Finanzdienstleistungs-gesetz (FIDLEG) - Auswirkungen auf Prozesse und strategische Implikationen September 2017 - EY
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Finanzdienstleistungs– gesetz (FIDLEG) Auswirkungen auf Prozesse und strategische Implikationen September 2017
Inhaltsverzeichnis Editorial................................................... 03 FIDLEG — Auf einen Blick........................... 04 Kernprozesse — Handlungsbedarf............... 05 Onboarding........................................... 07 Herausforderungen am Point of Sale....... 08 Execution & Reporting............................ 10 Produkte............................................... 11 Ausblick................................................... 12 Unser Angebot......................................... 13 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) 2
Editorial Der Bundesrat hat im November 2015 die Botschaft zum Finanzdienstleistungs- gesetz (FIDLEG) und zum Finanzinstitutsgesetz (FINIG) verabschiedet. Die Ge- setzesentwürfe wurden im Dezember 2016 im Ständerat behandelt und kürzlich während der Herbstsession 2017 im Nationalrat diskutiert. Im Vergleich zum ersten Entwurf des Gesetzes und zur MiFID II bieten sich pragmatische Umset- zungsmöglichkeiten. Wir erwarten das Inkrafttreten der Gesetze im ersten Halb- jahr 2019. Mit der Vorlage wird eine der EU-Regulierung gleichwer- forderung, dass für Schweizer und nicht europäische tige, den schweizerischen Gegebenheiten und dem An- Kunden von der europäischen Kundschaft abweichende legerschutz adäquat angepasste Regelung anvisiert. Der Standards gelten. Folglich muss entschieden werden, ob Bundesrat verfolgt dabei im Gegensatz zur Europäischen die bestehenden MiFID-Prozesse auch auf Schweizer Union prinzipienbasierte Regeln. Kunden angewandt werden sollen, oder ob man parallele Prozesse mit den entsprechenden Umsetzungskonsequen- Während der parlamentarischen Beratungen ist man zen und operationellen Herausforderungen einführt. teilweise von der ursprünglichen Zielsetzung abgewichen, dass Finanzdienstleister möglichst nur einen Standard für Die vorliegende Publikation liefert eine erste Analyse zum schweizerische wie auch europäische Kunden einhalten aktuellen Gesetzesstand und der laufenden Diskussion im müssen. Parlament. Wir skizzieren den daraus resultierenden Handlungsbedarf für Finanzdienstleister entlang der Der gut gemeinte Vorschlag, dass man in zentralen Wertschöpfungskette und zeigen gleichzeitig auch Themengebieten weniger weit geht als die internationalen strategische Fragestellungen auf. Industriestandards, kann bei einer genauen Analyse auch unerwünschte Konsequenzen mit sich bringen. Wir freuen uns, einzelne Aspekte mit Ihnen im Gespräch vertiefen zu dürfen. Für internationale Anbieter bietet sich mit dieser Vorlage die Chance bzw. stellt sich die operationelle Heraus- Christian Röthlin Philipp de Boer Stephan Geiger Partner Partner Executive Director Financial Services Switzerland Financial Services Switzerland Financial Services Switzerland Tel: +41 58 286 35 38 Tel: +41 58 286 36 33 Tel: +41 58 286 34 73 christian.roethlin@ch.ey.com philipp.deboer@ch.ey.com stephan.geiger@ch.ey.com 3 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)
