Fokus: Ein Land entwickelt sich - DAS MAGAZIN DER GEMEINDE GLARUS NORD
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D A S M A G A Z I N D E R G E M E I N D E G L A R U S N O R D 2022 | Nr. 1 Fokus: Ein Land entwickelt sich
Inhalt Titelbild „Die Schlacht bei Näfels vom 9. April 1388”– eine vaterländische Druckgrafik (Aquatinta) von Franz Hegi Die „Schweiz“ (1774–1850) und das Land Glarus im 14. Jahrhundert 4–5 Februar 1388 – Impressum die Lage spitzt sich zu 6–7 Herausgeber Gemeinde Glarus Nord Kommunikation Schulstrasse 2 8867 Niederurnen kommunikation@glarus-nord.ch www.glarus-nord.ch Redaktion Andreas Neumann Die Schlacht bei Näfels 8–11 Fotos/Bildmaterial Copyright G.A. Emberton: The Swiss at War 1300–1500. London 1981. Osprey Publishing. Kantonsarchäologie St. Gallen. Karl Jauslin: Bilder aus der Schweizergeschichte. Basel o.J., Illustration von Karl Jauslin, nach 1876. Kunstmuseum Basel. Madeleine Kuhn, Glarus. Markus Hauser, Zug/Näfels. Die Näfelser Fahrt 12–13 Museum des Landes Glarus, Freulerpalast Näfels. Wikimedia Commons. Quellen Christoph Brunner: Glarner Geschichte in Geschichten. Glarus, 2004. Bevölkerungs- entwicklung 14–15 Historisches Lexikon der Schweiz. Unter: www.hls.ch. HLS. 2021 Kanton Glarus. Unter www.gl.ch Rolf Kamm: Die Schlacht bei Näfels 1388 – Kampf gegen den Erzfeind?. In: Geschichte der Schweiz. Fenster in die Vergangenheit I, Jahresschrift der Schweizerischen Gesellschaft für militärhistorische Studienreisen, Heft 32. Zürich, 2011. Rolf Kamm: Glarus zwischen Habsburg und Zürich – Die Entstehung des Landes im Spätmittelalter. Glarus, 2010. Gestaltung/Grafik prepressum, Mollis Druck Küng Druck AG, Näfels Auflage 9800 Exemplare www.glarus-nord.ch
Editorial stärken, sondern auch die jeweiligen Dörfer, ihre Kultur und Geschichte zu erhalten und zu fördern. Aus diesem Grund lancierten wir vor mittlerweile sechs Jahren auch das gemeindeeigene Magazin „iibligg“, welches seitdem in vierteljährlichem Rhythmus Einblick in die verschie- denen Bereiche und Projekte unserer Gemeinde bietet. Gleichzeitig be- richtet der „iibligg“ aber auch über Themen, welche von allgemeinem Interesse sind. Gerade und insbe- sondere auch für neu zugezogene Personen, von denen es – wie Sie Liebe Leserinnen und Leser noch lesen werden – im vergange- nen Jahr auch wieder einige ge W er die Vergangenheit nicht kennt, kann weder die Gegen- wart verstehen noch die Zukunft geben hat. Nach zwei Jahren pandemiebe- gestalten. Gerade für die Gemeinde dingter Einschränkungen ist es ab- Glarus Nord passt das Zitat des sehbar, dass die Näfelser Fahrt, die ehemaligen deutschen Bundeskanz- ihren Ursprung nach der Schlacht lers, Dr. Helmut Kohl, vortrefflich: bei Näfels nahm, am 7. April 2022 Noch jung in ihrer eigenen Ge- wieder in gewohntem Rahmen statt- schichte, vereint Glarus Nord seit elf finden kann. Wir freuen uns daher, Jahren die mit Geschichte reich be- mit vorliegendem „iibligg“ über die frachteten ehemaligen Gemeinden Schlacht bei Näfels zu berichten Bilten, Niederurnen, Oberurnen, und einen Einblick in dieses um Näfels, Mollis, Filzbach, Obstalden fassende Thema zu gewähren, und Mühlehorn. welches sowohl für sämtliche un- serer acht Dörfer als auch für die Seit 2011 gestalten wir in der Gegen Gemeinde Glarus Nord von zeit- wart den Weg als Gemeinde Glarus loser Bedeutung ist. Nord in eine erfolgreiche Zukunft: Glarus Nord ist mittlerweile Heimat Im Namen des Gemeinderates wün- von über 19 0 00 Einwohnerinnen sche ich Ihnen beim Lesen viel Spass. und Einwohnern, gilt als Motor des Kantons und weist in vielerlei Be- Herzlich, Ihr reichen eine erfreuliche Dynamik auf. Die Gemeinde ist aber auch Thomas Kistler bestrebt, nicht nur Glarus Nord zu Gemeindepräsident 3
