EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG - HINTERGRUND, BEWERTUNG UND WEITERENTWICKLUNG DES SEKTORS
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EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG HINTERGRUND, BEWERTUNG UND WEITERENTWICKLUNG DES SEKTORS Chefredaktion und Herausgeber Sponsoren
CHEFREDAKTION UND HERAUSGEBER: IFOAM EU Group Rue du Commerce 124, BE - 1000 Brüssel, Belgien Tel.: +32 2280 1223 - Fax: +32 2735 7381 info@ifoam-eu.org www.ifoam-eu.org Redaktionelle Bearbeitung und Texte: Medicert s.r.l. Besonderen Dank für ihre Beiträge an: Andrzej Szeremeta, Louisa Winkler, Francis Blake, Marco Schlüter, Cristina Micheloni, Uwe Hofmann, Richard Doughty, Stéphane Becquet, Giuliano d’Antonio und Eduardo Cuoco Produktionskoordination: Laura Ullmann und Dimitrios Petalios Übersetzung ins Deutsche: Anke Mai / mai@mai-translations.de Gestaltung, Grafik und Satz: Medicert s.r.l. / fuel. - www.fueldesign.be Fotos: Anamarija Slabe, Bio Suisse, Christina Micheloni, David Lefebvre, ECOVIN Bertram, Meinklang Angela Betonei, Stazione Sperimentale per la Viticoltura Sostenibile, Stephane Becquet, Uwe Hofmann Abkürzungen: AGOF - Advisory Group on Organic Farming / Beratungsgruppe "ökologischer Landbau" der Kommission Die Kommission - Die Europäische Kommission GMO - Gemeinsame Marktorganisation GD - Generaldirektion GD AGRI - GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung GD ENVI - GD Umwelt GD MARE - GD Maritime Angelegenheiten und Fischerei GD SANCO - GD Gesundheit und Verbraucher EOWC - European Organic Winemaking Carta / Europäische Charta für biologische Weinerzeugung (ECBW) das Parlament - Das Europäische Parlament EU - Die Europäische Union GVO - Genetisch veränderte Organismen IFOAM - International Federation of Organic Agriculture Movements / Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen IFOAM EU Gruppe - IFOAM Regionalgruppe EU SCOF - Standing Committee on Organic Farming / Ständiger Ausschuss für die ökologische Produktion Q.b.A. - Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete Die in dieser Veröffentlichung geäußerten Ansichten sind die der Verfasser und geben nicht unbedingt den Standpunkt der IFOAM-EU-Gruppe wieder.
INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 5 1. Ökologischer Wein als Symbol für nachhaltige Qualitätsprodukte 6 1.1. Ökologischer Weinbau: Geschichte und Definition 6 1.2. Die EU-Vorschriften für Wein - zur Entstehungsgeschichte 7 1.3. Private Standards für Bio-Weine 8 1.4. Zertifizierung von Wein - Nachhaltigkeits- und Qualitätssiegel 9 1.5. Nachhaltigkeit in der Bio-Weinherstellung 16 2. Erläuterung und Auslegung der EU-Vorschriften für ökologischen Wein im Rahmen der GAP 18 2.1. EU-Vorschriften für die ökologische Weinerzeugung 18 2.2. Ökologischer Weinbau 22 2.3. Ökologische Weinbereitung 26 2.4. Kennzeichnung von ökologischen Weinen 30 2.5. Zertifizierung von ökologischem Wein 33 3. Markt und internationaler Handel 37 3.1 Ökologischer Weinbau in Europa und in der Europäischen Union 37 Entwicklung und aktuelle Statistiken 3.2. Import und Export von ökologischen Weinen in die und aus der EU 39 3.3. Markt und internationaler Handel mit ökologischem Wein 42 4. Zukunftsperspektiven und weitere Entwicklungen 44 4.1. Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich ökologischer Weinerzeugung 44 4.2. Innovative Verfahren zur Reduzierung des Sulfiteinsatzes in der ökologischen Weinerzeugung 46 4.3. Weiterentwicklungen der EU-Vorschriften für ökologischen Wein: Auslegung, Bewertung und 49 Überarbeitungsbedarf Geltende europäische Gesetzgebung zu ökologischen Lebensmitteln und zum ökologischen Landbau 53 Anhang 55 EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG 3
VORWORT VON Mit der Verabschiedung der EU-Verordnung zur ökologischen Weinbereitung ist dieser Prozess jedoch noch nicht Christopher Stopes abgeschlossen. In den einzelnen Mitgliedstaaten werden Präsident der IFOAM-EU-Gruppe die neuen Rechtsvorschriften derzeit in nationales Recht umgesetzt, während die Europäische Kommission an der Seit August 2012 kann Bio-Wein mit dem EU-Bio-Logo als Aufnahme des Bio-Weins in die Äquivalenzabkommen mit ökologischer bzw. biologischer Wein gekennzeichnet werden. Drittstaaten arbeitet. Nun gilt es sicherzustellen, dass in Das heißt: Bio-Wein ist nunmehr eindeutig als ökologisches Drittstaaten tätige Kontrollstellen, die Bio-Produkte für die Erzeugnis identifizierbar. Der ökologische Wein ist damit Einfuhr in die EU zertifizieren, auch mit der Kontrolle und vollständig in die EU-Gesetzgebung integriert und Bestandteil Zertifizierung von Bio-Wein betraut werden. der Gemeinsamen Agrarpolitik (und wird zudem durch zusätzliche private Standards reguliert). Damit haben wir Die neue Verordnung sieht ferner eine schrittweise jetzt eine solide Grundlage für die Weiterentwicklung dieses Überarbeitung und Anpassung der vereinbarten Vorschriften Sektors, und schon heute können wir eine positive Resonanz ausdrücklich vor, insbesondere beinhaltet sie die Option, im erkennen – mit einer Zunahme der Produktion und neuen Jahre 2015 die Zulässigkeit der Verwendung bestimmter Stoffe Initiativen in ganz Europa. und Verfahren in der ökologischen Weinbereitung erneut zu prüfen. Damit haben die Winzer nunmehr Zeit, die neuen Früher konnte Bio-Wein nur als „Wein aus Trauben aus Vorschriften für die ökologische Weinerzeugung in der Praxis ökologischem Anbau“ ausgezeichnet werden. Die neuen auf die Probe zu stellen und ihre so gewonnenen Erfahrungen mit der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 geschaffenen und Erkenntnisse in diesen Überarbeitungsprozess mit Bestimmungen wurden nunmehr um die Verordnung (EU) einzubringen. Eine besondere Bedeutung wird hierbei auch Nr. 203/2012 ergänzt, die detaillierte Vorschriften für die Forschungs- und Entwicklungsprojekten zukommen. ökologische Weinbereitung enthält. Damit wurde der Weg frei gemacht für den europäischen Bio-Wein. Wir müssen kooperieren, um eine harmonisierte Auslegung und Umsetzung der EU-Vorschriften für die Der Verabschiedung dieser Vorschriften gingen vier ökologische Weinerzeugung sicherzustellen. Die IFOAM- Jahre intensiver Vorbereitungsarbeiten voraus. Wichtiger EU-Gruppe wird daher auch weiterhin mit Weinherstellern Ausgangspunkt für die detaillierten Verhandlungen und Sachverständigen für ökologischen Weinbau mit der Kommission waren dabei die Ergebnisse des zusammenarbeiten, um sicherzugehen, dass die Stimme der Forschungsprojektes ORWINE. Die IFOAM-EU-Gruppe ist Branche in den EU-Institutionen Gehör findet, und dass die stolz darauf, dass die Anregungen des ökologischen Sektors Anregungen der Branche Eingang finden in die kontinuierliche in diesem Prozess berücksichtigt wurden. Als großen Erfolg Überarbeitung der EU-Rahmengesetzgebung zum betrachten wir vor allem den Kompromiss in der Begrenzung ökologischen Landbau und in die Vorbereitung des neuen des Gesamtschwefelgehaltes in ökologischem Wein, der durch Europäischen Aktionsplans für die ökologische Landwirtschaft. die Arbeit insbesondere der Experten der IFOAM-EU-Gruppe und der Europäischen Charta für biologische Weinerzeugung In dem vorliegenden Dossier werden die neue Verordnung (ECBW) erreicht werden konnte. Die Empfehlungen der und die rechtlichen Rahmenvorgaben erläutert. Es soll all Sachverständigen wurden von der Kommission übernommen jenen, die Bio-Wein herstellen oder beabsichtigen, dies zu tun, und sind nunmehr Bestandteil der neuen Verordnung. Anregungen und Informationen an die Hand geben. Ich bin davon überzeugt, dass es uns allen helfen wird, die Produktion Wir wissen insbesondere das Engagement des EU-Kommissars und den Konsum von ökologischem Wein zu fördern. Dacian Cioloş zu schätzen, und seine Entschlossenheit, die Integrität des ökologischen Weins im Kontext der EU-Öko- Ich möchte allen Experten, die an diesem Dossier mitgewirkt Verordnung und der Gemeinsamen Agrarpolitik zu bewahren haben, den Autoren und den Redakteuren, die die Arbeit des – ich denke, wir haben jetzt einen akzeptablen und tragfähigen IFOAM-EU-Büros in der Vorbereitungsphase unterstützt haben, Kompromiss.
