FB2.aktuell Neues aus dem Fachbereich 2 - Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften - TU Darmstadt

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FB2.aktuell Neues aus dem Fachbereich 2 - Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften - TU Darmstadt
FB2.aktuell
Neues aus dem Fachbereich 2 –
Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften
Jahrgang 7 | Ausgabe 2 | Oktober 2021

                                              Bild: Nikolaus Heiss
FB2.aktuell Neues aus dem Fachbereich 2 - Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften - TU Darmstadt
Seite 2 | FB2.aktuell | Oktober 2021

Inhalt
ABSCHIED

DER FACHBEREICH TRAUERT UM PROF. DR. ELKE HARTMANN
*24. März 1969 – ✝ 21. Juli 2021
Wir haben Elke Hartmann verloren. Mitten aus dem akademischen Leben,
aus unserer Mitte wurde Elke gerissen. Im Jahr 2011 übernahm sie die Pro-
fessur für Alte Geschichte am Institut für Geschichte. Elke Hartmanns Antike
war farbig, lebensnah und vielfältig, niemals aber abgehoben und ein heh-
res Ideal. Sie war vertraute Kollegin, geschätzte Vorgesetzte und inspirieren-
de akademische Lehrerin. Wir beklagen einen schmerzlichen Verlust.
Wir sind unendlich traurig.

NEUES DFG-NETZWERK

                                                NETZWERK OFFENES MITTELALTER
                                                DFG bewilligt Projekt
                                                Mediävistische Forschungsgegenstände sind Teil des kulturellen
                                                Erbes. Dieses zu bewahren, zu erschließen, vielfältig zugänglich zu
                                                machen und zu erforschen, gehört zu den zentralen Aufgaben von
                                                Mediävist*innen. Das »Netzwerk Offenes Mittelalter« soll qualifizierten
                                                Nachwuchswissenschaftler*innen eine interdisziplinäre Plattform bieten, um
                                                einschlägige bestehende Angebote der digitalen Mediävistik mit innova-
                                                tiven Verfahren zu erschließen, diese Verfahren zu evaluieren und die Res-
                                                sourcen anhand von Pilotstudien gemeinsam exemplarisch zu erforschen.

NEUES FORSCHUNGSPROJEKT

WEIBLICHKEIT UND FLEISCHKONSUM
Eine empirische Untersuchung zur Vergeschlechtlichung von
Ernährungspraktiken
Das Forschungsprojekt folgt der These, dass demgegenüber Frauen in ihrem
Fleischkonsum kulturell weitestgehend auf den Verzicht, die Mäßigung
oder die Auswahl spezifischer Fleischsorten festgelegt sind. Mit Hilfe eines
empirischen Forschungsdesigns, welches sowohl qualitative Interviews mit
fleischkonsumierenden Frauen, Expert*innen in der Ernährungskommunika-
tion als auch Gruppendiskussionen umfasst, soll die symbolische Bedeutung
von Fleisch als Nahrungsmittel für Frauen und auch der praktische Verzehr
im Bezug auf Mengen, Arten, Formen, Zubereitungsweisen etc. untersucht
werden.

Impressum:
Herausgeber: Dekanat Fachbereich 2 – Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften, Dolivostraße 15, 64293 Darmstadt
' 06151 1657300 | 6 06151 1657302 | 8 https://www.gugw.tu-darmstadt.de | h monica.holtz@tu-darmstadt.de
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Neues aus dem Fachbereich
Liebe Mitglieder des Fachbereichs,

herzlich willkommen im Winterse-        von Elke Hartmann, welche nach
mester 2021/2022, welches uns hof-      schwerer Krankheit im Juli diesen
fentlich der Normalität in vielerlei    Jahres verstarb. Der Nachruf am
Hinsicht ein wenig näher bringen        Ende des Newsletters erinnert noch
wird!                                   einmal an die vielen professionellen
                                        und persönlichen Beiträge, welche
Die Pandemie hat die letzten drei Se-   Elke für das Institut für Geschichte
mester dominiert und auch die aktu-     und den Fachbereich erbrachte. Äu-
elle Debatte um mehr Präsenzlehre       ßerst unerfreulich und auch beäng-
steht im Vordergrund vieler Aktivi-     stigend waren die Giftanschläge auf
täten unseres Fachbereichs. Manche      TU Angehörige auf der Lichtwiese
von uns hätten sich einen schnelleren   und mehr als dass die Ermittlungen
Übergang zu mehr persönlichen Be-       noch laufen, kann leider nicht be-
gegnungen vorstellen können, aber       richtet werden. Wir als Fachbereich
die ersten Schritte sind gegangen       werden daher unsere Teeküchen vor        Dekan Prof. Dr. Markus Lederer; Bild: Katrin Binner
und sie stimmen zuversichtlich. Wir     allem im Schloss gut im Auge behal-
sollten daher auch immer wieder kre-    ten müssen und diese abschließbar
ative und flexible Lösungen für die     gestalten. Die generelle Linie des       und die ersten Ergebnisse werden die
Lehre anbieten und mit den Studie-      Präsidiums, dass die TU Darmstadt        Kolleginnen um Sybille Frank auf der
renden diskutieren. Auch werden wir     trotzdem eine offene Universität blei-   Fachbereichsklausur am 9. Dezember
im neuen Jahr sowohl im Studienbü-      ben soll, wird sicher von allen Ange-    vorstellen.
ro und Dekanat als auch in den Insti-   hörigen unseres Fachbereichs vollauf
tuten wieder sehr viel mehr Präsenz     geteilt.                                 Welche Impulse die Landes- und
im Alltagsgeschäft leben und können                                              Bundespolitik in nächster Zukunft
uns hier auf ein »normaleres« Mitei-    Aktuell besetzen wir die Professur für   in die Universitätslandschaft gibt,
nander freuen.                          Technik- und Wissenschaftsgeschich-      ist schwer abzusehen. Die Debat-
                                        te und die Vorträge hierfür fanden       te um die Reform des Hessischen
Sehr froh bin ich, dass wir bereits     am 12. Oktober statt. Weiterhin tagt     Hochschulgesetzes findet aktuell im
bei unserer Fachbereichsklausur am      auf Ebene der Universität regelmäßig     Landtag statt und es zeigt sich, dass
9. Dezember wieder mehr persön-         die sogenannte MIR AG in welcher         die Universitäten sich weiter öffnen,
lichen Austausch haben werden und       das Mittelverteilungsmodell der TU       aber gleichzeitig auch noch stärker
gemeinsam gute Ideen entwickeln         Darmstadt diskutiert wird. Spannend      Rechenschaft über ihr Handeln ab-
können. So sollten wir offen darüber    wird für unseren Fachbereich sicher,     legen sollen. Inwieweit dies zu mehr
sprechen, welche digitalen Formate      dass das Präsidium das Thema Kom-        Studierenden oder nur zu mehr Bü-
und Prozeduren uns in den letzten       munikation stärker in den Vorder-        rokratie für unseren Fachbereich
Jahren das Leben leichter gemacht       grund rückt und mit Herrn Honecker       führt, bleibt abzuwarten.
haben und wir in die »neue Norma-       einen Chief Communication Officer
lität« mitnehmen möchten. Den digi-     eingestellt und auf Präsidiumsebene      Ganz konkret steht nun aber der Um-
talen Modernisierungsschub unseres      angesiedelt hat. Auch wir werden uns     zug in das Schloss tatsächlich kurz
Studienbüros zum Beispiel schätzen      des Themas verstärkt annehmen und        bevor und im März ziehen wir zu-
Studierende, Dozierende sowie die       planen zum Beispiel die Homepage         rück in unser »natürliches Habitat«.
Mitarbeiter*innen sehr!                 des Fachbereichs als Kommunika-          Teils wird es kuschelig eng werden,
                                        tionsmedium zu stärken. Schließlich      aber wir dürfen uns auf ein schön re-
Was passierte sonst im letzten halben   hat eine Arbeitsgruppe unseres Fach-     noviertes Gebäude, helle Büros und
Jahr? Sicherlich am traurigsten war     bereichs begonnen, eine Internatio-      ein Forschen und Unterrichten im
für uns alle die Nachricht vom Tod      nalisierungsstrategie zu erarbeiten      Zentrum der Stadt freuen. Auch die
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Nähe des Marktplatzes werden wir si-                               PERSONALIA
cher zu würdigen wissen... Bis dahin
                                       Fachbereichsratssitzungen   PD Dr. phil. Désirée Schauz, Institut für
müssen wir noch den Umzug in den
Details planen, aber dank der Unter-   WiSe 2021/22                Geschichte, Vertretung der Professur für Tech-
                                                                   nikgeschichte vom 1. Oktober 2021 bis 31. März
stützung durch die Zentrale sowie      donnerstags 14 Uhr          2022

durch unsere Umzugsbeauftragten in     r 28. Oktober 2021          Professor Dr. phil. Christoph Hubig, emeri-
den Instituten werden wir das sicher   r 9. Dezember 2021          tierter Professor für Philosophie: Ehrenmitglied
                                                                   des Vereins Deutscher Ingenieure e. V.(VDI).
gut hinbekommen. Ich freue mich        r 27. Januar 2022
daher auf spannende Gespräche und                                  GESTORBEN
einen kreativen Gedankenaustausch      Fachbereichsklausur         Professor Dr. Klaus Bringmann, ehem. Institut
von uns allen im Schloss und in Prä-                               für Geschichte, verstarb am 14. Juli 2021 im Alter
                                       r 9. Dezember 2021
senz!                                                              von 85 Jahren.

