Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel

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Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
Fokus faire und ökologische Kleidung
                  Überblick aus Fair-Handels-Sicht
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
Das Forum Fairer Handel ist der Verband des Fairen Handels in Deutschland. Sein Ziel ist, das Profil des Fairen Handels zu schärfen,
      gemeinsame
des Fairen Handels Forderungen
                      zu schärfen, gegenüber Politik und Handel durchzusetzen und eine stärkere Ausweitung des Fairen Handels zu
      erreichen.
sweitung          Das Handels
          des Fairen              zuHandel versteht sich als die politische Stimme der Fair-Handels-Bewegung in Deutschland und setzt
                        Forum Fairer
      sich für und
 Deutschland   gerechte
                    setztRahmenbedingungen
                           sich für                für Handel und Landwirtschaft weltweit ein.

      Es ist in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Bildung und Kampagnen- und Advocacyarbeit tätig. Einmal im Jahr veranstaltet
      das Forum Fairer
nd Advocacyarbeit      Handel
                     tätig.   zusammen mit seinen Kooperationspartnern die Faire Woche, die größte Aktionswoche des Fairen Han-
                            Einmal
Fairendels in Deutschland.
       Handels   in Deutschland,

       Die Mitglieder des Forum Fairer Handel sind Organisationen, die ausschließlich im Fairen Handel arbeiten und Akteure, die die
       Förderung
el arbeiten        des Fairen
             und Akteure,   dieHandels
                                die    als einen der Schwerpunkte ihrer Arbeit ansehen: Weltladen-Dachverband e.V., GEPA – The Fair
       Trade Company,
Dachverband               El Puente, dwp eG Fairhandelsgenossenschaft, BanaFair e.V., GLOBO – Fair Trade Partner, Naturland – Ver-
               e.V., die Fair-Han-
       band fürBanaFair
 ossenschaft,    ökologischen   Landbau e.V., Fair-Band e.V. sowie Dr. Bronner's Europe als vorläufiges Mitglied. Ein breites Netzwerk
                          e.V. und
       von Partnerorganisationen
Fair-Band   e.V. Ein breites Netz- arbeitet in den Arbeitsgruppen des Forum Fairer Handel mit.
 t.

                           vorläufiges Mitglied

        Herausgeber Forum Fairer Handel e.V. Text Mit Beiträgen von Verena Albert, Anannya Bhattacharjee, Rapha Breyer, Martina
 ansFairLenz   und
           e.V.) undTim    ZahnAlbert
                       Verena     Redaktion Manuel Blendin, Katrin Frank, Lisa Niklas, Maja Volland (Forum Fairer Handel e.V.) Bilder Cover:
HandelFrame      ChinaS./ Shutterstock.com;
          e.V.) Bilder      6: GEPA –             S. 4: TransFair e.V. / Sean Hawkey; S. 24: humphery / Shutterstock.com; S. 29: Thomas Koch
bH; S./ 7:Shutterstock.com;
             dwp eG Fairhandels-  S. 30: Frame China / Shutterstock.com Layout Dreimalig Werbeagentur, Köln Druck DieUmweltDruckerei,
 key; S.Hannover
           10: El Puente       2.000 Berlin,
                      Auflage GmbH     /     März 2018
Fair Trade Company/ C. Nusch;
  AuflageFür den Inhalt
          5.000           dieser Publikation
                  Berlin, September 2016      ist allein das Forum Fairer Handel e.V. verantwortlich; die hier
        dargestellten Positionen geben nicht den Standpunkt von Engagement Global gGmbH und dem                           klimaneutral
                                                                                                                          natureOffice.com | DE-275-437021
 telltenBundesministerium    für wirtschaftliche
         Positionen geben nicht  den             Zusammenarbeit und Entwicklung wieder. Gefördert mit
        Mitteln des  evangelischen
menarbeit und Entwicklung wieder.   Kirchlichen  Entwicklungsdienstes sowie von ENGAGEMENT GLOBAL                         gedruckt
        im Auftrag  des
h Brot für die Welt – Evangelischer

       Forum Fairer Handel Chausseestr. 128/129 10115 Berlin Tel: 030 28040-588 info@forum-fairer-handel.de www.forum-fairer-handel.de
orum-fairer-handel.de
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................................................................................... 4

1. Einleitung ............................................................................................................................................................................................... 5

2. Warum ist der Weg zu fair gehandelter Mode so schwer? ..................................................................................................................... 6
   Erfahrungsbericht aus der Bekleidungsindustrie in Sri Lanka ............................................................................................................. 8

3. Zeichen und Siegel im Textilbereich ...................................................................................................................................................... 9
   3.1 Vorstellung der Zeichen und Siegel .............................................................................................................................................. 9
		 Fairtrade-Baumwoll-Siegel und Fairtrade-Textilstandard .......................................................................................................... 9
		 Fair Wear Foundation ..................................................................................................................................................................... 12
		 World Fair Trade Organization ..................................................................................................................................................... 14
		 Naturland Fair Baumwolle ............................................................................................................................................................ 16
		 Global Organic Textile Standard ................................................................................................................................................... 17
		 NATURTEXTIL IVN zertifiziert BEST ................................................................................................................................................... 19
   3.2 Einordnung der Siegel und Zeichen mit Blick auf die Grundsätze des Fairen Handels .................................................................... 20
		 Fairtrade-Baumwoll-Siegel und Fairtrade-Textilstandard .......................................................................................................... 20
		 Fair Wear Foundation ..................................................................................................................................................................... 21
		 World Fair Trade Organization ...................................................................................................................................................... 22
		 Naturland Fair Baumwolle ............................................................................................................................................................ 22
		 Global Organic Textile Standard ................................................................................................................................................... 23
		 NATURTEXTIL IVN zertifiziert BEST ................................................................................................................................................... 23

4. Bündnisse und Kampagnen im Textilbereich .........................................................................................................................................                         24
   4.1 Die Asia Floor Wage Alliance ........................................................................................................................................................                  24
   4.2 Die Kampagne für Saubere Kleidung ...............................................................................................................................................                      26
   4.3 Das Bündnis für nachhaltige Textilien (Textilbündnis) .................................................................................................................                                27

5. Fazit ...................................................................................................................................................................................................... 29

Was können Bürger*innen und Konsument*innen tun? ............................................................................................................................. 30
Weiterführende Links und Dokumente ...................................................................................................................................................... 31

Fokus faire und ökologische Kleidung                                                                                                                                                                            3
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
Abkürzungsverzeichnis
AFWA:       Asia Floor Wage Alliance

FSC:        Forest Stewardship Council

FWF:        Fair Wear Foundation

GOTS:       Global Organic Textile Standard

ILO:        International Labor Organization

IVN:        Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft

PEFC:       Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes

PPP:        Purchasing Power Parity (Kaufkraftparität)

USDA NOP:   National Organic Program des U.S. Department of Agriculture

WFTO:       World Fair Trade Organization

4                                                                           Fokus faire und ökologische Kleidung
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
1. Einleitung
Regelmäßig wird das Thema „Billigkleidung“ unter verschie-         die Grundsätze des Fairen Handels ein. In Kapitel 4 wer-
denen Aspekten in der Öffentlichkeit thematisiert. Mal sind        den exemplarisch drei Bündnisse und Kampagnen, die sich
es menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, die das Thema             auf verschiedene Weise für faire und ökologische Kleidung
in den Fokus rücken – wie nach dem Brand in einer Textilfab-       einsetzen, vorgestellt. Die Beispiele zeigen: Es gibt bereits
rik mit vielen Toten in Bangladesch im Jahr 2013. Mal sorgen       gute Initiativen und Schritte in die richtige Richtung. Doch
Studienergebnisse über die in unserer Kleidung enthaltenen         es bedarf weiterer Veränderungen, um die Situation in der
und bei der Herstellung verwendeten Giftstoffe für mediale         Textilbranche nachhaltig zu verbessern. Dafür sind alle ge-
Aufmerksamkeit. Auch die negativen Auswirkungen der Tex-           fragt: Bürger*innen und Konsument*innen, Unternehmen
til- und Modeindustrie auf Umwelt und Klima werden immer           wie auch die Politik.
wieder diskutiert.

