Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln auf Ackerflächen?

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Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit
             von Brutvögeln auf Ackerflächen?

            Untersuchungsergebnisse aus der Hecken-Landschaft
                           Schleswig-Holsteins

              Von Helge Neumann, Ralf Loges und Friedhelm Taube, Kiel

                                     1    Einleitung

Der Anteil an landwirtschaftlicher Nutzfläche, die nach den Richtlinien des ökologischen
Landbaus bewirtschaftet wird, hat in Europa seit den 1990er-Jahren stetig zugenommen
und betrug im Jahr 2004 europaweit 3,4 %, in Deutschland 4,5 % (129). Die Einführung
und/oder Beibehaltung der ökologischen Wirtschaftsweise wird in den meisten europä-
ischen Ländern finanziell gefördert. Ziel der Zuwendungen für ökologische Produktions-
verfahren ist die „nachhaltige Verbesserung der natürlichen und wirtschaftlichen Produk-
tionsbedingungen, die mit den Belangen des Schutzes der Umwelt und der Erhaltung
des natürlichen Lebensraumes vereinbar sind und zum Gleichgewicht auf den Märkten
beitragen“ (EG-Verordnung 1257/1999). Positive Effekte des ökologischen Landbaus auf
wild lebende Tiere und Pflanzen sind in vielen Fällen belegt (7; 52; Übersicht in 65).
Untersuchungen zum Einfluss der ökologischen Wirtschaftweise auf Brutvögel liegen
bisher jedoch kaum vor (Übersichten in 65; 68). Die Richtlinien der deutschen Ökoland-
bauverbände enthalten einige allgemeine Naturschutzvorgaben, konkrete (quantitative)
Mindeststandards bzw. Handlungsvorschriften für den Artenschutz bzw. speziell für den
Vogelschutz fehlen jedoch (Übersicht in 17; 46; 66; 75). Der ökologische Landbau lässt
für Vogelarten, die auf Ackerflächen brüten, dennoch Vorteile erwarten, da im Ökolandbau
per se einige der Forderungen erfüllt werden, die aus Vogelschutzsicht an die Landwirt-
schaft gestellt werden (51; 68). So bedingt der vorgeschriebene Verzicht auf chemisch-
synthetisch hergestellte Pflanzenschutz- und Düngemittel (EU-Verordnung 2091/92), dass
ökologische Fruchtfolgen in aller Regel eine größere Vielfalt an Ackerfrüchten aufweisen
(14). Der Rückgang der Kulturartenvielfalt in der konventionellen Landwirtschaft, ins-
besondere der verringerte Anbau von Sommerungen, gilt als einer der Hauptgründe für
die beobachtete Abnahme der Feldvogelbestände in Europa in den letzten Jahrzehnten
(29; 109; Übersicht in 68). Das Ertragsniveau ist im ökologischen Ackerbau aufgrund
der genannten Einschränkungen in der Betriebsmittelzufuhr im Allgemeinen geringer als
in der konventionellen Landwirtschaft (z. B. 120). Ökologische Kulturpflanzenbestände
weisen je nach Kulturart und Standort zumeist eine vergleichsweise lichtere Vegetations-
struktur auf, was den Habitatansprüchen von Offenlandarten, wie z. B. der Feldlerche,
entgegenkommt (69; 112; 125; 130). Da im ökologischen Anbau keine Herbizide und
Insektizide eingesetzt werden (EU-Verordnung 2091/92), ist die Vielfalt und Häufigkeit
von Wildpflanzen und Insekten auf ökologisch bewirtschafteten Äckern vielfach höher
als auf konventionellen Vergleichsflächen (Übersichten in 65; 101; 127). Es ist somit zu
erwarten, dass Feldvogelarten auf ökologisch bewirtschafteten Flächen ein vergleichs-

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Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?   273

weise höheres Angebot an tierischer und pflanzlicher Nahrung vorfinden (22; 62; 83;
Übersicht in 65). Ackerwildpflanzen sind für Feldvögel nicht nur als Nahrung (Übersicht
in 85), sondern auch bei der Nestplatzwahl von Bedeutung (116). Die Siedlungsdichte von
Brutvögeln wird auf Agrarflächen neben der Flächenbewirtschaftung entscheidend von
der Landschaftsstruktur bestimmt (104; 111; Übersicht in 68). Entsprechende Zusammen-
hänge sind besonders gut für die Feldlerche untersucht, die in Europa trotz abnehmender
Bestände noch zu den weit verbreiteten Vogelarten der Agrarlandschaft zählt (15). Zum
Einfluss des Oberflächenreliefs auf die Verbreitung von Feldlerchen liegen nur wenige wis-
senschaftliche Untersuchungen vor. Stark geneigte Flächen scheinen jedoch von Lerchen
gemieden zu werden (39; 112; 130). Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass senkrechte
(Ackerrand-) Strukturen, wie Wälder, Gehölze, Hecken oder Siedlungen, sich negativ auf
die Siedlungsdichte von Feldlerchen auswirken (z. B. 23; 36; 41; 85; 96; 99; 102; 130).
In Agrarlandschaften, die durch Hecken gegliedert sind, können Feldlerchen entsprechend
erst ab einer gewissen Mindestschlaggröße erwartet werden (128). Die Besiedlung einzel-
ner Anbaufrüchte wird maßgeblich von deren Vegetationsstruktur bestimmt. Feldlerchen-
reviere, die im Frühjahr in konventionell bewirtschaftetem Wintergetreide oder Winterraps
gegründet werden, bleiben häufig aufgrund der rasch schließenden und aufwachsenden
Pflanzenbestände nicht die gesamte Brutzeit über besetzt, während Frühjahrsansaaten erst
später im Jahr, nach dem Auflaufen der Kulturpflanzen, von Feldlerchen besiedelt werden
(26; 31; 40; 41; 118; 125). In der offenen Feldflur wirkt sich ein Mosaik aus kleinen,
mit unterschiedlichen Kulturarten bestellten Schlägen günstig auf die Siedlungsdichte
der Feldlerche aus, da so über den Brutzeitraum verteilt geeignete Vegetationsstrukturen
angeboten werden (38; 71; 112; 118). Für große Schläge wurde hingegen ein negativer
Einfluss auf die Feldlerchendichte nachgewiesen (37; 38; 40; 41; 112). Die Habitatqualität
großer Äcker kann jedoch gesteigert werden, wenn innerhalb der Schläge Bereiche mit
lückig-niedriger Vegetation oder Fehlstellen vorhanden sind (50; 90; 95; siehe auch 113;
114). Besonders hohe Feldlerchendichten wurden auf Brach- bzw. Stilllegungsflächen, die
nicht mit nachwachsenden Rohstoffen bestellt wurden, festgestellt (23; 27; 36; 40; 41; 85;
99; 103; 130). (Sukzessions-) Brachen wirken sich auch auf das Vorkommen zahlreicher
weiterer Feldvogelarten positiv aus (8; 9; 60; 61).
    Inwieweit der ökologische Landbau an bestimmte Schlaggrößen und/oder eine spezi-
fische Ausstattung mit Landschaftselementen, wie z. B. Hecken, gebunden ist, lässt sich
aus den Richtlinien der deutschen Ökolandbauverbände nicht eindeutig ableiten, da die
Regelwerke mit der Ausnahme des Anbauverbandes Gäa e. V. (53) diesbezüglich keine
konkreten Vorgaben enthalten (17; 65; 75; Übersicht in 46). Der Rahmenplan der Ge-
meinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ der Bun-
desrepublik Deutschland, in dem die Beihilfevoraussetzungen für die Förderung des öko-
logischen Landbaus in Deutschland definiert sind, sieht vor, dass auf ökologisch wirt-
schaftenden Betrieben alljährlich für mindestens drei Prozent der landwirtschaftlichen
Betriebsfläche eine Agrarumweltverpflichtung bestehen muss, die über die Anforderungen
der EU-Verordnung 2091/92 zum Ökolandbau hinausgeht (16). Diese Regelung kann je-
doch von den Bundesländern ausgesetzt werden und wurde lediglich in Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Saarland umgesetzt (Übersichten in 58;
92). Aus Deutschland liegen bisher keine wissenschaftlichen Vergleichsuntersuchungen
zum Einfluss des Ökolandbaus auf die Landschaftsstruktur vor. Arbeiten, die in Nachbar-
ländern durchgeführt wurden, ergeben kein einheitliches Bild (Übersicht in 81), da die
Landschaftsstruktur auf ökologisch bewirtschafteten Betrieben von zahlreichen weiteren
Faktoren, wie z. B. der Erwerbsform (Haupt-, Nebenerwerb), der Spezialisierung (mit/
ohne Viehhaltung) und/oder den lokalen landschaftlichen Gegebenheiten (z. B. historisch
bedingte Heckendichte), beeinflusst werden kann (47; 82).
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    Zu Einflüssen des ökologischen Landbaus auf Brutvögel liegen aus Deutschland bisher
sechs Arbeiten vor. In drei Fallstudien wurde untersucht, wie sich eine Betriebsumstellung
auf ökologischen Anbau auf die Entwicklung der Vogelbestände auswirkt (Klostergut Sch-
eyern/Bayern, 81; Liegenschaft Trenthorst/Schleswig-Holstein, 69; Hof Ritzerau/Schles-
wig-Holstein, 92). Fuchs (49) führte eine Begleituntersuchung zur Brutvogelbesiedlung
eines Landwirtschaftsbetriebes während der ersten fünf Jahre nach der Umstellung auf
ökologischen Anbau durch (Ökohof Seeben/Sachsen-Anhalt). Einer Monitoringstudie von
Neumann & Koop (92) (Lindhof/Schleswig-Holstein) liegt ein vergleichbarer Untersu-
chungsansatz zu Grunde. Fuchs und Scharon (48 in 50) führten in Brandenburg eine
spezielle Untersuchung zur Siedlungsdichte der Feldlerche auf ökologisch, integriert und
konventionell bewirtschafteten Wintergetreidefeldern durch.
    Aussagen zu direkten Effekten des Ökolandbaus lassen sich aus den genannten Stu-
dien nur mit Einschränkungen ableiten (vgl. Methodenkritik 65). So war die Betriebsum-
stellung in der Studie von Laussmann und Plachter (81) an zusätzliche landschaftliche
Umstrukturierungen, wie z. B. die Anlage von Hecken und Saumstreifen, gebunden. Die
von Hötker et al. (69) untersuchten Betriebsflächen wurden in dem Vergleichsjahr vor der
Umstellung zwar noch konventionell bestellt, die Anbaufrüchte (Winterweizen, -gerste)
wurden nach der Ansaat jedoch bereits ökologisch bewirtschaftet. Zudem wurde im Zuge
der Umstellung in einem Teilareal eine starke Parzellierung geschaffen, die vermutlich
aus der Anlage von Versuchsfeldern resultierte (siehe Abbildung in 69), welche bei den
vogelkundlichen Untersuchungen nicht gesondert berücksichtigt wurden. Die Studien
von Fuchs (49) und Neumann und Koop (92) (Lindhof) beinhalten keine Erfassung des
Ausgangszustandes im konventionellen Anbau, sodass beide Arbeiten keine Aussagen zu
unmittelbaren Effekten der Betriebsumstellung zulassen. Die genannten Begleitstudien
zur Betriebsumstellung können an Jahreseffekte gekoppelt sein, welche sich lediglich in
der Arbeit von Hötker et al. (69) quantifizieren lassen, da in den beiden anderen Un-
tersuchungen (81; 92, Hof Ritzerau) keine Vergleichsflächen mit konstanten (konventio-
nellen) Bewirtschaftungsverhältnissen untersucht wurden. Alle genannten Studien lassen
aufgrund der geringen Stichprobenumfänge keine statisch abgesicherten Aussagen zu,
sodass die Autoren ihre Resultate entsprechend vorsichtig interpretieren. Hötker et al.
(69) weisen im Hinblick auf den Stand der Forschung darauf hin, dass eine systematische
Untersuchung der Brutvogelbesiedlung von ökologisch und konventionell bewirtschafte-
ten Praxisbetrieben in Deutschland dringend erforderlich ist.
    In Schleswig-Holstein wurde vor dem geschilderten Hintergrund in den Jahren 2005
und 2006 ein Projekt durchgeführt, welches zum Ziel hatte, die Brutvogelgemeinschaften
einer repräsentativen Stichprobe von ökologisch und konventionell bewirtschafteten
Ackerflächen vergleichend zu analysieren.

