Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL

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Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
Zukunftsstrategie
                                Zukunftsstrategie
                                ökologischer Landbau
                                ökologischer Landbau
                                Impulsefür
                                Impulse fürmehr
                                            mehrNachhaltigkeit
                                                 Nachhaltigkeit   in Deutschland
                                                               in Deutschland

Ein Beitrag zur Umsetzung der
Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
GRUSSWORT

Sehr geehrte Damen und Herren,
Klimaschutz und Nachhaltigkeit gehören zu den zentralen Themen unserer Zeit.
Weltweit haben sich die Menschen diesen Herausforderungen zu stellen, denn sie
berühren das Leben von uns allen. Die Landwirtschaft ist wie kein anderer Wirt-
schaftszweig auf natürliche Ressourcen angewiesen. Sie ist die Grundlage unserer
Ernährungssicherung und damit auch einer besonders nachhaltigen Bewirtschaf-
tung verpflichtet. Zur Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlage entscheiden
sich immer mehr Menschen in Deutschland für Biolebensmittel. Sie unterstützen
damit eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Erzeugung
und Verarbeitung von Nahrungsmitteln.

Die kontinuierlich steigende Nachfrage kann jedoch nur teilweise mit Bioproduk-
ten aus Deutschland bedient werden. Hier sprechen die Importzahlen eine deutli-
che Sprache: Fast die Hälfte der Bioprodukte, die in Deutschland verkauft werden,
werden importiert. Unser Ziel ist es daher, den ökologischen Landbau in Deutsch-
land weiter voranzubringen. Denn er bietet auch für kleine und mittlere Betriebe
gute wirtschaftliche Perspektiven und trägt somit zur Stärkung des Mittelstandes
bei.

Mir ist daran gelegen, dass sich die ökologisch und die konventionell wirtschaften-
den Betriebe nicht als Konkurrenten wahrnehmen, sondern ihren gegenseitigen
Nutzen erkennen. Denn beide leisten einen sehr wichtigen Beitrag zur Ernährungs-
sicherung.

Vertreter aus Praxis, Verwaltung, Beratung und Wissenschaft haben in den vergan-
genen Jahren gemeinsam die „Zukunftsstrategie ökologischer Landbau“ entwickelt,
die wir Ihnen in dieser Broschüre vorstellen. Denn nur gemeinsam können wir
das in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung definierte Ziel erreichen:
In Deutschland wollen wir auf Sicht 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche
ökologisch bewirtschaften. Die Zukunftsstrategie definiert dafür die politischen
Rahmenbedingungen. Sie eröffnet Handlungsoptionen für die heimische Land-
wirtschaft, die deren Teilhabe am Wachstumspotenzial des Biomarktes erheblich
verbessern können. Und zwar sowohl deutschlandweit, als auch europaweit und
weltweit.

Wir wollen die Strategie jetzt mit Leben füllen. Dafür haben wir bereits zentrale
Vorhaben deutlich vorangetrieben, wie zum Beispiel die Revision der EU-Öko-Ba-
sisverordnung. Auf diesem Weg wollen wir auch in den kommenden Jahren mit
vereinten Kräften weitergehen, die Konzepte überprüfen und regelmäßig neu jus-
tieren. Denn es gilt, den ökologischen Landbau in Deutschland voranzubringen..

Ihre
Julia Klöckner
Bundesministerin für Ernährung
und Landwirtschaft

                                                                                    3
Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

INHALT

Grußwort 3

Überblick
Entstehung, Zielsetzung und Inhalt
der Zukunftsstrategie 6

1                                        2
Grundzüge der                            Detailkonzepte der
Zukunftsstrategie                        Zukunftsstrategie
ökologischer Landbau                     ökologischer Landbau
Einleitung                               Maßnahmenkonzepte
Leitplanken für eine nachhaltige         zur Stärkung des ökologischen
Landwirtschaft 14                        Landbaus in Deutschland 46

Status quo
Moderates Flächenwachstum,               Anhang
steigende Nachfrage,                     Ergänzende Informationen
vielfältige Fördermaßnahmen 17           und Materialien 80

Zielsetzung
20 % Ökolandbau bleibt                   Impressum   98
mittelfristiges Ziel 22

Katalysatoren
Handlungsfelder und
Maßnahmen zur Stärkung des
ökologischen Landbaus 26

Roadmap
Wege zu einem nachhaltigen
Wachstum der ökologischen
Land- und Lebensmittelwirtschaft
in Deutschland 39

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Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
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Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

Überblick

Entstehung,
Zielsetzung
und Inhalt
der Zukunfts­
strategie

                                                                               Was ist das Ziel
           Warum brauchen wir eine                                             der Strategie?
           nationale Zukunftsstrategie?                                        Die Strategie soll zur Bewältigung der ressour-
                                                                               cenpolitischen Herausforderungen der Landwirt-
           Der ökologische Landbau ist eine besonders                          schaft beitragen und den landwirtschaftlichen
           ressourcenschonende und umweltverträgliche                          Unternehmen in Deutschland zusätzliche Ent-
           Wirtschaftsform, die sich am Prinzip der Nach­                      wicklungsperspektiven aufzeigen. Die Auswahl
           haltigkeit orientiert. Die Bundesregierung unter-                   der Handlungsfelder orientiert sich pragmatisch
           stützt deshalb eine Ausdehnung der ökologischen                     an der Leitfrage, was von politischer Seite auf
           Landwirtschaft in Deutschland als einen gleich­                     nationaler Ebene getan werden kann, damit
           berechtigten Teil der gesamten Agrarwirtschaft. ­                   das in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundes­
           Mit einer festzustellenden dynamischen Markt­                       regie­rung 1 verankerte Ziel „20 % Ökolandbau“
           entwicklung steigt die Nachfrage der Verbrau-                       mittelfristig erreicht werden kann. Im Vorder-
           cher. Sie kann aber nur teilweise durch deutsche                    grund steht die Schaffung geeigneter politischer
           Ökoprodukte befriedigt werden. Um der ökolo-                        Rahmenbedingungen für die relevanten Wirt-
           gischen Land- und Lebensmittelwirtschaft neue                       schaftsbeteiligten. Zudem gibt sie einen Blick auf
           Wachstumsimpulse zu geben, hat Bundesminister                       die Durchlässigkeit der ökologischen und der
           Christian Schmidt 2015 die Erarbeitung einer                        konventionellen Produktionsweise – von einem
           Zukunftsstrategie ökologischer Landbau initiiert.                   Nebeneinander zu einem Miteinander.

           1   Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, Neuauflage 2016, Seite 68.

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Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
ÜBERBLICK

         20 %                    ökologisch
                                 bewirtschaftete Flächen
                                 sind das Ziel

          Wie lief der Strategie­-
          prozess ab?
          Die Entwicklung der Strategie erfolgte gemein-        erstellt. Für besonders relevante oder vertiefungs-
          sam mit Vertretern der ökologischen Lebensmit-        würdige Maßnahmen wurden dann detaillierte
          telwirtschaft und unter Einbeziehung der Bun-         Konzepte ausgearbeitet. Die einzelnen Arbeits-
          desländer und der Wissenschaft. Um mögliche           schritte erfolgten in enger Abstimmung mit einem
          Gestaltungsoptionen für ein stärkeres Wachstum        Begleitkreis, der sich aus Vertretern von Verbän-
          zu eruieren, wurden am Anfang des Strategiepro-       den und der Wissenschaft zusammensetzt. Darü-
          zesses verschiedene thematische Arbeitsgruppen        ber hinaus fanden während des Strategieprozesses
          eingerichtet. Jede Arbeitsgruppe setzte sich aus      zwei Tagungen statt, an denen Zwischenergebnisse
          Vertretern der Praxis, Verwaltung, Beratung und       präsentiert und zur Diskussion gestellt wurden.
          Wissenschaft zusammen. Sie hat zunächst den           Insgesamt haben sich rund 200 Personen aktiv an
          jeweiligen Status quo bewertet, den spezifischen      der Erarbeitung der Zukunftsstrategie be­teiligt. Mit
          Handlungsbedarf konkretisiert und Teilziele           der Gestaltung und Koordinierung des Arbeitspro-
          (Handlungsfelder) benannt. Anschließend wurde         zesses war das Thünen-Institut, eine wissenschaft-
          für jedes Handlungsfeld eine Liste mit bereits        liche Ressorteinrichtung des BMEL, beauftragt.
          bestehenden und möglichen neuen Maßnahmen