FIDLEG — Auf einen Blick Das FIDLEG bringt einheitliche Wettbewerbsbedingungen Die vorgesehene Doppelnorm bringt eine verbesserte für die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammen- Rechtssicherheit, wonach die Verhaltensregeln des hang mit Finanzinstrumenten. Von der ursprünglichen Aufsichtsrechts auch im Zivilrecht gelten werden. Version wurden jedoch die Versicherungsgesellschaften Das FIDLEG wird zusammen mit dem FINIG in Kraft treten, und die rückkaufsfähigen Lebensversicherungen welches insbesondere die Tätigkeiten von Vermögensver- ausgenommen. Entsprechende Vorschriften sollen in den waltern und Trustees stärker reguliert. separaten spezialgesetzlichen Regularien aufgenommen werden. Die Einführung des FIDLEG hat einen erheblichen Einfluss auf die Kernprozesse Anlageberatung und Vermögensver- Zu den wesentlichen Neuerungen zählen (i) neue waltung. Die Anforderungen und Zusammenhänge organisatorische Anforderungen, (ii) deutlich erweiterte müssen erkannt und effizient in die bestehenden Prozesse Verhaltensregeln bei der Anlageberatung sowie (iii) die integriert werden. Dabei sind bei international ausge- Abgabe eines Basisinformationsblattes beim Vertrieb von richteten Instituten auch die deutlichen Gemeinsamkeiten Finanzinstrumenten. zur europäischen MiFID II zu berücksichtigen. Registrierungspflicht für Es sind angemessene in- und ausländische organisatorische Massnahmen Kundenberater, die nicht dem zu treffen: Das FIDLEG betrifft Finanzmarktaufsichtsgesetz unterstehen. • Sicherstellung der gewerbsmässig tätige Ausbildung der Finanzdienstleister der Schweiz, Kundenberater wie: • Vermeidung von • Banken Berater- Interessenskonflikten inkl. • Wertpapierhäuser register der Offenlegung von • Vermögensverwalter Entschädigungen Dritter • Emittenten von Finanz- Finanzdienst- • Überwachung der Organisation instrumenten leister Dienstleisterkette FIDLEG Vertrieb Verhaltensre- von Die Verhaltensregeln gehen Für den Vertrieb von geln Finanzinstru- deutlich weiter als die heute Finanzinstrumenten wird gültigen Regelungen: menten Kundenseg- zukünftig in den meisten Fällen • Erweiterte Informations- und mentierung ein Basisinformationsblatt Dokumentationspflichten benötigt. • Prüfung der Angemessenheit Zudem gelten erweiterte und Eignung von Prospektpflichten für öffentlich Finanzdienstleistungen Drei Kundensegmente angebotene Effekten. Die werden unterschieden: Prospekte müssen zukünftig • Transparenz und Sorgfalt bei Kundenaufträgen • Institutionelle Kunden einer Prüfstelle vorgelegt • Professionelle Kunden werden. • Privatkunden Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) 4
Kernprozesse — Handlungsbedarf Die neuen Vorschriften des FIDLEG treffen den Kern des Handlungsfelder zu identifizieren und die Projektres– Anlageberatungs- und Vermögensverwaltungsgeschäfts. sourcen effizient einzusetzen. Ein Fokus der Regulierung liegt auf dem Beratungszeit- Bei der Umsetzung der ähnlichen, aber deutlich weiterge- punkt (Point of Sale), da hier die im Beratungsprozess henden Vorgaben der Markets in Financial Instruments eingeholten Informationen des Kunden mit den von den Directive (MiFID II), welche von den Mitgliedstaaten bis am Finanzdienstleistern angebotenen Produkten auf ihre 3. Januar 2018 umgesetzt werden muss, beobachten wir Eignung geprüft werden müssen. Am Point of Sale treffen in der Industrie verschiedene Herangehensweisen. somit der Beratungs- und Produkteprozess aufeinander. Während einzelne Anbieter die regulatorischen Vorgaben Daneben hat das FIDLEG Auswirkungen auf die gesamte nur als kostenintensive Pflichtübung sehen, haben andere Wertschöpfungskette im Bereich der Anlageberatung, Finanzdienstleister die Chance genutzt, ihre Beratungs– Vermögensverwaltung und Emission von Finanzinstru- prozesse zu überdenken und modernisieren. Dabei menten. werden die neuen Anforderungen möglichst standardi– Unsere Erfahrung zeigt, dass die unten vereinfacht siert und automatisiert in die Prozesse