                                     2     Methoden
                               2.1       Probeflächenwahl

Für die Vogelerfassungen standen ökologisch und konventionell bewirtschaftete Praxisbe-
triebe zur Verfügung, deren pflanzliche Produktion bereits seit dem Jahr 2004 im Rahmen
des Projektes „COMPASS“ der Universität Kiel untersucht wird (siehe 121). Da die öko-
logische Wirtschaftsweise nicht zwingend an eine bestimmte Gestaltung der Landschaft
gebunden ist (siehe Kap. 1), wurde für die vogelkundlichen Erfassungen ein Untersu-
chungsdesign gewählt, welches verzerrende Einflüsse der Landschaftsstruktur ausschließt.
Da es nicht möglich war, aus der Stichprobe des „COMPASS“-Projekts Betriebspaare
(konventionell/ökologisch) zu bilden, die sich im Hinblick auf die Landschaftsstruktur
Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?      275

vollkommen gleichen (vgl. 7; 28; 30; 41), wurden die vogelkundlichen Untersuchungen
auf der Ebene von Ackerschlagpaaren durchgeführt. Die Schläge eines Paares wurden
so zusammengestellt, dass sie im Hinblick auf das Oberflächenrelief, die (Rand-) Aus-
stattung mit Hecken und Gehölzen sowie die Flächengrößen und -zuschnitte möglichst
identisch waren (Abb. 1 und 2). Während die Größen der Ackerschläge den Schlagkarteien
der Landwirte entnommen werden konnten, mussten das Relief sowie die Ausstattung
mit vertikalen Randstrukturen im Feld kartiert werden (topografische Karten im Maß-
stab 1:5000). Das Relief wurde durch die Kategorien „eben“, „leicht kuppig“ und „stark
geneigt“ klassifiziert, wobei Schläge, die der letztgenannten Gruppe zuzuordnen waren,
nicht für die Untersuchungen ausgewählt wurden.

Abb. 1. Flächengrößen (ha) der in den Jahren 2005 und 2006 untersuchten Ackerschlagpaare

Abb. 2. Klassifizierung der vertikalen Randstrukturen der in den Jahren 2005 und 2006 unter-
suchten Ackerschlagpaare (Klassen: 0: 0 – 25 % des Schlagrandes mit Hecken/Gehölzen bestan-
den, 1: 26 – 50 %, 2: 51 – 75 %, 3: 76 – 100 %)
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   Die Klassifizierung der Randstrukturen der Äcker ist Abbildung 2 zu entnehmen. Bei
der Auswahl der Paare wurde zusätzlich darauf geachtet, dass die Anbaufrüchte der Äcker
jeweils repräsentativ für die Fruchtfolgen waren, die in Schleswig-Holstein im konventio-
nellen und ökologischen Anbau vorherrschen (Tab. 1; vgl. 14 sowie 89).

