Zukunftsstrategie ökologischer Landbau - Impulse für mehr Nachhaltigkeit in Deutschland - BMEL
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Zukunftsstrategie Zukunftsstrategie ökologischer Landbau ökologischer Landbau Impulsefür Impulse fürmehr mehrNachhaltigkeit Nachhaltigkeit in Deutschland in Deutschland Ein Beitrag zur Umsetzung der
GRUSSWORT Sehr geehrte Damen und Herren, Klimaschutz und Nachhaltigkeit gehören zu den zentralen Themen unserer Zeit. Weltweit haben sich die Menschen diesen Herausforderungen zu stellen, denn sie berühren das Leben von uns allen. Die Landwirtschaft ist wie kein anderer Wirt- schaftszweig auf natürliche Ressourcen angewiesen. Sie ist die Grundlage unserer Ernährungssicherung und damit auch einer besonders nachhaltigen Bewirtschaf- tung verpflichtet. Zur Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlage entscheiden sich immer mehr Menschen in Deutschland für Biolebensmittel. Sie unterstützen damit eine besonders ressourcenschonende und umweltverträgliche Erzeugung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln. Die kontinuierlich steigende Nachfrage kann jedoch nur teilweise mit Bioproduk- ten aus Deutschland bedient werden. Hier sprechen die Importzahlen eine deutli- che Sprache: Fast die Hälfte der Bioprodukte, die in Deutschland verkauft werden, werden importiert. Unser Ziel ist es daher, den ökologischen Landbau in Deutsch- land weiter voranzubringen. Denn er bietet auch für kleine und mittlere Betriebe gute wirtschaftliche Perspektiven und trägt somit zur Stärkung des Mittelstandes bei. Mir ist daran gelegen, dass sich die ökologisch und die konventionell wirtschaften- den Betriebe nicht als Konkurrenten wahrnehmen, sondern ihren gegenseitigen Nutzen erkennen. Denn beide leisten einen sehr wichtigen Beitrag zur Ernährungs- sicherung. Vertreter aus Praxis, Verwaltung, Beratung und Wissenschaft haben in den vergan- genen Jahren gemeinsam die „Zukunftsstrategie ökologischer Landbau“ entwickelt, die wir Ihnen in dieser Broschüre vorstellen. Denn nur gemeinsam können wir das in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung definierte Ziel erreichen: In Deutschland wollen wir auf Sicht 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaften. Die Zukunftsstrategie definiert dafür die politischen Rahmenbedingungen. Sie eröffnet Handlungsoptionen für die heimische Land- wirtschaft, die deren Teilhabe am Wachstumspotenzial des Biomarktes erheblich verbessern können. Und zwar sowohl deutschlandweit, als auch europaweit und weltweit. Wir wollen die Strategie jetzt mit Leben füllen. Dafür haben wir bereits zentrale Vorhaben deutlich vorangetrieben, wie zum Beispiel die Revision der EU-Öko-Ba- sisverordnung. Auf diesem Weg wollen wir auch in den kommenden Jahren mit vereinten Kräften weitergehen, die Konzepte überprüfen und regelmäßig neu jus- tieren. Denn es gilt, den ökologischen Landbau in Deutschland voranzubringen.. Ihre Julia Klöckner Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft 3
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU INHALT Grußwort 3 Überblick Entstehung, Zielsetzung und Inhalt der Zukunftsstrategie 6 1 2 Grundzüge der Detailkonzepte der Zukunftsstrategie Zukunftsstrategie ökologischer Landbau ökologischer Landbau Einleitung Maßnahmenkonzepte Leitplanken für eine nachhaltige zur Stärkung des ökologischen Landwirtschaft 14 Landbaus in Deutschland 46 Status quo Moderates Flächenwachstum, Anhang steigende Nachfrage, Ergänzende Informationen vielfältige Fördermaßnahmen 17 und Materialien 80 Zielsetzung 20 % Ökolandbau bleibt Impressum 98 mittelfristiges Ziel 22 Katalysatoren Handlungsfelder und Maßnahmen zur Stärkung des ökologischen Landbaus 26 Roadmap Wege zu einem nachhaltigen Wachstum der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Deutschland 39 4
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU Überblick Entstehung, Zielsetzung und Inhalt der Zukunfts strategie Was ist das Ziel Warum brauchen wir eine der Strategie? nationale Zukunftsstrategie? Die Strategie soll zur Bewältigung der ressour- cenpolitischen Herausforderungen der Landwirt- Der ökologische Landbau ist eine besonders schaft beitragen und den landwirtschaftlichen ressourcenschonende und umweltverträgliche Unternehmen in Deutschland zusätzliche Ent- Wirtschaftsform, die sich am Prinzip der Nach wicklungsperspektiven aufzeigen. Die Auswahl haltigkeit orientiert. Die Bundesregierung unter- der Handlungsfelder orientiert sich pragmatisch stützt deshalb eine Ausdehnung der ökologischen an der Leitfrage, was von politischer Seite auf Landwirtschaft in Deutschland als einen gleich nationaler Ebene getan werden kann, damit berechtigten Teil der gesamten Agrarwirtschaft. das in der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundes Mit einer festzustellenden dynamischen Markt regierung 1 verankerte Ziel „20 % Ökolandbau“ entwicklung steigt die Nachfrage der Verbrau- mittelfristig erreicht werden kann. Im Vorder- cher. Sie kann aber nur teilweise durch deutsche grund steht die Schaffung geeigneter politischer Ökoprodukte befriedigt werden. Um der ökolo- Rahmenbedingungen für die relevanten Wirt- gischen Land- und Lebensmittelwirtschaft neue schaftsbeteiligten. Zudem gibt sie einen Blick auf Wachstumsimpulse zu geben, hat Bundesminister die Durchlässigkeit der ökologischen und der Christian Schmidt 2015 die Erarbeitung einer konventionellen Produktionsweise – von einem Zukunftsstrategie ökologischer Landbau initiiert. Nebeneinander zu einem Miteinander. 1 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, Neuauflage 2016, Seite 68. 6
ÜBERBLICK 20 % ökologisch bewirtschaftete Flächen sind das Ziel Wie lief der Strategie- prozess ab? Die Entwicklung der Strategie erfolgte gemein- erstellt. Für besonders relevante oder vertiefungs- sam mit Vertretern der ökologischen Lebensmit- würdige Maßnahmen wurden dann detaillierte telwirtschaft und unter Einbeziehung der Bun- Konzepte ausgearbeitet. Die einzelnen Arbeits- desländer und der Wissenschaft. Um mögliche schritte erfolgten in enger Abstimmung mit einem Gestaltungsoptionen für ein stärkeres Wachstum Begleitkreis, der sich aus Vertretern von Verbän- zu eruieren, wurden am Anfang des Strategiepro- den und der Wissenschaft zusammensetzt. Darü- zesses verschiedene thematische Arbeitsgruppen ber hinaus fanden während des Strategieprozesses eingerichtet. Jede Arbeitsgruppe setzte sich aus zwei Tagungen statt, an denen Zwischenergebnisse Vertretern der Praxis, Verwaltung, Beratung und präsentiert und zur Diskussion gestellt wurden. Wissenschaft zusammen. Sie hat zunächst den Insgesamt haben sich rund 200 Personen aktiv an jeweiligen Status quo bewertet, den spezifischen der Erarbeitung der Zukunftsstrategie beteiligt. Mit Handlungsbedarf konkretisiert und Teilziele der Gestaltung und Koordinierung des Arbeitspro- (Handlungsfelder) benannt. Anschließend wurde zesses war das Thünen-Institut, eine wissenschaft- für jedes Handlungsfeld eine Liste mit bereits liche Ressorteinrichtung des BMEL, beauftragt. bestehenden und möglichen neuen Maßnahmen PARTIZIPATIVER 18-MONATIGER ERARBEITUNGSPROZESS DER ZÖL Begleitkreis berät und unterstützt Abstimmung Abstimmung Abstimmung ZöL BMEL Arbeitsgruppen Strategie-Forum Maßnahmen- Zukunftsstrategie Initiator und Experten aus der Zwei Tagungen konzepte des BMEL Auftraggeber Branche, Verwaltung und Wissenschaft Prozesskoordination durch das ThünenInstitut 7
