BOKU - FÜR DIE ZUKUNFT BOKU FORSCHUNG

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BOKU - FÜR DIE ZUKUNFT BOKU FORSCHUNG
BOKU
Das Magazin der Universität des Lebens
                                                 Nr. 4 | Dezember 2013
                                                        ISSN: 2224-7416

                            BOKU FORSCHUNG
                            FÜR DIE ZUKUNFT

          MIT        strategische         EVA-Kathrin sinner:
          BOKU       Kooperation BOKU –   wir wollen wissen,
          alumni     Umweltbundesamt      wie leben entsteht
BOKU - FÜR DIE ZUKUNFT BOKU FORSCHUNG
INHALT                                        BOKU
                                              alumni
3    Rektor Gerzabek über die
     Situation der BOKU

4    Mathematik: Magie der Zahlen

6    Das Institut für Abfallwirtschaft
     feiert 20-jähriges Bestehen

7    On the road: Das BOKUmobil
     ist unterwegs!

                                         4
8    Wasser ist Leben:
     Das interdisziplinäre
     Masterstudium „Applied                        22
     Limnology“

10-15 Strategische Kooperation:          7
      BOKU und Umweltbundesamt

16   Die Nanobiotechnologin
     Eva-Kathrin Sinner im Porträt

43   Qualitätsmanagement:
     Evaluierung von Lehr-
     veranstaltungen

44   Elektronische Projektmeldung
     in der Forschungsdatenbank

45   Fragen zur Forschung
                                                    Editorial
                                              21    Minki beim Alumni-Tag
46   Ein Tag mit dem Senats-
     vorsitzenden Hubert Hasenauer
                                                    Cover
48   Die Ethik-Charta der BOKU                22    Wiederkehr an die BOKU –
                                                    Alumni-Tag 2013
49   Menschen an der BOKU
                                                    Interview
50   Splitter                                 27    Reflexionen zur Laufbahn –
                                                    Altrektor Hubert Sterba
53   Wir bauen um!
     Ein kleiner Einblick                           Karriere
                                              30    Aufsteiger & Einsteiger
54   Der ÖH-Themenmonat: jeder
                                              32    Sponsionen
     Monat hat einen bestimmten
                                              33    Kommentar
     Schwerpunkt
                                              34    WABAG – Firmenporträt
56   Nachhaltige Intensivierung
     der Tierhaltung in                             Kurzmeldungen
     Entwicklungsländern                      36    Beiträge der
                                                    AbsolventInnenverbände
58   Jubiläumsfonds der Stadt Wien       54   39    Exkursion Baustelle
                                              40    Splitter
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Editorial

                                                                                                                                                                                        Robert Newald
                                                                                                           Univ.Prof. DI Dr. Dr. h. c. mult.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,                                                                                      Martin H. Gerzabek
Freunde und Freundinnen der BOKU!                                                                                                   Rektor

D
       ie von Marcus Tullius Cicero – zurückgehend auf                                       gierungsprogramm diese Diskussionen aufgreifen und mit
       Platon und die Stoiker – benannten Kardinaltugen-                                     Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und dem rechten Maße
       den Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßi-                                     die Entwicklung von Bildung und Gesellschaft im Allgemei-
gung, oder die rechten Maße, sind ja allgemein bekannt.                                      nen und der Universitäten und der (Grundlagen-)Wissen-
Die BOKU-Angehörigen haben auch 2013 bewiesen, dass                                          schaften im Besonderen vorantreiben werden. Alles andere
sie diesen Tugenden nachstreben. Mit der Anwendung der                                       als ein Ausbau des Hochschulsektors und des Forschungs-
rechten Maße haben sie es geschafft, die durch steigende                                     und Bildungsstandortes Österreich wäre völlig unverständ-
Studierendenzahlen und intensive Renovierungsmaßnah-                                         lich. Gerade bei Themen der Zukunft wird das besonders
men beengten Raumverhältnisse in der täglichen Arbeit                                        deutlich. Wie oft und in welcher Konnotation werden der Be-
zu bewältigen. Die Umsetzung der Studieneingangs- und                                        griff der Nachhaltigkeit, sowie die besonders zukunftsfähige
Orientierungsphase, die ja nun den zweiten Geburtstag                                        Bioökonomie erwähnt werden? Für die BOKU steht fest, dass
„feierte“, bedurfte des ständigen Strebens nach Gerechtig-                                   in diese Themen zu investieren ist, weil sie die Zukunfts-
keit. Klugheit erforderte es auch heuer, überaus erfolgreich                                 fähigkeit Österreichs betreffen. Die Nachhaltigkeitsstrate-
zahlreiche Forschungsprojekte einzureichen. Die Tapfer-                                      gie der BOKU ist in der heißen Phase der Entwicklung – in
keit zeigte sich vor allem in der Diskussion kontroversieller                                Vorbereitung der ebenfalls angelaufenen Überarbeitung des
gesellschaftsrelevanter Themen in der Öffentlichkeit – ins-                                  Entwicklungsplans. Zur Erarbeitung und Vorlage eines fun-
besondere, wenn die fachliche Meinung nicht dem beque-                                       dierten Positionspapiers zur Entwicklung einer Bioökono-
meren Zeitgeist folgt. Diese konsequente Arbeit zeitigte                                     mie-Strategie für Österreich am 13. November hat die BOKU
vielfältige Erfolge. Einer der größten war die erstmalige Lis-                               federführend mit den an der BOKU beheimateten Vereinen
tung der BOKU unter den Top 100-Universitäten im Bereich                                     BIOS Science Austria und ÖVAF beigetragen.
der Land- und Forstwirtschaft.
                                                                                             Das Rektorat der BOKU bedankt sich bei allen BOKU-Ange-
Die medialen Diskussionen um die Regierungsbildung wa-                                       hörigen für ihr großes Engagement und den enormen Ein-
ren bis dato für die Universitäten nur insofern erfreulich, als                              satz im heurigen Jahr und wünscht allen LeserInnen des
Wissenschaft und Forschung breiteren Raum einnahmen.                                         BOKU Magazins ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute
Allerdings bleibt abzuwarten, wie die Politik und das Re-                                    im Jahr 2014!                                       

IMPRESSUM
Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien. Chefredaktion: Michaela Klement,
michaela.klement@boku.ac.at Redaktion: Martin Gerzabek, Hanna-Michele Hentschel, Horst Mayr, Hermine Roth, Georg Sachs, Susanne Schneider-Voss, Ingeborg
Sperl, Tanja Valenta, Maria Wurzinger. Lektorat: Susanne Hartmann Grafik: Patricio Handl Coverfoto: Thinkstock Druck: AV+Astoria Auflage: 8.000 Erschei-
nungsweise: 4-mal jährlich
Blattlinie: Das BOKU Magazin versteht sich als Informationsmedium für Angehörige, AbsolventInnen, Freundin-               UZ24                            Dieses Produkt stammt aus
nen und Freunde der Universität für Bodenkultur Wien und soll die interne und externe Kommunikation fördern.              „Schadstoffarme                 nachhaltig bewirtschafteten
                                                                                                                          Druckerzeugnisse“               Wäldern und kontrollierten
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und müssen mit der                UW 734                          Quellen
Auffassung der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platz-
                                                                                                                                            PEFC/06-39-12
gründen vorbehalten. Beiträge senden Sie bitte an michaela.klement@boku.ac.at

                                                                                                                                                                                  3
BOKU - FÜR DIE ZUKUNFT BOKU FORSCHUNG
Thinkstock/Ingeborg Sperl
Die Magier der Kurven und Zahlen
Von Ingeborg Sperl

D
      as Institut für Mathematik                        Kooperationen mit den klassischen
                                           Thinkstock

      (IMA) führt im Bewusstsein vie-                   technischen Fächern wie Kulturtechnik
      ler BOKU-Angehöriger ein eher                     und Wasserwirtschaft, hat sich jetzt der
verborgenes, unauffälliges Dasein.                      Schwerpunkt zur Biomathematik ver-
Um Dinge, die man sowieso nicht ver-                    schoben: Das kann etwa auch die Prog-
stehen zu können glaubt, macht man                      nose von Seuchenausbreitung oder der
lieber einen Bogen. Das ist schade,                     Gewichtszunahme bei Nutztieren mit
denn neben der eigenen Forschung                        verschiedenen Parametern sein.
ist das Institut ein Dienstleister mit
handfestem Output. Gut, das Berech-                     Ist die Mathematik für die Studieren-
nen einer „Neuen Weltkonstante“ mag                     den ein „Angstfach“? Diese Vermutung
die meisten Menschen nicht beschäf-                     möchten die Magier der Zahlen und
tigen, sehr wohl aber die Lebensmit-                    Kurven nicht so im Raum stehen lassen:
telsicherheit.                                          „Hier sollte sich in den letzten Jahren
                                                        viel zum Besseren verändert haben“,
Die Zusammenarbeit mit den BOKU-In-                     sagt Georg Nowak. „Aber es wäre hilf-
stituten hat sich fachlich geändert. Wa-                reich, dazu eine aktuelle Studie zur
ren es vor etwa 15 Jahren noch mehr                     Hand zu haben!“