Die Mode- und Textilwirtschaft gehört weltweit zu den größ-
ten Industrien. In vielen der Hauptproduktionsländer, insbe-
sondere in Asien, spielt sie eine wichtige Rolle für die natio­        Die wichtigsten Grundsätze
nale Wirtschaft. Der gesamte Modemarkt steht jedoch vor
einer großen Herausforderung: Er wird immer schnelllebiger
                                                                       des Fairen Handels:
(Stichwort „Fast Fashion“), was enorme soziale und ökologi-
sche Probleme mit sich bringt. Gab es früher eine Sommer-
                                                                       • Marktzugang für benachteiligte Produzent*innen
und Winter-Kollektion, werfen viele Unternehmen heute
mindestens jeden Monat eine neue Kollektion auf den Markt.
                                                                       • Faire Handelsbeziehungen, u. a.
                                                                           •   Zahlung fairer Preise
Im Jahr 2016 gab ein deutscher Haushalt pro Monat durch-
                                                                           •   Vorfinanzierung
schnittlich 108 Euro für Bekleidung aus; eine beträchtliche
                                                                           •   faire Arbeitsbedingungen
Summe in Anbetracht der Tatsache, dass Kleidung nicht wie
Lebensmittel verbraucht werden (im Vergleich: die Ausga-
ben für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren betrugen
                                                                       • Aufbau von Fähigkeiten und Stärkung der
                                                                         Organisationen und Produzent*innen
342 Euro).1 Es ist zunehmend gängige Praxis, dass Kleidung
                                                                         • Weiterbildung, u. a. zur Stärkung von Eigen-
gekauft, kurz getragen und dann schnell weggeworfen wird.
                                                                       		 ständigkeit und Verhandlungsmacht
Dies hat verheerende Auswirkungen auf die Produktion, da
immer schneller möglichst günstige Kleidung hergestellt
werden muss.
                                                                       • Förderung von Frauen mit dem Ziel der
                                                                           Geschlechtergerechtigkeit
Gleichzeitig steigt in unserer Gesellschaft die Sensibilität für
das Thema Kleidung. Zwar ist es einfacher geworden, faire
                                                                       • Diskriminierungsverbot
und ökologische Kleidung zu finden, aber unter welchen Ar-
beitsbedingungen, zu welchen Löhnen, mit welchem Chemi-
                                                                       • Sensibilisierung der Verbraucher*innen und
                                                                           politische Arbeit mit dem Ziel einer gerechteren
kalieneinsatz und Ressourcenverbrauch ein Kleidungsstück
                                                                           Welthandelsstruktur
hergestellt wurde, ist für Verbraucher*innen nach wie vor
schwierig nachzuvollziehen. In den Top-Lagen der Fußgän-
gerzonen sind Textilhandelsketten und große Kleiderläden
angesiedelt, die keine fair gehandelten und ökologisch un-
bedenklichen Textilien anbieten. Das gleiche gilt für die „Big
Player“ im Online-Modehandel. Stattdessen gibt es zahlrei-
che Bekleidungsunternehmen, die die Konsument*innen mit
selbst geschaffenen Siegeln verwirren, die oftmals nicht aus-
sagekräftig sind und keiner Qualitätsprüfung unterliegen.

Doch es gibt Lichtblicke: So haben sich eine Reihe von Ak-
teuren auf den Weg gemacht, um die Produktion von Klei-
dung und der dafür benötigten Rohstoffe fairer und ökologi-
scher zu gestalten. Mit der vorliegenden Broschüre möchte
das Forum Fairer Handel einen Überblick und eine Einschät-         1
                                                                    Angaben des Statistisches Bundesamtes, online erhältlich.
zung über Initiativen für faire und ökologische Kleidung ge-       2
                                                                    Die Broschüre legt ihren Fokus auf die Probleme in der Herstellung von
ben.2 In Kapitel 2 werden zunächst die Probleme in der Tex-        Kleidung. Dies deckt nur einen Teil der Textilindustrie ab und behandelt
til- und Bekleidungsindustrie dargelegt. Kapitel 3 beschreibt      etwa nicht die Herstellung von Schuhen. Wenn in der Broschüre von Textil-
Siegel und Zeichen, auf die Konsument*innen beim Einkauf           und Mode- oder auch Bekleidungsindustrie die Rede ist, geschieht dies mit
von Kleidung achten können und ordnet diese in Bezug auf           Blick auf die Produktion von Kleidung.

Fokus faire und ökologische Kleidung                                                                                                      5
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
2. Warum ist der Weg zu fair gehandelter Mode so schwer?
     Martina Lenz, colombo3
Was macht es so schwierig, fair gehandelte Kleidung zu pro-        breitetes Problem.3 Der Großteil unserer Kleidung kommt
duzieren und zu kennzeichnen? Was sind die Probleme in             aus Asien, vor allem aus China und Bangladesch.4 Die Mehr-
der Textil- und Bekleidungsindustrie?                              zahl der in der Bekleidungsindustrie arbeitenden Menschen
                                                                   ist weiblich.5 Vor allem die Näherinnen müssen ihr Leben
                                                                   häufig mit Niedriglöhnen bestreiten. Laut der Internationa-
Die komplexe Produktionskette unserer Kleidung                     len Arbeitsorganisation (ILO) lag der höchste Mindestlohn
                                                                   in der Bekleidungsindustrie im asiatisch-pazifischen Raum
Der Weg, den ein Kleidungsstück zurücklegt, bevor es in un-        in China (Region Shanghai) bei 297 US-Dollar, während er in
serem Kleiderschrank landet, ist lang: Zuerst wird die Faser       Bangladesch bei 68 US-Dollar lag.6 7
angebaut (beispielsweise Baumwolle), weiter verarbeitet und
kommt dann als Garn in die Spinnerei. Anschließend wird            Allerdings wird in der Bekleidungsindustrie in vielen asia-
das Garn gewoben oder gestrickt; danach veredelt, also be-         tischen Ländern nicht einmal der Mindestlohn gezahlt, wo-
druckt oder gefärbt. Schließlich, in der Konfektionierung,         bei wieder vor allem Frauen von geringerer Bezahlung be-
wird das Kleidungsstück zugeschnitten und genäht.                  troffen sind.8 Der Verdienst im Monat reicht häufig nicht für

    Die komplexe Produktionskette von Kleidung
                                                                                                                        Vertrieb
                                                 spinnen

                                                            Veredelung des Stoffes
       Anbau & Ernte                                         (Färben/ Bedrucken)
       des Rohstoffes

                                                                                                                             Nutzung
        Weiterverarbeitung
          des Rohstoffes                              Weben/Stricken                     Konfektion