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU Was sind die zentralen Sie umfassen rechtliche und finanzielle Förderins Inhalte der Strategie? trumente, Maßnahmen zur Forschungsförderung, zum Technologie- und Wissenstransfer sowie Im Mittelpunkt der Zukunftsstrategie stehen weitere konzeptionelle Aufgaben des Bundes. Sie fünf Handlungsfelder, die als nationale Schlüssel reichen damit von der problembezogenen Wei- bereiche für ein stärkeres Wachstum identifi- terentwicklung der europäischen Rechtsvor- ziert wurden und zentrale Herausforderungen der schriften für den ökologischen Landbau über die Ökobranche aufzeigen: intensivere fachliche Begleitung landwirtschaft- licher Betriebe, die sich für eine Umstellung auf 1. den Rechtsrahmen zukunftsfähig und ökologischen Landbau entscheiden, bis hin zu kohärent gestalten, einer möglichen Unterstützung von Kantinen bei 2. die Zugänge zur ökologischen Landwirtschaft ihrem Vorhaben, ihren Gästen zukünftig mehr erleichtern, Bioprodukte anzubieten. 3. das Nachfragepotenzial voll ausnutzen und weiter ausbauen, 4. die Leistungsfähigkeit ökologischer Agrar Wie soll die Umsetzung der systeme verbessern, sowie 5. die Umweltleistungen angemessen honorieren. Maßnahmen erfolgen? Die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen Mit welchen Instrumenten und Konzepten diese konzepte erfordert sehr unterschiedliche zeit- Ziele erreicht werden sollen, beschreiben und liche Perioden und operative Schritte. Bei der konkretisieren die den jeweiligen Handlungsfel- Entwicklung der Zukunftsstrategie haben die ver- dern zugeordneten 24 Maßnahmenkonzepte. In schiedenen Arbeitsgruppen hierzu Handlungs- Abhängigkeit von der identifizierten Schwach empfehlungen erarbeitet. stelle haben die jeweiligen Lösungskonzepte sehr unterschiedliche Ansatzpunkte, um der Öko Einige Maßnahmen wurden bereits in den vergan- branche zusätzliche Wachstumsimpulse entlang genen Monaten umgesetzt oder stehen schon der gesamten Wertschöpfungskette zu geben: heute im Fokus der politischen Beratungen. So be- gleitet das BMEL bereits seit Ende 2013 sehr inten- siv den Prozess zur Revision der EG-Öko-Verord- nung. Auch spezielle Vorhaben zur Stärkung der Beratung und der Ausbildung wurden gleich in HANDLUNGSFELDER DER ZUKUNFTS- der Startphase des Prozesses zur Entwicklung der STRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU Zukunftsstrategie in Angriff genommen. Dies gilt auch für Forschungsprojekte, die Lösungen für be- sonders relevante Schwachstellen, beispielsweise 1 Rechtsrahmen zukunftsfähig in der Tier- oder Pflanzenzucht, erarbeiten sollen. und kohärent gestalten Für die bisher noch nicht in der Umsetzung be- findlichen Maßnahmen werden zeitnah im BMEL 2 Zugänge zur ökologischen und in seinen nachgeordneten Behörden sowie Landwirtschaft erleichtern Ressorteinrichtungen die dafür erforderlichen Schritte in die Wege geleitet. 3 Nachfragepotenziale voll aus- Zentrale Finanzierungsinstrumente zur Verwirkli- nutzen und weiter ausbauen chung der Vorhaben der Zukunftsstrategie werden weiterhin die Titel des Bundesprogramms Ökolo- gischer Landbau und andere Formen nachhaltiger 4 Leistungsfähigkeit ökologischer Landwirtschaft (BÖLN) sowie der Eiweißpflan- Agrarsysteme verbessern zenstrategie (EPS) sein. Das BMEL setzt sich dafür ein, die Mittel des BÖLN zukünftig auf 30 Mio. € pro Jahr zu erhöhen und die Mittel für die EPS 5 Umweltleistungen angemessen in den kommenden Jahren auf dem derzeitigen honorieren Niveau von 6 Mio. € pro Jahr weiter fortzuführen. 8
ÜBERBLICK Zweitägiges „Strategie-Forum“ zur Zukunftsstrategie ökologischer Landbau im Kloster Plankstetten im Juni 2016. Welche weiteren Schritte sind geplant? Bei den fünf Handlungsfeldern und den dazu Die Meilensteine der kommenden Jahre sind in gehörigen Maßnahmen, die im zweiten Teil der einer Roadmap zusammengefasst. So ist es vorge- Strategie näher beschrieben werden, ist zu be- sehen, 2019 eine erste Zwischenbilanz zu ziehen rücksichtigen, dass die angestrebte Ausdehnung und 2022 einen Fortschrittsbericht zu verfassen, des ökologischen Landbaus nicht in wenigen der den Umsetzungsstand der einzelnen Maß Jahren im Rahmen eines einmaligen Aktionspro nahmen beurteilt. Darauf aufbauend beabsichtigt gramms erreicht werden kann. Deshalb ist die das BMEL, eine erste Neufassung der Strategie für Zukunftsstrategie ökologischer Landbau als ein den Zeitraum 2023 bis 2030 zu erarbeiten. Steuerungsprozess zu verstehen, mit dem die Rahmenbedingungen für die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft kontinuierlich optimiert werden sollen. „Ökologische Landwirtschaft ist eine wichtige Zukunftsbranche. Deshalb hat sie auch eine zentrale Position in der Nachhaltigkeits strategie der Bundesregierung.“ 9
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU Rechtliche Maßnahmen Finanzielle Maßnahmen Weitere Maßnahmen EU National BÖLN/EPS GAK BMEL Bundes behörden Rechtsrahmen M1 Europäische Produktionsvorschriften des ökologischen Landbaus zukunftsfähig problembezogen weiterentwickeln und kohärent gestalten M2 Züchtung und Erzeugung von Saatgut und vegetativem Vermehrungsmaterial für den ökologischen Landbau durch rechtliche Änderungen unterstützen M3 Potenzial wertvoller Proteinträger prüfen M4 Forschung zu alternativen Eiweißfuttermitteln ausweiten M5 Technische Verfahren zur Herstellung und Aufbereitung von proteinhaltigen Futtermitteln unterstützen M6 Demonstrationsnetzwerk für feinsamige Leguminosen etablieren und die bestehenden Netzwerke ausbauen M7 Rahmenbedingungen für den Pflanzenschutz im ökologischen Landbau verbessern M8 Hemmnisse im Immissionsschutzrecht abbauen bzw. vermeiden M9 Umsetzung der Hygieneanforderungen für Handwerksbetriebe erleichtern Zugänge zur M10 Änderung der Ausbildungsverordnung und des Rahmenlehrplans prüfen ökologischen Landwirtschaft erleichtern M11 Vernetzung und Austausch zwischen den Bildungsakteuren initiieren M12 Unterrichtsmaterialien und Unterrichtseinheiten bewerten und weiterentwickeln M13 Förderung der Umstellungsberatung für landwirtschaftliche Unternehmen ausbauen M14 Förderung der Aus- und Weiterbildung von Beratungskräften ausbauen M15 Entwicklung und Bereitstellung von Beratungsinstrumenten vorantreiben 10