VORWORTE danken. Mein aufrichtiger Dank gilt auch den Sponsoren, die Bereits bevor in Europa 1992 eine Verordnung zum dazu beigetragen haben, dieses Dossier zu ermöglichen. ökologischen Landbau in Kraft trat und auf der Klimakonferenz in Rio der Begriff der „Nachhaltigkeit“ definiert wurde, haben in Ich hoffe, wir werden künftig mehr Bio-Wein auf den Tisch ganz Europa Winzer begonnen ihre Weinberge ökologisch zu bekommen. pflegen und ihre Weine nach ökologischen Gesichtspunkten auszubauen. Zu den Leitgedanken gehörte die Besinnung auf Ich wünsche Ihnen eine angenehme und informative Lektüre die natürlichen Ressourcen, deren Schutz und Wiederaufbau – in vino veritas. sowie die Authenzität der Weine, die durch den Boden und die Winzerkunst geprägt wird. So hat sich der Bundesverband ökologischer Weinbau ECOVIN bereits 1985 gegründet mit eigenen Richtlinien zum Anbau und zur Verarbeitung des Christopher Stopes Weines und auch ein Kontrollsystem entwickelt. Von Anfang an haben wir Winzer unsere Weinkunden in diesen Prozess mitgenommen. Dadurch entstand ein hohes Vertrauen in die ökologischen Weine. VORWORT VON So ist es wohl auch der Verdienst der Öko-Winzer, dass heute in der Weinwirtschaft ein Bewusstsein für ökologisches Lotte Pfeffer-Müller Wirtschaften vorhanden ist und dass gerade von hochwertigen Vorsitzende ECOVIN Produkten diese ökologische Erzeugung erwartet wird. Bundesverband Ökologischer Weinbau e. V. Und hier schließt sich der Kreis – die europäische Ökologische Weinkultur in Europa – mit der Verordnung ökologische Weinwirtschaft hat mit der EU- Kommission in der (EU) 203/2012 schließt sich der Kreis. Verordnung (EU) 203/2012 zur Verarbeitung von Bioweinen den letzten Schritt gemacht. Nun liegt ein einheitlicher, Wein gehört zu unseren ältesten Kulturgütern und ist in nachprüfbarer und verlässlicher Standard für Bioweine vor, vielen Teilen Europas seit Jahrtausenden eng mit den der Ihnen als Verbraucher die Sicherheit und uns Winzern den Menschen der jeweiligen Regionen verbunden. Er ist weit Schutz unserer Produktion gibt. mehr als ein Genussmittel, spiegelt er doch in besonderer Weise die natürlichen Grundlagen Klima und Boden und die Diese europaweite Verordnung ist ein Mindeststandard. kulturelle Entwicklung der Weinbereitung und der vielfältigen Regionale Vereinigungen wie z.B. ECOVIN nutzen diesen Traditionen wieder. Rahmen für regionale Individualität und Ausgestaltung. Ökologische Weinkultur - heißt dieses Zusammenspiel im Die ökologische Säule der Nachhaltigkeit ist hiermit gesetzlich Einklang mit der Natur weiterzuentwickeln. verankert und die EU-BIO-VO stellt somit die Basis für alle Nachhaltigkeitssiegel in der Landwirtschaft dar. In Europa - bedeutet hierfür einen europaweit geltenden gemeinsamen Rahmen festzulegen. Erkennbar sind diese Bioweine durch das europäische Biosiegel. Eine große Herausforderung für eine Gruppe, deren Produkte sich durch die Individualität der Erzeuger und die Vielfalt der Regionen auszeichnen. Lotte Pfeffer-Müller So unterschiedlich auch die Bedingungen in den Regionen sind, so einheitlich war der Wunsch, den ökologischen Weinbau mit einer klaren, transparenten Struktur in Europa zu stärken. EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG 5
1. ÖKOLOGISCHER WEIN ALS SYMBOL FÜR NACHHALTIGE QUALITÄTSPRODUKTE 1.1. ÖKOLOGISCHER WEINBAU: GESCHICHTE UND Nach den anfänglichen Bemühungen der Pioniere der DEFINITION ökologischen Landwirtschaft in den 1960er und 1970er Jahren erkannte man die Notwendigkeit einer gewissen Ralph Dejas, ECOVIN, www.ecovin.de, Institutionalisierung und die ökologischen Anbauverbände R.Dejas@ecovin.de wurden gegründet. Ab den 1980er Jahren wurde der ökologische Weinbau dann von den Anbauverbänden mit Weinbau wird nachweislich seit über 7000 Jahren betrieben. ihren unterschiedlichen Anbauregeln geprägt. Die Wiege des Weinbaus scheint sich im Kaukasus zu befinden. Aber auch in Vorderasien wurde vor Jahrtausenden 1985 wurde ECOVIN – der Bundesverband Ökologischer bereits Weinbau betrieben. Weinbau – in Deutschland gegründet, und man verständigte sich auf einheitliche nationale Richtlinien in Deutschland. Bemerkenswert – wie auch bei der Landwirtschaft generell Diese umfassten bereits die komplette Produktionskette vom – ist die Tatsache, dass mit Einführung der modernen Weinbau bis hin zur Kellerwirtschaft. Errungenschaften, der sogenannten Grünen Revolution, ab den 1960er Jahren (Hochertragssorten, verstärkte Düngung Seit 1991 gibt es auf europäischer Ebene einheitliche der Böden mit Mineraldüngern und entsprechend chemisch- Vorschriften für ökologisch erzeugte Trauben (EG-Öko- synthetischem Pflanzenschutz) auch bei einigen Winzerinnen Verordnung 2092/91), die unter anderem die Verwendung und Winzern ein Umdenken hin zu einer ökologischen von Pflanzenschutz- und Düngemitteln regeln und die Wirtschaftsweise eingesetzt hat. Man wollte diesen Weg Kontrollen festlegen. Seit Einführung der EG-Öko-Verordnung nicht mitgehen. Dieser Zeitpunkt begründet den modernen 2092/91 ist die zuvor verbandsintern durchgeführte Kontrolle ökologischen Weinbau. nun vom Gesetzgeber her reguliert. Staatlich akkreditierte Kontrollstellen führen unabhängige Kontrollen durch und Hauptziel beim Ökologischen Weinbau ist es, den Schutz des können die Betriebe zertifizieren. Aber auch Verbände Ökosystems Weinberg und der Umwelt bei der Herstellung zertifizieren ihre Mitglieder. So gibt es in diesem eine „Kontrolle von Wein besonders zu berücksichtigen. So ist die Pflege der Kontrolle“ und somit sehr hohe Qualitätsstandards. der Bodenfruchtbarkeit essentielle Grundvoraussetzung. Natürliche Lebensprozesse werden gefördert und In der Folge entwickelten die Verbände ihre Richtlinien Stoffkreisläufe weitgehend geschlossen. Man kann auch kontinuierlich weiter, oft in sehr engem internationalem sagen: Ziel ist es, die Monokultur Weinberg durch Förderung Kontakt miteinander. Diese Richtlinienkompetenz der biologischen Vielfalt zu einer Polykultur zu entwickeln. wurde notwendigerweise auch bei Novellierungen der nationalen und europäischen Verordnungen und Neben dem biologisch-organischen Weinbau gibt es den Durchführungsbestimmungen benötigt. biologisch-dynamischen Weinbau. Grundlage des biologisch- dynamischen Weinbaus ist die Anthroposophie, bei der der Seit 2012 ist nun auf europäischer Ebene auch die landwirtschaftliche Betrieb als Organismus und Individualität Kellerwirtschaft / Weinbereitung geregelt. Aktuellen gesehen wird. Hier ist der Einsatz biologisch-dynamischer Verbandsrichtlinien sind heute (Stand 2013) die EU- Präparate von essentieller Bedeutung. Basisverordnung über die ökologische Produktion und Kennzeichnung von ökologischen Erzeugnissen (EG) Nr. Oft wird auch der Begriff „Naturwein“ verwendet. Dieser 834/2007 und deren Durchführungsbestimmungen (EG) ist jedoch nicht gesetzlich standardisiert und in einigen Nr. 889/2008 sowie die Durchführungsverordnung (EU) Nr. Mitgliedsstaaten sogar verboten. Naturweine werden oftmals 203/2012 zugrunde gelegt. nach biologisch (-dynamischen) Grundsätzen mit minimaler technologischer Intervention produziert. 6