                                                                   Professorin Dr. Elke Hartmann, Institut für
Mit herzlichen Grüßen                  Absolvent*innenfeier        Geschichte, verstarb am 21. Juli 2021 im Alter
Markus Lederer im Namen des neuen      r 27. Januar 2022           von 52 Jahren.

Dekanatsteams                                                      Professor Dr. Akos Pauliny, ehem. Institut für
                                                                   Geschichte, verstarb am 9. August 2021 im Alter
                                                                   von 92 Jahren.

                                                                   DIENSTJUBILÄEN

                                                                   Professorin Dr. phil. Michèle Knodt, Institut für
                                                                   Politikwissenschaft: 25-jähriges Dienstjubiläum
                                                                   am 1. Juni 2021.

                                                                   Dr. phil. Detlev Mares, Akad. Oberrat, Institut
                                                                   für Geschichte, Fachgebiet Neuere Geschichte:
                                                                   25-jähriges Dienstjubiläum am 1. Juli 2021

                                                                   LOB & PREIS

                                                                   Der Artikel »Sustainable transformations in an
                                                                   age of populism, post-truth politics, and local
                                                                   resistance« von Dr. Cornelia Fraune und
                                                                   Professorin Dr. Michèle Knodt, Institut für
                                                                   Politikwissenschaft, gehört laut dem Wissen-
                                                                   schaftsverlag Elsevier zu den meistzitierten
                                                                   Artikeln seit 2018.

Bild: Jan-Christoph Hartung
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Krisenfest durch dunkle Zeiten
EMERGENCITY POLICY PAPER & ONLINE PODIUM IM SCHADER-FORUM
                                                                                         INFORMATION

                                                                                         → Online-Podium »Krisenfest durch dunkle
                                                                                         Zeiten: Wie resilient sind Kommunen gegenüber
                                                                                         Stromausfällen?«
                                                                                         → Schader-Stiftung: Alexander Gemeinhardt
                                                                                         (Schader-Stiftung), Prof. Dr. Michèle Knodt (TU
                                                                                         Darmstadt), Dr. Alice Knauf (TU Darmstadt),
                                                                                         Klaus Andres (e-netz Südhessen AG) und Tobias
                                                                                         Fuß (THW Darmstadt).

                                                                                         KONTAKT
                                                                                         Prof. Dr. Michèle Knodt
                                                                                         h michele.knodt@tu-darmstadt.de

                                                                                         POLICY PAPER
                                                                                         8 https://bit.ly/3EEw7Op

Bild: https://unsplash.com/photos/j-MPRQOJfVU

Dauert ein Stromausfall länger an,              sagen, Naturkatastrophen, Pande-        Um zukünftig gegenüber dem Szena-
wird es ernst: Das Kommunikations-              mien, Cyber- oder Terrorangriffe        rio besser gewappnet zu sein, zeigen
netz bricht zusammen, der Verkehr               können auch in Deutschland zu           die Autorinnen sechs Handlungsopti-
kommt zum Erliegen, Wasserver-                  einem überregionalen Stromausfall       onen für häufig auftretende Problem-
sorgung und Abwasserversorgung                  führen, der länger als 24 Stunden       felder auf: So soll etwa der Umgang
brechen zusammen, an Bargeld ist                anhält. Städte stehen dann als unte-    mit dem Szenario stärker geübt wer-
nicht mehr ranzukommen und Kran-                re Katastrophenschutzbehörden vor       den sowie mehr lokale Akteure aktiv
kenhäusern geht der Notstrom aus.               der großen Herausforderung, auf         in die Kooperation für eine solche
Wie gut sind deutsche Städte auf den            dieses Szenario zu reagieren und bis    Situationsvorbereitung einbezogen
Katastrophenfall eines über 24 Stun-            zu seiner Bewältigung möglichst gut     werden. Auch die Herausforderung
den anhaltenden Stromausfall vorbe-             durch die Krise zu kommen. An der       einer sehr heterogenen Stadtbevöl-
reitet?                                         Technischen Universität Darmstadt       kerung müssen Städte noch mehr in
                                                wurden im Rahmen von emergen-           den Blick nehmen, wobei die ange-
Dieser Frage geht ein neues Policy              CITY die Maßnahmen der lokalen          spannte Personalsituation eine große
Paper des Loewe-Kompetenzzentrum                Katastrophenschutzämter deutscher       Hürde darstellt.
emergenCITY »Krisenfest durch dun-              kreisfreier Großstädte auf das Szena-
kle Zeiten: Wie resilient sind Kom-             rio untersucht.                                                            ANNA STÖCKL
munen gegenüber Stromausfällen?«
nach, dass von Michèle Knodt und                Es zeigt sich, dass sich die meisten
Alice Knauf verfasst wurde. Die zen-            Katastrophenschutzämter mit dem
tralen Ergebnisse diskutierten die              Szenario auseinandersetzen. Dabei
Autorinnen am 16. Juni 2021 auf                 stehen interne Vorbereitungen im
einem gleichnamigen Online-Podi-                Bereich der Ressourcenausstattung
um im Schader-Forum mit rund 80                 im Vordergrund. Die Zusammenar-
Zuhörern.                                       beit des Katastrophenschutzamtes
                                                beschränkt sich jedoch in vielen
Das eingangs skizzierte Szenario                Städten auf einen einmaligen Aus-
zeigt, dass das System unserer kri-             tausch mit wenigen weiteren loka-
tischen Infrastrukturen immer kom-              len Akteuren. Dies wird im Ernstfall
plexer und krisenanfälliger wird.               nicht reichen.
Menschliches oder technisches Ver-
FB2.aktuell Neues aus dem Fachbereich 2 - Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften - TU Darmstadt
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Vom Buch aufs Feld – vom Feld ins Buch
INTERDISZIPLINÄRE UND INTERNATIONALE KONFERENZ | LORSCH 31. MÄRZ – 2. APRIL 2022
                                                                                  INFORMATION
In der Gegenwart führt der men-         die Entdeckung Amerikas 1492, den
schengemachte Klimawandel in der        globalen Speiseplan (z. B. Mais, Pa-      → Interdisziplinäre und internationale Konferenz
Landwirtschaft, der Nahrungsmit-        prika).                                   »Vom Buch aufs Feld – vom Feld ins Buch.
                                                                                  Verflechtungen von Theorie und Praxis in Ernäh-
telproduktion und -konsumption          Unter der Leitung von Prof. Dr. Ger-      rung und Landwirtschaft (ca. 1300–1600)«
zu intensiven Debatten. Zugleich        rit Jasper Schenk und Dr. Stephan         → Lorsch 31. März–2. April 2022
wandeln sich durch moderne Medi-        Ebert wird die Tagung »Vom Buch           KONTAKT
en und Techniken die Informations-      aufs Feld – vom Feld ins Buch. Ver-       Stephan F. Ebert
                                                                                  h ebert@pg.tu-darmstadt.de
möglichkeiten und die Nahrungsmit-      flechtungen von Theorie und Praxis
telbeschaffung tiefgreifend. Auch in    in Ernährung und Landwirtschaft           WEITERE INFORMATIONEN
der Vergangenheit haben Umbruchs-       (ca. 1300–1600)« aus mediävis-            8 https://bit.ly/3AFezzg