ÜBERBLICK Rechtliche Maßnahmen Finanzielle Maßnahmen Weitere Maßnahmen EU National BÖLN/EPS GAK BMEL Bundes behörden Nachfragepotentiale M16 Kooperationsmanagement in Biowertschöpfungsketten fördern voll ausnutzen und weiter ausbauen M17 Förderung von Biowertschöpfungsketten im GAK-Rahmenplan ausbauen M18 Bioanteil bei der Beschaffung von Produkten im Geschäftsbereich des BMEL erhöhen M19 Informationsmaßnahme zur Steigerung des Bioanteils in der öffentlichen Beschaffung durchführen M20 Beratung zum Einsatz von ökologischen Erzeugnissen in der Außerhausverpflegung fördern Leistungsfähigkeit M21 Ökoforschungsprioritäten des Bundes festlegen und umsetzen ökologischer Agrar systeme verbessern Umweltleistungen M22 Ausreichende Mittel für die Ökoflächenförderung sicherstellen angemessen honorieren M23 Umstellungsprämie für teilumstellende Betriebe einführen M24 Gesamtkonzept zur effizienten Honorierung von Umweltleistungen entwickeln Rechtliche Maßnahmen einführen/weiterverfolgen Finanzielle Maßnahmen einführen/fortführen Maßnahmen im Bereich Forschung, Entwicklung und Wissenstransfer einführen/fortführen Weitere Aktivitäten des Bundes durchführen/fortführen 11
1 Grundzüge der Zukunftsstrategie ökologischer Landbau 12
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ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU Einleitung Leitplanken für eine nachhaltige Landwirtschaft Positive Entwicklungen So ist seit 1991 der Stickstoffüberschuss der deutschen Landwirtschaft um 30 % (–38 kg/ha) zurückgegangen, während gleichzeitig die Pro- duktionsleistung zunahm. Im gleichen Zeitraum gingen die Treibhausgasemissionen der Land- wirtschaft 2 um 15 % (–11,6 Mio. t CO2-Äq.) zurück. In beiden Fällen haben hierzu – neben einer Reduktion der Tierbestandszahlen in Ostdeutsch- Boden, Wasser, Luft – wie kaum ein anderer Wirt- land – die gestiegenen Umweltanforderungen schaftszweig ist die Landwirtschaft auf natürliche und ein verbessertes Düngemanagement beige- Ressourcen angewiesen und steht damit auch tragen. Eine ebenfalls positive Entwicklung zeigt in der besonderen Verantwortung, diese nachhal- sich bei den Pflanzenschutzmitteln. Obwohl tig zu bewirtschaften. Eine nachhaltige Ressourcen- der Inlandsabsatz von Pflanzenschutzmittelwirk- nutzung stellt sich in einer Marktwirtschaft stoffen in Deutschland seit den 1990er-Jahren allerdings nicht von selbst ein. Es bedarf hierfür leicht angestiegen ist, finden sich immer weniger politischer Leitplanken. Die UNO-Agenda 2030 Wirkstoffe im Grundwasser. Zwischen 2009 und und die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie bieten 2012 wurden bei weniger als 5 % der durchgeführ- mit dem Leitprinzip einer nachhaltigen Entwick- ten Beprobungen im oberflächennahen Grund- lung einen solchen Orientierungsrahmen. Mit wasser erhöhte Pflanzenschutzmittelfunde regis- ihrem agrarpolitischen Leitbild hat die Bundes- triert. Im Zeitraum 1990 bis 1995 lag der Anteil regierung diesen weiter konkretisiert und durch noch bei rund 10 % 3. Dazu haben insbesondere ihr Handeln dazu beigetragen, dass die deutsche neue gesetzliche Anwendungsbestimmungen Landwirtschaft ihre Ressourceneffizienz in den bzw. eine effizientere Verwendung der Pflanzen- vergangenen Jahren erheblich steigern konnte. schutzmittel beigetragen. 14
EINLEITUNG soll die Landwirtschaft nur noch ca. 35 Mio. t Der ökologische Landbau CO2-Äq. emittieren und muss damit rund die Hälfte ihrer bisherigen Emissionen einsparen. trägt zur biologischen Die ressourcenpolitischen Herausforderungen der Vielfalt bei. Landwirtschaft können nur dann bewältigt wer- den, wenn dabei sowohl die Nutzung als auch die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlage im Herausforderungen Mittelpunkt des Handelns stehen. Ziel muss es Auch wenn die Richtung stimmt, reichen die sein, die vielen verschiedenen Aspekte der Nach- bisherigen Fortschritte noch nicht aus. Um eine haltigkeit, die teilweise auch in Konflikt zueinander nachhaltige Ressourcennutzung sicherzustellen stehen, weiterzuentwickeln. Die zunehmende und die agrarumweltpolitischen Ziele der Bun- Ressourcenknappheit, häufiger auftretende Wetter desregierung zu erreichen, bedarf es weiterer An kapriolen, steigende gesellschaftliche Ansprüche strengungen. So liegt der Stickstoffüberschuss an die Landwirtschaft und die Schwankungen der Landwirtschaft mit 92 kg/ha landwirtschaft- der Agrarpreise machen deutlich, dass diese Auf- lich genutzter Fläche immer noch deutlich über gabe immer komplexer und anspruchsvoller wird. dem angestrebten Zielwert von 80 kg/ha 4. Auf- Zur Bewältigung bieten sich weder einfache Ant- grund internationaler Verpflichtungen der NERC- worten noch Strategien an, die nur auf einen Richtlinie muss Deutschland seine Ammoniak Lösungsansatz setzen. Für die Politik geht es viel- emissionen bis 2020 um 5 %, bis 2030 um 29 % mehr darum, unterschiedliche, aber kohärente gegenüber dem Jahr 2005 reduzieren. Darüber Strategieansätze zu entwickeln, die zu mehr Nach- hinaus konnte bislang auch noch keine Reduzie haltigkeit führen, ohne die Wettbewerbsfähigkeit rung der Gewässernitratbelastung festgestellt der Agrarwirtschaft zu gefährden. werden, so dass weitere Anstrengungen notwen- dig sind, um auch europäische Vorschriften, Potenzial des ökologischen Landbaus wie z. B. die der EG-Nitratrichtlinie oder der EG- In diesem Zusammenhang sieht die Bundesregie- Wasserrahmenrichtlinie, zu erfüllen. rung im ökologischen Landbau eine Form der Landnutzung, der ein erhebliches Potenzial zur Der Trend abnehmender Biodiversität in der Bewältigung der skizzierten Herausforderungen Agrarlandschaft konnte trotz der Ausweisung von zugeschrieben werden kann, auch wenn er nicht Schutzgebieten (FFH, Natura 2000) und verschie- per se klimaverträglicher ist.6 Der ökologische dener Agrarumweltmaßnahmen bisher nicht ge- Landbau berücksichtigt bei der Produktion in be- bremst werden. Dies zeigen Monitoring-Ergebnisse sonderer Weise die Belastungsgrenzen natürlicher im Rahmen der Nationalen Strategie zur biologi- Kreisläufe, trägt zu einem hohen Niveau der bio- schen Vielfalt, wonach der festgelegte Zielwert für logischen Vielfalt bei und erfüllt hohe Tierschutz die Artenvielfalt und Landschaftsqualität bisher anforderungen. Die Leistungen des Ökoland- deutlich verfehlt wurde 5. Erhebliche Anstrengun- baus genießen in weiten Teilen der Bevölkerung gen sind auch mit der Erreichung des bundes- eine hohe Anerkennung. Nach Ergebnissen einer deutschen Klimaschutzplans verbunden. Bis 2050 aktuellen infas-Umfrage achtet ein Viertel der 2 Unter Berücksichtigung der indirekten Treibhausgasemissionen (Quellgruppen 4 B und 4 C der Treibhaus gasberichterstattung) haben sich Emissionen der Landwirtschaft zwischen 1990 und 2014 um 11 % bzw. 13,1 Mio. t CO2-Äq. reduziert. 