Fachkräftesuche bleibt Herausforderung - DIHK-Report Fachkräfte 2020 GemeinsamFürFachkräfte
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2 | DIHK-REPORT FACHKRÄFTE 2020 Impressum Herausgeber und Copyright © Deutscher Industrie- und Handelskammertag e.V. (DIHK) | Berlin | Brüssel DIHK Berlin Postanschrift: 11052 Berlin | Hausanschrift: Breite Straße 29 | Berlin-Mitte Telefon: 030 20308-0 | Telefax: 030 20308-1000 DIHK Brüssel Hausanschrift: 19 A-D, Avenue des Arts | B-1000 Bruxelles Telefon: +32-2-286-1611 | Telefax: +32-2-286-1605 info@dihk.de www.dihk.de Facebook www.facebook.com/DIHKBerlin Twitter http://twitter.com/DIHK_News Redaktion Dr. Stefan Hardege, DIHK, Bereich „Gesundheitswirtschaft, Beschäftigung, Organisationsentwicklung“ Grafik Friedemann Encke, DIHK Alle Rechte liegen beim Herausgeber. Ein Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Herausgebers gestattet. Bildnachweis Titelbilder: © Getty Images Stand Februar 2020
DIHK-REPORT FACHKRÄFTE 2020 | 3 Inhalt Methodik 3 DIHK-Report „Fachkräfte 2020“ – das Wichtigste in Kürze 4 I. Stellenbesetzung bleibt Herausforderung 5 II. Fachkräftemangel – viele Folgen 8 III. Fachkräfte aus dem Ausland – eine Option 15 Fachkräftesicherung – Chancen und Herausforderungen auf einen Blick 19 Fragebogen 20 Methodik Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat im ten. Zwei Prozent der Antworten entfallen auf große Unterneh- Rahmen seiner DIHK-Konjunkturumfrage im Herbst 2019 die In- men mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. dustrie- und Handelskammern (IHKs) gebeten, die Unternehmen u. a. auch zum Themenfeld Fachkräftesicherung zu befragen. Die IHKs gestalten ihre Stichprobe so aus, dass ein repräsen- tatives Stimmungsbild der gewerblichen Wirtschaft vor Ort Der DIHK-Auswertung liegen je nach Fragestellung bis zu abgebildet ist (branchen-, regionen- sowie unternehmensgrö- 23.000 Unternehmensantworten zugrunde. Nach Wirtschaftsbe- ßenbezogen geschichtete Stichprobe). Die Aggregation auf reichen stammen die Antworten aus der Industrie (28 Prozent), Bundesebene erfolgt über eine regionale und branchenbezo- aus der Bauwirtschaft (sieben Prozent), aus dem Handel (22 gene Gewichtung. Die Antworten der regelmäßigen Konjunk- Prozent) und aus den Dienstleistungen (43 Prozent). turfragen von Betriebsstätten mit mehr als 500 Beschäftigten sind mit dem Faktor 2 und die Antworten von Betriebsstätten Die Untergliederung nach Unternehmensgröße weist 48 Prozent mit mehr als 1.000 Beschäftigten mit dem Faktor 3 gewichtet. kleine Unternehmen mit bis zu 19 Beschäftigten aus, 41 Prozent Bei den hier gestellten Fragen zur Fachkräftesicherung wird mittlere Unternehmen mit 20 bis 199 Beschäftigten sowie neun auf die Gewichtung nach Größenklassen verzichtet. Prozent mittelgroße Unternehmen mit 200 bis 999 Beschäftig-
4 | DIHK-REPORT FACHKRÄFTE 2020 DIHK-Report „Fachkräfte 2020“ Das Wichtigste in Kürze Stellenbesetzung bleibt schwierig Folgen des Fachkräftemangels vielfältig • Fast jedes zweite (47 Prozent) der 23.000 antwortenden • 84 Prozent der Unternehmen rechnen mit negativen Folgen Unternehmen berichtet von Stellenbesetzungsschwierigkei- eines lang andauernden Fachkräftemangels. Am häufigsten ten. Trotz schwächerer Wirtschaftslage ist dieser Wert infolge erwarten die Unternehmen eine Mehrbelastung der Beleg- erheblicher Fachkräfteengpässe stabil. schaft, wenn gesuchte Fachkräfte fehlen (62 Prozent). • Industrieunternehmen sind am stärksten von der kon- • Steigende Personalkosten als Folge fehlender Fachkräfte junkturellen Abkühlung betroffen. Dort nimmt deshalb der gewinnen in den Unternehmen an Bedeutung (54 Prozent Personalbedarf ab und weniger Unternehmen als im Vorjahr gegenüber 28 Prozent vor zwei Jahren). Neben knappheits- können Stellen nicht besetzen (45 Prozent gegenüber 53 bedingt steigenden Löhnen schlagen sich Maßnahmen zur Prozent). Der Anteil, dem die Einstellung von Fachkräften Fachkräftesicherung auf der Kostenseite der Betriebe nieder problemlos gelingt, verringert sich leicht (20 Prozent gegen- – z. B. die Organisation von zeit- und ortsflexiblem Arbeiten, über 21 Prozent). die Unterstützung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie weitere Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberat- • In konjunkturunabhängigen Branchen wie insbesondere den traktivität. Gesundheits- und Sozialdienstleistern haben sich die Be- setzungsprobleme gegenüber dem Vorjahr hingegen weiter • Mehr als jedes dritte Unternehmen (39 Prozent) erwartet, verschärft – dort sind mittlerweile 80 Prozent betroffen. dass es mit Blick auf Fachkräfteengpässe Aufträge ableh- nen und/oder sein Angebot einschränken muss. Eine solche • In kleinen Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten Entwicklung hat nicht nur negative Folgen für die direkt haben die Stellenbesetzungsschwierigkeiten im Vergleich betroffenen Unternehmen selbst, sondern geht weit darüber zur Vorumfrage leicht zugenommen. Bei Unternehmen mit hinaus. Fehlen z. B. die Kapazitäten im Bau, verzögern sich mehr als zehn Beschäftigten ist der Anteil, der Stellen nicht Infrastruktur- und Wohnungsbau oder Bau und Modernisie- besetzen kann, hingegen konjunkturbedingt etwas gesunken. rung von Schulen. Diese Reduzierung spiegelt sich jedoch im Anstieg des Un- ternehmensanteils wider, der zurzeit keinen Personalbedarf • Innovations- und Wettbewerbspotenziale sieht mehr als hat. Ein Zuwachs an Unternehmen, dem die Besetzung ohne jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) gefährdet, wenn Probleme gelingt, zeigt sich in keiner Größenklasse Fachkräfte fehlen. Gerade Spitzentechnologieunternehmen und der F&E-Bereich sind hier betroffen (40 Prozent). Nicht zuletzt angesichts des raschen technischen Fortschritts bei Fachkräftesicherung durch Zuwanderung IuK-Technologien können entsprechende Einschränkungen schnell erhebliche Auswirkungen mit sich bringen. • Neben der Fachkräftegewinnung im Inland rückt die Einstel- lung von Personal aus anderen Ländern zunehmend in den • Als Ersatz für fehlende Fachkräfte kommen zum Teil tech- Fokus. In den letzten Jahren hat jedes dritte der antworten- nische Lösungen wie z. B. Algorithmen und Roboter in den Unternehmen Fachkräfte aus dem Ausland eingestellt. Betracht. Derzeit sehen 13 Prozent der Unternehmen entsprechende Investitionen als eine Option. In der Industrie • Dabei unterstützen 70 Prozent dieser Unternehmen ihre (19 Prozent), aber ebenso in der Versicherungswirtschaft (34 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Spracherwerb Prozent), bei Rechts- und Steuerberatung sowie Wirtschafts- und Qualifizierung. Damit leisten die Unternehmen einen prüfung (28 Prozent) sind es mitunter deutlich mehr. Bei wichtigen Beitrag zur Integration nicht nur im eigenen personengebundenen Dienstleistungen wie z. B. im Gesund- Betrieb, sondern auch in der Gesellschaft insgesamt. heits- und Sozialbereich (acht Prozent) sind die Einsatzmög- lichkeiten dagegen derzeit geringer. • Mehr als jedes zehnte Unternehmen möchte künftig gezielt Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern anwerben. Insgesamt wünschen sich noch deutlich mehr Unternehmen (29 Prozent aller antwortenden Unternehmen) zusätzliche Informatio- nen und Unterstützung, um Fachkräfte aus Drittstaaten zu beschäftigen.