Dabei werden die einzelnen Arbeitsschritte in der Regel an         Wohnung, Lebensmittel und die Ausbildung der Kinder. Die
verschiedenen Orten durchgeführt. Viele der großen Mo-             ILO beklagt zudem extreme Arbeitszeiten und mangelnde
defirmen am Ende der Lieferkette stehen nicht in direktem          Ruhepausen in der Bekleidungsindustrie. So sind laut einer
Kontakt mit den Fabriken der Zulieferer. Dennoch geben sie
den Preis- und Zeitdruck, den der Trend zu „Fast Fashion“
erzeugt, an die Zulieferer weiter. Dies birgt große Gefahren       3
                                                                     Siehe bspw.: Südwind (2016): Informell und ungeschützt, online erhält-
für schlechte Arbeitsbedingungen in den einzelnen Phasen           lich; ILO (2016): Child labour in cotton: A Briefing, online erhältlich.
der Produktion. Wenn wir von „fair produzierter Kleidung“          4
                                                                     Siehe Euratex (2016), online erhältlich.
sprechen, geht es vor allem darum, diese komplexe Liefer-          5
                                                                     ILO (2014): Wages and Working Hours in the Textiles, Clothing, Leather
kette mit ihren zahlreichen Verarbeitungsstufen transparent        and Footwear Industries, online erhältlich, S. 12.
zu machen.                                                         6
                                                                     ILO (2015): Minimum wages in the global garment industry: Update for
                                                                   2015, online erhältlich.
                                                                   7
                                                                     Laut nationalem Gesetz steht eine Revision des Mindestlohns in Bangla-
Die sozialen und ökologischen Folgen von „Fast Fashion“            desch im Jahr 2018 an; siehe Clean Clothes Campaign (2017): Wage strug-
                                                                   gles in Bangladesh, online erhältlich.
Die Produktionsbedingungen in der Textil- und Bekleidungs-         8
                                                                     ILO (2016): Weak minimum wage compliance in Asia’s garment industry,
industrie sind meist katastrophal und menschenunwürdig.            online erhältlich, S. 3.
Gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen oder Zwangs-              9
                                                                    ILO (2014): Wages and Working Hours in the Textiles, Clothing, Leather and
und Kinderarbeit sind etwa im Baumwollanbau ein weit ver-          Footwear Industries, online erhältlich, S. 22.

6                                                                                                           Fokus faire und ökologische Kleidung
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
ILO-Studie 60 Wochenarbeitsstunden und sechs Arbeitstage              Dieser eingeschlagene Weg, auch bedingt durch die Unter-
pro Woche der Durchschnitt.9                                          stützung und das Unbehagen der Konsument*innen, hat
                                                                      erste Schritte in die richtige Richtung bewirkt. Doch es geht
Der Massenkonsum von Kleidung hat auch ökologische Aus-               nun weiter darum, die immer noch ungerechten Strukturen
wirkungen: In der Textil- und Modeindustrie werden große              zu verändern und Bekleidung zu menschenwürdigen Bedin-
Mengen an Chemikalien eingesetzt. Einige dieser Substan­-             gungen zu produzieren.
zen können negative Auswirkungen vor allem auf die Ge-
sundheit der Arbeiter*innen aber auch auf die der Kon-
sument*innen haben, die die Kleidung später tragen. Der
Großteil der Baumwolle wird zudem in Monokulturen ange-
baut. Neben einem hohen Wasserverbrauch werden bei dem
Anbau viele Pestizide verwendet, die oftmals ins Grund- und
sogar ins Trinkwasser gelangen.10

Keine Gewerkschaftsbildung geduldet

Zahlreiche Arbeitsschutzgesetze sind analog zu den Kernar-
beitsnormen der ILO von den Regierungen der Produzenten-
länder erlassen worden. Leider werden diese aber oft nicht
durchgesetzt. Viele Textilfabriken unterzeichnen stattdes-
sen lieber freiwillige Verhaltenskodizes oder lassen sich nach
möglichst einfach umzusetzenden Standards zertifizieren.

Diese Zertifikate sind jedoch kein Ersatz für die Einhaltung
von Arbeitsschutzgesetzen oder Kernarbeitsnormen. Dazu
zählt auch das Verbot von Gewerkschaften in vielen Textil­
firmen. Noch immer werden Angestellte bei Zulieferern in
Indien, Bangladesch oder Sri Lanka bedroht, wenn sie eine
Gewerkschaft gründen oder sich für bessere Arbeitsbedin-
gungen einsetzen. Auch willkürliche Entlassungen sind an
der Tagesordnung.

Veränderungen sind möglich

Erfreulicherweise befassen sich Unternehmen und Politik
in Produktions- und Konsumländern nach anfänglicher Zu-
rückhaltung nun zunehmend mit den schlechten Arbeitsbe-
dingungen in der Textilproduktion. Zahlreiche Initiativen
in den Produktions- und Konsumländer setzen sich für die
Umsetzung von Sozialstandards und für die Verbesserung
der Arbeitsbedingungen im Textilbereich ein. Zunehmende
Proteste in den Produktionsländern, die Aufdeckung gravie-
render Missstände in den Textilfirmen oder Berichte über
Verhaftungen, Repressionen und Entlassungen sowie tragi-
sche Unglücke haben erste Verbesserungen in der Textilin-
dustrie erzwungen. Bei den Zuliefererfirmen wurde zum Teil
mehr Transparenz erreicht, die Arbeitsbedingungen partiell
verbessert oder auch Entschädigungsfonds für Arbeiter*in-
nen eingerichtet.

10
  Vergleiche: Bundesumweltamt (2016): Schwerpunkte 2016, online er-
hältlich, S. 12-26.

Fokus faire und ökologische Kleidung                                                                                             7
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
Erfahrungsbericht aus der Bekleidungsindustrie in Sri Lanka
Interview mit Chandralal Premakumara

Chandralal Premakumara ist Gründer und Direktor des Vereins      Können sich Arbeiter*innen in Sri Lanka für Verbesse-
Nature Volunteers und der LankaLIKE Fair Trade-Kooperation       rungen der Arbeitsbedingungen organisieren?
in Sri Lanka. Er gründete zudem ein Ausbildungszentrum für
Frauen, um ihnen einen staatlich anerkannten Abschluss in        Sich für Verbesserungen in der Textilindustrie einzusetzen,
verschiedensten Handwerksbereichen zu ermöglichen. Dazu ge-      ist gefährlich. Während des Bürgerkriegs und aufgrund von
hören auch Englischunterricht, Buchhaltung und Marketing als     Inflation verlagerten viele Marken ihre Produktion in andere
Vorbereitung auf eine Selbstständigkeit.                         Länder. Tausende von Frauen verloren dadurch ihre Arbeits-
                                                                 plätze. Zudem gab es im vergangenen Jahr viele durch Un-
Wann begann Ihr Werdegang im Textilbereich?                      wetter bedingte Schließungen und nochmals erhebliche Auf-
                                                                 tragseinbrüche durch eine Veränderung der Steuerpolitik. Da
Für die Abschlussarbeit meines Betriebswirtschaftsstudi-         ist es natürlich politisch nicht gewünscht, zusätzlich auf die
ums führte ich von 2011 bis 2015 Studien in Textilfabriken       schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. Die
in Sri Lanka durch. Inhaltlich ging es um Arbeitseffektivität    Angst, sich gewerkschaftlich zu organisieren, ist groß: Viele
und darum, wie Arbeitsversäumnisse die Produktion beein-         Menschen, die es versucht hatten, haben deswegen sogar ihr
flussen. Bedingt durch dieses Thema wurde mir der Zugang         Leben verloren oder sind spurlos verschwunden.
in die Fabriken ohne Probleme ermöglicht, denn es erschien
allen Fabrikinhabern im Einklang mit ihren eigenen Inter-        Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrer Initiative und er-
essen. Ich erhielt dadurch Einblicke in alle Prozesse einer      halten Sie dabei Unterstützung?
Textilfabrik und konnte mich mit den Fabrikarbeiter*innen,
vor allem den Frauen, unterhalten. Ich sah, welchen Schwie-      Mein Ziel ist Armutsreduzierung durch Empowerment und
rigkeiten die Arbeiter*innen gegenüberstanden. Diese Er-         Schulungen. In den Bekleidungsfabriken nähen die Arbei-
fahrung war für mich sehr eindrucksvoll und schockierend.        ter*innen kein einziges Kleidungsstück vollständig, sondern
Danach begann ich mit dem Versuch, eine Alternative in der       nur einzelne Teile davon. Wir schulen sie darin, ganze Klei-
Textilindustrie in Sri Lanka aufzubauen.                         dungsstücke herzustellen und so ihre Chancen auf einen bes-
                                                                 seren Lohn zu erhöhen. Vor Ort gibt es keine Unterstützung
Wie sah der Tagesablauf in den von Ihnen besuchten               von der Regierung. Unterstützung erhalten wir lediglich von
Textilfabriken aus?                                              Fair-Handels-Initiativen wie colombo3.12

