FACHKRÄFTEBAROMETER FRÜHE BILDUNG 2019 - PERSONAL, ARBEITSMARKT UND QUALIFIZIERUNG - ZENTRALE ERGEBNISSE VERANSTALTUNGSPROGRAMM | WIFF-FORUM AM ...

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Fachkräftebarometer
Frühe Bildung 2019
Personal, Arbeitsmarkt und Qualifizierung  –
zentrale Ergebnisse

Veranstaltungsprogramm | WiFF-Forum
am 25. Juni 2019 in Berlin

                                           Ein Projekt der WiFF am DJI
Inhalt

1    Veranstaltungsprogramm WiFF-Forum

2    Das Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

4    Ergebnisse im Überblick

13   Fazit

2
Präsentation des Fachkräftebarometers Frühe Bildung 2019
WiFF-Forum am 25. Juni 2019 in Berlin

                                                                                              Programm
11.30 bis 12.30 Uhr Anmeldung und Mittagessen
12.30 bis 12.45 Uhr Begrüßung
                   Julia Hoeter, Robert Bosch Stiftung
	Dr. Stefan Luther, Bundesministerium für Bildung und Forschung
	Prof. Dr. Bernhard Kalicki, Deutsches Jugendinstitut e.V.

12.45 bis 13.45 Uhr Vortrag
                    ie Zukunft des Arbeitsfelds Frühe Bildung
                   D
                   Ergebnisse aus dem Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019
	Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Deutsches Jugendinstitut e.V. / Leiter der Autorengruppe
  Fachkräftebarometer

13.45 bis 14.45 Uhr Workshops
                    itglieder der Autorengruppe Fachkräftebarometer stellen ausgewählte Themen
                   M
                   des Fach­kräftebarometers Frühe Bildung 2019 vor
                   Workshop 1: Arbeitsmarkt Frühe Bildung
                                 Pascal Hartwich, Technische Universität Dortmund
                   Workshop 2: Ausbildung und Studium
                                Angélique Gessler, Dr. Kirsten Hanssen, Christian Peucker, Weiterbildungs-
                                 ­initiative Frühpädagogische Fachkräfte
                   Workshop 3: Kita-Teams und Leitung
                                Karin Beher, Technische Universität Dortmund

14.45 bis 15.15 Uhr Kaffeepause

15.15 bis 16.30 Uhr Impulsvortrag und Podiumsgespräch
                   Wird die Personalfrage zur Schlüsselfrage für die Qualität in der Kindertageseinrichtung?
                   Fachliche Einordnungen
                   Prof. Dr. Anke König, Universität Vechta / Leiterin der Autorengruppe Fachkräftebarometer
  Es diskutieren:
	Dr. Elke Alsago, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) / Bundesarbeitsgemeinschaft Bildung
  und Erziehung in der Kindheit e.V. (BAG-BEK), Berlin
	Prof. Dr. Kirsten Fuchs-Rechlin, Projektleiterin der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte
	Siegfried Hutsch, Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt,
  Magdeburg
	Sabine Urban, Deutsches Rotes Kreuz Bundesverband (DRK) / Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und
  Jugendhilfe (AGJ), Berlin

16.30 bis 16.45 Uhr Ausblick und Abschluss
                   Prof. Dr. Bernhard Kalicki, Deutsches Jugendinstitut e.V.

                   Moderation des WiFF-Forums:
                   Annemarie Schuldt, Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte

                                                                                                               1
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

Das Fachkräftebarometer
Frühe Bildung 2019

Veränderte Lebens- und Arbeitsformen, der demografi-        Das erste Fachkräftebarometer Frühe Bildung erschien
sche Wandel, d.h. steigende Geburtenzahlen und Zuwan-       2014. Flankiert wird die Printversion durch die Web­site
derung, aber auch veränderte Auffassungen über das Auf-     www.fachkraeftebarometer.de.
wachsen junger Kinder haben in den letzten Jahren zu
einem enormen Ausbau der Kindertagesbetreuung ge-           Die nunmehr dritte Ausgabe erscheint im Juli 2019. Sie
führt.                                                      schreibt den Bericht mit aktuellen Zahlen fort und bietet
                                                            vertiefte Analysen.
Diese Entwicklung wurde unterstützt durch den seit 2013
gültigen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für       Inhalt
Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr.                1   Einführung
                                                            2   Das Personal in Kindertageseinrichtungen
Kindertageseinrichtungen gelten heute neben der allge-      3   Das Kita-Team
meinbildenden Schule, der Berufsbildung und der Hoch-       4   Die Kindertagespflege
schule selbstverständlich als Bildungsorte. Die hohe Ver-   5   Der Arbeitsmarkt Frühe Bildung
antwortung, die der Frühen Bildung damit zukommt,           6   Die Ausbildungswege in die Frühe Bildung
verlangt nach einer differenzierten Steuerung des Sys-      7   Herausforderungen
tems Kindertagesbetreuung.                                  8   Fazit

Das Fachkräftebarometer Frühe Bildung ermöglicht es,        Das Fachkräftebarometer Frühe Bildung ist ein Projekt der
diese Prozesse fundiert zu analysieren, um Entwicklungs-    Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte
potenziale und Herausforderungen frühzeitig zu erken-       (WiFF) am Deutschen Jugendinstitut e.V. (DJI).
nen. Es liefert auf der Grundlage der amtlichen Statistik
umfassende Informationen zu Personal, Arbeitsmarkt          Die Publikation wird – unter Federführung von Professorin
und Qualifizierung in der Kindertagesbetreuung.             Dr. Anke König und Professor Dr. Thomas Rauschenbach  –
                                                            von einer Autorengruppe aus Wissenschaftlerinnen und
Der Bericht dokumentiert dabei Entwicklungen im Zeit-       Wissenschaftlern der WiFF am DJI und an der TU Dortmund
und Ländervergleich, weist auf Trends hin und ordnet        erarbeitet. Zu ihr gehören: Karin Beher, Angélique Gessler,
diese vor dem Hintergrund struktureller und politischer     Dr. Kirsten Hanssen, Pascal Hartwich, Christian Peucker
Rahmenbedingungen ein.                                      und Michael Walter.

2
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

                   Autorengruppe Fachkräftebarometer

                   Fachkräftebarometer
                   Frühe Bildung 2019

                                                    Ein Projekt der WiFF am DJI

Erscheint im Juli 2019:

Autorengruppe Fachkräftebarometer
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019
München 2019
ISBN 978-3-86379-302-9                       www.fachkraeftebarometer.de

                                                                                            3
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

Ergebnisse im Überblick

Nach 2014 und 2017 erscheint 2019 zum dritten Mal das                                                           schäftigtenzahlen um 26% und damit knapp dreimal so
Fachkräftebarometer Frühe Bildung. Es bietet eine umfas-                                                        stark wie der gesamte Arbeitsmarkt (+9%). Seit der letz-
sende Bestandsaufnahme zur Situation des Personals und                                                          ten Ausgabe des Fachkräftebarometers Frühe Bildung ist
zu den Entwicklungen im Ausbildungssystem sowie einen                                                           die Zahl der tätigen Personen um weitere 58.400 auf zu-
vergleichenden Blick auf den Arbeitsmarkt der Kinder­                                                           letzt 768.300 Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen
tagesbetreuung. Grundlage sind überwiegend Daten der                                                            und öffentlich geförderter Kindertagespflege gestiegen
amtlichen Statistik, die in Zeitreihen deutschlandweit und                                                      (vgl. Abb.  1). Dies entspricht einem Anstieg um 72% zwi-
auch in Ländervergleichen aufbereitet wurden.                                                                   schen 2006 und 2018. Gleichzeitig hat die Zahl der arbeits-
                                                                                                                los Gemeldeten einen Tiefststand erreicht: 2018 suchten
                                                                                                                9.300 Personen eine Beschäftigung in der Frühen Bildung.
Der Arbeitsmarkt Frühe Bildung                                                                                  Dies entspricht einer Arbeitslosenquote von nur 1,3%. Die
expandiert weiter                                                                                               große Mehrheit der Beschäftigten in der Frühen Bildung
                                                                                                                (94%) arbeitet in Kindertageseinrichtungen. Dort ist die
                                                                                                                Zahl des pädagogischen und leitenden Personals auf
Personalausbau setzt sich fort
                                                                                                                620.700 Tätige gestiegen. Damit hat sich das Berufsfeld
Die Frühe Bildung ist als Arbeitsmarkt weiterhin auf Ex-                                                        Frühe Bildung zu einem starken und dynamischen Teil­
pansionskurs: Zwischen 2012 und 2017 wuchsen die Be-                                                            arbeitsmarkt ent­wickelt.