eingebunden. Die dargestellten Pflichten und die übrigen organisatorischen Kundenberater sollen von administrativen Lasten befreit Anforderungen je nach Institut einen massgeblichen und das Erlebnis für den Kunden ins Zentrum gestellt Einfluss auf das aktuelle Target Operating Model haben. werden. Eine vorausgehende Impact Analyse hilft, sämtliche Vor Vertragsabschluss ist Sämtliche Kunden sind einer Vor einem Transaktionsab- der Kunde über den der drei Kategorien zuzuord- schluss ist dem Kunden ein Finanzdienstleister, seine nen. Für Privatkunden sind die Basisinformationsblatt zur Dienstleistungen und über Anlageziele, finanziellen Verfügung zu stellen. Der die damit verbundenen Verhältnisse und Produkt- Prospekt ist nur auf An- Risiken und Kosten zu erfahrung zu dokumentieren. frage abzugeben. informieren. Onboarding Kunden- ebene Allgemeine Kunden- Kunden- Informations- profilierung information pflichten Produkte- Produkte- Produkte- Produkte- ebene universum klassierung information Das Produkteuniversum für Die Finanzprodukte sind Die Basisinformationsblätter die Anlageberatung und einer Risikokategorie für und allenfalls Prospekte Vermögensverwaltung sind den späteren Abgleich mit sind für die eigenen zu definieren. Gleichzeitig den Kundenprofilen Produkte zu erstellen und ist das dabei berücksichtigte zuzuweisen. Alternative: bei den Drittprodukten beim Marktangebot zu Konsequente Anwendung Emittenten zu beschaffen. beschreiben. des Portfolioansatzes. 5 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)
Wesentliche Abweichungen zur MiFID II • Kostentransparenz — Nach MiFID II müssen dem Kunden die Kosten vollumfänglich offen gelegt werden, bevor eine Transaktion ausgeführt wird. Dies beinhaltet die Transaktionskosten sowie die im Produkt enthaltenen Kosten (z.B. Gewinnmarge). Zudem müssen dem Kunden nach MiFID II ex-post periodisch deutlich detailliertere Informationen über sämtliche Kosten zugestellt werden. • Retrozessionen — Das FIDLEG definiert im Gegensatz zur MiFID II kein Verbot zur Entgegennahme von Vorteilen (z.B. Retrozessionen) im Zusammenhang mit Vermögensverwaltung. • Angemessenheits- und Eignungsprüfung — Die Unterscheidung von FIDLEG zwischen transaktions- und portfoliobezogener Beratung kennt die MiFID II nicht, diese verlangt bei jeder Anlageberatung eine Eignungsprüfung. • Vertrieb von Finanzprodukten — Die MiFID II verlangt einen Produktezulassungsprozess für eigene und fremde Finanzinstrumente. Zudem wird ein Zielmarktkonzept eingeführt, welches einen angemessenen Vertrieb der Finanzinstrumente sicherstellen soll. • Best Execution — Die MiFID II definiert weitergehende Anforderungen zur bestmöglichen Erfüllung von Kundenaufträgen und verlangt die Offenlegung der vom Finanzinstitut am meisten genutzten Börsenplätze. Abgleich der Produktecharak- Neben der regelmässigen Über- teristik mit dem Kundenprofil. Bei prüfung der Produkteinforma- Abweichungen ist der Kunde zu tionen wird sich eine automa- warnen. Bei "Execution-only"- tisierte Portfolioüberwachung als Geschäften ist keine Prüfung Marktstandard etablieren. notwendig. Point of Sale Execution & reporting Monitoring Angemessenheits & Eignungsprüfung Best Reporting Execution Die erbrachte Beratungs- Bei der Ausführung der Kunden- Auf Anfrage legen Dienstleister dienstleistung ist mittels aufträge ist das bestmögliche gegenüber ihren Kunden eines Beratungsprotokolls Ergebnis in finanzieller, zeitlicher Rechenschaft über die zu dokumentieren. und qualitativer Hinsicht zu erbrachten Dienstleistungen und erzielen. die damit zusammenhängenden Kosten ab. Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) 6