    Tabelle 1. Anbaufrüchte der untersuchten Ackerschlagpaare in den Jahren
       2005 und 2006 (siehe Abb. 1 und 2; Erträge der Marktfrüchte sowie
Bewirtschaftungsmaßnahmen im ökologischen Anbau siehe Anhang, Tab. 7, Abb. 9)

    Kulturarten                               2005                                           2006
                           konventionell                 ökologisch         konventionell               ökologisch
                            n      ha         %      n       ha        %     n     ha       %       n       ha        %
           Mais (GPS)1     12     80,4   26,1        1     11,0       3,7   11    53,5 17,4         2     14,1       4,8
             Ackergras2     3      9,7    3,1                                5    17,4   5,6
       Kleegras Schnitt2                             9     52,8   17,9                          12        65,1   22,0
    Erbsen/Gerste (GPS)                              5     22,8       7,7                           4     23,3       7,9
         Wintergetreide    15     92,2   29,9     10       53,8   18,2      17   188,2 61,1         7     98,4   33,2
             Winterraps     8     94,8   30,8        1      8,6       2,9    4    26,1   8,5
        Sommergetreide      1      4,0    1,3        7     80,9   27,4       1     5,0   1,6    11        69,0   23,3
           Zuckerrüben      1     27,0    8,8                                2    18,0   5,8
             Kartoffeln                                                                             1      5,6       1,9
       Saatvermehrung3                               2     13,0       4,4                           1      5,1       1,7
    Körnerleguminosen4                               2     12,9       4,4
       Kleegras Mulch5                               3     39,8   13,5                              2     15,5       5,2
        Alle Kulturarten   40    308,1   100      40 295,6            100   40   308,1   100    40 296,1             100
         Sommerungen       14    111,4   36,2     18 161,5        54,6      14    76,5 24,8     18       112,0   37,8
1
 GPS: Ernte als Ganzpflanzensilage; Anbau zur Silageernte, 3 - 4 Schnitte; 2005: Ölrettich, Rot-
                                          2                                              3

klee, 2006: Deutsches Weidelgras; 4Ackerbohnen, Körnererbsen; 5Aufwuchs 3 bis 4-mal gemäht
und auf der Fläche belassen
n: Anzahl Schläge, ha: Anbaufläche gesamt

Das im ökologischen Landbau ursprünglich angestrebte Ideal eines geschlossenen Be-
triebsorganismus, in dem Feldwirtschaft und Viehhaltung in einem ausgewogenem Ver-
hältnis zueinander stehen (siehe 77), lässt eine besondere Assoziation des Ökolandbaus
mit Gemischt- und Futterbaubetrieben erwarten (z. B. 51; 65). Der tatsächliche Anteil der
beiden Betriebsformen ist in Deutschland im ökologischen Landbau jedoch nicht bedeu-
tend höher als in der konventionellen Landwirtschaft (Gemischt- und Futterbau zusammen
56,1 % der Betriebe im ökologischen Anbau gegenüber 53,5 % im konventionellen An-
bau, Übersicht in 14). In das Experimentdesign der Vogeluntersuchungen wurden deshalb
für beide Wirtschaftsweisen sowohl Marktfrüchte als auch Futterpflanzen aufgenommen.
Dauergrünland wurde nicht untersucht, da die auf den Betrieben vorhandenen Grünland-
flächen im Hinblick auf die Habitatansprüche von Feldvogelarten zu klein waren (siehe
Übersicht in 43).
    Mit dem beschriebenen Verfahren wurden insgesamt 40 „Passerpaare“ gebildet, die in
den Jahren 2005 und 2006 in gleicher Weise untersucht wurden (siehe Abschn. 2.2). Im
zweiten Erfassungsjahr ergaben sich die angebauten Kulturarten aus den Fruchtfolgen der
Betriebe. Die Schlagpaare verteilen sich auf acht konventionell und neun ökologisch be-
wirtschaftete Betriebe, die in einem Umkreis von 50 km um die Stadt Kiel in der Hecken-
Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?   277

bzw. „Knick“-Landschaft Schleswig-Holsteins liegen (siehe 63). Da bei der Auswahl der
Betriebe für das Projekt „COMPASS“ darauf geachtet wurde, dass das Produktionsma-
nagement innerhalb der Gruppe des konventionellen und ökologischen Anbaus möglichst
homogen ist (121), kann für die Schlagpaare der vogelkundlichen Untersuchungen davon
ausgegangen werden, dass keine systematisch verzerrenden Betriebsleitereffekte vorlagen.
Die ökologisch wirtschaftenden Betriebe wurden zu Beginn der Vogelerfassungen bereits
seit mindestens 10 Jahren nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus bewirtschaf-
tet. Auf den Ökobetrieben wurden nur Äcker untersucht, die innerhalb von arrondierten
Betriebsflächen liegen, d. h. Felder, die allseitig von konventionell genutzten Flächen um-
geben sind, wurden nicht in das Untersuchungsdesign aufgenommen. Eine Übersicht über
die Bewirtschaftungsmaßnahmen, die auf den ökologisch genutzten Äckern im Untersu-
chungszeitraum durchgeführt wurden, findet sich im Anhang (Abb. 9).

                                2.2 Vogelerfassungen
Es wurden alle Vogelarten erfasst, von denen bekannt ist, dass sie direkt auf Äckern brüten
(„Feldvögel im engeren Sinne“; 124). Arten, die Landwirtschaftsflächen zur Nahrungs-
suche nutzen, jedoch ausschließlich in oder an benachbarten Gebäuden oder Sonderstruk-
turen brüten („Feldvögel im weiteren Sinne“, z. B. Heckenbrüter), wurden im Hinblick auf
die Fragestellung der Arbeit nicht kartiert. Die Erfassungen erfolgten in Anlehnung an die
„Revierkartierungsmethode“, bei der alle Vögel notiert werden, deren (Revier anzeigendes)
Verhalten auf eine Brut hindeutet (v. a. Gesang, Warnrufe) (13). Bei Vögeln, die Sing-
oder Nahrungssuchflüge durchführten, wurde besonders auf die Start- und Landepunkte
geachtet. Die Ackerschläge wurden im Zeitraum Anfang April bis Ende Juli/Anfang Au-
gust an mindestens fünf Terminen in Transekten kontrolliert. Konventionell bewirtschaf-
tete Winterrapsfelder konnten ab Mitte Mai aufgrund der dichten Kulturpflanzenbestände
nicht mehr begangen werden. Die Äcker wurden daher vom Rand her mit dem Fernglas
und dem Spektiv nach Revier anzeigenden Vögeln abgesucht. Der Abstand zwischen zwei
Kartierungsgängen betrug zwei bis maximal vier Wochen. Die Ackerschläge eines Paares
wurden vielfach am selben Tag, zumindest jedoch im Abstand von maximal einer Woche
kontrolliert. Die Vogelerfassungen wurden nur unter günstigen Kartierungsbedingungen
durchgeführt (kein Regen oder starker Wind). Das zweite Untersuchungsjahr war im Ver-
gleich zum ersten Erfassungsjahr durch ein kühleres und feuchteres Frühjahr (März/April)
sowie wärmere und trockenere Sommermonate (Juni/Juli) gekennzeichnet (Abb. 3). Die
Vogelerfassungen wurden im Zeitraum des Sonnenaufganges begonnen. Wenn mehrere
Probeflächen an einem Tag kartiert wurden, erstreckten sich die Erfassungen bis in die
späten Morgenstunden. Es wurde daher darauf geachtet, dass alle kontrollierten Schläge
im Untersuchungszeitraum anteilig zu gleichen Tageszeiten begangen wurden.
    Ein Vorkommen einer Vogelart wurde als „Revier“ gewertet, wenn es zur Haupt-Brut-
zeit an mindestens zwei Kontrollterminen im Abstand von vier Wochen bestätigt werden
konnte. Bei Arten, die vor allem in der Dämmerung gesangs- bzw. rufaktiv sind (Reb-
huhn, Wachtel, Wachtelkönig), wurde der Status „Revier“ auch vergeben, wenn lediglich
ein Brutzeitnachweis vorlag. „Reviere“ des Fasans und des Rebhuhns wurden mit dem
Faktor 0,5 gewertet, da eine Brut in angrenzenden Ackerrandstrukturen, wie beispiels-
weise Hecken, nicht ausgeschlossen werden kann (siehe z. B. 3). Die Zuordnung von
Vogelrevieren zu einzelnen Schlägen erfolgte nach der Partizipationsmethode, welche die
relative Häufigkeit von Nachweisen in unterschiedlichen Habitaten berücksichtigt (105;
106). Die Vorkommen der Feldlerche wurden für unterschiedliche Zeiträume ausgewertet,
da die Feldlerchendichte in Abhängigkeit der Vegetationsentwicklung der Kulturpflan-
zenbestände eine starke saisonale Dynamik aufweisen kann (26; 31; 40; 41; 118; 125;
siehe Kap. 1). Neben der maximalen Anzahl an besetzen Feldlerchenrevieren im gesamten
278                      Helge Neumann, Ralf Loges, Friedhelm Taube

Abb. 3. Monatliche Durchschnittstemperaturen (°C) und monatliche Niederschlagssummen (mm)
im Brutzeitraum der Jahre 2005 und 2006 (Deutscher Wetterdienst, Wetterstation Kiel Holtenau)

Untersuchungszeitraum (April – Juli) wurde die Siedlungsdichte in den Zeiträumen April/
Mai (frühe Bruten) und Juni/Juli (späte Bruten) bestimmt (vgl. 26; 71; 73). Saisonale Ver-
änderungen der Siedlungsdichten wurden anhand der Differenz der Abundanz zwischen
dem zweiten und ersten Auswertungszeitraum (Juni/Juli – April/Mai) überprüft. Um die
Brutvogelgemeinschaften der Äcker zu charakterisieren, wurden neben der Siedlungs-
dichte die Präsenz der Arten (prozentuales Vorkommen bezogen auf die Gesamtanzahl
an untersuchten Schlägen) sowie die Anzahl an (Rote Liste-) Arten und der Shannon-
Index berechnet (91). Da die Brutvogelgemeinschaften der Ackerschlagpaare in beiden
Untersuchungsjahren stark von der Feldlerche dominiert wurden (siehe Kapitel 3), wurde
zusätzlich die Gesamtsiedlungsdichte aller Arten außer der Feldlerche bestimmt.