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BOKU - FÜR DIE ZUKUNFT BOKU FORSCHUNG
Thinkstock
                                                                                                         fand. Die modernste
                                                                                                         Methode heißt „Ther-
                                                                                                         misierung“        und
                                                                                                         spielt sich im Be-
                                                                                                         reich der 50er-Grade
                                                                                                         ab – schonend und
                                                                                                         auf lange Sicht auch
                                                                                                         energiesparend, das
                                                                                                         ist eine gute Option
                                                                                                         für die Praxis! Bei
                                                                                                         der      Modellierung

E
    s galt ein Modell dafür zu entwi-       als auch den Geschmack beeinträchtigt.     solcher Verfahren stellt sich jedoch das
    ckeln, wie schädliche Mikroorga-        Und das probiotische Joghurt wäre bei      Problem, auch die Erwärmungs- und
    nismen in Milchprodukten durch          einer solchen Behandlung auch nicht        Abkühlphase exakt zu erfassen. Diese
Wärme abgetötet werden können. In           mehr „probiotisch“. Pasteurisieren war     Fragestellung wurde in Kooperation
früheren Zeiten geschah das durch Ab-       da schon etwas besser, wobei eine Erhit-   von IMA (G. Nowak) und IAM erfolg-
kochen, was aber sowohl den Nährwert        zung auf immerhin etwa 70 Grad statt-      reich bearbeitet.

                                                                                                                                   Thinkstock
Eine andere „Rechenaufgabe“:

M
       an nehme einen Tank mit Hefepilzen und füttere sie mit
       Glukose. Die Hefepilze werden sich vermehren und dabei
       ein Produkt (rekombinante Proteine) erzeugen, das wir
haben wollen. Wie viel davon die Hefepilze erzeugen, hängt
natürlich von deren Wachstum ab. Wenn man diese Biomasse
schnell wachsen lässt, braucht man weniger Zeit, erzeugt aber
nicht notwendigerweise mehr. Die knifflige Frage war, die op-
timale Produktmenge bezogen auf die Zeitdauer zu berechnen,
d. h. in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Produkt zu erzeu-
gen. Hat man das berechnet, kann man eine entsprechende
                                             Steuerung bauen,
                                             die optimale Vo-
                                             raussetzungen

                                                                   T
                                             schafft. Das klingt
                                             logisch und ein-           heorie und Realität sind nicht unbedingt deckungsgleich,
                                             fach, ist es aber          da gibt es immer wieder Überraschungen – zum Beispiel
                                             nicht. Auch die            bei Gasmessungen auf Deponien. In Zusammenarbeit
                                             Zeitspannen sind           mit dem Institut für Abfallwirtschaft, das Langzeitmes-
                                             nicht unerheblich.    sungen bei Gasemissionen durchgeführt hat, stellte sich
In diesem Fall der Kooperation von IMA (M. Kühleitner) mit         heraus, dass der Gasabbau viel langsamer vonstattengeht,
dem IAM dauerten die Messungen immerhin ein halbes Jahr.           als man gedacht hat. Die klassische Modellrechnung funk-
                                                                                                                tioniert    hier
                                                                                                                nicht.    „Wenn
                                                                                                                die herkömm-
                                                                                                                liche    Modell-
                                                                                                                rechnung nicht
                                                                                                                funktioniert,
                                                                                                                dann     denken
                                                                                                                die Forschenden
                                                                                                                zuerst, sie hät-
                                                                   ten Fehler bei den Messungen gemacht. Erst dann kommen
                                                                   sie zu uns und wir müssen feststellen, dass die klassischen
                                                                   Modelle nicht passen, einer Verbesserung bedürfen“, sagt
                                                                   Norbert Brunner vom IMA. Das Rechenmodell musste also
                                                                   adaptiert werden, weil die Deponien offenbar weit mehr Ein-
                                                                   fluss auf das Klima haben, als bisher angenommen wurde.

                                                                                                                              5
BOKU - FÜR DIE ZUKUNFT BOKU FORSCHUNG
teilchen sich in den Organen der
Thinkstock

                                                                                                      Meerestiere einlagern und damit
                                                                                                      zu uns zurückkehren.

                                                                                                      Einer dringenden Lösung harrt
                                                                                                      die Entsorgung von Elektrogerä-
                                                                                                      ten aller Art. Derzeit schätzt man,
                                                                                                      dass weltweit bis zu 70 Prozent
                                                                                                      aller Altgeräte nach China trans-
                                                                                                      portiert und dort unter stark um-
                                                                                                      weltgefährdenden Bedingungen
                                                                                                      ausgeschlachtet werden. Den
                                                                                                      sorglosen Umgang mit vielen
                                                                                                      Materialien werden wir uns bald
                                                                                                      nicht mehr leisten können. In
                                                                                                      europäischen Deponien nach rar
                                                                                                      werdenden Rohstoffen zu suchen,
                                                                                                      wird unter dem Titel „Urban Mi-
                                                                                                      ning“ reflektiert. Ein zukünftiges
                                                                                                      Forschungsfeld hat Huber-Humer
                                                                                                      im Bereich der Nanoabfälle ausge-
                                                                                                      macht: Nanopartikel sind in zahl-
                                                                                                      reichen Konsumgütern enthalten,
                                                                                                      werden aber nicht deklariert. Wie
                                                                                                      verhalten sich diese im Abfall?
                                                                                                      Darüber weiß man noch fast gar
                                                                                                      nichts.

                                                                                                      Recycling ist kein Allheilmittel

             20   Jahre        ABF
                                                                                                      und zahlt sich jedenfalls nur bis
                                                                                                 zu einem gewissen Punkt aus. Wenn
                                                                                                 der Input an Energie zu groß wird, ist
                                                                                                 dies auch aus ökologischer Sicht nicht
                                                                                                 sinnvoll. Das heißt: An der Änderung
                                                                                                 unseres Lebensstils führt langfristig

             Vom Abfall zu Ressourcen
                                                                                                 kein Weg vorbei, denn die Zero-Waste-
                                                                                                 Gesellschaft gibt es nicht.

                                                                                                 Allgemein gesehen soll die Abfallwirt-
             In 20 Jahren kann sich viel zum Besseren wenden, wenn engagierte Menschen
                                                                                                 schaft das „Zerstreute“ wieder konzen-
             am Werk sind. Das wurde bei der Feier zum 20-jährigen Bestehen des Insti-           trieren. Das funktioniert aber nur,
             tuts für Abfallwirtschaft mehr als deutlich.                                        wenn die Maßnahmen an den Men-
             Von Ingeborg Sperl                                                                  schen ausgerichtet und mit ihnen um-
                                                                                                 gesetzt werden.

             M
                    arion Huber-Humer hat in ihrer     hochwertigen Abfallkomposten abge-
                    eloquenten    Antrittsvorlesung    holfen werden, was – so Huber-Humer       Beim anschließenden Round Table
                    zukünftige Schwerpunkte auf-       – aber kein Allheilmittel ist, weil die   herrschte Übereinstimmung, dass sich
             gelistet. Weltweit werden die Methan-     Menge des erzeugten Komposts nicht        Österreich in den letzten Jahrzehnten
             Emissionen steigen. Auch wenn wir         ausreicht. Darüber hinaus entsteht so     zum „europäischen Musterknaben“ ge-
             das Problem in Europa im Griff haben,     auch ein Transportproblem.                mausert habe. Fachleute – in der Mehr-
             ist in den Entwicklungsländern noch                                                 zahl BOKU-AbsolventInnen aus Ministe-
             besonders viel zu tun. Ein weiteres       Nur scheinbar weit weg ist der „Great     rien, Landesregierungen und privaten
             Thema ist die zunehmende Wüstenbil-       Pacific Garbage Patch“. Der riesi-        Firmen – berichteten aus der Praxis,
             dung. Verarmung der Böden und Erosi-      ge Müllteppich aus schwimmenden           und dabei erfuhr man auch manche
             on bewirken allein in der EU einen Ver-   Kunststoffpartikeln im Pazifik, für den   zwar unterhaltsame, doch letztlich er-
             lust von landwirtschaftlichen Flächen     sich kein Land zuständig erklärt, könn-   schreckende Anekdote über den sorglo-
             in Höhe von 16 Prozent. Dem kann          te uns sehr bald die Freude am Fisch      sen Umgang mit Abfall, der noch vor we-
             partiell durch die Aufbringung von        vermiesen, weil die winzigen Plastik-     nigen Jahrzehnten gang und gäbe war.

