JAHRES BERICHT 2019/2020 - INSTITUT FÜR WELTKIRCHE UND MISSION - Institut für Weltkirche ...

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JAHRES BERICHT 2019/2020 - INSTITUT FÜR WELTKIRCHE UND MISSION - Institut für Weltkirche ...
JAHRESBERICHT

                                                      2019/2020

                  INSTITUT FÜR
                  WELTKIRCHE
                  UND MISSION
Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen
JAHRES BERICHT 2019/2020 - INSTITUT FÜR WELTKIRCHE UND MISSION - Institut für Weltkirche ...
IMPRESSUM

Institut für Weltkirche und Mission
Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen
Offenbacher Landstraße 224
60599 Frankfurt am Main

Redaktion: Dr. Roman Beck, P. Dr. Markus Luber SJ (V. i. S. d. P.)

Telefon: +49 69 6061-710
Telefax: +49 69 6061-777
E-Mail: sekr@iwm.sankt-georgen.de

www.iwm.sankt-georgen.de
www.facebook.com/weltkircheundmission
www.twitter.com/kirche_mission

© November 2020 Institut für Weltkirche und Mission.
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GRUßWORT

                                                                                            JAHRESBERICHT 2019/2020
Liebe Leserin, lieber Leser,
die weltweite Ausbreitung der CoViD19-
Pandemie seit Beginn des Jahres hat gra-
vierende Folgen für unser Leben und be-
lastet uns zunehmend, seitdem die Schutz-
maßnahmen von Monat zu Monat verlän-
gert werden. Dass auch die Arbeit am In-
stitut für Weltkirche und Mission davon
betroffen ist, davon zeugen diesmal die ge-
schriebenen und ungeschriebenen (!) Arti-     übergreifend zum Nachdenken an. Im No-
kel in unserem Jahresbericht. Denn die        vember nahm ich an einem virtuellen in-
massiven Auswirkungen auf die Kultur-         ternationalen Austausch teil, bei dem es
und Veranstaltungsbranche hierzulande         um die postpandemische Zukunft der
zeigten sich im kleineren Maßstab auch bei    theologischen Bildung und Forschung im
unseren Tagungen und Workshops:               globalen Süden ging. Organisiert wurde
                                              dieser Austausch von einem ökumeni-
Der für den April geplante Workshop zum
                                              schen Theolog*innen-Netzwerk. Hierbei
Forschungsprojekt „Kirchliche Antworten
                                              wurde zum einen deutlich, dass der von
auf HIV/AIDS in Afrika“ in Harare, der im
                                              der Pandemie katalysierte Umstieg von
Rahmen der deutsch-afrikanischen Bi-
                                              der analogen zur digitalen Lehre bei feh-
schofskonsultationen stattfinden sollte,
                                              lender Infrastruktur oder Hardware eine
musste verschoben werden. Die für den
                                              Herausforderung für die betreffenden Län-
Oktober geplante IWM-Jahrestagung und
                                              dern darstellt. Zum anderen wurde die
der jährlich im September vorortete Theo-
                                              Frage diskutiert, wie eine nachhaltige
logische Basiskurs des Bildungspro-
                                              theologische Ausbildung an Fakultäten des
gramms Weltkirche konnten in diesem
                                              globalen Südens gestaltet werden kann.
Jahr nicht stattfinden. Daher bin ich froh,
                                              Vor diesem Hintergrund wurde die Vor-
dass wir unsere regulären Veranstaltungen
                                              stellung des Stipendienprogramms Alber-
im Albertus Magnus-Programm mutatis
                                              tus Magnus mit großem Interesse aufge-
mutandis durchführen konnten: Die Kurs-
                                              nommen. Wobei allerdings erneut bewusst
woche „Einführung in die kirchliche und
                                              wurde, wie sehr weltkirchliches Leben auf
gesellschaftliche Situation in Deutschland“
                                              der Möglichkeit physischer interkultureller
war im August mit einer begrenzten Teil-
                                              Begegnung beruht.
nehmerzahl als Präsenzveranstaltung
möglich; die Jahresakademie 2020 im Ok-       Mit der Hoffnung, dass unser nächster
tober wurde aufgrund der Teilnehmenden-       Jahresbericht wieder unter anderen Vor-
zahl (über 40 Personen) als virtuelle Kon-    zeichen veröffentlicht werden kann, wün-
ferenz durchgeführt.                          sche ich Ihnen für die nächsten Monate al-
                                              les Gute und Gottes Segen!
Die Auswirkungen der Pandemie fallen je
nach Land und Herkunftskontext sehr un-       Ihr
terschiedlich aus, doch sie regen kontext-

                                                                                                    3
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INHALTSVERZEICHNIS
JAHRESBERICHT 2019/2020

                          DAS INSTITUT
                          ▪︎ Profil des IWM                                       6

                          ▪︎ Mitarbeitende und Aufgabenfelder                      7

                          ▪︎ Arbeiten in Zeiten von Corona                        10

                          AUS FORSCHUNG UND LEHRE
                          ▪︎ Papst Franziskus und die päpstlichen Missionswerke   13

                          ▪︎ Politischer Pentekostalismus                         15

                          ▪︎ Bildung und Ecclesia in Africa                       17

                          ▪︎ Publikationen                                        19

                          VERANSTALTUNGEN
                          ▪︎ Studientag 2019                                      22

                          PROGRAMME
                          ▪︎ Stipendienprogramm Albertus Magnus                   26

                          PERSONALIA
                          ▪︎ Neue Mitarbeitende                                   29

                          ▪︎ Das IWM haben verlassen                              29

                          ▪︎ Gäste am IWM                                         30

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DAS INSTITUT

 JAHRESBERICHT
JAHRES BERICHT 2019/2020 - INSTITUT FÜR WELTKIRCHE UND MISSION - Institut für Weltkirche ...
PROFIL DES IWM
DAS INSTITUT

               Das Institut für Weltkirche und Mission           Auftrag, zwei strukturierte Programme zur
               (IWM) ist ein Forschungsinstitut an der           Unterstützung der weltkirchlichen Arbeit
               Philosophisch-Theologischen Hochschule            in Deutschland durchzuführen (Theologi-
               Sankt Georgen in Frankfurt a. M. zur theo-        sches Stipendienprogramm Albertus Ma-
               logischen Reflexion über die weltkirchliche       gnus, Bildungsprogramm Weltkirche).
               und missionarische Dimension der Kirche.          Im ökumenischen Geist arbeitet das IWM
               Es gehört zu den wenigen wissenschaftli-          eng mit missionswissenschaftlichen Insti-
               chen Einrichtungen in Deutschland, in de-         tutionen in Afrika, Asien, Europa, Ozeani-
               nen die Disziplin der Missionswissenschaf-        en und Amerika zusammen. Kooperations-
               ten bzw. Missionstheologie institutionell         partner in Deutschland sind die missions-
               an den Hochschulen verankert ist. Das             theologischen universitären Lehrstühle
               IWM wurde 2009 von der Deutschen Bi-              und Institute sowie die weltkirchlichen
               schofskonferenz gegründet.                        Hilfswerke und Diözesen mit ihren Abtei-
                                                                 lungen für Weltkirche und Mission.
               Neben der Zielsetzung, die missionswis-
               senschaftliche Forschung und Lehre
               in Deutschland zu stärken, verfolgt
               das Institut die Absicht, die theolo-
               gische Auseinandersetzung mit
               weltkirchlichen Themen anzuregen.

               Weltkirche und Mission werden als
               zwei aufeinander bezogene Aufga-
               benfelder verstanden: Missionari-
               sche Fragestellungen werden stets
               in ihrem weltkirchlichen Bezug er-
               örtert, wobei der deutsche Kontext
               als Bestandteil der Weltkirche nicht
               ausgeschlossen wird; umgekehrt
               werden Fragen der Weltkirche und
               weltkirchlichen Arbeit im Kontext
               missionarischer Anstrengungen der
               Kirche untersucht.

               Die Realisierung dieser Vorhaben
               erfolgt durch Forschungsprojekte,
               Jahrestagungen und Studientage,
               Vorträge und Publikationen. Dar-
               über hinaus hat das Institut den              Kapelle des Maha Pattaya Convention Centers in Thailand.

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JAHRES BERICHT 2019/2020 - INSTITUT FÜR WELTKIRCHE UND MISSION - Institut für Weltkirche ...
KOMMISSARISCHER DIREKTOR

                                                                                              DAS INSTITUT
                                 DR. MARKUS LUBER SJ
                                 E-Mail:     luber@iwm.sankt-georgen.de
                                 Telefon:    +49 69 6061-701

MITARBEITENDE UND AUFGABENFELDER
                                        STIPENDIENPROGRAMM ALBERTUS MAGNUS
                                        Das Stipendienprogramm stellt eine postgraduale
                                        Studienförderung für ausländische Studierende
                                        der Theologie und Philosophie dar, die sich in
                                        Deutschland qualifizieren möchten. Die Stipendi-
                                        en werden von deutschen Hilfswerken und Diöze-
                                        sen finanziert.
                                        BILDUNGSPROGRAMM WELTKIRCHE
DR. ROMAN BECK                          Das Bildungsprogramm richtet sich an Mitarbei-
Stellv. Direktor / Koordinator          tende weltkirchlicher Einrichtungen in Deutsch-
beck@iwm.sankt-georgen.de               land und unterstützt die berufsbegleitende Aus-
+49 69 6061-702                         einandersetzung mit weltkirchlichen und (missi-
                                        ons-) theologischen Themen.