    Abb. 1           Tätige Personen in der Kindertagesbetreuung und in der Kinder- und Jugendhilfe 1974 bis 2018 (Anzahl)1, 2

     Anzahl
                                                                                                                                                                                                    973.143
    1.000.000
                                                                                                                                                                                917.499

                                                                                                                                        775.613
     800.000                                                                                                                                                          768.290
                                                                                                                                                              736.598 44.181
                                                                                                                                                      709.925
                                                                              651.762                                                         686.376          43.955
                                                                                                                                      654.777 44.107 43.470
                                                                                                                              619.872                                 152.262
     600.000                                 549.256
                                                     573.128  573.802                                                 587.475 43.953 44.860           140.481
                                                                                                                                                              145.888
                                     536.969                                                                  555.620 43.435                  135.936
                                                                                                      530.553                         132.207
                                                                                              504.005         42.697
                                                                                      479.096         40.853                  126.977
                                                                      445.445 458.662 36.383 38.658                   121.700
                                                                                                              115.686
                                                                       30.427 33.115                  108.999
                                                                                              103.024
     400.000                         361.635 364.868 373.233 379.723                  98.478
                             300.292                                   94.687 97.038
                                                              92.766
                     264.156                 124.815 97.156
             222.674                 189.323
     200.000

                          134.649             172.312             276.077             320.331             344.235             380.701             422.340             477.710             525.974             571.847
                116.842             156.928             240.053             286.957             328.509             362.323             397.237             448.942             506.333             546.755
           0
                 1974      1982      1986 ’90/’91 1994             1998      2002      2006      2007      2008      2009      2010      2011      2012      2013      2014      2015      2016      2017      2018

                   Kita West (ohne BE)             Kita Ost (mit BE)           Kindertagespflege D           Kita/Kindertagespflege D insgesamt                       Kinder- und Jugendhilfe D

    1 Tätige Personen inklusive Verwaltung und Hauswirtschaft; inklusive Horte (1990/91 TH und ST: ohne Horte); Deutschland: 1974 bis 1986 lediglich Westdeutschland
      (inklusive West-Berlin); Kindertagesbetreuung erst ab 2006 inklusive Kindertagespflege.
    2 Gesamtpersonal in der Kinder- und Jugendhilfe: Summe der Tätigen in der übrigen Kinder- und Jugendhilfe a) am 31.12.2006 und in der Kindertagesbetreuung am
      15.03.2007, b) am 31.12.2010 und in der Kindertagesbetreuung am 01.03.2011, c) am 31.12.2014 und in der Kindertagesbetreuung am 01.03.2015 sowie d) am 31.12.2016
      und in der Kindertagesbetreuung am 01.03.2017.

    Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, verschiedene Jahrgänge; eigene Berechnungen

4
Ergebnisse im Überblick

Neue Kita-Träger gewinnen an Bedeutung                                                      fenkundig immer noch den Hauptteil der familiären Care-
                                                                                            Arbeit verrichten. Dies spiegelt sich in der hohen Teilzeit-
Trotz der enormen Personalexpansion ist das duale Träger­                                   quote, die gleichbleibend bei 60% liegt. Dass das Arbeits-
system zwischen öffentlicher und freier Kinder- und Ju-                                     feld gute Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie
gendhilfe außerordentlich beständig: 2018 wie bereits                                       und Beruf bietet, belegt die durchschnittliche Wochen­
2007 arbeiteten etwa ein Drittel (34%) der Beschäftigten                                    arbeitszeit, die mit 32,4 Stunden zwar 2,6 Stunden unter
bei öffentlichen und etwa zwei Drittel (66%) bei freien Trä-                                der aller Erwerbstätigen in Deutschland liegt, aber 1,3  Stun-
gern. Der Blick in das Binnengefüge der freien Träger zeigt                                 den über dem Durchschnitt erwerbstätiger Frauen insge-
jedoch einige Veränderungstendenzen: Die größten pro-                                       samt. Mit einem Plus von 110% seit 2007 haben insbeson-
zentualen Beschäftigungsgewinne (+113%) erzielten die                                       dere die vollzeitnahen Beschäftigungsverhältnisse mit 32
sonstigen freigemeinnützigen Träger, die nicht den großen                                   bis 38,5  Wochenstunden innerhalb der Teilzeitstellen zuge-
Wohlfahrtsverbänden angehören. Gemessen an der Anzahl                                       nommen. Die Teilzeit entspricht vielfach den Bedürfnissen
der Beschäftigten haben innerhalb der freien die konfessio-                                 der Beschäftigten: Nur 9% wünschen sich laut Mikro­zensus
nellen Träger das größte Gewicht: Zwischen 2007 und 2018                                    eine Verlängerung ihrer vertrag­lichen Arbeitszeit.
haben sie mit 76.300 zusätzlichen Stellen nahezu ebenso
viele neue Arbeitsplätze geschaffen wie die öffentlichen                                    Solide Arbeitsverhältnisse und Gehalts­
Träger (79.900).
                                                                                            entwicklung
                                                                                            Die Gehälter in der Frühen Bildung übersteigen mit einer
Attraktive Beschäftigungsbedingungen –
                                                                                            Zunahme von 16% seit 2012 den Preisindex (+5%) und lie-
insbesondere für Frauen mit Familie
                                                                                            gen über der durchschnittlichen Gehaltsentwicklung von
94% des pädagogischen und leitenden Personals sind                                          11% (vgl. Abb. 2). Wie auch in den vergangenen Jahren sind
Frauen, von denen viele neben einer Berufstätigkeit of-                                     13% des pädagogischen und leitenden Personals befristet

 Abb. 2            Bruttomonatsentgelte der Vollzeitbeschäftigten in der Frühen Bildung im Vergleich zu ausgewählten
                   Berufen 2012 und 2017 (Deutschland; Median; Veränderung in %)1

             Frühe            Übrige           Alten-        Kranken-        Büro und        Energie-          IT-            Frauen         Männer          Erwerbs-
            Bildung           Soziale          pflege         pflege        Sekretariat      technik        Netzwerk-                                         tätige
                              Berufe                                                                         technik                                        insgesamt

    €*
                                                                                                               9,7 %
 5.000

 4.000
                              12,9 %                           11,8 %                          12,8 %                                           9,6 %
             15,7 %                                                            12,9 %                                                                         11,3 %
                                                                                                                               14,2 %
 3.000                                        14,4 %

 2.000

 1.000
                                                                                                                    4.970
                                                                                                            4.532
                                    3.470

                                                                                                    3.385

                                                                                                                                                    3.372
                                                                    3.331
                    3.253

                                                                                                                                                                       3.209
                                                                                    3.131
                            3.073

                                                                                                                                            3.076
                                                                                            3.000
                                                            2.980

                                                                                                                                    2.920

                                                                                                                                                            2.884
           2.812

                                                                            2.775

                                                                                                                            2.558
                                                    2.534
                                            2.216

     0
          2012 2017 2012 2017 2012 2017 2012 2017 2012 2017 2012 2017 2012 2017 2012 2017 2012 2017 2012 2017

         *Median des Bruttomonatsentgelts in Euro

 1	Bruttomonatsentgelte für die sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in der Kerngruppe. Stichtag: 31.12. 2012 Frauen, Männer: Daten vor der Revision.