PARTIZIPATIVER 18-MONATIGER ERARBEITUNGSPROZESS DER ZÖL

                                              Begleitkreis berät und unterstützt

                      Abstimmung                                    Abstimmung              Abstimmung

                                                                                                  ZöL

    BMEL            Arbeitsgruppen         Strategie-Forum         Maßnahmen-            Zukunftsstrategie
Initiator und       Experten aus der        Zwei Tagungen           konzepte                des BMEL
Auftraggeber      Branche, Verwaltung
                   und Wissenschaft

                                        Prozesskoordination durch das Thünen­Institut

                                                                                                                    7
Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

                  Was sind die zentralen                               Sie umfassen rechtliche und finanzielle Förder­­ins­
                  Inhalte der Strategie?                               tru­mente, Maßnahmen zur Forschungsförderung,
                                                                       zum Technologie- und Wissenstransfer sowie
                  Im Mittelpunkt der Zukunftsstrategie stehen          weitere konzeptionelle Aufgaben des Bundes. Sie
                  fünf Handlungsfelder, die als nationale Schlüssel­   reichen damit von der problembezogenen Wei­-
                  be­reiche für ein stärkeres Wachstum identifi­-      ter­entwicklung der europäischen Rechtsvor-
                  ziert wurden und zentrale Herausforderungen der      schriften für den ökologischen Landbau über die
                  Öko­branche aufzeigen:                               intensivere fachliche Begleitung landwirtschaft-
                                                                       licher Betriebe, die sich für eine Umstellung auf
                  1. den Rechtsrahmen zukunftsfähig und                ökologi­schen Landbau entscheiden, bis hin zu
                     kohärent gestalten,                               einer möglichen Unterstützung von Kantinen bei
                  2. die Zugänge zur ökologischen Landwirtschaft       ihrem Vorhaben, ihren Gästen zukünftig mehr
                     erleichtern,                                      Bioprodukte anzubieten.
                  3. das Nachfragepotenzial voll ausnutzen und
                     weiter ausbauen,
                  4. die Leistungsfähigkeit ökologischer Agrar­        Wie soll die Umsetzung der
                     systeme verbessern, sowie
                  5. die Umweltleistungen angemessen honorieren.
                                                                       Maßnahmen erfolgen?
                                                                       Die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen­
                  Mit welchen Instrumenten und Konzepten diese         konzepte erfordert sehr unterschiedliche zeit­-
                  Ziele erreicht werden sollen, beschreiben und        liche Perioden und operative Schritte. Bei der
                  konkretisieren die den jeweiligen Handlungsfel-      Ent­wicklung der Zukunftsstrategie haben die ver­-
                  dern zugeordneten 24 Maßnahmenkonzepte. In           schiedenen Arbeitsgruppen hierzu Handlungs-
                  Abhängigkeit von der identifizierten Schwach­        empfehlungen erarbeitet.
                  stelle haben die jeweiligen Lösungskonzepte
                  sehr unterschiedliche Ansatzpunkte, um der Öko­      Einige Maßnahmen wurden bereits in den ver­gan­­­-
                  branche zusätzliche Wachstumsimpulse entlang         genen Monaten umgesetzt oder stehen schon
                  der gesamten Wertschöpfungskette zu geben:           heute im Fokus der politischen Beratungen. So be­­­-
                                                                       gleitet das BMEL bereits seit Ende 2013 sehr inten­-
                                                                       siv den Prozess zur Revision der EG-Öko-Verord-
                                                                       nung. Auch spezielle Vorhaben zur Stärkung der
                                                                       Beratung und der Ausbildung wurden gleich in
HANDLUNGSFELDER DER ZUKUNFTS-                                          der Startphase des Prozesses zur Entwicklung der
STRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU                                         Zukunftsstrategie in Angriff genommen. Dies gilt
                                                                       auch für Forschungsprojekte, die Lösungen für be­-
                                                                       sonders relevante Schwachstellen, beispielsweise

 1       Rechtsrahmen zukunftsfähig                                    in der Tier- oder Pflanzenzucht, erarbeiten sollen.
         und kohärent gestalten
                                                                       Für die bisher noch nicht in der Umsetzung be-
                                                                       findlichen Maßnahmen werden zeitnah im BMEL

 2       Zugänge zur ökolo­gischen                                     und in seinen nachgeordneten Behörden sowie
         Landwirtschaft erleichtern                                    Ressorteinrichtungen die dafür erforderlichen
                                                                       Schritte in die Wege geleitet.

 3       Nachfragepotenziale voll aus-                                 Zentrale Finanzierungsinstrumente zur Verwirk­li­-
         nutzen und weiter ausbauen                                    chung der Vorhaben der Zukunftsstrategie wer­den
                                                                       weiterhin die Titel des Bundesprogramms Ökolo-
                                                                       gischer Landbau und andere Formen nach­haltiger

 4       Leistungsfähigkeit ökologischer                               Landwirtschaft (BÖLN) sowie der Eiweißpflan-
         Agrar­­systeme verbessern                                     zenstrategie (EPS) sein. Das BMEL setzt sich dafür
                                                                       ein, die Mittel des BÖLN zukünftig auf 30 Mio. €
                                                                       pro Jahr zu erhöhen und die Mittel für die EPS

 5       Umweltleistungen angemessen                                   in den kommenden Jahren auf dem derzeitigen
         honorieren                                                    Niveau von 6 Mio. € pro Jahr weiter fortzuführen.

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Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
ÜBERBLICK

Zweitägiges „Strategie-Forum“ zur
Zukunftsstrategie ökologischer Landbau
im Kloster Plankstetten im Juni 2016.

              Welche weiteren Schritte
              sind geplant?
              Bei den fünf Handlungsfeldern und den dazu­      Die Meilensteine der kommenden Jahre sind in
              gehörigen Maßnahmen, die im zweiten Teil der     einer Roadmap zusammengefasst. So ist es vorge-
              Strategie näher beschrieben werden, ist zu be-   sehen, 2019 eine erste Zwischenbilanz zu ziehen
              rücksichtigen, dass die angestrebte Ausdehnung   und 2022 einen Fortschrittsbericht zu verfassen,
              des ökologischen Landbaus nicht in wenigen       der den Umsetzungsstand der einzelnen Maß­
              Jahren im Rahmen eines einmaligen Aktionspro­    nahmen beurteilt. Darauf aufbauend beabsichtigt
              gramms erreicht werden kann. Deshalb ist die     das BMEL, eine erste Neufassung der Strategie für
              Zukunftsstrategie ökologischer Landbau als ein   den Zeitraum 2023 bis 2030 zu erarbeiten.
              Steuerungsprozess zu verstehen, mit dem die
              Rahmenbedingungen für die ökologische Land-
              und Lebensmittelwirtschaft kontinuier­lich
              optimiert werden sollen.

                                                                „Ökologische Landwirtschaft ist
                                                                 eine wichtige Zukunftsbranche.
                                                                 Deshalb hat sie auch eine zentrale
                                                                 Position in der Nachhaltigkeits­
                                                                 strategie der Bundesregierung.“

                                                                                                               9
Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

                         Rechtliche Maßnahmen        Finanzielle Maßnahmen       Weitere Maßnahmen
                         EU           National       BÖLN/EPS      GAK           BMEL         Bundes­
                                                                                              behörden

Rechtsrahmen             M1    Europäische Produktionsvorschriften des ökologischen Landbaus
zukunftsfähig                  problembezogen weiterentwickeln
und kohärent
gestalten
                         M2    Züchtung und Erzeugung von Saatgut und vegetativem Vermehrungsmaterial für
                               den ökologischen Landbau durch rechtliche Änderungen unterstützen

                         M3    Potenzial wertvoller Proteinträger prüfen

                         M4    Forschung zu alternativen Eiweißfuttermitteln ausweiten

                         M5    Technische Verfahren zur Herstellung und Aufbereitung
                               von proteinhaltigen Futtermitteln unterstützen

                         M6    Demonstrationsnetzwerk für feinsamige Leguminosen etablieren
                               und die bestehenden Netzwerke ausbauen

                         M7    Rahmenbedingungen für den Pflanzenschutz im ökologischen
                               Landbau verbessern

                         M8    Hemmnisse im Immissionsschutzrecht abbauen bzw. vermeiden

                         M9    Umsetzung der Hygieneanforderungen für Handwerksbetriebe erleichtern

Zugänge zur              M10   Änderung der Ausbildungsverordnung und des Rahmenlehrplans prüfen
ökologischen
Landwirtschaft
erleichtern              M11   Vernetzung und Austausch zwischen den Bildungsakteuren initiieren

                         M12   Unterrichtsmaterialien und Unterrichtseinheiten bewerten und weiterentwickeln

                         M13   Förderung der Umstellungsberatung für landwirtschaftliche
                               Unternehmen ausbauen