DIHK-REPORT FACHKRÄFTE 2020 | 5 I. Stellenbesetzung bleibt Herausforderung Die Fachkräftesituation in deutschen Unternehmen bleibt an- ein Prozentpunkt). Der Anteil der Unternehmen, die derzeit gespannt – trotz schwächerer Wirtschaftslage. 47 Prozent der keinen Personalbedarf haben, hat sich um lediglich drei Pro- Unternehmen können offene Stellen längerfristig nicht beset- zentpunkte erhöht. Vor dem Hintergrund deutlich eingetrübter zen, weil sie keine passenden Arbeitskräfte finden. 17 Prozent Geschäftserwartungen und rückläufiger Beschäftigungs- berichten hingegen von problemloser Stellenbesetzung und 36 planungen in den Unternehmen1 ist diese Konstanz bei den Prozent haben derzeit keinen Personalbedarf. Stellenbesetzungsschwierigkeiten bemerkenswert und drückt erhebliche Fachkräfteengpässe aus. Die konjunkturbedingt Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich nahezu keine Veränderung. nachlassende Arbeitskräftenachfrage (obgleich diese weiterhin Der Anteil mit Stellenbesetzungsschwierigkeiten sinkt gering- auf hohem Niveau liegt) schlägt sich nicht in einer insgesamt fügig um zwei Prozentpunkte. Gleichzeitig nimmt auch der erleichterten Stellenbesetzung nieder. Anteil leicht ab, dem die Besetzung problemlos gelingt (minus Können Sie in Ihrem Unternehmen derzeit offene Stellen längerfristig nicht besetzen, weil Sie keine passenden Arbeitskräfte finden? Nach Wirtschaftszweigen – in Prozent Gesamt 2019 47 17 36 Gesamt 2018 49 18 33 Industrie 2019 45 20 36 Industrie 2018 53 21 26 Bau 2019 62 11 27 Bau 2018 61 12 27 Handel 2019 40 17 43 Handel 2018 40 17 43 Dienstleistungen 2019 49 16 35 Dienstleistungen 2018 49 17 34 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ja, Stellen können nicht besetzt werden nein, keine Probleme nein, derzeit kein Personalbedarf 1 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Konjunktur auf Talfahrt – DIHK-Konjunkturumfrage Herbst 2019, Berlin 2019.
6 | DIHK-REPORT FACHKRÄFTE 2020 Schwierigkeiten beim Bau am größten – nach entsprechenden Diensten in einer alternden Gesellschaft Konjunkturschwäche trifft Industrie zunimmt. Ebenfalls ausgeprägt zeigen sich die Schwierigkeiten u. a. in der Sicherheitswirtschaft (79 Prozent, nach 71 Prozent Die Stellenbesetzung bleibt in Bauunternehmen schwierig (62 im Vorjahr) und den Bereichen des Baus wie z. B. dem Tiefbau Prozent). Im Vorjahresvergleich hat sich die Lage dort sogar wei- (69 Prozent, nach 61 Prozent im Vorjahr) sowie dem Ausbau- ter verschärft. Die Auftragsbücher sind nach wie vor voll – den gewerbe (64 Prozent, nach 66 Prozent im Vorjahr). Betrieben fällt es schwer, ausreichend Fachkräfte zu finden. Überdurchschnittlich oft bleiben auch im Gastgewerbe (60 In der Industrie macht sich die schwache Wirtschaftslage auch Prozent, nach 59 Prozent im Vorjahr) und bei Verkehrsdienst- bei der Stellenbesetzung bemerkbar. Die dortigen Unternehmen leistern Stellen unbesetzt (57 Prozent, nach 62 Prozent im sind vielfach international ausgerichtet und haben weltweit Vorjahr). Auch die Informations- und IT-Dienstleister (jeweils Kunden. Von konjunkturellen Schwierigkeiten und weltwirt- 57 Prozent) sind vielfach betroffen. Bei diesen zeigen sich im schaftlichen Unsicherheiten sind sie daher besonders betrof- Vergleich zum Vorjahr Zunahmen (plus 15 bzw. drei Prozent- fen. 45 Prozent der Unternehmen können dort zwar offene punkte). Die hohe Nachfrage nach gut ausgebildetem Personal Stellen längerfristig nicht besetzen, allerdings sind dies acht infolge der voranschreitenden Digitalisierung besteht unab- Prozentpunkte weniger als vor Jahresfrist. Der Anteil, dem die hängig von konjunkturellen Effekten. Stellenbesetzung ohne Probleme gelingt, hat sich nahezu nicht verändert, stattdessen haben mehr Unternehmen infolge der Wirtschaftsentwicklung derzeit keinen Personalbedarf (plus Mittelständler am häufigsten betroffen zehn Prozentpunkte2). Unternehmen, die nach wie vor Einstel- lungen vornehmen wollen, stehen damit weiterhin vor den 60 Prozent der Unternehmen mit 200 bis 999 Beschäftigten bekannten Stellenbesetzungsproblemen. Die Fachkräfteengpässe können offene Stellen nicht besetzen. In kleineren Betrieben mit sind ein strukturelles Problem, das im Zuge der Konjunktur- 20 bis 199 Mitarbeitenden sind es kaum weniger (57 Prozent). abkühlung zwar weniger Unternehmen betrifft, weil sie kein Auch hier hat sich die Situation infolge konjunktureller Verlang- weiteres Personal einstellen, aber im Kern nicht an Brisanz ver- samung im Vergleich zum Vorjahr nur leicht entspannt (minus liert. Eine jetzige vermeintliche Entschärfung der Situation, weil drei bzw. vier Prozentpunkte). konjunkturell Druck entweicht, darf nicht dazu verleiten, bei den Anstrengungen zur Fachkräftesicherung nachzulassen. Einen geringfügigen Anstieg der Stellenbesetzungsschwierig- keiten gab es bei den kleinen Betrieben mit weniger als zehn Bei Dienstleistern und im Handel hat sich das eingetrübte Beschäftigten, dort ist mittlerweile jedes dritte Unternehmen Geschäftsklima nicht auf die Schwierigkeiten bei der Stellen- betroffen (32 Prozent nach 31 Prozent im Vorjahr). Infolge ihrer besetzung ausgewirkt. So können nach wie vor 49 Prozent Größe stellen diese Unternehmen naturgemäß seltener neue der Dienstleister und 40 Prozent der Handelsbetriebe Stellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, so dass der Anteil, der längerfristig nicht besetzen. Bei den Dienstleistern hat zudem keinen Personalbedarf hat, mit unverändert 55 Prozent dort am der Anteil, dem die Besetzung problemlos gelingt, geringfügig höchsten ist. Wollen die Betriebe jedoch Stellen neu besetzen, abgenommen (minus ein Prozentpunkt), während es bei den gestaltet sich dies zunehmend schwierig. So berichten lediglich Händlern keine Veränderung gab. Die nach wie vor hohe Kon- 13 Prozent von ihnen von einer problemlosen Stellenbesetzung. sumbereitschaft sowie die Konjunkturunabhängigkeit etlicher Am höchsten ist dieser Anteil, der ohne Probleme Stellen beset- Dienstleister (z. B. Gesundheitswesen, IT-Bereich) machen sich zen kann, in Großunternehmen – dort sind es rund ein Viertel hier bemerkbar. (26 Prozent). Eine professionelle Personalpolitik sowie aus Sicht vieler Bewerber attraktive Arbeitsbedingungen erleichtern dort die Fachkräftegewinnung. Verschärfung in konjunkturunabhängigen Branchen Bei den Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten hat der Gesundheits- und Sozialdienstleister berichten im Branchen- Anteil derjenigen, die Stellen längerfristig nicht besetzen kön- vergleich mit am häufigsten von nicht besetzbaren Stellen nen, im Vergleich zur Vorumfrage abgenommen. Aber auch hier – dort sind es 80 Prozent und damit merklich mehr als im spiegelt sich diese Abnahme nahezu eins zu eins in der Zunahme Vorjahr (71 Prozent). Nahezu flächendeckende Fachkräfte- des Unternehmensanteils wider, der zurzeit keinen Personalbedarf engpässe treffen mittlerweile die meisten dortigen Anbieter. hat. Ein Zuwachs an Unternehmen, bei denen die Besetzung ohne Bei diesen konjunkturunabhängigen Dienstleistungen wirkt Probleme gelingt, zeigt sich dagegen vor dem Hintergrund beste- sich die demografische Entwicklung aus, da die Nachfrage hender Fachkräfteengpässe in keiner Größenklasse. 2 Aufgrund der Rundung ergibt sich hier rechnerisch eine Differenz von einem Prozentpunkt.