                            2.3   Statistische Auswertungen
    Die statistischen Auswertungen erfolgten als paarweiser Vergleich (109). Um den Ein-
fluss der Bewirtschaftungsart (konventionell/ökologisch) zu analysieren, wurde für die
erhobenen Parameter je Schlagpaar die Differenz zwischen konventionellem und öko-
logischem Anbau gebildet. Da die Paardifferenzen in vielen Fällen weder normal- noch
symmetrisch verteilt waren, wurden die Auswertungen der Vergleichbarkeit halber ein-
heitlich mit dem Vorzeichentest durchgeführt (110; SAS-Software Version 9.1). Für den
Parameter „Siedlungsdichte“ wurde der Einfluss der Bewirtschaftungsart für alle Arten
analysiert, die innerhalb der beiden Wirtschaftsweisen in einem der Jahre eine Präsenz
von mindestens 10 % aufwiesen (vgl. 30). Die zeitliche Dynamik der Brutzeitvorkommen
der Feldlerche (Differenzen der Siedlungsdichte zwischen den Zeiträumen Juni/Juli und
April/Mai) wurde ebenfalls mit dem Vorzeichentest geprüft.
Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?            279

                                         3   Ergebnisse

Neben der Feldlerche, die am häufigsten auf den untersuchten Ackerschlagpaaren auftrat,
wurden lediglich die Arten Schafstelze, Kiebitz und Fasan auf einer größeren Anzahl an
Schlägen (Präsenz ≥ 10 %) nachgewiesen (Tab. 2).

 Tabelle 2. Präsenz (%) der auf den Ackerschlagpaaren (konventionell/ökologisch)
    nachgewiesenen Vogelarten in den Jahren 2005 und 2006 (statistische Tests
   erfolgten nur für Arten, die innerhalb der beiden Wirtschaftsweisen in einem
    der Jahre eine Präsenz von mindestens 10 % aufwiesen, siehe Tab. 3; n = 40
                                    Schlagpaare)

 Vogelart¹                                                           2005        2006
                                                                 Konv. Ökol. Konv. Ökol.
 Feldlerche Alauda arvensis (V; 3)                                57,5 72,5 50,0      65,0
 Schafstelze Motacilla flava (V; 3)                               17,5 12,5 22,5       5,0
 Kiebitz Vanellus vanellus (2; 3)                                 15,0 12,5 10,0       7,5
 Fasan Phasianus colchicus (n. g.; n. g.)                         10,0 22,5 10,0      17,5
 Dorngrasmücke Sylvia communis (n. g.; n. g.)                      7,5
 Rebhuhn Perdix perdix (2; 3)                                                 2,5
 Rohrammer Emberiza schoeniclus (n. g.; n. g.)                     5,0    2,5 2,5      2,5
 Wachtel Coturnix coturnix (n. g.; 2)                              2,5    7,5 5,0     10,0
 Sandregenpfeifer Charadrius hiaticula (2; V)                      2,5        2,5
 Sumpfrohrsänger Acrocephalus palustris (n. g.; n. g.)                    2,5
 Braunkehlchen Saxicola rubetra (3; 3)                                    2,5          7,5
 Wachtelkönig Crex crex (2; 1)                                            2,5
¹Angaben in Klammern: Gefährdungsstatus nach der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands
(erste Angabe; 4) bzw. Schleswig-Holsteins (zweite Angabe; 76):
1: vom Aussterben bedroht, 2: stark gefährdet, 3: gefährdet, V: Vorwarnliste, n. g.: nicht gefährdet

Die übrigen Feldvogelarten kamen nur auf sehr wenigen Ackerflächen vor (Präsenz
< 10 %) und waren vielfach lediglich in einem der beiden Untersuchungsjahre vertreten.
    Die Feldlerche erreichte auf den ökologisch bewirtschafteten Äckern signifikant hö-
here Siedlungsdichten als auf den konventionellen Vergleichsflächen (Tab. 3, Abb. 4). Im
ersten Erfassungsjahr war dieser Unterschied im Zeitraum April/Mai (erste Brut) weniger
stark ausgeprägt als im Juni/Juli (späte Bruten). Auf den konventionell genutzten Schlä-
gen nahm die Siedlungsdichte der Feldlerche während der Brutzeit 2005 ab, während die
Abundanz auf den ökologisch bewirtschafteten Äckern in beiden Untersuchungsjahren in
der gesamten Brutperiode konstant blieb (Abb. 5, Tab. 4).
    Die Arten Schafstelze und Fasan zeigten im Mittel der Untersuchungsjahre ebenfalls
eine signifikante Reaktion auf die unterschiedliche Bewirtschaftung. Die Effekte waren
jedoch weniger stark ausgeprägt als bei der Feldlerche und ließen sich zudem nicht in
beiden Einzeljahren statistisch absichern. Die Schafstelze trat im Mittel der Jahre häu-
figer auf den konventionell bewirtschafteten Feldern auf, während der Fasan zahlreicher
auf den ökologisch genutzten Äckern nachgewiesen wurde. Für den Kiebitz ergab die
statische Analyse keinen signifikanten Einfluss der Bewirtschaftungsart. Die Gesamtsied-
280                         Helge Neumann, Ralf Loges, Friedhelm Taube

lungsdichte (Summe aller Arten außer Feldlerche), die Artenvielfalt (Artenzahl, Abb. 6;
Shannon-Index) und die Anzahl an Rote Liste-Arten wurden ebenfalls nicht von der Wirt-
schaftsweise beeinflusst.

  Tabelle 3. Signifikanzniveaus der mit den Paardifferenzen „Äcker konventionell
    - Äcker ökologisch“ durchgeführten Vorzeichen-Tests (n = 40 Schlagpaare)

 Parameter1                             2005                   2006            Mittel 2005 & 2006
                              M-Wert       Pr >= |M|2 M-Wert     Pr >= |M| M-Wert       Pr >= |M|
 Abundanz T1 Feldlerche           -7           0,0161    -6           0,0227     -9       0,0021
 Alauda arvensis                                  *                      *                  **
 Abundanz T2 Feldlerche          -9,5          0,0003    -6           0,0357    -9,5      0,0013
 Alauda arvensis                                ***                      *                  **
 Abundanz Tges Feldlerche         -8           0,0070   -6,5          0,0294     -8       0,0113
 Alauda arvensis                                 **                      *                   *
 Abundanz Fasan
           �����                 -3,5          0,0923    -3           0,0703     -5       0,0213
 Phasianus colchicus                            n. s.                  n. s.                 *
 Abundanz Schafstelze             3            0,0703    4            0,0215     4,5      0,0225
 Motacilla f. flava                             n. s.                    *                   *
 Abundanz Kiebitz                 1            0,7266    0,5          1,0000     2        0,3877
 Vanellus vanellus                              n. s.                  n. s.               n. s.
 Abundanz Arten gesamt           -2,5          0,4421    2            0,5034    -0,5      1,0000
 außer Feldlerche                               n. s.                  n. s.               n. s.
 Anzahl Arten                    -3,5          0,2478   -1,5          0,6900     -3       0,3915
                                                n. s.                  n. s.               n. s.
 Anzahl Rote Liste-Arten         -2,5          0,4049    0            1,0000     -3       0,3915
 (4)                                            n. s.                  n. s.               n. s.
 Shannon-Index                   -3,5          0,2100    0,5          1,0000    -1,5      0,7011
                                                n. s.                  n. s.               n. s.
1
  Abundanz: Reviere/10 ha; T1: Zeitraum April/Mai (frühe Bruten), T2: Zeitraum Juni/Juli (späte
Bruten), Tges; maximale Siedlungsdichte im Gesamtzeitraum (April-Juni); 2n. s.: nicht signifikant
(p >= 5,0 %), *: signifikant (5,0 % > p >=1,0 %), **: hoch signifikant (1,0 % > p >= 0,1 %), ***:
sehr hoch signifikant (p < 0,1 %)
Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?          281