                         M14   Förderung der Aus- und Weiterbildung von Beratungskräften ausbauen

                         M15   Entwicklung und Bereitstellung von Beratungsinstrumenten vorantreiben

10
ÜBERBLICK

                      Rechtliche Maßnahmen            Finanzielle Maßnahmen              Weitere Maßnahmen
                      EU           National           BÖLN/EPS      GAK                  BMEL         Bundes­
                                                                                                      behörden

Nachfragepotentiale   M16   Kooperationsmanagement in Biowertschöpfungsketten fördern
voll ausnutzen und
weiter ausbauen
                      M17   Förderung von Biowertschöpfungsketten im GAK-Rahmenplan ausbauen

                      M18   Bioanteil bei der Beschaffung von Produkten im Geschäftsbereich
                            des BMEL erhöhen

                      M19   Informationsmaßnahme zur Steigerung des Bioanteils in der öffentlichen
                            Beschaffung durchführen

                      M20   Beratung zum Einsatz von ökologischen Erzeugnissen in der
                            Außerhausverpflegung fördern

Leistungsfähigkeit    M21   Ökoforschungsprioritäten des Bundes festlegen und umsetzen
ökologischer Agrar­
systeme verbessern

Umweltleistungen      M22   Ausreichende Mittel für die Ökoflächenförderung sicherstellen
angemessen
honorieren
                      M23   Umstellungsprämie für teilumstellende Betriebe einführen

                      M24   Gesamtkonzept zur effizienten Honorierung von Umweltleistungen entwickeln

                                 Rechtliche Maßnahmen einführen/weiterverfolgen
                                 Finanzielle Maßnahmen einführen/fortführen
                                 Maßnahmen im Bereich Forschung, Entwicklung und Wissenstransfer einführen/fortführen
                                 Weitere Aktivitäten des Bundes durchführen/fortführen

                                                                                                                        11
1
Grundzüge der
Zukunftsstrategie
ökologischer
Landbau

12
13
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

Einleitung

Leitplanken
für eine
nachhaltige
Landwirtschaft                                                    Positive Entwicklungen
                                                                  So ist seit 1991 der Stickstoffüberschuss der
                                                                  deutschen Landwirtschaft um 30 % (–38 kg/ha)
                                                                  zurückgegangen, während gleichzeitig die Pro-
                                                                  duktionsleistung zunahm. Im gleichen Zeitraum
                                                                  gingen die Treibhausgasemissionen der Land-
                                                                  wirtschaft 2 um 15 % (–11,6 Mio. t CO2-Äq.) zurück.
                                                                  In beiden Fällen haben hierzu – neben einer
                                                                  Reduktion der Tierbestandszahlen in Ostdeutsch-
           Boden, Wasser, Luft – wie kaum ein anderer Wirt-       land – die gestiegenen Umweltanforderungen
           schaftszweig ist die Landwirtschaft auf natürli­che    und ein verbessertes Düngemanagement beige-
           Ressourcen angewiesen und steht damit auch             tragen. Eine ebenfalls positive Entwicklung zeigt
           in der besonderen Verantwortung, diese nach­hal­-      sich bei den Pflanzenschutzmitteln. Obwohl
           tig zu bewirtschaften. Eine nachhaltige Ressourcen­-   der Inlandsabsatz von Pflanzenschutzmittelwirk-
           ­nutzung stellt sich in einer Marktwirtschaft          stoffen in Deutschland seit den 1990er-Jahren
            allerdings nicht von selbst ein. Es bedarf hierfür    leicht angestiegen ist, finden sich immer weniger
            politischer Leitplanken. Die UNO-Agenda 2030          Wirkstoffe im Grundwasser. Zwischen 2009 und
            und die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie bieten      2012 wurden bei weniger als 5 % der durchgeführ-
            mit dem Leitprinzip einer nachhaltigen Entwick-       ten Beprobungen im oberflächennahen Grund­-
            lung einen solchen Orientierungsrahmen. Mit           wasser erhöhte Pflanzenschutzmittelfunde regis-
            ihrem agrarpolitischen Leitbild hat die Bundes-       triert. Im Zeitraum 1990 bis 1995 lag der Anteil
            regierung diesen weiter konkretisiert und durch       noch bei rund 10 % 3. Dazu haben insbesondere
            ihr Handeln dazu beigetragen, dass die deutsche       neue gesetzliche Anwendungsbestimmungen
            Landwirtschaft ihre Ressourceneffizienz in den        bzw. eine effizientere Verwendung der Pflanzen-
            vergangenen Jahren erheblich steigern konnte.         schutzmittel beigetragen.

14
EINLEITUNG

                                                                       soll die Landwirtschaft nur noch ca. 35 Mio. t

Der ökologische Landbau                                                CO2-Äq. emittieren und muss damit rund die
                                                                       Hälfte ihrer bisherigen Emissionen einsparen.
trägt zur biologischen
                                                                       Die ressourcenpolitischen Herausforderungen der
Vielfalt bei.                                                          Landwirtschaft können nur dann bewältigt wer­-
                                                                       den, wenn dabei sowohl die Nutzung als auch die
                                                                       Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlage im
   Herausforderungen                                                   Mittelpunkt des Handelns stehen. Ziel muss es
   Auch wenn die Richtung stimmt, reichen die                          sein, die vielen verschiedenen Aspekte der Nach-
   bisherigen Fortschritte noch nicht aus. Um eine                     haltigkeit, die teilweise auch in Konflikt zueinander
   nachhaltige Ressourcennutzung sicherzustellen                       stehen, weiterzuentwickeln. Die zunehmende
   und die agrarumweltpolitischen Ziele der Bun-                       R­e­ssourcenknappheit, häufiger auftretende Wetter­
   desregierung zu erreichen, bedarf es weiterer An­                   kapriolen, steigende gesellschaftliche Ansprüche
   strengungen. So liegt der Stickstoffüberschuss                      an die Landwirtschaft und die Schwankungen
   der Landwirtschaft mit 92 kg/ha landwirtschaft-                     der Agrarpreise machen deutlich, dass diese Auf­-
   lich genutzter Fläche immer noch deutlich über                      gabe immer komplexer und anspruchsvoller wird.
   dem angestrebten Zielwert von 80 kg/ha 4. Auf-                      Zur Bewältigung bieten sich weder einfache Ant­-
   grund internationaler Verpflichtungen der NERC-                     worten noch Strategien an, die nur auf einen
   Richtlinie muss Deutschland seine Ammoniak­                         Lösungsansatz setzen. Für die Politik geht es viel­-
   emissionen bis 2020 um 5 %, bis 2030 um 29 %                        mehr darum, unterschiedliche, aber kohärente
   gegenüber dem Jahr 2005 reduzieren. Darüber                         Strategieansätze zu entwickeln, die zu mehr Nach­-
   hinaus konnte bislang auch noch keine Reduzie­                      haltigkeit führen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit
   rung der Gewässernitratbelastung festgestellt                       der Agrarwirtschaft zu gefährden.
   werden, so dass weitere Anstrengungen notwen-
   dig sind, um auch europäische Vorschriften,                         Potenzial des ökologischen Landbaus
   wie z. B. die der EG-Nitratrichtlinie oder der EG-                  In diesem Zusammenhang sieht die Bundesregie­-
   Wasserrahmenrichtlinie, zu erfüllen.                                rung im ökologischen Landbau eine Form der
                                                                       Landnutzung, der ein erhebliches Potenzial zur
   Der Trend abnehmender Biodiversität in der                          Bewältigung der skizzierten Herausforderungen
   Agrar­landschaft konnte trotz der Ausweisung von                    zugeschrieben werden kann, auch wenn er nicht
   Schutzgebieten (FFH, Natura 2000) und verschie-                     per se klimaverträglicher ist.6 Der ökologische
   dener Agrarumweltmaßnahmen bisher nicht ge­-                        Landbau berücksichtigt bei der Produktion in be­-
   bremst werden. Dies zeigen Monitoring-Ergebnisse                    sonderer Weise die Belastungsgrenzen natürlicher
   im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologi-                     Kreisläufe, trägt zu einem hohen Niveau der bio-
   schen Vielfalt, wonach der festgelegte Zielwert für                 logischen Vielfalt bei und erfüllt hohe Tierschutz­
   die Artenvielfalt und Landschaftsqualität bisher                    anforderungen. Die Leistungen des Ökoland­-
   deutlich verfehlt wurde 5. Erhebliche Anstrengun-                   baus genießen in weiten Teilen der Bevölkerung
   gen sind auch mit der Erreichung des bundes-                        eine hohe Anerkennung. Nach Ergebnissen einer
   deutschen Klimaschutzplans verbunden. Bis 2050                      ak­tuellen infas-Umfrage achtet ein Viertel der

   2   Unter Berücksichtigung der indirekten Treibhausgasemissionen (Quellgruppen 4 B und 4 C der Treibhaus­
       gasberichterstattung) haben sich Emissionen der Landwirtschaft zwischen 1990 und 2014 um 11 % bzw.
       13,1 Mio. t CO2-Äq. reduziert.
   3   BMUB (2015): Indikatorenbericht 2014 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt.
       Berlin, Bundes­ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB).
       → Weblink: http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/wawi_
       teil_02_2014_web_korr_25.7.2014_2.pdf
   4   Drei-Jahres-Mittel (1990–92, 2012–14). Siehe Julius Kühn-Institut (2016): Stickstoff-Bilanzen für die Land­
       wirtschaft in Deutschland. Zeitreihe 1990 bis 2014. Zusammenfassung und Anmerkungen zum Bilanzjahr 2014.
   5   BMUB (2015): Indikatorenbericht 2014 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt. Berlin, Bundes­
       ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). → Weblink: http://www.bmub.
       bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/indikatorenbericht_biologische_vielfalt_2014_bf.pdf
   6   Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlicher Verbraucherschutz und Wissen­
       schaftlicher Beirat Waldpolitik beim BMEL (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den
       nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Gutachten. Berlin.