Onboarding Point of Sale Execution & Reporting Kunden- ebene Allgemeine Kunden- Kunden- Informations- Monitoring profilierung information pflichten Angemessenheits- & Eignungsprüfung Produkte- Produkte- Produkte- Produkte- Best Reporting ebene universum klassierung information Execution Kernprozesse — Handlungsbedarf Onboarding Allgemeine Informationspflichten Vermögen von über CHF 2 Mio. verfügen und heute schon gemäss dem im Kollektivkapitalanlagerecht geltenden Die umfangreichen vorvertraglichen Informationspflichten Grössenkriterium von CHF 5 Mio. als qualifizierte Anleger werden künftig im Rahmen der Geschäftsaufnahme dokumentiert sind. Zudem gelten beispielsweise auch eingebettet. grosse Unternehmen, die zwei der folgenden Grössen Finanzdienstleister haben vor Abschluss des Vertrags erfüllen, als professionelle Kunden: oder vor Erbringen der Dienstleistung ihre Kunden über • Bilanzsumme > CHF 20 Mio. die angebotene Dienstleistung, die angebotenen Finanz- instrumente und über ihr Unternehmen in verständlicher • Umsatzerlös > CHF 40 Mio. Form zu informieren. In der Praxis wird dies mittels einer • Eigenkapital > CHF 2 Mio. zusätzlichen Informationsbroschüre erfolgen. Ursprüng- Die Verhaltensregeln des FIDLEG finden für institutionelle lich enthaltene Kostentransparenzbestimmungen wurden keine und für professionelle Kunden nur eingeschränkt vom Ständerat aus der Vorlage gestrichen. Anwendung. Weiter können die professionellen Kunden weitgehend auf die Anwendung der Informations-, Kundensegmentierung Dokumentations- und Rechenschaftsrechte verzichten. Die Kunden müssen zukünftig einer der drei Kundensegmente zugeordnet werden: • Privatkunden Welches Potential bietet ein • Professionelle Kunden Opting-out zur Reduktion der • Institutionelle Kunden Die Segmentierung bestimmt das jeweils auf den Kunden regulatorischen Pflichten und anzuwendende Schutzniveau. Kunden können erklären, wie kann es umgesetzt werden? dass sie einem anderen Segment zugewiesen werden und folglich von mehr bzw. weniger Anlegerschutz profitieren wollen. Kundenprofilierung Auf eine Segmentierung kann ganz verzichtet werden, Der Umfang der vom Kunden einzuholenden Informationen wenn alle Kunden als Privatkunden behandelt werden. ist abhängig vom jeweiligen Dienstleistungsszenario und Allerdings führt ein solcher Ansatz zu Einschränkungen Kundensegment. Für die Angemessenheitsprüfung muss beim Vertrieb von Produkten für professionelle Kunden. sich ein Finanzdienstleister nur über die Kenntnisse und Erfahrungen seiner Kunden erkundigen. Im Rahmen der Eignungsprüfung sind diese Erkundigungspflichten Vergleich zur MiFID umfassender und beinhalten zusätzlich auch die finanziel- Die Kundensegmente entsprechen grundsätzlich den len Verhältnisse und Anlageziele der Kunden. Die Einhol- MiFID Vorgaben, jedoch bestehen punktuelle ung dieser Information geschieht typischerweise via vom Abweichungen und ein erheblicher Spielraum zur Finanzdienstleister ausgearbeiteter Fragebögen, die meist Reduktion des anwendbaren Schutzniveaus. vom Kundenberater im Rahmen des Onboardings aus- gefüllt und dokumentiert werden. Bei rein transaktions- Attraktiver erscheint eine gut durchdachte Selektion der basierter Beratung sieht die aktuelle Vorlage erhebliche sich im FIDLEG bietenden Optionen zur Kundensegmen- Erleichterungen im Vergleich zur MiFID II vor, da in diesem tierung. So können etwa vermögende Kunden erklären, Beratungsszenario vorgängig keine Angaben zu den dass sie als professionelle Kunden gelten wollen (Opting- finanziellen Verhältnissen und Anlagezielen eingeholt out). Dies gilt insbesondere auch für Kunden, die über ein werden müssen. 7 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)