Die „Schweiz“ und das Land Glarus im 14. Jahrhundert Der Bundesbrief von 1291 gilt erst seit dem 19. Jahrhundert als die Gründungsu rkunde der Schweizerischen Eidgenossenschaft. 4 Freiheit, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Neutralität – dies sind jene Werte, die sich seit über siebenhundert Jahren wie ein roter Faden durch die Geschichte der Schweiz zu ziehen scheinen. Diese Konstanten versinnbildlichen sich über die Jahrhunderte in eindrücklichen und wirkungsträchtigen Symbolen wie dem Rütlischwur, Wilhelm Tell und dem Apfelschuss bis hin zur geistigen Landesverteidigung und General Henri Guisan. atsächlich gestaltet Die Eidgenossenschaft des 14. Jahr- beschworen wurde und das räum- sich die konkrete Ent- hunderts bestand aus acht Orten, liche Gebiet absteckte, in welchem wicklung im Verlauf den Ländern Uri, Schwyz und Unter- man sich zu Hilfe kam. Von einem der sieben Jahrhun- walden (seit 1291 oder etwas spä- einzigen Bund zu sprechen, wäre derte – wie so oft im ter), den Städten Luzern (1332), jedoch nicht korrekt: Vielmehr ex realen Leben – als Zürich (1351), Zug (1352), Bern istierten viele verschiedene Bünde. weitaus komplexer. Den erwähnten (1353) sowie seit 1352 auch aus Dies führte dazu, dass verschiedene roten Faden finden wir im 14. Jahr- unserem Lande Glarus. Hierbei de der acht Orte gar nicht direkt, son- hundert noch nicht: Die „Schweiz“ finierte sich die Eidgenossenschaft, dern lediglich indirekt miteinander von damals hat mit dem staats erstmals 1351 als solche in den verschworen waren, so beispiels politischen Gebilde der heutigen damaligen Schriften bezeichnet, als weise durch separate Beibriefe oder Zeit sehr wenig gemeinsam. lockeres Bündnis, welches durch Eid jeweilige Separatverträge.
Dieser lockere Staatenbund war 15. Jahrhundert, während Namen, ausgehenden 14. Jahrhunderts folg- stark von den Machtinteressen der die im 15. Jahrhundert erscheinen, lich zwei unterschiedliche „Göttis“: einzelnen Mitglieder geprägt. Diese vor 1400 nicht existieren. Die neue, wachsende Führungsgrup- Interessen konnten sich bisweilen pe die Eidgenossen sowie die alte, auch widersprechen. Sie alle einte Der Grund für diesen Wandel in der schrumpfende Führungsgruppe die jedoch das gemeinsame unmittel- Führungsschicht war ein wirtschaft- Habsburger. Wie kam es, dass der bare Interesse an der Friedens licher – dieser hatte aber auch poli- Einfluss der Habsburger abnahm? wahrung und der militärischen Hilfe- tische Folgen: Die Führungsgruppe Deren Fokus lag zunehmend im leistung. der ersten Hälfte des 14. Jahrhun- Osten: Habsburg dehnte sich Auch das Land Glarus schloss derts stützte sich auf ihre geerbten Rechte und ihre Anbindung an die im Gebiet des heutigen Öster- reichs und Tschechiens zur 5 1352 bei seinem „Beitritt“ damalige – habsburgische! – damaligen Zeit massiv aus – nicht mit allen Kantonen Herrschaft. Dies mit dem entsprechend verlor man zunehmend und Ländern einen Bund, Ziel, das Kriegswesen das Interesse an Glarus und Umge- sondern ausschliesslich einzudämmen und damit bung und den eigenen Leuten dort. mit Zürich, Uri, Schwyz verbundene Einschrän- und Unterwalden. Es kungen des lukrativen Vor diesem Hintergrund fällt es war ein Bund, welcher Fernhandels zu ver- schwer, von den Habsburgern per se jedoch derart nachteilig hindern.In der zweiten als Erzfeinden der Eidgenossen zu für die Glarner ge- Hälfte desselben Jahr- sprechen, wie dies vor allem die wesen ist, dass er als hunderts dominierten vaterländische Geschichtsschreibung „böser Bund“ bezeich- zunehmend Personen- des 16. bis 20. Jahrhunderts tut. net wurde: So waren kreise, die ihren Wohl- Vielmehr herrschte zwischen den die Eidgenossen nur Das Haus Habsburg. stand mit alp- und wirt- weltlichen (von den Habsburgern) und Eines der dominierenden innerhalb der Glarner europäischen Fürsten- schaftlichen Tätigkeiten auch kirchlichen Machtansprüchen Landesgrenzen und aus- häuser vom im Export erlangten. (des Klosters Säckingen) im Lande schliesslich unter gewissen Spätmittelalter Durch diese Tätigkeiten Glarus und der Interessen der bis ins Jahr war diese „neue“Führungs- Glarner im 