zeiten Transformationsprozesse von      tischer, geographischer und archäo-
Wirtschaftsweisen und Konsumver-        botanischer Perspektive hinter diese
halten ausgelöst. Klimatische Trends    vielfältigen Prozesse blicken und dis-   mung bestehender Ökosysteme bei-
wie die Kleine Eiszeit (ab ca. 1300),   kutieren, in welchem Verhältnis hier     getragen haben. Die Diskussionen
Hungerkrisen und die Große Pest         Traditionswissen, Ansätze zur Empi-      werden nicht nur den Forschungs-
(1347–52) aber auch der Huma-           rie und praktisches Erfahrungswis-       diskurs anregen, sie können auch die
nismus und die Medienrevolution         sen (z. B. local knowledge) zueinan-     oben genannten Debatten der Gegen-
des 15. Jahrhunderts (Buchdruck)        der standen. Dabei soll auch geklärt     wart um eine historische Perspektive
sorgten in der Agrargesellschaft des    werden, inwiefern volkssprachliche       bereichern.
ausgehenden Mittelalters für Verän-     Fachliteratur dabei half, Wissen ‚vom
derungen im Bereich der Interaktion     Buch auf das Feld‘ zu bringen (oder      Die Beiträge sollen im Anschluss an
mit Ökosystemen und dem Wissen          umgekehrt) und inwiefern neues           die Tagung in einem peer reviewed
darüber. Ferner bereicherte der Co-     Wissen und neue Praktiken zu einer       Sammelband veröffentlicht werden.
lumbian Exchange, ausgelöst durch       gesellschaftlich getragenen Umfor-                                       STEPHAN F. EBERT

InsightsNet
BMBF-VERBUNDPROJEKT BEWILLIGT
                                                                                  INFORMATION
Ziel des Projekts ist die Entwicklung   Use Cases – Diskurse zum Klimawan-
                                                                                  → Verbundprojekt »InsightsNet – Entwicklung
und Erprobung eines Konzepts zur        del und Künstlicher Intelligenz – auf-    einer Meta-Methodik und eines konzeptuellen
Tiefenerschließung       multimodaler   gebaut, manuell und automatisch           Rahmens zur transdisziplinären Tiefener-
                                                                                  schließung und Analyse multimodaler digitaler
Datenbestände. Grundlage ist die        annotiert, vernetzt und analysiert.       Objekte. Demonstriert an den Use Cases KI- und
Vernetzung unterschiedlicher Typen      Die so entwickelten Korpusdaten           Klimawandel-Diskurse«
                                                                                  → Förderung: BMBF
digitaler Objekte, so dass eine echte   und Analyseszenarien werden in            → Projektlaufzeit: 2021 – 2024
Generierung von Wissen auf Basis        Expert*innenworkshops erprobt und
multimodaler digitaler Korpora und      iterativ verbessert.                      KONTAKT
                                                                                  Dr. Sabine Bartsch
Daten möglich wird. Das Projekt                                                   h sabine.bartsch@tu-darmstadt.de
basiert auf aktuellen geisteswissen-    Ziel der Analyse und Bereitstellung
                                                                                  WEITERE INFORMATIONEN
schaftlichen und informationstech-      vernetzter multimodaler Korpora ist       8 https://insightsnet.org
nologischen Theorien und Methoden       die Entwicklung und Erprobung kor-
mit dem Ziel einer transdisziplinären   pus- und computerlinguistischer Ver-
Erweiterung und Teilung von Wis-        fahren zu Aufbau, Annotation und         nen Klimawandel und Künstliche
sen, die bislang durch mangelnde        Analyse multimodaler Korpora. Da-        Intelligenz, Merkmale identifiziert
Vernetzung der Bestände und das         bei wird zwischen den Partnern ein       werden können, die sich als Grund-
Fehlen von Möglichkeiten der Anrei-     auf zwei Themenbereiche fokussier-       lage für die semantische Vernetzung
cherung durch Annotation und Kom-       tes Korpus so aufbereitet, dass durch    textueller und intertextueller lingu-
mentierung verhindert wird. Zur Er-     eine Kombination automatischer und       istischer und multimodal kodierter
probung der entwickelten Konzepte       manueller      Annotationsverfahren      Konzepte eignen und so die Zugriffs-
werden transdisziplinäre multimo-       und darauf aufbauenden Analysen          möglichkeiten auf Text- und Daten-
dale Korpora zu den exemplarischen      eines Korpus aus den Beispieldomä-       korpora erweitern.
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Netzwerk Offenes Mittelalter
DFG-NETZWERK BEWILLIGT
                                                                                                 INFORMATION

                                                                                                 → DFG-Netzwerk »Netzwerk Offenes Mittelalter«
                                                                                                 → Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

                                                                                                 KONTAKT
                                                                                                 Dr. Luise Borek
                                                                                                 h luise.borek@tu-darmstadt.de

                                                                                                 WEITERE INFORMATIONEN
                                                                                                 8 https://offenesmittelalter.org
                                                                                                 8 Twitter: https://twitter.com/offenesMA

                                                                                                von Forschungsdaten bislang kaum
                                                                                                eine Rolle. Die per se interdisziplinär
                                                                                                aufgestellte Mediävistik bietet einen
                                                                                                geeigneten Use Case für eine for-
                                                                                                schungsorientierte Adaption dieser
Bild: Des Teufels Netz. Cod. Donaueschingen 113. Badische Landesbibliothek                      Verfahren.
Karlsruhe. (Hier 1v, Ausschnitt) urn:nbn:de:bsz:31-28668.

                                                                                                Anhand konkreter Ressourcen und
Im Mai 2021 startete mit dem »Netz-                    gemeinsam exemplarisch zu erfor-         Forschungskontexte der beteiligten
werk Offenes Mittelalter« ein DFG-                     schen.                                   Wissenschaftler*innen     wird     im
Netzwerk unter Leitung von Dr. Luise                   Mit LOD sollen Qualität und Er-          Rahmen des Netzwerks erstmals sy-
Borek (Technische Universität Darm-                    schließungstiefe der Daten derart        stematisch erprobt, inwieweit LOD-
stadt) und Dr. Katharina Zeppezau-                     optimiert werden, dass sich neue Zu-     Verfahren implementiert werden
er-Wachauer (Universität Salzburg,                     gänge auf die Forschungsgegenstän-       können, um die Qualität der Daten
Co-Koordinatorin). Das Netzwerk                        de eröffnen, die nicht nur nachhaltig    und damit auch die Möglichkeiten
erprobt und implementiert Linked-                      erschlossen werden, sondern deren        und die Qualität ihrer Erforschung
Open-Data-Verfahren (LOD) für die                      Kontextualisierung auch zu einem         zu verbessern.
germanistische Mediävistik.                            besseren Verständnis der Daten bei-      Dazu werden über die Dauer der
                                                       trägt. Bei LOD handelt es sich um        Projektlaufzeit fünf Arbeitstreffen
Mediävistische      Forschungsgegen-                   eine pragmatisch sinnvolle Option,       zu verschiedenen Datentypen, zur
stände sind Teil des kulturellen Erbes.                Ressourcen zu erschließen, weiter        Schnittstellenfunktion der Mediävi-
Dieses zu bewahren, zu erschließen,                    anzureichern und somit sichtbar,         stik und zur Methodenkritik statt-
vielfältig zugänglich zu machen und                    verfügbar und für ganz unterschied-      finden, zu denen einschlägige in-
zu erforschen, gehört zu den zentra-                   liche     Forschungsansätze/-fragen      ternationale Gäste geladen werden.
len Aufgaben von Mediävist*innen.                      nachnutzbar zu machen. Gleichzeitig      Abgerundet wird das Netzwerk von
Digitale Ansätze und Praktiken                         werden LOD-Verfahren den FAIR-           einer internationalen Fachkonferenz,
schaffen dafür beständig neue Mög-                     Prinzipien (»Findable, Accessible, In-   in der die Ergebnisse vorgestellt, mit
lichkeiten, wodurch sich nach und                      teroperable, and Re-usable«) gerecht     der Community diskutiert und in
nach auch der Modus der Forschung                      und spiegeln damit den Anspruch des      einem Sammelband Open Access pu-
verändert: Das »Netzwerk Offenes                       hier skizzierten offenen Netzwerks       bliziert werden.
Mittelalter« bietet qualifizierten                     im Sinne von Open Science wider.         Die im Rahmen der Netzwerk-Akti-
Nachwuchswissenschaftler*innen                                                                  vitäten gewonnenen Erkenntnisse
eine interdisziplinäre Plattform, um                   Digitalisierung macht aus Objekten       lassen sich auf andere Disziplinen
einschlägige bestehende Angebote                       Forschungsdaten von hoher Evidenz        übertragen und werden der Scien-
der digitalen Mediävistik mit innova-                  für einen zeitgemäßen Fachdiskurs.       tific Community als ‘Best-Practices’
tiven Verfahren zu erschließen, die-                   Während LOD-Verfahren für die Er-        zur Verfügung gestellt.
se Verfahren zu evaluieren und die                     fassung von Kulturgütern etabliert        LUISE BOREK, JULIA HÖPFNER UND LEONIE WEIß
Ressourcen anhand von Pilotstudien                     sind, spielen sie in der Erschließung
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Weiblichkeit und Fleischkonsum
EINE EMPIRISCHE UNTERSUCHUNG ZUR VERGESCHLECHTLICHUNG VON ERNÄHRUNGSPRAKTIKEN
                                                                                    INFORMATION