                                        MISSIONSGESCHICHTE
                                        „Darum geht zu den Völkern und macht alle Men-
                                        schen zu meinen Jüngern“ (Mt 28). Ohne das
                                        Hingehen, ohne die Kontaktaufnahme ist christli-
                                        che Mission nicht zu denken. Im Forschungsfeld
                                        „Missionsgeschichte“ werden Formen des missio-
                                        narischen Engagements von den Anfängen des
                                        christlichen Glaubens bis hin zur Gegenwart un-
                                        tersucht. Im aktuellen Forschungprojekt wird
FRIEDERIKE DILLENSEGER                  analysiert, welche Rolle die christliche Mission in
Wissenschaftliche Mitarbeiterin         den historischen Prozessen der Globalisierung
dillenseger@iwm.sankt-georgen.de        eingenommen hat, unter besonderer Berücksich-
+49 69 6061-712                         tigung der weiblichen und lokalen Akteure.

                                                                                                  7
JAHRES BERICHT 2019/2020 - INSTITUT FÜR WELTKIRCHE UND MISSION - Institut für Weltkirche ...
PENTEKOSTALISMUS
                                                  Gegenwärtig verändern die Pfingstbewegungen
DAS INSTITUT

                                                  weltweit ihr Gesicht: Sie setzen auf ein stärkeres
                                                  Engagement im sozialen und zivilgesellschaftli-
                                                  chen Bereich. Zu den pentekostalen Transfor-
                                                  mationsstrategien gehört insbesondere die Ein-
                                                  flussnahme auf politische Prozesse und Struktu-
                                                  ren. Das Forschungsprojekt „Pentekostalismus“
                                                  reflektiert diese Entwicklung und analysiert die
               DR. LEANDRO BEDIN FONTANA theologischen Argumentationsformen, die jener
               Wissenschaftlicher Mitarbeiter     Einflussnahme zugrunde liegen. Dabei geht es
                                                  auch um die grundsätzliche Frage, was dies für
               bedin-fontana@iwm.sankt-georgen.de
               +49 69 6061-707                    das Spannungsfeld von Religion und Politik be-
                                                  deutet.

                                                    MISSION UND GESUNDHEIT
                                                    Die Definition von Gesundheit, die von der
                                                    WHO als „der Zustand des vollständigen kör-
                                                    perlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens
                                                    und nicht nur als das „Fehlen von Krankheit
                                                    oder Gebrechen“ definiert wird, ist selbst in den
                                                    am weitesten entwickelten Ländern der Welt
                                                    schwer zu erreichen. Dennoch bleibt sie sowohl
                                                    als Ideal als auch als Versprechen für einen
               DR. BRANKA GABRIC                    sehnsüchtigen und verletzlichen Menschen auf
                                                    der ganzen Welt bestehen. Welchen Beitrag
               Wissenschaftliche Mitarbeiterin
                                                    kann die Kirche und die theologische Reflexion
               gabric@iwm.sankt-georgen.de
                                                    im Umgang mit den komplexen Gesundheits-
               +49 69 6061-704
                                                    problemen der heutigen Welt leisten?

                                                    MISSION UND BILDUNG
                                                    Im Forschungsfeld wird der Zusammenhang
                                                    von christlichem Sendungsauftrag und der Bil-
                                                    dungsarbeit der Kirche reflektiert. Dabei ist ihr
                                                    Einsatz als größte nicht-staatliche Bildungsak-
                                                    teurin weltweit ein unverzichtbarer Ansatzpunkt
                                                    für den Dialog von Kirche und Welt, wie es etwa
                                                    im Hinblick auf eine globale Hermeneutik der
                                                    Bildung als menschliches Grundrecht erkennbar
               DR. CHRISTIANA IDIKA DMMM
                                                    wird. Christliche Anthropologie spielt hier eben-
               Wissenschaftliche Mitarbeiterin
                                                    so eine Rolle wie politische, kulturelle und ethi-
               idika@iwm.sankt-georgen.de
                                                    sche Aspekte oder die Thematik des weltkirchli-
               +49 69 6061-706
                                                    chen Lernens.

  8
JAHRES BERICHT 2019/2020 - INSTITUT FÜR WELTKIRCHE UND MISSION - Institut für Weltkirche ...
MISSION UND MIGRATION

                                                                                          DAS INSTITUT
                                      Zuwanderung und Flucht bedingen eine Plurali-
                                      sierung von Gesellschaft und Kirche. Ein gelin-
                                      gendes Zusammenleben erfordert mehr als eine
                                      vorübergehende Willkommenskultur. Die Begeg-
                                      nung mit dem Fremden bringt große Chancen
                                      mit sich, sie ruft jedoch auch Ängste hervor, die
                                      es gleichermaßen ernst zu nehmen gilt. Für die
                                      Kirche implizieren Migration und Flucht eine Ge-
DR. TOBIAS KEßLER CS M.A.             legenheit, die Dimension ihrer Katholizität neu
Wissenschaftlicher Mitarbeiter        zu entdecken und so mehr und mehr zum Zei-
kessler@iwm.sankt-georgen.de          chen und Sakrament der Einheit der ganzen
+49 69 6061-703                       Menschheit zu werden.

          SEKRETARIAT UND ASSISTENZ

                                 MARION WAIDLEIN, MBA
                                 Assistentin des Direktors
                                 Komm. Assistentin für die Programme
                                 sekr@iwm.sankt-georgen.de
                                 +49 69 6061-710

                                                                                              9
JAHRES BERICHT 2019/2020 - INSTITUT FÜR WELTKIRCHE UND MISSION - Institut für Weltkirche ...
ARBEITEN IN ZEITEN VON CORONA
DAS INSTITUT

               20.03.2020                                    wir unserer Leben vor den „Herausforde-
               Wir alle befinden uns gerade in einer so      rungen einer Weltverantwortung“ (ebd.)
               nie da gewesenen Situation. Innerhalb we-     angesichts der Pandemie neu strukturie-
               niger Tage hat sich der Alltag der Men-       ren, die eigenen Bedürfnisse und das Allge-
               schen in Deutschland fundamental verän-       meinwohl gegeneinander abwägen? Wie
               dert. Viele sehen sich angesichts der Coro-   kann Kirche in der aktuellen Krise ihrem
               na-Krise auf wesentliche Fragen ihres Le-     missionarischem Auftrag nachkommen,
               bens zurückgeworfen:                          die Liebe Gottes den Menschen erfahrbar
                                                             zu machen, wenn Mission „Dynamik [be-
               • Werde ich eine Ansteckung unbescha-
                                                             deutet], aktives In-der-Welt-Sein durch
                 det überstehen?
                                                             Verkündigung, Taten der Barmherzigkeit
               • Wie werde ich mit finanziellen Einbußen     und die Feier der Auferstehung“ (Csiszar
                 zurechtkommen? Muss ich um meine            2016: 300)?
                 wirtschaftliche Existenz fürchten?
               • Wie kann ich mich zu Hause um meine
                 Kinder kümmern und gleichzeitig mei-
                 ner Arbeit nachgehen?
               • Welche inneren Konflikte und unausge-
                 sprochene Differenzen werden im Fall
                 einer häuslichen Quarantäne zum Vor-
                 schein kommen? Oder werden wir nä-
                 her zusammenrücken und uns auf das
                 Wichtige im Leben beschränken?
               • Wie überstehe ich Wochen der Einsam-
                 keit?

               Viele Mitarbeiter des IWM arbeiten zurzeit    Vor einigen Tagen habe ich erfahren, dass
               im Home-Office und versuchen weiterhin        alle Eucharistiefeiern und die Ostergottes-
               ihren missionswissenschaftlichen For-         dienste, als gemeinschaftliche Erfahrung
               schungsprojekten nachzugehen. Doch wo         der Auferstehung, bis auf Weiteres abge-
               liegt die Relevanz missionswissenschaftli-    sagt sind. Ich schreibe diese Gedanken auf,
               cher Forschung in dieser Krisensituation?     während ich in meinem Wohnzimmer sitze
               Wie kann man sich auf theologische Fra-       und zwischendurch meine zweijährige
               gen konzentrieren, wenn der Alltag um ei-     Tochter tröste, die in ihrem Versuch eigen-
               nen herum auseinanderbricht und neu ge-       ständig zu spielen immer wieder Zuspruch
               staltet werden muss?                          braucht. Vielleicht ist das unsere missions-
                                                             theologische Aufgabe für die nächsten Wo-
               Unsere ehemalige Kollegin Klara Csiszar       chen, unsere Aufgabe als Christen: nach
               benennt die „Herausforderungen einer          kreativen Wegen zu suchen trotz aller Ein-
               Weltverantwortung“ (Csiszar 2016: 298)        schränkungen und Herausforderungen un-
               als tragende Säulen eines integralen, ganz-   seren Alltag als „aktives In-der-Welt-
               heitlich gedachten Missionsbegriffs – die     Sein“ (ebd.) neu einzuüben und die Liebe
               theologische Basis der missionswissen-        Gottes den Menschen erfahrbar zu
               schaftlichen Arbeit am IWM. Wie können        machen.