                                                                                                                             15
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

                                                                       1 /4
                                                                                                  der Deutschen achten
                                                                                                  beim Lebensmitteleinkauf
                                                                                                  gezielt auf Bioprodukte

                                                                                 Praxis beigetragen und sind heute auch für die
                                                                                 konventionelle Landwirtschaft relevant. Die
                                                                                 Be­deutung des ökologischen Landbaus spiegelt
                                                                                 sich in der Tatsache wider, dass die Bundesregie­
                                                                                 rung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie einen
                                                                                 Ökoflächen­anteil von 20 % an der landwirtschaft-
                                                                                 lichen Ge­samt­­fläche anstrebt und dieses Ziel mit
                                                                                 ihrem Klimaschutzplan 2050 bekräftigt hat.

                                                                                 Mit einem Anteil von derzeit rund 6 % wurde dieses
           Befragten in Deutschland beim Einkauf von Le­-                        Ziel trotz einer gestiegenen Nachfrage nach öko-
           bensmitteln mittlerweile gezielt auf Bioprodukte;                     logischen Erzeugnissen bisher noch nicht er­reicht.
           weitere 46 % tun dies gelegentlich.7 Mit einer                        Es ist absehbar, dass ohne zusätzliche politische
           jährlichen Umsatzsteigerung von durchschnitt-                         Impulse eine deutliche Ausdehnung des Ökoland­
           lich 8 % ist der Biosektor seit vielen Jahren ein                     baus in Deutschland nicht realisiert werden kann.
           dynamischer Wachstumsmarkt.8 Es ist deshalb                           Mit der vorliegenden Zukunftsstrategie ökologi­
           nicht überraschend, dass die Wertschöpfung in                         scher Landbau soll deshalb der Blick auf die öko­-
           der Bio-Branche besonders hoch ist 9 und sie zur                      no­mischen und politischen Rahmenbedingungen
           Vitalisierung ländlicher Räume beiträgt.10                            für den Ökolandbau in Deutschland ge­richtet
                                                                                 werden, um die Wettbewerbsfähigkeit und die Pro­-
           Der ökologische Landbau gilt deshalb als eine                         duktivität des Sektors zu stärken und zu einem
           relevante Schlüsseltechnologie auf dem Weg zu                         nachhaltigeren Umgang mit den natürlichen Le­-
           mehr Nachhaltigkeit und wird vom Rat für                              bens­grundlagen beizutragen. Dabei ist die Vergrö-
           Nachhaltige Entwicklung als „Goldstandard der                         ße­rung des Bioanteils in der landwirtschaftlichen
           Nachhaltigkeit“ bezeichnet. Für die Bundesregie­                      Pro­duktion grundsätzlich von der Nachfrage der
           rung leistet der ökologische Landbau einen wesent­-                   Verbraucher abhängig. In diesem Sinne ist die
           lichen Beitrag zum Erreichen ihres agrarpoliti­                       politische Unterstützung die Stärkung eines selbst­­-
           schen Leitbilds. Hervorzuheben ist in diesem                          tragenden Aufschwungs, der keine neue Abhän-
           Zusammenhang auch seine Innovationsleistung                           gigkeit von staatlichen Leistungen generiert. Damit
           für die gesamte Landwirtschaft. Ökologische                           ist die Strategie ein wichtiger nationaler Bau-
           Lösungskonzepte, wie beispielsweise der gezielte                      stein der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und
           Einsatz von Kompost für den Humusaufbau oder                          ein Lösungsansatz, um die ressourcenpolitischen
           der vorbeugende Pflanzenschutz durch stand-                           Herausforderungen der Landwirtschaft zu bewäl-
           ortangepasste Anbausysteme, haben zur Weiter­                         tigen und zusätzliche Entwicklungsperspektiven
           entwicklung der guten landwirtschaftlichen                            für die Landwirtschaft aufzuzeigen.

           7  infas (2016): Ökobarometer 2016. Bonn, infas. → Weblink: http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/
              Ernaehrung/Oekobarometer2016.pdf?__blob=publicationFile
           8 Zwischen 2005 und 2015 lag das jährliche Umsatzwachstum der ökologischen Lebensmittelbranche bei 8 %.
              Siehe AMI (2016): AMI Markt Bilanz Öko-Landbau 2016. Bonn, Agrarmarkt Informations-Gesellschaft.
           9 Sanders et al. (2016): Distribution of the added value of the organic food chain. Braunschweig, Thünen Institute
              of Farm Economics.
           10 Von Münchhausen, S., et al. (2006): Beitrag des ökologischen Landbaus zur Entwicklung ländlicher Räume:
              Fallstudien in verschiedenen Regionen Deutschlands. Bonn, Geschäftsstelle Bundesprogramm Ökologischer
              Landbau in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. → Weblink: http://orgprints.og/10684/1/
              10684-02OE192-ble-ifls-2006-laendliche_entwicklung.pdf

16
Status quo

                                                                                       Moderates
                                                                                       Flächenwachs­
                                                                                       tum, steigende
In Deutschland wirtschafteten Ende des Jahres
2015 insgesamt 24.736 landwirtschaftliche Be­-
                                                                                       Nachfrage
triebe auf rund 1,08 Mio. ha Fläche nach den EU-
Rechtsvorschriften für den ökologischen Land-                                          und vielfältige
                                                                                       Förder­-
bau. Das entspricht einem Anteil von 8,7 % der
Betriebe und 6,5 % der gesamten landwirtschaft-
lichen Nutz­fläche. Rund 600.000 ha werden als
Grünland ge­nutzt. Die ökologische Ackerfläche
umfasst 445.000 ha. Die restliche Fläche entfällt
auf Obst- und Gemüsekulturen sowie Streuobst-
                                                                                       maß­nahmen
flächen. Innerhalb Deutschlands ist die ökologisch
bewirtschaftete Fläche regional sehr unterschied-
lich verteilt. Der relative Flächenanteil variiert
zwischen 13 % im Saarland bzw. ca. 12 % in Hessen
und weniger als 3 % in Niedersachsen. Absolut
betrachtet liegen die Produktionsschwerpunkte
in Süddeutschland (Bayern: 229.881 ha, Baden-                     etwas stärker zu als die Öko-Ackerfläche (2 %).
Württemberg: 130.436 ha) und Nordostdeutschland                   Regional hat der Ökoflächenanteil besonders in
(Brandenburg: 135.942 ha, Mecklenburg-Vorpom-                     Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz
mern: 125.512 ha). Auf diese vier Bundesländer                    und Hessen zugenommen. Rund 70 % der zwi-
entfallen rund 60 % der ökologisch bewirtschaf­                   schen 2005 und 2015 umgestellten Fläche befin-
teten Fläche in Deutschland.                                      den sich in den vier Ländern.