14. Jahrhundert eine formellen Bedingungen 1918. hilfspflichtig. Ebenso konnten gruppe oft auch familiär mit Koexistenz, mit welcher sich alle Be- die Eidgenossen die Hilfe gar der Innerschweizer Oberschicht teiligten wohl irgendwie arrangieren verweigern und weitere Bündnisse – Eidgenossen! – verbandelt. Diese konnten. eingehen. Das Land Glarus hingegen Kreise waren durchaus gewillt, ihre ging die Verpflichtung ein, in jedem Interessen auch mit Gewalt durchzu- Fall und ohne räumliche Beschrän- setzen. So haben diese beiden Füh- kung auf eigene Kosten Hilfe zu rungsgruppen im Lande Glarus des leisten und dritte Bündnisse ohne Weiteres zu akzeptieren. Über die Gesellschaft im Land Ewige Bünde (Bundesbriefe) zwischen den acht Orten Glarus im 14. Jahrhundert existieren Bern, Zürich, Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug und Glarus zum wenige Quellen. Diese liegen meist Zeitpunkt der Schlacht bei Sempach. in Form von Urkunden vor. Allge- Orte, die Teile mein ist davon auszugehen, dass des jeweiligen n die Bevölkerungszahlen im 14. Jahr- de Bundes waren al hundert in unserer Region eher yz rw s rn h ru hw r ic wieder abnahmen, nachdem die Be- te rn ze Jahr g la i Un Be Zü Zu Sc Ur Lu G völkerung im Jahrhundert zuvor noch gewachsen war. Die Quellen berich- 1291 ten über die damals auftretenden 1315 Personen, die hauptsächlich einer schmalen Schicht zugeordnet werden 1332 können: Der Oberschicht. So sind 1351 es beispielsweise Vertrags p artner, Richter oder politisch tätige Perso 1352 nen, die genannt werden. Nicht alle 1352/1365 bekannten Familiennamen traten zu- dem zeitgleich in Erscheinung: Viele 1353 Familien, welche bereits im 13. Jahr- hundert und frühen 14. Jahrhundert Die verschiedenen Bündnispflichten der alten acht Ortschaften – in Anbetracht der Vielzahl genannt werden, verschwinden im eine unübersichtliche Angelegenheit.
1385: Die Lag ge sp pitzt sich 6 Der Rückbau ist im Mai und Juni 2020 in vollem Gange. Die Schlacht bei Sempach Als im Jahr 1386 eine Zeit der Kriege, Fehden und Plünderungen auf einem Fresko aus dem 16./17. Jahrhundert in der anbrach, von der die gesamte heutige Schweiz erfasst wurde, Schlachtkapelle Sempach. setzte sich in Glarus die „eidgenössische Haltung“ zulasten der Von einer Glarner Fahne fehlt indes jede Spur. habsburgischen Position wohl allmählich durch. arteien bei diesen gewalt- nisse entstanden, die deutlich anti- Dies führte im Gegenzug zu einem tätigen Handlungen bil- habsburgische Tendenzen aufwiesen. kontinuierlichen Ausbau des Ein- deten einige süddeutsche Stellvertretend für alle Bündnisse sei flussbereiches der eidgenössischen Städte, Habsburg-Österreich hier der Konstanzer Bund von 1385 Städte. Die Ereignisse überschlugen sowie die Eid g e nossen. So zu nennen, in welchem sich die Städ- sich zunehmend, was im Jahr 1385 waren die Habs burger be- te Zürich, Zug, Solothurn, Bern und zu einer Eskala t ion führte: Ohne strebt, zwischen dem Tirol indirekt auch Luzern mit nicht weni- formelle Kriegserklärung griffen die und den habsburgischen Vor ger als 51 anderen Städten aus dem Eidgenossen verschiedene öster landen eine durchgehende süddeutschen Raum verbanden. Zu- reichische Stützpunkte an, darunter Verbindung herzustellen, welche bis sätzlich fehlte Habsburg auch die auch jenen bei Rapperswil. Hierbei ins Elsass reichen sollte. Diese inten- Unters tützung des Königs des Heili- wurden zahlreiche Burgen des öster- sive, ausgedehnte Erwerbspolitik gen Römischen Reiches, was Habs- reichischen Adels zerstört. Einige hatte aber zur Folge, dass die burg zusätzlich schwächte. Habs- Glarner scheinen in dieser Zeit auch geopolitis chen Interessen zahlreicher burg hatte daher zu diesem Zeitpunkt die habsburgische Vorburg ober- Städte tangiert wurden. Die Stim- kein Interesse, einen ausgedehnten halb des heutigen Dorfes Oberurnen mung kippte: Verschiedene Bünd- militärischen Konflikt zu beginnen. erobert zu haben.