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17.09.2020
Wir leben nun seit über sechs Monaten mit

                                                                                               DAS INSTITUT
Covid-19. Wie hat sich unser Leben und
Arbeiten in dieser Zeit verändert? Wie
wirkt sich das Virus auf unser theologi-
sches Arbeiten am Institut für Weltkirche
und Mission aus?
Die offensichtlichen Veränderungen lassen
sich zunächst einfach beschreiben. Nach
einer Phase des intensiven Arbeitens im
Home-Office freuen wir uns als Mitarbei-
ter einander wieder persönlich im Team-      nen? Die Krise als „Kehre“ (Delgado 2020:
Treffen oder in Kolloquien zu begegnen.      3) zu begreifen impliziert keine Antworten,
Gesegnet mit Räumlichkeiten, die einen       aber stellt einen Ausgangspunkt für missi-
persönlichen Austausch mit dem Einhal-       onstheologische Überlegungen in der aktu-
ten der Abstandsregeln ermöglichen, und      ellen Situation dar: Mission als Dialog zu
technischen Möglichkeiten konnten wir        verstehen, „(...) im lebendigen und von
flexible Lösungen für Veranstaltungen in     den sozialen Fragen und dem Schrei der
Präsenz oder Videoübertragung finden.        Armen und der verwundeten Schöpfung
Mit der schrittweisen Öffnung der Biblio-    geprägten Gespräch mit den anderen
theken und der Hochschulen aber auch         christlichen Konfessionen und Religionen,
der Kindergärten und Schulen kann sich       im Dienst guten Lebens und der Sorge um
nun ein neuer Alltag etablieren – eine       das gemeinsame Haus“ (Eckholt 2020:
Rückkehr zur Normalität? In „Missions-       111). Meine kleine Tochter geht mittlerwei-
wissenschaft in Zeiten des Coronavirus“      le wieder in die Kindertagesstätte, das täg-
fragt Mariano Delgado kritisch an, ob die    liche Fiebermessen und Händedesinfekti-
Menschen die Krise als Wendepunkt ver-       on am Eingang gehören wie selbstver-
stehen werden, hin zu einem „Humanis-        ständlich zur neuen Normalität und wenn
mus, in dem wir Christen unsere genuine      irgendetwas nicht funktioniert, schaut sie
Mission nicht vergessen: die universale      mich beruhigend an: „Das ist eben so we-
Hoffnung auf die Rettung aller dank der      gen Corona.“
unermesslichen, freien Hingabe des
                                                                   Friederike Dillenseger
menschgewordenen Gottes wachzuhal-
ten“ (Delgado 2020: 4)?
Beinhaltet diese Umkehr Antworten auf        Quellen:
die Fragen all jener Menschen, die durch     Csiszar, Klara: Den Missionsbegriff mit dem
die Corona-Maßnahmen ihre Existenz-          Lehramt integral (neu) denken, in: Verbum
grundlage verloren haben? Für Menschen,      SVD, 3-4 57 (2016), 292–309.
die aufgrund ihrer gesundheitlichen Situa-   Delgado, Mariano: Missionswissenschaft in Zei-
tion um ihr Leben fürchten, wenn andere      ten des Coronavirus, in: ZMR 104 (2020), 3–4.
Hygiene- und Sicherheitsstandards leicht-    Eckholt, Margit: Mit Papst Franziskus auf die
fertig umgehen? Für all diejenigen, welche   Herausforderungen an die Mission der Kirche
seit Wochen unter der Isolation leiden,      in Zeiten der Globalisierung antworten, in: ZMR
sich nach einer Umarmung sehnen oder         104 (2020), 108–13.
sich unverstanden fühlen, wenn sie ihre
Ängste nicht öffentlich artikulieren kön-

                                                                                               11
AUS FORSCHUNG UND LEHRE

 JAHRESBERICHT
Papst Franziskus
             an die Päpstlichen Missionswerke

                                                                                               AUS FORSCHUNG UND LEHRE
In seiner Botschaft an die Päpstlichen Mis-     Alles zielt auf eine vitale Glaubenserfah-
sionswerke vom 21. Mai 2020 bietet Papst        rung, die den Menschen umfassende Stim-
Franziskus eine Synthese seines Missions-       migkeit erleben lässt. In biblischer Spra-
und Weltkircheverständnisses. Der Text          che handelt es sich um das Wirken des
mit einem dringlichen Unterton nimmt            Geistes. Diese Vitalität ließe sich als
zwar auch Talente in den Blick, doch die        pfingstlich, charismatisch, enthusiastisch
Betonung liegt insgesamt auf Versuchun-         charakterisieren, wenn diese Adjektive
gen und Krankheiten der missionarischen         nicht mit kompetitiven christlichen Affilia-
kirchlichen Präsenz.                            tionen assoziiert wären. Das antiquierte
                                                Wort Ergriffenheit bringt die passivische
Ein Kernelement seiner Missionstheologie,
                                                Qualität dieser religiösen und genuin
wie bereits in Evangelii gaudium entfaltet,
                                                christlichen Grunderfahrung vielleicht am
benennt das Begriffskonglomerat Freude–
                                                unverfänglichsten zum Ausdruck. Vor die-
Attraktivität–Unverfügbarkeit. Jeglicher
                                                sem Hintergrund erhellt sich die Bitte von
missionarischer Aktivität geht die Erfah-
                                                Franziskus, das Gebet zum Heiligen Geist
rung passivischer Ergriffenheit voraus. Es
                                                nicht nur als Formalität zu pflegen.
handelt sich um eine Erfahrung der Selbst-
überschreitung. Missionarinnen und Mis-         Auf weltkirchlicher Ebene formuliert die
sionare sind Menschen, die von der bibli-       Botschaft einen Gegensatz zwischen parti-
schen Botschaft, insbesondere der Gestalt       kularistischer und universaler Orientie-
Jesu, ergriffen wurden. Die Anziehungs-         rung. Die Universalität hebt die Besonder-
kraft besteht darin, dass sie eine Weitung      heit einer kulturellen Situation nicht auf.
ihres Person- und Menschseins erleben.          Sie behält aber ihre Eingebundenheit in
                                                weitere und größere Zusammenhänge im
Die Attraktivität der christlichen Botschaft    Blick. Auf diese Weise korrespondiert sie
äußert sich als Freude – das Leitmotiv im       mit der Erfahrung der Selbstüberschrei-
Glaubensdiskurs von Franziskus. Dabei           tung, denn die christliche Glaubenserfah-
spricht er sich nicht für eine Wohlfühl-        rung ist immer auch mit einem Erleben
frömmigkeit aus, sondern er bezieht sich        von Ganzheit verbunden. Im Widerspruch
auf die Trosterfahrung in der ignatiani-        dazu stehen konkret nationalistische Ten-
schen Spiritualitätstradition, die sich trotz   denzen und neokolonialistische Bestre-
der Konfrontation mit Widerständen und          bungen, vor denen kirchliche Institutionen
im Berührenlassen durch die Realität des        nicht gefeit sind. So kann die Kirche sich
Leids und des Unrechts einstellt. Dieser        aus den postkolonialen Diskursen nicht
Trost ist nicht machbar und unter inner-        herausnehmen. Das universale Glaubens-
weltlichen Maßstäben irreal. Er stellt sich     fundament bietet jedoch die Chance, dass
ein als unverfügbares Ereignis. Christen        sie nicht in der Kritik stecken bleiben.
haben für dieses Geschehen die Artikulati-
on des Paschamysteriums. Diese Sicht auf        Franziskus versteht den weltkirchlichen
das Glaubenszeugnis ist weit entfernt von       Universalismus nicht nur territorial. Des-
kirchlichen Besitzansprüchen und hege-          halb ist es anachronistisch, wenn immer
monialen Erlösungs- und Fortschrittsstra-       noch pauschal von afrikanischen oder
tegien.                                         asiatischen Missionskirchen die Rede ist.
                                                Weltkirche ist nicht primär eine geogra-