3 BMUB (2015): Indikatorenbericht 2014 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt. Berlin, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). → Weblink: http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/wawi_ teil_02_2014_web_korr_25.7.2014_2.pdf 4 Drei-Jahres-Mittel (1990–92, 2012–14). Siehe Julius Kühn-Institut (2016): Stickstoff-Bilanzen für die Land wirtschaft in Deutschland. Zeitreihe 1990 bis 2014. Zusammenfassung und Anmerkungen zum Bilanzjahr 2014. 5 BMUB (2015): Indikatorenbericht 2014 zur Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt. Berlin, Bundes ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). → Weblink: http://www.bmub. bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/indikatorenbericht_biologische_vielfalt_2014_bf.pdf 6 Wissenschaftlicher Beirat Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlicher Verbraucherschutz und Wissen schaftlicher Beirat Waldpolitik beim BMEL (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzverwendung. Gutachten. Berlin. 15
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU 1 /4 der Deutschen achten beim Lebensmitteleinkauf gezielt auf Bioprodukte Praxis beigetragen und sind heute auch für die konventionelle Landwirtschaft relevant. Die Bedeutung des ökologischen Landbaus spiegelt sich in der Tatsache wider, dass die Bundesregie rung in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie einen Ökoflächenanteil von 20 % an der landwirtschaft- lichen Gesamtfläche anstrebt und dieses Ziel mit ihrem Klimaschutzplan 2050 bekräftigt hat. Mit einem Anteil von derzeit rund 6 % wurde dieses Befragten in Deutschland beim Einkauf von Le- Ziel trotz einer gestiegenen Nachfrage nach öko- bensmitteln mittlerweile gezielt auf Bioprodukte; logischen Erzeugnissen bisher noch nicht erreicht. weitere 46 % tun dies gelegentlich.7 Mit einer Es ist absehbar, dass ohne zusätzliche politische jährlichen Umsatzsteigerung von durchschnitt- Impulse eine deutliche Ausdehnung des Ökoland lich 8 % ist der Biosektor seit vielen Jahren ein baus in Deutschland nicht realisiert werden kann. dynamischer Wachstumsmarkt.8 Es ist deshalb Mit der vorliegenden Zukunftsstrategie ökologi nicht überraschend, dass die Wertschöpfung in scher Landbau soll deshalb der Blick auf die öko- der Bio-Branche besonders hoch ist 9 und sie zur nomischen und politischen Rahmenbedingungen Vitalisierung ländlicher Räume beiträgt.10 für den Ökolandbau in Deutschland gerichtet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit und die Pro- Der ökologische Landbau gilt deshalb als eine duktivität des Sektors zu stärken und zu einem relevante Schlüsseltechnologie auf dem Weg zu nachhaltigeren Umgang mit den natürlichen Le- mehr Nachhaltigkeit und wird vom Rat für bensgrundlagen beizutragen. Dabei ist die Vergrö- Nachhaltige Entwicklung als „Goldstandard der ßerung des Bioanteils in der landwirtschaftlichen Nachhaltigkeit“ bezeichnet. Für die Bundesregie Produktion grundsätzlich von der Nachfrage der rung leistet der ökologische Landbau einen wesent- Verbraucher abhängig. In diesem Sinne ist die lichen Beitrag zum Erreichen ihres agrarpoliti politische Unterstützung die Stärkung eines selbst- schen Leitbilds. Hervorzuheben ist in diesem tragenden Aufschwungs, der keine neue Abhän- Zusammenhang auch seine Innovationsleistung gigkeit von staatlichen Leistungen generiert. Damit für die gesamte Landwirtschaft. Ökologische ist die Strategie ein wichtiger nationaler Bau- Lösungskonzepte, wie beispielsweise der gezielte stein der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und Einsatz von Kompost für den Humusaufbau oder ein Lösungsansatz, um die ressourcenpolitischen der vorbeugende Pflanzenschutz durch stand- Herausforderungen der Landwirtschaft zu bewäl- ortangepasste Anbausysteme, haben zur Weiter tigen und zusätzliche Entwicklungsperspektiven entwicklung der guten landwirtschaftlichen für die Landwirtschaft aufzuzeigen. 7 infas (2016): Ökobarometer 2016. Bonn, infas. → Weblink: http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/ Ernaehrung/Oekobarometer2016.pdf?__blob=publicationFile 8 Zwischen 2005 und 2015 lag das jährliche Umsatzwachstum der ökologischen Lebensmittelbranche bei 8 %. Siehe AMI (2016): AMI Markt Bilanz Öko-Landbau 2016. Bonn, Agrarmarkt Informations-Gesellschaft. 9 Sanders et al. (2016): Distribution of the added value of the organic food chain. Braunschweig, Thünen Institute of Farm Economics. 10 Von Münchhausen, S., et al. (2006): Beitrag des ökologischen Landbaus zur Entwicklung ländlicher Räume: Fallstudien in verschiedenen Regionen Deutschlands. Bonn, Geschäftsstelle Bundesprogramm Ökologischer Landbau in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. → Weblink: http://orgprints.og/10684/1/ 10684-02OE192-ble-ifls-2006-laendliche_entwicklung.pdf 16
Status quo Moderates Flächenwachs tum, steigende In Deutschland wirtschafteten Ende des Jahres 2015 insgesamt 24.736 landwirtschaftliche Be- Nachfrage triebe auf rund 1,08 Mio. ha Fläche nach den EU- Rechtsvorschriften für den ökologischen Land- und vielfältige Förder- bau. Das entspricht einem Anteil von 8,7 % der Betriebe und 6,5 % der gesamten landwirtschaft- lichen Nutzfläche. Rund 600.000 ha werden als Grünland genutzt. Die ökologische Ackerfläche umfasst 445.000 ha. Die restliche Fläche entfällt auf Obst- und Gemüsekulturen sowie Streuobst- maßnahmen flächen. Innerhalb Deutschlands ist die ökologisch bewirtschaftete Fläche regional sehr unterschied- lich verteilt. Der relative Flächenanteil variiert zwischen 13 % im Saarland bzw. ca. 12 % in Hessen und weniger als 3 % in Niedersachsen. Absolut betrachtet liegen die Produktionsschwerpunkte in Süddeutschland (Bayern: 229.881 ha, Baden- etwas stärker zu als die Öko-Ackerfläche (2 %). Württemberg: 130.436 ha) und Nordostdeutschland Regional hat der Ökoflächenanteil besonders in (Brandenburg: 135.942 ha, Mecklenburg-Vorpom- Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz mern: 125.512 ha). Auf diese vier Bundesländer und Hessen zugenommen. Rund 70 % der zwi- entfallen rund 60 % der ökologisch bewirtschaf schen 2005 und 2015 umgestellten Fläche befin- teten Fläche in Deutschland. den sich in den vier Ländern. Jährlicher Zuwachs der ökologisch Betrachtet man die relative Wachstumsdynamik bewirtschafteten Fläche zwischen 2005 und 2015 in Deutschland, sticht die Die Entwicklung des ökologischen Landbaus ist Entwicklung in Rheinland-Pfalz mit einem jährli- in Deutschland durch eine kontinuierliche Aus chen Wachstum von durchschnittlich 11 % hervor. dehnung der ökologisch bewirtschafteten Fläche Überdurchschnittliche Wachstumsraten verzeich- gekennzeichnet. In den letzten zehn Jahren lag neten auch Sachsen und Bayern mit jeweils 5 % der jährliche Zuwachs im Durchschnitt bei rund sowie Hessen mit 4 %. Im Gegensatz dazu nahm die 3 % bzw. 28.000 ha. Mit durchschnittlich 4 % nahm Ökofläche in Brandenburg (0,5 %) und Mecklen- das ökologisch bewirtschaftete Grünland pro Jahr burg-Vorpommern (1,0 %) nur geringfügig zu.11 11 Weitere Informationen zur Entwicklung des ökologischen Landbaus in Deutschland sind im Anhang A1 aufgeführt. 17