Jährlicher Zuwachs der ökologisch                                 Betrachtet man die relative Wachstumsdynamik
bewirtschafteten Fläche                                           zwischen 2005 und 2015 in Deutschland, sticht die
Die Entwicklung des ökologischen Landbaus ist                     Entwicklung in Rheinland-Pfalz mit einem jährli-
in Deutschland durch eine kontinuierliche Aus­                    chen Wachstum von durchschnittlich 11 % hervor.
deh­nung der ökologisch bewirtschafteten Fläche                   Überdurchschnittliche Wachstumsraten verzeich-
gekennzeichnet. In den letzten zehn Jahren lag                    neten auch Sachsen und Bayern mit jeweils 5 %
der jährliche Zuwachs im Durchschnitt bei rund                    sowie Hessen mit 4 %. Im Gegensatz dazu nahm die
3 % bzw. 28.000 ha. Mit durchschnittlich 4 % nahm                 Ökofläche in Brandenburg (0,5 %) und Mecklen-
das ökologisch bewirtschaftete Grünland pro Jahr                  burg-Vorpommern (1,0 %) nur geringfügig zu.11

11 Weitere Informationen zur Entwicklung des ökologischen Landbaus in Deutschland sind im Anhang A1 aufgeführt.

                                                                                                                      17
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

     AUSBREITUNG DES ÖKOLOGISCHEN LANDBAUS IN DEUTSCHLAND

     Anteil der Öko-Fläche an LF-Gesamt, 2015                             Regionaler Flächenzuwachs 2005–2015

     %-Anteil an                                                                          Bayern
     LF-Gesamt
                                                                          Baden­Württemberg
24.736
                                                          Deutschland ist nicht nur der mit Abstand wich-
                                                          tigste Biomarkt in Europa, sondern zählt weltweit
                                                          auch zu den Absatzmärkten mit den größten
                                                          Umsatzzuwächsen. Etwa ein Drittel der in Europa
                                                          erzielten Bioumsätze entfallen mittlerweile auf
Bio-Betriebe wirt­schaf­teten Ende                        Deutschland. In den letzten Jahren ist insbeson-
des Jahres 2015 auf rund ­1,08 Mio. Hektar                dere die Nachfrage nach Geflügelfleisch, Speiseöl,
Fläche in Deutschland                                     Eiern, Rind- und Schweinefleisch sowie Konsum-
                                                          milch aus ökologischer Erzeugung stark gestiegen.
                                                          Aufgrund einer nur moderaten Produktionsaus-
                                                          dehnung konnte zuletzt das einheimisch erzeugte
     Dynamische Nachfrage nach                            Angebot bei vielen Produkten mit der wachsen-
     Bioprodukten                                         den Nachfrage nach ökologischen Erzeugnissen
     Im Vergleich zur Produktion entwickelte sich der     nicht mithalten. Allerdings können je nach Pro-
     Markt für ökologische Lebensmittel in Deutsch-       dukt deutliche Unterschiede beobachtet werden.
     land in den letzten Jahren wesentlich dynami-        Während beispielsweise bei Eiern die inländische
     scher. Zwischen 2005 und 2015 wuchs der Markt        Produktion gestiegen und der Importanteil ge-
     jährlich um durchschnittlich 8 %. Im Jahr 2015       sunken ist, kommen ökologisch erzeugte Acker-
     betrug der Umsatz mit ökologischen Erzeugnis-        früchte, insbesondere für die Futterproduktion,
     sen in Deutschland 8,62 Mrd. €. Dies entspricht      zunehmend aus dem Ausland.
     jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Bioprodukte
     von 105 € und einem Anteil von 4,7 % am Lebens-      Förderung des ökologischen Landbaus
     mittelmarkt auf Einzelhandelsebene. Nicht be-        durch Bund und Länder
     rücksichtigt sind Öko-Anteile in der Außerhaus-      Die steigende Nachfrage nach ökologischen Er­
     verpflegung (Verpflegungsdienstleistungen). Die      zeug­nissen war in den letzten Jahren ein wich­tiger
     Verkaufserlöse der Biolandwirte lagen 2015 bei       Motor für die Entwicklung des ökologischen
     1,81 Mrd. € bzw. 1.662 €/ha. Zwischen 2008 und       Landbaus. Wesentlich beeinflusst wurde die Aus-
     2015 nahm der durchschnittliche ha-Erlös um          breitung auch durch die Förderpolitik der Länder
     rund 469 € zu (inflationsbereinigt um 369 €). Im     und des Bundes. Seit 1989 wird der ökologische
     Jahr 2016 konnte der Umsatz nochmals deutlich        Landbau in Deutschland bundesweit mit öffent-
     gesteigert werden. Nach aktuellen Berechnungen       lichen Mitteln gefördert. Das Förderspektrum
     und Schätzungen von Marktexperten lag dieser         wurde in dieser Zeit zunehmend verbreitert und
     2016 bei 9,48 Mrd. €. Dies entspricht einem Anteil   erstreckt sich mittlerweile auf die gesamte Wert-
     von 5,04 % am Lebensmittelmarkt.                     schöpfungskette.

                                                                                                            19
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

                  600.000
                  Hektar werden im Ökolandbau als
                  Grünland genutzt, die ökologische
                  Ackerfläche umfasst 445.000 Hektar

           Innerhalb des bestehenden Maßnahmenbündels
           kommt der flächenbezogenen Förderung, die für
           die Einführung bzw. Umstellung und Beibehaltung
           einer ökologischen Wirtschaftsweise gewährt
           wird, nach wie vor die größte Bedeutung zu. 2014              tum von Angebot und Nachfrage zu schaffen. Im
           wurden hierfür öffentliche Mittel (EU, Bund,                  Rahmen des BÖLN beteiligt sich der Bund an der
           Länder) in Höhe von rund 160 Mio. € ver­ausgabt.              Finanzierung zahlreicher (a) Informationsange­
           Darüber hinaus werden Ökobetriebe im Rahmen                   bote und Messeauftritte der Branche, (b) Bildungs-
           der Entwicklungsprogramme des ländlichen                      und Beratungsmaßnahmen sowie (c) Vorhaben
           Raums (ELER) durch höhere Zuschüsse für Stall-                in den Bereichen Forschung, Technologieentwick-
           bauinvestitionen sowie durch Beratungs- und                   lung und Wissenstransfer.12 Hierzu zählen auch
           Fortbildungsmaßnahmen unterstützt. Der Bund                   die 2017 erstmals stattfindenden bundesweiten
           beteiligt sich an der Finanzierung dieser Maß-                Öko-Feldtage13 sowie ein Ökolandbau-Special auf
           nahmen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe                     den DLG-Feldtagen. Über die gesamte ökologische
           „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten-               Wertschöpfungskette greifen die verschiedenen
           schutzes“ (GAK).                                              Arbeitsfelder ineinander. Dabei stehen der Aus-
                                                                         tausch und die zielgruppenspezifische Übertragung
           Darüber hinaus wird der ökologische Landbau                   von Wissen im Vordergrund. Im Bundeshaushalt
           auf Bundesebene insbesondere durch das 2001 ein­-             2017 stehen 20 Mio. € für das BÖLN zur Verfügung.
           ­­ge­führte Bundesprogramm Ökologischer Land­
             bau unterstützt. Das Programm, das 2010 für                 Neben dem Bundesprogramm stellt das staatliche
             andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft ge­-              Bio-Siegel eine weitere wichtige Maßnahme des
           öffnet wurde und seitdem als BÖLN bezeichnet                  Bundes zur Förderung des ökologischen Landbaus
           wird, verfolgt das Ziel, die Rahmenbedingungen                dar. Das sechseckige Logo, mit dem ökologische
           für die nachhaltige und ökologische Land- und                 Erzeugnisse ausgelobt werden können, die nach
             Lebensmittelwirtschaft zu verbessern und die Vor­-          den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen
             aussetzungen für ein gleichgewichtiges Wachs­-              Landbau produziert und kontrolliert wurden,
                                                                         schafft Transparenz und ist beim Einkaufen eine
                                                                         verlässliche Orientierungshilfe. Es gehört mitt­ler­-
                                                                         weile zu den bekanntesten und häufigsten Sie­geln
                                                                         in der deutschen Lebensmittelkennzeichnung.
                                                                         Die Nutzung des Bio-Siegels wurde bis­lang von
                                                                         rund 5.000 Unternehmen zur Kennzeich­nung von
                                                                         rund 76.000 Produkten angezeigt. Das Bio-Siegel
                                                                         kann auch zusammen mit dem vom BMEL ebe­n­-
                 Bio-Siegel zur Kenn­        Regionalfenster zur
                                                                         falls finanziell unterstützten Regionalfenster
                zeichnung ökologischer       Kennzeichnung der
                       Produkte               lokalen Herkunft           verwendet werden, um die Herkunft der Produkte
                                                                         aus einer definierten Region hervorzuheben.