DIHK-REPORT FACHKRÄFTE 2020 | 7 Können Sie in Ihrem Unternehmen derzeit offene Stellen längerfristig nicht besetzen, weil Sie keine passenden Arbeitskräfte finden? Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1 bis 9 32 13 55 10 bis 19 46 15 39 20 bis 199 57 18 25 200 bis 999 60 23 17 1.000 und mehr 55 26 19 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ja, Stellen können nicht besetzt werden nein, keine Probleme nein, derzeit kein Personalbedarf Engpässe besonders im Süden Am häufigsten berichten die Unternehmen aus dem Süden der Re- In Ostdeutschland zeigt sich eine leichte Abnahme des Anteils der publik von Stellen, die sie nicht besetzen können, weil Arbeitskräfte Unternehmen mit Stellenbesetzungsproblemen (minus zwei Pro- fehlen (51 Prozent). Allerdings nimmt hier der Wert im Vorjahres- zentpunkte auf 45 Prozent) – ebenso wie im Westen (minus zwei vergleich ab (minus vier Prozentpunkte). Insbesondere der Konjunk- Prozentpunkte auf 44 Prozent). Im Norden hat der Anteil dagegen turrückgang gerade in der Industrie gibt hierfür den Ausschlag. leicht zugenommen (plus ein Prozentpunkt auf 48 Prozent). Anteil der Unternehmen, die offene Stellen längerfristig nicht besetzen können, weil sie keine passenden Arbeitskräfte finden NORDEN 48% OSTEN 45% WESTEN 44% SÜDEN 51%
8 | DIHK-REPORT FACHKRÄFTE 2020 II. Fachkräftemangel – viele Folgen 84 Prozent der Unternehmen erwarten Folgen eines langwie- Handelsunternehmen nicht mit Konsequenzen von Fachkräf- rigen Fachkräftemangels. Besonders die Bauwirtschaft, in der teengpässen konfrontiert. Im Vergleich mit dem DIHK-Arbeits- die Kapazitäten derzeit ausgelastet sind, sieht sich besonders marktreport 2018 hat der Anteil aller Unternehmen, der mit stark betroffen (92 Prozent). In der Industrie, die zurzeit am keinen Folgen rechnet, zugenommen (um acht Prozentpunkte). stärksten unter der konjunkturellen Schwächephase leidet, Die infolge der aktuellen Konjunktureintrübung nachlassende sind es jedoch kaum weniger (89 Prozent). Viele Industrieun- Personalnachfrage kann hierfür in gewissem Maße eine Erklä- ternehmen haben bereits Erfahrungen mit einer angespann- rung sein. Ebenso kommen bereits ergriffene Maßnahmen zur ten Fachkräftesituation gemacht und können entsprechende Fachkräftesicherung in den letzten Jahren in Betracht. Folgen daher gut einschätzen.3 Am ehesten sehen sich noch Welche Folgen erwarten Sie durch einen anhaltenden Fachkräftemangel für Ihr Unternehmen? Mehrfachnennung möglich Verlust Innovation / Wettbewerbsfähigkeit 21% 13% Investition in Einschränkung technische Lösungen Angebot / Ablehnung von Aufträgen 39% Mehrbelastung Belegschaft 62% Steigende Arbeitskosten 54% 3 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräfteengpässe groß – trotz schwächerer Konjunktur, DIHK-Arbeitsmarktreport 2019, Berlin 2019.
Fachkräftemangel für Ihr Unternehmen? DIHK-REPORT FACHKRÄFTE 2020 | 9 Investition in technische Lösungen Mehrbelastung der Belegschaft am häufigsten In erster Linie erwarten die Unternehmen eine Mehrbelastung Die Mehrbelastung der Beschäftigten birgt die Gefahr einer Gesamt 13% der vorhandenen Belegschaft als 19%Fachkräfte- Bau Folge eines Industrie 6% Negativspirale. Bei 10% Personalknappheiten bestehenden Handel 12% Dienstleistungensteigen mangels – dies gilt für fast zwei Drittel (62 Prozent). Hierbei die Anforderungen an die Beschäftigten, wodurch die Attrak- handelt es sich typischerweise um kurzfristige Reaktionen, mit tivität dieser Tätigkeiten aus deren Sicht abnehmen kann und denen Unternehmen versuchen, ihr Angebot trotz fehlenden sie den Betrieb möglicherweise verlassen. Auch für potenzielle Personals Verlust aufrecht Innovationzu / erhalten bzw. Aufträge abzuarbeiten. künftige Fachkräfte mag dies die Attraktivität reduzieren, was DiesWettbewerbsfähigkeit ist jedoch keine Dauerlösung, sondern eher der Versuch die Personalgewinnung für die Betriebe weiter erschwert. der Überbrückung von akuten Engpässen. Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitgeberattraktivität haben daher hohe Bedeutung. Dies können neben dem Gehalt u. a. Im besonders stark von Stellenbesetzungsschwierigkeiten be- flexible und familienfreundliche Arbeitszeiten und Schichtmo- troffenen Baugewerbe sowie auch in der Industrie (jeweils 67 delle, betriebliche Gesundheitsförderung, Karriereperspektiven Prozent) sind es mehr Unternehmen, in denen die Kolleginnen sowie ein gutes Betriebsklima sein. Gesamt 21% Industrie 25% Bau 19% Handel 17% Dienstleistungen 21% und Kollegen einspringen müssen als im Handel (61 Prozent) und bei Dienstleistern (60 Prozent). Mit der Unternehmensgröße nimmt der Anteil zu, der eine Mehrbelastung seiner Beschäftigten erwartet. Bei den Groß- AnEinschränkung der Spitze der Wirtschaftszweige Angebot / stehen allerdings die unternehmen sind es drei Viertel, während es bei den kleinen Gesundheitsdienstleister Ablehnung von Aufträgen (81 Prozent). Die umfangreichen Betrieben knapp die Hälfte sind. Allein aufgrund der höheren Fachkräfteengpässe sind dort eine erhebliche Herausforderung Mitarbeiterzahl ist es in größeren Unternehmen eher möglich, für die Unternehmen bei der Organisation des Arbeitsalltags dass Aufgaben bei längeren Vakanzen von Beschäftigten, z. B. und der Gestaltung betrieblicher Abläufe, aber ebenso für die in Teams, teilweise übernommen werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und letztlich auch für die Nachfrager, die auf diese Dienstleistungen angewiesen sind. Innerhalb der letzten zwei Jahre hat der Anteil der Unterneh- Gesamt 39% Im Vergleich zu vielen anderenIndustrie 28% Tätigkeiten sind Ausweichre- Bau 66% Handel 28% men, die die Mehrbelastung Dienstleistungen der Belegschaft 43% als Folge von Fach- aktionen wie z. B. technische Lösungen oder Auslagerung und kräfteengpässen angeben, um elf Prozentpunkte abgenommen. Fremdbezug recht begrenzt, so dass häufig die Beschäftigten Der Beschäftigungsaufbau in vielen Unternehmen mag dazu einspringen und Lücken schließen müssen. beigetragen haben, dass diese Folge am aktuellen Rand etwas Steigende Arbeitskosten weniger häufig genannt wird. In den letzten beiden Jahren sind Ebenfalls überdurchschnittlich häufig nennen auch Energie- insgesamt mehr als 1,2 Millionen zusätzliche sozialversiche- versorger (75 Prozent), Hersteller elektrischer Ausrüstungen rungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entstanden. Da die (74 Prozent) sowie Fahrzeugbauunternehmen (71 Prozent) Mehrbelastung ohnehin nur eine kurzfristige Ausweichreaktion die Mehrbelastung ihrer Beschäftigten als Folge eines lang- darstellt, reagieren Betriebe zudem vor dem Hintergrund der Er- wierigen Fachkräftemangels. In diesen Bereichen kommen in fahrungen mit Fachkräfteengpässen innerhalb der letzten Jahre Gesamt 54% besonderem Maße die Industrie 61% Engpässe bei technisch Bau 61% qualifiziertem Handel 51% mit weiteren betrieblichen Maßnahmen Dienstleistungen 52% – z. B. mit Anpassungen Personal zum Ausdruck. im Angebot oder der Auslagerung bestimmter Leistungen.. Mehrbelastung Belegschaft Gesamt 62% Industrie 67% Bau 67% Handel 61% Dienstleistungen 60%