                                                                                               13
phische Größe, sondern definiert sich                   an, wenn eine unangemessene Kompli-
                          durch die kirchliche Qualität der Katholizi-            ziertheit der Prozesse zur Sprache kommt.
AUS FORSCHUNG UND LEHRE

                          tät. Es geht um das ganze Volk Gottes. Alle             In der spirituellen Matrix der Unterschei-
                          Getauften sind im Blick aufgrund ihrer                  dung der Geister ist es Kennzeichen des
                          gläubigen Sensibilität für die Präsenz Got-             Ungeistes, Hindernisse aufzutürmen und
                          tes und ihre Empfänglichkeit für das Wir-               Einwände zu formulieren.
                          ken des Geistes. Insbesondere den Armen
                                                                                  Mit seiner Botschaft versteht sich der
                          kommt diesbezüglich eine hermeneutische
                                                                                  Papst nicht als Analyst oder Berater der
                          Autorität zu.
                                                                                  kirchlichen Unternehmungen. Er bleibt
                          Neben dem Übel des Klerikalismus ver-                   konsequent auf der motivationalen Ebene
                          dient in diesem Zusammenhang Franzis-                   missionarischer Praxis. Mit Penetranz for-
                          kus’ Hinweis auf das Phänomen eines                     dert er die Selbstvergewisserung darüber
                          kirchlichen Elitismus besondere Beach-                  ein, dass die vitale Glaubenserfahrung den
                          tung. Die Diskriminierung zwischen Pro-                 Motor des weltkirchlichen Handelns
                          fessionellen und Amateuren betrifft nicht               bildet. Sein Insistieren auf das Gebet qua-
                          allein die Scheidung von Geweihten und                  lifiziert sie als Erfahrung der Selbstüber-
                          Nichtgeweihten. Als Mittel der Subversion               schreitung.
                          empfiehlt er eine marianische Spiritualität.
                                                                                                                  Markus Luber SJ
                          Provozierend ist die Deutung von Strate-
                          gieentwicklung und Unternehmensanalyse
                                                                                  Quelle:
                          als Selbstbespiegelung. Sie zielt weder auf
                                                                                  Botschaft von Papst Franziskus an die Päpstli-
                          eine prinzipielle Absage an die Einhaltung
                                                                                  chen Missionswerke vom 21. Mai 2020.
                          von Standards noch auf Indifferentismus.                Im Internet unter: http://www.vatican.va/
                          Der beständige Rekurs auf die ignatiani-                content/francesco/de/messages/pont-
                          sche Tradition lässt eine einseitige Auflö-             messages/2020/documents/papa-francesco_
                          sung, die entweder in Apathie oder Akti-                20200521_messaggio-pom.html
                          vismus resultiert, nicht zu. Allerdings deu-
                          tet sich eine argumentative Stoßrichtung

                          Kurzfilm #Zusammenhalten als Botschaft der weltweiten Päpstlichen Missionswerke an die Menschen in der
                          Corona-Pandemie. Quelle: katholisch.de

   14
POLITISCHER PENTEKOSTALISMUS

                                                                                                     AUS FORSCHUNG UND LEHRE
                       Ein neues Forschungsprojekt am IWM
Gegenwärtig kann beobachtet werden,                    nis der Pfingstkirchen, das sich in einer
dass der politische Diskurs in verschiede-             verstärkten Präsenz in sozialen und politi-
nen Ländern zunehmend religiös gefärbt                 schen Bereichen äußert. In manchen Län-
wird. Politikerinnen und Politiker bedie-              dern kann der unmittelbare Einfluss auf
nen sich der Wirkungskraft von Religion,               Zivilorganisationen, Parteien und Regie-
um für Stimmen zu werben, eine Identi-                 rungen registriert werden. Auswirkungen
tätspolitik zu begründen oder eine be-                 auf ökumenische Prozesse, auf die Bestim-
stimmte politische Agenda mehrheitsfähig               mung des Verhältnisses von Kirche und
werden zu lassen. Dadurch finden religiöse             Staat, auf den Dialog mit anderen Religio-
Motive, Symbole und Argumentations-                    nen und säkularen Kräften unterstreichen
muster einen prominenten Platz in der Öf-              die Tragweite bedeutender Verschiebun-
fentlichkeit. Bei dieser Tendenz scheinen              gen innerhalb des Christentums.
insbesondere pfingstkirchliche Akteurin-
                                                       Leitfragen
nen und Akteure eine bedeutende Rolle zu
spielen, die sich verstärkt im politischen             Aus dieser Problemanzeige heraus stellen
und sozialen Bereich engagieren und me-                sich folgende leitende Fragen:
dial präsent sind. Zurückgeführt wird die-             – Wie repräsentativ (auch quantitativ)
se Tendenz meist auf ein neues politisches             sind diese Entwicklungen innerhalb der
Bewusstsein evangelikaler wie pfingst-                 Pfingstbewegung im internationalen Ver-
kirchlicher Akteurinnen und Akteure.                   gleich?
                                                       – Wie wird das gesellschaftliche und poli-
                                                       tische Engagement theologisch begründet
                                                       und inwieweit erweisen sich theologische
                                                       Inhalte als handlungsleitend? In welchem
                                                       Verhältnis steht die theologische Fundie-
                                                       rung insbesondere zur katholischen Sozial-
                                                       lehre?
                                                       – Welche ethischen Anfragen erwachsen
                                                       aus dem theologischen Begründungszu-
                                                       sammenhang und welche Konsequenzen
Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro wird vom   ergeben sich für katholisch-pfingstkirchli-
selbsternannten pentekostalen „Bischof“ Edir Macedo    che Dialoginitiativen auf gesamt- und orts-
gesalbt. © Igreja Universal do Reino de Deus
                                                       kirchlicher Ebene?

In einem neuen Forschungsprojekt des                   Methode
IWM, das von der Kommission Weltkirche                 Das Projekt durchläuft vier Phasen: In der
der Deutschen Bischofskonferenz geför-                 ersten Phase bedarf es einer Vergewisse-
dert wird, richtet sich das Forschungsin-              rung über die Ausgangssituation ange-
teresse auf das gewandelte Selbstverständ-             sichts einer nach wie vor vagen Bestim-

                                                                                                     15
mung der neuen Phänomenlage, die sich          Durchführung einer mehrtägigen, interna-
                          in abweichenden Typologien und einer Va-       tionalen Konferenz mit Wissenschaftlern
AUS FORSCHUNG UND LEHRE

                          riabilität der Nomenklatur zu erkennen         und Bischöfen der untersuchten Länder.
                          gibt. Aufgrund der Internationalisierung       Das Ziel der Konferenz besteht zum einen
                          und der Organisationsstruktur der Pfingst-     in der Bekanntmachung und Diskussion
                          bewegung erfolgt die Erfassung als makro-      der Studienergebnisse, die das Phänomen
                          analytischer Vergleich, der auf regionalen     aus sozial-, religions- und politikwissen-
                          Literaturstudien aufbaut.                      schaftlicher Perspektive beschreiben. Zum
                                                                         anderen stellen die Ergebnisse der Länder-
                          Aufgrund einer ausgeprägten pfingst-
                                                                         Literaturstudien die Grundlage für einen
                          kirchlich-neocharismatischen Präsenz legt
                                                                         Austausch der Verantwortlichen, vor allem
                          sich eine Schwerpunktsetzung auf die Re-
                                                                         aus den untersuchten Ortskirchen, dar, um
                          gionen Brasilien, Nigeria und die Philippi-
                                                                         einer Bewertung und Einordnung der be-
                          nen nahe, die zugleich drei Kontinente ab-
                                                                         schriebenen Entwicklung näher zu kom-
                          decken. Für die Durchführung dieser Lite-
                                                                         men, das Handlungsinteresse der katholi-
                          raturstudie sind ausgewiesene Expertin-
                                                                         schen Kirche zu reflektieren und Hand-
                          nen und Experten für die jeweiligen Kon-
                                                                         lungsperspektiven aufzuzeigen. Aufgrund
                          texte eingebunden worden: Prof. Dr. Bren-
                                                                         der aktuellen COVID-19-Pandemie wird
                          da Carranza und Prof. Dr. José Luis Pérez
                                                                         die Konferenz vom 28.–30. Juli 2021 als
                          Guadalupe (für Brasilien), Prof. Dr. Andre-
                                                                         virtuelle Veranstaltung durchgeführt.
                          as Heuser und Prof. Dr. Ebenezer Obadare
                          (für Nigeria) und Prof. Dr. Jayeel S. Corne-   In der vierten Projektphase erfolgen die Si-
                          lio (für die Philippinen).                     cherung der Ergebnisse und ihre Multipli-
                                                                                           kation durch die Erstel-
                                                                                           lung einer Publikation
                                                                                           als Tagungsband, deren
                                                                                           Veröffentlichung im
                                                                                           Frühjahr 2022 anvisiert
                                                                                           ist.
                                                                                           Das insgesamt zweijähri-
                                                                                           ge Forschungsprojekt
                          In der zweiten Projektphase findet eine
                                                                         wird von Dr. Leandro L. Bedin Fontana
                          Auswertung der regionalspezifischen Lite-
                                                                         koordiniert. Darüber hinaus untersteht es
                          raturstudien durch die Projektstelle „Pen-
                                                                         einem Steuerungskreis, der bei der Ent-
                          tekostalismus“ am Institut für Weltkirche
                                                                         wicklung der Projektschritte fachlich
                          und Mission statt, die sich methodisch des
                                                                         berät. Ihm gehören Prof. Dr. Margit Eck-
                          systematisierenden Vergleichs bedient.
                                                                         holt, Prof. Dr. Andreas Heuser und Prof.
                          Unter anderem sollen die von Soziologen
                                                                         Dr. Klaus Vellguth an.
                          und Religionswissenschaftlern vorge-
                          brachten Zusammenhänge mit theologi-                             Leandro L. Bedin Fontana
                          schen Erklärungen auf Kohärenz geprüft
                          werden.
                                                                         Weitere Infos unter: https://iwm.sankt-
                          Die evaluative Diskussion schafft den          georgen.de/projekt-politischer-pentekostalismus
                          Übergang zur dritten Projektphase, der