           12 Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN).
              → Weblink: https://www.bundesprogramm.de/was-wir-tun/
           13 → http://www.oeko-feldtage.de/

20
STATUS QUO

REGIONALE ÖKOAKTIONSPLÄNE UND ANGESTREBTE FLÄCHENAUSDEHNUNG

Ökoflächenanteil 2015 und angestrebter Flächenanteil                         Bundesländer mit Ökoaktionsplänen

                                                 20 %
     2015             Ziel

                                  13 %
            12 %
                                                                10 %
                          9,4 %
   7,3 %
                                         4,9 %          4,2 %

                                                                                                              Ökoaktionsplan
                                                                                                              ohne Flächenziel
      Bayern              Mecklenburg­    Sachsen­      Thüringen
                          Vorpommern       Anhalt                                                             Ökoaktionsplan
                                                                                                              mit Flächenziel

Quelle: Thünen Institut

        Neben der Mitgestaltung des Rechtsrahmens auf                  Eiweißpflanzenstrategie, das Programm zur Inno­-
        EU-Ebene verbessert der Bund die rechtlichen                   vationsförderung sowie das Programm zur Förde­-
        Rah­menbedingungen des ökologischen Landbaus                   rung nachwachsender Rohstoffe. Darüber hinaus
        in Deutschland maßgeblich durch verschiedene                   tragen die Arbeiten der BMEL-Ressortforschungs-
        verwaltungsrechtliche Aktivitäten. Mit dem Öko-                einrichtungen, wie das Thünen-Institut, das
        Landbaugesetz wurden die Vollzugsaufgaben in                   Julius-Kühn-Institut oder das Friedrich-Loeffler-
        Deutschland gebündelt und ein einheitlicher und                Institut, maßgeblich zu Innovationen und Fort­-
        effizienter Vollzug der EG-Öko-Verordnung wurde                ent­wicklungen im ökologischen Landbau bei.
        gewähr­leistet. Der Bund ist in diesem Zusammen-
        hang zuständig für die Zulassung von Öko-Kontroll­-            Die Bundesländer unterstützen den Ökolandbau
        stellen und engagiert sich im Rahmen der Bund-­                nicht nur durch die ELER-Maßnahmen, sondern
        Länder-Zusammenarbeit für eine kontinuierliche                 auch durch die Einführung oder Erweiterung
        Verbesserung des nationalen Kontrollsystems.                   ökospezifischer Bildungseinrichtungen (z. B. Öko-
                                                                       fachschulen) und Weiterbildungsangebote sowie
        Europäische Regelungen haben erheblichen Ein­-                 eine stärkere Berücksichtigung des ökologischen
        fluss auf die Marktentwicklung im Ökosektor.                   Landbaus in der landwirtschaftlichen Ausbildung.
        Deswegen legt die Bundesregierung großen Wert                  Ein weiteres Maßnahmenbündel der Länder be-
        auf Wettbewerbsgleichheit durch ein verbindli-                 steht aus ergänzenden Aktivitäten zur Weiterent-
        ches Kontrollsystem für Ökoprodukte, unabhän-                  wicklung der Ökoverarbeitung und -vermarktung
        gig von deren Herkunft. Im Rahmen der Revision                 sowie zur Ausweitung der Verbrauchernachfrage
        der EG-Öko-Verordnung hat die Stärkung und                     nach Biolebensmitteln. Zu den geförderten Maß-
        Harmonisierung des Kontrollregimes daher für                   nahmen zählen beispielsweise die Präsenz auf
        die Bundesregierung große Bedeutung.                           Fachmessen, Projekte zur Entwicklung von Pro-
                                                                       dukten oder regionalen Wertschöpfungsketten
        Weitere Förderaktivitäten von Bund                             sowie Marketing- und Kommunikationsmaßnah-
        und Ländern                                                    men für Bioprodukte. Regionale Biokennzeichen
        Neben für den Ökolandbau spezifischen Förder-                  haben Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und
        programmen profitiert die Biobranche auch                      Mecklenburg-Vorpommern entwickelt und Mittel
        von zahlreichen anderen Aktivitäten und Förder-                zu deren Bekanntmachung bereitgestellt. In neun
        programmen des BMEL, mit denen u. a. auch das                  Bundesländern wurden die Fördermaßnahmen
        Tierwohl und die nachhaltige Ressourcennut-                    in Form eines regionalen Aktionsplans gebündelt,
        zung verbessert werden sollen. Zu nennen sind in               mit dem der regionalen Biolandwirtschaft gezielt
        diesem Zusammenhang insbesondere das Modell-                   neue Wachstumsimpulse gegeben werden sollen.
        und Demonstrationsvorhaben Tierschutz, die

                                                                                                                        21
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

Zielsetzung

20 % Ökoland­
bau bleibt
mittelfristiges
Ziel                                                            Landbaus weiter auszubauen. Darüber hinaus soll
                                                                mit dem vorliegenden Konzept dazu beigetragen
                                                                werden, dass sich noch stärker als bisher insbeson­-
                                                                dere klein- und mittelständisch strukturierten land­-
                                                                wirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland
                                                                eine alternative Entwicklungsperspektive eröffnet.

                                                                Der Ausbau der ökologisch bewirtschafteten
           Das Ziel, den Ökoflächenanteil auf 20 % auszu-       Fläche ist nur ein Element in der Umsetzung der
           bauen, zählt – wie eingangs dargelegt – zu den       Nachhaltigkeitsziele und in der Stärkung der
           agrarpolitischen Nachhaltigkeitszielen der Bundes­   Struktur der landwirtschaftlichen Produktion. Es
           regierung 14 und ist deshalb auch ein Leitziel der   ist kein Verdrängungswettbewerb, sondern Chan-
           Zukunftsstrategie ökologischer Landbau. Dabei        cennutzung, die hier Platz greift. Denn die Aus-
           soll das angestrebte Wachstum mit einer quali­       weitung kann nur nach dem Prinzip der freiwilli-
           tativen Weiterentwicklung des ökologischen Land­-    gen unternehmerischen Entscheidung und nicht
           baus einhergehen. Ziel ist es, einen ökologischen    nach planwirtschaftlichem Denken stattfinden.
           Landbau zu stärken, der eine Antwort auf die
           viel­fältigen umwelt- und ressourcenpolitischen      Trotz der zahlreichen Förderinstrumente, der stei-
           Herausforderungen unserer Zeit bietet. Folglich      genden landwirtschaftlichen Umsatzerlöse und
           geht es bei der Zukunftsstrategie auch darum,        der günstigen Marktentwicklung liegt der Anteil
           das Nachhaltigkeitspotenzial des ökologischen        der ökologisch bewirtschafteten Fläche mit

           11 Nachhaltigkeitsbericht der Bundesregierung.

22
ZIELSETZUNG

   ENTWICKLUNG DES ÖKOLOGISCHEN LANDBAUS
   IN AUSGEWÄHLTEN EU-MITGLIEDSLÄNDERN

                                Ökofläche      Ökoflächen-                  Flächenzuwachs          Ökoflächen­-
                                     2015       anteil 2015                      2010–2015                  ziel
                                        ha               %                  ha             %                     %

   Österreich                     552.141              20,3             13.931            2,6                 20 + X

   Schweden                       518.983              17,1             80.290           18,3                    20

   Estland                        155.806              15,7             34.237           28,2                    20

   Finnland                       225.235               9,9             56.067           33,1                    20

   Slowenien                        42.188              8,9             11.499           37,5                    20

   Spanien                       1.968.570              8,2            353.523           21,9                     –

   Deutschland                   1.088.838              6,5             98.136            9,9                    20

   Frankreich                    1.322.911              4,8            477.469           56,5                     8

   Polen                          580.731               4,0             58.761           11,3                     –

   Quelle: EUROSTAT, BLE

rund 6 % noch deutlich unter der angestrebten        Bereits in seinem ersten Aktionsplan hatte sich
Zielmarke von 20 %. Die Flächennutzung ist daher     das Land 2001 das Ziel gesetzt, dass ein Fünftel der
nur ein Parameter. Ziel ist es gleichermaßen auch,   Agrarfläche ökologisch bewirtschaftet werden
den Marktanteil von Ökoprodukten schrittweise        sollte. Diese Zielmarke konnte 2015 erreicht wer­-
zu erhöhen.                                          den. Ausschlaggebend hierfür war neben einer
                                                     positiven Marktentwicklung eine umfassende För­-
Entwicklung in anderen EU-Ländern                    derung der ökologischen Wirtschaftsweise. So
Die Entwicklungen in verschiedenen europäi­          wurde der Ökolandbau seit den 1990er-Jahren von
schen Mitgliedstaaten (Frankreich, Estland,          Seiten der Regierung als eine Möglichkeit zur Ein­-
Schweden) zeigen, dass der Ökolandbau auch           kommensabsicherung gesehen und durch eine
dynamischer wachsen kann.                            Abfolge von Aktionsplänen forciert. Insbesondere
                                                     für Betriebe in Regionen mit einem standortbe-
Das Beispiel Österreich macht deutlich, dass sich    dingt niedrigen Ertragspotenzial wurden dadurch
ökologische und konventionelle Landwirtschaft        günstige Voraussetzungen für eine Umstellung
nebeneinander entwickeln können, vor allem           geschaffen. Eine vergleichbare Ausdehnung wie in
in Regionen mit standortbedingt niedrigerem          Österreich streben zurzeit neben Deutschland
Ertragspotenzial. Gerade dort ist der Ökolandbau     auch Schweden, Slowenien, Estland und Finnland
Element der Einkommensabsicherung und                an, die sich ebenfalls einen Ökoflächenanteil von
ein Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft.      20 % zum Ziel gesetzt haben.