Onboarding Point of Sale Execution & Reporting Kunden- ebene Allgemeine Kunden- Kunden- Informations- Monitoring profilierung information pflichten Angemessenheits- & Eignungsprüfung Produkte- Produkte- Produkte- Produkte- Best Reporting ebene universum klassierung information Execution Kernprozesse — Handlungsbedarf Herausforderungen am Point of Sale Finanzdienstleister, die Anlageberatungs- oder Vermö- rien mit unterschiedlicher aufsichts- und zivilrechtlicher gensverwaltungsdienstleistungen erbringen, müssen eine Konsequenz ist eine der Herausforderungen in der Angemessenheits- oder Eignungsprüfung durchführen. praktischen Umsetzung dieses Konzepts. Diese aufsichtsrechtlichen Pflichten orientieren sich an den Vorgaben der MiFID. Wir weisen in der Folge punktuell Befreiung von der Eignungsprüfung auf einige relevante konzeptionelle Unterschiede hin. Ein Finanzdienstleister kann sich von der Pflicht zur Eignungsprüfung befreien, wenn er den Kunden vor der Execution-only-Geschäft Erbringung der Dienstleistung darauf hinweist, dass er Wenn ein Finanzdienstleister lediglich im Rahmen der aufgrund fehlender Informationen keine Beurteilung Ausführung von Kundenaufträgen (Execution-only- vornehmen kann oder von der Dienstleistung abrät. Dies Geschäfte) oder von Aufträgen auf Veranlassung von widerspricht dem in der MiFID stipulierten Prinzip, dass Kunden tätig wird, so kann er nach dem im FIDLEG Finanzdienstleister keine persönlichen Empfehlungen vorgeschlagenen Konzept vollständig auf die Durch- abgegeben dürfen, wenn vorgängig keine positive führung einer Angemessenheits- bzw. Eignungsprüfung Eignungsprüfung durchgeführt werden konnte. Nach dem verzichten. Unter der MiFID ist dies nur sehr FIDLEG-Konzept kann folglich ein Finanzdienstleister auch eingeschränkt bei reinen Ausführungsgeschäften für über ungeeignete Finanzinstrumente beraten. Unseres bestimmte nicht komplexe Finanzinstrumente möglich. Erachtens bietet das beschriebene Szenario aber wenig sinnvollen Anlageberatungsspielraum und dürfte wohl in Angemessenheits- oder Eignungsprüfung der Regel in die Kategorie des beratungsfreien Geschäfts Während unter MiFID bei Vorliegen von Anlageberatung fallen. oder Vermögensverwaltung im Geschäft mit Privatkunden stets eine Eignungsprüfung vorzunehmen ist, unterschei- Kostentransparenz det das FIDLEG-Konzept, ob der Finanzdienstleister seine Eine der grossen Herausforderungen unter der MiFID ist Dienstleistung in Bezug auf eine einzelne Transaktion oder die geforderte Kostentransparenz vor Abschluss einer im Hinblick auf das gesamte Portfolio des Kunden er- jeden Transaktion. Diese Anforderung ist im aktuellen bringt. Aus den Materialien ergeben sich keine weiteren Entwurf des FIDLEG nicht enthalten, was eine deutliche Hinweise, wie diese zwei Szenarien in der Praxis zu Erleichterung gegenüber dem europäischen Ausland unterscheiden sind. Im Rahmen der Vermögensver- darstellt. Dennoch bleibt abzuwarten, ob die erhöhte waltung wird immer eine Eignungsprüfung gefordert sein. Transparenz im Ausland nicht auch den Druck auf die Bei den Beratungsverträgen zeichnet sich jedoch ein Schweizer Finanzdienstleister erhöhen wird, die Kosten- uneinheitliches Bild. Eine klare Abgrenzung dieser Szena- transparenz zu verbessern. Beratung Beratung Dienstleistungsmodel portfoliobezogen transaktionsbezogen Execution only Unterschiedliche Konzepte MiFID unterscheidet nicht zwischen portfolio- und Prüfung Eignung Angemessenheit Keine transaktionsbezogener Beratung. Kenntnisse und Dagegen muss bei Execution-only- Erfahrung Geschäften die Komplexität der Finanzielle Produkte berücksichtigt werden. Verhältnisse Hier lassen sich für die Banken vereinfachte Umsetzungslösungen Anlageziele finden. Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) 8