10 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 Folgen des Fachkräftemangels: Mehrbelastung Belegschaft Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 75 200 bis 999 73 Welche 20 bis 199 Folgen erwarten Sie durch einen anhaltenden 70 Fachkräftemangel für Ihr Unternehmen? 10 bis 19 66 Investition in 1 bis technische 9 Lösungen 48 0 10 20 30 40 50 60 70 80 Steigende Arbeitskosten gewinnen an Bedeutung Gesamt 13% Industrie 19% Bau 6% Handel 10% Dienstleistungen 12% Mehr als jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) erwartet derungen, die sich auf der Kostenseite niederschlagen. Auch infolge von langwierigen Fachkräfteengpässen steigende Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf inklusi- Kosten, um knappes Verlust Innovation /Personal zu gewinnen bzw. im Unterneh- ve (finanzieller) Unterstützung bei der Kinderbetreuung sind menWettbewerbsfähigkeit zu halten. In der Industrie und dem Baugewerbe (jeweils hierbei zu nennen. 61 Prozent) wird ein solcher Kostenanstieg deutlich häufi- ger als Folge des Fachkräftemangels gesehen als im Handel Die Beschäftigung Älterer gewinnt zunehmend an Bedeutung. und bei Dienstleistern (51 Prozent bzw. 52 Prozent). Bei der Viele Unternehmen versuchen, ihre Mitarbeiter und damit Betrachtung der Einzelbranchen stehen u. a. Gesundheits- und deren Erfahrungen und betriebsspezifisches Know-how mög- Sozialdienstleister, die Pharmaindustrie, Verkehrsdienstleister lichst lange zu halten – mitunter auch über das Rentenalter (jeweils 21% sowie Hersteller 67 Prozent) Gesamt von25% Industrie Bau 19% Datenverarbeitungs- hinaus. Dies geschieht 17% Handelnicht von Teilzeit,21% Dienstleistungen selten in Form um geräten, elektrischen und optischen Erzeugnissen (66 Prozent) so einen „gleitenden“ Übergang in die Rente zu ermöglichen. mit an der Spitze. Auch dies zieht oftmals kostenintensiven organisatorischen Aufwand nach sich. Einschränkung Angebot / Neben der Entlohnung, die als Folge der Knappheiten steigt, Ablehnung von Aufträgen spielen auch weitere Faktoren eine Rolle, die sich als Kosten Des Weiteren spielen für die Fachkräftegewinnung gute der Fachkräftesicherung in den Betrieben niederschlagen und Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Rahmen die in den letzten Jahren der hohen Arbeitskräftenachfrage einer professionellen Personalentwicklung, Angebote zur mehr und mehr an Bedeutung gewonnen haben. Hierzu zählen betrieblichen Alterssicherung sowie zur Gesundheitsförderung z. B. Maßnahmen zum orts- und zeitflexiblen Arbeiten, mit de- eine wichtige Rolle. Ebenso haben die Teilnahme an Arbeitge- nen die 39% Betriebe Gesamt auf steigendeIndustrie 28% Bedürfnisse Bau 66% der Beschäftigten Handel 28% oderDienstleistungen ber-Awards als Attraktivitätssignal 43% attraktive Standorte nach mehr Zeitsouveränität reagieren. Dies erfordert mitunter bzw. Arbeitsumfelder Bedeutung. All dies verursacht in den neue betriebliche Abläufe und arbeitsorganisatorische Verän- Unternehmen Kosten. . Steigende Arbeitskosten Gesamt 54% Industrie 61% Bau 61% Handel 51% Dienstleistungen 52% Mehrbelastung Belegschaft
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 | 11 Besonders Mittelständler betroffen Im Vergleich stark gestiegen In erster Linie erwarten Mittelständler einen aus Fachkräfteeng- Im Vergleich mit den Ergebnissen des DIHK-Arbeitsmarkt pässen resultierenden Personalkostenanstieg - dort sind es bis zu reports 20184 hat sich der Anteil der Unternehmen, die zwei Drittel der Betriebe. Auch die Besetzungsprobleme sind hier steigende Personalkosten als Folge eines Fachkräftemangels am stärksten ausgeprägt. Insgesamt zeigt sich über alle Branchen erwarten, in der Gesamtwirtschaft fast verdoppelt (von 28 hinweg ein enger Zusammenhang zwischen den Stellenbeset- Prozent auf 54 Prozent). Bei allen anderen vergleichbaren zungsschwierigkeiten einerseits und einem erwarteten Kosten- möglichen Folgen gab es dagegen keine Zuwächse. Die Erfah- anstieg andererseits. Häufig konkurrieren kleinere Mittelständler rungen, die die Unternehmen in den letzten Jahren im Rahmen mit großen Unternehmen um gefragtes Personal – gerade dann, der Fachkräftesicherung und der dafür nötigen Aufwendungen wenn die Unternehmensstandorte nicht weit voneinander gemacht haben, sowie die Erwartungen künftiger Engpässe entfernt sind. Dabei fällt es ihnen mitunter schwer, bezüglich nicht zuletzt infolge der demografischen Entwicklung, können Entlohnung und weiterer attraktiver Angebote mitzuhalten, was eine Ursache für diesen deutlichen Anstieg sein. sich in der Sorge um steigende Kosten niederschlägt. Folgen des Fachkräftemangels: Steigende Arbeitskosten Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 55 200 bis 999 67 20 bis 199 66 10 bis 19 55 1 bis 9 39 0 10 20 30 40 50 60 70 Angebote müssen vielfach eingeschränkt werden Deutlich mehr als jedes dritte Unternehmen (39 Prozent) erwartet, andere Unternehmen bzw. die jeweiligen Kunden. Damit sind dass es sein Angebot einschränken oder Aufträge ablehnen muss, die Fachkräfteengpässe keine rein betriebswirtschaftliche wenn die nötigen Fachkräfte fehlen. In der Bauwirtschaft sind es Herausforderung, mit der sich nur einzelne Unternehmen sogar zwei Drittel. Mögliche Folgen zeigen sich nicht nur in den auseinandersetzen müssen. Vielmehr stellt der Fachkräfte- Baubetrieben selbst, sondern auch in nicht realisierten Baupro- mangel inzwischen einen volkswirtschaftlichen Engpass dar, jekten. Dies gilt z. B. für den Wohnungsbau sowie für den Ausbau dessen Auswirkungen die Gesellschaft insgesamt betreffen. oder die Instandhaltung von Verkehrs- sowie IT-Infrastruktur oder Eine gute Gesundheitsversorgung, hochwertige Bildungsan- öffentlicher Gebäude wie Schulen oder Kindertageseinrichtungen. gebote, zukunftsweisende Innovationen und eine effiziente Die Auswirkungen von Personalengpässen – und dies gilt nicht Verwaltung können ebenso wie Wachstums-, Wettbewerbs- nur für den Bau – gehen damit weit über die direkt betroffenen und Einkommensperspektiven auf dem Spiel stehen, wenn das Betriebe und Branchen hinaus und beeinträchtigen auch dafür nötige Personal fehlt.5 4 Vgl. Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräfte gesucht wie nie!, DIHK-Arbeitsmarktreport 2018, Berlin 2018. 5 gl. hierzu ausführlich Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräfte gesucht wie nie!, DIHK-Arbeitsmarktreport V 2018, Berlin 2018.