 Quelle: Bundesagentur für Arbeit (2013, 2016b, 2018c, d): Entgeltstatistik; eigene Berechnungen

                                                                                                                                                                               5
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

angestellt und damit häufiger als auf dem Gesamtarbeits-                                    Erzieherinnen oder Erzieher. Die zweitstärkste Gruppe,
markt (9%). Eine hohe Anzahl an Neueinstellungen, die                                       mit einem Anteil von 11%, bilden die Kinderpflegerin-
bisweilen zunächst befristet erfolgen, sowie vor allem ein                                  nen und Kinderpfleger der Berufsfachschulen, wobei die-
überdurchschnittlich hoher Anteil an Elternzeitvertretun-                                   se fast nur bei den westdeutschen Kita-Beschäftigten zu
gen tragen zu der Quote bei. Innerhalb der pädagogischen                                    finden sind. Bundesweit hinzugewonnen haben die ein-
Berufsgruppen sind insbesondere Integrationskräfte, die                                     schlägig qualifizierten Akademikerinnen und Akademiker,
Kinder mit Eingliederungshilfe nach SGB VIII/SGB  XII un-                                   allerdings auf einem geringen Ausgangsniveau. Seit 2006
terstützen, von Befristung betroffen (26%). Trotzdem liegt                                  ist deren Zahl um 23.300 Personen (+206%) gewachsen;
die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit mit 10,3  Jah-                                  ihr Anteil hat sich damit von 3 auf 6% erhöht. Gemessen
ren im mittleren Bereich. Angesichts der vielen Nach-                                       an den fachpolitischen Hoffnungen bleibt der Akademi-
wuchskräfte, die im letzten Jahrzehnt in das Arbeitsfeld                                    keranteil jedoch hinter den Erwartungen, vor allem aber
eingemündet sind, sind die Beschäftigungsverhältnisse                                       auch hinter den Anteilen in der übrigen Kinder- und Ju-
beständig. Entlassungen kommen im Arbeitsfeld Frühe                                         gendhilfe deutlich zurück und steht erst recht in einem
Bildung selten vor.                                                                         starken Kontrast zu den vollakademisierten Bildungsbe-
                                                                                            rufen in Schule, Hochschule und Weiterbildung. Etwas hö-
                                                                                            her als beim pädagogischen Personal liegt der Akademi-
Das Qualifikationsniveau der                                                                sierungsgrad bei den Kita-Leitungen: 18% verfügen über
Fachkräfte ist stabil                                                                       einen einschlägigen Hochschulabschluss; ihr Anteil liegt
                                                                                            drei Prozentpunkte höher als noch 2011.
Hohe Fachlichkeit, Akademisierung
jedoch ausbaufähig                                                                          Personalschlüssel bleibt konstant
Trotz des enormen Ausbaus kam es zu keinen Abstrichen                                       Trotz einem anhaltenden Kita-Ausbau ist bis heute keine
bei der Qualifikation des Personals. Weiterhin sind sieben                                  schlechtere Personalausstattung in den Einrichtungen zu
von zehn pädagogisch und leitend Tätigen ausgebildete                                       beobachten. Seit 2012 haben sich die Personalschlüssel

    Abb. 3         Pädagogisches und leitendes Personal in Kindertageseinrichtungen nach Altersgruppen 2006 bis 2018
                   (Deutschland; Anzahl; in %)1

      Anzahl
     600.000                                                                                                                                     50 Jahre und älter
                                                                                                                                                 40 bis < 50 Jahre
                                                                                                                               180.435
     500.000                                                                                                                      29 %           30 bis < 40 Jahre
                                                                                                                                                 unter 30 Jahre

     400.000
                                                                                                                               136.754
                   68.557                                                                                                         22 %
                   19 %
     300.000

                   115.991                                                                                                     142.912
                   33 %                                                                                                           23 %
     200.000

                   82.578
                   23 %                                                                                                        160.552
     100.000
                                                                                                                                  26 %
                   85.645                                                   1
                   24 %
            0
                2006    2007      2008      2009       2010      2011      2012      2013       2014      2015      2016    2017      2018

    1 Inklusive Horte; pädagogisches und leitendes Personal ohne Verwaltung (im ersten Arbeitsbereich); ausgewiesene Prozentwerte für 2006 und 2018.

    Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, verschiedene Jahrgänge; eigene Berechnungen

6
Ergebnisse im Überblick

in allen Gruppenformen sogar verbessert. So kümmerte            Organisation Kita im Wandel
sich 2017 in einer reinen U3-Gruppe rechnerisch eine voll-
zeittätige Person im Schnitt um 4,0 Kinder im Ganztag; bei      Aufgabenspektrum der pädagogischen Arbeit
den 3- bis 6,5-Jährigen lag der Schlüssel bei 1 zu 8,5 Kin-
                                                                nimmt zu
der. 2012 lag das Betreuungsverhältnis noch bei 1 zu 4,5
bzw. 1 zu 9,1. Allerdings sind die Fortschritte beim Perso-     Der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für ein- und
nalschlüssel vor allem zwischen 2012 und 2015 erzielt wor-      zweijährige Kinder, das bildungspolitische Bekenntnis zur
den und zuletzt ins Stocken geraten.                            Inklusion sowie die wachsende kulturelle Vielfalt in der Ge-
                                                                sellschaft verändern das pädagogische Profil der Kinder­
                                                                tageseinrichtungen. So ist die Zahl der institutionell be-
Leitungen in Doppelfunktion: Führungskraft
                                                                treuten Kinder unter drei Jahren von 297.000 im Jahr 2007
und Teammitglied
                                                                auf 665.000 im Jahr 2018 gestiegen. Mittlerweile nehmen
Der Bedeutungszuwachs der Kindertagesbetreuung sowie            81% der Kindertageseinrichtungen auch Kinder unter
die angespannte Personalsituation in den Einrichtungen          drei  Jahren auf, ein Zuwachs von 15% seit 2007. In selben
wertet die Position der Kita-Leitung auf, denn auch Perso-      Zeitraum ist auch die Zahl der Kinder mit besonderem För-
nalgewinnung und -bindung wird mehr und mehr als wich-          derbedarf (Eingliederungshilfe nach SGB VIII/SGB XII) von
tige Führungsaufgabe wahrgenommen. Das kann man da-             rund 57.100 auf 84.600 (+48%) gewachsen. Entsprechend
ran ablesen, dass insgesamt die Leitungsressourcen vor          arbeiten mehr Einrichtungen integrativ: Während 2007 nur
allem mit anteilig freigestellten Leitungen ausgebaut wur-      rund ein Viertel mindestens ein Kind mit (drohender) Be-
den. Mehr als die Hälfte (57%) der rund 56.900 Leitungs-        hinderung betreute, waren es 2018 bereits 37%. Nicht zu-
kräfte erfüllt neben Führung und Management weitere Auf-        letzt ist die Zahl der Kinder, die in ihren Familien eine an-
gaben in der Kita – wie zum Beispiel die Gruppenleitung.        dere Sprache als Deutsch sprechen, zwischen 2007 und
Der Anteil der vollständig freigestellten Leitungen ist seit    2018 um 55% auf knapp 695.000 gestiegen. Vielsprachig-
2011 von 53 auf 43% gesunken. Die durchschnittliche Zahl        keit ist insbesondere in Westdeutschland und in Berlin Re-
der wöchentlichen Leitungsstunden pro Kopf der pädago-          alität: Dort werden in rund 90% der Einrichtungen Kinder
gisch und leitend Tätigen in der Einrichtung liegt seitdem      mit unterschiedlichen Familiensprachen betreut.
dagegen konstant bei 2,1 Stunden. Gemessen am Stellen-
wert der Leitung im Fachdiskurs und deren Steuerungs-           Größenwachstum der Einrichtungen hält an
funktion im Zuge des Ausbaus verfügen trotz Verbesserung
60% der Kindertageseinrichtungen nicht über ausreichen-         Der Trend zu größeren Teams und Kindertageseinrich­
de Zeitressourcen.                                              tungen hält an. Die durchschnittliche Anzahl der päda-
                                                                gogisch und leitend Tätigen in den Teams ist von 7,5 im
                                                                Jahr  2007 auf elf Personen in 2018 gestiegen. 40% der Ein-
Altersgefüge der Beschäftigten ist ausgeglichen  –
                                                                richtungen sind mittlerweile mit bis 14 Beschäftigten den
mit regionalen Unterschieden
                                                                mittelgroßen Einrichtungen zuzurechnen. Sie haben die
Während das Durchschnittsalter aller Erwerbstätigen zwi-        Vorrangstellung der kleinen Teams abgelöst. Jede vierte
schen 2012 und 2016 von 43,1 auf 43,9 Jahre gestiegen           Einrichtung zählt zu den großen Teamtypen mit mehr als
ist, ist das in der Frühen Bildung von 41,4 auf 41,0 Jahre      14 Beschäftigten. Sie sind vor allem in Hamburg und Rhein-
gesunken. Grund ist der hohe Zustrom an Nachwuchs­              land-Pfalz zu finden. Auf Trägerseite beschäftigen die Wohl-
kräften: Knapp 75.000 Personen unter 30 Jahren konn-            fahrtsverbände überdurchschnittlich viele große Teams:
ten seit 2006 für das Arbeitsfeld neu gewonnen werden.          AWO (34%), DRK (32%) und DPVW (28%).
Am stärksten vom Personalausbau profitiert haben dage-
gen Beschäftigte, die 50 Jahre und älter sind. 2018 liegt ihr   Große Teams: Chance für mehr Männer und
Anteil bei 29% und damit zehn Prozentpunkte höher als
                                                                akademisch ausgebildetes Personal
noch 2006 (vgl. Abb.  3). 180.400 Beschäftigte sind 50 Jah-
re und älter und bilden damit die größte Altersgruppe. Im       Als Alleinstellungsmerkmal innerhalb der Sozialbericht-
Osten macht diese Gruppe sogar 36% aus. Damit gelingt           erstattung betrachtet das Fachkräftebarometer Frühe Bil-
es, Beschäftigte im Berufsfeld zu halten oder nach Unter­       dung die Entwicklungen auf Ebene der pädagogischen
brechung zurückzugewinnen.                                      Teams. Die Analyse zeigt: Trotz unverändertem Qualifika-
                                                                tionsprofil in der Gesamtheit der pädagogisch und leitend