zu Diese Angriffe konnte wiederum Funktion und war von grosser wirt- Habsburg nicht auf sich sitzen lassen schaftlicher Bedeutung, da durch und schlug im Folgenden zurück. Aus Weesen die Hauptverkehrsachse von dieser Fehde entstand eine offene Zürich nach Graubünden und weiter militärische Auseinandersetzung, die nach Italien führte und auch der am 9. Juli 1386 in die Schlacht von Wasserweg Walensee-Maag-Linth Sempach münden sollte. Hierbei kont rolliert werden konnte. standen auf Seite der Eidgenossen rund 1500 bis 2000 Mann etwa 700 Trotz Friedensvertrag zwischen den berittenen habsburgischen Waffen- Eidgenossen und Habsburg vom Ja knechten und einem grösseren Fuss- nuar 1387 kam es zu weiteren Schar- volk gegenüber. Trotz anfänglichen mützeln und gegenseitigen Über Schwierigkeiten gelang es den zah- griffen. Der zwischen den beiden lenmässig unterlegenen und sich in Streitmächten geschlossene Friedens- unvorteilhafter Stellung befindlichen vertrag diente denn auch eher als Eidgenossen, in einer offenen Feld- zeitlich befriste t er Waffenstillstand, schlacht das überlegene habsbur- welcher es den beiden Parteien er gische Heer vernichtend zu schlagen. lauben sollte, sich auf eine erneute Diese Niederlage schwächte nicht kriegerische Auseinandersetzung vor nur Habsburg, sondern sorgte infolge zubereiten. des unerwarteten Schlachtausgangs Es kam so, wie es sich seit geraumer weitherum auch für Aufs ehen. Zeit angekündigt hatte: Anfangs Verschiedene Parteien waren be- 1388 überfielen die Habsburger strebt, aus der Niederlage Habsburgs das besetzte Städtchen Weesen. Die im Sempacher Krieg und der damit Wiederer oberung gelang: In der verbundenen österreichischen Schwä- „Mordnacht zu Weesen“ vom 21. auf chung Profit zu ziehen: So zogen die den 22. Februar 1388 kamen dreis- Eidgenossen – darunter auch einige sig Glarner ums Leben, nachdem Glarner – im Nachgang zu Sempach habsburgfreundliche Einwohner das noch im selben Jahr in das habs Weesner Stadttor für die österreichi burgische Städtchen Weesen ein und schen Truppen öffneten und diese die zwang en die bislang unter habsburgi Glarner im Schlaf überraschten. scher Kontrolle stehende Bevölkerung Weshalb sich zu diesem Zeitpunkt zur Leistung des Huldigungseids. Dies dreissig Glarner in Weesen auf- war für Habsburg eine nicht hinnehm- hielten, ist in Anbetracht der Tatsache, bare Provokation: Weesen hatte für dass Glarus am eidgenössischen Krieg Habsburg eine wichtige strategische offiziell nicht teilnahm, bis heute unklar. Die habsburgischen Truppen standen nun unmittelbar vor den Toren des Landes Glarus und verfügten mit Weesen über einen idealen Ausgangs punkt für einen militärischen Einfall. Die Burg Oberwindegg – bis 1386 habsburgisches Verwaltungs zentrum ob dem heutigen Oberurnen. 7
Die Schlacht bei Näfels Dieser Bericht, der 1420/30 in eine Zürcher Stadtchronik offiziellen Cha- rakters aufgenommen wurde, ent- spricht dem Glarner Schreiben an die Reichsstädte über den Ausgang der Schlacht und weiteren an ande- ren Orten festgehaltenen zeitgenös- sischen Schilderungen. So ist der äussere Ablauf der Ereignisse vor, während und nach der Schlacht an sich bekannt. Fest steht, dass die Letzimauer in der Schlacht von Näfels nur eine untergeordnete Bedeutung spielte: Die Letzimauer wurde von der österreichischen Hauptmacht ohne nennenswerten Widerstand durch- brochen, wobei die habsburgischen Angreifer taleinwärts in die Dörfer ritten und sich daranmachten, zu rauben und zu plündern. Visualisierung der Truppen Ein heilloses Durcheinander – Darstellung