Arbeitsbeginn war von Montag bis Samstag immer um 7:20           Was möchten Sie Aktiven im Fairen Handel und Ver-
Uhr. Beim Klingeln der Glocke musste jede*r zu seinem Platz      braucher*innen sagen?
gehen. Um 10:30 Uhr gab es eine 15-minütige Teepause. Erst
dann durften die Arbeiter*innen auf die Toilette. Meist gab es   Um in Sri Lanka durch Fairen Handel etwas zu verändern,
lediglich eine Toilette für 40 Personen. Das gleiche Szenario    braucht es immer noch große Unterstützung. Die Menge der
erfolgte bis zur 30-minütigen Mittagspause und der 15-mi-        abgesetzten Waren ist sehr klein im Vergleich zu konventio­
nütigen Nachmittagspause. Während der Arbeitszeit war es         nellen Unternehmen. Verbraucher*innen sollten mehr In-
nicht erlaubt, seinen Platz zu verlassen, nicht einmal für ei-   formationen über den Ursprung des Produktes und den Be-
nen Toilettengang. Um 18 Uhr war die tägliche Arbeit meis-       dingungen, unter denen es produziert wurde, erhalten – und
tens offiziell erledigt. Allerdings überprüften Kontrolleure     zwar verpflichtend für alle Produkte.
dann erst die fertig gestellten Produkte und sehr oft mussten
die Arbeiter*innen noch auf eigene Kosten nachbessern und        Vielen Dank für das Gespräch!
verließen entsprechend deutlich später die Fabrik.
                                                                 Das Interview führte Martina Lenz von colombo3
Wie sieht die Bezahlung in den Textilfabriken aus und
reicht dies zum Leben?

In Sri Lanka entspricht der Lohn einer Hilfsarbeiterin dem
staatlich vorgegebenen Mindestlohn. Bei höherer Leistung
können Arbeiter*innen aber auch das Doppelte verdienen.          11
                                                                    ILO (2016): Weak minimum wage compliance in Asia’s garment industry,
Um dies in Relation zu setzen: Zusammen mit unserer deut-        online erhältlich, S. 3.
schen Partnerorganisation haben wir berechnet, was ein           12
                                                                    colombo³ Fairer Handel eG ist eine deutsche Genossenschaft mit Sitz
existenzsichernder Lohn wäre. Der Mindestlohn in Sri Lan-        in Viernheim. Ziel des Unternehmens ist der Import und Handel von Pro-
ka (2015 lag er in der Bekleidungsindustrie laut ILO bei 66      dukten zu fairen Handelsbedingungen, die Erstellung und Weitergabe von
US-Dollar)11 entspricht etwa einem Viertel des von uns er-       Informationen über die Produkte, die Produzent*innen und deren Lebens-
rechneten Bedarfs für eine vierköpfige Familie.                  situation.

8                                                                                                       Fokus faire und ökologische Kleidung
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
3. Zeichen und Siegel im Textilbereich
      Verena Albert

Es gibt eine Reihe von Initiativen, die mit ihrer Arbeit dazu   Fairtrade-Baumwoll-Siegel
beitragen möchten, die Produktion von Kleidung und der
dafür benötigten Rohstoffe fairer und ökologischer zu ge-                           Enorme Schwankungen und zunehmen-
stalten. Im Folgenden werden sechs Zeichen und Siegel, auf                          de Senkungen der Baumwollpreise durch
die Konsument*innen im Hinblick auf faire und ökologische                           Subventionen der Industrieländer für den
Kleidung achten können, vorgestellt (siehe Kapitel 3.1) und                         Baumwollanbau haben die Situation für die
mit Blick auf die Grundsätze des Fairen Handels eingeordnet                         Bäuer*innen sehr verschärft.
(siehe Kapitel 3.2). Folgende Fragen werden dabei beantwor-                         Diese Situation hat Fairtrade Internatio-
tet:                                                                                nal zum Anlass genommen, um 2005 einen
                                                                                    Standard für Baumwolle zu entwickeln.
- Welchen Teil der Lieferkette deckt das Zeichen/Siegel ab?
- Welche sozialen und ökologischen Standards sind Min-          Das Fairtrade-Siegel für Baumwolle steht in erster Linie
  destvoraussetzungen des Zeichens/Siegels?                     für Rohbaumwolle, die unter fairen Bedingungen angebaut
- Strebt das Zeichen/Siegel langfristig angelegte Entwick-      wird. Ziel der Einführung des Baumwoll-Siegels war es, die
  lungsziele an, wie etwa das Erreichen eines existenz-         Lebens- und Arbeitsbedingungen der Baumwollbäuer*innen
  sichernden Lohns, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen,           langfristig zu verbessern. Dazu dienen u. a. die Festlegung
  langfristige Lieferverträge, die Förderung von Zusammen-      eines Mindestpreises, die Zahlung einer Fairtrade-Prämie,
  schlüssen der Baumwollbäuer*innen und Arbeiter*innen          die Förderung von demokratischen Strukturen sowie eine
  etc.?                                                         umweltschonende Anbauweise. Für die weiteren Produkti-
- Garantiert das Zeichen/Siegel regelmäßige und unabhän-        onsschritte gelten die ILO-Kernarbeitsnormen wie etwa das
  gige Kontrollen?                                              Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowie die Zahlung des
                                                                gesetzlichen Mindestlohns.

3.1       Vorstellung der Zeichen und Siegel                    Das Baumwoll-Siegel findet sich beispielsweise auf Klei-
                                                                dungsstücken, Geschirr- und Handtüchern, Bettwäsche, Be-
Fairtrade-Baumwoll-Siegel und Fairtrade-Textilstandard          rufskleidung und Taschen.