             6
BOKU - FÜR DIE ZUKUNFT BOKU FORSCHUNG
Wissenschaft im Grünen
Das BOKU-Mobil ist unterwegs! Wissenschaft kommt vor Ort. Von den Großeltern bis zum Enkelkind sind
alle angesprochen, die sich für die vielfältigen Themen der BOKU interessieren und Fragen an die Forschen-
den haben.
                                                                                                  Text und Fotos: Ingeborg Sperl

A
      m 13. September war das BOKU-
      Mobil in die Weingärten von
      Stammersdorf eingeladen, und
das Hauptthema „Boden“ in seinen
vielfältigen Aspekten erwies sich als
ebenso spannend wie unerschöpflich.

WissenschaftlerInnen, die sich für das
BOKU-Mobil zur Verfügung stellen,
brauchen eine gute Portion Enthusias-
mus und Durchhaltevermögen, auch
Improvisationstalent ist kein Fehler. In
aller Frühe müssen Arbeitsmaterialien
verladen, Zelte aufgebaut und Abläufe
koordiniert werden. Einzelne, liebevoll
ausgestattete „Stationen“, Boden und
Pflanzen, Humus, Kompost und Boden-
kunde boten die Möglichkeit, das The-
ma mit allen Sinnen zu erfassen. Das
war besonders für die sechs Klassen
der Tschechischen Schule (Schulverein
Komenski) aus der Wiener Sebastian-
gasse ein besonderes Erlebnis.

Malen mit verschiedenfarbigen Erden,
die erstaunliche Farbskalen aufweisen
– von rotbraun bis zart silbrig – schärft
die visuelle Aufmerksamkeit. Genauso
wichtig ist die Haptik: Sand und Ton        den untersuchen, sondern auch Löcher       ge auftauchte, ob man von den Trauben
fühlen sich ganz verschieden an. Und        in Jeans ätzen kann, interessierte die     betrunken werden könnte. Die Antwort
Kompost riecht. Von vergammelnden           SchülerInnen besonders, die vor einem      der Wissenschaft war eindeutig: Nein.
Bioabfällen und Biogas bis zur wert-        Bodenprofil staunten, weil es sooo viele   Woran man wieder sieht, wie großartig
vollen Erde konnte man die verschie-        Jahrhunderte alt war.                      sich Theorie und Praxis ergänzen ...
denen Stadien der Verwandlung ver-
folgen. Asseln und andere Bodentiere        Auch VertreterInnen der AGES, der MA       Am 20. September ging es gleich wei-
wurden unter Steinen gesucht – doch         48, der MA 22, der Grünen Floridsdorf,     ter zu einem Winzer nach Pillichsdorf
die machten sich rar: Erstens war es zu     NachbarInnen, LandwirtInnen und Hob-       im Marchfeld. Wieder fanden sich Groß
kalt, zweitens schon die längste Zeit zu    bygärtnerInnen fanden den Weg zum          und Klein, von der Volksschule über die
trocken. Schließlich gelang es doch, ein    BOKU-Mobil. Ihnen ging es etwa um          Fachschule bis zu einer Schar interes-
paar Exemplare vergrößert und live im       konkrete Fragen zum Boden im Umstel-       sierter Winzer ein, um die verschiede-
„Mikrotheater“ zu beobachten.               lungsprozess von der konventionellen       nen Themen kennenzulernen und zu
                                            zur biologischen Landwirtschaft oder       erarbeiten. Diesmal konnte sich der
Was passiert, wenn man Erde mit ver-        um die optimale Düngung und Boden-         (ehemalige) Weinbaupräsident Josef
schiedenen Chemikalien behandelt?           bearbeitung für Gemüse.                    Pleil persönlich überzeugen, wie praxis-
Schütteln, rühren und filtern – die Ver-                                               nah die BOKU Wissen vermittelt. Unser
suche ergeben manchmal betörende            Von den Weintrauben, die im bitterkal-     Rektor Martin Gerzabek selbst erläu-
Farben oder unerwartete Reaktionen,         ten Wind tapfer ihrer Vollendung entge-    terte den Anwesenden das Bodenkle-
das macht auf jeden Fall Spaß. Dass         genreiften, durften die jungen Besuche-    beprofil, das nun im Gemeindeamt von
man mit Salzsäure nicht nur den Bo-         rInnen auch noch kosten, wobei die Fra-    Pillichsdorf zu besichtigen ist.     

                                                                                                                              7
BOKU - FÜR DIE ZUKUNFT BOKU FORSCHUNG
Fotos: Thinkstock

                    Master „Applied Limnology (AL)“
                    Von Hanna-Michele Hentschel

                    G
                          erade sensible Süßwasser-Ökosys-    teme vermittelt. Der 2-jährige Master     ökologischen Restaurierung von aqua-
                          teme sind stark von unterschied-    besteht aus 5 Pflichtmodulen im 1. Se-    tischen Ökosystemen.
                          lichen anthropogenen Nutzungs-      mester, 10 Wahlmodulen im 2. und 3.
                    ansprüchen geprägt und gravierenden       Semester sowie einer Masterarbeit im      Neben Grundlagenwissen werden in
                    Veränderungen unterworfen. Für ein        4. Semester. Darüber hinaus können        den AL-Modulen praktische Feld- und
                    nachhaltiges Management der aquati-       Wahlmodule des internationalen Joint      Laborarbeit sowie österreichweite Ex-
                    schen Umwelt ist es daher wesentlich,     Degree Masters „Limnology & Wetland       kursionen angeboten. Zusätzlich kön-
                    ExpertInnen mit einem ganzheitlichen      Management“ in Kenia oder den Nie-        nen Studierende projektbezogen in
                    Verständnis der Ökosystemfunktionen       derlanden belegt werden.                  den Arbeitsgruppen des Instituts für
                    und -prozesse auszubilden.                                                          Hydrobiologie und Gewässermanage-
                                                              Das Erkennen von systemischen Zu-         ment (IHG) mitarbeiten. Die IHG-Ar-
                    Um diesem Bedarf auf nationaler wie       sammenhängen und die Komplexität          beitsgruppen umfassen die Bereiche
                    auch internationaler Ebene gerecht zu     des Zusammenspiels biotischer und         Analyse und Modellierung aquatischer
                    werden, wird seit 2011 – auf Initiative   abiotischer Systemkomponenten sind        Ökosysteme, Benthosökologie und Ge-
                    des Leiters des Instituts für Hydro-      ein wesentliches Ziel des AL-Studiums.    wässerbewertung, Hydrobiologie und
                    biologie und Gewässermanagement,          Ein weiterer Fokus liegt auf der Bewer-   Aquakultur, Fischökologie, Flussland-
                    Ao. Univ.Prof. DI Dr. Stefan Schmutz –    tung von Effekten der menschlichen        schaften und Gewässermanagement,
                    im interdisziplinären Masterstudium       Nutzung, der Entwicklung von ökolo-       Biochemie in Wasserlandschaften und
                    „Applied Limnology“ grundlegendes         gisch orientierten Gewässermanage-        die wissenschaftliche Zusammenarbeit
                    und angewandtes Wissen zum nachhal-       mentkonzepten sowie der Umsetzung         mit Entwicklungsländern (IPGL). An
                    tigen Management aquatischer Ökosys-      von Maßnahmen zum Schutz und zur          einem weiteren universitären Standort,

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„WASSER IST LEBEN“ ist mehr als ein Slogan – wir alle sind von den vielfältigen ökologischen Leistungen
aquatischer Lebensräume abhängig, wie zum Beispiel der Bereitstellung von Trinkwasser und Wasser für
die landwirtschaftliche Produktion, von Fischerei, Hochwasserschutz, Tourismus oder Freizeit- und Erho-
lungsraum.