12 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 Gesamt 21% Industrie 25% Bau 19% Handel 17% Dienstleistungen 21% Einschränkung Angebot / Ablehnung von Aufträgen Gesamt 39% Industrie 28% Bau 66% Handel 28% Dienstleistungen 43% An zweiter Stelle im Vergleich der Wirtschaftszweige stehen Viertel sind (24 Prozent). Fehlen in kleinen Betrieben Fachkräfte dieSteigende Dienstleister (43 Prozent). Arbeitskosten In etlichen Unternehmen kann in Schlüsselpositionen, bleibt oftmals keine andere Alternative. dort vergleichsweise kurzfristig und flexibel mit einer Ange- Größere Unternehmen haben dagegen eher die Gelegenheit, z. botsreduzierung reagiert werden, was z. B. bei der industri- B. durch Umschichtung von Tätigkeiten oder mit der Auswei- ellen Fertigung weniger kurzfristig möglich ist (Industrie: 28 tung von Arbeitszeiten zu reagieren (dort ist der Anteil, der mit Prozent). Betroffen sind u. a. die Sicherheitswirtschaft (69 Mehrbelastung der Beschäftigten rechnet, merklich höher – Prozent), der Straßengüterverkehr (63 Prozent), Gesundheits- s.o.), so dass Einschränkungen des Angebots oder das Ablehnen dienstleister (58 Prozent) sowie IT-Dienstleister (48 Prozent). von Aufträgen eher vermieden werden können. Auch Gesamt 54%die Auswirkungen hier bleiben Industrie 61% nicht auf die direkt Bau 61% Handel 51% Dienstleistungen 52% tangierten Betriebe beschränkt. Sind z. B. Verkehrsdienstleister Im Vergleich zur Vorumfrage sind es insgesamt weniger Un- gezwungen, ihre Angebote einzuschränken, weil die Fahrer ternehmen, die erwarten, Aufträge ablehnen oder ihr Angebot fehlen, kann dies Folgen für Produktionsunternehmen haben, einschränken zu müssen. Neben konjunkturbedingt rückläufiger Mehrbelastung Belegschaft die auf die pünktliche Lieferung von Vorleistungen angewiesen Nachfrage kommt hierfür als Erklärung in Betracht, dass die sind. Zeigen sich entsprechende Engpässe im IT-Bereich, kann Betriebe im Laufe der letzten Jahre auf Fachkräfteengpässe mit dies negative Effekte für Unternehmen ganz anderer Bran- unterschiedlichen Maßnahmen reagiert und mitunter ihre An- chen haben, die diese Dienste in Anspruch nehmen – z. B. im gebote bereits reduziert haben und daher jetzt weniger häufig Bereich der Datensicherheit. entsprechende Kürzungen befürchten. Wie auch die Mehrbelas- tung der Mitarbeiter ist das Ablehnen von Aufträgen eher eine Gesamt 62% Kleinere Betriebe sehen sich Industrie 67% häufiger dazu veranlasst, Bau 67% Aufträge kurzfristige Reaktion auf 61% Handel akute Engpässe,Dienstleistungen 60% die sich in gewissem ablehnen oder ihr Angebot reduzieren zu müssen als größere Maße durch die Implementierung alternativer Maßnahmen Unternehmen. Bei kleinen Unternehmen mit zehn bis unter 20 vermeiden lässt. Dass dennoch 39 Prozent der Unternehmen Beschäftigten sind es fast die Hälfte (47 Prozent), während es in solche Kürzungen erwarten, macht die Notwendigkeit weiterer Großunternehmen mit 1.000 und mehr Mitarbeitern nur fast ein Anstrengungen zur Fachkräftesicherung insgesamt deutlich. Folgen des Fachkräftemangels: Einschränkung Angebot / Ablehnung von Aufträgen Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 24 200 bis 999 28 20 bis 199 41 10 bis 19 47 1 bis 9 36 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 | 13 Gesamt 13% Industrie 19% Bau 6% Handel 10% Dienstleistungen 12% Verlust Innovation / Wettbewerbsfähigkeit Gesamt 21% Industrie 25% Bau 19% Handel 17% Dienstleistungen 21% Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit stehen auf dem Spiel Einschränkung Angebot / Mehr als jedes Ablehnung von fünfte Unternehmen (21 Prozent) rechnet mit Aufträgen Unternehmen der Elektro-Spitzentechnologie fürchten am häu- einem Verlust von Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit, figsten um ihre Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit infolge wenn Fachkräfte fehlen. In der Industrie, in der die Betriebe in fehlender Fachkräfte (40 Prozent). Im Bereich Forschung und besonderem Maße im internationalen Wettbewerb stehen und Entwicklung sind es mit 39 Prozent kaum weniger. Innovationen gleichzeitig Innovationen besonders wichtig für den Unterneh- entstehen nicht nur in der Wissenschaft, sondern vielfach in menserfolg sind, sind es mit 25 Prozent am meisten. Gerade mit den F&E-Abteilungen der Unternehmen, bei denen der prakti- den39% Gesamt Blick auf raschen technologischen 28%und den zuneh- IndustrieWandel Bau 66% 28% Handel im sche Anwendungsbezug Gerade deutsche43% Fokus steht. Dienstleistungen Mit- menden Einsatz digitaler Anwendungen innerhalb der gesamten telständler sind hier gut aufgestellt – dauerhafte Personaleng- Prozesskette – von der Entwicklung bis hin zur Endnutzung pässe gefährden jedoch dieses Geschäftsmodell. Auch bei den – spielen innovative Neuerungen eine herausragende Rolle und IT-Dienstleistern (35 Prozent) sowie in der Chemieindustrie (30 Steigende Arbeitskosten können ganz neue Geschäftsfelder eröffnen. Dies gilt nicht zu- Prozent) sind die Sorgen um Innovations- und Wettbewerbsfä- letzt für die Entwicklung und den Einsatz künstlicher Intelligenz. higkeit überdurchschnittlich hoch. Auch hier kommen alles in Innovationsfördernde Rahmenbedingungen sind dafür eine allem die erheblichen Engpässe bei MINT-Qualifikationen zum wichtige Unterstützung (z. B. aktuell die Schaffung der Agentur Ausdruck, die in diesen Branchen besonders gefragt sind. für Sprunginnovationen). Fehlen aber in den Unternehmen die Experten, hilft auch ein gutes Umfeld wenig - Wachstum und Mit der Unternehmensgröße steigt der Anteil der betroffenen Gesamt 54% Wettbewerbspositionen könnenIndustrie 61% dann schnell auf dem Spiel Bau 61% Unternehmen. Zumeist 51% Handelsind größere Unternehmen 52% innovations- Dienstleistungen stehen. Mit der voranschreitenden demografischen Entwicklung aktiver und verfügen z. B. über Forschungsabteilungen und ste- und der älter werdenden Gesellschaft sinkt der Wachstums- hen zudem eher im weltweiten Wettbewerb. So sorgt sich jedes beitrag des Faktors Arbeit. Produktivitätssteigerungen, indu- dritte große Unternehmen mit 1.000 und mehr Mitarbeiterinnen Mehrbelastung ziert Belegschaft können dem entgegenwirken. Daher durch Innovationen, und Mitarbeitern um Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit, reichen Fachkräfteengpässe auch hinsichtlich der Folgen für die während es in den kleinen Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten Innovationsfähigkeit weit über den betrieblichen Bereich hinaus. weniger als jedes fünfte ist (18 Prozent). Gesamt 62%Folgen des Fachkräftemangels: Industrie 67% Bau 67% Handel 61% Dienstleistungen 60% Verlust von Innovations-und Wettbewerbsfähigkeit Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 34 200 bis 999 27 20 bis 199 23 10 bis 19 22 1 bis 9 17 0 5 10 15 20 25 30 35 40