Abb. 4. Siedlungsdichte (Reviere/10 ha) der Feldlerche (Alauda arvensis) (im Zeitraum Tges, siehe
Tab. 3), des Fasans (Phasianus colchicus), der Schafstelze (Motacilla flava) und des Kiebitzes (Va-
nellus vanellus) auf den untersuchten Ackerschlagpaaren (konventionell/ ökologisch) im Mittel der
Jahre 2005 und 2006 (Box-Whisker-Plots, gestrichelte Linie: arithmetisches Mittel, durchgezogene
Linie: Median; n = 40 Schlagpaare; statistische Tests siehe Tab. 3)

Abb. 5. Differenz der Abundanz (Reviere/10 ha) der Feldlerche zwischen dem Zeitraum Juni/Juli
(späte Bruten, T2, siehe Tab. 3) und dem Zeitraum April/Mai (frühe Bruten, T1) auf den unter-
suchten konventionell und ökologisch bewirtschafteten Ackerschlägen in den Jahren 2005 und
2006 (n = 40 Schlagpaare; statistische Tests siehe Tab. 4, weitere Erklärungen siehe Abb. 4)
282                         Helge Neumann, Ralf Loges, Friedhelm Taube

Tabelle 4. Signifikanzniveaus der mit den Paardifferenzen „Abundanz Feldlerche T2
 - Abundanz Feldlerche T1“ durchgeführten Vorzeichen-Tests (siehe Abb. 5; n = 40
                    Schlagpaare; Signifikanzniveaus siehe Tab. 3)

                         2005                                               2006
       konventionell              ökologisch             konventionell               ökologisch
 M-Wert       Pr >= |M| M-Wert          Pr >= |M| M-Wert        Pr >= |M| M-Wert          Pr >= |M|
      -4,5      0,0490          0,5         1,0000       1,5       0,6476          2,5      0,3593
                   *                         n. s.                  n. s.                    n. s.

Abb. 6. Anzahl an Brutvogelarten auf den untersuchten Ackerschlagpaaren (konventionell/ökolo-
gisch) im Mittel der Jahre 2005 und 2006 (n = 40 Schlagpaare; statistische Tests siehe Tab. 3)

                                            4    Diskussion

                                      4.1       Siedlungsdichten

Feldlerche:
Die Feldlerche zeigte die stärkste Reaktion auf die unterschiedliche Ackerbewirtschaftung
und erreichte auf den ökologisch bewirtschafteten Flächen signifikant höhere Siedlungs-
dichten als auf den konventionell genutzten Äckern.
   Wie aus der Übersicht in Tabelle 5 ersichtlich, ergaben auch die weiteren in Europa
durchgeführten Vergleichsuntersuchungen, trotz unterschiedlicher Untersuchungsansätze
und Standortverhältnisse, ohne Ausnahme (tendenziell) höhere Feldlerchendichten im
ökologischen Anbau. Die Ursachen hierfür sind im Detail nicht bekannt, da sich Effekte
der verschiedenen Charakteristika des ökologischen Landbaus (siehe Kap. 1) in ornitho-
logischen Freilandstudien nicht voneinander trennen lassen (vgl. 51; 65). Als mögliche
Gründe für höhere Feldlerchendichten auf ökologisch bewirtschafteten Betrieben bzw.
Ackerflächen werden ein größerer Anbauumfang von Sommerungen, lichtere Kulturpflan-
zenbestände sowie eine höhere Nahrungsverfügbarkeit im ökologischen Anbau diskutiert
(28; 30; 41; 47; 48 in 50; 69; 79; 100; 130; siehe Kap. 1). In der konventionell genutzten
Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?                    283

Agrarlandschaft wurden für Frühjahrsansaaten wiederholt höhere Feldlerchendichten er-
mittelt als für Kulturarten, die bereits im Herbst bestellt werden (27; 36; 40; 85). Som-
merungen weisen im Frühjahr und Frühsommer geringere Vegetationshöhen und -dichten
auf als Herbstansaaten (31; 71; 112; 125). In zahlreichen Studien wurde gezeigt, dass
Feldlerchen zur Brutzeit Flächen mit niedriger und lückiger Vegetation bevorzugen, wäh-
rend sehr dichte und hochwüchsige Pflanzenbestände zumeist gemieden werden (27; 31;
36; 40; 71; 95; 112; 125).

Tabelle 5. Vergleichsuntersuchungen zum Einfluss der konventionellen (konv.) und
ökologischen (ökol.) Landwirtschaft auf die Siedlungsdichte der Feldlerche Alauda
                       arvensis (Literaturübersicht Europa)

    Quelle1 Land2   Art der Studie3            Effekt    Bemerkungen
                    Typ    Methode Jahre       ö. L.4
                           In redigierten Zeitschriften veröffentlichte Artikel
    6       S       VU     PZ          1       (+)       6 Betriebspaare
    28      GB      VU     RK          3       +         Jahrweise 7 – 17 Betriebspaare, signifikanter
                                                         Effekt nur in einem Jahr
    30*     DK      VU     PZ, RK      4       +         Engl. Veröffentlichung der Studie von Braae
                                                         et al. (18), s. u.
    69*     D       BU,    RK          3       (+)       BU: 1. Jahr konv. bestellt, jedoch ökol. bewirt-
            (SH)    VU                                   schaftet, 2./3. Jahr ökol.; VU: 1 Vergleichsge-
                                                         biet
    81*     D       BU     RK          5       (+)       1./2. Jahr konv., 3. – 5. Jahr konv., Umstellung
            (BA)                                         inkl. landschaftliche Umstrukturierungen (z. B.
                                                         Heckenanlage)
    92*;    D       BU     RK          4       (+)       1. Jahr konv., 2./3. Jahr Teilflächen ökol., 4.
    122     (SH)                                         Jahr ökol. (4. Jahr in 121)
    130     GB      VU     RK          2       +         3 ökol. und 4 konv. bewirtschaftete Betriebe,
                                                         Auswertung auf Einzelschlagebene
                                   Anderweitig veröffentlichte Arbeiten
    18*     DK      VU       PZ,       4       +         31 Vergleichsgebiete (PZ), darunter 2 Betrieb-
                             RK                          spaare (RK)
    41      GB      VU       RK        2       +         1 Betriebspaar
    47*     Ö       VU       PZ        1       +         92 Testgebiete
    48 in   D       VU       RK        1       (+)       3 ökol., 6 konv., 4 integriert bewirtschaftete
    50      (BB)                                         Wintergetreidefelder
    79*     NL      VU       RK        2       +         Jahrweise 10 und 20 Betriebspaare
    83      S       VU       RK        1       +         11 ökol. und 3 konv. bewirtschaftete Betriebe
    100     DK      BU       PZ        5       +         1. – 3. Jahr konv., 4./5. Jahr ökol., 2 Acker-
                                                         schläge eines Betriebes
1
  *: Arbeit enthält Angaben zu (ausgewählten) weiteren Brutvogelarten auf Ackerflächen; 2 Anga-
ben in Klammer: Bundesländer: BA: Bayern, BB: Brandenburg, SH: Schleswig-Holstein; 3 Typ:
VU: Vergleichsuntersuchung ökologisch und konventionell bewirtschafteter Flächen, BU: Beglei-
tuntersuchung der (Teil-) Umstellung eines Landwirtschaftsbetriebes; Methode: RK: Revierkartie-
rung oder Vogelerfassung angelehnt an dieses Verfahren, PZ: Punkt-Stopp-Zählung oder Vogeler-
fassung angelehnt an dieses Verfahren (siehe 13); Jahre: Anzahl Untersuchungsjahre; 4 Effekt ö.
L.: Effekt des ökologischen Landbaus auf die Siedlungsdichte der Feldlerche im Vergleich zur
konventionellen Bewirtschaftung: +: signifikant positiv, (+): tendenziell positiv, d. h. Ergebnisdar-
stellung ohne statistische Auswertung bzw. Angaben, Trendangabe nach Interpretation der Autoren
in der Originalarbeit
284                     Helge Neumann, Ralf Loges, Friedhelm Taube