Rechtssicherheit für die Banken Die ursprünglichen Ideen zur erleichterten Durchsetzung von Konsumentenansprüchen wurden im Rahmen der parlamentarischen Diskussion klar abgelehnt. Da das FIDLEG im Sinne einer Doppelnorm nicht nur aufsichts-, sondern auch zivilrechtliche Wirkung haben soll, bietet der aktuelle Vorschlag den Banken nun sogar ein attraktives Ausmass an Rechtssicherheit. Sofern die Vorgaben des FIDLEG eingehalten werden (z.B. korrekte Kundenklassifizierung und rechtsgültiger Verzicht auf Retrozessionen), können die Banken ihr Haftungsrisiko für künftige Rechtsstreitigkeiten erheblich reduzieren. Exkurs: Rule Engine Das FIDLEG erhöht die Anforderungen am Point of Sale. Es gilt aber zusätzlich die bestehenden Anforderungen hinsichtlich der Angemessenheit der Produkte aus steuerlicher wie auch regulator- ischer Sicht sowie die Einhaltung von Restriktionen bei der grenzüberschreitenden Finanzdienstleistung zu berücksichtigen. Fortgeschrittene Rule Engines kombinieren diese verschiedenen Anforderungen und unterstützen die Kundenberater zur Erbringung einer regelkonformen Beratung. Wie vermeidet man Haftungsrisiken bei der Abgrenzung von transaktions- und portfoliobasierter Beratung? 9 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)
Onboarding Point of Sale Execution & Reporting Kunden- ebene Allgemeine Kunden- Kunden- Informations- Monitoring profilierung information pflichten Angemessenheits- & Eignungsprüfung Produkte- Produkte- Produkte- Produkte- Best Reporting ebene universum klassierung information Execution Kernprozesse — Handlungsbedarf Execution & reporting Best execution Dokumentations- & Die Ausführung von Kundenaufträgen soll im bestmögli- Rechenschaftspflichten chen Interesse der Kunden erfolgen. Dabei soll ein Das heute im Vertrieb der kollektiven Kapitalanlagen möglichst vorteilhaftes Gesamtergebnis für den Kunden in verlangte Beratungsprotokoll wird nun generell auf (i) finanzieller, (ii) zeitlicher und (iii) qualitativer Hinsicht Finanzinstrumente ausgeweitet. Aktuelle Lösungsansätze erreicht werden. im Markt zeigen, dass mit den im Rahmen der Angemes- senheits- und Eignungsprüfung verwendeten Informa- tionen das Protokoll automatisch erstellt und so der administrative Aufwand tief gehalten werden kann. Der Bundesrat hat zwei weitere wesentliche Neuerungen im Gesetzesentwurf vorgesehen. Zeit • Die Finanzdienstleister werden den Kunden auf Anfrage eine Kopie der erstellten Dokumentation über die erbrachten Finanzdienstleistungen, Abmahnungen und Beratungsprotokolle zugänglich Best machen müssen. Execution • Zum anderen sind dem Kunden die mit der erbrach- ten Finanzdienstleistung verbundenen Kosten Kosten Qualität ebenfalls auf Anfrage aufzuzeigen. Erfahrungen mit ähnlichen Vorgaben aus dem europäischen Raum zeigen, dass die Schaffung der Kostentransparenz Relevante Dimensionen nicht zu unterschätzen ist und zusätzliche Anforde- rungen an die Datenverfügbarkeit und -granularität stellt. In liquiden Märkten stehen in aller Regel der Preis und die mit der Transaktion verbundenen Kosten im Vordergrund. Das FIDLEG bietet allerdings auch Hand zu erheblichen Die Schnelligkeit der Ausführung ist primär in illiquiden Erleichterungen, wenn die Kunden auf eine entsprechende Märkten relevant. In qualitativer Hinsicht ist insbesondere Rechenschaftsablage verzichten. das Gegenparteirisiko zu berücksichtigen. Die Finanzdienstleister stehen vor der Herausforderung, Wie vereinbart man die wie sie die nicht preisbezogenen Kriterien bei der Aus- führung gewichten und in den Systemen abbilden. Zudem potentiellen Zielkonflikte sind die Daten über die erwarteten Transaktionskosten zwischen Zeit, Kosten und und Steuern der Handelsplätze systematisch zu pflegen und beim Preis zu berücksichtigen. Qualität im Rahmen der Best Execution? Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) 10
Onboarding Point of Sale Execution & Reporting Kunden- ebene Allgemeine Kunden- Kunden- Informations- Monitoring profilierung information pflichten Angemessenheits- & Eignungsprüfung Produkte- Produkte- Produkte- Produkte- Best Reporting ebene universum klassierung information Execution Kernprozesse — Handlungsbedarf Produkte Produktuniversum und -klassierung standardisierten Produkten (z.B. Devisentermingeschäfte) die Erstellung automatisiert erfolgen. Die Voraussetzung für den Produkteprozess bildet das Produkteuniversum, welches den Kunden aktiv angeboten werden kann. Zur systematischen Durchführung der PRIIPs Exkurs Eignungs- und Angemessenheitsprüfung sollten alle Die Beratung bzw. der Verkauf von Finanzinstru- Produkte im Universum einer Risikoklasse zugewiesen menten an Kunden des europäischen Wirtschafts- oder die Risikocharakteristiken mittels einer statistischen raums verlangt zudem ein PRIIPs* KID ab 1. Januar Methode im Portfoliokontext erfasst werden. 2018. Das Synergiepotential der Regulierungen sollte bereits heute berücksichtigt werden. Produktinformation * Verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Die im FIDLEG enthaltenen Bestimmungen zur Prospekt- Versicherungsanlageprodukte pflicht lösen die bestehenden rudimentären Bestimmun- gen im Obligationenrecht ab. Grundsätzlich löst jedes öffentliche Angebot von Effekten eine Prospektpflicht aus, Überwachung dies gilt teilweise auch für Derivate und strukturierte Emittenten müssen die im Basisinformationsblatt Produkte. Erwähnenswerte Ausnahmen von dieser enthaltenen Informationen regelmässig überprüfen und Prospektpflicht sind dabei vor allem öffentliche Angebote, gegebenenfalls anpassen. Die Finanzdienstleister müssen (i) die sich nur an professionelle Kunden richten, (ii) einen ihrerseits sicherstellen, dass sie beim Angebot der Mindesterwerb von CHF 100‘000 vorsehen, (iii) die sich Finanzinstrumente über eine aktuelle Version verfügen. an weniger als 500 Kunden richten oder (iv) einen Ge- Das FIDLEG enthält keine Anforderung an eine periodische samtwert von CHF 2.5 Mio. nicht übersteigen. Überwachung des Kundenportfolios. Verschiedene Wenn Finanzinstrumente angeboten werden, wird ein Marktteilnehmer haben in den letzten Jahren jedoch Basisinformationsblatt benötigt. Grundanliegen dieser wesentlich in den qualitativen Ausbau des Beratungs- Basisinformationsblätter ist die leicht verständliche prozesses investiert. Sie überwachen bereits heute täglich Zusammenfassung der wesentlichen Produktemerkmale. die vereinbarte Anlagestrategie mit dem effektiven Dieses Prinzip kennen wir bereits aus dem Kollektivkapital- Kundenportfolio und reagieren aktiv bei Abweichungen. anlagerecht mit dem KID (Key Investor Document). Vergleichbare ausländische Informationspapiere werden anerkannt. Das Basisinformationsblatt soll Privatkunden in Bera- Wie können die Informations- tungsszenarien vor Zeichnung oder Vertragsabschluss zur Verfügung gestellt werden. In bestimmten Szenarien kann pflichten reibungslos in den dies mit Zustimmung des Kunden auch erst nachträglich Kaufprozess integriert werden? erfolgen. Ähnliche Anforderungen aus der EU zeigen, dass die Abgabe in der Regel über einen elektronischen Versandkanal erfolgt. Herausforderungen stellen die erhebliche Anzahl von betroffenen Produkten sowie die Zurverfügungstellung der Informationen für den Kunden vor der Auftrags- ausführung dar. Zur Vermeidung zeitaufwändiger Dokumentationsarbeiten sollte mindestens bei nicht 11 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)