der Schlacht in der Spiezer Chronik von 1485 „Darnach am 9. April 1388 ies sind die Städte: zogen folgende Herren Schaffhausen, Winter thur, Frauenfeld, Radolf und Städte mit einem grossen Vor- zell, Rapperswil und marsch Heer von 6000 Mann andere. Sie eroberten der Feinde gegen das Land Glarus bis die Letzi an der Grenze zur Letzi: Graf Hans von des Landes Glarus und drangen mit Gewalt ins Land ein. Deshalb be- Werdenberg, Herr zu Sargans, sammelten sich die Glarner, 350 die Grafen von Toggenburg, bewaffnete Verteidiger. Sie griffen die Wasserläufe Maag und Peter von Torberg, Johann von Feinde an und schlugen viele tot. Linth zur Zeit Klingenberg und andere Darauf flohen die Feinde. Die Glarner der Schlacht Herren, Ritter und Knechte. jagten ihnen nach und erschlugen Ortschaften etwa 1800 Mann. Viele ertranken im zur Zeit der Walensee und auch in der Linth, so Schlacht dass man sagt, das Kriegsvolk der Letzimauer österreichischen Herrschaft habe an vermutetes diesem Tag 2400 Mann verloren. Die Vorrücken der Glarner gewannen 1200 Harnische, Österreicher 13 Panner und viele Pferde. Von den 8 Glarnern wurden 54 Mann erschla- gen. Die Feinde, die am Leben blie- ben, flohen nach Weesen, in die Anrücken der Österreicher an die Letzi Stadt.“
Die entscheidende Phase der Schlacht weicht in den jeweiligen Chroniken Die Letzimauer jedoch voneinander ab: Verschie- Die Letzimauer ist eine dene Quellen berichten, dass die Talsperre, die das Land Glarus wohl ab Mitte des Ritter die fliehenden Glarner verfolgt 14. Jahrhunderts gegen und diese sich wiederum gewehrt, Norden abriegeln sollte. die Gegner mit grossen Steinen Sie zog sich vom Westen Näfels‘ quer durch das Tal beworfen und nach einem kurzen bis an die Linth. Kampf in die Flucht geschlagen An verschiedenen Orten hätten. Andere Chroniken enthalten sind auch zu heutiger Zeit wiederum keine solche Verfolgung, noch Reste sichtbar. Beim sondern erwähnen, dass die Glarner Schlachtdenkmal Näfels wurde ein kleiner Teil sogar die wegen des Beutemachens in rekonstruiert. Unordnung geratenen Ritter auf de- Oberhalb von Mollis ren Rückweg überfallen hätten. Von befand sich eine kleinere einem langen Kampf ist indes nir- Letzimauer. gends die Rede. Ebenso sind sich die Quellen einig, dass es den Glarnern gelang, den Gegner auf Anhieb zu der Last der fliehenden Truppen ein- Wie gelang es aber den Glarnern, überrennen. Eine ebensolche Einig- stürzte. Die zweite habsburgische in der entscheidenden Phase die über- keit herrscht bei der letzten Phase Hauptmacht von rund 1500 Mann, die legenen österreichischen Truppen der Schlacht, der Flucht des habs- über den Kerenzerberg angerückt erfolgreich zu überfallen? Als wahr- burgisch-österreichischen Heeres war, zog infolge der sich vor ihren scheinlichster Ansatz gilt heute, dass nach Weesen und den hohen Ver- Augen abspielenden Katastrophe im sich die Glarner und ihre Verbünde- lusten durch Ertrinken im See und Tal unverrichteter Dinge wieder ab. ten in der westlichen Talflanke be- in der Maag, als die Brücke unter sammelten. Beim Rückmarsch des mit bewegungen und des möglichen Schlachtverlaufes Stellung der Glarner 9 Rückzug der Feinde Rückzug der Feinde Ver- folgung durch die Glarner Ver- folgung durch die Glarner Plünderung des Landes durch österreichische Anmarsch der 2. Kolonne der Österreicher über Flucht der Österreicher nach Weesen und Truppenteile, Besammlung der Glarner am den Kerenzerberg nach Beglingen und Rückzug Verfolgung durch die Glarner Rautihang und kurze Schlacht ohne ins Kampfgeschehen einzugreifen.