dem WasserCluster in Lunz am See, wer-    Internationaler Joint Degree Master       tiken in den drei Ländern untersucht.
den die Themenbereiche Nährstoffkreis-    „Limnology & Wetland Management           Dabei werden Grundlagen und ange-
läufe, Wasserqualität und Habitateigen-   (LWM)“                                    wandtes Wissen über Binnengewäs-
schaften untersucht. Weiters werden       Das internationale Joint Degree Master    ser an der BOKU vermittelt, tropische
aquatische Organismen identifiziert,      Programme „Limnology und Wetland          Flüsse und Seen in Kenia untersucht
deren ökologische Ansprüche erläutert     Management“ wird gemeinsam von            sowie das Management von Feuchtge-
sowie Umweltdaten selbstständig im        BOKU, Egerton University (Kenia) und      bieten und die Modellierung von aqua-
Freiland erhoben.                         dem UNESCO-IHE Institute for Water        tischen Ökosystemen am UNESCO-IHE
                                          Education in den Niederlanden durch-      erlernt.
Die Vielseitigkeit der Ausbildung er-     geführt. Studiert wird jeweils ein Se-
öffnet AL-AbsolventInnen zahlreiche       mester an den genannten Institutionen,    Die Masterarbeit kann in Österreich,
Tätigkeitsfelder, wie in fachnahen        daran schließt eine 6-monatige Master-    Kenia, den Niederlanden oder einer
Abteilungen in Landesämtern und           arbeit an. Der Masterabschluss wird       kooperierenden Institution in Ostafrika
Ministerien, nationalen und interna-      von allen drei Partneruniversitäten ge-   durchgeführt werden. Das Studieren
tionalen Umweltverbänden, wasser-         meinsam vergeben.                         in verschiedenen Ländern und in ei-
wirtschaftlichen und ökologischen                                                   nem internationalen Classroom stärkt
Planungsbüros, NGOs, internationalen      Durch das Studium an drei Universitä-     die interkulturelle Kompetenz der
Organisationen (EU, UNESCO, FAO),         ten wird LWM-Studierenden eine ein-       LWM-Studierenden und ermöglicht es
wissenschaftlichen     Einrichtungen,     zigartige Mischung von Fachexpertise      ihnen, ihre Fachkenntnisse in den un-
oder auch die Gründung eines eigenen      geboten und es werden unterschiedli-      terschiedlichsten soziokulturellen Um-
technischen Büros.                        che Ökosysteme und Umweltproblema-        gebungen erfolgreich anzuwenden. 

                                                                                                                         9
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Strategische Kooperatio
                          Liebe Kolleginnen und Kollegen!                             Aktuelles aus
                          Nach sieben Jahren im Beirat der Kooperation, davon         der Kooperation
                          drei als Vorsitzender und zwei als stellvertretender Vor-   Der Rahmen des BOKU-Herbstfestes am IFA-Tulln bot der
                          sitzender, habe ich mich entschlossen, den Beirat zu        Strategischen Kooperation Gelegenheit, sich erstmalig in
                          verlassen. Selbstverständlich bleibe ich der Kooperati-     einer öffentlichen Veranstaltung zu präsentieren.
                          on weiterhin verbunden, ich halte es aber für wichtig,

                                                                                      I
                          dass immer wieder neue Personen mit neuen Ideen die            m Festsaal des IFA-Tulln berichtete Rektor Martin Gerzabek
                          Kooperation weiterentwickeln.                                  über die historische Entwicklung der Kooperationen zwischen
                                                                                         beiden Häusern und das Zustandekommen der vertraglichen
                          Beschlossen wurde die Kooperation bereits 2004 von          Vereinbarung der Strategischen Kooperation. Er erläuterte deren
                          Rektor Hubert Dürrstein und dem damaligen Vizerek-          Hintergründe, wie die Intention, Kooperationen zu forcieren und
                          tor für Forschung und heutigen Rektor Martin Gerzabek       auf Basis strategischer Überlegungen zu unterstützen. Auch die
                          aufseiten der BOKU sowie Geschäftsführer Georg Re-          Ziele wurden vorgestellt, wie etwa die Verbesserung des Zugangs
                          bernig und dessen Stellvertreter Karl Kienzl aufseiten      zu (inter-)nationalen Forschungs- und Dienstleistungsmärkten
                          des Umweltbundesamtes.                                      oder die Verankerung eines nachhaltigen Umgangs mit der Um-
                                                                                      welt in Politik und Gesellschaft, ebenso die Instrumente der Ko-
                                                Bei meinem Eintritt in den Beirat
Umweltbundesamt/Andi Bruckner

                                                                                      operation zu deren Umsetzung. Besonders hervorgehoben wurde
                                                hatte die Kooperation etwas vom       die beachtliche Anzahl von über 25 aktuell laufenden Kooperatio-
                                                anfänglichen Schwung verloren.        nen und deren breite Palette von Auftrags- und FördergeberInnen.
                                                Wichtige Sachen waren gesche-
                                                hen, aber das vorherrschende
                                                Gefühl war: Die Kooperation hat
                                                noch mehr Potenzial, als wir bis-
                                                her ausschöpfen konnten. Eine
                                                Evaluierung konkretisierte diese
                                                Ahnung, und bald war klar, dass
                           Wilhelm Vogel
                                                es anderer Strukturen bedurfte,
                                                um dieses zusätzliche Potenzial
                          zu nutzen. Was fehlte, war eine Person, die sich im Rah-
                          men einer zumindest halben Anstellung um die Belange
                          der Kooperation kümmerte, was den Beiratsmitgliedern
                          aufgrund ihrer vielfältigen anderen Tätigkeiten natür-
                          lich nicht möglich war.

                          Unter dem Vorsitz von Professorin Ulrike Pröbstl wurde
                          diese Person 2010 mit Veronika Wirth gefunden. Frau
                          Wirth bildete schon bald das „Gesicht der Kooperation“
                          und war unermüdlich darin, Stimmung für die Koopera-
                          tion zu machen und ExpertInnen aus beiden Häusern für
                          gemeinsame Projekte zusammenzubringen. Mitte dieses
                          Jahres folgte ihr Rosemarie Stangl nach, welche die Rolle
                          sofort mit großer Leidenschaft übernahm und seitdem
                          mit viel Energie und Kreativität weiterentwickelt.

                          Ich wünsche der Kooperation, den Mitgliedern des Bei-
                          rates sowie dem neuen Vorsitzenden, Professor Fried-
                          rich Leisch, viel Erfolg!

                                                                   Wilhelm Vogel      Martin H. Gerzabek und Georg Rebernig

                                10
ion BOKU – Umweltbundesamt
                           Einig sind sich Rektor Martin Gerzabek                                                            forschungsstandorte Österreich (Long-

                                                                     Thinkstock
                           und Umweltbundesamt-Geschäftsfüh-                                                                 Term Ecosystem Research LTER for
                           rer Georg Rebernig über den Mehrwert                                                              Austria), der auf der gemeinsamen Nut-
                           für beide Häuser, der vor allem in der                                                            zung eines Standort-Clusters basiert
                           komplementären Wirkung einer unab-                                                                und ein Konzept zum gemeinsamen
                           hängigen Forschungs- und Bildungs-                                                                Betrieb sowie zur Positionierung im eu-
                           einrichtung zu einem Unternehmen                                                                  ropäischen Forschungsraum erarbeitet.
                           mit Zugang zum freien Markt, aber                                                                 Beide Kooperationen sind schöne Bei-
                           auch zur Verwaltung, Administration                                                               spiele, die den Wert verdeutlichen, sich
                           und Regierung gesehen wird.                                                                       spezifischer Themen gemeinsam anzu-
                                                                                                                             nehmen und strategische Konzepte zu
                      Die historische Darstellung wurde                                                                      verfolgen, um sich mittel- bis langfris-
                      von Geschäftsführer Georg Rebernig                                                                     tig zu positionieren.
                      abgerundet und ergänzt durch Über-
                      legungen zu Faktoren, die er als die                                                                   Über das BOKU-Herbstfest und die Vor-
                      wesentlichen Treiber für Wissensun-                                                                    stellung der Strategischen Kooperation
                      ternehmen betrachtet. Er würdigte die                                                                  habe ich vielfach lobendes Feedback
                      BOKU als wichtige Ausbildungsstätte                                                                    erhalten. Wir bedanken uns bei Profes-
                      im Umweltbereich und stellte ihr das                                                                   sor Krska für die Einladung und den
                      Umweltbundesamt als potenziell wich-                                                                   passenden Rahmen, der es ermöglich-
                      tigen Dienstgeber gegenüber. Die Zu-                                                                   te, die Strategische Kooperation einem
                      sammenarbeit mit der BOKU beruht                                                                       breiteren Publikum vorzustellen und
                                          seiner Meinung                                                                     zugänglich zu machen. Insbesondere
  Christian Redtenbacher