                                                                                                                       23
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

                                                                      HANDLUNGSFELDER
                              Landwirte

30.000                        müssten auf
                              ökologische
                                                                   →→ Rechtsrahmen zukunftsfähig und kohärent
                                                                      gestalten: Die Grundsätze und speziellen Vor-

  –                           Bewirtschaftung
                                                                      schriften der ökologischen Produktion sind
                                                                      in den EU-Rechtsvorschriften für den öko-

40.000                        umstellen                               logischen Landbau festgelegt, die neben den
                                                                      allgemein geltenden Rechtsbestimmungen
                              für das 20 %-                           bei Produktionsentscheidungen zu berück-
                              Ökoflächen-Ziel                         sichtigen sind. Um eine deutliche Zunahme
                                                                      der Betriebsumstellungen zu ermöglichen,
                                                                      gilt es, einen zukunftsfähigen und kohärenten
                                                                      Rechtsrahmen festzusetzen und dadurch
                                                                      rechtliche Wachstumsbarrieren zu beseitigen
           Umstellungsbedarf und Neujustierung                        bzw. zu verhindern. Neben den spezifischen
           der Rahmenbedingungen                                      Rechtsregelungen für den ökologischen Land­-
           Eine entsprechende Ausdehnung würde in                     bau ist auch der Gestaltung horizontaler Rechts­-
           Deutschland eine Verdreifachung der ökolo­-                vorschriften große Bedeutung beizumessen.
           gisch bewirtschafteten Fläche bedeuten. Hierfür
           müssten schätzungsweise weitere 30.000 bis              →→ Zugänge zur ökologischen Landwirtschaft
           40.000 Landwirte ihren Betrieb auf eine ökologi-           erleichtern: Der Einstieg in den ökologischen
           sche Wirtschaftsweise umstellen. Aus heutiger              Landbau wird nach wie vor durch unzurei-
           Sicht wäre dies ein großer Schritt, der nur mit­tel­-      chendes Wissen erschwert. Um Landwirten
           ­fristig möglich erscheint, und erfordert, dass die        eine nüchterne Abwägung von Chancen und
            Nachfrage nach ökologischen Erzeugnissen deut­-           Risiken zu ermöglichen, sie auf dem häufig
           scher Herkunft in den nächsten Jahren weiter               komplizierten Weg der Umstellung fachlich
           dynamisch zunimmt. Ergänzend hierzu bedarf es              zu begleiten und ihnen die besonderen Kennt­-
           einer Neujustierung der bestehenden politischen            nisse des ökologischen Landbaus zu vermit-
           Rahmenbedingungen, die mehr umfassen sollte                teln, gilt es, die Zugänge zum ökologischen
           als eine Fortschreibung der heutigen ökospezi-             Landbau zu erleichtern. Eine stärkere Integra-
           fischen Instrumente. Was bedeutet das konkret?             tion von Lerninhalten mit Bezug zum ökolo­
           Und was muss insbesondere auf nationaler Ebene             gischen Landbau in die berufliche Bildung
           geschehen, damit der Ökolandbau sein Potenzial             sowie ein Ausbau der Beratungsangebote sind
           besser ausnutzen kann?                                     deshalb anzustreben. Der Bund wird dies
                                                                      durch flankierende Maßnahmen unterstützen.
           Das BMEL hat zusammen mit der ökologischen
           und konventionellen Lebensmittelwirtschaft, der         →→ Nachfragepotenziale voll nutzen und weiter
           Wissenschaft und unter Beteiligung der Länder              ausbauen: Eine deutliche Steigerung der öko-
           fünf zentrale Handlungsfelder identifiziert, die die       logischen Produktion wird nur dann selbst­
           bestehenden Fördermaßnahmen ergänzen und                   tragend und nachhaltig sein, wenn auch die
           auf nationaler Ebene einen substanziellen Beitrag          Nachfrage deutlich zunimmt. Es ist deshalb
           zu einer weiteren Ausdehnung des ökologischen              für die weitere Entwicklung des öko­logischen
           Landbaus leisten können:                                   Landbaus entscheidend, dass die Branche das
                                                                      Nachfragepotenzial nach Biopro­dukten voll
                                                                      ausschöpft und weiter ausbauen kann. Durch
                                                                      flankierende Maßnahmen kann der Bund
                                                                      diesen Prozess unterstützen.

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ZIELSETZUNG

→→ Leistungsfähigkeit ökologischer Agrar­sys­-            Mit der vorliegenden Zukunftsstrategie ökologi­
   teme verbessern: Die Leistungsfähigkeit des            scher Landbau zeigt das BMEL auf, welchen kon­-
   ökologischen Landbaus hat einen erheblichen            kreten Beitrag der Bund in den nächsten Jahren
   Ein­fluss auf seine relative Wettbewerbsfähig-         leisten wird, um die Rahmenbedingungen für
   keit und damit auch auf seine ökonomische              eine weitere Ausdehnung des ökologischen Land­-
   Attraktivität. Ziel muss es sein, neben einer Stei­-   baus zu verbessern. Dabei gilt es zu berücksich-
   gerung der Leistungsfähigkeit zugleich auch            tigen, dass eine Ausdehnung des ökologischen
   seine relative ökologische Vorzüglichkeit zu           Landbaus nicht zentral planbar und steuerbar ist.
   verbessern. Wenn das gelingt, stellt der Öko-          Es wird die individuelle Entscheidung der Land-
   landbau einen zentralen Baustein zur Lösung            wirte bleiben, wie sie ihre Höfe bewirtschaften,
   übergeordneter Herausforderungen unserer               und es wird die individuelle Entscheidung der Ver­-
   Zeit dar. Um dies zu ermöglichen, gilt es, ökolo­-     braucher sein, welche Produkte sie bevor­zugen.
   gische Produktionssysteme durch eine Aus­-             Folglich werden in erster Linie die Anstrengungen
   weitung der Forschungs- und Entwicklungs-              der Wirtschaftsbeteiligten für die weitere Aus-
   aktivitäten zu optimieren. Damit die neuen             dehnung des ökologischen Landbaus ausschlag-
   Erkenntnisse möglichst schnell in der Praxis           gebend sein. Die Aufgabe der Politik ist es, diese
   angewendet werden, ist einem effizienten               Bemühungen durch verlässliche und wachstums-
   Wissenstransfer große Bedeutung beizumes-              orientierte Rahmenbedingungen zu stimulieren
   sen. Zudem muss die Vernetzung von öko­                und zu unterstützen.
   logischem und konventionellem Landbau
   verbessert werden.                                     Neben dem Bund spielen dabei auch die Bundes-
                                                          länder eine wichtige Rolle. Durch die Gestaltung
→→ Umweltleistungen angemessen honorieren:                der ländlichen Entwicklungsprogramme, die
   Ökologisch wirtschaftende Betriebe erbringen           Arbeit der Kontrollbehörden sowie die Verantwo­r-
   zahlreiche positive Umweltleistungen, denen            tung für die Offizialberatung und die berufliche
   ein erheblicher ökonomischer Wert zuge-                Bildung beeinflussen die Länder maßgeb­lich
   schrieben werden kann. Um diese Leistungen             die politischen Rahmenbedingungen für den öko­-
   angemessen honorieren zu können, sind die              logischen Landbau in Deutschland. Auch die
   bestehenden Fördersysteme zu prüfen und ggf.           Kommunen haben die Möglichkeit, die Rahmen-
   zu ergänzen.                                           bedingungen für die Entwicklung des ökologi-
                                                          schen Landbaus, insbesondere in ihren jeweiligen
                                                          Regionen, mitzugestalten. Mit dem bundesweiten
                                                          Netzwerk der sogenannten Bio-Städte ist bereits
Die oben skizzierten Handlungsfelder werden in            ein wichtiger Schritt gemacht. Schließlich ist auch
den nachfolgenden Kapiteln im Detail beschrie-            die Europäische Union mit ihren Institutionen,
ben und mit konkreten Maßnahmen unterlegt.                die über die Rechtsvorschriften für den ökologi-
In Ergänzung zu den bestehenden Förderinstru-             schen Landbau und die gemeinsame Agrarpolitik
menten sollen die ausgewählten Maßnahmen wie              entscheiden, ein zentraler Akteur. Deshalb wird
Katalysatoren wirken und die bisherige Entwick-           die eigentliche Herausforderung der Zukunftsstra­-
lung beschleunigen. Die Maßnahmen verdeut­                tegie darin bestehen, mit allen Beteiligten einen
lichen das Anliegen des BMEL, den ökologischen            dynamischen Prozess zur weiteren Ausdehnung
Landbau möglichst umfassend und als Bestand­-             des ökologischen Landbaus einzuleiten und diesen
teil einer übergreifenden, kohärenten Nachhal­            fortlaufend zu optimieren.
tigkeitspolitik für die Agrar- und Ernährungs-
branche zu unterstützen. Das Augenmerk richtet
sich dabei also nicht nur auf die Landwirtschaft,
sondern schließt alle Stufen der Wertschöpfungs­-
kette mit ein.