DIE PROFESSIONALISIERUNG HAT DAZU GEFÜHRT, DASS VIELE BIOWEINE HEUTE ZU DEN BESTEN WEINEN DER WELT GEZÄHLT WERDEN. Während deutsche und österreichische Weingüter lange Zeit Weintrauben von der Anwendung dieser Bestimmungen eine gewisse Vorreiterrolle bezüglich einer qualitätsorientierten zunächst ausgenommen. Es wurde vereinbart, dass die ökologischen Weinerzeugung innehatten, gibt es mittlerweile Kommission innerhalb von einigen Jahren spezifische weltweit zahlreiche Betriebe, die ebenfalls die geforderten Vorschriften zur Weinbereitung ausarbeiten sollte. In der Standards erfüllen. Viele Winzer und Winzerinnen haben Zwischenzeit sollte es erlaubt sein „Wein aus Trauben mittlerweile erkannt, dass eine hohe sensorische Weinqualität aus ökologischem Anbau“ zu verkaufen, aber keinen nur mit den Methoden des ökologischen Weinbaus erreicht „ökologischen Wein” oder „Bio-Wein“. werden kann und stellen ihre Wirtschaftsweise um. Teilweise zweistellige Prozentzuwachsraten der Flächen demonstrieren 2. In den folgenden zehn Jahren expandierten der diesen Trend in allen Weinanbauregionen Europas. ökologische Weinanbau und die ökologische Kellerwirtschaft kontinuierlich. Die Herstellung von In den letzten Jahrzehnten hat sich im ökologischen Weinbau Bio-Wein wurde durch privatrechtliche Normen und einiges getan. Aus manch bitterer Erfahrung der Anfangsphase Richtlinien geregelt, die Weinhersteller drängten jedoch sind Lehren gezogen worden. Fachlicher Austausch zunehmend auf die Verabschiedung einer gemeinsamen untereinander hat zu hohen Qualitätsmaßstäben geführt, die Verordnung. Dieser Forderung schlossen sich ab dem Einzug in internationale Standards gefunden haben. Diese Jahr 2000 dann auch Nicht-EU-Staaten an, die Weine Professionalisierung hat dazu geführt, dass viele Bioweine aus der EU importierten. Im Juni 2004 veröffentlichte heute zu den besten Weinen der Welt gezählt werden. die Kommission ihren Europäischen Aktionsplan für ökologische Landwirtschaft und ökologisch erzeugte 1.2. DIE EU-VORSCHRIFTEN FÜR WEIN - ZUR Lebensmittel. Dieser beinhaltete eine Aktion zur Erwägung ENTSTEHUNGSGESCHICHTE der Notwendigkeit der Erstellung von Vorschriften für die ökologische Weinbereitung. Cristina Micheloni, AIAB, www.aiab.it, c.micheloni@aiab.it und Andrzej Szeremeta, IFOAM 3. Im Jahr 2005 veröffentlichte die Kommission im Rahmen EU Gruppe, www.ifoam-eu.org, andrzej@ekozywnosc.pl des 6. Forschungsrahmenprogramms eine Ausschreibung für ein Projekt, das die wissenschaftliche Grundlage für die Die Weinrebe ist eine Kulturpflanze, die die europäischen geplante Verordnung zur ökologischen Weinbereitung Landschaften maßgeblich mit geprägt hat und der in der liefern sollte. Damit gab die EU zum ersten Mal explizit Tradition und Geschichte des europäischen Kontinents eine Forschungsarbeiten zur Unterstützung der Erarbeitung besondere Bedeutung zukommt. Wein spielt eine wichtige entsprechender Rechtsvorschriften in Auftrag. Diese Rolle in Wirtschaft und Handel. Und: Wein ist ein grundlegender Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des Projekts Bestandteil der europäischen Lebensart. Der Wein gehört „ORWINE“ durchgeführt, das von 2006 bis 2009 lief, zu den ersten Lebensmittelerzeugnissen, die in Europa und eine Vielzahl wissenschaftlicher Ergebnisse zu gehandelt und reguliert wurden (so war die Gemeinsame Themen wie Weinbereitungsverfahren, Marktdynamiken, Marktorganisation für Wein die erste GMO, die abgeschlossen Verbraucherverhalten, Produktionsbedingungen und wurde) – die Ausarbeitung der Rechtsvorschriften für die Umweltauswirkungen lieferte. Auf der Grundlage Herstellung von ökologischem Wein allerdings war ein dieser Ergebnisse erstellte das Projekt eine Reihe von langwieriger Prozess, der immer wieder ins Stocken geriet. Empfehlungen für Rechtsvorschriften. EINE GESCHICHTE IN SIEBEN ETAPPEN 4. Im Jahr 2007 wurde die EU-Öko-Verordnung 2092/91 dann insgesamt überarbeitet und durch die am 1. 1. Im Jahr 1991 wurde die erste europäische Verordnung Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung (EG) über den ökologischen Landbau und die Herstellung von Nr. 834/2007 ersetzt, welche den ökologischen ökologischen Lebensmitteln eingeführt (die Verordnung Wein prinzipiell mit einbezog, allerdings wurden (EWG) Nr. 2092/91). Diese bezog sich auf Pflanzen und die in den dazugehörigen Durchführungsvorschriften Verarbeitungserzeugnisse aus Pflanzen, und damit auch keine Einzelheiten zur Weinbereitung festgelegt. auf die Produktion von Weintrauben, also den Weinanbau. Allerdings wurde Wein als Verarbeitungserzeugnis aus EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG 7
5. Anfang 2009 nahmen Kommission und Mitgliedstaaten von Produzenten aus Nicht-EU-Staaten würden behaupten die Arbeit an den Durchführungsvorschriften für die müssen. Jeder Kompromiss ist mit Einschränkungen Weinherstellung auf, dies führte jedoch zu so heftigen verbunden, diesem hier kann man jedoch zugutehalten, dass Diskussionen, dass der Kommissar im Juni 2010 beschloss, er den Weg frei gemacht hat für glaubwürdige ökologische die Verhandlungen zunächst wieder auf Eis zu legen. Regelungen, die für alle Weinregionen der EU mit all ihren Uneinigkeit herrschte insbesondere in Bezug auf den unterschiedlichen geographischen und klimatischen Einsatz von Sulfiten. Bedingungen gelten, ohne größere Marktverzerrungen zu verursachen. 