                                                                                    → Forschungsprojekt »Weiblichkeit und Fleisch-
                                                                                    konsum. Eine empirische Untersuchung zur Ver-
                                                                                    geschlechtlichung von Ernährungspraktiken«
                                                                                    → Förderung: Hessisches Ministerium für
                                                                                    Wissenschaft und Kunst
                                                                                    → Projektlaufzeit: 07/2021 – 12/2022
                                                                                    → Fördervolumen: ca. 62.000 €

                                                                                    KONTAKT
                                                                                    Prof. Dr. Tanja Paulitz
                                                                                    h paulitz@ifs.tu-darmstadt.de

                                                                                    Ricarda Kramer, M.A.
                                                                                    h kramer@ifs.tu-darmstadt.de

                                                                                    WEITERE INFORMATIONEN
                                                                                    8 https://www.ifs.tu-darmstadt.de

Bild: Institut für Soziologie

Das Forschungsprojekt, gefördert           danach, wie der Konsum von Fleisch      Das Projekt »Weiblichkeit und
vom Hessischen Ministerium für             bei Frauen praktiziert und symbo-       Fleischkonsum. Eine empirische Un-
Wissenschaft und Kunst (HMWK)              lisch legitimiert wird. Außerdem        tersuchung zur Vergeschlechtlichung
im Forschungsschwerpunkt »Dimen-           geht es um die Frage, welche Vorstel-   von Ernährungspraktiken« ist am
sionen der Kategorie Geschlecht –          lungen von Weiblichkeit, vom Frau-      01. Juli 2021 im Arbeitsbereich Kul-
Frauen- und Geschlechterforschung          enkörper und vom Nahrungsmittel         tur- und Wissenssoziologie, Institut
in Hessen« zielt auf die Erforschung       Fleisch in diesen Praktiken leitend     für Soziologie, unter der Leitung von
Konstruktionsweisen von Weiblich-          sind. Die kultur- und wissenssoziolo-   Professorin Tanja Paulitz und der
keit in Verbindung mit Fleischkon-         gische Analyse richtet sich in diesem   stellvertretenden Leitung von Ricar-
sum, eines bisher weitgehend unter-        Zusammenhang vor allem an das in        da Kramer, M.A. gestartet und läuft
belichteten Aspekts sowohl in der          die alltägliche Praxis und daher auf    bis zum 31. Dezember 2022.
Ernährungssoziologie als auch in der       das gemeinhin in Routinen und vor-                RICARDA KRAMER UND TANJA PAULITZ
Geschlechterforschung.                     reflexiven Vollzügen eingelagerte ge-
                                           schlechtlich konnotierte Wissen über
Das Projekt baut auf bisherigen Un-        Fleischkonsum.
tersuchungen im Themenfeld auf, die
v.a. auf den kulturellen Zusammen-         Mit Hilfe eines empirischen For-
hang zwischen Fleisch und Männ-            schungsdesigns, welches sowohl qua-
lichkeit fokussieren. Aus diesen geht      litative Interviews mit fleischkonsu-
hervor, dass Fleisch als ein kulturelles   mierenden Frauen, Expert*innen
Symbol für Männlichkeit, Macht und         in der Ernährungskommunikation
(körperliche) Stärke gilt. Das neue        als auch Gruppendiskussionen um-
Projekt folgt der These, dass demge-       fasst, soll die symbolische Bedeutung
genüber Frauen in ihrem Fleischkon-        von Fleisch als Nahrungsmittel für
sum kulturell weitestgehend auf den        Frauen und auch der praktische Ver-
Verzicht, die Mäßigung oder die Aus-       zehr im Bezug auf Mengen, Arten,
wahl spezifischer Fleischsorten fest-      Formen, Zubereitungsweisen etc. un-
gelegt sind. Damit steht im Zentrum        tersucht werden.
des Vorhabens die empirische Frage
FB2.aktuell Neues aus dem Fachbereich 2 - Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften - TU Darmstadt
Seite 9 | FB2.aktuell | Oktober 2021 					                                                        Forschung | Neue Projekte

Infrastrukturen (in) der Pandemie
GRADUIERTENKOLLEG KRITIS: ZUSATZANTRAG BEWILLIGT
                                                                                    INFORMATION
                                                                                    8 https://www.kritis.tu-darmstadt.de
Vier neue Doktorand:innen am Graduiertenkolleg KRITIS im Rahmen des
Zusatzantrages »Infrastrukturen (in) der Pandemie«

Das Graduiertenkolleg KRITIS er-        struktur – ein Phänomen das aus
forscht seit 2016 städtische Tech-      vergangenen Pandemien durchaus
niksysteme, aber auch die Wechsel-      bekannt ist. Die aus dem Infekti-
wirkungen von Technik und (Stadt)       onsgeschehen abgeleiteten Eindäm-
Gesellschaften in Geschichte und        mungsmaßnahmen führen zu Unter-
Gegenwart. Im Mittelpunkt stehen        brechungen oder Umnutzungen in
netzgebundene Systeme der Ver- und      der Infrastruktur: Flug- und Zugver-
Entsorgung, der Kommunikation und       bindungen über Grenzen werden un-
des Transports. Die Angehörigen des     terbrochen oder stark eingeschränkt,
Kollegs forschen insbesondere zur       öffentliche Transportmittel werden
»Konstruktion«, zu »Funktionskri-       zugunsten von PKW gemieden (ob-
sen« sowie zum »Schutz« von Infra-      wohl der Trend in den letzten Jahren
strukturen.                             zugunsten der Öffentlichen ausfiel).
                                        Informations- und Kommunikati-
Die nun im Rahmen des Zusatz-           onsinfrastrukturen erleben dagegen
antrages neu hinzukommenden             infolge des Homeoffice und Home-
Doktorand:innen widmen sich dabei       schooling einen Boom. Information
besonders dem Teilprojekt »Infra-       über die Pandemie ebenso wie Des-
strukturen (in) der Pandemie«. Ihr      information verbreitet sich über das
Gegenstand ist die Erforschung der      Netz. Die Verteilung von Impfstoffen
Wechselwirkung von Pandemien und        verlangt nach einer aufwändigen Lo-
Infrastrukturen.                        gistik mit funktionierenden Trans-
                                        port- und Kühlketten. Die hier beste-
Denn in der öffentlichen Diskussi-      henden Kapazitäten sind also ebenso
on um COVID-19 haben Bildungs-          zentral für die Bewältigung der Krise
infrastrukturen (Schule) und vor        wie die Unterbrechung der Reisezir-
allem medizinische Infrastrukturen      kulation. Daraus lässt sich ableiten:
(Intensivbetten) zwar gewiss einen      Infrastrukturen sind zugleich Teil
höheren öffentlichen Stellenwert        des Problems wie auch der Lösung.
eingenommen. Doch auch die netz-        Sie sind gewandelten Anforderun-
gebundenen Infrastrukturen sind         gen ausgesetzt und in einem Prozess
vielfach betroffen: Auch in diesem      möglicherweise nachhaltiger Trans-
Bereich geht es um eine drohende,       formation begriffen.
zum Teil manifeste, zum Teil bislang
vermiedene Funktionskrise und auch      Die Stellen sind folgenden Fachrich-
in diesen Sektoren ist ein Lernen aus   tungen und Betreuer:innen zugeord-
der Krise von hoher Bedeutung.          net: Philosophie (Prof. Nordmann),
                                        Politikwissenschaft (Prof. Knodt),
Die COVID-19 bedingte Funktions-        Geschichtswissenschaft (Prof. En-
krise wirkt anders auf Infrastruk-      gels), Informatik (Natural Language
turen als ein Erdbeben oder ein Ter-    Processing) (Prof. Gurevych).
roranschlag: Das Virus bewirkt keine         JENS IVO ENGELS UND BENEDIKT VIANDEN
technischen Zusammenbrüche. Viel-
mehr zirkuliert und verbreitet sich
das Virus mitsamt den menschlichen
Nutzer:innen von Transportinfra-
FB2.aktuell Neues aus dem Fachbereich 2 - Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften - TU Darmstadt
Seite 10 | FB2.aktuell | Oktober 2021 					                                                                  Forschung | Neue Projekte