    Als mögliche Erklärung für die Bevorzugung lichter Vegetationsstrukturen wird an-
geführt, dass Feldlerchen durch sehr dichte Pflanzenbestände beim Nestan- und -abflug
sowie bei der Fortbewegung und Nahrungssuche am Boden behindert werden (31; 72;
95). Diese Hypothese wird durch Untersuchungen gestützt, in denen Feldlerchen ihre
Nester in konventionellen Getreidebeständen im Laufe der Vegetationszeit zunehmend
in der unmittelbaren Nähe von Fahrspuren anlegten, bzw. die Fahrgassen bevorzugt zur
Nahrungssuche nutzten (31; 35; 95). Die Adaption an schütter bewachsene (und offene)
Agrarflächen könnte sich aus den ursprünglichen Herkunftsgebieten der Feldlerche ablei-
ten, welche vermutlich in asiatischen Steppengebieten liegen (35).
    Der positive Einfluss des Ökolandbaus auf die Siedlungsdichte der Feldlerche war in
dem ersten Untersuchungsjahr der vorliegenden Studie im Zeitraum April/Mai weniger
stark ausgeprägt als im Juni/Juli. Wilson et al. (130) ermittelten in Großbritannien für kon-
ventionell und ökologisch genutzte Wintergetreideäcker einen ähnlichen Effekt. So war der
(positive) Einfluss des ökologischen Anbaus auf die Feldlerchedichte im Mai deutlicher
ausgeprägt als im April. Eine Erklärung für den deutlicheren Effekt der Bewirtschaftung
im Frühsommer könnte darin liegen, dass die Unterschiede in der Vegetationsstruktur auf
ökologisch und konventionell bewirtschafteten Äckern nach dem Schließen und Schossen
der Pflanzenbestände deutlicher ausgeprägt sind als zu Beginn der Vegetationszeit im
Frühjahr (vgl. 27; 69). Die unterschiedlichen Ergebnisse in den beiden Untersuchungs-
jahren der vorliegenden Arbeit könnten sich aus der verschiedenartigen Witterung und
Bestandesentwicklung in den beiden Jahren erklären. So war die Brutzeit 2006 im Ver-
gleich zum Vorjahr durch ein kühleres und feuchteres Frühjahr mit einer lange anhaltenden
Schneedecke sowie einer verzögerten Vegetationsentwicklung gekennzeichnet (Abb. 3;
84), welche der Grund dafür gewesen sein könnte, dass auf den konventionell genutzten
Schlägen im Vergleich zur Brutzeit 2005 keine signifikante Abnahme der Siedlungsdichte
festgestellt wurde (Abb. 5; vgl. 41).
    Abnehmende Feldlerchendichten im Brutzeitraum sind auch für einige Kulturarten,
die im ökologischen Anbau vergleichsweise dicht und/oder hoch aufwachsen (z. B. Win-
terroggen, Körnererbsen), belegt (48 in 50; 92; 116). Die Revieraufgaben scheinen im
ökologischen Anbau jedoch weniger stark ausgeprägt zu sein (48 in 50; 116) und der
Fruchtfolgeanteil dieser Anbaufrüchte ist im Ökolandbau in aller Regel geringer als der
Anbauumfang von Winterungen im konventionellen Anbau.
    In der vorliegenden Arbeit waren die ökologisch bewirtschafteten Schläge durch einen
vergleichsweise höheren Anteil an Sommerungen gekennzeichnet (Tab. 1). Im ersten Un-
tersuchungsjahr ergab sich dieser Unterschied aus dem Experimentdesign, im Folgejahr
resultierte er jedoch aus den Fruchtfolgen der Betriebe. Zur Vegetationsstruktur der un-
tersuchten Äcker liegen keine Ergebnisse vor, die sich in einem direkten Zusammenhang
mit den Resultaten der Vogelkartierungen stellen lassen. Da sich die Fruchtfolgen im
konventionellen und ökologischen Anbau stark unterscheiden (siehe Kapitel 1), beschrän-
ken sich direkte Kulturartenvergleiche in Freilandstudien zumeist auf das Wintergetreide,
da dieses innerhalb beider Wirtschaftsweisen im größeren Umfang angebaut wird (siehe
z. B. 52; 54; 69; 107). Im Rahmen des „COMPASS“-Projektes (siehe Kapitel 1) wurde
in denselben Jahren, in denen die vogelkundlichen Erfassungen durchgeführt wurden,
auf mehreren Wintergetreideschlägen sowohl die Bestandesdichte des Getreides (Ähren
tragende Halme/m2) als auch die Vielfalt an Ackerwildpflanzen (Arten/m2) bestimmt. Die
untersuchten Flächen sind nicht in allen Fällen mit den Schlagpaaren der Stichprobe der
Vogelerfassungen identisch. Die vegetationskundlichen Untersuchungen können aufgrund
der unmittelbaren räumlichen Nähe auf denselben Betrieben jedoch einen Anhaltspunkt zu
Unterschieden in der Vegetationsstruktur geben. Die Getreidedichte war in beiden Unter-
suchungsjahren auf den ökologisch bewirtschafteten Äckern signifikant niedriger als auf
den konventionellen Schlägen (Auswertung als paarweiser Vergleich, siehe Abschn. 2.3;
Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?          285

Abb. 7, Tab. 6). Für die Vielfalt an Wildpflanzenarten wurden hingegen erwartungsgemäß
auf den Ökobetrieben höhere Werte ermittelt (siehe Übersicht in 7; 65; 127).

Abb. 7. Anzahl an Ackerwildpflanzenarten (Arten/m2) und Bestandesdichte (Anzahl Ähren tra­
gende Getreidehalme/m2) von konventionell und ökologisch bewirtschafteten Wintergetreidefel­
dern auf den untersuchten Betrieben in den Jahren 2005 (n = 12 Schlagpaare) und 2006 (n = 8
Paare) [Methode: Transektkartierung im Zentrum der Schläge, je Transekt einmalig im Juli 10
Vegetationsaufnahmen (Fläche 1 m2) nach Braun-Blanquet (20)]

 Tabelle 6. Signifikanzniveaus der mit den Paardifferenzen „Äcker konventionell
 – Äcker ökologisch“ für die Parameter Bestandesdichte (Getreidehalme/m2) und
    Anzahl Ackerwildpflanzenarten/m2 durchgeführten Einstichproben-t-Tests
            (Stichproben siehe Abb. 7; Signifikanzniveaus siehe Tab. 3)

 Parameter                                         2005                          2006
                                         t-Wert           Pr > |t|     t-Wert           Pr > |t|
 Getreidehalme/m2                        15,8053
286                    Helge Neumann, Ralf Loges, Friedhelm Taube