„Die Schlacht bei Näfels“ – Beutegütern beladenen, zu guten Teilen Werk des berühmten Schweizer berittenen österreichischen Heeres musste Malers Ferdinand Hodler Ende des 19. Jahrhunderts. sich dieses beim schmalen Durchgang der Letzi gestaut haben, sodass es zur Konfrontation mit dem glarnerischen Heer kam. Für diesen Ansatz spricht, dass die zeitgenössischen Quellen durch- wegs auch die Deutung zulassen, dass die Letzi nicht auf einem breiten Ab- schnitt genommen wurde, sondern die Angreifer das sich im Westen befind- liche Tor eingeschlagen hatten. Dramatische Darstellung der Schlacht bei Näfels von Karl Jauslin Während die Habsburger wohl an im Stil der Historienm alerei des griffen, um sich wirtschaftliche Vorteile ausgehenden 19. Jahrhunderts. Im Zentrum auf dem Hügel Kämpfer zu verschaffen, suchten die Glarner ein mit Schlachtbanner. Gottesurteil. Ebenso wollten sie die dreissig zu Weesen getöteten Glarner rächen. So wurde die Schlacht bei Näfels Das Banner zeigt den Glarner Landespatron St. Fridolin und wurde nach der Chronik des bekannten vaterländischen Historikers Aegidius Tschudi wohl in der Schlacht bei Näfels getragen. Stilistisch ist das Banner gemäss Fahnenkundlern jedoch etwa um 1400/1410 10 anzusetzen. Welche Aussage korrekt ist, bleibt unklar. Das Banner ist heute im Museum des Landes Glarus in Näfels ausgestellt.
aus einem reinen Wirtschaftskrieg, in Mit ihrer Flucht anerkannten die Öster welchem das habsburgische Heer nach reicher das Gottesurteil zugunsten der Glarus ziehen wollte, um zu plünd ern, Glarner und der Eid g enossen. Dies ein umfassender Rachekrieg. Dies zeigt zeigt auch die Tat s ache, dass die sich auch in der Verfolgung und der Gewalt im Nachgang zur Schlacht bei Vernichtung des habsburgis chen Heeres Näfels nicht erneut aufflammte: Habs- im unmittelbaren Nachgang zur Schlacht, burg wäre dazu nämlich militärisch als das Gottesurteil, der Sieg der ohne Weiteres in der Lage gewesen. Glarner, eigentlich schon gefallen war. Vielmehr wurde nach der Schlacht ein Letztlich kam den Glarnern auch das siebenjähriger Frieden vereinbart, wel- garstige Wetter mit Regen und Schnee cher 1394 – noch vor dessen Ablauf – zugute, zumal sich die wesentlich besser auf zwanzig Jahre verlängert wurde. ausgerüsteten Österreicher im Morast Dieser Frieden gewährte den Glarnern deutlich schwerer taten und ihre ver- verschiedene neue Rechte. Seine Un schiedenen Vorteile in Ausrüstung und abhängigkeit von den Habsburgern Bewaffnung nicht ausnützen konnten. erlangte das Land Glarus 1415 mit der Reichsfreiheit, als Habsburg durch den Nach dem Rückzug der Österreicher Konflikt mit Sigismund, König verscharrten die Glarner die gef allenen des Heiligen Römischen Feinde bei der Letzi. Diese wurden im Reiches, seine Ansprüche am Lande Glarus auch offiziell verlor. Es sollte indes noch fast bis zum Ende des 15. Jahrhunderts dauern, ehe zwischen dem Lande Glarus und der Eidgenossenschaft ein „besserer Bund“ auf Augen- höhe geschlossen wurde. Nach dem Ausscheiden der Habsburger gelang es den Glarnern, sich zwischen Schwyz und Zürich an ihrer peripheren Lage (und nicht direkt auf der begehrten Walensee-Route gelegen) zu einem eigenen, freien und unabhängigen Kanton zu entwickeln. Typische Krieger mit einfachen Wollhosen und -kitteln sowie dem so genannten Eisenhut. Die Armbrust dürfte bei den Glarnern nicht sehr weit verbreitet gewesen sein, da es sich hierbei eher um eine Waffe der Städter handelte. Jahr darauf durch Abt Bilgeri von Wagenberg, dem Bruder des in der Schlacht gefallenen habsburgischen Der Vertrag von 1394 verbot den Wiederaufbau Ritters Johann von Klingenberg, ausge- von Weesen an gleicher Stelle. Auf dem Areal graben und in das Kloster Rüti ZH über- der alten Stadt wurde erst 1838 mit dem Bau des Schulhauses erstmals wieder führt. Die 54 gefallenen Glarner gebaut. Noch heute finden sich und Eidgenossen wurden in Mollis bei Bauprojekten Überreste des begraben. Bis zur Reformation 1388 zerstörten Städtchens. gehörte Näfels zur Kirchhöri Das Städtchen Weesen brannte Mollis. Aus diesem Grund sind die 54 gefallenen Eidgenossen in Mollis nieder, wobei die Ursache der Feuersbrunst bis heute nicht beerdigt. Seit 1839 erinnern in der Kirche angebrachte Tafeln an die 11 zweifelsfrei belegbar ist. Namen der in der Schlacht Gefallenen.