6. Der Biosektor ließ jedoch nicht locker und drängte die Kommission und die Mitgliedstaaten weiterhin, die Verordnungen müssen sich gemeinsam mit dem Sektor, Diskussion wiederaufzunehmen und die Vorschriften den sie regulieren, weiterentwickeln. Dies gilt auch und fertigzustellen. Gleichzeitig gründete eine Gruppe von insbesondere für den ökologischen Wein, das heißt, diese Verbänden aus Frankreich, Spanien, Italien und der Schweiz Verordnung muss überprüft und überarbeitet werden, sobald die Initiative European Organic Wine Carta (EOWC), und der Sektor dafür bereit ist. erarbeitete eine Europäische Charta für biologische Weinerzeugung (ECBW), um die privaten Standards zu 1.3. PRIVATE STANDARDS FÜR BIO-WEIN harmonisieren und eine Grundlage für einen Vorschlag für eine gemeinsame Verordnung zu schaffen. Marc Chovelon, ITAB, www.itab.asso.fr, marc.chovelon@itab.asso.fr 7. Im Juli 2011 nahm die Kommission die Gespräche wieder auf. Experten des EOWC und der IFOAM EU arbeiteten ein Die europäischen Bio-Winzer haben auf der Grundlage Positionspapier aus. In der Diskussion wurde eine Strategie der Prinzipien des ökologischen Landbaus spezifische zur Lösung der Sulfit-Problematik gefunden, und zwar Konzepte auch für die Weinverarbeitung entwickelt, weil die wurden die Wein-Kategorien neu geordnet. Die neuen Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 nicht auf aus Weintrauben Wein-Kategorien wurden über den Restzuckergehalt hergestellten Wein (im Gegensatz zu Obstwein aus anderem definiert, so dass für die einzelnen Kategorien Obst) anwendbar war. Im Rahmen dieser privaten Initiativen unterschiedliche Schwefelgrenzwerte festgelegt werden in den Wein herstellenden Ländern wurden Standards konnten. Das war der Durchbruch: am 8. Februar 2012 festgelegt, die restriktiver waren als die jeweils geltenden wurden die neuen Vorschriften (vom SCOF) angenommen, gesetzlichen Anforderungen für konventionellen Wein und am 8. März 2012 wurde die Verordnung (EU) Nr. 203/2012 Einschränkungen insbesondere hinsichtlich der Verwendung veröffentlicht und am 1. August 2012 trat das neue von Zusatzstoffen und technischen Verfahren in allen Regelwerk in Kraft. Etappen der Weinherstellung von der Weinlese bis zur Weinabfüllung und Lagerung enthielten. Solche Standards Der Kompromiss in der Begrenzung der Schwefelgrenzwerte, wurden von unterschiedlichen Organisationen entwickelt: der endlich eine Einigung auf gemeinsamen Vorschriften von Erzeugergemeinschaften (z. B. in Deutschland, Frankreich ermöglicht hat, wurde zwar allseits akzeptiert, aber nicht und Österreich), von Verbänden des ökologischen Landbaus überall mit der gleichen Begeisterung aufgenommen: Italiener in Zusammenarbeit mit Zertifizierungsstellen (in Österreich, und Spanier beanstandeten, die Bestimmungen wären zu Deutschland, Griechenland, Italien und der Schweiz), von lasch, während Deutsche und Österreicher beklagten, dass Zertifizierungsstellen (in Spanien) bzw. von repräsentativen sie die Entwicklung des ökologischen Weinsektors in ihren nationalen Foren für den Bioweinsektor (in Spanien und Ländern hemmen würden. Realistisch betrachtet war es der Schweiz). In letzterem Fall wurden die Richtlinien unter allerdings der zu diesem Zeitpunkt bestmögliche politische Beteiligung von lokalen und nationalen Behörden entwickelt Kompromiss. Die Alternative hätte darin bestanden, die Idee und haben dadurch offiziellen Status. eines europaweit gültigen Regelwerks für den ökologischen Wein für mindestens weitere zehn Jahre ad acta zu legen, Diese nationalen und privaten Standards waren die Grundlage mit dem Ergebnis, dass die europäischen Weinproduzenten für die zweite Generation der Öko-Basisverordnung (EG) Nr. ihre Bio-Weine nicht offiziell als solche hätten kennzeichnen 834/2007 und die nachfolgende Bioweinverordnung (EU) Nr. dürfen, während sie sich gegen die wachsende Konkurrenz 203/2012. Die privaten Standards verlieren durch den neuen 8
DIE PRIVATEN STANDARDS WERDEN VON VIELEN WINZERN GESCHÄTZT UND SIND BEI VIELEN KONSUMENTEN ALS INDIKATOREN FÜR QUALITÄTSWEINE ANERKANNT, DIE IHR TERROIR AUTHENTISCH ZUM AUSDRUCK BRINGEN. Rechtsrahmen nicht ihre Gültigkeit, sondern bleiben parallel zu ermöglichen, Innovationen und neue technische zu diesem bestehen. (Eine Liste der Organisationen, die private Entwicklungen aufzugreifen als auch den Ansprüchen Standards festgelegt haben, finden Sie im Anhang auf Seite der Verbraucher an ökologische Qualität, Integrität und 55). Das liegt vor allem darin begründet, dass die privaten Nachhaltigkeit gerecht zu werden. So werden sie auch Standards strenger sind als die EU-Vorschriften. Es ist jedoch weiterhin als Vorläufer der EU-Gesetzgebung den Weg in die davon auszugehen, dass die neue Verordnung insofern einen Zukunft ebnen. Einfluss auf die privaten Standards haben wird, als diese an die neuen EU-Rechtsrahmenvorgaben angepasst werden. Darüber Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist die EOWC, die private hinaus hat die kontroverse Debatte um die EU-Kellerrichtlinie Zertifizierungsorgane aus verschiedenen EU-Staaten und eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den Standards und Regionen zusammengeführt hat, um auf der Grundlage der Richtlinien für die ökologische Weinbereitung ausgelöst. Ergebnisse des ORWINE-Projekts gemeinsame Regeln für die ökologische Weinbereitung auszuarbeiten und damit Auf der Grundlage der in der EU-Verordnung festgelegten die Lücke zu füllen, die sich aus dem Fehlen einer EU-weit Rahmenvorgaben für die Zertifizierung und für die Standards gültigen Richtlinie ergab. Die Bio-Siegel aller an der EOWC für Bio-Wein können private Standards mit zusätzlichen beteiligten Organe stehen für die Einhaltung der in der Charta detaillierteren Regeln für die Weinerzeugung definiert werden. festgelegten gemeinsamen Mindestanforderungen. Die privaten Richtlinien werden vor allem die Stärkung der folgenden Aspekte des Weinbaus und der Önologie weiter in 1.4. ZERTIFIZIERUNG VON WEIN – NACHHALTIGKEITS- den Vordergrund stellen: UND QUALITÄTSSIEGEL • Biodiversität im Weinbau Maria Chiara Ferrarese, Valoritalia, www.valoritalia.it, • Beachtung der Bodenfruchtbarkeit und des Bodenlebens m.ferrarese@csqa.it. • Alternative Ansätze im Umgang mit Schädlingen und Krankheiten Die europäischen Agrar- und Nahrungsmittelprodukte • Nachhaltigkeit im Weinbau und in der Weinverarbeitung müssen einer ganzen Reihe von Normen genügen, und Lagerung insbesondere Lebensmittelsicherheits-, Nachhaltigkeits- und • Qualität und Herkunft der Weinbestandteile, insbesondere Qualitätsstandards, die zum Schutz der Verbraucher und weitere Beschränkungen in der Anreicherung und höhere zur Gewährleistung der Transparenz von Information und Anforderungen an die Verwendung von rein ökologischen Kennzeichnung festgelegt wurden. In diesem Artikel werden Zutaten einige der Standards, die für die europäischen Weine gelten, • Qualität der Hefen, insbesondere Naturhefen (wilde Hefen) definiert und diskutiert, wobei in erster Linie die für den und Spontangärung ökologischen Sektor besonders relevanten Aspekte Qualität, • Weitere Begrenzung der Zusatzstoffe und weitere Nachhaltigkeit und Lebensmittelsicherheit betrachtet werden. Reduzierung oder vollständiges Verbot von Sulfiten • Weitere Beschränkung der Verarbeitungsverfahren QUALITÄT UND GEOGRAFISCHE ANGABEN • Anforderungen oder Einschränkungen betreffend Werkzeuge, Geräte, Hilfsmittel und Ausrüstung Die EU-Regelungen zu den geografischen Herkunftsangaben wurden in der Absicht eingeführt, das Ansehen von Die privaten Standards werden von vielen Winzern geschätzt regionalen Lebensmitteln zu schützen und lokale Traditionen und von vielen Konsumenten als wertvolle Indikatoren für zu bewahren, indem sie den Herstellern ermöglichen, Qualitätsweine, die ihr Terroir authentisch zum Ausdruck höhere Preise für authentische Erzeugnisse zu erzielen, und bringen, anerkannt. gleichzeitig die Verbraucher vor irreführender Werbung zu schützen (Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates). Zusätzlich Die privaten Standards können einen wertvollen Beitrag zu diesen Vorschriften zu den geografischen Angaben, die auch zur Weiterentwicklung der Produktionsvorschriften im auf bestimmte Weinerzeugnisse anwendbar sind, wurde in ökologischen Sektor leisten. Sie waren die Grundlage für Europa aber auch ein spezielles System für die Kennzeichnung die derzeitigen EU-Verordnungen, und sie werden sich von verschiedenen Qualitäten von Wein festgelegt. weiterentwickeln, um sowohl den ökologischen Produzenten EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG 9