    Die Beziehung zwischen dem tierischen Nahrungsangebot und der Siedlungsdichte von
Feldlerchen scheint weniger eng zu sein als die Abhängigkeit von der Vegetationsstruktur.
Sowohl Odderskær et al. (95) als auch Petersen (100) konnten keinen direkten Zusam-
menhang zwischen dem Angebot an Arthropoden auf Ackerflächen und dem Vorkommen
von Feldlerchen nachweisen. Beide Autoren vermuten, dass die Habitateignung weniger
vom Angebot als vielmehr von der Erreichbarkeit der Nahrung bestimmt wird, welche im
ökologischen Anbau aufgrund der im Allgemeinen lichteren Vegetationsbestände größer
sein dürfte (vgl. 25; 72).
    Auf der Basis der Kenntnisse über die Habitatansprüche der Feldlerche in der moder-
nen Agrarlandschaft wurde in Großbritannien eine spezielle Artenschutzmaßnahme zur
Förderung von Feldlerchen auf konventionell bewirtschafteten Wintergetreidefeldern ent-
wickelt. Die Maßnahme basiert darauf, den Vögeln während der Brutzeit durchgängig Of-
fenbodenstellen anzubieten, indem während der Ansaat des Getreides definierte Ackerbe-
reiche ausgespart werden („Skylarkplots“, 90; 97). In den bisherigen Untersuchungen zur
Effizienz dieser „Feldlerchenfenster“, wirkten sich die Fehlstellen positiv auf die Dauer
der Revierbesetzung und den Bruterfolg aus (90; 97). Die Anlage von „Skylarkplots“ wird
aufgrund dieser Resultate in Großbritannien seit dem Jahr 2005 im Rahmen der Agrarum-
weltprogramme angeboten (32). Erste Erfahrungen aus der Schweiz, in der die Maßnahme
infolge der englischen Ergebnisse ebenfalls erprobt wird, sind weniger viel versprechend.
Dies könnte damit zusammenhängen, dass die Attraktivität der Offenbodenstellen we-
niger stark ausgeprägt ist als in Großbritannien, da die Landwirtschaft in der Schweiz
im Vergleich zu England durch eine größere Anbauvielfalt sowie niedrigere Weizener-
träge gekennzeichnet ist (42; 56). Auch in Belgien wurden erste Versuche zur Anlage von
„Feldlerchenfenstern“ durchgeführt. Systematisch erhobene Ergebnisse zum Einfluss auf
Feldvögel liegen bisher jedoch nicht vor (34). Bei einem Vergleich der Wirksamkeit von
„Skylarkplots“ mit den Effekten, die (als Nebenprodukt) auf ökologisch bewirtschafteten
Äckern erzielt werden, ist zu bedenken, dass der ganzheitliche Bewirtschaftungsansatz
des ökologischen Anbaus in vielen Fällen an weitere positive Auswirkungen auf biotische
und abiotische Ressourcen gekoppelt ist (Übersichten in 65; 119). Bei der Anlage von
Feldlerchenfenstern handelt es sich indessen um eine Einzelmaßnahme, die auf die Habi-
tatansprüche einer Tierart abgestimmt ist, und die lediglich auf kleinen Teilarealen eines
intensiv genutzten Ackers wirkt (vgl. 94).

Übrige Arten:
Die Schafstelze galt in der Kulturlandschaft Westeuropas ursprünglich als Charakterart
der extensiv genutzten Grünlandniederungen und offenen Feuchtgebiete. In den letzten
Jahrzehnten haben Schafstelzen jedoch zunehmend auch großflächige Ackerbaugebiete
besiedelt (57). In Schleswig-Holstein wird die Schafstelze aufgrund des Rückganges und
der Veränderungen ihrer ursprünglichen Lebensräume in der Roten Liste der Brutvögel
geführt (76; siehe Tab. 2). Wegen der zunehmenden Besiedlung von Ackerflächen gelten
die Bestände aktuell jedoch nicht mehr als akut gefährdet (10; 11). Zur Habitatwahl der
Schafstelze in der Agrarlandschaft liegen aus dem deutschsprachigen Raum nur wenige
Untersuchungsergebnisse vor. Schafstelzen bevorzugen – wie Feldlerchen – ebene und
offene Landschaften (2; 117), scheinen ihre Nester auf Ackerflächen im Vergleich zur
Feldlerche jedoch in höherwüchsigen Pflanzenbeständen anzulegen. In Untersuchungen
von Anthes et al. (2) und Schümperlein (115) wiesen Neststandorte bzw. Reviere der
Schafstelze eine Vegetationshöhe von 40 – 60 cm auf. Stiebel (117) fand im Juli noch
eine größere Anzahl an Nestern (über ein Drittel der Bruten) in Wintergetreidebeständen,
die bereits Wuchshöhen von 100 – 170 cm aufwiesen. Für Neststandorte der Feldlerche
wurden hingegen maximale bzw. optimale Vegetationshöhen von 15 – 30 cm, in einzelnen
Fällen auch bis 50 – 60 cm, ermittelt (27; 31; 71; 118; 125). Schafstelzen scheinen insbe-
Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?    287

sondere Äcker, die zweikeimblättrige Pflanzen aufweisen, als Bruthabitat zu bevorzugen
(2; 116). Für die Nahrungssuche sind zusätzlich Bereiche mit niedriger und schütterer
Vegetation wichtig (2; 19; 117). Die Besiedlung einzelner Anbaufrüchte wird maßgeblich
von deren Vegetationsstruktur sowie dem Gesamtangebot an Kulturpflanzen bestimmt
(2; 115; 117). Auf den Probeflächen von Anthes et al. (2) in Nordwürttemberg siedelten
Schafstelzen bevorzugt in Hackfrüchten (Kartoffeln, Zuckerrüben), während Sommer-
und Wintergetreidefelder gemieden wurden. Alle weiteren Feldfrüchte (v. a. Mais) wur-
den entsprechend dem Angebot besiedelt. Schümperlein (115) ermittelte in der Schweiz
ebenfalls eine überproportionale Besiedlung von Kartoffelfeldern. In geringerem Ausmaß
wurden auch Zuckerrübenäcker bevorzugt. In der Studie von Stiebel (117) traten aus der
Uckermark (Brandenburg) Schafstelzen im Mai vor allem im Winterraps auf. Im Juni/Juli
lagen die Reviere hingegen bevorzugt in Mais-, Rüben- und Kartoffelfeldern, wobei sich
die Präferenz für die Hackfrüchte nicht statistisch absichern ließ. Ackerflächen, die in der
Uckermark von Schafstelzen gemieden wurden, wiesen eines der folgenden Merkmale
auf: hoher, sperriger Wuchs (Winterraps im Sommer), fehlende Vegetation (Sommerungen
im Mai), dichter Bewuchs ohne offene Bodenflächen (Grünland).
    Zur Situation der Schafstelze im ökologischen Anbau liegen nur wenige Studien vor.
Kragten und Snoo (79) ermittelten auf konventionell und ökologisch bewirtschafteten
Betrieben in den Niederlanden – in Übereinstimmung mit den eigenen Ergebnissen – in
einem von zwei Untersuchungsjahren niedrigere Schafstelzendichten im ökologischen
Landbau. Christensen et al. (30) konnten in Dänemark hingegen keinen signifikanten
Einfluss der Wirtschaftsweise feststellen. Schafstelzen wurden auf den untersuchten Be-
trieben allerdings auch generell nur sehr selten nachgewiesen. Ackerflächen scheinen in
Dänemark bisher nicht in dem gleichen Umfange von Schafstelzen besiedelt worden zu
sein, wie es für Schleswig-Holstein bekannt ist (55). In der Begleitstudie zur Betriebsum-
stellung der Liegenschaft Trenthorst in Schleswig-Holstein kamen Schafstelzen lediglich
auf der konventionell bewirtschafteten Referenzfläche vor. Auf den Betriebsflächen, die
im Untersuchungszeitraum auf ökologischen Anbau umgestellt wurden, wurde die Art hin-
gegen nicht nachgewiesen (69). Eine Erklärung dafür, dass Schafstelzen möglicherweise
häufiger auf konventionell genutzten Ackerflächen auftreten, könnte in der unterschied-
lichen Anbau- bzw. Vegetationsstruktur des konventionellen und ökologischen Anbaus
liegen (79). Die Vegetation ist auf ökologisch bewirtschafteten Äckern in dem Zeitraum,
in dem Schafstelzen ihre Reviere besetzen (Mai), je nach Kulturart u. U. (noch) zu niedrig,
als dass die Flächen als Bruthabitat akzeptiert werden. Das für den ökologischen Anbau
charakteristische Kleegras wies in den eigenen Untersuchungen vielfach eine Vegetati-
onsstruktur auf, die den Pflanzenbeständen intensiv genutzter Wirtschaftsgrünlandflächen
ähnelte, welche den Brutplatzansprüchen der Schafstelze in aller Regel nicht genügen
(19; 24; 117).
    Der Fasan wurde in Westeuropa überwiegend als Jagdwild eingeführt (57). In Schles-
wig-Holstein wurde die Art bereits ab dem 8. Jahrhundert in Volieren oder Menagerien ge-
halten und vermutlich ab dem Jahr 1100 zur Jagd eingebürgert (74). Fasane vermögen ein
breites Spektrum an Lebensräumen zu besiedeln, sofern einige höhere Büsche oder Bäume
sowie ein Mindestmaß an Deckung vorhanden sind (11; 108). Da die Fasanenbestände in
Schleswig-Holstein nach der Einstellung der massenhaften Aussetzungen seit Anfang der
1990er-Jahre stark abgenommen haben (11), ist zu vermuten, dass sich die Art unter den
klimatischen Bedingungen Norddeutschlands ohne Hegemaßnahmen nicht eigenständig
erhalten kann (11; 74; 131). Auf ökologisch bewirtschafteten Flächen könnten Fasane
von einem höheren Nahrungsangebot zur Brutzeit (Wildpflanzen, Bodentiere) und/oder
in den Wintermonaten (Samen auf Stoppeläckern) profitieren (vgl. 64; 70). Detailstudien,
welche diese Hypothese belegen könnten, fehlen jedoch. Es liegt lediglich eine weitere
Arbeit zu Brutzeitvorkommen des Fasans auf konventionell und ökologisch bewirtschafte-
288                     Helge Neumann, Ralf Loges, Friedhelm Taube

ten Flächen vor, in der jedoch kein signifikanter Effekt der Bewirtschaftungsart gefunden
wurde (30).