   16
Bildung und Ecclesia in Africa

                                                                                             AUS FORSCHUNG UND LEHRE
Das Forschungsprojekt „Bildung zur keno-      Der afrikanische Kontinent war lange Zeit,
tischen Selbsttranszendenz: Für eine ganz-    worauf die afrikanischen Bischöfe hinge-
heitliche menschliche Entwicklung in Afri-    wiesen haben, ein Ort von Konflikten und
ka“, das im IWM-Forschungsfeld „Mission       vielen Übeln, die entweder importiert oder
und Bildung“ verfolgt wird, beschäftigt       durch soziale, politische und wirtschaftli-
sich mit einer transformativen Bildung, so-   che Ungerechtigkeiten auf dem Kontinent
wohl auf der individuellen Ebene als auch     verursacht wurden. Diese haben die Ent-
auf der des Gemeinwohls der Menschen in       wicklung Afrikas sehr negativ beeinflusst
Afrika. Es nimmt dabei die Bildungsarbeit     und die Menschenwürde verletzt. In dieser
der Kirche in Afrika als integralen Be-       Hinsicht stimmt das Forschungsprojekt
standteil ihres Evangelisierungsauftrags in   den Bischöfen Afrikas zu und fragt darüber
den Blick. In diesem kurzen Projektbericht    hinaus, welche Aufgabe christliche Bildung
soll die afrikanische Ortskirche als auch     zu erfüllen hat, damit das Evangelium auf
das Dokument Ecclesia in Africa betrach-      einem Kontinent, auf dem negative und
tet werden.                                   katastrophale Nachrichten täglich Schlag-
                                              zeilen machen, von den Menschen als fro-
Die Kirche hat die Aufgabe,
                                                              he Botschaft wahrgenom-
die Botschaft des Evangeli-
                                                              men und verstanden wird
ums in das Herz der afrika-
                                                              (EA 40).
nischen Gesellschaften zu
bringen und die Menschen                                      Die Entwicklung, von der
zur „Schau Gottes hinzu-                                      hier die Rede ist, kann sich
führen“ (Africae Manus                                        nicht auf das Wirtschafts-
15). Zu beachten sind zum                                     wachstum beschränken.
einen die komplexen Dar-                                      Denn allein die Anhäufung
stellungsformen Afrikas als                                   von Vermögen, Gütern und
politische Idee einschließ-                                   Dienstleistungen, wenn
lich der Verwendungszwe-                                      auch zum Nutzen der
cke, die mit solchen Dar-                                     Mehrheit, reicht nicht aus,
stellungen zusammenhän-                                       um ein ganzheitliches men-
gen, und zum anderen die                                      schliches Wohlergehen zu
Beschreibung Afrikas als                                      verwirklichen. Aus diesem
einen Kontinent, der sich                                     Grund darf eine christliche
vom Senegal bis Madagas-                                      Vision von Entwicklung
kar, von Äthiopien und                                        laut Kardinal Angelo Soda-
dem Horn von Afrika bis                                       no (Weltgipfel für soziale
zum Kongo und dem Sub-                                        Entwicklung 1995) der so-
sahara-Afrika erstreckt. Vor diesem Hin-      zialethischen Reflexion nicht entbehren,
tergrund wird die katholische Kirche als      denn eine Gesellschaft, die nicht in ver-
Ortskirche innerhalb dieses großen Gebie-     lässlichen ethischen Werten verwurzelt ist,
tes bezeichnet. Als Bezugsdokument wird       ist eine Gesellschaft ohne Orientierung. Es
hier das Nachsynodale Apostolische            fehlt das notwendige Fundament, auf dem
Schreiben Ecclesia in Africa (EA) von         die angestrebte soziale Entwicklung aufge-
Papst Johannes Paul II. an das Volk Gottes    baut und getragen werden kann. Bildung
in Afrika genannt.                            wird überall als Schlüssel zum Wohlstand

                                                                                             17
Bildung auf ein Instrument zur
                                                                                   Anhäufung von Zeugnissen, Ver-
AUS FORSCHUNG UND LEHRE

                                                                                   mögen, Gütern und Dienstleis-
                                                                                   tungen, das selbst zu einem Kon-
                                                                                   sumgut verkommt. In erster Linie
                                                                                   bezieht sich das Bildungsparadig-
                                                                                   ma auf das Wesen des Menschen.
                                                                                   Die „Entwicklung eines Men-
                                                                                   schen betrifft aber [auch] seine
                                                                                   Haltung und sein Handeln. Die
                                                                                   gute Haltung und das Handeln
                                                                                   des Menschen werden aber nicht
                                                                                   primär von dem Materiellen er-
                                                                         zeugt, sondern durch die integrale [Ent-
                          angesehen, als das wirkungsvollste Instru-     wicklung und] Kultivierung der Potentiale
                          ment, um die Menschen insgesamt für            des Menschen, die die materielle Forde-
                          neue Aufgaben zu rüsten. Sie gilt als ein      rung lediglich miteinschließt. Das Materi-
                          wesentlicher Faktor für die wirtschaftliche    elle bildet eine wichtige Dimension, aber
                          und soziale Entwicklung. Wie ist die Lage      ist nicht das Ziel. Als Haltung und Han-
                          diesbezüglich in den afrikanischen Län-        deln des Menschen kann die Entwicklung
                          dern? Geht es tatsächlich nur um einen         nur erreicht werden, wenn der Mensch als
                          Mangel an Bildung oder geht es um mehr         Subjekt der Entwicklung gewisse Voraus-
                          als das?                                       setzungen erfüllt“ (Mupepele 2014, 68).
                          Aus einer ethischen Perspektive kann           Die Misserfolge zahlreicher Entwicklungs-
                          deutlich aufgezeigt werden, dass Hinder-       projekte und Bildungsmaßnahmen sind
                          nisse für eine integrale Entwicklung auch      m.E. auf fehlerhafte anthropologische Vor-
                          ethische Konsequenzen haben (Sollicitudo       annahmen zurückzuführen. Diese proble-
                          Rei Socialis, SRS 35). „Man kann gewiss        matische Anthropologie basiert nicht nur
                          von ‚Egoismus‘ und von ‚Kurzsichtigkeit‘       auf kolonialem Erbe, sondern auch auf der
                          sprechen; und auf ‚falsche politische Ein-     Überbetonung des materiellen Fortschritts
                          schätzungen‘, und ‚unkluge wirtschaftliche     und der utilitaristischen Prinzipien (Hand-
                          Entscheidungen‘ hinweisen. In jeder die-       lungsfolgen und Nützlichkeit). Dem gegen-
                          ser Wertungen bemerkt man jedoch ein           über muss jeder Entwicklungsansatz in
                          Echo ethisch-moralischer Natur. Die Lage       afrikanischen Kontexten die Ganzheitlich-
                          des Menschen ist derartig, dass eine tiefere   keit des Menschen in den Blick nehmen.
                          Analyse von Taten und Unterlassungen           Denn „die ganzheitliche Entwicklung jedes
                          der Personen erschwert wird, wenn man          Menschen, besonders der Ärmsten und
                          nicht in der einen oder anderen Weise Ur-      Vernachlässigten in der Gemeinschaft,
                          teile oder Bezüge ethischer Natur mitein-      steht im Mittelpunkt der Evangelisie-
                          schließt.“ (SRS 36) Dies ist insbesondere      rung“ (EA 68).
                          wichtig, wenn man bedenkt, wie weit ver-
                          breitet die Korruption in den meisten afri-    Mit Blick auf die Ortkirche bezeichnen die
                          kanischen Ländern ist.                         afrikanischen Bischöfe die Kirche in Afrika
                                                                         als „Familie Gottes“. Diese Auffassung ba-
                          So konfrontiert Bildung zur kenotischen        siert auf der Bedeutsamkeit von Familie in
                          Selbsttranszendenz, die auf einer Kenosis-     afrikanischen kulturellen Kontexten. Die-
                          Christologie und einem afrikanischen Hu-       ses Kirchenmodell entstand bei der Suche
                          manismus basiert, die Reduzierung der

   18
nach einer passenden Ekklesiologie für         trum des afrikanischen Menschenver-
den afrikanischen Katholizismus, und dies      ständnisses steht.