Gemäß den europäischen Bestimmungen für Qualitätsweine ÖKOLOGISCHER COGNAC mit geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und Cognac ist die geschützte Ursprungsbezeichnung geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) müssen (Appellation d’Origine Contrôlée) für einen Branntwein, die Mitgliedstaaten eine oder mehrere Kategorien der in den französischen Regionen Charente und von Qualitätswein sowie Standards für die einzelnen Charente-Maritime hergestellt wird. Cognac wird durch zweifache Destillation von Weißwein aus bestimmten Kategorien definieren. Weine, die diese Standards erfüllen, weißen Rebsorten gewonnen, wobei am häufigsten können dann als solche gekennzeichnet werden. Manche Ugni Blanc verwendet wird. In der Cognac-Herstellung Mitgliedstaaten haben mehr als eine Qualitätsstufe für g.U. dürfen weder Zucker noch Sulfite eingesetzt werden. bzw. g.g.A. festgelegt. In Frankreich zum Beispiel gibt es Der Wein wird bis zum 31. März des Jahres, das auf die neben der gehobenen Kategorie “Appellation d’Origine Weinlese folgt, zweimal destilliert, wobei sich seine Contrôlée (AOC)” auf einer niedrigeren Stufe die Kategorie Alkohol-Konzentration um das 7-fache erhöht. Nach der Destillation muss Cognac mindestens zwei Jahre lagern, “Appellation d’Origine Vin Délimité de Qualité Supérieure“ bevor er für den Verkauf vorbereitet wird. Die meisten (AOVDQS oder VDQS). In den Standards, die die einzelnen Produzenten lagern ihn jedoch länger als die gesetzlich Mitgliedstaaten festlegen, und anhand derer die Zuordnung vorgeschriebene Mindestdauer. zu den verschiedenen Qualitätsklassen vorgenommen wird, Cognac wird bei den rund 5 000 Cognac-Herstellern müssen neben Anforderungen an die Weinanbau- und von nur vier multinationalen Unternehmen sehr günstig Weinbereitungsmethoden auch qualitätsbezogene Auflagen, eingekauft und auf der ganzen Welt vermarktet. Diese etwa zum Höchstertrag pro Hektar, sowie Angaben zur Konzerne, die zusammen 95 Prozent des Marktes Abgrenzung von Qualitätswein und Landwein und zu den kontrollieren, haben kein Interesse an Bio-Cognac, und Bedingungen für eine entsprechende Herabstufung formuliert so gibt es auch für die Cognac-Hersteller kaum einen Anreiz, auf die ökologische Produktion umzustellen, werden. insbesondere dann nicht, wenn die Kosten höher sind. In manchen Mitgliedstaaten gelten die unabhängig Die französischen Rechtsvorschriften begrenzen den Kupfereinsatz im Cognac-Weinbau auf maximal 6 von den Bestimmungen für Qualitätsweine bestimmter kg pro Hektar pro Jahr. Der Berechnung der pro Jahr Anbaugebiete festgelegten Vorschriften für die Angaben ausgebrachten Kupfermengen dürfen allerdings zur geografischen Herkunft, insbesondere die geschützten Durchschnittswerte für einen Zeitraum von jeweils fünf Ursprungsbezeichnungen (siehe Seite 11) als strenger Jahren zugrunde gelegt werden. Diese Bestimmung ist und damit als vorrangiger Qualitätsindikator. In diesen insbesondere für ökologische Produzenten von Relevanz, Staaten werden Weine, die den Anforderungen für die weil sie aufgrund der Witterungsbedingungen in manchen Jahren (wie in dem sehr regnerischen Jahr 2012) geografischen Herkunftsangaben entsprechen, automatisch die Höchstwerte überschreiten müssen, in anderen Jahren als Qualitätsweine klassifiziert. Diese Vorgehensweise wird (wie im trockenen Jahr 2011) hingegen mit deutlich durch die gemeinsame Marktorganisation (Verordnung (EG) niedrigeren Kupfermengen auskommen. Das ozeanische Nr. 1308/2013) geregelt. Klima der Charente bringt im Allgemeinen viel Regen, was häufige Kupfer-Anwendungen erforderlich macht. Für Wein gilt, wie für andere Lebensmittel aus der EU, dass die Auf dem Domaine Beruis de Segonzac, einem der Einhaltung der für geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.) wenigen Weingüter, die Bio-Cognac herstellen, wird und geschützte geografische Angaben (g.g.A). geltenden seit 2006 auf einer Rebfläche von 57 Hektar Wein zur Vorschriften von einer unabhängigen Kontrollstelle (die von Herstellung von Cognac ökologisch angebaut. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, muss das Weingut dem für das betreffende geografische Gebiet zuständigen pro Hektar mindestens 100 Hektoliter Weißwein für Landwirtschaftsministerium benannt wird) überprüft die Destillation produzieren. In den besten Jahren werden muss. Die Hersteller sind u. a. verpflichtet, Belege für konnten sogar Erträge von 130 bis 140 hl erzielt werden. die ordnungsgemäße Produktion und Rückverfolgbarkeit Wie für andere Weinberge gilt auch hier: Gesunde, beizubringen. widerstandsfähige Reben, die durch angemessene ökologische Düngung und sorgfältigen Schutz vor den Hauptkrankheiten wie Falscher Mehltau in ihrer Entwicklung gefördert werden, sind die beste Voraussetzung für hohe Erträge. PATRICK BRILLET, www.domaine-breuil-segonzazc. 10