                                          nach zu einem                                                                      dankt der Kooperationsbeirat auch dem
                                          Gutteil auf per-                                                                   Veranstaltungsteam für die gelungene
                                          sönlichen Kon-                                                                     Organisation und die Unterstützung bei
                                          takten aus der                                                                     der Durchführung!
                                          Ausbildungspha-
                                          se, auf dem nach-                                                                  Für Interesse an Kooperationen, Fragen
                                          haltigen Umgang                                                                    zum Umweltbundesamt und Anliegen
                                          miteinander und                                                                    zu laufenden Kooperationen stehe ich
                      Rosemarie Stangl    der großen Ver-                                                                    gerne zur Verfügung und freue mich
                                          trauensbasis. Um                                                                   auf Ihre Kontaktaufnahme!           
                      Wissenschaft jedoch wettbewerbsfähig
                      zu machen, sei die Entwicklung von                          Stellvertretend für alle AusstellerInnen       Kontakt Koordinierungsstelle:
                      Hotspots in der Forschung eine Prä-                         konnten zwei prominente Kooperatio-            DIin Drin Rosemarie Stangl
                      misse, der Verbundkooperationen wie                         nen im Festsaal vorgestellt werden:            Koordinatorin Strategische
                      das Kompetenznetzwerk „b5“ (Boden                                                                          Kooperation BOKU-
                                                                                                                                 Umweltbundesamt
                      hoch 5) oder BIOS Science Austria, de-                      Rudolf Krska (IFA Tulln, BOKU) und Si-
                                                                                                                                 +43 664 966 86 38
                      nen sowohl die BOKU als auch das Um-                        grid Scharf (Abteilung Organische Ana-
                      weltbundesamt als Kooperationspart-                         lytik, Umweltbundesamt) stellten ihre          Montag, 9–17 Uhr:
                      nerInnen angehören, nachkommen.                             Ringversuche vor, die beide Labors als         Universität für Bodenkultur Wien,
                                                                                  akkreditierte Prüfstellen zur Messung          Forschungsservice,
                                                                                                                                 Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien;
                           Das Herbstfest bot darüber hinaus Ge-                  der Wassergüte und externen Qualitäts-
                                                                                                                                 rosemarie.stangl@boku.ac.at
                           legenheit, Kooperationsprojekte im                     sicherung seit 2013 ergänzend anbieten.
                           Rahmen einer Posterausstellung zu                      Michael Mirtl (Abteilung Ökosystem-            Mittwoch, 9–17 Uhr: Umweltbundes-
                           präsentieren. Der Beirat bedankt sich                  forschung & Monitoring, Umweltbun-             amt, Bereich Stoffe & Analysen, Spit-
                           an dieser Stelle für die beeindruckende                desamt) und Sophie Zechmeister-Bol-            telauer Lände 5, 1090 Wien, rosema-
                                                                                                                                 rie.stangl@umweltbundesamt.at
                           Unterstützung aller Kolleginnen und                    tenstern (Institut für Bodenforschung,
                           Kollegen, die dazu insgesamt 16 Poster                 BOKU) berichteten über den Träger-             www.boku.ac.at/fos-koopbokuumwelt-
                           zur Verfügung stellten!                                verbund hochinstrumentierter Wald-             bundesamt.html

                                                                                                                                                                      11
AUSGEWÄHLTE AKTUELLE PROJEKTE

               DICE: Klimasensitivität von Störungsregimes und ihre Auswirkungen auf den Waldbau
               Gestörte Verhältnisse im Waldökosystemmanagement?
               Partner
               BOKU: Rupert Seidl (Institut für Waldbau)
               Umweltbundesamt: Thomas Dirnböck (Abteilung Ökosystemforschung & Monitoring)
Rupert Seidl

                                                             I
               Borkenkäferbefall im Nationalpark Kalkalpen      n Waldökosystemen versteht man         den Fragen nach, wie sich Störungsre-
                                                                unter einer Störung ein abruptes,      gimes in den österreichischen Alpen
                                                                großflächiges Absterben von Wald-      in Zukunft ändern könnten, welche
                                                             beständen, ausgelöst durch Faktoren       Auswirkungen dies auf Ökosystem-
                                                             wie Wind, Borkenkäfer oder Feuer.         leistungen wie Holzproduktion, Koh-
                                                             Solche Events sind natürlicher Teil       lenstoffspeicherung und Biodiversität
                                                             der Ökosystemdynamik. Jedoch haben        haben könnte, und durch welche Be-
                                                             sich die Störungsregimes in Europas       wirtschaftungsmaßnahmen die Risi-
                    Projekt DICE Climate sensitivity         Wäldern in den letzten Jahrzehnten        ken eines geänderten Störungsregi-
                    of DIsturbanCE regimes and               deutlich intensiviert, und ein weiteres   mes reduziert werden können. In Ko-
                    implications for forest ecosystem        Ansteigen von Frequenz und Intensi-       operation mit dem Umweltbundesamt
                    management                               tät von Störungsereignissen ist auf-      und dem Bundesforschungszentrum
                                                             grund des Klimawandels zu erwarten.       für Wald, welche im Rahmen von öko-
                    Fördergeber: FWF                         Diese Änderungen haben tiefgreifen-       logischer Langzeitforschung seit über
                    Weiterer Partner: Robert Jandl,
                                                             de Auswirkungen auf gesellschaftlich      20 Jahren Störungsauswirkungen be-
                    Bundesamt und Forschungszentrum
                    für Wald (BFW)
                                                             nachgefragte Waldleistungen. Störun-      obachten, sollen empirische Analysen
                    Projektbeginn: Juli 2013                 gen werden somit zunehmend zu einer       und Simulationsansätze kombiniert
                    Laufzeit: 3 Jahre                        Herausforderung für die nachhaltige       werden, um ein Ökosystem-orientier-
                    Methodik in DICE:                        Waldbewirtschaftung. Im Projekt DICE      tes Risikomanagement im Waldbau zu
                    http://iland.boku.ac.at                  geht das BOKU-Team um Rupert Seidl        stärken.                          

               12
COIN: Die Klimakosten des Nicht-Handelns für Österreich
                                   Partnerinnen
                                   Hermine Mitter, Erwin Schmid, Martin Schönhart
                                   (Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung)
                                   Herbert Formayer (Institut für Meteorologie)
                                   Roman Neunteufel, Reinhard Perfler (Institut für Siedlungswasserbau,
                                   Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz)
                                   Manfred Josef Lexer (Institut für Waldbau)
                                   Umweltbundesamt:
                                   Martin König, Markus Leitner, Ivo Offenthaler
                                   (Abteilung für Umweltfolgenabschätzung und Klimawandel)
                                   Martin Götzl, Klaus Peter Zulka
                                   (Abteilung für Biologische Vielfalt und Naturschutz)

                                                                                                                           Ivo Offenthaler/Umweltbundesamt

                                   Im Vordergrund die COIN-Beiräte Paul Watkiss/Universität Oxford, Roger Street/Techni-
                                   scher Direktor UKCIP und Reimund Schwarze/UFZ Leipzig sowie COIN-Koordinator Karl
                                   Steininger/Wegener Center

B
     OKU und Umweltbundesamt be-            COIN arbeitet mit einem Szenario-ba-            lichen nun erste wesentliche Hinweise,
     fassen sich unter Leitung des          sierten Ansatz. Das bedeutet, es wer-           wo und in welchem Bereich Anpas-
     Wegener-Centers für Klima und          den neben einem (mittleren/A1B)                 sung besonders dringlich ist – sowohl
Globalen Wandel mit zehn weiteren           Klimaszenario auch die sozio-ökono-             hinsichtlich Schadensvermeidung als
Partnerinstitutionen im Projekt COIN        mischen Veränderungen in den kom-               auch im Hinblick auf die Nutzung von
mit der Erfassung der ökonomischen          menden Jahrzehnten – insbesondere               Möglichkeiten, die der Klimawandel
Auswirkungen des Klimawandels in            Demografie,      Wirtschaftswachstum,           bieten wird. Beraten wird COIN von
Österreich. Das Projekt wurde heuer         Landnutzungsänderungen und techno-              einem Beirat aus renommierten briti-
gestartet und wird bereits Anfang 2014      logischer Fortschritt – in die Modellie-        schen und deutschen ExpertInnen.
erste wesentliche Ergebnisse liefern.       rungen einbezogen. Die Grundannah-
Schon jetzt zeichnet sich ab: Die kli-      me dabei: Geplante Anpassung findet             Die Zwischenergebnisse zeigen, dass
mabedingten Kosten sind sehr ungleich       nicht statt.                                    Klimaschutz weiterhin unerlässlich ist
über die einzelnen Handlungsfelder                                                          und bleiben wird, denn es wird auch in
der nationalen Anpassungsstrategie          Direkte Kostenermittlungen durch sek-           Österreich in fast allen Handlungsfel-
verteilt, und auch regional wird es kla-    torale Modelle und darauf aufbauend             dern eine deutliche Zunahme klimabe-
re GewinnerInnen und VerliererInnen         eine makro-ökonomische Modellierung             dingter Kosten im Laufe der Jahrzehnte
des Klimawandels in Österreich geben.       für die indirekten Folgeeffekte ermög-          und vor allem ab 2050 erwartet.    