Das Habitat als Pfand
VERSCHULDETES EIGENTUM UND FINANZIALISIERUNG
                                                                                               INFORMATION

                                                                                               → Forschungsprojekt »Das Habitat als Pfand:
                                                                                               Verschuldetes Eigentum und Finanzialisierung«
                                                                                               → Teilprojekt des Sonderforschungsbereichs/
                                                                                               Transregio 294 »Strukturwandel des Eigentums«
                                                                                               (SFB TRR 294/1–424638267)
                                                                                               → Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft
                                                                                               → Projektlaufzeit: 2021 – 2024

                                                                                               KONTAKT
                                                                                               Prof. Dr. Ute Tellmann
                                                                                               h tellmann@ifs.tu-darmstadt.de

                                                                                               WEITERE INFORMATIONEN
                                                                                               8 https://bit.ly/3uulEAj

Daniel Kunze, Ute Tellmann und Lukas Lachenicht. Bild: Anna Scheidemann

Am 01. April 2021 startete das neue                   die klassischen Arbeiten von Durk-      Empirisch stehen die Städte Detroit,
Forschungsprojekt »Das Habitat als                    heim und Mauss zurückgebunden,          Berlin und Madrid im Fokus eines
Pfand: Verschuldetes Eigentum und                     von denen die ANT sich im Entstehen     vergleichenden Forschungsdesigns.
Finanzialisierung« unter Leitung                      zunächst abgegrenzt hatten. Ziel ist    Es handelt sich um paradigmatische
von Prof. Dr. Ute Tellmann und be-                    es, eine kultursoziologische Theorie    »Labore der Finanzialisierung«, in
arbeitet durch die wissenschaftli-                    der Obligation zu entwickeln, wel-      denen unterschiedliche Formen und
chen Mitarbeiter Daniel Kunze und                     che die vertraglichen, materiellen,     Phasen der Finanzialisierung auf un-
Lukas Lachenicht. Das Projekt ist im                  politischen und familialen Verpflich-   terschiedliche Rechtssysteme, und
Sonderforschungsbereich/Transre-                      tungen sichtbar macht, die Eigentum     politische Verfasstheit städtischer
gio 294 »Strukturwandel des Eigen-                    zum Pfand für Finanzprodukte wer-       Regierung stoßen. Der Vergleich
tums« (Jena/Erfurt) angesiedelt und                   den lassen.                             soll ermöglichen, das Verhältnis von
wird durch die Deutsche Forschungs-                                                           Wohneigentum, Schulden und Fi-
gemeinschaft gefördert.                               Die bisherige sozialwissenschaftliche   nanzialisierung im Hinblick auf die
                                                      Debatte hat das Wohneigentum vor        Soziologie der Verpflichtung und die
Das Projekt widmet sich dem                           allem als kulturelles und politisches   Politiken der Immunisierung neu zu
Wohneigentum unter Bedingungen                        Motiv betrachtet, das Verschuldungs-    untersuchen.
der Finanzialisierung und geht der                    verkettungen in Gang setzt. Für die
Frage nach, wie sich Eigentum ver-                    Erklärung von Finanzialisierungs-       Als Teil des Sonderforschungsbe-
ändert, wenn es die Funktion über-                    prozessen und den gesellschaftlichen    reichs/Transregio 294 »Struktur-
nimmt, finanzialisierte Schuldenbe-                   Streit darum spielt die Kategorie des   wandel des Eigentums«, welcher aus
ziehungen abzusichern. Das Projekt                    Eigentums dementsprechend keine         insgesamt 23 Teilprojekten an fünf
entwickelt eine neue kultursoziolo-                   prominente Rolle in den sozialwissen-   Standorten besteht, folgt das hier
gische Perspektive auf den Komplex                    schaftlichen Auseinandersetzungen.      vorgestellte Projekt dem zentralen
Finanzialisierung, Schulden und                       Das Projekt möchte an dieser Stelle     Anliegen, den Strukturwandel des
Wohnen, indem es die Soziologie                       eine Korrektur vorschlagen, indem       Eigentums als eingebettet in einen
der Verpflichtung und die Politiken                   es in den Blick nimmt, wie Wohnei-      Strukturwandel durch Eigentum zu
der Immunisierung in das Zentrum                      gentum zum stabilisierenden, aber       untersuchen.
rückt. Dabei werden die Ansätze der                   auch umstrittenen Element finanzia-
Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) an                      lisierter Schuldenbeziehungen wird.
Seite 11 | FB2.aktuell | Oktober 2021					                                                                                    Forschung | Neue Projekte

Die Bürger frühzeitig beteiligen
FORSCHUNGSPROJEKT DER TU ZUR ENERGIEWENDE – UMFRAGE IN DER LINCOLNSIEDLUNG
                                                                                                               INFORMATION

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                                                                                                               transformation: Innovative digitale Tools für die
                                                                                                               gesellschaftliche Dimension der Energiewende«

                                                                                                               KONTAKT
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                                                                                                               h knodt@pg.tu-darmstadt.de

                                                                                                               PaEGIE-Koordination (Fragen & Interviews)
                                                                                                               Marie Lortz, M.A.
                                                                                                               h lortz@pg.tu-darmstadt.de

                                                                                                               WEITERE INFORMATIONEN
                                                                                                               8 https://bit.ly/3cUK1yD