                                                                                                  AUS FORSCHUNG UND LEHRE
nicht, weil der christliche Glaube auf die
                                               Daher besteht das zentrale Ziel des Pro-
Teilkirche reduzierbar wäre, sondern gera-
                                               jekts darin, die Stellung des Individuums
de weil die besondere Erfahrung des uni-
                                               in der „Wir-Existenz“ zu bestimmen, wo-
versell geteilten Glaubens nicht von den
                                               durch das Individuum mittels des trans-
biographischen Zugängen der Gläubigen
                                               formativen Erziehungsprozesses, der von
getrennt werden kann. Auch wenn sich der
                                               der Idee der Christus-Kenosis geprägt ist,
Familienbegriff im heutigen Afrika verän-
                                               seinen Platz innerhalb der „Wir-Existenz“
dert hat, prägt noch immer das Element
                                               wiederentdecken und aus sich selbst her-
der Gemeinschaftsbezogenheit seine Kern-
                                               aus seine Verantwortung wahrnehmen
bedeutung. Während seine theologische
                                               kann. So wird das Individuum zu einem
und ekklesiologische Begründung nicht
                                               verantwortungsvollen Mitglied der Gesell-
vernachlässigt werden darf, ist seine Eig-
                                               schaft, zu einem Menschen mit und unter
nung für die praktische katholische Glau-
                                               den Anderen. Wenngleich das Projekt
benserfahrung im Hinblick auf die Erzie-
                                               noch nicht abgeschlossen ist, wurden be-
hung zur Selbsttranszendenz wichtig.
                                               reits etliche Aspekte dessen auf Konferen-
Darüber hinaus findet dieses ekklesiologi-     zen und Tagungen vorgestellt.
sche Modell Anschluss an das Prinzip des
                                                                   Christiana Idika DMMM
afrikanischen Humanismus, in dessen
Zentrum die „Wir-Existenz“ steht. Die          Quellen:
„Wir-Existenz“ setzt voraus, dass jeder        Benedikt XVI., Nachsynodales Apostolisches
Einzelne über sich selbst und sein Eigenin-    Schreiben Africae Munus, 2011.
teresse hinausgeht und sich für das Ge-        Johannes Paul II., Enzyklika Sollicitudo Rei So-
meinwohl einsetzt. Wenn man also von der       cialis, 1987.
Wiederentdeckung des Menschseins in            Johannes Paul II., Nachsynodales Apostolisches
Afrika (EA 41) spricht, setzt der Ansatz der   Schreiben Ecclesia Africa, 1995.
Erziehung zur Selbsttranszendenz zweier-       Paschal Mupepele, Die Entwicklungshilfe aus
lei voraus: zum einen eine Auseinanderset-     philosophischer Sicht, Würzburg 2014.
zung der Christus-Kenosis mit dem Prin-        Kardinal Angelo Sodano, Beitrag auf dem Welt-
zip des afrikanischen Humanismus, d.h.         gipfel für soziale Entwicklung, 1995.
der „Wir-Existenz“, und zum anderen die        Die kirchlichen Dokumente können abgerufen
Rückgewinnung des verloren gegangenen          werden unter: http://www.vatican.va/content/
Sinnes für das Gemeinwohl, das im Zen-         vatican/de.html

                           PUBLIKATIONEN
    Neue Publikationen in der Reihe „Weltkirche und Mission“
In unserer wissenschaftlichen Buchreihe        Im Februar 2020 wurde der Sammelband
„Weltkirche und Mission“, die im Verlag        „Christentum Medial: Religiöse Kommuni-
Friedrich Pustet erscheint, sind in den ver-   kation in digitaler Kultur“ publiziert, der
gangenen Monaten zwei neue Bände veröf-        auf die IWM-Jahrestagung 2018 zurück-
fentlicht worden:                              geht. Die Mitherausgeberin, Dr. Ester Berg

                                                                                                  19
Chan, ist Religionswissenschaftlerin mit ei-   sowohl media-
                          nem Forschungsschwerpunkt im Bereich           l e I n s z e n i e-
AUS FORSCHUNG UND LEHRE

                          der pfingstlich-charismatischen und evan-      rungen pente-
                          gelikalen Bewegungen und war bis Septem-       kostaler und
                          ber 2018 wissenschaftliche Mitarbeiterin       neocharisma-
                          am IWM.                                        t i s c h e r G e-
                                                                         staltnahmen
                          Dieser Band beschäftigt sich mit der Rolle     des Christen-
                          und Bedeutung von Medialität und Medien-       tums als auch
                          wandel im Christentum in Geschichte und        die Transfor-
                          Gegenwart aus interdisziplinärer und welt-     mation der
                          kirchlicher Perspektive. Wie gestaltet sich    kommunikati-
                          die Wechselbeziehung zwischen sich wan-        ven Performanz
                          delnden Medien auf der einen Seite und         in den etablier-
                          christlichen Diskursen, Praktiken, Wahr-       ten Kirchen. Der Band bietet Anregungen
                          nehmungserfahrungen sowie Vergemein-           für einen veränderten Blick auf die Pastoral
                          schaftungsformen auf der anderen? Und          in digitaler Kultur und thematisiert die Not-
                          wie sind besonders neuere und neueste          wendigkeit ihrer ethischen Reflexion. Mit
                          Entwicklungen im gegenwärtigen digitalen       Beiträgen u.a. von Robbie Goh, Peter Hors-
                          Zeitalter aus missionswissenschaftlicher       field, Antonio Spadaro SJ und Paul Tighe.
                          Perspektive zu beurteilen? Im Fokus stehen

                          Im März 2020 ist die Dissertationsschrift      Anden in Bildern mit christlicher Ikono-
                          von Dr. Dietmar Müßig, Leiter der Diöze-       graphie versteckten. Mit dieser widerstän-
                          sanstelle Weltkirche im Bistum Hildes-         digen Praxis retteten sie Teile ihrer eige-
                          heim, mit dem Titel „Die Jungfrau im Sil-      nen Kultur und schufen zugleich eine hy-
                          berberg. Ein kolonialzeitliches Marienbild     bride Bild-Theologie. Deren wichtigste
                          aus Potosí als Zeugnis andiner Theologie“      Elemente werden in der Arbeit mit Hilfe
                                                      erschienen.        von Ansätzen aus den postcolonial studies,
                                                      Das Gemälde        der Bild-Philosophie und der Ethnologie
                                                      der Virgen del     entschlüsselt.
                                                      Cerro, der Jung-   Dabei wird deutlich, dass die Verbindung
                                                      frau im Silber-    von europäisch-katholischen Frömmig-
                                                      berg, aus Poto-    keitselementen mit Konzepten aus der an-
                                                      sí in Bolivien     dinen Kosmovision, wie den heiligen Ber-
                                                      dokumentiert,      gen oder der Mutter Erde, die boliviani-
                                                      wie einheimi-      sche Volksreligiosität bis heute prägt. Ab-
                                                      sche Künstler      schließend weist der Autor nach, dass die-
                                                      während der        se Art von andiner Theologie angesichts
                                                      Kolonialzeit       gegenwärtiger Herausforderungen wie der
                                                      Motive aus der     ökologischen Krise erstaunliche Aktualität
                                                      Tradition der      besitzt.