Fairtrade International ist eine Nichtregierungsorganisation
und Dachverband von 19 nationalen Fairtrade-Organisatio-        Textilstandard und Textilprogramm
nen und drei Produzentennetzwerken. Seit der Gründung im
Jahr 1997 hat sich Fairtrade International zum Ziel gesetzt,                                          Elf Jahre nach der
die Arbeits- und Lebensbedingungen von Kleinbäuer*innen                                               Einführung von Fair-
und Arbeiter*innen langfristig zu verbessern. Fairtrade In-                                           trade-zertifizierter
ternational wird von zahlreichen NROs getragen und von öf-                                            Baumwolle hat Fair­
fentlichen Institutionen unterstützt.                                                                 trade International
                                                                den Textilstandard entwickelt, durch den es seit 2016 mög-
Fairtrade International entwickelt eigene Standards und ver-    lich ist, die Produktion in der gesamten Textil-Lieferkette
gibt über ihre nationalen Siegelorganisationen das Fairtrade-   nach Fairtrade-Bedingungen zertifizieren zu lassen. Ziel ist,
Siegel für Produkte, die gemäß diesen Fairtrade-Standards       die sozialen und ökologischen Bedingungen entlang der ge-
zertifiziert wurden (z. B. Kaffee, Kakao, Wein, Blumen)13.      samten Textilkette zu verbessern.
Die Fairtrade-Standards gelten für Kleinbauernorganisatio-
nen, Plantagen14 und auch Unternehmen entlang der gesam-
ten Wertschöpfungskette und umfassen soziale, ökologische
und ökonomische Kriterien.
                                                                13
                                                                   Zudem hat Fairtrade das Fairtrade-Baumwollprogramm eingeführt. Beim
Die Zertifizierungsorganisation FLOCERT GmbH ist die un-        Baumwollprogramm verpflichten sich Unternehmen, einen bestimmten An-
abhängige Tochterfirma von Fairtrade International und          teil der für die Produktion benötigten Baumwolle in Fairtrade-Qualität zu
kontrolliert und zertifiziert die Einhaltung der Fairtrade-     beziehen.
Standards von Fairtrade International.                          14
                                                                   Fairtrade International wirkt ausschließlich in Afrika, Lateinamerika und
                                                                der Karibik, Ozeanien und Asien. Die Zuordnung von Ländern und Regionen
                                                                erfolgt durch die vom Ausschuss für Entwicklungshilfe (DAC) herausgege-
                                                                bene Liste der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
                                                                Entwicklung) über die Empfängerländer von Leistungen für öffentliche Ent-
                                                                wicklungszusammenarbeit.

Fokus faire und ökologische Kleidung                                                                                                      9
Fokus faire und ökologische Kleidung - Überblick aus Fair-Handels-Sicht - Forum Fairer Handel
Der Fairtrade-Textilstandard, basierend auf dem Fairtrade-      Von den Akteuren aus der Textilkette (z. B. Entkörnung, We-
Standard für lohnabhängig Beschäftigte („Hired Labour“),        ben, Färben, Konfektion), die an der Herstellung der Texti-
geht über die Einhaltung der ILO Kernarbeitsnormen15 hin-       lien beteiligt sind, wird ein Nachweis über die Einhaltung
aus. Ein Kernelement ist die Umsetzung existenzsichernder       der ILO-Kernarbeitsnormen verlangt. Als Nachweis gelten
Löhne innerhalb von maximal sechs Jahren in der gesamten        u. a. die Mitgliedschaft in der World Fair Trade Organization
textilen Lieferkette.                                           (WFTO), der Fair Wear Foundation, der Ethical Trading Ini-
                                                                tiative, der Fair Labour Association oder ein SA 8000 Zerti-
Ein Textilprodukt kann nur dann das Siegel „Fairtrade Tex-      fikat17.
tile Production“ tragen, wenn die gesamte Produktionskette
nach dem Textilstandard zertifiziert ist.                       Der Textilstandard gilt für Betriebe (Unternehmen, Fabri-
                                                                ken etc.), die Textilprodukte herstellen. Hierzu gehören u. a.
Der Textilstandard wird durch ein Textilprogramm ergänzt,       die Produktionsphasen des Entkörnens, Spinnens, Strickens
mit dem Ziel, faire Bedingungen in der gesamten Textilindu-     und Webens sowie der sogenannte „Cut-Make-Trim“ Bereich
strie langfristig zu fördern. Mit dem Programm sollen Betrie-   (= Konfektionierung). Die Einhaltung der Kriterien des Tex-
be unterstützt werden, die eine Zertifizierung für ihre Tex-    tilstandards bezieht sich damit auf alle Arbeiter*innen18, die
tilprodukte anstreben, aber ebenso Unternehmen, die noch        für den entsprechenden zertifizierten Betrieb arbeiten.
nicht Teil des Fairtrade-Systems sind.
                                                                Die Auslobung eines Textilprodukts mit dem „Fairtrade Tex-
Das Textilprogramm bietet in Form von Schulungen und            tile Production“- Siegel setzt zudem voraus, dass die Baum-
Trainings individuelle Beratung zu Themen wie Arbeits- und      wolle entweder Fairtrade-zertifiziert ist oder aus anderen
Gesundheitsschutz, Arbeiterrechten, Zahlung von existenz-       nachhaltigen Textilfasern besteht. Als nachhaltige Textilfa-
sichernden Löhnen, Umweltschutz und Effizienz- und Produk-      sern erkennt Fairtrade International unter anderem das Sie-
tivitätssteigerung. Das Programm kann der erste Schritt zur     gel „Cotton Made in Africa“ und das EU-Bio-Siegel an.19
Zertifizierung der gesamten Lieferkette nach dem Fairtrade-
Textilstandard sein oder auch isoliert ohne den Standard an-    Der Textilstandard deckt die Produktionskette bis zum Mar-
gewendet werden.                                                kenunternehmen20 ab, das die fertigen, zertifizierten Texti-
                                                                lien kauft. Bei den Markenunternehmen finden keine physi-
                                                                schen Kontrollen statt, sie müssen aber die Einhaltung fairer
Welche Teile der Lieferkette werden abgedeckt?

Der Baumwollstandard richtet sich in erster Linie an Klein-
produzenten-Organisationen (z. B. Kooperativen, Dachver-
bände), deren Mitglieder Baumwolle anbauen.

Um die Baumwolle als Fairtrade-zertifizierte Baumwolle ver-     15
                                                                   Die Kernarbeitsnormen sind Sozialstandards im Rahmen der Welthandels­
kaufen zu können, müssen die Bäuer*innen zusätzlich zum         ordnung, die menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichen-
Baumwollstandard die Kriterien des „Fairtrade-Standards         den Schutz gewährleisten sollen. Sie wurden 1998 in einer Erklärung der
für Kleinproduzenten-Organisationen“ („Standard for Small       Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von allen Mitgliedsstaaten aner-
Producer Organizations“) erfüllen. Wenn die Kleinbäuer*-        kannt. Die Kernarbeitsnormen bestehen insgesamt aus acht Übereinkom-
innen oder die Kooperative selbst mehr als 20 Arbeiter*-        men der ILO.
innen beschäftigen, gilt der Standard auch für diese Arbei-     16
                                                                   Vertragsanbau liegt vor, wenn einzelne Bäuer*innen über einen Vertrag
ter*innen. Der Begriff „Arbeiter*innen“ steht hier für Fest­    ihre Produkte für einen Dienstleister anbauen und an diesen verkaufen.
angestellte, Teilzeitkräfte und Wanderarbeiter*innen, die       17
                                                                   Das SA 8000 ist ein internationaler Standard für Anforderungen an Ar-
entweder direkt oder über ein Subunternehmen angestellt         beitsbedingungen. Der Standard basiert auf internationalen Menschen-
sind.                                                           rechtskonventionen. SA 8000 wurde von Social Accountability International
                                                                (SAI) entwickelt, einer gemeinnützigen Organisation mit der Zielsetzung,
Darüber hinaus wird die Einhaltung des Baumwollstandards        die Rechte von Arbeitnehmern weltweit zu fördern. Weitere Informationen
ebenso bei Händlern geprüft, die Baumwolle kaufen und ver-      unter http://www.sa-intl.org/.
kaufen. Händler müssen zusätzlich noch die Kriterien des        18
                                                                   Arbeiter*innen bedeutet hier neben den festangestellten Arbeiter*innen
Händlerstandards erfüllen, bei dem es vor allem um faire        des Betriebs auch Wanderarbeiter*innen, Zeitarbeiter*innen sowie Ange-
Handelsbeziehungen geht (u. a. Zahlung eines fairen Preises,    stellte von Subunternehmern.
Fairtrade-Prämie, Vorfinanzierung).                             19
                                                                   Vollständige Liste online erhältlich.
                                                                20
                                                                   Ein Markenunternehmen ist ein Unternehmen, das das fertige, zertifi-
Für Baumwolle, die aus Vertragsanbau16 stammt (derzeit aus-     zierte Textilprodukt unter seinem Markennahmen vermarktet und verkauft.
schließlich in Indien und Pakistan), gilt der Fairtrade-Stan-   Das Markenunternehmen muss nicht zwingend gleichzeitig Eigentümer der
dard für Vertragsanbau.                                         Produktionseinheit sein.