Welche Folgen erwarten Sie durch einen anhaltenden 14 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 Fachkräftemangel für Ihr Unternehmen? Investition in technische Lösungen Gesamt 13% Industrie 19% Bau 6% Handel 10% Dienstleistungen 12% Technische Lösungen oft (noch?) keine Option chende Investitionen finanzielle Ressourcen und die passenden Verlust Innovation / betrieblichen Rahmenbedingungen, die in großen Unternehmen Wenn dauerhaft die nötigen Fachkräfte fehlen, können Un- Wettbewerbsfähigkeit häufiger anzutreffen sind. ternehmen dazu übergehen, für entsprechende Tätigkeiten technische Alternativen wie z. B. Roboter oder IT-Anwendungen Am ehesten spielen Investitionen in technikorientierte Lösungen (z. B. künstliche Intelligenz) einzusetzen oder zu entwickeln – al- wie z. B. IT-Anwendungen und Robotik in der Versicherungswirt- lerdings ist dies naturgemäß nicht bei allen Tätigkeiten möglich. schaft, im Kreditgewerbe (jeweils 34 Prozent), der Gummi- und Eine solche Entwicklung kann somit den technischen Fortschritt Kunststoffindustrie (30 Prozent), der Rechts- und Steuerberatung fördernGesamt 21% und Innovationen Industrie 25% hervorbringen. Bau 19% Nicht zuletzt die Digi- Handel 17% sowie Wirtschaftsprüfung (28 Prozent) undDienstleistungen 21% bei Energieversor- talisierung bietet diesbezüglich neue Möglichkeiten. gern (25 Prozent), eine Rolle. Es zeigt sich hier, dass der Einsatz digitaler Technologien nicht auf solche Tätigkeiten beschränkt ist, Insgesamt ziehen derzeit 13 Prozent der Unternehmen Investi- die vornehmlich geringe Qualifikationen voraussetzen. Vielmehr Einschränkung Angebot / tionen in solche Technikanwendungen Ablehnung von Aufträgen als Folge von Fachkräf- kommen sie auch bei Routinetätigkeiten zum Einsatz, für die teengpässen in Erwägung.6 Zwischen den Wirtschaftszweigen durchaus höhere Qualifikationen nötig sind – z. B. im Bereich der zeigen sich allerdings beträchtliche Unterschiede. So erwartet Rechtsberatung bei Recherchearbeiten. immerhin jedes fünfte Industrieunternehmen den stärkeren Einsatz von Robotern und Co. als Folge von Personalengpässen. Vergleichsweise selten wollen u. a. Gesundheits- und Sozial- Im Bau sind es mit sechs Prozent am wenigsten (Dienstleister: dienstleister (acht Prozent) sowie Architektur- und Ingenieurbü- Gesamt 39% 12 Prozent; Handel: zehn Prozent). Industrie 28% Bau 66% oder die28% ros (neun Prozent)Handel Bildungswirtschaft 43% (sieben Prozent) Dienstleistungen mithilfe technologischer Unterstützung auf Personalengpässe re- Erwartungsgemäß sind es in erster Linie große Unternehmen, agieren. Bei personengebundenen Dienstleistungen und kreativen die auf technischen Fortschritt als Ersatz für fehlende Fach- Tätigkeiten ist das Potenzial eines breiten und rentablen Einsatzes Steigende kräfte Arbeitskosten setzen. Bei den Großunternehmen mit mehr als 1.000 derzeit eher begrenzt. Auch das autonome Fahren im Alltagseins- Mitarbeitern ist dies mit 36 Prozent ein erheblicher Anteil. atz scheint aus Sicht der Betriebe als Folge fehlender Arbeitskräfte Große Unternehmen sind besonders in der Industrie angesiedelt, noch Zukunftsmusik zu sein. So liegt z. B. der Wert im Straßen- wo dieser Einsatz eher möglich ist. Zudem erfordern entspre- und Schienennahverkehr bei unter fünf Prozent. Gesamt 54%Folgen des Fachkräftemangels: Industrie 61% Investition in Bau 61% technische Handel 51% Lösungen Dienstleistungen 52% Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr Mehrbelastung Belegschaft 36 200 bis 999 23 20 bis 199 17 Gesamt 62% Industrie 67% Bau 67% Handel 61% Dienstleistungen 60% 10 bis 19 9 1 bis 9 7 0 5 10 15 20 25 30 35 40 6 ei dieser Antwort ist es denkbar, dass vermeintlich niederschwellige Anwendungen wie der Einsatz bestimmter Software von B Unternehmen nicht als entsprechende Investitionen interpretiert werden – gerade dann, wenn diese nicht explizit das Fehlen von Fachkräften ausgleichen sollen, faktisch aber eine solche Wirkung haben können.
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 | 15 III. Fachkräfte aus dem Ausland – eine Option Die Unternehmen reagieren mit vielfältigen Maßnahmen auf Besonders häufig erfolgte diese Stellenbesetzung mit auslän- Fachkräfteengpässe. An der Spitze steht dabei häufig die Inten- dischen Fachkräften in der Bauwirtschaft (42 Prozent). Große sivierung der Aus- und Weiterbildungsbemühungen. Gerade vor Personalengpässe dort sind dafür eine wesentliche Ursache. dem Hintergrund, dass es in erster Linie beruflich Qualifizierte Vergleichsweise geringe Anforderungen an deutsche Sprach- sind, die in den Betrieben fehlen, spielt die Stärkung der dualen kenntnisse können zudem die Beschäftigung ausländischer Ausbildung eine wichtige Rolle. Auch die Aufstiegsfortbildung Arbeitskräfte einfacher machen. hat für die Fachkräftesicherung großes Gewicht – sie verspricht den Absolventen i. d. R. sehr gute Karriereperspektiven und eine In der Industrie haben 33 Prozent der Unternehmen in den sichere Beschäftigung. Ebenfalls versuchen die Unternehmen letzten Jahren offene Stellen mit Personal aus dem Ausland mit der Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität Fachkräfte zu besetzt. An der Spitze stehen hier u. a. der technikorientierte halten und zu gewinnen. Werkzeugmaschinenbau (48 Prozent) sowie Hersteller von Kraftwagen und hochwertigen Kraftwagenteilen (44 Prozent), Auch die Ausweitung der Beschäftigung von Frauen und älteren wo fast die Hälfte der Unternehmen Personal nichtdeutscher Beschäftigten hat große Bedeutung für die Fachkräftesicherung. Herkunft eingestellt hat. Hierbei setzen die Unternehmen u. a. auf Aktivitäten zur besse- ren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ermöglichen häufig Bei den Dienstleistern sind dies 32 Prozent und im Handel 22 flexibles Arbeiten.7 Prozent. Bei Ersteren stehen die Zeitarbeitsunternehmen mit an der Spitze (58 Prozent). Sie bieten besonders häufig auch Zusätzlich zur Gewinnung von Beschäftigten im Inland rückt Personen mit geringerer beruflicher Qualifikation Arbeits- die Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland mehr und marktchancen. Aber auch das Gastgewerbe (48 Prozent) mehr in den Blickpunkt. So wird das Beschäftigungsplus 2019 sowie Verkehrsdienstleister (43 Prozent) – also Branchen mit von insgesamt fast 540.000 Personen mehr als zur Hälfte von besonders ausgeprägten Fachkräfteengpässen – stellen über- Ausländern getragen – 2011 war es ein Fünftel. In der hier durchschnittlich häufig Personal aus dem Ausland ein, um ihre vorliegenden Umfrage berichtet jedes dritte der antwortenden offenen Stellen besetzen zu können. Unternehmen (31 Prozent), dass es in den letzten Jahren Fach- kräfte aus dem Ausland (EU und Drittstaaten) eingestellt habe. Wir haben in den letzten Jahren Fachkräfte aus dem Ausland eingestellt Gesamt – in Prozent ja nein keine Einschätzung möglich 12 31 57 7 gl. hierzu ausführlich: Deutscher Industrie- und Handelskammertag, Fachkräftesicherung gewinnt weiter an Bedeutung, V DIHK-Arbeitsmarktreport 2017, Berlin 2017
16 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 Wir haben in den letzten Jahren Fachkräfte aus dem Ausland eingestellt Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 56 31 14 200 bis 999 42 46 12 20 bis 199 39 52 9 10 bis 19 25 63 11 1 bis 9 17 67 17 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ja nein keine Einschätzung möglich Mit der Unternehmensgröße steigt der Anteil, der Fachkräfte aus Es kommen hierbei z. B. flexible Arbeitszeiten sowie Freistellun- dem Ausland eingestellt hat. Hier sind die Unterschiede beträcht- gen in Betracht, damit Sprachkurse mit der Arbeit im Betrieb lich – so liegt der Wert bei kleinen Unternehmen mit weniger kompatibel sind. Aber auch mit Kostenbeteiligung bei Sprach- als zehn Mitarbeitern bei 17 Prozent, während es bei größeren kursen sowie bei Fahrtkosten oder Lebenshaltungskosten wäh- Mittelständlern mit 200 bis 999 Tätigen 42 Prozent und in rend längerer Sprachkurse unterstützen die Unternehmen. Mit Großunternehmen 56 Prozent sind. Die Einstellung ausländischer der Durchführung und Finanzierung von betrieblichen Qualifi- Fachkräfte ist zum Teil kompliziert und erfordert mitunter erhebli- zierungsaktivitäten leisten sie ebenfalls einen wichtigen Beitrag. chen Aufwand. Sie ist daher i. d. R. bislang für größere Unterneh- Die Unternehmen fördern damit in hohem Maße die Integration men eher eine Option. Die Beschäftigung von EU-Bürgern setzt – sowohl im Betrieb zur Fachkräftesicherung als auch in der Ge- aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit weniger administrativen sellschaft insgesamt. Die Maßnahmen müssen jedoch individuell Aufwand voraus als dies bei Nicht-EU-Bürgern der Fall ist. Bei für den Mitarbeiter und den Betrieb passen und daher vor Ort Letzteren sind u. a. Visa-Verfahren, die teilweise sehr langwierig gefunden