                                                                                                                            7
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

Tätigen schreitet die Professionalisierung in den Einrich-                                        Kindertagespflege: Ergänzungs­
tungen voran. 2018 waren Teams, in denen neben sozial-                                            angebot im U3-Bereich
pädagogisch qualifiziertem Personal auf Fachschul- oder
Berufsfachschulniveau einschlägig qualifizierte Akademi-                                          Gesättigter Arbeitsmarkt trotz steigender
kerinnen und Akademiker arbeiten, der häufigste Team-
                                                                                                  Betreuungszahlen?
typ (30%). Gemischte Teams, in denen das einschlägig
akademisch und nichtakademisch qualifizierte Personal                                             44.200 Personen arbeiten 2018 in der öffentlich geförder-
durch Personen ohne sozial- oder heilpädagogische Aus-                                            ten Kindertagespflege, die eine Alternative zur Kinder­
bildung ergänzt wird, sind nur in 10% der Einrichtungen zu                                        tageseinrichtung für unter Dreijährige darstellt. Während
finden – mit rückläufiger Tendenz. Die in der Fachöffent-                                         in Kindertageseinrichtungen die U3-Betreuung zum an-
lichkeit diskutierten multiprofessionelle Teams, in denen                                         haltenden Beschäftigungsboom beiträgt, verzeichnet
Personen mit einer großen Bandbreite an Berufen arbei-                                            die Kindertagespflege kaum Personalzuwachs. Die Zahl
ten, sind somit immer noch eher die Ausnahme. Auch das                                            der dort Tätigen ist bundesweit seit 2012 nur um 2% ge-
Geschlechtergefüge bewegt sich: Der Anteil reiner Frau-                                           stiegen. 2018 ist erstmals seit 2014 wieder ein geringes
enteams hat sich seit 2007 von 84 auf 60% reduziert. Die                                          Plus im Vergleich zum Vorjahr erzielt worden (+1%). Da-
Heterogenität wächst mit der Teamgröße: Nahezu jedes                                              bei verläuft die Entwicklung in West- und Ostdeutsch-
zweite große Team ist akademisch erweitert (Kleine Ein-                                           land unterschiedlich: Während im Osten die Zahl der
richtungen: 18%), und in 63% der Kitas ist mindestens ein                                         Kinder­tagespflegepersonen seit 2012 um 5% gesunken
Mann tätig (Kleine Einrichtungen: 24%).                                                           ist, stieg sie im Westen um etwa 3%. Insgesamt konnten

    Abb. 4         Kindertagespflegepersonen, betreute Kinder1 und durchschnittliche Anzahl betreuter Kinder pro Tagespflege­
                   person 2006 bis 2018 (Deutschland; Anzahl; Quote)

                             Tagespflegepersonen                   Quote                                Betreute Kinder

                       44.181                               2018     3,8                                                                                             167.638

                       43.955                               2017     3,7                                                                                          162.395

                       43.470                               2016     3,5                                                                                     152.990

                       44.107                               2015     3,4                                                                                   148.806

                      44.860                                2014     3,3                                                                                  147.507

                       43.953                               2013     3,2                                                                              139.668

                       43.435                               2012     3,1                                                                           133.454

                       42.697                               2011     2,9                                                                      123.745

                        40.853                              2010     2,7                                                                112.020

                          38.658                            2009     2,6                                                         98.694

                           36.383                           2008     2,4                                                  86.072

                             33.136                         2007     2,2                                           72.890

                               30.427                       2006     2,0                                    59.829

                         50.000                         0     Anzahl       0                       50.000                   100.000                   150.000

    Quote: durchschnittliche Anzahl der betreuten Kinder pro Tagespflegeperson

    1 Die Statistik zu Kindern und tätigen Personen in öffentlich geförderter Kindertagespflege erfasst die Anzahl der betreuten Kinder in drei Teilerhebungen (zu Kindern, zu
      Kindertages­pflegepersonen und zu Groß­tagespflegestellen). Die hier verwendeten Kinder­zahlen wurden der Teilerhebung Kinder entnommen, die von der in der
      Erhebung zu den Tages­pflegepersonen erfassten Kinderzahl abweichen.

    Quelle: Statistisches Bundesamt: Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe, verschiedene Jahrgänge; eigene Berechnungen

8
Ergebnisse im Überblick

750  Kindertagespflegestellen hinzugewonnen werden,            Zahl der in Großtagespflegestellen betreuten Kinder zwi-
die Anzahl der betreuten Kinder stieg bundesweit aller-        schen 2012 und 2018 von 17.100 auf 34.000 nahezu verdop-
dings um 34.200 Kinder (26%) und liegt 2018 bei knapp          pelt. 4.200  zusätzliche Personen wurden eingestellt. Die
167.600. Im Schnitt betreut eine Kindertages­pflegeperson      steigende Anzahl der betreuten Kinder, die bessere Qua-
heute 3,8  Kinder und damit nahezu doppelt so vie-             lifizierung sowie der Trend zur Tätigkeit außerhalb priva-
le wie noch 2006 (vgl. Abb. 4). Damit hat sich der Perso-      ter Räume stellt eine Entwicklung von einer Art Neben­
nal-Kind-Schlüssel dem für unter Dreijährige in Kinder­        beschäftigung hin zu einer finanziell auskömmlichen
tageseinrichtungen angenähert.                                 Erwerbstätigkeit dar. Ob diese Entwicklung anhält oder
                                                               vom weiteren Ausbau der U3-Einrichtungen gebremst
                                                               wird, bleibt abzuwarten.
Qualifikation der Tagespflegepersonen
nimmt zu
Die Kindertagespflege ist in Bezug auf das Betreuungs-         Ausbildungssystem Frühe Bildung:
setting, Qualifikationsanforderungen und Vergütungs-           nicht nur Ausbau, sondern Umbau
strukturen kaum reguliert. Der Arbeitsmarkt wird von
Frauen dominiert, die bei fortgeschrittener Erwerbsbio-        Vielfältige Einstiege in die Frühe Bildung
grafie überwiegend unabhängig von einem zuvor aus-
geübten Beruf und mit geringen Vergütungserwartun-             Für eine Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen bilden Be-
gen in die Kindertagespflege einsteigen – beispielsweise       rufsfachschulen (Kinderpflege und Sozialassistenz), Fach-
in einer Familienphase. Dies spiegeln die Zahlen: Nur          schulen für Sozialpädagogik (Erzieherinnen und Erzieher)
3,8% der dort Tätigen sind Männer, knapp 6% sind un-           sowie Hochschulen (Kindheitspädagogik) aus. Zusammen-
ter 30  Jahre, 30% verfügen über eine pädagogische Be-         genommen hat im Schuljahr 2017/18 eine nie erreichte
rufsausbildung. Als Erfolg der Förderpolitik hat mittler-      Zahl von rund 71.000  jungen Menschen eine Ausbildung
weile mehr als die Hälfte (53%) der Tagespflegepersonen        aufgenommen, die in das Arbeitsfeld Frühe Bildung ein-
eine Basisqualifikation von 160 Stunden und mehr. Die          münden kann. Das Ausbildungsvolumen ist damit in den
Zahl der Tagespflegepersonen ohne Qualifizierung oder          letzten zehn Jahren um 64% gestiegen. Die Gesamtzahl al-
mit geringerem Stundenumfang ist von 67% im Jahr 2006          ler neu ausgebildeten Personen wird voraussichtlich auf
inzwischen auf 17% gesunken. Im Vergleich zum Personal         rund 57.000 Absolventinnen und Absolventen im Schul-
in Kindertageseinrichtungen, das über eine mehrjährige         jahr 2018/19 steigen (vgl. Abb.  5). Um dieses Niveau zu er-
pädagogische Ausbildung verfügt, ist die Qualifikation         reichen und zu halten, wurde das Ausbildungssystem auf
weiterhin niedrig.                                             allen Ebenen ausgebaut sowie Bildungsgänge in Hinblick
                                                               auf die Bedürfnisse von Nachwuchskräften und Einrich-
                                                               tungen verändert. Auf allen Ausbildungsebenen werden
Großtagespflege: anhaltender Trend oder
                                                               Modelle in Teilzeit, verkürzt oder angelehnt an die duale
Randphänomen?
                                                               Ausbildung, erprobt oder regulär angeboten. Eine wichti-
Während weiterhin 70% der Tagespflegepersonen Kinder           ge Rolle spielen in diesem Zusammenhang nichtstaatliche
in ihrer eigenen Wohnung betreuen, zeichnet sich die dy-       Bildungsträger: 53% der Fachschulen für Sozialpädagogik
namischste Entwicklung bei der Betreuung in angemie-           sind in frei-gemeinnütziger oder pri­vater Trägerschaft. Ein
teten Räumen ab: Bundesweit erhöhte sich die Zahl der          Fünftel der Studierenden der Früh- bzw. Kindheitspäda-
Personen in diesem Bereich von 1.380 im Jahr 2006 auf          gogik erwerben ihren Abschluss an einer privaten Hoch-
10.650 im Jahr 2018 (670%). Außerhalb der privaten Räu-        schule, weit mehr als in den Fächern Soziale Arbeit (5%)
me betreut eine Tagespflegeperson mit 4,1 Kindern mehr         und Erziehungs­wissenschaft (2%).
als bei sich zu Hause (3,7 Kinder). Auch das Qualifikations-
niveau ist höher: 39% verfügen über einen einschlägigen        Länder bauen die Fachschulen als zentrale
fach­pädagogischen Berufsabschluss im Vergleich zu 27%
                                                               Ausbildungsinstanz für Kitas aus
der Tagespflege­personen, die in den eigenen vier Wänden
tätig sind. Eine Sonderform stellt die Großtagespflege dar,    Bei der Expansion der Kindertageseinrichtungen spielen
bei der sich mehrere Tagespflegepersonen in angemiete-         die Fachschulen für Sozialpädagogik eine entscheidende
ten Räumen zusammenschließen. In elf Bundesländern ist         Rolle: Um die hohe Nachfrage an Nachwuchskräften zu be-
dieses Angebot landesrechtlich geregelt. Dort hat sich die     dienen, wurden deren Ausbildungskapazitäten enorm aus-