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU AUSBREITUNG DES ÖKOLOGISCHEN LANDBAUS IN DEUTSCHLAND Anteil der Öko-Fläche an LF-Gesamt, 2015 Regionaler Flächenzuwachs 2005–2015 %-Anteil an Bayern LF-Gesamt BadenWürttemberg
24.736 Deutschland ist nicht nur der mit Abstand wich- tigste Biomarkt in Europa, sondern zählt weltweit auch zu den Absatzmärkten mit den größten Umsatzzuwächsen. Etwa ein Drittel der in Europa erzielten Bioumsätze entfallen mittlerweile auf Bio-Betriebe wirtschafteten Ende Deutschland. In den letzten Jahren ist insbeson- des Jahres 2015 auf rund 1,08 Mio. Hektar dere die Nachfrage nach Geflügelfleisch, Speiseöl, Fläche in Deutschland Eiern, Rind- und Schweinefleisch sowie Konsum- milch aus ökologischer Erzeugung stark gestiegen. Aufgrund einer nur moderaten Produktionsaus- dehnung konnte zuletzt das einheimisch erzeugte Dynamische Nachfrage nach Angebot bei vielen Produkten mit der wachsen- Bioprodukten den Nachfrage nach ökologischen Erzeugnissen Im Vergleich zur Produktion entwickelte sich der nicht mithalten. Allerdings können je nach Pro- Markt für ökologische Lebensmittel in Deutsch- dukt deutliche Unterschiede beobachtet werden. land in den letzten Jahren wesentlich dynami- Während beispielsweise bei Eiern die inländische scher. Zwischen 2005 und 2015 wuchs der Markt Produktion gestiegen und der Importanteil ge- jährlich um durchschnittlich 8 %. Im Jahr 2015 sunken ist, kommen ökologisch erzeugte Acker- betrug der Umsatz mit ökologischen Erzeugnis- früchte, insbesondere für die Futterproduktion, sen in Deutschland 8,62 Mrd. €. Dies entspricht zunehmend aus dem Ausland. jährlichen Pro-Kopf-Ausgaben für Bioprodukte von 105 € und einem Anteil von 4,7 % am Lebens- Förderung des ökologischen Landbaus mittelmarkt auf Einzelhandelsebene. Nicht be- durch Bund und Länder rücksichtigt sind Öko-Anteile in der Außerhaus- Die steigende Nachfrage nach ökologischen Er verpflegung (Verpflegungsdienstleistungen). Die zeugnissen war in den letzten Jahren ein wichtiger Verkaufserlöse der Biolandwirte lagen 2015 bei Motor für die Entwicklung des ökologischen 1,81 Mrd. € bzw. 1.662 €/ha. Zwischen 2008 und Landbaus. Wesentlich beeinflusst wurde die Aus- 2015 nahm der durchschnittliche ha-Erlös um breitung auch durch die Förderpolitik der Länder rund 469 € zu (inflationsbereinigt um 369 €). Im und des Bundes. Seit 1989 wird der ökologische Jahr 2016 konnte der Umsatz nochmals deutlich Landbau in Deutschland bundesweit mit öffent- gesteigert werden. Nach aktuellen Berechnungen lichen Mitteln gefördert. Das Förderspektrum und Schätzungen von Marktexperten lag dieser wurde in dieser Zeit zunehmend verbreitert und 2016 bei 9,48 Mrd. €. Dies entspricht einem Anteil erstreckt sich mittlerweile auf die gesamte Wert- von 5,04 % am Lebensmittelmarkt. schöpfungskette. 19
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU 600.000 Hektar werden im Ökolandbau als Grünland genutzt, die ökologische Ackerfläche umfasst 445.000 Hektar Innerhalb des bestehenden Maßnahmenbündels kommt der flächenbezogenen Förderung, die für die Einführung bzw. Umstellung und Beibehaltung einer ökologischen Wirtschaftsweise gewährt wird, nach wie vor die größte Bedeutung zu. 2014 tum von Angebot und Nachfrage zu schaffen. Im wurden hierfür öffentliche Mittel (EU, Bund, Rahmen des BÖLN beteiligt sich der Bund an der Länder) in Höhe von rund 160 Mio. € verausgabt. Finanzierung zahlreicher (a) Informationsange Darüber hinaus werden Ökobetriebe im Rahmen bote und Messeauftritte der Branche, (b) Bildungs- der Entwicklungsprogramme des ländlichen und Beratungsmaßnahmen sowie (c) Vorhaben Raums (ELER) durch höhere Zuschüsse für Stall- in den Bereichen Forschung, Technologieentwick- bauinvestitionen sowie durch Beratungs- und lung und Wissenstransfer.12 Hierzu zählen auch Fortbildungsmaßnahmen unterstützt. Der Bund die 2017 erstmals stattfindenden bundesweiten beteiligt sich an der Finanzierung dieser Maß- Öko-Feldtage13 sowie ein Ökolandbau-Special auf nahmen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe den DLG-Feldtagen. Über die gesamte ökologische „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten- Wertschöpfungskette greifen die verschiedenen schutzes“ (GAK). Arbeitsfelder ineinander. Dabei stehen der Aus- tausch und die zielgruppenspezifische Übertragung Darüber hinaus wird der ökologische Landbau von Wissen im Vordergrund. Im Bundeshaushalt auf Bundesebene insbesondere durch das 2001 ein- 2017 stehen 20 Mio. € für das BÖLN zur Verfügung. geführte Bundesprogramm Ökologischer Land bau unterstützt. Das Programm, das 2010 für Neben dem Bundesprogramm stellt das staatliche andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft ge- Bio-Siegel eine weitere wichtige Maßnahme des öffnet wurde und seitdem als BÖLN bezeichnet Bundes zur Förderung des ökologischen Landbaus wird, verfolgt das Ziel, die Rahmenbedingungen dar. Das sechseckige Logo, mit dem ökologische für die nachhaltige und ökologische Land- und Erzeugnisse ausgelobt werden können, die nach Lebensmittelwirtschaft zu verbessern und die Vor- den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen aussetzungen für ein gleichgewichtiges Wachs- Landbau produziert und kontrolliert wurden, schafft Transparenz und ist beim Einkaufen eine verlässliche Orientierungshilfe. Es gehört mittler- weile zu den bekanntesten und häufigsten Siegeln in der deutschen Lebensmittelkennzeichnung. Die Nutzung des Bio-Siegels wurde bislang von rund 5.000 Unternehmen zur Kennzeichnung von rund 76.000 Produkten angezeigt. Das Bio-Siegel kann auch zusammen mit dem vom BMEL eben- Bio-Siegel zur Kenn Regionalfenster zur falls finanziell unterstützten Regionalfenster zeichnung ökologischer Kennzeichnung der Produkte lokalen Herkunft verwendet werden, um die Herkunft der Produkte aus einer definierten Region hervorzuheben. 12 Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN). → Weblink: https://www.bundesprogramm.de/was-wir-tun/ 13 → http://www.oeko-feldtage.de/ 20