INTUITIV ZU BEDIENEN: Ein Multitouch-Tisch wird bei den Bürgerworkshops im Rahmen des Forschungs-
projekts PaEGIE im Mittelpunkt stehen. Mit der Programmierung befassen sich Wissenschaftler des Fraunhofer
IGD und der TU Darmstadt, hier im Bild Luisa Ritter, Hans-Joachim Linke, Benjamin Abb, Kim Nobis und Marie    bisherigen Verlauf der Umfrage sind
Lortz (von links). Sie werden dabei die Ergebnisse von Umfragen in der Lincolnsiedlung, der Mollerstadt und
der Heimstättensiedlung einfließen lassen. (Bild: TU Darmstadt/ Gerd Keim)
                                                                                                              die Verantwortlichen sehr zufrieden.
                                                                                                              »Wir sind überrascht, wie engagiert
Post von der Technischen Universität                   Wege zur Arbeit und zum Einkaufen                      sich die Bürger beteiligen, das hilft
Darmstadt flattert demnächst rund                      darstellt, und wie sie gerne an der                    der Forschung enorm weiter«, freut
1700 Bewohnern der Lincolnsiedlung                     Verkehrsplanung für die Zukunft be-                    sich Professorin Michèle Knodt, Pro-
ins Haus. Die Empfänger sind aufge-                    teiligt sein wollen.                                   jektleiterin von PaEGIE und Wissen-
rufen, sich an einem Forschungspro-                                                                           schaftlerin am Institut für Politik-
jekt zur Energiewende zu beteiligen,                   Basierend auf den Antworten sollen                     wissenschaft an der TU. Wer in der
das die TU gemeinsam mit dem                           digitale Anwendungen zur Bürgerbe-                     Lincolnsiedlung angeschrieben wird
Fraunhofer-Institut für Graphische                     teiligung entwickelt werden. Hierbei                   und an der Umfrage teilnehmen
Datenverarbeitung IGD gestartet hat.                   setzen die Wissenschaftler auf mo-                     möchte, kann dies online oder auch
Konkret geht es darum, wie eine bes-                   dernste Möglichkeiten der Visualisie-                  am Telefon tun.
sere Beteiligung der Anwohner an                       rung: Bei den im nächsten Schritt ge-
Planungsprozessen in den Bereichen                     planten Bürgerworkshops wird eine                      Wenn die Befragung abgeschlossen
Mobilität und Verkehr erreicht wer-                    dreidimensionale Darstellung des                       ist, sind je zwei Bürger-workshops
den kann, um so die Akzeptanz für                      jeweiligen Quartiers im Mittelpunkt                    pro Quartier geplant, bei denen die
eine umweltorientierte Politik zu er-                  stehen. Auf einem Multitouch-Tisch                     3D-Anwendungen zum Einsatz kom-
höhen.                                                 können dann beispielsweise inter-                      men. Eine große Abschlussveranstal-
                                                       aktiv Radwege verändert, Bushalte-                     tung wird das Projekt abrunden, so
Mit an Bord bei dem Verbundpro-                        stellen verschoben oder Ladesäulen                     Michèle Knodt. Sollten sich die neuen
jekt namens »Partizipative Energie-                    für E-Autos installiert werden. Die                    Beteiligungsmöglichkeiten bewäh-
transformation«, kurz PaEGIE, ist                      Bürger können so frühzeitig in Pla-                    ren, könnten sie zukünftig in wei-
die Stadt Darmstadt, deren Einwoh-                     nungen eingebunden werden und als                      tere Quartiere übertragen werden.
ner in drei recht unterschiedlichen                    ortskundige Berater fungieren, die                     Die entwickelten Instrumente wären
Quartieren ihre mobile Zukunft aktiv                   der Verwaltung neue Ideen und Ver-                     darüber hinaus auch für gleichartige
mitgestalten sollen. Im Juni wurden                    besserungsvorschläge unterbreiten.                     Fragestellungen in anderen Städten,
dazu bereits Umfragen in der Heim-                                                                            Gemeinden und Landkreisen ein-
stättensiedlung und der Mollerstadt                    Gerade aus der Lincolnsiedlung, de-                    setzbar.
durchgeführt, nun folgt ab dem 3.                      ren innovatives Mobilitätskonzept
September die Lincolnsiedlung. Die                     auf möglichst wenig private Autos,                     Das Forschungsprojekt »Partizipative
Forscher wollen zunächst wissen,                       mehr Aufenthaltsqualität und nach-                     Energietransformation: Innovative
was den Menschen in Bezug auf ihre                     haltige Verkehrsmittel abzielt, erhof-                 Tools für die gesellschaftliche Dimen-
Mobilität wichtig ist, wie sich ihre                   fen sich die Wissenschaftler weitere                   sion der Energiewende« wird vom
aktuelle Situation etwa bezüglich der                  Anregungen für ihr Projekt. Mit dem                    Bundesministerium für Wirtschaft
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und Energie (BMWi) gefördert. Die        GmbH, um die grafische Darstel-          digitale Stadt der Zukunft ermögli-
Technische Universität Darmstadt         lung und die spätere Verwertung          cht die Digitalstadt Darmstadt GmbH
ist für den politikwissenschaftlichen    der Ergebnisse, und die Stadt Darm-      den Transfer der Forschungsergeb-
und den mobilitätsplanerischen Teil      stadt bietet als strategischer Partner   nisse in Politik und Gesellschaft.
zuständig, das Fraunhofer IGD küm-       vielfältige Hilfe bei der Umsetzung.                                    MARIE LORTZ
mert sich gemeinsam mit seiner           Aufgrund ihrer herausgehobenen
Neuausgründung, der smarticipate         Stellung als Modellprojekt für die

Hauseigentümer & Energiewende
WIE GEHEN SIE DAMIT UM? TECHNISCHE UNIVERSITÄT FRAGT IN DER DOPPELSTADT NACH

Die Energiewende muss an Fahrt           ßend Maßnahmenpläne aufstellen«,         wie Wärmepumpen, Pelletheizungen
aufnehmen, um dem Klimawandel            ergänzt Nadine Cyrannek. Dabei           oder Brennstoffzellen gemacht, ist
und seinen katastrophalen Folgen         werden auch die Themen eine Rolle        ihnen die enorme Preissteigerung
entgegenzuwirken. Wie und unter          spielen, die jetzt von der Technischen   bewusst, die künftig mit fossilen
welchen Bedingungen die Bürger           Universität abgefragt werden.            Brennstoffen einhergeht? Wie viel
bereit sind, dabei mitzumachen, er-                                               Geld wären sie bereit, in neue Tech-
forscht die Technische Universität       Konkret geht es den Darmstädter          nologien zu investieren, und unter
(TU) Darmstadt in einer Vielzahl von     Wissenschaftlern bei ihrem neuen         welchen Bedingungen würden sie
Projekten. Für ein neues Forschungs-     Projekt um die »Wärmewende« im           das tun?
projekt zur Umstellung auf erneuer-      Gebäudebereich. Hier sehen sie be-
bare Energien im Gebäudesektor ist       sonders die Kopplung von Wärme-,         Ein entsprechender Fragebogen geht
nun die Doppelstadt von Politikwis-      Kälte und Stromerzeugung basierend       Mitte September an 5000 Haushalte
senschaftlern und Ingenieuren der        auf dem Energieträger Wasserstoff        in der Doppelstadt. Wer an der Um-
TU als Kooperationspartner und Ziel      als vielversprechende Technologie        frage teilnehmen möchte, kann dies
einer Umfrage auserkoren worden.         der Zukunft, um den Energiebedarf        dann online oder am Telefon tun.
                                         umweltfreundlicher      abzudecken.      »Wir hoffen auf die Unterstützung
Die Verbindung zwischen Mörfelden-       Dass Alternativen zu Kohle, Heizöl       der     Mörfelden-Walldorferinnen«,
Walldorf und der Uni ist dabei leicht    und Erdgas nötig seien, werde nicht      betont Michèle Knodt, denn die Um-
nachzuvollziehen, denn die Projekt-      zuletzt beim Blick auf das neue Ge-      frage soll der Startpunkt für weiter-
leiterin, Professorin Michèle Knodt      bäudeenergiegesetz klar, das ab          führende Forschungen sein. Hand-
vom Institut für Politikwissenschaft,    2026 beispielsweise den Einbau neu-      lungsbedarf besteht ohne Zweifel,
wohnt hier und wirkt in der städ-        er Ölheizungen verbietet, unterstrei-    denn in Deutschland entfallen rund
tischen     Klimaschutz-Kommission       cht Michèle Knodt.                       ein Drittel des Endenergieverbrauchs
mit. Die Stadt bekommt die Ergeb-                                                 und 30 Prozent der CO2-Emissionen
nisse der Umfrage im Zuge des Pro-       Durch neue, dezentrale Ansätze wie       auf den Gebäudesektor.
jekts kostenfrei zur Verfügung ge-       die    Kraft-Wärme-Kälte-Koppelung
stellt und kann sie für ihre eigene      würden gleichzeitig Hauseigentü-
Klimaschutz-Strategie nutzen. Bür-       mer, Planer und Installateure stär-      Aus den Medien
germeister Thomas Winkler und die        ker in den Entscheidungsprozess um
Klimaschutzbeauftragte Nadine Cy-        eine Technologie miteinbezogen, da
rannek begrüßen dementsprechend          die Konsumenten zu Betreibern der          »Darmstädter Echo«: »For-
die Aktivitäten der TU.                  Anlagen und somit auch zu Unter-          schungsprojekt zur Verkehrswen-
                                         nehmern werden. »Das Umweltbe-            de in der Lincoln-Siedlung«. Prof.
»Wir sind sehr auf die Resultate der     wusstsein, der Wissensstand über          Dr. Michèle Knodt über ein Projekt
Umfrage gespannt und erhoffen uns        verschiedene Technologien und auch        zur Mobilitätswende (01.09.2021).
davon neue Ansatzpunkte«, so Bür-        das mit der Technologie assoziier-        8 https://bit.ly/39CToBL
germeister Winkler. Schon jetzt bietet   te gesellschaftliche Prestige spielen
die Stadt Förderprogramme und Be-        eine zunehmend wichtige Rolle«,            »Groß-Gerauer Echo«: »Grüner
ratungen in Sachen Energieeffizienz      weiß die Politikwissenschaftlerin.        heizen. TU Darmstadt forscht in
und Klimaschutz, möchte zukünftig                                                  Mörfelden-Walldorf zur Energie-
aber noch besser aufgestellt sein. Die   Vor diesem Hintergrund will die TU        wende «. Prof. Dr. Michèle Knodt
Studie kann dazu einen Beitrag lei-      in Mörfelden-Walldorf nachfragen:         über ein Projekt zur Wärmewende
sten. »Aktuell erarbeitet die neu ge-    Wie gehen Hauseigentümer mit der          im Gebäudebereich (15.09.2021).
gründete Klimaschutz-Kommission          Energiewende um? Haben sie sich           8 https://bit.ly/3kA0f5j
ein Leitkonzept und wird anschlie-       bereits Gedanken über Alternativen
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Publikationen

                            International Organization as
                            Technocratic Utopia
                            Jens Steffek
                            Oxford University Press, 2021