10                                                                                                       Fokus faire und ökologische Kleidung
Handelspraktiken (transparente Zahlungsbedingungen, fai-        • Sicherstellung der Arbeitssicherheit im Betrieb (u. a.
re Preise, realistische Produktionszeiten) vorweisen und          Schulung der Mitarbeiter*innen, Schutzkleidung, siche-
werden entsprechend verifiziert.                                  rer Umgang mit Chemikalien)
                                                                • Umweltschutz: Verbot von gefährlichen Substanzen und
Der Standard gilt nur in Ländern und Regionen, in denen           Prozessen, speziell ausgerichtet auf die Textilproduktion
die Vereinigungsfreiheit gilt. Zu den Ländern, in denen dies    • Verantwortungsvoller Umgang mit Wasser, Abfall und
nicht gewährleistet ist, zählen z. B. Kuba, Ägypten, China,       Ressourcen
Sudan und Libyen.21

                                                                Werden langfristig angelegte Entwicklungsziele angestrebt?
Welche sozialen und ökologischen Standards
sind Mindestvoraussetzungen?                                    Die Förderung der sozialen und ökonomischen Entwicklung
                                                                von Produzent*innen und Arbeiter*innen spielt bei beiden
Baumwollstandard                                                Ansätzen eine wichtige Rolle.
Der Baumwollstandard und der Standard für Kleinproduzen-
ten-Organisationen setzen folgende soziale und ökologische      Baumwollstandard und Standard für Kleinproduzenten-
Standards als Mindestanforderungen voraus:                      Organisationen:
                                                                • Zahlung einer Fairtrade-Prämie für Entwicklungsprojekte
• Förderung demokratischer Strukturen zur Stärkung der            im sozialen oder ökonomischen Bereich
  Verhandlungsposition von Kleinbäuer*innen                     • Weiterbildung zu Themen wie Arbeitsrecht, Sicherheit am
• Zahlung eines Mindestpreises, der die nachhaltigen Pro-         Arbeitsplatz, Umgang mit Pestiziden und Umweltschutz
  duktionskosten deckt                                          • Sozialleistungen für Arbeiter*innen der Baumwollbäuer*-
• Faire Arbeitsbedingungen für Arbeiter*innen (u. a. Diskri-      innen
  minierungsverbot, Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit,        • Stetige Erhöhung der Löhne über den gesetzlichen Min-
  Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen, Zahlung            destlohn bzw. den regionalen Durchschnitt hinaus
  von Mindest- oder Tariflöhnen, angemessene Arbeitszei-        • Erarbeitung eines Entwicklungsplans zur Verbesserung
  ten)                                                            der sozialen und ökologischen Situation der Produzent*-
• Sicherstellung der Arbeitssicherheit am Arbeitsplatz (u. a.     innen und Arbeiter*innen
  Schulung der Mitarbeiter*innen, Schutzkleidung, sicherer      • Programme für besonders benachteiligte Mitglieder und
  Umgang mit Chemikalien)                                         Minderheiten
• Verantwortungsvoller Umgang mit Pestiziden und Chemi-
  kalien (Training, Schutzkleidung)                             Textilstandard:
• Verbot gefährlicher Substanzen                                • Zahlung eines existenzsichernden Lohns innerhalb von
• Angemessener Umgang mit Ressourcen, Wasser, Energie             maximal sechs Jahren
  und Abfall                                                    • Einbeziehung der Arbeiter*innen durch Teilnahme in
• Verbot von gentechnisch veränderten Organismen                  verschiedenen Gremien zur Stärkung ihrer Verhandlungs-
• Förderung der Biodiversität                                     macht
                                                                • Einrichtung von Beschwerdestellen für die Angestellten
Eine Bio-Zertifizierung beim Anbau der Baumwolle ist keine      • Weiterbildungsmaßnahmen, die die persönlichen und
Voraussetzung, wird aber gefördert.                               fachlichen Fähigkeiten fördern
                                                                • Unterstützung branchenweiter Lohninitiativen mit dem
Textilstandard                                                    Ziel, Löhne in der Textilbranche langfristig anzuheben
Zu den sozialen und ökologischen Mindestanforderungen           • langfristige Lieferverträge mit Käufern (Vertragsab-
des Textilstandards gehören:                                      schlüsse müssen mindestens auf zwei Jahre festgelegt sein)

• Stärkung der Arbeiter*innen durch mehr Partizipation (z.
  B. durch Einbeziehung der Beschäftigten bei den Kon-
  trollen, Weiterbildungen zu Arbeitsrecht und Verhand-
  lungstechniken)
• Schulungen zu Themen wie Produktionstechniken, Sicher-
  heit am Arbeitsplatz, Arbeitsrecht, Fairtrade Prinzipien
• Faire Arbeitsbedingungen (u. a. Diskriminierungsverbot,
  Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, Vereinigungs-
  freiheit und Tarifverhandlungen, Zahlung eines existenz-
  sichernden Lohns, Bereitstellung von Sozialleistungen,
  angemessene Arbeitszeiten)                                    21
                                                                     Gesamte Liste online erhältlich.

Fokus faire und ökologische Kleidung                                                                                         11
Wie wird kontrolliert?                                            den (sog. „Cut-Make-Trim“). Im Kontrollsystem werden aber
Werden regelmäßige und unabhängige Audits garantiert?             auch Subunternehmen für Prozesse wie sticken, drucken,
                                                                  etc. aufgenommen.
Produzenten-Organisationen und Händler, die sich nach den
Fairtrade Standards zertifizieren lassen, werden regelmäßig       Beim Ansatz der FWF handelt es sich nicht um ein Zertifizie-
entsprechend des Drei-Jahres-Zertifizierungs-Zyklus von           rungssystem, sondern um ein Monitoringsystem, bei dem die
FLOCERT22 extern überprüft.                                       Leistungen des gesamten Unternehmens überprüft werden
                                                                  und nicht einzelne Produkte oder Produktgruppen.
Damit werden alle Akteure innerhalb der Textilkette, die an
der Produktion oder dem Handel von Textilien beteiligt sind,      Basis des Monitorings ist der Verhaltenskodex „Code of La-
in regelmäßigen Abständen auf die Einhaltung der entspre-         bour Practices“, zu dessen Umsetzung sich die Mitgliedsun-
chenden Kriterien kontrolliert.                                   ternehmen verpflichten. Kern der „Code of Labour Practices“
                                                                  sind acht Arbeitsstandards, die sich wiederum von den ILO
Nachdem die Erstkontrolle erfolgreich absolviert wurde, er-       Kernarbeitsnormen und der UN-Deklaration der Menschen-
hält die Produzenten-Organisation bzw. der Händler ein Zer-       rechte ableiten. Kontrollen finden sowohl bei den Mitglieds­
tifikat, das für drei Jahre gültig ist.                           unternehmen als auch in den Produktionsstätten statt.