Ausblick Praktische Herausforderung bei der Umsetzung für internationale Anbieter Grössere international ausgerichtete Finanzinstitute haben bereits in der Vergangenheit Teile der MiFID I übernommen und arbeiten aktuell an der Umsetzung der Weiterentwicklung (MiFID II). Entsprechend haben diese Institute u.a. ihre Beratungsprozesse, Interessenkonflikt- regelung sowie Kundenkommunikation bereits angepasst. Dabei ist klar, dass sich diese Institute bei der Umsetzung von FIDLEG möglichst an bereits bestehenden Lösungen orientieren. Abweichungen lohnen sich insbesondere, wenn bestimmte Kundenkategorien insgesamt von Verhaltenspflichten ausgenommen werden können. Gleichwertigkeit der Regulierung Eine zentrale Frage für den Finanzplatz Schweiz bleibt, ob das FIDLEG in der aktuellen Version von der EU als der MiFID II gleichwertig anerkannt wird und dadurch die Voraussetzung für einen besseren Marktzugang geschaffen werden. Das FIDLEG folgt der Schweizer Tradition einer prinzipienbasierten Gesetzgebung. Die MiFID II hingegen ist stärker regelbasiert und dadurch deutlich umfassender und teilweise strikter. Insgesamt verfolgen aber beide Regelwerke die gleichen Prinzipien. Neben der Gleichwertigkeit wird der Marktzugang wohl auch von der Verhandlungen hinsichtlich der generellen Zusammenarbeit mit der EU abhängig sein. Aktuelle Diskussionen im Parlament Die parlamentarische Diskussion wird zeigen, wie nahe man schlussendlich aus Gründen des Marktzugangs an der konsumentenschutzfreundlichen MiFID legiferieren wird. Die grossen Eckpfeiler sind mittlerweile gesetzt. Der Nationalrat hat seine Debatte abgeschlossen. Eine mögliche Differenzbereinigung mit dem Ständerat könnte in der Wintersession, jedoch eher wahrscheinlich in der Frühlingssession 2018 erfolgen. Als mögliches Inkrafttre- ten des Gesetzes wird aktuell der 1. Januar oder 30. Juni 2019 diskutiert. Dies ist aber stark von den Ergebnissen der weiteren Diskussion in den Räten abhängig. Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) 12
Unser Angebot EY unterstützt mehrere Finanzinstitute in der Schweiz sowie in Europa bei der Analyse und Implementierung der MiFID II. Unsere Kunden profitieren von diesem Erfahrungsschatz und unserem bewährten Strukturierungsansatz. Wir bieten unter anderen die folgenden Dienstleistungen im Zusammenhang mit FIDLEG an: Implementation support • EY stellt ein erfahrenes Projektteam • Impact/Gap Analyse sowie Implementierungsunterstützung • Ergänzende Ressourcen bis hin zur vollständigen Projektleitung je nach Bedarf Training • Unterstützung bei der Erstellung von Schulungsunterlagen und Web-based Learnings • Durchführung von Schulungen und Webcasts Coaching • EY stellt erfahrene Sparring Partner für das Steering Committee • Durchführung von Workshops • Unterstützung bei schwierigen Fragestellungen • Benchmarking Health check • EY führt Health Checks durch und überprüft die vorgesehenen Lösungsansätze hinsichtlich Compliance und Marktpraxis • Heatmap und Gap Reports zeigen die möglichen Risiken auf 13 Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG)
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