                            Dieses Buch ist als Ideengeschichte      Der Aufstieg internationaler Orga-
                            technokratischer Weltordnungsent-        nisationen als »Fachbürokratien«,
                            würfe seit dem 19. Jahrhundert kon-      um Max Webers Ausdruck zu ver-
                            zipiert. Es dokumentiert eine Tradi-     wenden, wird in diesem Buch als ein
                            tion politischen Denkens, das zur        typisches Phänomen der Industrie-
                            Zivilisierung und Rationalisierung       moderne gedeutet, als Teil einer um-
                            internationaler Beziehungen die          fassenden Organisation der sozialen
                            Gründung internationaler Organisa-       Welt, die sich unter anderem in der
                            tionen empfahl. Statt staatlicher Par-   Gründung zahlloser spezialisierter
8 https://bit.ly/3Ag1cFw    tikularinteressen sollten Problem-       Behörden zeigte. Technokratisch ge-
                            orientierung und Fachwissen die          prägtes Regieren wird heute meist in
                            internationalen Beziehungen prägen.      kritischer Absicht dem Ideal der de-
                            Das Buch zeigt, wie problemlos sich      mokratischen Selbstregierung gegen-
                            technokratische Weltordnungsent-         übergestellt. Der schlechte Ruf der
                            würfe an verschiedene politische         Technokratie verdeckt jedoch biswei-
                            Großideologien, vom Liberalismus         len, dass die Idee der Expertenherr-
                            über den Sozialismus bis zum Fa-         schaft utopisches Potenzial hatte und
                            schismus, anlagern konnte. Tech-         bis heute hat. Dieses Potenzial zeigt
                            nokratische Visionen beeinflussten       sich insbesondere in Debatten über
                            nicht nur die Gründungsgeschichte        internationale Politik, in denen eine
                            der Vereinten Nationen und der Eu-       idealisierte Expertenherrschaft der
                            ropäischen Union. Sie wurden auch        Realität einer rücksichtslosen, oft ge-
                            fester Bestandteil der Selbstlegitima-   waltsamen Machtpolitik von Staaten
                            tion dieser Organisationen.              gegenübergestellt werden kann.

                            Lokale Wohnungspolitik
                            Beispiele aus deutschen Städten
                            Dieter Rink, Björn Egner (Hrsg.)
                            Nomos, 2020

                            Angesichts einer neuen Wohnungs-         die Ausgestaltung der lokalen Woh-
                            frage erfahren Städte einen Bedeu-       nungspolitik hinsichtlich ihrer Pro-
                            tungsgewinn bei deren Lösung, es         blemwahrnehmungen, Instrumente
                            lässt sich eine Kommunalisierung         und Maßnahmen, die Kommunal-
                            der Wohnungspolitik beobachten.          politik, die Rolle gesellschaftlicher
                            Auf der Basis von Fallstudien aus 14     Organisationen und Gruppen sowie
                            Städten analysiert das Buch verglei-     das Zustandekommen der lokalen
                            chend Möglichkeiten, Grenzen und         wohnungspolitischen Strategien und
                            Spielarten lokaler Wohnungspolitik       Programme.
8 https://bit.ly/3tKmSXL
                            in Deutschland. Die Darstellung der
                            Städte umfasst dabei jeweils den lo-
                            kalen Miet- und Immobilienmarkt,
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                            Bedingungen lokaler Innovationen
                            Zur Bedeutung von kommunika-
                            tiven Mechanismen und lokalen
                            Narrativen
                            Björn Egner, Hubert Heinelt,
                            Nikolaos-Komninos Hlepas (Hrsg.)
                            Nomos, 2021

                            Einige Städte schaffen es, Innovati-    in erster Linie unter wirtschaftli-
                            onspotenziale zu mobilisieren und       chen, sozialen oder institutionellen
                            auf Herausforderungen wie den de-       Gegebenheiten gesucht. Stattdessen
                            mografischen Wandel, Einwande-          konzentrieren sich die Überlegungen
                            rung oder wirtschaftliche Umstruk-      auf kommunikative Interaktionen,
8 https://bit.ly/397xh6z    turierungen zu reagieren, andere        durch die Akteure ein lokal veran-
                            hingegen nicht. In diesem Buch wird     kertes Verständnis oder Wissen über
                            die Frage behandelt: Was sind Bedin-    diese Gegebenheiten sowie über die
                            gungen für die Entwicklung lokaler      sich daraus ergebenden Zwänge und
                            Innovation? Die Bedingungen für         Möglichkeiten entwickeln.
                            lokale Innovationen werden nicht

                            Solidarität zuerst
                            Zur Neuentdeckung einer
                            politischen Idee
                            Hermann-Josef Große Kracht
                            [transcript], 2021

                            Die Solidarität ist im Vergleich zur    Alfred Fouillée und Charles Gide er-
                            Freiheit und zur Gerechtigkeit merk-    innernd, fragt Hermann-Josef Große
                            würdig »theorielos«. Liegt dies an      Kracht, ob es nicht an der Zeit ist, die
                            der Dominanz eines politischen Libe-    philosophischen Freiheitslektionen
                            ralismus aus vorindustriellen Zeiten,   des 18. Jahrhunderts mit den soziolo-
                            der unser Denken bis heute prägt?       gischen Solidaritätslektionen des 19.
                            An die sozialphilosophischen Aufbrü-    Jahrhunderts zu einem postliberalen
                            che des französischen Solidarismus      Solidarismus zu verbinden.
8 https://bit.ly/3AeGndF    von Akteuren wie Léon Bourgeois,

                            Der Umwelt begegnen
                            Extremereignisse und die
                            Verflechtung von Natur und
                            Kultur im Frankenreich vom 8. bis       menschengemachten Faktoren ein-
                            10. Jahrhundert                         traten. Nicht selten war der Mensch
                            Stephan F. Ebert                        sogar maßgeblich an der Entstehung
                            Franz Steiner Verlag, 2021              extremer Ereignisse beteiligt. Eberts
                                                                    innovativer, interdisziplinärer Ansatz
                                                                    aus Natur- und Geisteswissenschaf-
                            Vormoderne Gesellschaften wurden        ten berücksichtigt soziale Faktoren
                            besonders in der älteren Forschung      stärker als bisher und macht so ent-
                            als 'passive' Opfer gesehen, die den    scheidende Akteure bei der Erarbei-
                            'Launen der Natur' wenig bis nichts     tung von Bewältigungsmaßnahmen
                            entgegenzusetzen hatten. Solch ein-     greifbar. In der gegenwärtigen Dis-
8 https://bit.ly/3i3BM6J    seitige Erklärungen sind nicht sinn-    kussion über den Klimawandel und
                            voll. Stephan F. Ebert zeigt an sechs   der Frage, wie die globale Gemein-
                            Beispielen aus dem Frankenreich,        schaft den prognostizierten ökolo-
                            dass Hungersnöte, Seuchen und To-       gischen Herausforderungen begeg-
                            desfälle in der Zeit vom 8. bis 10.     nen soll, können diese Erkenntnisse
                            Jahrhundert häufig erst durch eine      ein historisches Orientierungswissen
                            Kombination aus natürlichen und         bereitstellen.
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Trauer um Prof. Dr. Elke Hartmann
W 24. März 1969 – ✝ 21. JULI 2021 | INSTITUT FÜR GESCHICHTE
Das Institut für Geschichte trauert
um Prof. Dr. Elke Hartmann. Sie ver-
starb am 21.07.2021 im Kreise ihrer
Familie.

Wir haben Elke Hartmann verloren.
Mitten aus dem akademischen Le-
ben, aus unserer Mitte wurde Elke
gerissen. Im Jahr 2011 übernahm
Elke Hartmann, von der Humboldt-
Universität in Berlin kommend, die
Professur für Alte Geschichte am In-
stitut – keine ganz leichte Aufgabe
an einer technischen Universität. Sie
führte die Professur gleich so, wie
wir sie seitdem kannten: zupackend
und mit engagiertem Optimismus.
Sie war sofort vertraute Kollegin,
geschätzte Vorgesetzte und inspirie-
rende akademische Lehrerin.
                                        Prof. Dr. Ekle Hartmann. Bild: Privat.