IM APRIL STELLTE DIE DENOMINACIÒN PENEDÈS ALS ERSTE URSPRUNGSBEZEICHNUNG WELTWEIT IHRE GESAMTE SCHAUMWEINPRODUKTION AUF DEN ÖKOLOGISCHEN LANDBAU UM. HERSTELLUNG VON ÖKOLOGISCHEM oder, in Ausnahmefällen, eines Landes verwendet, um ein SCHAUMWEIN D.O. PENEDÈS Erzeugnis, in diesem Fall ein Weinerzeugnis zu vermarkten, das Als Schaumwein bezeichnet man Wein, der nach dem die folgenden Voraussetzungen erfüllt: Flaschengärverfahren (klassische Methode) gewonnen wurde. Hierbei findet eine zweite natürliche Gärung • es verdankt seine Güte oder Eigenschaften überwiegend in der Flasche statt, der Überdruck durch gelöstes oder ausschließlich den geografischen Verhältnissen Kohlenstoffdioxid beträgt mehr als 3.5 bar. einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse Die wichtigste geschützte Bezeichnung für spanischen • die Trauben und das Weinerzeugnis wurden in dem Schaumwein ist Cava, von dem pro Jahr rund 240 betreffenden abgegrenzten geografischen Gebiet erzeugt, Millionen Flaschen produziert werden. Schaumwein verarbeitet und hergestellt darf aber auch unter anderen geschützten Ursprungsbezeichnungen hergestellt werden. • es wurde aus Keltertraubensorten hergestellt, die der Art Vitis vinifera angehören. Im April 2013 beschloss die Denominaciòn Penedès als erste geschützte Ursprungsbezeichnung weltweit, ihre gesamte Schaumweinproduktion auf den ökologischen Die Bezeichnung„geschützte geografische Angabe (g.g.A.)” Weinbau umzustellen. dürfen Weine führen, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen: Unter der Bezeichnung D.O. Penedès werden damit künftig ausschließlich Qualitätsschaumweine aus Trauben und Weinen aus ökologischer Erzeugung • eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 834/2007, (EG) Nr. andere Eigenschaft des Weins ergeben sich aus diesem 889/2008 und (EU) Nr. 203/2012 hergestellt. Es wurde spezifischen geografischen Ursprung eine fünfjährige Übergangsperiode festgelegt (vom 1. • mindestens 85 Prozent der Trauben, aus denen der Wein November 2013 bis zum 31. Oktober 2018), innerhalb hergestellt wird, stammen aus diesem geografischen derer alle Winzer ihre Produktion auf den ökologischen Weinbau umstellen. Ab dem Jahrgang 2017 muss die Gebiet gesamte Produktion nach den Regeln der ökologischen • er wird aus Keltertraubensorten hergestellt, die der Art Vitis Weinherstellung erfolgen. vinifera angehören, oder aus einer Kreuzung der Art Vitis Das gesamte Verfahren der Schaumweinherstellung, vinifera mit anderen Arten der Gattung Vitis stammen. vom Abfüllen bis zum Degorgieren der Flaschen, erfolgt in registrierten Lagerkellern und erstreckt sich über einen Weine mit einer geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.) Zeitraum von mindestens 15 Monaten. Zugelassen ist oder einer geschützten geografischen Angabe (g.g.A.) sind auch die ländliche Variante der traditionellen Methode an denselben Gemeinschaftslogos zu erkennen, die auch der Schaumweinherstellung, bei der während des gesamten Verfahrens nur der traubeneigene Zucker zur Kennzeichnung von Herkunftsbezeichnungen von vergoren und kein Zucker zugefügt wird. Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln verwendet werden. Die Verbraucher sollten wissen, dass künftig Weine mit mehreren 12 Betriebe sind bereits als Hersteller von Penedès Siegeln auf den Markt kommen, also Weine die sowohl als Schaumwein eingetragen. „g.U.“ bzw. „g.g.A.“ ausgelobt werden, da die EU-Verordnungen Enric Bartra Sebastian den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität in der Gestaltung der Kennzeichnungssysteme einräumen. WEIN MIT G.U. ODER G.G.A. SIGNATIO G RAPHIC DE EO A N ECTED G OTECTED LI Eine „geschützte Ursprungsbezeichnung” bzw. eine OF NDICATIO ORIGI „geschützte geografische Angabe” kann für eine Vielfalt von Lebensmitteln und Getränken beantragt werden. T PR RO N • • N Weinhersteller, die eine dieser beiden Bezeichnungen •P • verwenden möchten, sind an besondere Vorschriften gebunden. Bei der „geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.)“ wird der Name einer Gegend, eines bestimmten Ortes EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG 11
LEBENSMITTELSICHERHEIT VEGANE WEINE Lebensmittelsicherheit ist für die Verbraucher von Manche Verbraucher sind der Meinung, es sei mit dem zentraler Bedeutung. Unternehmen können sich Prinzip der Nachhaltigkeit grundsätzlich unvereinbar, folglich Wettbewerbsvorteile verschaffen, wenn sie dies tierische Erzeugnisse in der menschlichen Nahrungskette berücksichtigen. zu nutzen. Da das öffentliche Interesse am Thema Nachhaltigkeit derzeit groß ist, floriert auch der Markt Es gibt mehrere freiwillige Normen für für vegane Produkte. Zur Herstellung von veganen Lebensmittelsicherheit, die Unternehmen anwenden Erzeugnissen dürfen keine tierischen Nebenprodukte können: ISO 22000, FS 22000, BRC (FSGS) Food, IFS Food verwendet werden, weder als Inhaltsstoffe noch als und ISO 22005. Verarbeitungshilfsstoffe. Tatsächlich sind die meisten Weine nicht vegan. GESCHICHTE DES BIOLOGISCH-DYNAMISCHEN Zu den gängigsten tierischen Zusatz- oder WEINS IN FRANKREICH Verarbeitungshilfsstoffen für Wein gehören Albumin, Frankreich ist ein wichtiges Weinbauland in Europa. In tierische Gelatine, Hausenblase und Knochenmehl. Die den 1970er Jahren, als sich der biodynamische Landbau Winzer bewegen sich aber auf den veganen Markt zu noch in einer frühen Entwicklungsphase befand, und liefern inzwischen auch vegane Weine. In Italien begann ein französischer Pionier namens René Bosse hat die Assoziazione Vegetaria Italiana mit der jüngst Plattière, biodynamische Präparate auf seinem Weinberg anerkannten Marke „Qualità Vegetariana®” eine offizielle anzuwenden. Einige Jahre später, in den 1980ern, stellten nationale Zertifizierung für vegetarische und vegane auch andere Weinbauern, wie Eugene Meyer und Jean- Pierre Frick im Elsass und François Bouchet in Anjou ihre Produkte durch eine unabhängige Kontrollstelle Rebflächen auf die biodynamische Wirtschaftsweise um. Zu eingerichtet – ein wichtiger Fortschritt für alle, die „vegan dieser Zeit lag der Fokus noch stärker auf dem Weinanbau trinken“ wollen. als auf der Weinbereitung. Seit den 1990er trugen François Bouchet und Jacques Mell, die sich vor allem an den Forschungsarbeiten von Maria Thun orientierten, mit ihren Winzerberatungen zur Weiterentwicklung des biodynamischen Weinbaus in Frankreich bei. Mehrere Weingüter, die aufgrund der hohen Qualität ihrer Weine einen guten Ruf genossen, stellten auf biodynamischen Weinbau um. Das machte Schule: Viele weltbekannt für sein berühmtes Weingut „La Coulée de Winzer wurden jetzt neugierig auf die biodynamischen Serrant“. Praktiken. Der biodynamische Weinbau beginnt mit der sorgfältigen Im ersten Jahrzehnt ab dem Jahr 2000 schließlich boomte Anwendung der biodynamischen Spritz- und Kompost- das Interesse an den biodynamischen Weinbau-Methoden. Präparate im Weingarten. Weit verbreitet ist auch die Heute sind in Frankreich mehr als die Hälfte der 450 Anwendung des von Alex Podolonski entwickelten 500 zertifizierten biodynamischen Landwirtschaftsbetriebe P, insbesondere auf Rebflächen in der Umstellung, weil Weinbaubetriebe. Die Tatsache, dass hoch angesehene dieses Präparat die Bodenstruktur rapide verbessern Weinbauern und Weinhersteller nach den biodynamischen kann. Zu den neueren Behandlungsmethoden gehört Methoden arbeiteten, veränderte das Image der die Verwendung von Weidenrinde zur Bekämpfung von biodynamischen Methoden in Frankreich nachhaltig. In Pilzkrankheiten. Biodynamische Weinbauern vermeiden zahlreichen Artikeln, Veröffentlichungen und Filmen wurde den Einsatz von Schwefel und Kupfer in der präventiven über das Thema berichtet. Der berühmte Fachverlag Pflege der Rebpflanzen soweit wie möglich, sie arbeiten Féret aus Bordeaux gab sogar einen eigenen Band zum viel mit Kräutertees, zum Beispiel Brennesseltee. Früher biodynamischen Weinbau heraus. In der Schweiz, Italien wurden die Böden noch regelmäßig bearbeitet, heute und Spanien wurde die Entwicklung des biodynamischen geht die Entwicklung hin zur ganzjährigen vegetativen Weinbaus vor allem durch die französischen Winzerberater Bodenbedeckung mit einjährigen Pflanzenmischungen. Pierre Masson und Nicolas Joly gefördert. Letzterer wurde Jean-Michel Florin 12
