Insgesamt beteiligen sich aktuell knapp 88 Prozent der Unter- An der Spitze der Branchen, die als Reaktion auf Fachkräfteeng- 13 Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft, Berufliche Weiterbildung in Deutschland: Status Quo und Weiterentwicklung, Köln 2021.
16 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 Gesamt 46% Industrie 49% Bau 52% Handel 52% Dienstleistungen 41% Mehr Weiterbildung Gesamt 32% Industrie 35% Bau 35% Handel 34% Dienstleistungen 29% Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können pässe die Weiterbildung Stärkung der Mitarbeiter- intensivieren wollen, steht der Fahr- wesentlichen Beitrag leisten. Auch Elektro-Spitzentechnologie kompetenzen zeugbau (53fürProzent). Digitalisierung Dort wird keine andere der abgefragten (42 Prozent) und Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten (41 und/oder Strukturwandel Maßnahmen häufiger genannt. Der Weg hin zu neuen Antriebs- Prozent) wollen stärker auf Weiterbildung setzen. technologien und der E-Mobilität insgesamt dürfte hier einen Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung: Gesamt 29% Industrie 29% Bau 22% Handel 31% Dienstleistungen 30% mehr Weiterbildung Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent Vereinbarkeit von Familie und und 1.000 Beruf erleichtern mehr 48 Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung 200 bis 999 44 20 34% bis 199 Gesamt Industrie 28% Bau 25% 33 Handel 33% Dienstleistungen 40% Mehr Ausbildung 10 bis 19 23 Beschäftigung / Einstellung älterer Mitarbeiter ausweiten 1 bis 9 24 0 10 20 30 40 50 60 Gesamt 46% Industrie 49% Bau 52% Handel 52% Dienstleistungen 41% Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können. Gesamt 28% Industrie 26% Bau 28% Handel 29% Dienstleistungen 29% Mehr Weiterbildung Neue Kompetenzen für Digitalisierung und Strukturwandel Steigerung der Arbeitgeberattraktivität Digitalisierung, Klimawandel sowie weitere Bereiche des verfügbar sein und sich auch die spezifischen Kompetenzen der Strukturwandels erfordern von den Unternehmen z.T. merkliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Feldern weiterent- Gesamt 32% Anpassungen bis hin zu geänderten 35% Produktionsabläufen Industrie und Bau 35% Handeles34% wickeln – gerade wenn z.B. um die betriebliche 29% Umsetzung Dienstleistungen -verfahren oder neuen Geschäftsmodellen. Damit diese Trans- von Digitalisierung, KI-Anwendungen oder den Weg in die formation gelingt, müssen die hierfür erforderlichen Fachkräfte Klimaneutralität geht. Gesamt 53% Stärkung der Mitarbeiter- Industrie 50% Bau 48% Handel 50% Dienstleistungen 57% kompetenzen für Digitalisierung und/oder Strukturwandel Investition in technische Lösungen Gesamt 29% Industrie 29% Bau 22% Handel 31% Dienstleistungen 30% Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können 25% Gesamt von Familie Vereinbarkeit Industrie 35% Bau 16% Handel 20% Dienstleistungen 22% und Beruf erleichtern
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 21 | 17 Fast jedes dritte Unternehmen will daher die entsprechenden sieht sich mit Blick auf die dortigen Entwicklungen rund um die Fähigkeiten und Kenntnisse seiner Belegschaft stärken, womit E-Mobilität besonders gefordert. Ebenso sehen viele Unter- dieser Punkt eine Facette im Kontext der Weiterbildung ist. nehmen aus dem Bereich Energieversorgung (51 Prozent) die Die IHKs unterstützen die notwendigen Qualifizierungsprozes- Notwendigkeit, die Kompetenzen zu erweitern – dort dürften se – etwa durch die Abnahme von Prüfungen in der Höheren Fragen des Klimaschutzes besonders auf der Agenda stehen. Berufsbildung (etwa 60.000 Prüfungsteilnehmer jährlich) oder Insgesamt zählen besonders häufig wissensintensive Dienst- durch passende Zertifikatslehrgänge wie den KI-Manager (IHK), leister (39 Prozent) und Unternehmen aus dem Bereich der den Data-Analyst (IHK) oder den EnergieManager (IHK). Hochtechnologie (35 Prozent) zu denen, die mit der Stärkung der Mitarbeiterkompetenzen bezüglich neuer Herausforderun- Zwischen Industrie (29 Prozent), Dienstleistungen (30 Prozent) gen wie Digitalisierung und Strukturwandel auf aktuelle und und Handel (31 Prozent) zeigen sich kaum Unterschiede, in der künftige Personalengpässe reagieren wollen. Bauwirtschaft sind es mit 22 Prozent weniger. Auch dort halten Digitalisierung in der täglichen Arbeit sowie Aspekte des Klima- Mit zunehmender Unternehmensgröße steigt der Anteil, der die schutzes z.B. beim Thema Energieeffizienz zwar Einzug, aber in digitalisierungs- und strukturwandelrelevanten Mitarbeiter- insgesamt geringerem Ausmaß. kompetenzen stärken will. In der Klasse von 200 bis unter 1.000 Beschäftigten sind des bereits 45 Prozent und in Großunterneh- Besonders häufig sehen u.a. Finanz- und Versicherungsdienst- men mit 1.000 und mehr Mitarbeitenden 56 Prozent. Gerade in leister (57 Prozent), Werbung und Marktforschung (51 Prozent) den größeren Unternehmen wird damit häufig zusätzlich zur sowie Informationsdienstleister (50 Prozent) Bedarf bei der „üblichen“ Weiterbildung besonderes Augenmerk auf neue Kom- digitalisierungsbedingten Kompetenzerweiterung der Beschäf- petenzen rund um den Strukturwandel gerichtet. Dabei ist zu tigten. Dort spielt der Einsatz neuer digitaler Technologien eine beachten, dass Großunternehmen i.d.R. Industrieunternehmen besondere Rolle und stellt z.B. Banken schon seit längerem vor und damit deutlich öfter technologie- und forschungsorientiert Herausforderungen. Auch der Kraftfahrzeugbau (41 Prozent) sind als z.B. KMU in anderen Branchen. Reaktion auf Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung: Stärkung der Mitarbeiterkompetenzen für Digitalisierung und / oder Strukturwandel Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 56 200 bis 999 45 20 bis 199 29 10 bis 19 22 1 bis 9 24 0 10 20 30 40 50 60 Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf die Unternehmen, die Stellen längerfristig nicht besetzen können.
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