Fehlplanung: Weshalb ein Kantonsschul-Neubau bereits ein Jahr vor Eröffnung zu klein ist - Bildungszentrum Uster
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Fehlplanung: Weshalb ein Kantonsschul- Neubau bereits ein Jahr vor Eröffnung zu klein ist Die Fehlplanung zu den kantonalen Schulen in Uster erzeugt Unruhe, weckt aber auch Kreativität. Wegen steigender Schülerzahlen ist der 2013 für das Gymnasium errichtete Pavillon-Campus kein Provisorium mehr. Stefan Hotz16.7.2018, 05:30 Uhr Die Modulbauten der Kantonsschule Uster sollten 2019 andernorts verwendet werden, sobald der Neubau nebenan bezogen ist. Doch ein grosser Teil wird weiterhin hier benötigt. (Bild: Christoph Ruckstuhl / NZZ) Seit Jahren arbeiten die Kantonsschule und die Berufsschule in Uster zusammen, organisatorisch unter dem Dach «Bildungszentrum» (BZU). 2019 sollten sie endlich unter einem gemeinsamen Dach eine Unterrichtsstätte erhalten, die derzeit in Bau ist. Seit längerem ist jedoch absehbar, dass das Gebäude niemals alle Schülerinnen und Schüler aufnehmen kann. Kein Wunder, löste dies Diskussionen und Konflikte aus. Inzwischen findet sich das Gymnasium damit ab, dass es auf absehbare Zeit kein eigenes Schulhaus erhält. Es setzt sich aber mit der Berufsschule, die ihr Angebot erweitern will, für den Bildungsplatz Uster ein.
Geplant war ein Haus für beide: 2014 bewilligte der Kantonsrat über 120 Millionen Franken für den Umbau des Berufsschulhauses und seine Erweiterung für die Kantonsschule Uster (KUS). Diese war zuvor als Kantonsschule Glatttal in diversen Provisorien in Dübendorf untergebracht, die sie vor fünf Jahren räumen musste. Der Rohbau ist abgeschlossen, in den Frühlingsferien 2019 wird der Neubau eröffnet. Gegen 1000 Schüler Heute sagt KUS-Rektor Patrick Ehrismann, das Gymnasium komme vom Zwinggarten – an einem Ort dieses Namens war sie in Dübendorf – in den Pferch; tatsächlich weideten auf der Wiese neben dem Neubau in Uster oft Schafe. Dort stehen seit 2013 als grüne Module die Unterrichtsräume der KUS. Schon vor dem Baustart für den Neubau im April 2016 sagte Ehrismann, dass dieses Provisorium – der Parkschulcampus – weiter benötigt werde, was sich nun bestätigt. Die Planung für die KUS geht auf 2004 zurück. Damals sah man in Uster Platz für 450 Schüler vor. Seither erlebt das obere Glatttal jedoch ein überdurchschnittliches Wachstum. Laut Rektor Ehrismann erwartet die KUS nach den Sommerferien gut 640 Schülerinnen und Schüler. Der Andrang wird anhalten, ausserdem sei angedacht, in den nächsten Jahren 200 Gymnasiasten vom Einzugsgebiet der Kantonsschule Wetzikon, deren Platz knapp wird, nach Uster zu verschieben. Von der neuen Kantonsschule in Uetikon am See, die im August in einem Provisorium den Betrieb aufnimmt, erwartet Ehrismann nur geringfügige Entlastung. In Uster rechnet man bis 2027 mit einem Anstieg der Schülerzahl auf rund 1000. erwartete Andrang an den Schulen wird laufend nach oben k