werden. sind, Verfahren zur Anerkennung der Berufsqualifikation, sowie die Einbindung von Arbeitsagentur und Ausländerbehörde nötig. Mit Blick auf die geförderten Sprachkurse des Bundes kann die Je nach beruflicher Tätigkeit bedurfte es bislang zudem einer weitere Flexibilisierung der Angebote den Unternehmen und den Vorrangprüfung , die ebenfalls bürokratischen Aufwand nach Beschäftigten helfen. Dadurch könnten in ländlichen Regionen sich zieht. Größere Unternehmen stellen darüber hinaus fluktu- Kurse in Kleinstgruppen eher zustande kommen oder im Zweifel ationsbedingt ohnehin häufiger ein – das gilt dann nicht nur für geförderter Einzelunterricht ermöglicht werden. Auch der Aus- inländisches, sondern auch für ausländisches Personal. bau von Onlinelernangeboten ist eine Option, um den betriebli- chen Alltag und Spracherwerb besser vereinbaren zu können. Unternehmen unterstützen neue Mitarbeiter Anwerben im Drittstaat Damit die Integration der neuen Mitarbeiter im Betrieb gut gelingt, sind deutsche Sprachkenntnisse und berufliche Wei- Die Zuwanderung in Beschäftigung erfolgt derzeit überwiegend terqualifikation der Fachkräfte entscheidend. Fast jedes dritte aus EU-Staaten – hier gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Infolge Unternehmen (29 Prozent) insgesamt unterstützt seine neu ein- der demografischen Entwicklung sowie der zuletzt besse- gestellten Mitarbeitenden aus dem Ausland beim Spracherwerb ren wirtschaftlichen Entwicklung gerade in osteuropäischen und der betrieblichen Qualifizierung oder plant dies – finanziell EU-Staaten sinkt die Zuwanderung aus diesen Ländern bereits als auch organisatorisch. Bezogen nur auf die Unternehmen, die jetzt. Damit aber gewinnt die Einstellung von Fachkräften aus in den letzten Jahren ausländische Fachkräfte eingestellt haben, Drittstaaten künftig an Relevanz. Mit dem Fachkräfteeinwan- kümmern sich bereits 70 Prozent entsprechend. derungsgesetz will die Bundesregierung die Zuwanderung aus
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 | 17 diesen Ländern gerade im Bereich der beruflich Qualifizierten Verkehrsdienstleister und Betriebe des Gastgewerbes ziehen erleichtern und an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientieren. ebenfalls überdurchschnittlich häufig die künftige Rekrutierung im Nicht-EU-Ausland in Erwägung (25 Prozent bzw. 24 Prozent). Die gezielte Anwerbung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern Auch in diesen Bereichen sind die Fachkräfteengpässe groß und planen zwölf Prozent aller antwortenden Unternehmen. Für gleichzeitig die Mitarbeit im Betrieb vergleichsweise schnell mehr als die Hälfte der Unternehmen (56 Prozent) ist dies möglich. dagegen derzeit keine Option, während ein weiteres Drittel dies (noch) nicht einschätzen kann. Da eine Rekrutierung in Dritt- staaten deutlich aufwendiger ist als im Inland, ist der Anteil der Unterstützung für Unternehmen Unternehmen, die dies bereits planen oder zumindest in Erwä- gung ziehen, nicht zu unterschätzen. Der Rekrutierungsprozess Damit die Einstellung aus Drittstaaten zur Fachkräftesicherung beginnt mit der Suche nach geeigneten Fachkräften im Ausland, beitragen kann, wünschen sich 29 Prozent aller antwortenden geht über Fragen der Anerkennung der Berufsqualifikation Unternehmen mehr Informationen und Unterstützung rund um sowie der Sprachkenntnisse sowie die Klärung aufenthaltsrecht- den Prozess der Fachkräftegewinnung und -beschäftigung aus licher Fragen und die Visumerteilung bis hin zur Integration in Drittstaaten. Weitere 36 Prozent können einen solchen Bedarf Deutschland. derzeit nicht einschätzen. Die Bauwirtschaft äußert mit 40 Pro- zent den größten Bedarf, in der Industrie sind es mit 30 Prozent Auch hier steht der Bau im Vergleich der Wirtschaftszweige weniger – es folgen Dienstleister (28 Prozent) und Handel (26 mit 18 Prozent an der Spitze. Von den im Zuge des Fachkräfte- Prozent). einwanderungsgesetzes geschaffenen Möglichkeiten, beruflich Qualifizierte aus Drittstaaten einfacher als bisher einzustellen, Der Anteil der Unternehmen, die Bedarf an Information und könnten damit die Betriebe der Bauwirtschaft in besonderem Unterstützung äußern, ist damit deutlich höher als der Anteil, Maße profitieren. Bei den Dienstleistern sind es 13 Prozent, in der konkret angibt, künftig gezielt Fachkräfte aus dem Nicht- der Industrie zehn Prozent sowie im Handel sieben Prozent. EU-Ausland anwerben zu wollen. Dies deutet auf ein bestehen- des Interesse auch von Unternehmen hin, die zwar derzeit keine Chancen in der Anwerbung aus Drittstaaten sehen Gesundheits- Anwerbung planen, für die dies aber gegebenenfalls zukünftig und Sozialdienstleister (21 Prozent). Diese Betriebe sind beson- eine Option sein kann. ders häufig von Fachkräfteengpässen betroffen, so dass auch aufwendige und kostenintensive Maßnahmen zur Fachkräfte- Erwartungsgemäß sind es kleinere Mittelständler, die besonders sicherung dort eher in Betracht kommen. Gerade hier gibt es häufig Unterstützungsbedarf haben. In der Größenklasse 20 bis bereits unterschiedliche Projekte, die u. a. von der Bundesregie- 199 Mitarbeitenden sind es 34 Prozent. In Großunternehmen rung gefördert wurden. Dies gilt beispielsweise für das Projekt liegt der Wert bei 18 Prozent. Bei den genannten Mittelständ- „Triple Win“ zur Gewinnung von Pflegkräften aus dem Ausland, lern besteht einerseits häufiger die Notwendigkeit der Stel- das auf Vermittlungsabsprachen zwischen der Bundesagen- lenbesetzung (als in Kleinunternehmen), andererseits sind die tur für Arbeit und den Arbeitsverwaltungen der Partnerländer Kapazitäten sowie das Know-how bezüglich der Rekrutierung basiert. Hierbei sind bereits Sprachkurse im Herkunftsland sowie im Ausland i. d. R. begrenzt (gerade im Vergleich mit Großunter- die Weiterqualifizierung integriert. nehmen). Wir brauchen mehr Informationen / Unterstützung, um Fachkräfte aus Drittstaaten zu beschäftigen Gesamt – in Prozent ja nein keine Einschätzung möglich 36 29 34
18 | D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 Wir brauchen mehr Informationen / Unterstützung, um Fachkräfte aus Drittstaaten zu beschäftigen Nach Beschäftigtengrößenklassen – in Prozent 1.000 und mehr 18 40 42 200 bis 999 32 32 36 20 bis 199 34 32 34 10 bis 19 32 34 33 1 bis 9 20 39 41 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 ja nein keine Einschätzung möglich An der Spitze beim Branchenvergleich stehen auch hier Unter- können z. B. die nötigen Unterlagen, die Fachkraft bzw. Unter- nehmen, die besonders stark von Fachkräfteengpässen betroffen nehmen im Einwanderungsprozess einreichen müssen, vorab sind. Hierzu zählen z. B. der Tiefbau (54 Prozent), Gesundheits- auf Vollständigkeit geprüft werden. Ebenso können Themen und soziale Dienste (47 Prozent), das Gastgewerbe (43 Pro- wie Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Spracherwerb, zent), Verkehrsdienstleister (41 Prozent) sowie Vermittlung und Fördermöglichkeiten und Integration im Betrieb Gegenstand Überlassung von Arbeitskräften (40 Prozent). entsprechender Informationsformate sein. Da viele Akteure in den Prozess insgesamt involviert sind (z. B. Ausländerbehörden, Maßnahmen zu Information und Unterstützung können z. B. Anerkennungsstellen, Arbeitsagenturen, Auslandsvertretungen) Informationsveranstaltungen rund um das neue Fachkräfteein- bieten sich auch Verweisberatungen an, die somit eine Lotsen- wanderungsgesetz sein, die bereits u. a. von etlichen Industrie- funktion erfüllen und je nach Fragestellung zum passenden und Handelskammern (IHKs) durchgeführt werden. Auch die Ansprechpartner führen. Auch bei diesen Formaten können IHKs individuelle Beratung bei konkreten Fragen kommt als Dienst- – nicht zuletzt gemeinsam mit anderen Akteuren vor Ort – die leistung in Betracht. Im Rahmen der konkreten Unterstützung Unternehmen unterstützen.