Die Näfelser Fahrt 12 Am Ort des Schlachtgeschehens – Zahlreiche (mitgewanderte) Das Ergebnis der Schlacht bei Näfels wurde – sowohl von Siegern als Zuhörerinnen und Zuhörer auch Besiegten – als Gottesurteil, als göttliche Allwissenheit und Gerechtig- lauschen den Worten des Landammanns anlässlich der keit aufgefasst. So hatten die Glarner vor der Schlacht bei Näfels wohl Fahrtsrede. auch Christus, Maria und St. Fridolin, den Glarner Landespatron, um Hilfe angerufen. Entsprechend wurde der überwältigende Sieg über die Österreicher auch der göttlichen Hilfe zugeschrieben. Die Glarner gedach t en als kantonaler Feiertag – jedes Jahr jeweils jährlich ab. Gleichzeitig be- im Jahr 1389 daher in und in der Regel am ersten Donners- gibt sich die katholische Prozession, einer Schlachtjahrzeit tag im April statt. angeführt von Kreuz- und Fahnen- den Gefalle nen und trägern, von der St. Fridolinskirche errichteten im Sendlen Der Ablauf der heutigen Näfelser Glarus aus ebenfalls nach Näfels. Näfels – auf dem Gebiet der heu- Fahrt geht auf einen Beschluss der Die beiden unterschiedlichen Züge tigen Hilariusk irche – eine Schlacht- Landsgemeinde des Jahres 1835 zu treffen im Schneisingen auf die Teil- kapelle. Daraus entwickelte sich in rück. Um 7.15 Uhr ziehen vom Zeug- nehmerinnen und Teilnehmern aus den Folgejahren allmählich die haus Glarus eine militärische Ehren- dem Glarner Unterland. Näfelser Fahrt. Die Näfelser Fahrt ist formation, Harmoniemusik, Tambou- also eine Gedenk- und nicht etwa ren, Glarner Kantonal Gesangs Im Schneisingen nimmt die Feier nach eine Siegesfeier. An dieser Gedenk- verein und viele Glarnerinnen und dem Eintreffen der Regierung den feier wird den Toten gedacht und Glarner Richtung Näfels. Bei den offiziellen Anfang mit der musika- den Heiligen für ihre Unterstützung Harmoniemusiken wechseln sich lisch umrahmten Rede des Land gedankt. Die Näfelser Fahrt findet – diejenigen von Glarus und Näfels ammanns oder des Landes s tatt
Auf dem Fahrtsplatz wird der Fahrtsbrief verlesen und die Fahrtspredigt – jeweils abwechselnd durch einen katholischen oder reformierten Geistlichen – gehalten. halters. Im Schneisingen befindet sich auch der erste Fahrtstein. Im Anschluss begibt sich der Festzug entlang von wei- teren Gedenksteinen, bei denen die Pro- zession Gebete verrichtet, zum Fahrts- platz. Auf dem Fahrtsplatz folgt das Verlesen des Fahrtsbriefes aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, welcher die Vorge- schichte und den Hergang der Schlacht bei Näfels erzählt und die Namen der an Die der Schlacht bei Näfels umgekommenen Prozession Krieger in Erinnerung ruft. Im Anschluss in der Sendlen… folgt die Fahrtspredigt, die jährlich ab- wechselnd jeweils von einem reformierten oder katholischen Pfarrer gehalten wird. …wo das 1888 Auch die Feierlichkeiten auf dem Fahrts- zum 500-jährigen Andenken platz werden jeweils musikalisch umrahmt. erstellte Denkmal steht. Der Bau Im Anschluss zieht die Prozession zum wurde durch die Schlachtdenkmal, wo weiteren musikali Landsgemeinde schen Vorträgen zugehört und die Landes gegen den Willen des Kantons hymne mitgesungen werden kann. Nach parlaments, dem dem Gang zum letzten, elften Gedenk- Landrat, erstellt – stein enden sowohl Bittgang als auch bestes Beispiel direktdemokra- offizielle Feier mit dem feierlichen Hoch- tischer Entschei- amt in der Hilariuskirche Näfels. dungsfindung! Den ganzen Tag hindurch herrscht in Näfels lebhaftes Markttreiben. Das Denkmal wird gegenwärtig durch den Kanton einer Sanierung unterzogen. Die Arbeiten sind rechtzeitig bis zur Näfelser Fahrt vom 7. April 2022 13 beendet.