In den folgenden Jahren vernetzte
sie das Fachgebiet in die Universität   Akzente. In ihrer Studie Ordnung in       zugewandt und sorgte sich um sie.
hinein. Elke Hartmann setzte blei-      Unordnung. Kommunikation, Kon-            Sie gewann ihre Autorität durch
bende Akzente in der Lehre, die sie     sum und Konkurrenz in der stadtr-         unprätentiöse Sachlichkeit. Ihre
stets auch dazu nutzte, den Studie-     ömischen Gesellschaft der frühen          Kolleginnen und Kollegen schätz-
renden innovative Forschungsansät-      Kaiserzeit spürte sie dem habituellen     ten eine engagierte und immer zu-
ze zu vermitteln.                       und mentalen Wandel im Übergang           verlässige Professorin. Ihre akade-
                                        von der Republik zur Kaiserzeit           mischen Schülerinnen und Schüler
In der Alten Geschichte war Elke        nach. Sie war eine Meisterin darin,       wussten eine verständnisvolle und
Hartmann weithin sichtbare Vertre-      den Klatschgeschichten, an denen          äußerst anregende Lehrerin an ih-
terin der Geschlechtergeschichte –      die antike Literatur so reich ist, ihre   rer Seite. Ihre Studentinnen und
ein Forschungsansatz, der ihr auch      subtilen politischen Botschaften zu       Studenten hatten eine zugängliche
ganz persönlich sehr viel bedeutete.    entreißen und die Logiken aufzude-        und anspruchsvolle Dozentin. Elke
Ihre Dissertation Heirat, Konkubinat    cken, die hinter sozialen Praktiken       Hartmann nahm sich Zeit für die
und Hetärentum im antiken Athen         wie etwa dem kaiserlichen Kuss            Menschen und genoss vor allem den
entwickelte sich schnell zum Stan-      oder dem Denunziations- und Erb-          persönlichen Austausch mit ihren
dardwerk. Ihre zweite Monogra-          schleicherwesen stehen. In der aka-       Studierenden. Sie wurde nicht nur
phie, die gut lesbare und zugleich      demischen Lehre fanden diese sub-         wegen ihrer beeindruckenden fach-
wissenschaftlich      anspruchsvolle    tilen Analysen großen Anklang. Elke       lichen Expertise sehr geschätzt, son-
Überblicksdarstellung zu Frauen         Hartmanns Antike war farbig, le-          dern auch wegen ihrer fürsorglichen
in der Antike, geht gerade in die       bensnah und vielfältig, niemals aber      Art.
zweite Auflage. Mit ihrer Deutung       abgehoben und ein hehres Ideal.
bestimmter Spielarten des Hetären-                                                Wir beklagen einen schmerzlichen
wesens als Verallgemeinerung der        Elke setzte sich leidenschaftlich für     Verlust. Wir sind unendlich traurig.
aristokratischen     Symposionskul-     die Erhaltung der akademischen
tur im Zeitalter der Demokratie er-     Standards ein. Keine Autorität war           BEATE WAGNER-HASEL UND JENS IVO ENGELS
langte sie Aufmerksamkeit über die      vor ihrer milden Ironie sicher. Sie            IM NAMEN DES INSTITUTS FÜR GESCHICHTE
Grenzen der deutschsprachigen Al-       verstand die Universität als eine Ge-
tertumswissenschaft hinaus. Auch        meinschaft von interessierten Men-
auf dem Gebiet der Kulturgeschich-      schen, nicht als Spiel von nackten
te des Politischen setzte sie eigene    Kennzahlen. Sie war den Menschen
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Nachruf: Prof. Dr. Akos Paulinyi
W 7. Februar 1929 – ✝ 9. AUGUST 2021 | INSTITUT FÜR GESCHICHTE

Akos Paulinyi lehrte von 1977 bis       Sein Buch zur Industriellen Revo-       Partei und er entschied, in die Bun-
1997 Technikgeschichte an der TH        lution von 1989 ist dabei so etwas      desrepublik zu gehen. Dank eines
Darmstadt. Im Alter von 92 Jahren       wie die Summe seines wissenschaft-      Stipendiums der Alexander von
ist er nun verstorben.                  lichen Lebens, behandelt es doch        Humboldt-Stiftung konnte er in Mar-
                                        neben den genannten Themen auch         burg Fuß fassen, wo er 1971 Profes-
Zu Beginn des Jahres 1977 trat Akos     die Frage nach technischen Revo-        sor wurde, bevor er schließlich den
Paulinyi die Professur für Technik-     lutionen innerhalb der Technikge-       Ruf an die TH Darmstadt annahm.
und Wirtschaftsgeschichte an der        schichte. Zwei Festschriften, eine      Nach seiner Emeritierung im Jahr
Technischen Hochschule Darmstadt        zum 65. Geburtstag, eine zur Eme-       1997 lehrte er mit großem Enga-
an. Dies war nicht nur für das Insti-   ritierung, nahmen diese Themen          gement als DAAD-Professor, später
tut für Geschichte, den Fachbereich     auf. Sein Ansehen im Fach belegt die    auch im Auftrag der Stiftungsinitia-
und die TH von Bedeutung, sondern       Mit-Herausgabe des dritten Bandes       tive Johann Gottfried-Herder, außer
auch für das Fach Technikgeschich-      der Propyläen Technikgeschichte         in Wien an tschechischen, slowa-
te, das zu diesem Zeitpunkt erst        (1991).                                 kischen und ungarischen Univer-
langsam als historische Disziplin in                                            sitäten, so auch an der Universität
der Bundesrepublik etabliert wurde.     An der TH bzw. TU Darmstadt hat         Miskolc in Ungarn. Letzteres kom-
Akos Paulinyi war einer der Pionie-     sich Akos Paulinyi nachdrücklich für    mentierte er 2001 mit der für ihn
re des damals noch jungen Faches.       deren geisteswissenschaftliches und     typischen Ironie, dass er nun wieder
Er profilierte es mit klaren Positi-    interdisziplinäres Profil eingesetzt    dort sei, wo man ihn einst hinausge-
onen, mit seinem genauen Blick auf      und dies nach innen und außen ge-       worfen hatte. Sein Herz blieb immer
das technische Artefakt, mit seinen     stärkt. Für den Einsatz von EDV am      mit der alten Heimat verbunden. Ge-
wegweisenden Publikationen und          Institut nahm er eine Pionierrolle      lebt und gewirkt hat er jedoch seit
mit seiner umtriebigen und dyna-        ein. Sein Lehrstuhl hatte den ersten    seinem Ruf an die TH bis zu seinem
mischen Persönlichkeit.                 PC und nutzte als erster eine Da-       Tod am 9. August 2021 in Darmstadt.
                                        tenbank für die Literaturerfassung.
Paulinyis zentrales Forschungsfeld      Paulinyi unterstützte Studierende,      Das Institut für Geschichte wird sei-
war die Geschichte der Industriali-     Promovierende und Habilitieren-         ne Aufbauarbeit, seine heute wieder
sierung. Dabei brachte er seine kri-    de mit Neugier und Kritik. Er hatte     aktuell werdende Weise der Tech-
tische Beschäftigung mit dem histo-     allen gegenüber immer ein offenes       nikgeschichtsschreibung, besonders
rischen Materialismus ein, mit dem      Ohr und Freude am Gespräch und          aber seine starke Persönlichkeit in
er sich in seiner früheren wissen-      Austausch.                              ehrender Erinnerung behalten.
schaftlichen Laufbahn in der Tsche-
choslowakei       auseinandergesetzt    1929 in Budapest als Sohn eines               MARTINA HESSLER UND CHRISTOF DIPPER
hatte. Seine Leser_innen informierte    Historikers geboren, emigrierte die
er gleichermaßen über das Puddeln,      Familie nach dem Zweiten Weltkrieg
das Siemens-Martin-Verfahren, die       nach Bratislava, bzw. Wien, wo der
Spinning-Jenny, über Kinderarbeit       Vater arbeitete. In Bratislava machte
oder den Wandel der Arbeitspro-         Paulinyi das Abitur und studierte
zesse und der Qualifikationen, die,     an der Philosophischen Fakultät Ge-
das war ihm wichtig, nur mit Kennt-     schichte und Archivwesen. Anschlie-
nis der Funktionsweisen der Maschi-     ßend war er dort als Assistent und
nen zu verstehen seien. Die histo-      Oberassistent tätig. Nach dem Pra-
rische Bedeutung des Übergangs von      ger Frühling verließ er das Land und
der Bearbeitung eines Werkstückes       kehrte 1969 nach Ungarn zurück,
mittels menschlicher Hand hin zur       wo er in Miskolc einen Lehrauftrag
Bearbeitung durch eine Maschine         übernahm. Dann traf ihn auch dort
wurde in Paulinyis Publikationen        der harte Arm der Kommunistischen
eindrücklich klar.
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