STATUS QUO REGIONALE ÖKOAKTIONSPLÄNE UND ANGESTREBTE FLÄCHENAUSDEHNUNG Ökoflächenanteil 2015 und angestrebter Flächenanteil Bundesländer mit Ökoaktionsplänen 20 % 2015 Ziel 13 % 12 % 10 % 9,4 % 7,3 % 4,9 % 4,2 % Ökoaktionsplan ohne Flächenziel Bayern Mecklenburg Sachsen Thüringen Vorpommern Anhalt Ökoaktionsplan mit Flächenziel Quelle: Thünen Institut Neben der Mitgestaltung des Rechtsrahmens auf Eiweißpflanzenstrategie, das Programm zur Inno- EU-Ebene verbessert der Bund die rechtlichen vationsförderung sowie das Programm zur Förde- Rahmenbedingungen des ökologischen Landbaus rung nachwachsender Rohstoffe. Darüber hinaus in Deutschland maßgeblich durch verschiedene tragen die Arbeiten der BMEL-Ressortforschungs- verwaltungsrechtliche Aktivitäten. Mit dem Öko- einrichtungen, wie das Thünen-Institut, das Landbaugesetz wurden die Vollzugsaufgaben in Julius-Kühn-Institut oder das Friedrich-Loeffler- Deutschland gebündelt und ein einheitlicher und Institut, maßgeblich zu Innovationen und Fort- effizienter Vollzug der EG-Öko-Verordnung wurde entwicklungen im ökologischen Landbau bei. gewährleistet. Der Bund ist in diesem Zusammen- hang zuständig für die Zulassung von Öko-Kontroll- Die Bundesländer unterstützen den Ökolandbau stellen und engagiert sich im Rahmen der Bund- nicht nur durch die ELER-Maßnahmen, sondern Länder-Zusammenarbeit für eine kontinuierliche auch durch die Einführung oder Erweiterung Verbesserung des nationalen Kontrollsystems. ökospezifischer Bildungseinrichtungen (z. B. Öko- fachschulen) und Weiterbildungsangebote sowie Europäische Regelungen haben erheblichen Ein- eine stärkere Berücksichtigung des ökologischen fluss auf die Marktentwicklung im Ökosektor. Landbaus in der landwirtschaftlichen Ausbildung. Deswegen legt die Bundesregierung großen Wert Ein weiteres Maßnahmenbündel der Länder be- auf Wettbewerbsgleichheit durch ein verbindli- steht aus ergänzenden Aktivitäten zur Weiterent- ches Kontrollsystem für Ökoprodukte, unabhän- wicklung der Ökoverarbeitung und -vermarktung gig von deren Herkunft. Im Rahmen der Revision sowie zur Ausweitung der Verbrauchernachfrage der EG-Öko-Verordnung hat die Stärkung und nach Biolebensmitteln. Zu den geförderten Maß- Harmonisierung des Kontrollregimes daher für nahmen zählen beispielsweise die Präsenz auf die Bundesregierung große Bedeutung. Fachmessen, Projekte zur Entwicklung von Pro- dukten oder regionalen Wertschöpfungsketten Weitere Förderaktivitäten von Bund sowie Marketing- und Kommunikationsmaßnah- und Ländern men für Bioprodukte. Regionale Biokennzeichen Neben für den Ökolandbau spezifischen Förder- haben Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und programmen profitiert die Biobranche auch Mecklenburg-Vorpommern entwickelt und Mittel von zahlreichen anderen Aktivitäten und Förder- zu deren Bekanntmachung bereitgestellt. In neun programmen des BMEL, mit denen u. a. auch das Bundesländern wurden die Fördermaßnahmen Tierwohl und die nachhaltige Ressourcennut- in Form eines regionalen Aktionsplans gebündelt, zung verbessert werden sollen. Zu nennen sind in mit dem der regionalen Biolandwirtschaft gezielt diesem Zusammenhang insbesondere das Modell- neue Wachstumsimpulse gegeben werden sollen. und Demonstrationsvorhaben Tierschutz, die 21
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU Zielsetzung 20 % Ökoland bau bleibt mittelfristiges Ziel Landbaus weiter auszubauen. Darüber hinaus soll mit dem vorliegenden Konzept dazu beigetragen werden, dass sich noch stärker als bisher insbeson- dere klein- und mittelständisch strukturierten land- wirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland eine alternative Entwicklungsperspektive eröffnet. Der Ausbau der ökologisch bewirtschafteten Das Ziel, den Ökoflächenanteil auf 20 % auszu- Fläche ist nur ein Element in der Umsetzung der bauen, zählt – wie eingangs dargelegt – zu den Nachhaltigkeitsziele und in der Stärkung der agrarpolitischen Nachhaltigkeitszielen der Bundes Struktur der landwirtschaftlichen Produktion. Es regierung 14 und ist deshalb auch ein Leitziel der ist kein Verdrängungswettbewerb, sondern Chan- Zukunftsstrategie ökologischer Landbau. Dabei cennutzung, die hier Platz greift. Denn die Aus- soll das angestrebte Wachstum mit einer quali weitung kann nur nach dem Prinzip der freiwilli- tativen Weiterentwicklung des ökologischen Land- gen unternehmerischen Entscheidung und nicht baus einhergehen. Ziel ist es, einen ökologischen nach planwirtschaftlichem Denken stattfinden. Landbau zu stärken, der eine Antwort auf die vielfältigen umwelt- und ressourcenpolitischen Trotz der zahlreichen Förderinstrumente, der stei- Herausforderungen unserer Zeit bietet. Folglich genden landwirtschaftlichen Umsatzerlöse und geht es bei der Zukunftsstrategie auch darum, der günstigen Marktentwicklung liegt der Anteil das Nachhaltigkeitspotenzial des ökologischen der ökologisch bewirtschafteten Fläche mit 11 Nachhaltigkeitsbericht der Bundesregierung. 22
ZIELSETZUNG ENTWICKLUNG DES ÖKOLOGISCHEN LANDBAUS IN AUSGEWÄHLTEN EU-MITGLIEDSLÄNDERN Ökofläche Ökoflächen- Flächenzuwachs Ökoflächen- 2015 anteil 2015 2010–2015 ziel ha % ha % % Österreich 552.141 20,3 13.931 2,6 20 + X Schweden 518.983 17,1 80.290 18,3 20 Estland 155.806 15,7 34.237 28,2 20 Finnland 225.235 9,9 56.067 33,1 20 Slowenien 42.188 8,9 11.499 37,5 20 Spanien 1.968.570 8,2 353.523 21,9 – Deutschland 1.088.838 6,5 98.136 9,9 20 Frankreich 1.322.911 4,8 477.469 56,5 8 Polen 580.731 4,0 58.761 11,3 – Quelle: EUROSTAT, BLE rund 6 % noch deutlich unter der angestrebten Bereits in seinem ersten Aktionsplan hatte sich Zielmarke von 20 %. Die Flächennutzung ist daher das Land 2001 das Ziel gesetzt, dass ein Fünftel der nur ein Parameter. Ziel ist es gleichermaßen auch, Agrarfläche ökologisch bewirtschaftet werden den Marktanteil von Ökoprodukten schrittweise sollte. Diese Zielmarke konnte 2015 erreicht wer- zu erhöhen. den. Ausschlaggebend hierfür war neben einer positiven Marktentwicklung eine umfassende För- Entwicklung in anderen EU-Ländern derung der ökologischen Wirtschaftsweise. So Die Entwicklungen in verschiedenen europäi wurde der Ökolandbau seit den 1990er-Jahren von schen Mitgliedstaaten (Frankreich, Estland, Seiten der Regierung als eine Möglichkeit zur Ein- Schweden) zeigen, dass der Ökolandbau auch kommensabsicherung gesehen und durch eine dynamischer wachsen kann. Abfolge von Aktionsplänen forciert. Insbesondere für Betriebe in Regionen mit einem standortbe- Das Beispiel Österreich macht deutlich, dass sich dingt niedrigen Ertragspotenzial wurden dadurch ökologische und konventionelle Landwirtschaft günstige Voraussetzungen für eine Umstellung nebeneinander entwickeln können, vor allem geschaffen. Eine vergleichbare Ausdehnung wie in in Regionen mit standortbedingt niedrigerem Österreich streben zurzeit neben Deutschland Ertragspotenzial. Gerade dort ist der Ökolandbau auch Schweden, Slowenien, Estland und Finnland Element der Einkommensabsicherung und an, die sich ebenfalls einen Ökoflächenanteil von ein Beitrag zur Erhaltung der Kulturlandschaft. 20 % zum Ziel gesetzt haben. 23