Bevölkerungsentwicklung 2021 Per 31. Dezember 2021 lebten in der Gemeinde Glarus Nord insgesamt 19 204 Menschen. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine Zunahme um 398 Einwohnerinnen und Einwohner, was einer Steigerung von 2.1 Prozent entspricht. rösster Motor von Glarus Nord im Vorjahr: Erhöhte sich die Einwohnerzahl ist einmal mehr die Ortschaft von Obstalden von 489 auf 502 Personen, Näfels: Lebten per Ende waren es in Filzbach von 495 auf 565 gleich Dezember 2020 noch 4633 siebzig Personen, was einer Entwicklung von Personen im Rautidorf, waren 14 Prozent entspricht. Dies ist insbesondere es per 31. Dezember 2021 bereits 4843 Ein- auf die Mitarbeitenden zurückzuführen, die wohnerinnen und Einwohner. Dies entspricht in den Bau des Walenseetunnel-Sicherheits- einer Zunahme von 210 Personen oder rund stollens im Gäsi involviert sind. In Mühlehorn 4.53 Prozent. Gemächlicher ging es im ver- lebten mit 435 Einwohnerinnen und Einwoh- gangenen Jahr ennet des Jordans in Mollis nern 14 Menschen weniger als noch im Vorjahr. zu und her: So sank die Einwohnerzahl von Mollis um drei Personen auf 4169, während Während sich Oberurnen mit 2010 Einwoh die nachfolgenden Dörfer auf dem Kerenzer- nenden (31. Dezember 2020: 1986) und Nieder berg, Filzbach und Obs talden, ebenfalls mehr urnen mit 4243 (4222) ungefähr innerhalb Einwohnerinnen und Einwohner aufw iesen als Entwicklung der Bevölkerung absolut relativ 250 16 % 14 % 200 12 % 150 10 % 8% 100 6% 4% 50 2% 0 0 14 –50 –2% –4% Niederurnen/ Ziegelbrücke Oberurnen Mühlehorn Obstalden Filzbach Näfels Mollis Bilten
der Wachstumsvorg aben des Gemeindericht- Gesunken ist die Zahl an Einwohnerinnen und plans bewegten, wuchs Bilten um 77 Perso nen, was eine Entwicklung von 3.23 Prozent Einwohnern ohne Niederlassung (inkl. Asyl- suchenden) von 230 auf 208 Personen. 15 ergibt. Nachdem das Bevölkerungswachstum in den Vorjahren jeweils leicht unter dem Auch im vergangenen Jahr sind in Glarus Nord jenigen des Gemeinderichtplans lag, war mehr Personen geboren worden als gestor- dieses im vergangenen Jahr mit 2.1 Prozent ben: So stehen 212 Geburten insg esamt 186 für einmal wieder höher. Todesfällen gegenüber. 1340 Personen sind im ganzen Jahr 2021 in die Gemeinde Glarus Anteile bleiben ungefähr gleich Nord zu- und 979 Personen aus Glarus Nord wegzogen. Von den 19 204 Einwohnerinnen und Ein- wohnern sind 8561 Personen Kantons- und Schweizerbürger, was im Vergleich zum Veränderung 2020 – 2021 Vorjahr eine Erhöhung von 179 Personen 0 1000 2000 3000 4000 5000 darstellt. Gleich geblieben ist die Anzahl Ortsbürger: So weisen 5511 Personen das Bilten Bürgerrecht der Gemeinde Glarus Nord aus. Der Anteil an Ausländern ist mit 26.8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (26.07 Prozent) leicht gestiegen, wobei 3066 Personen im Niederurnen/Ziegelbrücke Besitz der Niederlassungsbewilligung C so- wie 1851 der Aufenthaltsbewilligung B sind. Gleich geblieben ist die Anzahl Kurzaufent Oberurnen halter (215). Verteilung der Einwohner auf die 8 Ortschaften Näfels Oberurnen Mollis Näfels Niederurnen/ Obstalden Ziegelbrücke Mollis Filzbach Obstalden Bilten Mühlehorn Filzbach 31.12.2021 31.12.2020 Mühlehorn
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