                                                                                                                           9
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

gebaut, aber auch neue Fachschulen gegründet. Im Schul-                                                                                                                  Sozialassistenzausbildung gewinnt weiter
jahr 2017/18 haben über 38.000 Personen eine Ausbildung                                                                                                                  an Bedeutung
zur Erzieherin oder zum Erzieher begonnen – mehr als je-
mals zuvor. 32.000 Personen haben im Schuljahr 2016/17                                                                                                                   Die an Berufsfachschulen ausgebildeten Kinderpflegerin-
die Ausbildung abgeschlossen. Während die Zahl der Ab-                                                                                                                   nen und Kinderpfleger sind mit 11% des pädagogischen
solventinnen und Absolventen seit 2013/14 weiter jährlich                                                                                                                und leitenden Personals die zweitgrößte Berufsgrup-
um ca. 2000 steigt, stagniert seit dem Schuljahr 2013/14                                                                                                                 pe nach den Erzieherinnen und Erziehern. Die ebenfalls
die Zahl der Anfängerinnen und Anfänger. Um das Niveau                                                                                                                   dort ausgebildeten Sozialassistentinnen und -assisten-
zu halten, bieten die Länder neben der vollzeitschuli-                                                                                                                   ten machten 2018 bundesweit zwar nur 2% aus, ihre Zahl
schen Regelausbildung weitere Ausbildungsmodelle an: in                                                                                                                  hat sich dennoch seit 2006 beinahe versiebenfacht. Die
Teilzeit oder berufsbegleitend, mit und ohne Anstellungs-                                                                                                                Ausbildung im Bereich Kinderpflege, die sich vorwiegend
vertrag in einer Einrichtung. Ein hohes Rekrutierungs­                                                                                                                   an Hauptschulabgänger richtet, verliert dagegen an Be-
potenzial wird, in Anlehnung an die duale Berufsausbil-                                                                                                                  deutung: Aktuell bieten sie nur noch sieben Bundeslän-
dung, in der organisierten vergüteten, praxisinte­grierten                                                                                                               der an. Demgegenüber wird die Sozialassistenzausbil-
Ausbildung (PIA) gesehen, die 2018 in sechs Ländern an-                                                                                                                  dung, die überwiegend einen Mittleren Schulabschluss
geboten wurde. In diesen Ländern sind die Schülerinnen-                                                                                                                  voraussetzt und in vielen Ländern als Vorstufe für die Er-
und Schülerzahlen im ersten Jahr aufgrund der neuen For-                                                                                                                 zieherinnenausbildung gilt, in 13 Ländern angeboten. Die
mate im Zeitverlauf insgesamt stabiler.                                                                                                                                  Zahl der Absolventinnen und Absolventen der Kinder­

 Abb. 5               Vergleich der Ausbildungs- und Studienabschlüsse in der Frühen Bildung 2007/08 bis 2018/19
                      (Deutschland; Anzahl; ab 2017/18: Prognose)1, 2, 3, 4

 Anzahl

 40.000
                                                                                                                                                                                                                                                                      32.074

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          31.627
                                                                                                                                                                                                                                                                                                31.247
 35.000
                                                                                                                                                                                                                                            29.970
                                                                                                                                                                                                                  28.077
                                                                                                                                                                                        27.028

 30.000
                                                                                                                                                        23.426

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 22.540
                                                                                                                                                                                                                                                                                       22.391
                                                                                                                              21.618

                                                                                                                                                                                                                                   21.295

 25.000
                                                                                                                                                                                                                                                             20.502
                                                                                                                                                                                                         19.191
                                                                                                    19.218

                                                                                                                                               17.780

                                                                                                                                                                         5.266 18.129
                      17.742

                                                                      17.963
             17.267

                                     17.330

                                                                                                                     17.191
                                                             16.666

                                                                                     5.368 16.793

                                                                                                                                                                                                                                                                                       5.565

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 5.534
                                              16.070

 20.000
                                                                                                                                                                                                                                   5.654

                                                                                                                                                                                                                                                             5.415
                                                                                                                                                                                                         5.595
                                                                                                                                               5.559
                                                                                                                     5.465
             6.139

                                     6.026

 15.000
                                                             5.618

 10.000
                                                                                     11.425
             11.128

                                     11.304

                                                             11.048

                                                                                                                     11.726

                                                                                                                                               12.221

                                                                                                                                                                         12.863

                                                                                                                                                                                                         13.596

                                                                                                                                                                                                                                   15.641

                                                                                                                                                                                                                                                             15.087

                                                                                                                                                                                                                                                                                       16.825

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 17.006
                                                                                                                                                                                                                                                     2.457

                                                                                                                                                                                                                                                                               2.410

                                                                                                                                                                                                                                                                                                         2.531

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   2.500
                                                                                                                                                                                                                           2.365
                                                                                                                                                                                                 2.019

     5.000
                                                                                                                                                                 1.638
                                                                                                                                       1.479
                                                                                                             1.204
                                                                               893
                                                       413
                               270

        0
              2007/08                 2008/09                 2009/10                   2010/11                       2011/12                   2012/13                    2013/14                        2014/15                   2015/16                   2016/17                    2017/18                   2018/19
                                                                                                                                                                                                                                                                                        Prognose                  Prognose

                  Kinderpflege                           Sozialassistenz                                             Erzieher/in                                 B.A. Früh- bzw. Kindheitspädagogik                                                               Insgesamt

 1 Für 2007/08 liegen für HE und ab 2013/14 liegen für HB keine Daten zur Sozialassistenzausbildung vor. Es wurden jeweils die Schüler/innenzahlen des 2. Ausbildungs­jahres
   des Vorjahres eingesetzt.
 2 Ab dem Schuljahr 2015/16 wurde in NW die Ausbildungsrichtung „Sozialhelfer/in“ in „Sozialassistent/in“ umgeändert. Die Absolventen/-innen werden ab dem Schuljahr
   2015/16 berücksichtigt.
 3 Von 2013/14 bis 2015/16 liegen für HB keine Daten zu den Absolventen/-innen der Erzieherinnen- und Erzieherausbildung vor. Daher wurden jeweils die Schüler/innenzahlen
   des 2. Ausbildungsjahres des Vorjahres eingesetzt.
 4 Ab 2009/10 beinhalten die Daten zur Erzieherinnen- und Erzieherausbildung in NW die integrierte Form der Ausbildung.

 Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, verschiedene Jahrgänge, sowie ergänzende Tabellen zur Fachserie; Statistische Landesämter: WiFF-Länderabfrage,
 verschiedene Jahrgänge; WiFF-Studiengangsmonitoring, 2014–2018; eigene Berechnungen

10
Ergebnisse im Überblick

pflegeausbildung hat sich in den vergangenen Jahren                                       heitspädagoginnen und -pädagogen innerhalb des akade-
stabil bei etwa 5.500 eingependelt. Die Sozialassistenz-                                  misch qualifizierten Personals in Kindertageseinrichtun-
ausbildung haben im Schuljahr 2016/17 gut 15.000 Perso-                                   gen den größten Zuwachs verzeichnen, verfügt das Gros
nen abgeschlossen und damit knapp 4.000 mehr als im                                       der knapp 34.600 einschlägig qualifizierten Akademikerin-
Schuljahr 2007/08. Da jedoch die an Berufsfachschulen                                     nen und Akademiker immer noch über einen Abschluss in
ausgebildeten Kräfte nicht in allen Ländern anschließend                                  Sozialpädagogik oder Erziehungswissenschaft. Mit insge-
als reguläre Fach­kräfte oder Ergänzungskräfte anerkannt                                  samt 23.700 Absolventinnen und Absolventen haben 2017
werden, ist die Bedeutung der Sozialassistenzausbildung                                   mehr Personen denn je einen Abschluss in diesen beiden
als eigenständiges Ausbildungsformat für die Frühe Bil-                                   Fächern vorzuweisen. Diese Studien­gänge bieten damit
dung vergleichsweise gering.                                                              ein oft übersehenes, zusätzliches Fach­kräftereservoir für
                                                                                          die Frühe Bildung.
Kindheitspädagogische Studiengänge: Mehr
Master und grundständige Angebote                                                         Herausforderungen: ausreichend
                                                                                          Personal finden und halten
Die auf das Arbeitsfeld Kita zugeschnittenen früh- bzw.
kindheitspädagogischen Studiengänge befinden sich in                                      Personen mit unterschiedlichen Qualifikations-
einer Stabilisierungsphase: Seit 2014 gibt es bundesweit
                                                                                          niveaus gewinnen
rund 70 Bachelor-Studiengänge. 2017 nahm ein Höchst-
wert von knapp 3.500 Studierenden ein Bachelor-Studi-                                     Um ihr Angebot weiter auszubauen und qualitativ zu
um der Kindheitspädagogik auf. Die Zahl der Absolven-                                     verbessern, steht die Frühe Bildung vor der Herausfor-
tinnen und Absolventen liegt seit 2015 bei etwa 2.400 pro                                 derung, neben dem gängigen Fachkräfteprofil – Frauen
Jahr. Anders als in den Anfangsjahren nach 2007 setzen                                    mit einer Ausbildung als Erzieherin – weitere Personen-
mittlerweile drei Viertel der Angebote keine einschlägige                                 gruppen zu rekrutieren und langfristig zu binden. Seit
Berufsausbildung voraus. Ein Ausbau fand im Bereich der                                   2006 ist die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler,
Masterstudiengänge statt. Ihre Zahl hat sich innerhalb von                                die das allgemeinbildende Schulsystem verlassen, um
zehn Jahren von einem auf 13 erhöht. Auch wenn Kind-                                      12% zurückgegangen. Gleichzeitig werden dabei höhe-

 Abb. 6         Männeranteil unter den Anfängerinnen und Anfängern einschlägiger Ausbildungen und Studiengänge
                für die Frühe Bildung im Schuljahr 2017/18 bzw. im Studienjahr 2017 und unter dem pädagogischen und
                leitenden Personal in Kindertageseinrichtungen 2018 (Deutschland; in %)1

                                                             19         Erzieherinnen und Erzieher            5

                                                                          Kinderpflegerinnen und
                                                             16               Kinderpfleger                   3

                                                                         Sozialassistentinnen und
                                                             24             Sozialassistenten                 10

                                                                      Früh- bzw. Kindheitspädagogik
                                                             14            (Hochschulstatistik)               8

                                                             23              Soziale Arbeit (FH)              10

                                                             19        Erziehungswissenschaft (Uni)           9

   30                  20                   10                    0                                       0                   10                   20                  30
   in %                                                                                                                                                              in %
                   Männeranteil unter den Anfänger/innen                                                      Männeranteil unter dem pädagogischen und
                                      der Ausbildung in %                                                     leitenden Personal in Kindertageseinrichtungen in %

 1 Die Angaben beziehen sich auf die Anfängerinnen und Anfänger eines Bachelor-Studiums. Früh- bzw. Kindheitspädagogik (Hochschulstatistik): Studienfach „Pädagogik
   der frühen Kindheit“ (ab 2015) und Studienfach „Erziehungswissenschaft (Pädagogik) (FH)“.

 Quelle: Statistisches Bundesamt (2011–2018b): Sonderauswertung der Fachserie 11, Reihe 4.2, 2010–2017, Statistisches Bundesamt: Kinder- und Jugendhilfestatistik;
 Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, verschiedene Jahrgänge, sowie ergänzende Tabellen zur Fachserie; Statistische Landesämter: WiFF-Länderabfrage,
 verschiedene Jahrgänge

                                                                                                                                                                            11
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

re Schulabschlüsse erreicht. 2016 haben 41% das allge-          Beschäftigungsbedingungen im schulischen
meinbildende Schul­system mit einer Hochschulzugangs-           Ganztag verbesserungswürdig
berechtigung verlassen. Somit schrumpft das Potenzial
für die klassischen frühpädagogischen Ausbildungen, die         Bei schulischen Angeboten erweisen sich bereits jetzt die
überwiegend einen mittleren Schulabschluss vorausset-           schlechten Arbeitsbedingungen als Hemmschuh für die
zen. Auch der Übergang vom Ausbildungssystem in den             Personalgewinnung: 72% der Stellen werden in Teilzeit
Teilarbeitsmarkt Frühe Bildung, der tarif- wie landes-          angeboten, davon 13% mit einem Umfang von weniger
rechtlich stark reguliert, aber kaum hierarchisch geglie-       als zehn Stunden pro Woche. Die Befristungsquote liegt
dert ist, erweist sich als Hürde. Absolventinnen und Ab-        bei 20%. Während die Beschäftigen in Horten tariflich
solventen von Berufsfachschulen können nicht überall in         bezahlt werden, gibt es wenig Informationen über die
das Berufsfeld einmünden und Personen mit Hochschul-            Vergütung der Beschäftigten in schulischen Ganztags­
abschluss finden in aller Regel keine ihrem Abschluss ent-      angeboten. Demensprechend unattraktiv ist die Tätig-
sprechende Stelle.                                              keit dort für gut ausgebildete Kräfte: 13% verfügen über
                                                                keinen Berufsabschluss. Bei einem weiteren Ausbau
                                                                werden die Beschäftigungsbedingungen sowie die Qua-
Männeranteil erhöhen
                                                                lität von Bildung und Betreuung am Nachmittag einmal
Obwohl ihr Anteil in allen Ausbildungsgängen der Frühen         mehr zum Kernproblem.
Bildung steigt, münden immer noch wenige Männer in das
Arbeitsfeld der Frühen Bildung (vgl. Abb. 6). Geschlechter-
klischees, nach denen Care-Tätigkeiten bzw. die Arbeit
mit jungen Kindern Frauensache sei, tragen dazu bei. In
einer stärkeren Strukturierung des Arbeitsfeldes mit unter-
schiedlichen Stellenprofilen für die verschiedenen Quali-
fikationsstufen und die Etablierung von horizontalen wie
vertikalen Karrieremöglichkeiten läge die Chance, die Tä-
tigkeit in der Frühen Bildung für breitere Zielgruppen at-
traktiv zu machen.

Schulkinderbetreuung: Ausweitung des Ausbaus
verlässlicher Betreuung
Nach dem Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder ab dem
vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt liegt
der politische Fokus nunmehr auf einem weiteren Rechts-
anspruch: auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grund-
schulalter. Dieser soll bis 2025 verwirklicht werden. Bereits
in den vergangenen Jahren ist das Angebot ausgeweitet
worden. 2017/18 nutzen 1,5 Millionen und damit rund die
Hälfte aller Schülerinnen und Schüler Ganz­tagesangebote
im Grundschulalter an Schulen und in Horten bzw. Kin-
dertageseinrichtungen. Die Anzahl der Kinder in Ganz-
tagsschulen hat sich zwischen 2006 und 2017 bundesweit
um 808.000 (+202%) erhöht. In Kinder­tageseinrichtungen
gab es im gleichen Zeitraum lediglich einen Zuwachs um
138.000 (+41%). Insgesamt sind etwa 90.000 Beschäftigte
in Bildungs- und Betreuungsangeboten für Grundschul­
kinder tätig. Im Fall eines Rechtsanspruchs muss ihre Zahl
noch deutlich ausgeweitet werden.