   20
VERANSTALTUNGEN

 JAHRESBERICHT
IWM-Studientag 2019
                   Das Ringen von Migrierten und Geflüchteten um Anerkennung
VERANSTALTUNGEN

                  Unter dem Titel „Lebenslänglich! Das Rin-                 Rechtliche Gleichstellung ist eine wichtige,
                  gen von Migrierten und Geflüchteten um                    aber keineswegs ausreichende Vorausset-
                  Anerkennung und gleichberechtigte Parti-                  zung für gleichberechtigte Partizipation.
                  zipation“ fand am 24. Oktober 2019 an der                 Es gilt, neben kultureller Diversität auch
                  Philosophisch-Theologischen Hochschule                    die strukturelle Asymmetrie der Beziehung
                  Sankt Georgen der IWM-Studientag statt,                   in den Blick zu nehmen, die durch den ein-
                  an den sich ein eintägiger Expertenwork-                  seitigen Fokus auf Diversität häufig ver-
                  shop anschloss.                                           schleiert wird. Das Gewahrwerden des
                                                                            bleibenden Machtgefälles und die Frage
                  Das Anliegen des Studientags lässt sich am
                                                                            nach dem Umgang mit dieser Schieflage
                  Statement einer jungen Frau aus Eritrea
                                                                            standen im Zentrum des Studientags.
                  veranschaulichen: „Du beginnst als Flücht-
                  ling […] Dann, irgendwann, wirst du viel-                 Studientag, 24. Oktober 2019
                  leicht Migrant, mit Dokumenten und ein
                                                                            Im Anschluss an die Begrüßung durch den
                  paar Rechten, vielleicht mit dem interna-
                                                                            Institutsdirektor P. Dr. Markus Luber
                  tionalen Gesetz auf deiner Seite, vielleicht
                                                                            stellte Vanessa Lindl das Tagungskonzept
                  aber auch nicht. Und dennoch erfährst du
                                                                            der Kombination von Studientag und Ex-
                  weiterhin Ungerechtigkeit und überall
                                                                            pertenworkshop vor. Der darauf folgende
                  Einschränkungen: Arbeit, Gesundheitswe-
                                                                            Impulsvortrag von Tobias Keßler unter
                  sen, Schule, was immer du willst. Für mich
                                                                            dem Titel „Ich sehe was, was du nicht
                  fängt Gerechtigkeit an, wenn du endlich
                                                                            siehst“ war darauf angelegt, sich dem An-
                  Staatsbürger am neuen Ort bist, mit allen
                                                                            liegen der Tagung theoretisch anzunähern
                  Rechten. Doch auch dann magst du zwar
                                                                            und eine Diskussion zur Thematik anhal-
                  das Recht auf deiner Seite haben, doch die
                                                                            tender Ungleichheit und Diskriminierung
                  Diskriminierung wird weitergehen. Du
                                                                            anzuregen in dem Bewusstsein, dass kei-
                  wirst der Ausländer bleiben. Und das be-
                                                                            ner und keine für sich allein schon die gan-
                  deutet erneut ungerechte Behandlung,
                                                                            ze Wahrheit besitzt. Eine zentrale Rolle bei
                  auch unter besten politischen Vorausset-
                                                                            der theoretischen Rahmung spielte neben
                  zungen.“

                  P. Dr. Tobias Keßler CS bei seinem Impulsvortrag auf dem Studientag 2019.

 22
Überlegungen zur Bedeutung sozialer Ord-
nung das Entwicklungs- und Wertequa-

                                                                                                      VERANSTALTUNGEN
drat von Friedmann Schulz von Thun, das
Tobias Keßler in eine Raute umformte, um
die Ungleichheit in Bezug auf die Definiti-
onsmacht zum Ausdruck zu bringen. Am
Ende seines Vortrags formulierte der Refe-
rent mehrere Fragen, die er an die anwe-
senden Expertinnen und Experten sowie
an das Publikum richtete. Austausch und
Diskussion fänden in dem Bewusstsein           Den Keynote-Vortrag hielt Prof. Dr. Heimbach-Steins.

statt, dass keiner die ganze Wahrheit besit-
ze. Sie hätten das Ziel, die Wahrnehmung       Reduktion (the danger of a single story)
in Sachen Diskriminierung zu schärfen,         und zum anderen auf das Phänomen der
um entsprechend kompetenter handeln zu         Standardeinstellung (default setting). In
können.                                        ihren daran anschließenden theoretischen
                                               Ausführungen bezog sie sich vor allem auf
Unter dem Titel „‚Anerkennung‘ und ‚Teil-      die kritischen Anerkennungstheorie der
habe‘: Chiffren der Gerechtigkeit für die      US-amerikanischen Philosophin Judith
Einwanderungsgesellschaft? Sozialethi-         Butler, die in Deutschland insbesondere
sche Sondierungen“ griff Prof. Dr. Marian-     durch Anna Maria Riedl rezipiert wurde.
ne Heimbach-Steins von der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster die Fragen        Am Nachmittag trennten sich die Teilneh-
aus sozialethischer Perspektive auf und        mer in vier Arbeitsgruppen, in denen un-
stellte dabei das Verhältnis zwischen „An-     terschiedliche Projekte aus der Praxis vor-
erkennung“ und „Teilhabe“ in den Mittel-       gestellt wurden. Die erste Gruppe leitete
punkt ihrer Reflexion. Zunächst machte         der in der Flüchtlingshilfe engagierte
sie unter Rekurs auf entsprechende Beiträ-     Hochschulpfarrer Burkard Hose. Der
ge von Chimamanda Ngozi Adichie und            evangelische Theologe Dietrich Gerstner
David Foster Wallace auf zwei Probleme         berichtete in einer weiteren Gruppe von
aufmerksam: zum einen auf die Gefahr der       seiner Erfahrung in der Diakonischen Ba-
                                                       sisgemeinschaft „Brot und Rosen“
                                                       in Hamburg. Die am IWM tätige
                                                       Dr. Christiana Idika DMMM über-
                                                       nahm die dritte Arbeitsgruppe,
                                                       nachdem die Soziologin Hanna
                                                       Slowinski ihr Referat kurzfristig
                                                       hatte absagen müssen. Sr. Christia-
                                                       na diskutierte mit den Anwesenden
                                                       ihre philosophischen Reflexionen
                                                       zum Thema „Anerkennung“ sowie
                                                       ihre Erfahrung mit afrikanisch-
                                                       sprachigen Gemeinden in Deutsch-
                                                       land. In der vierten Arbeitsgruppe
Die Expert*innengruppe beim Workshop am IWM.

                                                                                                      23
berichtete der evangelische Pfarrer, Künst-     ander ins Gespräch zu kommen und neue
                  ler und Theologe Johannes Weth von den          Ideen und Einsichten zu generieren, die
VERANSTALTUNGEN

                  Initiativen auf dem von ihm mitgegründe-        derzeit in den Beiträgen zum entsprechen-
                  ten Himmelsfels bei Spangenberg.                den Tagungsband der Reihe „Weltkirche
                                                                  und Mission“ verarbeitet werden. Der Ta-
                  Bei der abschließenden Podiumsdiskussi-
                                                                  gungsband wird voraussichtlich im Früh-
                  on stellten sich Arnd Bünker vom Pasto-
                                                                  jahr 2021 erscheinen.
                  ralsoziologischen Institut in St. Gallen, die
                  Professorin für Interkulturelle Theologie
                  in Hermannsburg Drea Fröchtling, die So-
                  zialethikerin Marianne Heimbach-Steins
                  und die Sozialwissenschaftlerin Katja
                  Winkler von der Katholischen Privat-Uni-
                  versität in Linz den Fragen des Plenums.
                  In der Diskussion wurden Kommentare
                  aufgeriffen, die die Teilnehmenden mittels
                  Computer oder Smartphone über die Platt-
                  form Mentimeter einspeisen konnten.

                  Workshop, 25. Oktober 2019
                                                                  Graphic Recording
                  Dem Studientag folgte ein eintägiger
                  Workshop, an dem ein Großteil der gela-         Ein Highlight bei Tagung und Workshop
                  denen Expertinnen und Experten aus              war die Anwesenheit von Florence Dail-
                  Theorie und Praxis teilnahm. Moderiert          leux, die alles, was sie „aufnehmen“
                  wurde der Workshop von Alexander Kalb-          konnte, in Grafiken festhielt und sich auf
                  arczyk, dem Referenten der Deutschen Bi-        diese Weise am Geschehen beteiligte.
                  schofskonferenz für politische und gesell-                                 Tobias Keßler CS
                  schaftliche Fragen der Migration. Er dien-
                  te dazu, auf der Grundlage des Studientags      Die Ergebnisse der Grafic Recordings können
                  und der je eigenen Erfahrungen und theo-        abgerufen werden unter:
                  retischen Ansätze der Beteiligten mitein-       https://iwm.sankt-georgen.de/studientag-2019

                                                           SAVE THE DATE !
                                                    Politischer Pentekostalismus
                                                     Das neue gesellschaftliche Engagement der
                                               Pfingstkirchen und seine theologische Begründung