                                                                                                                                                             13
AUSGEWÄHLTE AKTUELLE PROJEKTE

               LTER for Austria (Long Term Ecosystem Research)
               Vernetzung hochinstrumentierter Waldforschungsstandorte in Österreich
               Partnerinnen
               BOKU:                                                        Ursula Nopp (Institut für Wildbiologie und
               Douglas Godbold, Hans Göransson, Georg Gratzer,              Jagdwirtschaft)
               Klaus Katzensteiner, Boris Rewald                            Josef Gasch (Lehrforst Forchtenstein)
               (Institut für Waldökologie)                                  Umweltbundesamt:
               Sonja Leitner, Sophie Zechmeister-Boltenstern,               Hannes Kobler, Michael Mirtl, Johannes Peterseil
               Michael Zimmermann (Institut für Bodenforschung)             (Abteilung Ökosystemforschung & Monitoring)
               Christa Schafellner, Axel Schopf (Institut für Forstento-
               mologie, Forstpathologie und Forstschutz)                    Standortssprecher: Douglas Godbold/BOKU,
               Hubert Hasenauer (Institut für Waldbau)                      Michael Englisch/BFW
Jan Bockholt

                                                                                                                     Messung von
                                                                                                                     Treibhausgasen
                                                                                                                     im BOKU-Lehrforst
                                                                                                                     Rosalia

               S
                    eit Jahrzehnten betreiben die       Institutionen zu bündeln. Die drei In-   raum durch Bündelung von Ressourcen
                    BOKU und das Umweltbundes-          tensivflächen (Zöbelboden, Rosalia,      und Expertise erfolgreich positionie-
                    amt sowie das Bundesforschungs-     Klausen-Leopoldsdorf) repräsentieren     ren? Das Projekt bettet sich nahtlos in
               zentrum für Wald (BFW) intensive         wesentliche naturräumliche Gegeben-      a) die Organisation und inhaltliche
               Forschung an Waldstandorten, die zu      heiten in Österreich und sind daher      Ausrichtung der österreichischen
               diesem Zweck mit modernsten Mess-        besonders dafür geeignet, langfristige   Ökosystemforschung         (LTER-Austria
               geräten ausgestattet wurden. Jede        Veränderungen in Wäldern festzuhal-      White Paper), b) die Strukturen und
               Woche fahren Forscherinnen und           ten und zu dokumentieren.                Gestaltungsprozesse des Europäischen
               Forscher – oft unter widrigsten Witte-                                            Forschungsraums und c) die strate-
               rungsbedingungen – zu den entlege-       Gemeinsam wird derzeit an folgenden      gischen Absichten von BIOS Science
               nen Messflächen, entnehmen Proben        Themen gearbeitet: Welche Fragestel-     Austria als institutionelles Konsortium.
               und sammeln Daten, die in riesigen       lungen der Waldforschung sind wis-       Das entwickelte Konzept wird konkre-
               Datenbanken als wertvolle Informa-       senschaftlich visionär und aus öster-    te Optionen zur Institutionalisierung
               tionen über die letzten 20–30 Jahre      reichischer Sicht vorrangig? Wie sind    des Standort-Clusters beinhalten und
               gesichert werden. Nun geht es darum,     bisherige Infrastruktur-Investitionen    konsensuale Handlungsvorschläge für
               Synergien zu finden, Messmethoden        und Standorte dafür bestmöglich nutz-    die österreichischen Stakeholder in
               und Messeinrichtungen zu harmoni-        bar? Wie kann sich Österreich im eu-     Hinblick auf unsere Positionierung im
               sieren und Expertisen der jeweiligen     ropäischen und globalen Forschungs-      Forschungsraum liefern.              

               14
SEA – Strategic Environmental Assessment
Strategische Umweltprüfung für das Programm Alpine Space 2014 bis 2020
Partnerinnen
Alexandra Jiricka, Ulrike Pröbstl-Haider, Johannes Schmied
(Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung)
Gernot Stöglehner (Institut für Raumplanung und Ländliche Neuordnung)
Umweltbundesamt:
Ingrid Klaffl, Markus Leitner (Abteilung Umweltfolgenabschätzung & Klimawandel)

A
      ufgrund der EU-Richtlinie zur Stra-   Im vorliegenden Fall wird das überre-    ein „prozesshaftes Lernen“ für alle in-
      tegischen Umweltprüfung (SUP,         gionale Programm zur Zusammenar-         volvierten Institutionen in der Fortfüh-
      2004) ist auch für ein länderüber-    beit der Staaten im Alpenraum Inter-     rung möglich ist.
greifendes regionales Programm eine         reg III B Alpine Space für die nächste
Umweltprüfung durchzuführen. Sie            Programmperiode 2014 bis 2020 ei-        Das Projekt ist durch den „Europäi-
soll darstellen, ob und in welchem Fall     ner Prüfung unterzogen. Bereits für      schen Fonds für regionale Entwick-
durch das Programm erhebliche nach-         die Förderperiode 2007–2013 wurde        lung“ (European Regional Development
teilige Auswirkungen für die Umwelt,        erstmalig eine SUP durchgeführt –        Fund, ERDF) der Europäischen Union
den Menschen sowie Kultur- und Sach-        die Fortschreibung ermöglicht einen      gefördert.
güter entstehen könnten. Zusätzlich         Rückblick auf die Wirkung und etwai-
sind die geprüften Alternativen, Ver-       ge Verbesserungspotenziale der voran-
meidungsmaßnahmen und ein spezifi-          gegangenen SUP(-Methode) und zeigt       Alpine Space Programme
sches Monitoring darzustellen.              im Rahmen der Aktionsforschung, ob       www.alpine-space.eu/home             

                                                                                                                          15
Ingeborg Sperl

16
Wir wollen wissen,
       wie Leben funktioniert
              Eva-Kathrin Sinner ist seit 2010 Professorin für Nanobiotechnologie an der BOKU.
                 Sie erforscht die molekularen Architekturen des Lebens, indem sie wichtige
                                     Aspekte davon synthetisch nachbaut.