12
Fazit

Fazit

Die aktuellen Analysen des Fachkräftebarometers Frü-       Besonderheiten des Arbeitsmarkts
he Bildung 2019 zeigen, dass die Personalfrage im Ar-
beitsfeld der Frühen Bildung an Brisanz gewonnen hat.      Der Teilarbeitsmarkt Frühe Bildung ist seit Jahren extrem
Die Kindertageseinrichtung ist das größte Berufsfeld in-   dynamisch: Er wuchs zuletzt fast dreimal so schnell wie
nerhalb der sozialen Berufe, das sich weiterhin durch      der Gesamtarbeitsmarkt. Trotz dieses rasanten Wachs-
ein enormes Wachstum der Anzahl der Beschäftigten          tums erweist sich der Arbeitsmarkt als stabil, wofür eine
auszeichnet. Zwischen 2006 und 2018 wurden insge-          relativ lange Verweildauer im Betrieb von 10,3 Jahren und
samt gut 309.000 Arbeitsplätze neu geschaffen  – das       ein nach wie vor überraschend ausgeglichenes Alters­
entspricht einem Personalzuwachs von 74% in den            gefüge der Gesamtzahl der Beschäftigten verantwortlich
letzten zwölf Jahren. Gleichzeitig sind die Arbeits­       sind. Die Trägerstruktur ist dabei konstant geblieben. Zwi-
losenzahlen in diesem Beschäftigungssegment auf ei-        schen 2007 und 2018 gibt es kaum Änderungen in der an-
nen neuen Tiefststand gesunken. Für einen weiteren         teilsmäßigen Verteilung des Personals zwischen den öf-
Ausbau bzw. notwendige Strukturveränderungen, wie          fentlichen (34%) und den freien Trägern (66%).
etwa die Verbesserung des Fachkraft-Kind-Schlüssels
und die Ermöglichung von zusätzlichen Verfügungs­          Auffallend an der Struktur des Arbeitsmarktes ist, dass
zeiten, stehen aktuell kaum noch Fachkräftereserven        trotz Personalmangels noch immer nur eine Teilgruppe
zur Verfügung.                                             der Gesamtbevölkerung eine Berufstätigkeit in der Kin-
                                                           dertageseinrichtung in Erwägung zieht. Dadurch verän-
Diese Entwicklungsdynamik führt auf Einrichtungs­          dern sich die Besonderheiten des Arbeitsmarktes kaum.
ebene zu Veränderungsprozessen. Die Spannungen im          So sind zum einen Erwerbstätige mit Migrationshinter-
Arbeitsfeld erfordern erweiterte Steuerungsprozesse in     grund, soweit diesen Befund die Daten überhaupt zuver-
dem insgesamt ausgesprochen dezentral organisierten        lässig ausweisen, unterproportional vertreten. Das mag
System der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Er-       auch damit zusammenhängen, dass unvergütete vollzeit-
ziehung. Dabei ist das Zusammenwirken der pädagogi-        schulische Berufsausbildungen in vielen Herkunfts­ländern
schen Fachkräfte untereinander ein Gradmesser für die      wenig bekannt sind. Zum anderen ist das Geschlechter-
pädagogische Qualität (Weltzien u.a. 2016; Viernickel      verhältnis noch immer auffallend unausgewogen: Nur 5%
u.a. 2013).                                                Männer arbeiten in der Kindertageseinrichtung – und das,
                                                           obwohl im Ausbildungssystem wesentlich mehr Männer
Die Personalfrage ist damit zu einer Zukunftsfrage für     vertreten sind. Trotz der gezielten Reformbemühungen
die Frühe Bildung geworden: Sie entscheidet, wie päda­     in den letzten Jahren bleibt das Feld für Männer, die eine
gogische Institutionen weiterentwickelt werden – und       langfristige Berufsperspektive suchen, offenbar weiterhin
das heißt vor allem auch, ob und wie an den Professio-     unattraktiv.
nalisierungsansprüchen festgehalten werden kann. Die
vorgelegten Analysen zeigen divergente Entwicklungen.      Die vergleichsweise stabile personelle Grundstruktur
                                                           dieses Teilarbeitsarbeitsmarktes ist schließlich auch dem
Im Folgenden werden zentrale Befunde des Fach­kräfte­      Umstand geschuldet, dass in ihn weder eine große Zahl
barometers im Licht der in den letzten Jahren zu beob-     geringfügig Beschäftigter noch ein ausgeprägter Anteil an
achtenden Veränderungen fachsystematisch eingeord-         Akademikerinnen und Akademikern einmünden. Sieben
net. Die Ergebnisse der Analysen bestätigen erneut die     von zehn Fachkräften in der Kindertageseinrichtung ha­
Dringlichkeit einer grundlegenden Reform sowie die not-    ben immer noch einen Fachschulabschluss als staat­
wendige Etablierung verlässlicher Standards des Sys-       lich anerkannte Erzieherinnen oder staatlich anerkannte
tems Kindertages­einrichtung.                              Erzieher. Die Verfachlichung in diesem Arbeitsfeld ist
                                                           demnach hoch, ein Trend zur Dequalifizierung zeigt sich
                                                           anhand der Daten der amtlichen Statistik nicht.

                                                                                                                   13
Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019

Diese systemimmanenten Strukturen des Arbeitsfelds          Zum anderen werden Veränderungen auf der Team­
werden verstärkt durch eine hohe Teilzeitquote (ca.         ebene sichtbar: So haben sich seit 2007 die Teams kon-
60%), die überwiegend auf den Wunsch nach besse-            tinuierlich vergrößert. Den größten Zuwachs verzeich-
rer Vereinbarkeit von Familie und Beruf zurückzufüh-        nen dabei die großen Einrichtungsteams von 14 und
ren ist. Trotz der dynamischen Entwicklung des Feldes       mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dennoch blei-
sind seine Kernelemente weiterhin vollzeitnahe Stellen,     ben die Einrichtungen mit im Durchschnitt elf pädago-
eine geringe Anzahl an Überstunden der pädagogischen        gischen Fachkräften weiterhin relativ kleine Organisa­
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Beendigung       tionseinheiten. Das zeigt sich auch an der Vielzahl der
des Arbeitsverhältnisses aus familiären Gründen. Die        Einrichtungen: Im Jahr 2018 waren es gut 56.000. Die-
Befristungsquote liegt mit 13% etwas höher als im Ge-       se Zahl ist hinsichtlich ihrer Steuerung enorm und wird
samtarbeitsmarkt (9%).                                      im Vergleich zu dem ebenfalls kleinräumig organisier-
                                                            ten System der Grundschulen markant. Hier gab es im
                                                            Schuljahr 2017/18 ca. 15.000 Einrichtungen.
Wandel auf Einrichtungsebene
                                                            Auch im (sozial-)pädagogischen Profil der Einrichtungen
Die Fachkräfte in der Frühen Bildung erweisen sich als      zeigen sich erste Veränderungen im Zuge des Wandels.
Berufsgruppe mit sinkendem Altersdurchschnitt. Im           So werden die klassischen Ausbildungen auf Berufs-
Zeitraum von 2012 bis 2016 hat sich das durchschnitt-       und Fachschulniveau erweitert durch unterschiedliche
liche Alter der Erwerbstätigen von 41,4 auf 41,0 Jahre      (sozial-)pädagogische Studiengänge, so dass heute in
reduziert. Dieser leichte Trend zur Verjüngung zeigt,       immerhin 30% der Einrichtungen auch akademische
dass das Arbeitsfeld in den letzten Jahren keineswegs       Fachkräfte arbeiten. Diese Entwicklung bleibt jedoch
an Attraktivität verloren hat. Trotz sinkender Schülerin-   aufgrund des enormen Gesamtwachstums der Kinder-
nen- und Schülerzahlen im allgemeinen Schulsystem           tagesbetreuung weit hinter dem Ausmaß zurück, wel-
sind die Ausbildungszahlen sogar gestiegen. Zugleich        ches zur Steigerung der pädagogischen Professionalität
hat sich der Beruf in den letzten Jahrzehnten zu einer      im Handlungsfeld Frühe Bildung notwendig wäre. Die
Tätigkeit über weite Teile des Arbeitslebens entwickelt     Akademisierungsquote hat sich zwischen 2006 und 2018
und gewinnt auch im Zuge des lebenslangen Lernens           gerade mal von 3 auf 6% erhöht.
als zweite oder dritte Ausbildung für Erwachsene an Be-
deutung.
                                                            Veränderungen der Ausbildung
Diese Entwicklung birgt ein gewisses Veränderungs­
potenzial in sich, das insbesondere auf der Einrich-        Plurale Familienformen, veränderte Arbeits- und Le-
tungsebene deutlich wird. So zeigt sich zum einen, dass     bensmodelle, vielfältige soziokulturelle Hintergründe,
die Kindertagesbetreuung ihre frühpädagogischen An-         soziale Disparitäten und unterschiedliche Bedarfe der
gebote im Bereich der unter Dreijährigen stark ausge-       Kinder rahmen die heutige Kita-Landschaft. Heterogeni-
baut hat. Allein zwischen 2007 und 2018 hat der Einrich-    tät ist Realität in den Einrichtungen. Dementsprechend
tungstyp für unter Dreijährige und Kindergartenkinder       ist es nicht verwunderlich, dass heute auch pädagogi-
zwischen drei und sechs Jahren um 22% zugenom-              sche Fachkräfte mit unterschiedlichen pädagogischen
men. Er ist heute mit 69% nicht nur das prominentes-        Qualifikationen in den Einrichtungen arbeiten, um eine
te Modell der Kindertagesbetreuung, sondern prägt           differenzsensible Erziehungspraxis zu etablieren. Auf-
sogar die Eigenständigkeit frühpädagogischer Institu-       fällig ist aber, dass die besonders dynamischen Verän-
tionen, die sich damit mehr und mehr vom Modell der         derungen auf der Ausbildungsebene nicht unmittelbar
altersübergreifenden Gruppen von Kindergarten- und          mit diesen Heterogenitätsanforderungen in Verbindung
Schul­kindern lösen. Die Bedeutung, die heute öffentli-     stehen, sondern in erster Linie der Personalgewinnung
che Insti­tutionen bereits für sehr junge Kinder haben,     geschuldet sind.
zeigt sich auch daran, dass das alternative Modell der
eher privat organisierten Kindertagespflege – entgegen      Die Ausbildungszahlen im ersten Ausbildungsjahr
der Annahmen – weniger stark nachgefragt wird bzw.          an den Fachschulen für Sozialpädagogik haben sich
auch das Personalwachstum hier stagniert.                   von knapp 21.000 im Jahr 2007/08 auf über 38.000 im
                                                            Schuljahr 2017/18 erhöht. Das entspricht einem außer-