ZIEL ALLER UMWELTKENNZEICHNUNGEN UND -DEKLARATIONEN IST ES, DIE NACHFRAGE NACH UND DAS ANGEBOT VON PRODUKTEN MIT GERINGEREN UMWELTAUSWIRKUNGEN ANZUREGEN. NACHHALTIGKEIT NACHHALTIGKEITSINITIATIVEN VON WINZERN IN SPANIEN Das Thema Nachhaltigkeit findet in den aktuellen umwelt-, Winzer und Kellereien in Spanien ergreifen Maßnahmen sozial- und wirtschaftpolitischen Debatten immer mehr zur Förderung der Nachhaltigkeit. Beachtung. Es gibt zunehmend Initiativen zur Förderung der Es wurden Maßnahmen ergriffen, um die bei der Nachhaltigkeit, und immer häufiger findet dieser Aspekt auch Weinproduktion entstehenden Abwässer zu verringern in den Unternehmensstandards und Lieferspezifikationen und die Abwasserbehandlung zu verbessen, um die von Händlern Berücksichtigung. Berufsverbände und Umweltbelastung zu senken. Zertifizierungsstellen arbeiten derzeit an der Entwicklung Die Kellereien sind heute achtsamer im Umgang mit von aussagekräftigen freiwilligen Standards für nachhaltige Wasser. Zum Teil kann Abwasser aufbereitet und im Produktion. In diesem Prozess spielt die European Landschaftsbau weiterverwertet werden, zum Teil wird Environmental Citizens Organisation for Standardisation eine mit Trockenfeldbau-Techniken gearbeitet. Auch durch besseres Equipment und besseres Management können wichtige Rolle. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ allerdings bleibt signifikante Wassereinsparungen erzielt werden. weiterhin schwer zu fassen und umstritten, denn immer noch fehlt eine allgemeingültige Definition. Die Weingüter und Kellereien haben ihren Energiebedarf reduziert, indem sie die Isolation verbessert haben, zum Teil erzeugen sie auch ihren eigenen Strom aus Sonne Angesichts der Tatsache, dass die Verbraucher dieser Frage und Wind. Manche verwenden geothermische Heiz- und eine so hohe Bedeutung zumessen, kann die Kommunikation Kühlanlagen. Auch Elektrofahrzeuge und Ladesäulen von Maßnahmen zur Förderung von Nachhaltigkeit und werden immer häufiger genutzt. sozialer Verantwortung ein wirksames Marketinginstrument Im Weinberg wurden Maßnahmen zum Erhalt und darstellen. Viele Unternehmen haben dies erkannt und zur Förderung der biologischen Vielfalt getroffen, um werben inzwischen zunehmend häufig mit der (angeblichen) einerseits die Umweltbelastung zu reduzieren und Umweltfreundlichkeit von Produkten und Aktivitäten. zum anderen die Schädlingsresistenz der Rebpflanzen Leider handelt es sich hierbei nicht selten um so genanntes zu stärken. Zu nennen sind hier insbesondere die Begrünung durch temporäre Bodendecker, die Anlage „Greenwashing”, d.h. um Behauptungen, die umweltbewußte von Hecken, der Ersatz von Pestiziden durch nicht- Verbraucher positiv stimmen sollen, einer nachvollziehbaren chemische Pflanzenschutzmittel und die Einrichtung von Grundlage aber entbehren, was zum Teil durch den Umstand Nistplätzen für Fledermäuse und Vögel. begünstigt wird, dass Nachhaltigkeit nicht klar definiert und Manche Betriebe berechnen und veröffentlichen damit kaum „nachweisbar“ ist. ihre Klimabilanzen und verpflichten sich, diese zu verbessern, um ihre Bemühungen zu verdeutlichen. In diesem Zusammenhang spielen international anerkannte Die Umweltmaßnahmen der Weingüter werden technische Standards wie die ISO-Normen eine wichtige heute oftmals auch bei Rundgängen und Führungen Rolle, als einvernehmliche, transparente und freiwillige thematisiert. Instrumente zur Definition der Eigenschaften und Merkmale Enric Bartra Sebastian eines Produkts oder Verfahrens nach dem aktuellen Stand der Technik. Es gibt zwar keine zertifizierbaren freiwilligen Normen für Nachhaltigkeit. Dennoch wurden in einigen freiwilligen Standards einzelne Elemente von Nachhaltigkeit auf sinnvolle und Vertrieb bis hin zur Nutzung, Wiederverwertung und Weise berücksichtigt. endgültigen Entsorgung, verursacht. Zu dem LCA-Verfahren, das inzwischen international Anerkennung findet, wird LCA – LEBENSZYKLUSBILANZ ausgiebig geforscht und geschrieben. Es wurde bereits in verschiedene Standards integriert, insbesondere in die Die Lebenszyklusbilanz oder Life Cycle Assessment (LCA) ist bekannten Umweltnormen der ISO 1400er-Reihe (ISO 14040 ein objektives Verfahren zur Bewertung und Quantifizierung und 14011). Die Lebenszyklusbilanz ist auch Bestandteil aller Energie- und Umweltkosten und -auswirkungen, der Integrierten Produktpolitik (IPP) der Europäischen die ein Erzeugnis, ein Herstellungsprozess oder eine Kommission, die verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung Tätigkeit über seine gesamte Lebensdauer hinweg, von der Nachhaltigkeit von europäischen Produkten und ihrer der Rohstofferzeugung über Verarbeitung, Vermarktung Lieferketten beinhaltet. EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG 13
THG-MANAGEMENT BALSAMESSIG AUS MODENA Aceto Balsamico Tradizionale mit geschützter Die Treibhausgase (THG) sind heute ein Thema von großem Ursprungsbezeichnung (g.U.) wird durch ein öffentlichem Interesse, zumal in den vergangenen zehn spezielles Verfahren gewonnen, bei dem eingekochter Jahren die Bedrohung durch den Klimawandel immer Traubenmost über lange Zeit in Holzfässern gelagert deutlicher erkannt wurde. Es wurden, unter anderem im wird. Aceto Balsamico di Modena mit geografischer Angabe (g.g.A.) wird in der Regel industriell hergestellt, Rahmen des Kyoto-Protokolls, Reduktionsziele für den indem Weinessig mit Traubenmostkonzentrat gemischt Treibhausgas-Ausstoß festgelegt (die EU hat sich verpflichtet, wird. Es war schwierig zu definieren, wie diese beiden ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent gegenüber Arten von Balsamessig nach dem neuen Öko-Regelwerk, dem Stand von 1990 zu reduzieren, und für jeden Mitgliedstaat das sich nicht nur auf Wein, sondern auch auf andere wurden im Rahmen dieses Programms eigene Reduktionsziele Erzeugnisse aus Trauben bezieht, zu behandeln sein beziffert). Das heißt auch, dass die Verlässlichkeit der Daten, die würden. zur Messung der THG-Reduktionen herangezogen werden, Die Schwierigkeit bestand im Wesentlichen darin, dass unbedingt