                                                                                                                         25
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU

Katalysatoren

Handlungs­
felder und Maß­
nahmen zur
Stärkung des
ökologischen
Landbaus
                                                                Rechts­rah­mens ist ein wichtiges Instrument zur
                                                                Förderung des ökologischen Landbaus. Er trägt
                                                                wesentlich zur Stärkung der Wettbewerbsstellung
                                                                der in der Biobranche tätigen Unternehmen
                                                                sowie zum Abbau und zur Vermeidung von Wett­
                                                                be­werbsver­zerrungen sowohl auf nationaler als
           Handlungsfeld 1:                                     auch auf internationaler Ebene bei. Die Revision

           Rechtsrahmen
                                                                der EG-Öko-Verordnung ist insofern von zen­
                                                                traler Bedeu­tung für die zukünftige Entwicklung

           zukunftsfähig und
                                                                des ökologischen Landbaus in Deutschland. Ziel
                                                                muss es sein, einen Rechtsrahmen zu vereinbaren,

           kohärent gestalten
                                                                der auf bewähr­ten Regelungen aufbaut, Lücken
                                                                schließt und neue Herausforderungen angemes-
                                                                sen berücksich­tigt, die insbesondere aus dem
                                                                Wachstum des Biomarktes und der Intensivierung
                                                                der weltweiten Handelsverflechtungen resultieren.
           EU-Rechtsvorschriften für
           den ökologischen Landbau                             Die Bundesregierung hat sich von Beginn an in­-
                                                                ten­siv in die Beratungen über den Vorschlag der
           Die Grundsätze und speziellen Vorschriften der       Euro­päischen Kommission zur Revision der
           öko­logischen Produktion sind in den EU-Rechts­-     EG-Öko-Verordnung eingebracht und mit Unter-
           vorschriften für den ökologischen Landbau            stützung des Bundestages und des Bundesrates
           fest­gelegt. Die Gewährleistung eines klaren, an­-   klare Eckpunkte für die Gestaltung der neuen Re­-
           gemesse­nen und verlässlichen europäischen           gelungen benannt. In den bisherigen Beratungen

26
KATALYSATOREN

konnte die Bundesregierung viele Anliegen in den                     Gesonderte Rückstandsschwellenwerte
Beschlussdokumenten verankern. Nun gilt es, die                      für Bioprodukte
in der gemeinsamen Position des Rates er­zielten                     Der von der Kommission geplante gesonderte
positiven Verhandlungsergebnisse min­destens                         Schwellenwert für Rückstände aus im Ökoland­bau
zu sichern und den Beratungsprozess in diesem                        nicht zugelassenen Betriebsmitteln (z. B. chemisch-
Sinne zu Ende zu führen. Nach der Eini­gung über                     synthetische Pflanzenschutzmittel) als Grenz­wert
den Basisrechtsakt ist es zudem bedeutsam, den                       für die Dezertifizierung von Bioprodukten wird
zukünftigen Rechtsrahmen für die ökologische                         abgelehnt. Die Einführung eines solchen Schwel-
Land- und Lebensmittelwirtschaft zu komplettie­-                     lenwertes wäre unangemessen und birgt unkal-
ren und möglichst bald Einigung über die Durch-                      kulierbare Risiken für alle an der Wertschöp­fung
führungsbestimmungen und die Delegierten                             beteiligten Unternehmen in sich. Um die Einhal-
Rechtsakte zu erzielen.                                              tung der Produktionsstandards noch besser zu
                                                                     kontrollieren, setzt sich das BMEL für den Ausbau
Der Revisionsprozess bietet auch die Chance, den                     und die einheitlichere Umsetzung der Kontroll­-
ökologischen Landbau qualitativ weiterzuent-                         vor­schriften sowie für eine Intensivierung des
wickeln. Der ökologische Landbau zeichnet sich                       Informationsaustauschs ein (→ Maßnahme 1).
durch einen nach Möglichkeit geschlossenen Be­-
triebskreislauf und die Nutzung systeminterner                       Einsatz von Saatgut und vegetativem
natürlicher Ressourcen und Prozesse aus. Externe                     Vermehrungsmaterial
Produktionsmittel werden nur eingeschränkt                           Gemäß den geltenden Bestimmungen für Saat­gut
verwendet und sollten aus ökologischer Produk­-                      und vegetatives Vermehrungsmaterial können
tion oder natürlichen bzw. naturgemäß gewonne-                       bei einer unzureichenden Verfügbarkeit Erzeug-
nen Stoffen stammen. Von den derzeitigen Rege­-                      nisse von Umstellungsbetrieben oder konventio­-
lungen zum Einsatz von Saatgut und Jungtieren,                       neller Herkunft verwendet werden. Diese Regelung
vegetativem Vermehrungsmaterial oder Eiweiß-                         bietet den Ökolandwirten bei ihrer Anbauplanung
futtermitteln gehen jedoch zu wenige Impulse                         eine gewisse Flexibilität, beeinträchtigt gleich-
für eine qualitative Weiterentwicklung der Öko-                      zeitig jedoch die Entwicklung eines ausreichenden
Branche aus. Die Zukunftsstrategie sieht deshalb                     Angebots von Saatgut und vegetativem Vermeh­-
vor, die Ausgestaltung dieser Rechtsbereiche pro­-                   rungsmaterial ökologischer Herkunft. Als probl­e-
blemorientiert und praxisgerecht weiterzuent-                        ma­tisch ist in diesem Zusammenhang der Umstand
wickeln und ihre Umsetzung durch flankierende                        zu bewerten, dass Ausnahmegenehmigungen
Maßnahmen zu unterstützen.                                           in der Praxis EU-weit sehr unterschiedlich erteilt
                                                                     werden.15 Angesichts erheblicher Kostenunter-
Im Folgenden werden wesentliche Bestrebungen                         schiede zwischen ökologisch und konventionell
des BMEL zur Weiterentwicklung des bestehenden                       erzeugtem Saatgut bzw. vegetativen Vermehrungs­-
Rechtsrahmens näher erläutert.                                       material können Ausnahmegenehmigungen den
                                                                     Wettbewerb verzerren. Die Bundesregierung steht
Öko-Kontrollsystem und Zertifizierung                                deshalb im Rahmen des laufenden Revisions­
Die speziellen Regelungen zur Kontrolle im öko­-                     prozesses der EG-Öko-Verordnung dafür ein, dass
lo­gischen Landbau müssen aus Sicht des BMEL in                      das Verfahren für die Erteilung von Ausnahme­
ihrer differenzierten Form in der neuen EG-Öko-                      genehmigungen EU-weit vereinheitlicht und ver­-
Verordnung erhalten bleiben und problembe­zo­gen                     bindlicher gestaltet wird (→ Maßnahme 1). Da­
weiterentwickelt werden (→ Maßnahme 1). Hierzu                       rüber hinaus begrüßt die Bundesregierung grund-
zählen u. a. eine stärkere Harmonisierung der                        sätzlich die Initiative der EU-Kommission, die
Anwendung des existierenden Rechts, der Ausbau                       Ausnahmemöglichkeiten tendenziell auslaufen zu
der risikoorientierten Kontrolle, eine bes­sere Über­-               lassen, sieht aber gleichzeitig die Notwendigkeit,
wachung der in Drittländern tätigen Kontroll-                        den Ausstieg an die Verfügbarkeit zu knüpfen und
stellen und ein effizienter Informationsaustausch                    dieses Vorhaben durch weitere flankierende Maß-
zwischen den verschiedenen Akteuren, insbeson-                       nahmen zu begleiten. Das BMEL macht sich daher
dere bei Unregelmäßigkeiten oder Verstößen.                          auf europäischer Ebene u. a. für eine Änderung

15 Sanders, J. (2013): Evaluation of the EU legislation on organic farming. Braunschweig, Thünen-Institut
   für Betriebswirtschaft.

                                                                                                                       27
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