D I H K - R E P O R T F A C H K R Ä F T E 2 0 2 0 | 19 Fachkräftesicherung – Chancen und Herausforderungen auf einen Blick Erwerbstätigkeit von Frauen weiter erhöhen • Häufig passen die Qualifikationen der Arbeitslosen nicht zu den in den Betrieben gesuchten Anforderungen. So • Die Erwerbstätigkeit der Frauen in Deutschland ist in den befinden sich z. B. in der Grundsicherung rd. 1,4 Millio- letzten Jahren gestiegen. 2018 lag sie mit 75,8 Prozent deut- nen Arbeitslose. Gerade in diesem Bereich ist der Anteil lich höher als zehn Jahre zuvor (2009: 68,7 Prozent; Männer hoch, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung 2018: 83,9 Prozent). Der Anteil, der in Teilzeit arbeitet, ist mit verfügt. Die Zahl der kurzzeitig Arbeitslosen, die i. d. R. fast 50 Prozent vergleichsweise hoch. Bessere Möglichkeiten besser beruflich qualifiziert sind, liegt mit 0,8 Millionen auf zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind eine wesent- niedrigem Niveau. Hier handelt es sich vielfach um frikti- liche Voraussetzung, damit mehr Frauen am Erwerbsleben onelle Arbeitslosigkeit, die z. B. beim Jobwechsel entsteht. teilnehmen und ihre Arbeitszeit ausweiten können. Zusätzliche Potenziale zur Fachkräftesicherung sind daher hier begrenzt. • Familienfreundliche Personalpolitik sowie orts- und zeitfle- xibles Arbeiten bieten gute Möglichkeiten im Betrieb, Familie Fachkräfteeinwanderungsgesetz erfolgreich umsetzen und Beruf zu vereinbaren und zur Fachkräftesicherung beizutragen. Hierzu müssen im Betrieb die passenden Rege- • Neben der besseren Erwerbsbeteiligung von Menschen im lungen gemeinsam gefunden werden. Inland gewinnt die Zuwanderung aus dem Ausland für die Fachkräftesicherung in den Unternehmen an Bedeutung. • Fachkräfteengpässe und hohe Arbeitskräftenachfrage beste- Derzeit spielt dabei die Zuwanderung aus der EU im Rahmen hen allerdings nicht zwangsläufig in den Unternehmen oder der Personenfreizügigkeit eine wichtige Rolle. Branchen, in denen Frauen ihre Arbeitszeit ausweiten wollen oder können. Dies gilt z. B. in MINT-Bereichen, in denen • Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat die Bundes- häufig wenig Frauen arbeiten. Wenn teilzeitbeschäftigte regierung die Weichen gestellt, um die Zuwanderung aus Frauen in Dienstleistungsbereichen ihre Arbeitszeit auswei- nicht EU-Ländern zu erleichtern – gerade für Menschen ten, mindert dies nicht die Engpässe in MINT-Unternehmen. mit beruflicher Qualifikation. Viele der Regelungen gehen Daher sind diese Potenziale zwar wichtig, aber begrenzt. in die richtige Richtung – z. B. der Verzicht auf Vorrang- prüfung und Positivliste sowie die Möglichkeit, bereits mit • Zum nötigen Ausbau der Kinderbetreuungsstrukturen ist gut teilweiser Gleichwertigkeit der Berufsqualifikation hierzu- qualifiziertes Personal nötig. Auch hier sind jedoch Fachkräf- lande zu arbeiten. Auch die Einführung des beschleunigten teengpässe eine wesentliche Herausforderung. Fachkräfteverfahrens, das die Verwaltungsprozesse bei Ausländerbehörden, Auslandsvertretungen, Anerkennungs- Beschäftigung Älterer ausweiten stellen und Arbeitsagenturen beschleunigen soll, ist eine sinnvolle Neuerung. • Die Beschäftigung Älterer hat sich in den letzten Jahren ebenfalls deutlich erhöht. Die Erwerbstätigenquote der • Für die erfolgreiche Umsetzung der Regelungen in der Praxis 55- bis unter 65-Jährigen lag 2018 bei 71,4 Prozent – 2009 ist es nötig, dass die beschlossenen Maßnahmen mit aus- betrug sie 56,1 Prozent. Mit einer Personalpolitik, die eine reichend personellen und finanziellen Ressourcen unterlegt lange Erwerbstätigkeit ermöglicht, können Unternehmen sind, z. B. um den Prozess der Visumerteilung deutlich zu hier einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung leis- beschleunigen. Zudem sollte die Zusammenarbeit der betei- ten. Dazu zählen z. B. betriebliche Gesundheitsförderung, ligten Akteure bei der Übersendung der Akten reibungslos Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen, Karrierepers- funktionieren – hierzu sind elektronische Verfahren im pektiven, altersgemischte Teams sowie Möglichkeiten zum gesamten Prozess nötig. flexiblen Arbeiten. • Das System der deutschen dualen Berufsausbildung ist ge- • Anreize, um vorzeitig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, rade mit Blick auf Drittstaaten besonders. Das hat zur Fol- verringern die Fachkräftebasis in den Betrieben. Finanzielle ge, dass die zur Zuwanderung nötige Gleichwertigkeit der Anreize zu längerem Arbeiten können hingegen einen Bei- Berufsqualifikation vielfach zunächst nicht gegeben sein trag zur Fachkräftesicherung in den Betrieben leisten. dürfte. Damit dies nicht zur Hürde wird, muss die neue Möglichkeit des Arbeitens bereits mit teilweiser Gleich- Arbeitslose in Beschäftigung integrieren wertigkeit und paralleler Weiterqualifizierung unbürokra- tisch und transparent umgesetzt werden. Betriebe und • Die Zahl der Arbeitslosen ist derzeit mit weniger als 2,2 Fachkräfte brauchen Übersichtlichkeit, Verständlichkeit, Millionen vergleichsweise gering. Dennoch gilt es, weiterhin klare Ansprechpartner sowie schnelle Entscheidungen im Arbeitslose in nachhaltige Beschäftigung zu bringen. Qua- komplexen Zuwanderungs- und Anerkennungsverfahren. lifizierung und besondere Vermittlungsbemühungen sind Zudem ist die effiziente Zusammenarbeit der beteiligten daher wichtig. Akteure entscheidend.
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