                                                       Von Georg Sachs

L
      ewis Carrolls „Alice im Wunder-       Nahrungsmittel zu sich, dann haben          tionen aus. „Mein wissenschaftliches
      land“ ist einmal als Kinderbuch       wir hier wirklich eine große Aufgabe        Spezialgebiet ist die Protein-Insertion –
      mit doppeltem Boden bezeichnet        vor uns.“ In ihre Vorlesungen kann          also die Art und Weise, auf die Proteine
worden: Die Erzählung entführt Kin-         sie aber auch ihr Gespür für Sprache        in biologische Membranen eingebaut
der ins Reich der Fantasie, während         einfließen lassen: „Es ist wichtig, Stu-    sind“, erzählt Sinner. Die Details der so
sie Erwachsenen Freude an den darin         dierende in ihrer Muttersprache an          zustande kommenden Strukturen defi-
verpackten Wort- und Gedankenspielen        der Hand zu nehmen und ihnen so ein         nieren die biologische Funktion – ein
verschafft. Für Eva-Kathrin Sinner wur-     Verständnis für die naturwissenschaft-      Zusammenhang, der über der gesam-
de das Buch in mehrfacher Hinsicht zur      lichen Zusammenhänge näherzubrin-           ten Forschungsarbeit des Instituts für
Schlüssellektüre. Es eröffnete ihr nicht    gen“, erzählt Sinner. Mitunter machen       Synthetische Bioarchitekturen steht.
nur den Schatz der englischen Sprache       sich dann auch ihre Kenntnisse der          „Letztlich wollen wir wissen, wie Leben
(die sie als Absolventin eines altsprach-   antiken Sprachen bezahlt, die sie einst     funktioniert“, gibt Sinner das Ziel der
lichen Gymnasiums zuvor nur recht und       so gründlich gelernt hat: „Es ist doch      Bemühungen vor.
schlecht gelernt hatte), sondern führ-      wichtig, verständlich zu machen, aus
te ihr auch die Möglichkeit vor Augen,      welcher Wurzel ein Wort wie ‚amphi-         Künstliche Membranen für natürliche
als Wissenschaftlerin und Mensch eine       phil‘ eigentlich stammt.“                   Proteine. Die Beziehungen zwischen
einzige, in sich stimmige Persönlichkeit                                                Struktur und Funktion sind für Mem-
zu sein. „Carroll war Mathematiker, und     Amphiphilie (von altgriechisch „amphí“      branproteine aber wesentlich schwieri-
seine wissenschaftlichen Werke sind         – „auf beiden Seiten“ und philein – „lie-   ger aufzuklären als für solche, die im
ebenso kunstvoll geschrieben wie seine      ben“) ist eine Eigenschaft jener biologi-   Cytoplasma gelöst sind, da ihre spezi-
literarischen“, schwärmt Sinner.            schen Membranen, mit denen sich Sin-        fischen Eigenschaften nur an ihrem
                                            ner in ihrer wissenschaftlichen Arbeit      Wirkungsort in der Membran (also „in
Seit 2010 hat die gelernte Biologin eine    beschäftigt: Weil diese aus einer Dop-      situ“, um diesmal die lateinische Spra-
Professur für Nanobiotechnologie an         pelschicht von Lipid-Molekülen beste-       che zu bemühen) so richtig zur Gel-
der BOKU inne und leitet am gleichna-       hen, besitzen sie sowohl einen fettlös-     tung kommen. Aus diesem Grund ha-
migen Department das Institut für Syn-      lichen als auch einen wasserlöslichen       ben sich die Forscher einen Kunstkniff
thetische Bioarchitekturen. In dieser       Anteil – sind also sowohl lipophil als      ausgedacht: Sie betten die in vitro her-
Funktion kann sie sich nun mit Lei-         auch hydrophil. Mithilfe dieses Aufbaus     gestellten Proteine in eine künstliche
denschaft einer Tätigkeit widmen, die       können Membranen die lebende Zelle          Membran aus Polymeren ein, die we-
in ihren Jahren an den Max-Planck-In-       von ihrer Außenwelt abtrennen, haben        sentliche Eigenschaften ihrer biologi-
stituten für Biochemie in Martinsried       aber auch auf subzellulärer Ebene die       schen Schwestern nachempfindet, aber
und für Polymerforschung in Mainz           Aufgabe, Kompartimente zu bilden,           in gängigen Lösungsmitteln wesentlich
nicht gerade im Vordergrund gestan-         Reaktionsräume gegeneinander abzu-          stabiler ist. Auf diese Weise kann die
den hat: der universitären Lehre. „Ich      grenzen und an der räumlichen Orga-         Struktur der Proteine einer Untersu-
habe die Studierenden vermisst“, be-        nisation des biologischen Geschehens        chung durch spektroskopische Metho-
kennt Sinner, die in der Lehre auch         mitzuwirken. Eine Vielzahl von Pro-         den zugänglich gemacht werden, um
einen gesellschaftlichen Auftrag sieht.     teinen, die in die Lipid-Doppelschicht      die genaue räumliche Anordnung der
„Wenn Menschen mit akademischer             eingebettet sind, statten die Membra-       strukturellen Einheiten zu bestimmen.
Bildung glauben, sie nähmen genfreie        nen zudem mit hochspezifischen Funk-        Künstliche Membranen mit darin ein-

                                                                                                                              17
Schritt für Schritt in Richtung Nanostrukturen: Zellfrei hergestellte Proteine werden in synthetische Membranen eingebaut. Langfristiges Ziel ist die
Fusion mit lebenden Zellen. Grafik: Eva-Kathrin Sinner

gebauten Proteinen können aber auch               dieser Klasse, der eine wichtige Rolle              zu größeren, selbstorganisierten Struk-
dazu dienen, niedrigmolekulare Bin-               bei der Metastasierung von Brustkrebs               turen vorzustoßen. Langfristiges Ziel ist
dungspartner (sogenannte „Liganden“)              spielt. Anwendungen gibt es aber auch               dabei, die in vitro hergestellten Proteine
dieser Proteine zu finden. Das ist ins-           auf technischem Gebiet: So können in                samt ihrer synthetischen Membranum-
besondere für Strukturen interessant,             Polymer-Membranen         immobilisierte            gebung wieder in lebende Zellen einzu-
die an wesentlichen physiologischen               Geruchsrezeptoren als molekulare Sen-               schleusen. Auf diese Weise würde man
Prozessen beteiligt und somit auch von            soren verwendet werden. Gemeinsam                   sich gleichsam „von unten“ (oder „bot-
höchster Relevanz sind, wenn diese aus            mit Niyazi Serdar Sarıçiftçi von der JKU            tom-up“, wie man in der Nanotechno-
dem Ruder laufen und Krankheiten ent-             Linz wird wiederum versucht, Lichtsam-              logie gern sagt) einem Verständnis der
stehen. „Eine besonders wichtige Grup-            melkomplexe (englisch „light-harvesting             strukturellen Architekturen lebender
pe sind etwa die G-Protein-gekoppelten            complexes“), die Pflanzen für die Photo-            Systeme nähern – was auf lange Sicht
Rezeptoren“, nennt Sinner ein Beispiel,           synthese verwenden, in biologisch in-               auch dem therapeutischen Eingriff
für dessen Erforschung sogar der Che-             spirierten Solarzellen zu nutzen.                   neue Perspektiven ermöglichen könnte.
mie-Nobelpreis 2012 vergeben wurde.
„Ungefähr 40 Prozent aller auf dem                Synthetische Biologie zwischen allen                Dass die Synthetische Biologie an ähn-
Markt oder in Entwicklung befindlichen            Stühlen. Sinners Arbeitsgruppe ist am               liche Akzeptanz-Grenzen stoßen wird
Medikamente zielen auf diesen Typus               BOKU-Department für Nanobiotechno-                  wie die Gentechnik, sieht Sinner nicht
von Rezeptoren ab“, zeigt Sinner das              loge angesiedelt, das aus dem von Eme-              so schnell kommen. Sehr wohl ist sie
Potenzial auf, das der Forschungsgegen-           ritus Uwe Sleytr aufgebauten Zentrum                sich aber des Erfordernisses bewusst,
stand in sich trägt. Denn ein gezieltes           für Ultrastrukturforschung hervorge-                Regelungen für den Umgang mit den
Screening nach Wechselwirkungspart-               gangen ist. „Sleytr sagt immer, wir sind            im Labor geschaffenen Entitäten zu
nern dieser Membranproteine, wie es in            hier nicht einordenbar“, schmunzelt                 schaffen, weil berechtigte gesellschaft-
der Pharma-Industrie üblich ist, schei-           Sinner, „wir sind nicht Biologie, nicht             liche Sicherheitsinteressen bestehen.
terte bisher daran, dass herkömmliche             Chemie, nicht Physik.“ Vielmehr liegt               „Das darf aber nicht bedeuten, dass
Synthesewege meist Proteine liefern,              eine Form von Interdisziplinarität vor,             an bestimmten Aspekten gar nicht ge-
die ihre biologische Funktion weitge-             die mit dem Aufkommen der Nano-                     forscht werden darf“, fordert Sinner,
hend eingebüßt haben. Durch Einbau                technologie in die Naturwissenschaften              „sonst fehlt die erforderliche Experti-
in Vesikel aus biomimetischen Mem-                gekommen ist. Am ehesten fühlt sich                 se.“ Die Erstellung von Normen müsste
branen, wie er Sinners Gruppe gelun-              Sinner einem Fachgebiet zugehörig,                  daher stets Aufgabe der Wissenschaft
gen ist, eröffnen sich hier ganz neue             dass sich „Synthetische Biologie“ nennt             selbst sein, und nicht von außen auf-
Möglichkeiten. Ein anderes Beispiel               – doch auch dazu gibt es viele verschie-            geprägt werden: „Wir haben, etwa in
sind Integrine, die für die Zellladhäsi-          denartige Assoziationen. „Meistens                  der Gentechnik oder bei den Prionen,
on (also den Kontakt von Zellen unter-            geht es dabei gar nicht darum, eine                 schon mehrfach bewiesen, dass wir
einander oder mit der extrazellulären             ‚Extrem-Biotechnologie‘ zu betreiben,               schnell die erforderlichen Maßnahmen
Matrix) von zentraler Bedeutung sind.             die Lebewesen mit genetischer Minima-               setzen können“, ist Sinner überzeugt.
Gemeinsam mit Kooperationspartne-                 lausstattung zusammenbaut“, erläutert
rInnen der TU München untersucht das              Sinner. Ihr Ansatz ist vielmehr, ausge-             Der Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift
BOKU-Team die Rolle eines Rezeptors               hend von den molekularen Bausteinen                 Chemiereport/Austrian Life Sciences