Das zuständige Mittelschul- und Berufsbildungsamt (MBA) der kantonalen Bildungsdirektion stützt diese Vorhersage zwar nicht. Man gehe von tieferen Zahlen aus, heisst es auf Anfrage. Seit 2013 muss es jedoch die Prognosen laufend nach oben korrigieren. Derzeit rechnet man für den ganzen Kanton mit etwa 21 000 Mittelschülern im Jahr 2030 (Grafik), das sind nochmals 1000 mehr als 2015 prognostiziert. Anders als vor zwei Jahren, als Fragen zum absehbaren Engpass in Uster mit der «flexiblen Nutzung von Synergien» beantwortet wurden, wird heute eingeräumt, dass der Platz nicht genügt. Ende Mai antwortete der Regierungsrat auf eine Anfrage der grünen Kantonsrätin Karin Fehr Thoma klar, die KUS benötige zusätzliche Räume. Ursprünglich sollten die hochwertigen Schulcontainer für 12 Millionen Franken nach Bezug des Neubaus 2019 während mindestens 30 Jahren an anderen kantonalen Schulen bei Engpässen oder Sanierungen Verwendung finden. Nun hat der Kanton bei der Stadt Uster um eine Fristverlängerung für das Provisorium, das keines mehr ist, ersucht und sie bis 2022 erhalten. Aus seiner Sicht sei eine mittelfristige Nutzung des Campus anzustreben, damit bis 2030 genügend Schulraum zur Verfügung stehe, schreibt er, andernfalls müssten Ersatzlösungen gesucht werden. Ringen um knappen Platz Kompliziert wird die Sache in Uster durch die gewollte Symbiose von Mittel- und Berufsschule. Gymnasien haben einen Einzugsbereich, der mehr oder weniger gegeben ist. Die Schülerzahl in Berufsschulen ist wesentlich davon abhängig, welche Berufe wo unterrichtet werden. Diese Berufszuteilung, die der Kanton vornimmt, ist ein dornenvolles Thema. Das erfuhr das MBA 2010, als es die damalige Gewerblich- Industrielle Berufsschule Uster schliessen und den Unterricht nach Zürich und Winterthur verlegen wollte. Dieses Ansinnen haben die betroffenen Schulen und Gemeinden mithilfe der grossen Industrieunternehmen der Region und ihrem Branchenverband Swissmem 2011 verhindert. Ende 2017 schien dieser Konflikt eine Neuauflage zu erfahren. Derzeit erarbeitet das MBA Regionalstrategien für die kantonalen Schulen. Aus dem Entwurf für das Oberland ging hervor, dass gemäss einer von vier Varianten die KUS einige Schulzimmer im Ustermer Neubau übernehmen würde. Um dort für sie Platz zu schaffen, würde die kaufmännische Ausbildung in Wetzikon mit der dortigen Wirtschaftsschule zusammengelegt. Eine weitere Variante sah vor, dass die Kantonsschule den Neubau in Uster ganz belegt. Sofort kam die Befürchtung auf, dass der Kanton die technische Ausbildung in Uster immer noch aufheben wolle, zumal die KUS in einer ersten Stellungnahme dieser Variante den Vorzug gab. Ausserdem heisst es schon in der Strategie zum Schulraum des Kantons von 2013, die Auslagerung der damals privaten Kaufmännischen Schule Uster aus dem BZU sei anzustreben. Diese schloss sich aber ein Jahr später mit der technischen Gewerbeschule zur heutigen Berufsfachschule Uster (BFSU) zusammen – mit Zustimmung des Kantons. Der baut mittlerweile auf dem Dach eines neuen Busdepots in Wetzikon Schulräume. Diese sind aber nur für die kaufmännische
Schule Wetzikon zu gross. Das weckte sofort den Verdacht, der Kanton wolle die BFSU wieder auseinanderreissen, um die Überkapazität in Wetzikon aufzufüllen. Niklaus Schatzmann, der neue Chef des MBA, bedauert die Aufregung, welche die verunglückte Information verursachte. Er wurde von der Entwicklung wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme überrascht. Inzwischen ist das erwähnte Szenario ohnehin vom Tisch. Auf die Anfrage Fehr schrieb der Regierungsrat unmissverständlich, die Aufhebung des Standorts Uster für die Berufsbildung stelle «zurzeit keine Option dar». Kanti möchte Campus vergrössern Damit ist das Problem der Kantonsschule nicht gelöst. Sie stellt sich auf den Standpunkt, dass für