                       IWM-JAHRESTAGUNG                                   28.–30. Juli 2021
 24
PROGRAMME

 JAHRESBERICHT
Stipendienprogramm Albertus Magnus
PROGRAMME

                                       Rückblick auf das vergangene Jahr
            Das Theologische Stipendienprogramm                         die das Leben in Deutschland bereichern
            Albertus Magnus (AMP) versteht sich als                     und dazu beitragen, sich hier wohl zu füh-
            innovative Plattform für interkulturelle                    len. Entsprechende Auswirkungen hatte
            philosophisch-theologische Reflexion und                    die Pandemie auch auf die Veranstaltun-
            weltkirchliche Begegnung in Deutschland.                    gen, die im Rahmen des vergangenen
            Aktuell werden im Programm 47 ausländi-                     AMP-Jahresprogramms geplant waren:
                                                                             Einige der Bildungsveranstaltungen
                                                                             mussten in der Zeit des sog. Lock-
                                                                             Down ausfallen oder die Teilnehmen-
                                                                             denzahl wurde begrenzt. Die jährlich
                                                                             stattfindende AMP-Jahresakademie
                                                                             wurde in diesem Jahr als virtuelle
                                                                             Veranstaltung durchgeführt. Am 8.
                                                                             und 9. Oktober 2020 trafen sich rund
            Gesamtanzahl der geförderten Stipendiaten unterteilt nach        40 Stipendiat*innen sowie die Mitar-
            Herkunftskontinent/-region (Stand: Oktober 2020).                beitenden des IWM zu einer digitalen
                                                                             Lern- und Gebetsgemeinschaft. Acht
            sche Studierende bei der Durchführung ei-                   Studierende gewährten in Vorträgen Ein-
            nes theologischen Promotions- oder Lizen-                   blicke in die eigenen Forschungsprojekte
            tiatsstudiums in Deutschland bzw. bei der                   und stellten sich den Fragen der Kollegin-
            Teilnahme an einem Deutsch-Sprachkurs                       nen und Kollegen. Die Präsentationen wa-
            vor dem Studienbeginn gefördert. Stipen-                    ren vielseitig und widerspiegelten aktuelle
            diengeber sind die Hilfswerke
            Adveniat, missio Aachen/MWI
            und Renovabis sowie die
            (Erz-)Bistümer Bamberg, Eich-
            stätt, Köln (über MWI), Lim-
            burg, München-Freising, Müns-
            ter und Trier.
            Der Berichtszeitraum war selbst-
            verständlich von der Corona-
            Pandemie geprägt, die für die
            Stipendiatinnen und Stipenida-
            ten eine besondere Belastung
            gewesen sein dürfte: Durch die
            Social Distancing-Maßnahmen
            fielen viele Kontakte und Be-
            gegnungsmöglichkeiten weg,                 Anzahl der aktuell geförderten Stipendiaten unterteilt nach Stipendiengebern.

 26
PROGRAMME
Diesmal digital: AMP-Stipendiatinnen und Stipendiaten bei der Jahresakademie 2020.

Themen und Fragestellungen in Theologie                  stellen unsere Alumni Christopher Chowa
und Philosphie: z.B. „Folge mir nach: Die                und Marco Antonio González Bañuelos
Besonderheit des Imperativsatzes im Kapi-                dar: Fr. Chowa wurde von 2014 bis 2019
tel 21 des Johannesevangeliums“ (Cristo-                 im Albertus Magnus-Programm vom Bis-
pher Cortés Pliego), „Sozialethische Her-                tum Limburg gefördert und erwarb ein Li-
ausforderungen durch Digitalisierung –                   zentiat in Theologie an der Phil.-Theol.
Nigeria als Fall-beispiel“ (Valentine Ihim)                                              Hochschule
und „Die Menschenrechte: Rezeption und                                                   Sankt Geor-
Kritik aus der Perspektive der Marginali-                                                gen mit dem
sierten bei Jürgen Moltmann und Ignacio                                                  S c h w e r-
Ellacuría“ (Rafael da Silva Sampaio). Ne-                                                punkt im
ben dem inhaltlichen Austausch war der                                                   Fachbereich
Tagesabschluss der Veranstaltung für das                                                 P a s t o r a l-
gemeinsame Gebet reserviert. Die Impulse                                                 theologie.
                                                         AMP-Alumnus Fr. Chowa (rechts).
von Pater Luber waren von Papst Franzis-                 © Diocese Ndola                 Im August
kus’ Enzyklika „Fratelli Tutti“ und der Bit-                                             2020 hat ihn
te um Solidarität zwischen den Menschen                  Bischof Dr. Phiri zum Generalvikar des
inspiriert. In diesem Sinne waren sich die               Bistums Ndola (Sambia) ernannt.
StipendiatInnen einig, dass eine virtuelle
                                                         P. González Bañuelos wurde während sei-
Begegnung nicht die Realpräsenz bei der
                                                         ner Studienzeit in Deutschland (2014–
Jahresakademie ersetzen kann. So hoffen
                                                         2019) von Adveniat gefördert und im
wir darauf, dass das nächste Treffen im
                                                         Fachgebiet „Altes
Oktober 2021 wieder in Sankt Georgen
                                                         Testament“ promo-
stattfinden kann.
                                                         viert. Nach seiner
Angesichts der schwierigen Situation, die                Rückkehr in die Erz-
Einfluss auf die Forschungs- und Studien-                diözese Puebla de los
arbeiten der Stipendiat*innen hatte, freu-               Ángeles (Mexico)
en wir uns darüber, dass im Berichtszeit-                wurde er von Erzbi-
raum fünf Promovenden und fünf Lizenti-                  schof Sánchez Espi-
anden die postgraduale Qualifizierung er-                nosa zum Rektor des
folgreich beenden konnten. Die Absolven-                 Priesterseminars Pal- P. Rektor González Bañuelos.
                                                                                © Arquidiócesis Puebla
ten kehren anschließend in die Heimat zu-                afoxiano ernannt, das
rück, um ihre Ortskirche mit den erworbe-                über 270 Mitglieder
nen Kompetenzen zu unterstützen. Zwei                    umfasst. Wir gratulieren unseren Alumni
Beispiele für eine solche Unterstützung                  zu den verantwortungsvollen Aufgaben.

                                                                                                             27
PERSONALIA

 JAHRESBERICHT
NEUE MITARBEITENDE

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DR. BRANKA GABRIC
Dr. Branka Gabric ist seit September 2020 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am IWM
tätig und verantwortet das Forschungsfeld „Mission und Gesundheit“.
Sie studierte Philosophie und Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät in
Djakovo, Kroatien. Im Jahre 2015 schloss sie an der Accademia Alfonsiana in Rom ihr
Lizentiatstudium mit dem Schwerpunkt in Moraltheologie ab, wo sie auch im Januar
2020 mit einer anthropologisch-ethischen Arbeit promoviert wurde („First thousand days
of life. Psychophysical Development of Person from Conception to Age Two.
Anthropological premises for ethical reflection“). Im Sommersemester 2019/2020 lehrte
sie in ihrem Fachgebiet am Theologisch-Katechetischen Institut der Diözese Subotica,
Serbien.
Darüber hinaus hat sich Dr. Gabric im Bereich der Bioethik am „Institute for Bioethics
and Medical Humanities“ an der Medizinischen Fakultät der „Università Cattolica del
Sacro Cuore“ in Rom spezialisiert.

            DAS IWM HABEN VERLASSEN
YASEMIN (MINA) JUNG
Mina Jung war von März 2019 bis Oktober 2019 als Assistentin für das Theologische
Stipendienprogramm Albertus Magnus sowie das Bildungsprogramm Weltkirche am
Institut für Weltkirche und Mission tätig.

DR. KATHARINA PEETZ, M.A.
Dr. Katharina Peetz war von Juni 2019 bis März 2020 als wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Institut für Weltkirche und Mission beschäftigt. Schwerpunktmäßig war sie für den
Forschungsbereich „Mission und Gesundheit“ verantwortlich. Seit April 2020 ist sie als
akademische Rätin im Bereich Fundamentaltheologie und Dogmatik am Institut für
Katholische Theologie der Unversität Koblenz–Landau tätig.

CAROLINE HERTER
Caroline Herter war von November 2019 bis April 2020 als Assistentin für die Programme
am IWM tätig.

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GÄSTE AM IWM
PERSONALIA

             Im Dezember 2019 hatte das Institut für         kulturalität und interkulturelles Lernen,
             Weltkirche und Mission Besuch von Fr.           afrikanische Christentümer und Geistesge-
             Stan Chu Ilo, Professor am „Center for          schichte, katholische Ekklesiologie und die
             World Catholicism and Intercultural Theo-       Weltkirche sowie Religion und soziale
             logy“ an der DePaul Universität in              Transformation. Er ist Autor zahlreicher
             Chicago. Fr. Ilo forscht in verschiedensten     Bücher und Herausgeber der Reihe „Afri-
             Bereichen mit hoher Aktualität, u.a. Inter-     can Christian Studies“.
                                                             Im Gespräch mit Dr. Roman Beck informier-
                                                             te sich Fr. Ilo über die Forschungschwer-
                                                             punkte, die derzeit am IWM verfolgt wer-
                                                             den. Inbesondere im Bereich der Pente-
                                                             kostalismusforschung bzw. bei der Erfor-
                                                             schung von neuen Phänomenen, die inner-
                                                             halb der pfingstlich-charismatischer Bewe-
                                                             gungen in Erscheinung treten, zeigten sich
                                                             deutliche Interessenüberschneidungen,
             Fr. Dr. Stan Chu Ilo im Gespräch mit Dr.        die auf eine zukünftige transatlantische
             Roman Beck, stellvertretender Leiter des IWM.   Zusammenarbeit hoffen lassen.

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