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Fazit

gewöhnlich starken Anstieg der Ausbildungskapazitä-        Differenzierung von Aufgaben­
ten von gut 80% in den letzten zehn Jahren. Neue Aus-      bereichen
bildungs- und Zugangswege prägen zudem die jüngere
Entwicklung und führen zu einer noch heterogeneren         Obwohl in den letzten Jahren viel über die erweiter-
und bundesweit unübersichtlicher werdenden Ausbil-         ten Aufgaben in den Einrichtungen gesprochen wurde
dungslandschaft (Gessler u.a. 2018; König u.a. 2018).      und daher Teamarbeit in der Kindertageseinrichtung
                                                           zunehmend in den Fokus gerückt ist (Lochner/Cloos
Die Steigerung von Ausbildungskapazitäten bleibt da-       2019), zeigen sich kaum spezielle Ausdifferenzierungen
bei zum Teil auf die Berufsfachschulen, vor allem aber     von Funktionsstellen auf Strukturebene. Erste Verände-
auf die Fachschulen bezogen. Neue Ausbildungsmodel-        rungen werden sichtbar mit Blick auf die Leitungsfunk-
le, wie die praxisintegrierten Ausbildungen, bergen zwar   tion in Kindertageseinrichtungen. Ihr wird in den letzten
das Potenzial in sich, die vollzeitschulische Ausbildung   Jahren von den Trägern eine zentrale Bedeutung bei der
zu reformieren und duale Elemente zu stärken. Das wird     Steuerung der Reformprozesse in den Einrichtungen zu-
aber nur gelingen, wenn gleichzeitig auch Stellen für      geschrieben (Strehmel 2016).
Mentorinnen und Mentoren am Lernort Praxis entste-
hen, d.h. wenn der Ausbildungsort Praxis auch konse-       Seit 2011 zeigt sich auch in der Kinder- und Jugend­
quent als Ausbildungselement konzipiert wird.              hilfestatistik dieser Wandel. So haben insbesondere die
                                                           anteilig freigestellten Leitungskräfte zwischen 2011 und
Die Einführung von praxisintegrierten Ausbildungen und     2018 um 85% zugenommen. Der Anteil der vollständig
der Aufbau von Mentorinnen- und Mentorenstellen ist je-    freigestellten Leitungskräfte liegt bei 43%. Leitung wird
doch ungleichgewichtig: Die Vergütung, die mit diesen      überwiegend als Doppelrolle ausgeübt. Die damit ver-
Ausbildungsmodellen verbunden ist, entfaltet bei den       bundenen vielfältigen Aufgaben, u.a. die Steuerung von
jungen Menschen eine stärkere Zugkraft als der fachli-     zunehmend heterogeneren Teams vor dem Hintergrund
che Anspruch, den Lernort Praxis als Ausbildungsinstanz    einer angespannten Personalsituation, sind allerdings
gezielt zu stärken (JMK 2001) und das Potenzial des in-    ohne solide Leitungskompetenzen kaum zu erfüllen.
formellen Lernens für die pädagogische Ausbildung zu
nutzen (Ebert u.a. 2018). Besonders deutlich werden die    Umso mehr erstaunt es, dass sich bei der Qualifikation
einseitigen Bestrebungen bei den sogenannten berufs-       der Leitungskräfte erst ansatzweise eine Veränderung be-
begleitenden Teilzeitausbildungen. Hier wird Aus­bildung   obachten lässt. Von 2011 bis 2018 konnte der Anteil der
letztlich zur Nebensache, denn nicht sie, sondern der      akademisch ausgebildeten Leitungskräfte gerade mal
möglichst rasche Arbeitseinsatz in den Einrichtungen       von 15 auf 18% ausgebaut werden. In Ostdeutschland zei-
wird vergütet. Damit verliert der Ausbildungs­status in    gen sich deutlichere Tendenzen zur Akademisierung: Be-
der Berufspraxis erheblich an Bedeutung (Kratz/Stadler     reits 2018 ist hier ein Viertel der Leitungsstellen von Fach-
2015).                                                     kräften mit akademischen Abschluss besetzt worden.

Die Veränderungen auf Ausbildungsebene entsprechen         Nach wie vor gestaltet sich der Einstieg in eine Leitungs-
weder den Anforderungen im Arbeitsfeld, noch werden        position meist über die Ausbildung zur Erzieherin bzw.
sie den notwendigen Professionalisierungsansprüchen        zum Erzieher (80%) und einer daran anknüpfenden be-
gerecht. Verschiedene Studien haben in den letzten         ruflichen Weiterbildung. In der WiFF-Befragung von Ein-
Jahren gezeigt, dass die Aufgaben in den Einrichtungen     richtungen der Kindertagesbetreuung zur Personalent-
komplexer geworden sind. Iris Nentwig-Gesemann, Ka-        wicklung geben mehr als zwei Drittel der Leitungen an,
tharina Nicolai und Stefanie Köhler (2016) heben zum       über den formalen Berufsabschluss hinaus eine Zusatz-
Beispiel hervor, dass zwar Kita-Leitungen den Bereich      qualifikation erworben zu haben (Geiger 2019, im Er-
des Personal- und Qualitätsmanagements selbstver-          scheinen). Die bisher bereitgestellten Ressourcen u.a.
ständlich als Kernbestandteil ihrer Leitungstätigkeit      in Bezug auf die Freistellung für Kita-Leitungen reichen
sehen, jedoch ein Teil von ihnen sich hier eher unsicher   nicht ansatzweise aus, um den erhöhten Steuerungs-
fühlt. Die Autorinnen der Studie führen die schwachen      aufgaben in den Einrichtungen gerecht zu werden und
Kompetenzüberzeugungen auf das breite Berufsprofil         eine gute pädagogische Qualität im Team zu entwickeln.
der Fachkräfte zurück.                                     So verfügen in den aktuellen Analysen des Fachkräfte­
                                                           barometers 60% der Kindertageeinrichtungen nach dem

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