Mittelschüler, die anders als Berufsschüler an fünf Tagen in der Woche Unterricht haben, ein eigenes Schulhaus für die Identifikation wichtig sei. Das ist nun illusorisch. Rektor Patrick Ehrismann wendet es mit einem Schuss Sarkasmus ins Positive: «Wir bleiben eine dynamische Schule.» Immerhin: Die Zeiten, als die Mittelschule sowohl in Dübendorf als auch in Uster Unterricht erteilte, sind vorbei. «Uster erhält zwar keine neue Kantonsschule, aber einen starken Bildungsstandort», sagt Ehrismann. Berufs- und die Mittelschule hätten Platz in Uster und könnten wachsen. Unabdingbar sei aber die Unterstützung der Stadt. Laut dem Rektor ist vorgesehen, dass in einem Jahr, wenn der Neubau bezogen ist, ein Trakt des Parkschulcampus mit etwa einem Drittel der Schulzimmer nach Winterthur zur Kantonsschule Im Lee verlegt wird, die saniert wird. Die KUS werde alles daransetzen, dass die Pavillons danach zurückkehrten, sagt er. Auch so fehlen gemäss ihren Berechnungen schon nach wenigen Jahren wieder verfügbare Schulzimmer (Grafik). Ehrismann schlägt deshalb vor, den Campus nicht nur auf Dauer zu erhalten, sondern zudem auf der benachbarten Wiese mit weiteren Modulbauten zu ergänzen. Otto Schlosser, der Rektor der BFSU, sieht auch Möglichkeiten, den Trakt, der nach Winterthur zügeln soll, im Rahmen der nächsten Berufszuteilung für zusätzliche Berufsfelder in Uster zu nutzen. Erst Ende Juni hat sich die BFSU eine neue Strategie gegeben, die den Trend Digitalisierung aufnimmt, um die Angebote in Wirtschaftsfächern und Technik weiterzuentwickeln, und die Vision formuliert, das Angebot mit Berufen im Gesundheits- und Sozialwesen zu ergänzen. Zusammen mit den Partnerschulen in der Region will die BFSU zudem die Berufsmaturität weiter fördern.
Schlosser ist die ursprüngliche Idee des Bildungszentrums wichtig. Berufsbildung und Gymnasium unter einem Dach zu vereinen, hiess schon immer mehr, als nur zusammen eine Mensa und eine Bibliothek zu betreiben oder gemeinsam eine Sammlung für den Physik- und Chemieunterricht zu unterhalten. Ihm geht es auch um pädagogische Inhalte und die gemeinsame Weiterbildung der Lehrkräfte. Er erwähnt, dass sich die Gymnasien in der Vermittlung der Digitalisierung weiterentwickeln. In Uster sieht Schlosser deshalb eine in der Schweiz einzigartige Chance, die Partnerschaft von gymnasialer und beruflicher Bildung zu realisieren. Die BFSU, die sich als Kompetenzzentrum für die digitale Transformation profilieren will, könne dazu einen massgeblichen Beitrag leisten. Offenere Information Ehrismann und Schlosser, Rivalen und Verbündete zugleich, betonen das gemeinsame Ziel, den Bildungsplatz Uster und damit letztlich den Wirtschaftsstandort zu stärken. Für den Kanton und dessen Parlament bedeutet die Entwicklung, dass trotz dem Kredit für den Neubau, anders als erwartet, in Uster bezüglich Bildungsinfrastruktur noch keine Ruhe herrscht. Bis 2019 erarbeitet der Kanton Regionalstrategien für seine Schulen, eine Teilstrategie zum Oberland/Glatttal soll noch dieses Jahr vorliegen. Aus der Erfahrung, dass interne Information allein Misstrauen schürt und ohnehin nichts unter dem Deckel bleibt, will das MBA Lehren ziehen. Laut seinem Chef Niklaus Schatzmann sucht es nach geeigneten Wegen, um die interessierte Öffentlichkeit über den jeweiligen Stand der Arbeiten zu informieren.
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