In der Regel findet pro Zyklus eine weitere Kontrolle statt,      Die FWF verfolgt den Ansatz, nicht nur in den Produktions-
um die fortwährende Einhaltung der Kriterien zu überprü-          stätten Verbesserungen zu erzielen, sondern auch die Han-
fen. Im dritten Jahr der Zertifizierung wird ein sogenanntes      delspraktiken der Textilunternehmen zu überprüfen und
„Erneuerungs-Audit“ durchgeführt. Fällt diese Kontrolle           gegebenenfalls anzupassen. Damit zielt die FWF darauf ab,
positiv aus, wird das Zertifikat für den nächsten Drei-Jah-       auch die Ursachen zu bekämpfen, die oftmals zu unangemes-
res-Zyklus verlängert.                                            senen Arbeitsbedingungen führen (z. B. exzessive Überstun-
                                                                  den aufgrund von schlechter Produktionsplanung).
Je nach Größe oder wenn ein Betrieb aufgrund einer kom-
plexen Organisationsstruktur als Betrieb „mit hohem Risiko“
eingestuft wird, können auch zwei Kontroll-Audits innerhalb       Welche Teile der Lieferkette werden abgedeckt?
von drei Jahren erfolgen. Unangekündigte Audits können zu-
dem jederzeit stattfinden.                                        Der Monitoring-Ansatz der Fair Wear Foundation richtet
                                                                  sich in erster Linie an Textilunternehmen und deren Zulie-
                                                                  ferer. Bei den Zulieferern handelt es sich um Betriebe bzw.
Fair Wear Foundation                                              Fabriken, in denen die Konfektionierung sowie Fertigstel-
                                                                  lung von Bekleidung, Schuhen, Accessoires, Heimtextilien
                     Die Fair Wear Foundation (FWF) ist           und Lederprodukten stattfindet. Die Zielgruppe sind hier die
                     eine unabhängige Non-Profit-Organi-          Mitarbeiter*innen und Arbeiter*innen in den Unternehmen
                     sation, die seit 1999 von Gewerkschaf-       bzw. Fabriken.
                     ten, NRO’s, Handelsunternehmen
                     sowie Herstellerverbänden getragen           Subunternehmen der Zulieferer sowie Heimarbeiter*innen
                     wird. Entsprechend des Multistake-           werden ebenfalls in das Monitoring mit einbezogen. Sub-
                     holder-Ansatzes der FWF sind alle ge-        unternehmer können beispielsweise Fabriken sein, in denen
                     nannten Interessensgruppen im Vor-           Zwischenschritte der Textilproduktion wie das Nähen, Besti-
                     stand vertreten und haben dadurch            cken, Siebdruck, Bügeln oder Verpacken der Produkte durch-
                     die Möglichkeit, sich bei den finanzi-       geführt wird.
ellen und operativen Entscheidungsprozessen einzubringen.         Die FWF verlangt von ihren Mitgliedern, dass sie alle Pro-
                                                                  duktionsstätten und deren Subunternehmer in regelmäßi-
Mitglieder der FWF sind über 80 Textilunternehmen23, die          gen Abständen kontrollieren. Das gilt auch, wenn der Zukauf
etwa 120 Marken repräsentieren. Die FWF ist in elf Produk-        von „Zwischenprodukten“ über weitere Agenten und Zwi-
tionsländern innerhalb von Europa, Afrika und Asien aktiv.        schenhändler erfolgt.
Dazu zählen: Bulgarien, Rumänien, Mazedonien, Türkei, Tu-
nesien, Bangladesch, Indien, Indonesien, China, Myanmar
und Vietnam.
                                                                  22
                                                                     FLOCERT ist die unabhängige Zertifizierungs-Organisation von Fairtrade
Das Ziel der FWF ist, die Arbeitsbedingungen von Beschäf-         International.
tigten in der Textilindustrie weltweit zu verbessern. Die FWF     23
                                                                     Mitglied bei der FWF können aktuell nur Textilunternehmen aus Europa
bezieht sich mit ihrer Arbeit größtenteils auf Betriebe, in de-   werden. 50 % der Produktion muss in Ländern stattfinden, in denen die FWF
nen die Textilien zugeschnitten, genäht und getrimmt wer-         aktiv ist.

12                                                                                                        Fokus faire und ökologische Kleidung
Die Produktionsschritte Baumwollanbau, Entkörnung, Spin-          und deren Zulieferern mit lokalen Gewerkschaften
nen, Weben und Färben, die der Konfektionierung von Tex-        • Schrittweise Erhöhung der Bezahlung in Richtung eines
tilprodukten vorausgehen, werden über den Ansatz der FWF          existenzsichernden Lohns
nicht abgedeckt.                                                • Unterstützungsangebot für die Umsetzung des „Code of
                                                                  Labour Practices“ unter Berücksichtigung länderspezifi-
                                                                  scher Herausforderungen
Welche sozialen und ökologischen Standards                      • Durchführung von Pilotprojekten, Trainings und Koope-
sind Mindestvoraussetzungen?                                      rationen u. a. mit lokalen Akteuren, um die Verbesserung
                                                                  der Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie vor-
Mitglieder der FWF müssen innerhalb von drei Jahren einen         anzutreiben
bestimmten Teil ihrer Zulieferbetriebe und weiterer Subun-
ternehmen auf die Umsetzung der Standards des „Code of
Labour Practices“ überprüfen lassen.                            Wie wird kontrolliert?
                                                                Werden regelmäßige und unabhängige Audits garantiert?
Zum „Code of Labour Practices“ gehören folgende Krite-
rien:                                                           Nach der Unterzeichnung des „Code of Labour Practices“
• Gute Arbeitsbedingungen (u. a. Begrenzung der Arbeits-        ist ein Textilunternehmen offizielles Mitglied der FWF. Das
   zeit auf max. 48 Stunden pro Woche, Vorgaben für ange-       Mitgliedsunternehmen ist verpflichtet, die Mitgliedschaft
   messene Lieferzeiten zwecks Vermeidung weiterer Über-        zu kommunizieren. Das FWF-Logo darf für Kommunikati-
   stunden, regelmäßige Pausen)                                 onsmaßnahmen genutzt, allerdings noch nicht am Produkt
• Freie Wahl des Arbeitsplatzes, Verbot von Zwangsarbeit        angebracht werden.
• Keine ausbeuterische Kinderarbeit
• Keine Diskriminierung bei der Beschäftigung                   Der nächste Schritt ist die Erstellung eines Arbeitsplans, in
• Rechtsverbindlicher Arbeitsvertrag                            dem es um die Pläne des Unternehmens hinsichtlich der zu-
• Sichere und gesunde Arbeitsbedingungen unter besonde-         künftigen Umsetzung des „Code of Labour Practices“ geht.
   rer Berücksichtigung der Risiken innerhalb der Textilin-
   dustrie                                                      Der Arbeitsplan stellt die Basis für den „Brand Performance
• Versammlungsfreiheit und das Recht auf Tarifverhand-          Check“ dar, den die FWF nach Ablauf des ersten Geschäfts-
   lungen                                                       jahres (nach Beginn der Mitgliedschaft) bei dem Textilun-
• Zahlung eines existenzsichernden Lohns                        ternehmen durchführt. Bei dem „Brand Performance Check“
                                                                wird überprüft, inwieweit das Mitglied den „Code of Labour
Wichtig beim Ansatz der FWF ist vor allem die Verantwor-        Practices“ bereits innerhalb des eigenen Unternehmens so-
tung der Mitgliedsunternehmen hinsichtlich ihres Einflus-       wie in den Zuliefererbetrieben umgesetzt hat. Der „Brand
ses auf die Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten.       Performance Check“ findet jährlich statt und wird von einem
Daher wird bei den Kontrollen der Mitglieder insbesondere       Kontroll-Team der FWF durchgeführt.
darauf geachtet, wie die internen Systeme und Prozesse (z. B.
Einkauf, Produktionsplanung, Preisverhandlungen) sich auf       Die Zuliefererbetriebe und Subunternehmer des FWF Mit-
die Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten auswir-        glieds werden mindestens alle drei Jahre überprüft, entweder
ken.                                                            durch ein FWF Kontroll-Team, durch eine andere Kontroll-
                                                                stelle oder durch das Mitglied selbst24. Bei mindestens 10 %
Ökologische Kriterien stehen bei der FWF nicht im Fokus         des Produktionsvolumens werden die Kontrollen im Rahmen
und werden bei den Kontrollen deshalb nicht berücksichtigt.     von Verifizierungs-Audits von FWF Kontroll-Teams durch-
                                                                geführt. Die Zeit zwischen den Kontrollen muss für die Ar-
                                                                beit an den Maßnahmeplänen für Verbesserungen genutzt
Werden langfristig angelegte Entwicklungsziele angestrebt?      werden.