gegeben sein muss. Begriffe wie „Carbon Footprint“ die Herstellung von Balsamessig Wärmebehandlungen oder „CO₂-Fußabdruck”, „Klimabilanz” und „klimaneutral“ deutlich über 70°C und die Physikalische Entschwefelung zur Verarbeitung von sulfit-behandeltem Traubenmost sind in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen, mit beinhaltet. Diese Praktiken sind unter den neuen Öko- der daraus folgenden Gefahr des inflationären Gebrauchs Wein-Vorschriften verboten. derselben. Aus diesem Grund expandiert auch der Markt für Nach ausführlichen Gesprächen mit Erzeugern, die Verifizierung und Validierung von Treibhausgasemissionen. Regierungs- und Zertifizierungsstellen beschlossen die italienischen Behörden, dass Balsamessig nicht in den Unternehmen, die ihre THG-Emissionen überprüfen wollen, Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 203/2012 können sich an das Greenhouse Gas Protocol wenden, das fällt, auch dann nicht, wenn ökologischer Traubenmost komplexe Berechnungsinstrumente entwickelt hat und verwendet wird. Damit fällt Balsamessig unter die Öko- kostenlos zur Verfügung stellt; alternativ können sie auch Verordnung (EG) Nr. 234/2007, der zufolge ökologischer Aceto Balsamico di Modena unter Anwendung von Wärmebehandlungen über 70°C hergestellt werden darf. Die italienischen Behörden haben allerdings weiterhin beschlossen, dass Traubenmostkonzentrat sowie RTK, das normalerweise für die Anreicherung von Wein verwendet wird, jetzt auch für die Herstellung von Aceto Balsamico di Modena verwendet werden darf. Das wiederum hat zur Folge, dass Produzenten von Aceto Balsamico di Modena, die in der Vergangenheit, als es noch keine Biowein-Verordnung gab, das EU-Öko- Logo nicht verwenden durften, nunmehr befugt sind, das Logo zu verwenden, da Balsamessig als Produkt außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung (EU) Nr. 203/2012 eingestuft wurde. Das bedeutet zwar eine Vermarktungschance, ein Problem sind jedoch die bestehenden Etikettenvorräte. 14
ES IST HÖCHSTE ZEIT, DASS WIR DIE AUSWIRKUNGEN DER ANBAUMETHODEN AUF DIE BIODIVERSITÄT, DEN SCHUTZ DES ÖKOSYSTEMS, DIE BODENBESCHAFFENHEIT UND DEN TREIBHAUSGASAUSSTOSS MESSEN. die ISO 14000-Reihe nutzen. Mit diesen Hilfsmitteln lassen wird. Organisationen des privaten oder öffentlichen Sektors sich die Werte für ein ganzes Unternehmen oder für einzelne können ein EPD in Auftrag geben, um objektive, vergleichbare Produkte ermitteln. Bald wird auch die Umweltnorm und glaubwürdige Umweltinformationen über ihre Produkte ISO 14067 herausgegeben, die die THG-Emissionen als und Dienstleistungen kommunizieren zu können. Das Bestandteil eines Verfahrens zur Ermittlung der CO₂-Bilanz EPD dient ausschließlich Informationszwecken wie in der berücksichtigt. ISO-Umweltdeklaration (ISO 14025) festgelegt (ist jedoch kein zertifizierbarer Standard und bestätigt damit nicht die DIE UMWELTPRODUKTDEKLARATION: Erfüllung bestimmter Mindestanforderungen). Das EPD kann ENVIRONMENTAL PRODUCT DECLARATION – EPD allerdings dazu beitragen, Unklarheiten auszuräumen und die Verifizierbarkeit innerhalb der Lieferketten zu verbessern. Übergeordnetes Ziel aller Umweltkennzeichnungen und -deklarationen ist es, die Nachfrage nach und das Angebot von Produkten mit geringeren Umweltauswirkungen anzuregen und somit marktbasierte Mechanismen zu nutzen, um die Umweltperformance zu fördern. Bei dem EPD handelt es sich um ein Dokument, welches von einer unabhängigen Stelle überprüfte Angaben enthält und in erster Linie als Produktdeklaration im Firmenkundengeschäft verwendet REKTIFIZIERTES TRAUBENMOST-KONZENTRAT (ZUCKER AUS TRAUBEN) Ökologischer „Trauben-Zucker“ (rektifiziertes Traubenmostkonzentrat) wird in der Weinanreicherung verwendet, um den Alkoholgehalt des Weins zu erhöhen. Diese Zuckerart wird vor allem deswegen gerne verwendet, weil sie die sensorischen und chemischen Eigenschaften des Traubenmosts, dem sie zugefügt wird, nicht modifiziert. In den vergangenen Jahren wurde herkömmliches Traubenmostkonzentrat zur Weinanreicherung verwendet, das jedoch die chemischen Eigenschaften des Mosts, aus dem es gewonnen wurde, beibehält, und daher das Profil des Weins, dem es zugefügt wird, verändert. Der Most oder Wein wird dabei nicht nur mitZucker, sondern auch mit anderen Stoffen (Säuren, Mineralien) angereichert. Insbesondere aus diesem Grunde ist „Trauben-Zucker“ (RTK) heute in der Weinindustrie eine sehr wertvolle Zutat. Hinzu kommt, dass RTK inzwischen auch als Süßstoff für Säuglingsnahrung und andere Lebensmittel sehr beliebt ist. Derzeit wird „Trauben-Zucker“ (RTK) meistens hergestellt, indem geklärter Traubensaft mit Ionenaustauschharzen in Kontakt gebracht wird, um Mineralien, organische Säuren und stickstoffhaltige Stoffe (d.h. Farb- und Geschmacksstoffe) herauszufiltern. Bei diesem Verfahren müssen die Harze jedoch unter Verwendung von Natriumhydroxid, Salzsäure und schwefeligen Säuren regeneriert werden, wobei umweltbelastende Abwässer entstehen. Die geltende Bioweinverordnung gestattet die Nutzung von Ionenaustauschharzen in einer Übergangsphase bis zum Jahr 2015. Die Produzenten von Bio- RTK wissen jedoch nicht, was nach diesem Datum passiert. Eine alternative Technik ist die chromatographische Auftrennung. Dieses Verfahren wird in der Zuckerproduktion bereits seit den 1960er Jahren genutzt, ihre Anwendung für die Reinigung von Traubensaft ist allerdings etwas komplexer. Bei der chromatografischen Trennung werden aufgeladene Harze genutzt, um Zucker zu adsorbieren, und Verunreinigungen auszuwaschen. Chemische Regeneriermittel werden hier nicht benötigt, und der Energieverbrauch ist niedriger als bei der herkömmlichen Methode. Allerdings kann der niedrige pH-Wert von Traubensaft (der niedriger ist als die Werte für Rohr- oder Rübenzuckersaft) möglicherweise die Interaktion des Traubensafts mit den aufgeladenen Harzen beeinträchtigen und die Adsorptionsfähigkeit schwächen. Bei der Anpassung des Verfahrens der chromatographischen Trennung an die veränderten Bedingungen bei der „Trauben-Zucker“ Herstellung wurden inzwischen Fortschritte erzielt. Einige Unternehmen haben bereits damit begonnen, die Technik zu vermarkten. Die italienische Naturalia Ingredients zum Beispiel hat, mit Blick auf die zu erwartenden Änderungen der Vorschriften nach 2015, in die chromatographische Trennung investiert. Sie behauptet, dass sie mit diesem Verfahren die gleichen Ergebnisse liefern kann wie mit Ionenaustauschharzen. Dies bedeutet eine fast 100 prozentige Zuckergewinnung bei gleichzeitiger 100 prozentiger Eliminierung der Fremdstoffe, und dies mit deutlich niedrigeren Umweltauswirkungen. EU-VORSCHRIFTEN FÜR DIE ÖKOLOGISCHE WEINERZEUGUNG 15
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