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU HANDLUNGSFELDER Landwirte 30.000 müssten auf ökologische →→ Rechtsrahmen zukunftsfähig und kohärent gestalten: Die Grundsätze und speziellen Vor- – Bewirtschaftung schriften der ökologischen Produktion sind in den EU-Rechtsvorschriften für den öko- 40.000 umstellen logischen Landbau festgelegt, die neben den allgemein geltenden Rechtsbestimmungen für das 20 %- bei Produktionsentscheidungen zu berück- Ökoflächen-Ziel sichtigen sind. Um eine deutliche Zunahme der Betriebsumstellungen zu ermöglichen, gilt es, einen zukunftsfähigen und kohärenten Rechtsrahmen festzusetzen und dadurch rechtliche Wachstumsbarrieren zu beseitigen Umstellungsbedarf und Neujustierung bzw. zu verhindern. Neben den spezifischen der Rahmenbedingungen Rechtsregelungen für den ökologischen Land- Eine entsprechende Ausdehnung würde in bau ist auch der Gestaltung horizontaler Rechts- Deutschland eine Verdreifachung der ökolo- vorschriften große Bedeutung beizumessen. gisch bewirtschafteten Fläche bedeuten. Hierfür müssten schätzungsweise weitere 30.000 bis →→ Zugänge zur ökologischen Landwirtschaft 40.000 Landwirte ihren Betrieb auf eine ökologi- erleichtern: Der Einstieg in den ökologischen sche Wirtschaftsweise umstellen. Aus heutiger Landbau wird nach wie vor durch unzurei- Sicht wäre dies ein großer Schritt, der nur mittel- chendes Wissen erschwert. Um Landwirten fristig möglich erscheint, und erfordert, dass die eine nüchterne Abwägung von Chancen und Nachfrage nach ökologischen Erzeugnissen deut- Risiken zu ermöglichen, sie auf dem häufig scher Herkunft in den nächsten Jahren weiter komplizierten Weg der Umstellung fachlich dynamisch zunimmt. Ergänzend hierzu bedarf es zu begleiten und ihnen die besonderen Kennt- einer Neujustierung der bestehenden politischen nisse des ökologischen Landbaus zu vermit- Rahmenbedingungen, die mehr umfassen sollte teln, gilt es, die Zugänge zum ökologischen als eine Fortschreibung der heutigen ökospezi- Landbau zu erleichtern. Eine stärkere Integra- fischen Instrumente. Was bedeutet das konkret? tion von Lerninhalten mit Bezug zum ökolo Und was muss insbesondere auf nationaler Ebene gischen Landbau in die berufliche Bildung geschehen, damit der Ökolandbau sein Potenzial sowie ein Ausbau der Beratungsangebote sind besser ausnutzen kann? deshalb anzustreben. Der Bund wird dies durch flankierende Maßnahmen unterstützen. Das BMEL hat zusammen mit der ökologischen und konventionellen Lebensmittelwirtschaft, der →→ Nachfragepotenziale voll nutzen und weiter Wissenschaft und unter Beteiligung der Länder ausbauen: Eine deutliche Steigerung der öko- fünf zentrale Handlungsfelder identifiziert, die die logischen Produktion wird nur dann selbst bestehenden Fördermaßnahmen ergänzen und tragend und nachhaltig sein, wenn auch die auf nationaler Ebene einen substanziellen Beitrag Nachfrage deutlich zunimmt. Es ist deshalb zu einer weiteren Ausdehnung des ökologischen für die weitere Entwicklung des ökologischen Landbaus leisten können: Landbaus entscheidend, dass die Branche das Nachfragepotenzial nach Bioprodukten voll ausschöpft und weiter ausbauen kann. Durch flankierende Maßnahmen kann der Bund diesen Prozess unterstützen. 24
ZIELSETZUNG →→ Leistungsfähigkeit ökologischer Agrarsys- Mit der vorliegenden Zukunftsstrategie ökologi teme verbessern: Die Leistungsfähigkeit des scher Landbau zeigt das BMEL auf, welchen kon- ökologischen Landbaus hat einen erheblichen kreten Beitrag der Bund in den nächsten Jahren Einfluss auf seine relative Wettbewerbsfähig- leisten wird, um die Rahmenbedingungen für keit und damit auch auf seine ökonomische eine weitere Ausdehnung des ökologischen Land- Attraktivität. Ziel muss es sein, neben einer Stei- baus zu verbessern. Dabei gilt es zu berücksich- gerung der Leistungsfähigkeit zugleich auch tigen, dass eine Ausdehnung des ökologischen seine relative ökologische Vorzüglichkeit zu Landbaus nicht zentral planbar und steuerbar ist. verbessern. Wenn das gelingt, stellt der Öko- Es wird die individuelle Entscheidung der Land- landbau einen zentralen Baustein zur Lösung wirte bleiben, wie sie ihre Höfe bewirtschaften, übergeordneter Herausforderungen unserer und es wird die individuelle Entscheidung der Ver- Zeit dar. Um dies zu ermöglichen, gilt es, ökolo- braucher sein, welche Produkte sie bevorzugen. gische Produktionssysteme durch eine Aus- Folglich werden in erster Linie die Anstrengungen weitung der Forschungs- und Entwicklungs- der Wirtschaftsbeteiligten für die weitere Aus- aktivitäten zu optimieren. Damit die neuen dehnung des ökologischen Landbaus ausschlag- Erkenntnisse möglichst schnell in der Praxis gebend sein. Die Aufgabe der Politik ist es, diese angewendet werden, ist einem effizienten Bemühungen durch verlässliche und wachstums- Wissenstransfer große Bedeutung beizumes- orientierte Rahmenbedingungen zu stimulieren sen. Zudem muss die Vernetzung von öko und zu unterstützen. logischem und konventionellem Landbau verbessert werden. Neben dem Bund spielen dabei auch die Bundes- länder eine wichtige Rolle. Durch die Gestaltung →→ Umweltleistungen angemessen honorieren: der ländlichen Entwicklungsprogramme, die Ökologisch wirtschaftende Betriebe erbringen Arbeit der Kontrollbehörden sowie die Verantwor- zahlreiche positive Umweltleistungen, denen tung für die Offizialberatung und die berufliche ein erheblicher ökonomischer Wert zuge- Bildung beeinflussen die Länder maßgeblich schrieben werden kann. Um diese Leistungen die politischen Rahmenbedingungen für den öko- angemessen honorieren zu können, sind die logischen Landbau in Deutschland. Auch die bestehenden Fördersysteme zu prüfen und ggf. Kommunen haben die Möglichkeit, die Rahmen- zu ergänzen. bedingungen für die Entwicklung des ökologi- schen Landbaus, insbesondere in ihren jeweiligen Regionen, mitzugestalten. Mit dem bundesweiten Netzwerk der sogenannten Bio-Städte ist bereits Die oben skizzierten Handlungsfelder werden in ein wichtiger Schritt gemacht. Schließlich ist auch den nachfolgenden Kapiteln im Detail beschrie- die Europäische Union mit ihren Institutionen, ben und mit konkreten Maßnahmen unterlegt. die über die Rechtsvorschriften für den ökologi- In Ergänzung zu den bestehenden Förderinstru- schen Landbau und die gemeinsame Agrarpolitik menten sollen die ausgewählten Maßnahmen wie entscheiden, ein zentraler Akteur. Deshalb wird Katalysatoren wirken und die bisherige Entwick- die eigentliche Herausforderung der Zukunftsstra- lung beschleunigen. Die Maßnahmen verdeut tegie darin bestehen, mit allen Beteiligten einen lichen das Anliegen des BMEL, den ökologischen dynamischen Prozess zur weiteren Ausdehnung Landbau möglichst umfassend und als Bestand- des ökologischen Landbaus einzuleiten und diesen teil einer übergreifenden, kohärenten Nachhal fortlaufend zu optimieren. tigkeitspolitik für die Agrar- und Ernährungs- branche zu unterstützen. Das Augenmerk richtet sich dabei also nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern schließt alle Stufen der Wertschöpfungs- kette mit ein. 25