Der „Code of Labour Practices“ beinhaltet folgende Kriteri-     Der Umfang der Kontrollen bei den Zuliefererbetrieben ist
en, die auf eine langfristige Entwicklung abzielen:             gestaffelt: Mindestens 40 % des Produktionsvolumens des
                                                                Mitgliedsunternehmens müssen im ersten Jahr nach Beitritt
• Schulungen für Management und Mitarbeiter*innen in            kontrolliert werden, 60 % im zweiten. Ziel ist, nach drei Jah-
  verschiedenen Bereichen (u. a. Arbeitsrecht, Sicherheit
  und Gesundheit am Arbeitsplatz, Menschrechte)
• Schaffung unabhängiger Beschwerdestellen für Mitarbei-
  ter*innen mithilfe einer engen Zusammenarbeit mit loka-       24
                                                                   Kontrollen, die von anderen Kontrollstellen oder vom Mitglied selbst
  len Organisationen in den Produktionsländern                  durchgeführt werden, müssen bestimmte Vorgaben seitens der FWF er-
• Förderung der Zusammenarbeit von Textilunternehmen            füllen.

Fokus faire und ökologische Kleidung                                                                                                13
ren das gesamte Produktionsvolumen im Monitoringsystem                         World Fair Trade Organization
integriert zu haben. In einigen Fällen gibt es aber Ausnah-
meregelungen25. Um den „Leader“-Status (höchste Kategorie                                          Die World Fair Trade Organization
von insgesamt vier Kategorien26) zu erhalten, müssen Mit-                                          (WFTO) ist die internationale Dachor-
glieder mindestens 90 % ihres Produktionsvolumens durch                                            ganisation von über 400 Fair-Han-
das Monitoring abdecken.                                                                           dels-Organisationen in über 70
                                                                                                   Ländern. Ziel der WFTO ist die Unter-
Zulieferbetriebe mit Sitz in einem Land, das von der FWF                                           stützung von Kleinproduzent*innen
als „low risk country“ eingestuft ist (= alle Länder in der EU                                     und die Verbesserung ihrer Lebensbe-
mit Ausnahme von Bulgarien und Rumänien), müssen nicht                                             dingungen. Mitglieder sind Produzen-
überprüft werden. Hier sind aber jährliche Besuche vorge-                                          tengruppen und -netzwerke, Vermark-
schrieben.                                                                     tungsorganisationen sowie Fair-Handels-Importeure und
                                                                               NRO‘s, die sich zu 100 % dem Fairen Handel verschrieben
Für die Umsetzung der Kriterien des „Code of Labour                            haben.
Practices“ gibt es eine Bewertung anhand von Punkten (null
bis maximal acht Punkte). Neben den zuvor genannten Vor-                       Durch die heterogene Mitgliederstruktur wird die gesamte
gaben für die Monitoring-Kontrollen bei den Zuliefererbe-                      Lieferkette der Produkte abgedeckt – von den Produzent*in-
trieben müssen die Mitglieder eine bestimmte Mindestan-                        nen bis zu den Konsument*innen. Bei den Produzentengrup-
zahl von Punkten erreichen. Hierbei gibt es unterschiedliche                   pen handelt es sich überwiegend um Organisationen, die
Anforderungen in Abhängigkeit von Dauer und Kategorie                          Handwerksprodukte herstellen.
der Mitgliedschaft. Beispielsweise müssen Mitglieder der
Kategorie „Good“ im ersten Jahr mindestens 30 Punkte und                       Um die Einhaltung der Fair-Handels-Kriterien durch ihre
im dritten Jahr mindestens 50 erreichen. „Leader“ müssen                       Mitglieder zu überprüfen, hat die WFTO 2013 das WFTO-
von Beginn der Mitgliedschaft an mindestens 75 Punkte er-                      Garantie-System neu eingeführt.
reichen. Die maximale Punktzahl, die ein Mitglied erreichen
kann, wird von der FWF entsprechend seiner Eigenschaften                       Dabei werden die Mitglieder durch das „Membership und
individuell berechnet (in der Regel liegt die maximale Punkt-                  Monitoring System“ der WFTO überprüft. Bei diesen Kont-
zahl bei 100 bis 115 Punkten).                                                 rollen, die auf Basis der zehn WFTO-Prinzipien27 durchge-
                                                                               führt werden, wird die gesamte Organisation des Mitglieds
Ausschließlich Mitglieder mit dem „Leader“-Status dürfen                       und seine Arbeitsweise betrachtet und nicht einzelne Pro-
das FWF-Logo an ihren Produkten anbringen bzw. ihr Sorti-                      dukte oder Produktgruppen. Aus diesem Grund gibt es auch
ment entsprechend kennzeichnen. Alle anderen dürfen das                        keine produktspezifischen Standards, z. B. für Textilien.
FWF-Logo nur auf ihrer Website und in ihrer Außendarstel-                      Beim WFTO-Garantie-System handelt es sich nicht um ein
lung kommunizieren.                                                            Zertifizierungssystem, weshalb das „WFTO-Label“ auch kein
                                                                               Siegel ist.
Da die Mitgliedschaft in der FWF keine Zertifizierung im ei-
gentlichen Sinne ist, handelt es sich beim FWF-Logo nicht
um ein Siegel, sondern ein Zeichen der Mitgliedschaft.                         Welche Teile der Lieferkette werden abgedeckt?

                                                                               Der Ansatz der WFTO und damit die Einhaltung des „WFTO
                                                                               Fair Trade Standards“ bezieht sich auf das gesamte Unter-
                                                                               nehmen des Mitglieds sowie dessen Zulieferer bis auf die
                                                                               Ebene der Produzent*innen.

                                                                               Das WFTO-Mitglied muss also sicherstellen, dass der „WFTO
                                                                               Fair Trade Standard“ sowohl bei den eigenen Mitarbeiter*in-
                                                                               nen im Unternehmen umgesetzt wird als auch bei den Pro-
                                                                               duzent*innen der Zulieferer, von denen sie die fairen Pro-
25
   Die genaue Aufteilung und Voraussetzungen für die Monitoring-Pflichten      dukte beziehen.
finden sich im Dokument „Brand Performance Check Guide 2018“, S. 20-25.        Unter Mitarbeiter*innen werden neben den Festangestellten
26
   Je nach Erreichen der Ziele in Bezug auf die Umsetzung der FWF Standards    auch Arbeiter*innen, Saison- oder Zeitarbeiter*innen ver-
sowie des Monitorings der Zulieferer wird ein FWF Mitglied einer der folgen-   standen.
den Kategorien zugeordnet: „Führend“ (=Leader); „Gut“ (=Good), „Verbes-
serungen notwendig“ (= Needs Improvement“) und „Suspendiert“ (= Sus­           Zulieferer, die ebenfalls WFTO-Mitglied sind oder durch ein
pended).                                                                       anderes von der WFTO anerkanntes System überprüft sind,
27
   Siehe hierzu: https://wfto.com/fair-trade/10-principles-fair-trade          müssen nicht erneut kontrolliert werden. Von der WFTO an-

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