                                    4.2 Artenvielfalt
Untersuchungen zu Auswirkungen des ökologischen Landbaus auf die Vielfalt von Brut-
vogelarten (Acker-, Grünland- und Gebüschbrüter) wurden in Dänemark (30), Großbri-
tannien (28) und Schweden (6) durchgeführt. Christensen et al. (30) geben lediglich für
eines der untersuchten Betriebspaare (siehe Tab. 5) Ergebnisse zur Artenvielfalt an. Die
konventionell bewirtschafteten Flächen wiesen jahrweise um 76 – 92 % weniger Brut-
vogelarten auf als der ökologische Vergleichsbetrieb. Der Unterschied in der Artenviel-
falt war weniger stark ausgeprägt als die Differenz in der Gesamtsiedlungsdichte aller
Arten, die ebenfalls auf dem ökologischen Betrieb höher war. Chamberlain et al. (28)
konnten nur in einem von drei Untersuchungsjahren einen signifikanten Effekt der Be-
wirtschaftungsweise auf die Artenvielfalt (Shannon-Index) nachweisen, wobei die Anzahl
der untersuchten Betriebspaare in den verschiedenen Jahren variierte. Belfrage et al. (6)
untersuchten Betriebspaare, die unterschiedliche Größenklassen aufwiesen. Betriebe mit
geringer Flächenausstattung (12 – 52 ha, vier ökol., zwei konv.) unterschieden sich nicht
in der Anzahl an Brutvogelarten; der Vergleich großer Betriebe (135 – 300 ha, zwei ökol.,
vier konv.) ergab jedoch eine höhere Artenzahl im ökologischen Anbau. Die größte Dif-
ferenz in der Artenvielfalt bestand zwischen kleinen Ökobetrieben und großen konventi-
onellen Betrieben.
    In der vorliegenden Arbeit wurde die Artenvielfalt im Gegensatz zu den genannten Ver-
gleichsstudien anderer Autoren nicht auf der Betriebsebene, sondern auf dem Niveau von
Einzelschlägen bestimmt. Die Schlagpaare wurden zwar so ausgewählt, dass die Flächen-
größen der meisten Paare oberhalb der minimalen Raumansprüche von Ackervogelarten
liegen (siehe Abb. 1; vgl. Übersicht in 43). Bekannt ist jedoch, dass die Vielfalt an Brutvo-
gelarten mit der Größe einer Probefläche (asymptotisch) zunimmt (12; vgl. auch 126). Die
Ackerschläge waren des Weiteren wie für die Region typisch überwiegend von Hecken
und/oder Gebüschen umgeben (siehe Abb. 2), welche sich auf das Vorkommen von Offen-
landarten, zu denen viele Feldvogelarten zählen, negativ auswirken (siehe Übersichten in
43; 68). Auch wenn die Schlagpaare somit landschaftsbedingt nur ein begrenztes Potenzial
für eine hohe Vielfalt an Ackervogelarten besitzen, so deuten doch auch die genannten
Ergebnisse der weiteren bisher vorliegenden Vergleichsuntersuchungen darauf hin, dass
sich konventionell und ökologisch bewirtschaftete Betriebsflächen nicht besonders stark
in der Brutvogelbesiedlung unterscheiden. Da Ökobetriebe zumeist isoliert inmitten der
konventionell genutzten Agrarlandschaft liegen, reagieren Vögel, die im Vergleich zu an-
deren Artengruppen vergleichsweise große Raumansprüche aufweisen (21), möglicher-
weise weniger deutlich auf die unterschiedliche Anbauform, als Taxa, die direkter von
der Art der Flächenbewirtschaftung beeinflusst werden, wie z. B. Ackerwildpflanzen (7;
52). Vögel sind aufgrund ihrer Flugfähigkeit prinzipiell in der Lage, neu entstandene Le-
bensräume rasch zu besiedeln (z. B. 67). Feldvogelarten, die nicht zu den Zug-, sondern
zu den Standvögeln zählen, besitzen jedoch u. U. nur ein begrenztes Wiederbesiedlungs-
vermögen, wenn die Arten lediglich kleine Reviere besetzen und großflächig nur (noch)
in einer sehr geringen Dichte vorkommen (siehe z. B. Rebhuhn; 11). Fuller et al. (52)
vermuten, dass positive Effekte des Ökolandbaus auf die Artenvielfalt stärker zum Tragen
kommen könnten, wenn größere zusammenhängende Landschaftsausschnitte ökologisch
bewirtschaftet würden.
Fördert der ökologische Landbau die Vielfalt und Häufigkeit von Brutvögeln?      289

                                      4.3   Bruterfolg

Bei der Bewertung der Auswirkungen von Flächennutzungen auf Brutvögel ist nicht nur
das Vorkommen von Arten, sondern auch deren Reproduktion von Bedeutung. Das Kri-
terium „Bruterfolg“ ist insbesondere auf Landwirtschaftsflächen wichtig, da Agrarflächen
als besonders individuenarme Lebensräume gelten (12; 43). Ökologisch bewirtschaftete
Äcker lassen negative Auswirkungen auf den Bruterfolg von Bodenbrütern erwarten, wenn
mechanische Unkrautbekämpfungsmaßnahmen (Striegeln, Hacken) während der Brutzeit
durchgeführt werden (51). In der vorgestellten Arbeit wurden keine Untersuchungen zum
Reproduktionserfolg durchgeführt, da eine zeitaufwändige Suche nach Nestern (siehe
z. B. 31; 73) aufgrund der begrenzten Arbeitskapazitäten nicht möglich war. Einen An-
haltspunkt zum Einfluss der ökologischen Ackerbewirtschaftung auf den Bruterfolg der
Feldlerche liefert eine Studie, die auf dem ökologisch bewirtschafteten Versuchsbetrieb
Lindhof der Universität Kiel durchgeführt wurde (92; Abb. 8).

Abb. 8. Zeitspannen von Ackerbewirtschaftungsmaßnahmen auf dem ökologisch bewirtschaf-
teten Lindhof in den Jahren 2002 und 2003 und Brutablauf der Feldlerche Alauda arvensis (nach
Literaturangaben in 31; 33; 98) [Ansaat: Pflugsaat (sofern nicht anders angegeben); mechanische
Pflege: Unkrautbekämpfung durch Striegeln (Getreide, Körnerleguminosen), Hacken, Häufeln oder
Schlegeln (Kartoffeln); schematische Darstellung nach Angaben in 92]

In der zweijährigen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass Feldlerchenreviere, die
bereits im zeitigen Frühjahr besetzt worden waren, bis auf wenige Ausnahmen während
der gesamten Brutzeit besetzt blieben. Eine Gegenüberstellung der Brutphänologie der
Feldlerche mit den Terminen der Bewirtschaftungsmaßnahmen, die im Untersuchungs-
zeitraum auf den Ackerflächen durchgeführt wurden, ergab, dass der Brutzeitbeginn der
Art in den Zeitraum der Frühjahrsbestellungen fiel, sodass (potenzielle) Erstbruten, die
bereits in Winterungen oder auf der Stoppel der Vorfrucht begonnen wurden, zerstört
worden sein dürften. Hackfrüchte sowie Kleegrasbestände ließen wahrscheinlich in der
gesamten Brutzeit keine erfolgreiche Brut zu, da die Zeitabstände zwischen den Bewirt-
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