ZUKUNFTSSTRATEGIE ÖKOLOGISCHER LANDBAU Katalysatoren Handlungs felder und Maß nahmen zur Stärkung des ökologischen Landbaus Rechtsrahmens ist ein wichtiges Instrument zur Förderung des ökologischen Landbaus. Er trägt wesentlich zur Stärkung der Wettbewerbsstellung der in der Biobranche tätigen Unternehmen sowie zum Abbau und zur Vermeidung von Wett bewerbsverzerrungen sowohl auf nationaler als Handlungsfeld 1: auch auf internationaler Ebene bei. Die Revision Rechtsrahmen der EG-Öko-Verordnung ist insofern von zen traler Bedeutung für die zukünftige Entwicklung zukunftsfähig und des ökologischen Landbaus in Deutschland. Ziel muss es sein, einen Rechtsrahmen zu vereinbaren, kohärent gestalten der auf bewährten Regelungen aufbaut, Lücken schließt und neue Herausforderungen angemes- sen berücksichtigt, die insbesondere aus dem Wachstum des Biomarktes und der Intensivierung der weltweiten Handelsverflechtungen resultieren. EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau Die Bundesregierung hat sich von Beginn an in- tensiv in die Beratungen über den Vorschlag der Die Grundsätze und speziellen Vorschriften der Europäischen Kommission zur Revision der ökologischen Produktion sind in den EU-Rechts- EG-Öko-Verordnung eingebracht und mit Unter- vorschriften für den ökologischen Landbau stützung des Bundestages und des Bundesrates festgelegt. Die Gewährleistung eines klaren, an- klare Eckpunkte für die Gestaltung der neuen Re- gemessenen und verlässlichen europäischen gelungen benannt. In den bisherigen Beratungen 26
KATALYSATOREN konnte die Bundesregierung viele Anliegen in den Gesonderte Rückstandsschwellenwerte Beschlussdokumenten verankern. Nun gilt es, die für Bioprodukte in der gemeinsamen Position des Rates erzielten Der von der Kommission geplante gesonderte positiven Verhandlungsergebnisse mindestens Schwellenwert für Rückstände aus im Ökolandbau zu sichern und den Beratungsprozess in diesem nicht zugelassenen Betriebsmitteln (z. B. chemisch- Sinne zu Ende zu führen. Nach der Einigung über synthetische Pflanzenschutzmittel) als Grenzwert den Basisrechtsakt ist es zudem bedeutsam, den für die Dezertifizierung von Bioprodukten wird zukünftigen Rechtsrahmen für die ökologische abgelehnt. Die Einführung eines solchen Schwel- Land- und Lebensmittelwirtschaft zu komplettie- lenwertes wäre unangemessen und birgt unkal- ren und möglichst bald Einigung über die Durch- kulierbare Risiken für alle an der Wertschöpfung führungsbestimmungen und die Delegierten beteiligten Unternehmen in sich. Um die Einhal- Rechtsakte zu erzielen. tung der Produktionsstandards noch besser zu kontrollieren, setzt sich das BMEL für den Ausbau Der Revisionsprozess bietet auch die Chance, den und die einheitlichere Umsetzung der Kontroll- ökologischen Landbau qualitativ weiterzuent- vorschriften sowie für eine Intensivierung des wickeln. Der ökologische Landbau zeichnet sich Informationsaustauschs ein (→ Maßnahme 1). durch einen nach Möglichkeit geschlossenen Be- triebskreislauf und die Nutzung systeminterner Einsatz von Saatgut und vegetativem natürlicher Ressourcen und Prozesse aus. Externe Vermehrungsmaterial Produktionsmittel werden nur eingeschränkt Gemäß den geltenden Bestimmungen für Saatgut verwendet und sollten aus ökologischer Produk- und vegetatives Vermehrungsmaterial können tion oder natürlichen bzw. naturgemäß gewonne- bei einer unzureichenden Verfügbarkeit Erzeug- nen Stoffen stammen. Von den derzeitigen Rege- nisse von Umstellungsbetrieben oder konventio- lungen zum Einsatz von Saatgut und Jungtieren, neller Herkunft verwendet werden. Diese Regelung vegetativem Vermehrungsmaterial oder Eiweiß- bietet den Ökolandwirten bei ihrer Anbauplanung futtermitteln gehen jedoch zu wenige Impulse eine gewisse Flexibilität, beeinträchtigt gleich- für eine qualitative Weiterentwicklung der Öko- zeitig jedoch die Entwicklung eines ausreichenden Branche aus. Die Zukunftsstrategie sieht deshalb Angebots von Saatgut und vegetativem Vermeh- vor, die Ausgestaltung dieser Rechtsbereiche pro- rungsmaterial ökologischer Herkunft. Als proble- blemorientiert und praxisgerecht weiterzuent- matisch ist in diesem Zusammenhang der Umstand wickeln und ihre Umsetzung durch flankierende zu bewerten, dass Ausnahmegenehmigungen Maßnahmen zu unterstützen. in der Praxis EU-weit sehr unterschiedlich erteilt werden.15 Angesichts erheblicher Kostenunter- Im Folgenden werden wesentliche Bestrebungen schiede zwischen ökologisch und konventionell des BMEL zur Weiterentwicklung des bestehenden erzeugtem Saatgut bzw. vegetativen Vermehrungs- Rechtsrahmens näher erläutert. material können Ausnahmegenehmigungen den Wettbewerb verzerren. Die Bundesregierung steht Öko-Kontrollsystem und Zertifizierung deshalb im Rahmen des laufenden Revisions Die speziellen Regelungen zur Kontrolle im öko- prozesses der EG-Öko-Verordnung dafür ein, dass logischen Landbau müssen aus Sicht des BMEL in das Verfahren für die Erteilung von Ausnahme ihrer differenzierten Form in der neuen EG-Öko- genehmigungen EU-weit vereinheitlicht und ver- Verordnung erhalten bleiben und problembezogen bindlicher gestaltet wird (→ Maßnahme 1). Da weiterentwickelt werden (→ Maßnahme 1). Hierzu rüber hinaus begrüßt die Bundesregierung grund- zählen u. a. eine stärkere Harmonisierung der sätzlich die Initiative der EU-Kommission, die Anwendung des existierenden Rechts, der Ausbau Ausnahmemöglichkeiten tendenziell auslaufen zu der risikoorientierten Kontrolle, eine bessere Über- lassen, sieht aber gleichzeitig die Notwendigkeit, wachung der in Drittländern tätigen Kontroll- den Ausstieg an die Verfügbarkeit zu knüpfen und stellen und ein effizienter Informationsaustausch dieses Vorhaben durch weitere flankierende Maß- zwischen den verschiedenen Akteuren, insbeson- nahmen zu begleiten. Das BMEL macht sich daher dere bei Unregelmäßigkeiten oder Verstößen. auf europäischer Ebene u. a. für eine Änderung 15 Sanders, J. (2013): Evaluation of the EU legislation on organic farming. Braunschweig, Thünen-Institut für Betriebswirtschaft. 27
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