18
BOKU alumni
D a s M a g a z i n d e s a lum n i v e r b a n d e s d e r b o k u w i e n      Nr. 4 | Dezember 2013

Alumni-Tag 2013
Wiederkehr an die BOKU
Reflexionen               WABAG - Firmenporträt                  Exkursion Baustelle
Interview mit Altrektor       Abwasser trinkbar machen           Pilotprojekt für flussbauliche
Hubert Sterba                                                    Maßnahmen
Ballkarten
ermäSSigte
             itglieder
 für alumni-M
Inhalt                                                 Editorial

                                                                                                                                                                     Claus Michalek
                                                            Minki beim
                                                            Alumni-Tag

                                                      M
                                                                   inki ist sehr aufgeregt. Zum ersten Mal, seit es sie nach Wien verschlagen
                                                                   hat, soll sie auf die BOKU in Wien. Im 19., hat sie gehört, soll es sein. Bis-
                                                                   her ist sie aus Meidling kaum herausgekommen, nachdem ihre Gärtnerei
                                                       so zu florieren begonnen hat. Aber dieses Mal macht sie eine Ausnahme. Weil sie
                                                       so nett eingeladen worden ist, zum BOKU Alumni-Tag, um dort den AbsolventInnen
                                                       etwas über sich zu erzählen – singenderweise, und zusammen mit dem Johannes
  22                                                   Glück, der ja quasi so was wie ihr „Papa“ ist. Und die Sigrid Spörk, die dafür zustän-
                                                       dig ist, dass die Minki überhaupt etwas zu sagen hat, ist auch dabei. Ohne die Sigrid
                                                       wäre sie nämlich ganz schön schüchtern, die Minki. Und das ist sie am Morgen des
                                                       Alumni-Tags auch noch, als sie mit der Sigrid zusammen an die BOKU kommt. Ein
                                                       großes Gebäude. Sehr prachtvoll. Sehr imposant. Aber sie geht mutig mit der Sigrid
                                                       Schritt für Schritt die Stiegen hinauf in den dritten Stock zum Festsaal. Im Festsaal
                                                       wird nämlich Minkis Programmpunkt stattfinden. Und dort angekommen, sieht sie
                                                       auch schon, wie schön alles aufgebaut worden ist. Eine richtige Kaffeehaus-Atmo-
   34                                                  sphäre. Und plötzlich wird es der Minki schon leichter ums Herz. Außerdem sind da
                                                       so viele nette Menschen, die alle höchst beschäftigt ein wunderbares Buffet aufbau-
   Editorial                                           en und der Minki sogar ein Schälchen Milch bringen.
21 Minki beim Alumni-Tag                               Grad wie die Minki, die Sigrid und der Johannes für ihren Auftritt den „Sound-
                                                       check“ vorbereiten, kommen auch schon die ersten Gäste. AbsolventInnen aus
   Cover                                               über fünf Jahrzehnten sind aus dem ganzen Land und sogar aus Übersee gekom-
22 Wiederkehr an die BOKU –                            men. Ein buntes Reden und großes Hallo. Diese fröhliche Stimmung hilft der Min-
   Alumni-Tag 2013                                     ki auch, ihre Nervosität zu verbergen. Die Sigrid hilft ihr auch, spricht ihr Mut zu.
                                                       Und dann ist es so weit: Nach den Worten des Rektors gehen die drei auf die Büh-
   Interview                                           ne und erzählen ihre Geschichte. Von der Ankunft in Wien, dem Bachelor an der
27 Reflexionen zur Laufbahn –                          BOKU, dem „Ganz, ganz lieb“ zum Pezi, dass man sich „Aner“ wünscht und „man-
   Altrektor Hubert Sterba                             che Sachen sich nie ändern“. Als das Publikum dann so begeistert applaudiert und
                                                       die Minki, die Sigrid und der Johannes sich verbeugen, hat die Minki eine richtige
       Karriere                                        „Katzenhaut“ und freut sich, dass das Alumni-Team sie zu diesem besonderen Tag
30     Aufsteiger & Einsteiger                         eingeladen und die Sigrid sie einfach in Meidling gepackt und mitgenommen hat.
32     Sponsionen
33     Kommentar                                       Nach dem Auftritt ist sie überwältigt von den Komplimenten der Gäste und knüpft
34     WABAG – Firmenporträt                           zahlreiche Kontakte mit den BOKU-AbsolventInnen. Sie hört spannende Lebens-
                                                       geschichten. Minki ist begeistert. Eigentlich wünscht sie sich, sie hätte damals
   Kurzmeldungen                                       auch in Wien auf der BOKU studiert. Dann muss sie lächeln und bemerkt: „Ich bin
36 Beiträge der                                        ja eh eine von ihnen!“
   AbsolventInnenverbände
                                                       Sigrid Spörk und Johannes Glück lassen in ihren Kabaretts Minki – eine Figur aus
39 Exkursion Baustelle
                                                       dem Kinderfernsehen der 70er und 80er – wieder aufleben.
40 Splitter

IMPRESSUM. Herausgeber: Alumnidachverband der Universität für Bodenkultur Wien, Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien, www.alumni.boku.ac.at • Geschäfts-
führerin BOKU alumni: Gudrun Schindler, alumni@boku.ac.at • Redaktion: Andrea Grabmaier, bokulumni@boku.ac.at • Auflage: 8.000 • Mitarbeit: Sigrid
Spörk, Martin Limmert, Jill Molsner, Lisa Knor, Vanessa Rolke, Petra Johanna Sölkner, Christoph Metzker, Susanne Langmair-Kovács, Dietmar Jäger, Wolfgang Kneifel,
Elisabeth Sanglhuber, Ricarda Groiss-Besenhofer, Hannes Plackner, Christine Thurner und Sonja Ebner • Grafik: Patricio Handl • Druck: AV+Astoria • Alle redak-
tionellen Beiträge sind nach bestem Wissen recherchiert, es wird jedoch keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen. Namentlich nicht gekennzeichnete
Beiträge stammen von der Redaktion. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen sind aus Platzgründen vorbehalten.

                                                                                                                                                               21
Cover

22
Eine Wiederkehr an die BOKU
Über 350 AbsolventInnen besuchten ihre Alma mater viridis
                                 Text: Andrea Grabmaier • Fotos: Haroun Moalla, Andrea Grabmaier

D
          er schönste Alumni-Tag bis-
          her“ – der heurige Alum-
          ni-Tag war ein großer Erfolg,
und dafür war nicht nur das Wetter
verantwortlich. Bei Sonnenschein und
beinahe sommerlichen Temperaturen
öffnete die BOKU am Samstag, dem
28. September erneut die Türen für
ihre AbsolventInnen. Das Programm
war abwechslungsreich und vielfältig.
Bei einem ausgedehnten Brunch – der
Festsaal verwandelte sich zu einem Ort
der Begegnung – wurden bei ausge-
lassener Kaffeehaus-Atmosphäre viele
herzliche Wiedersehen zelebriert. Eine
Kabaretteinlage mit BOKU-Bezug von
Sigrid Spörk und Johannes Glück ver-
feinerte das Vormittagsprogramm. Bei
der „Führung über die Türkenschanze“
bot sich den BesucherInnen die Mög-
lichkeit, altes geschichtliches Wissen

 Ergebnisse der 9. Alumni-Generalver-
 sammlung vom 28. September 2013
                                            zum Standort Türkenschanze mit aktu-        statt. Nach den Reden der Altrektoren
 Änderungen im Vorstand:
                                            ellen Erscheinungsbildern zu verknüp-       mit charakteristischen Erzählungen zu
 Das Forum Landschaftsplanung wirkt
 künftig nicht mehr als AbsolventInnen-
                                            fen. Altrektor Hubert Sterba berichtete     den einzelnen Jahrgängen wurde das
 verband, sondern nur mehr als Heraus-      über die ehemaligen Funktionen der          Abendbuffet in der Aula eröffnet. Musi-
 geberverband des Magazins +zoll. Der       BOKU-Gebäude und erzählte erheitern-        kalische Begleitung von BOKUBrass, die
 Sitz im Vorstand des Alumnidachver-        de Episoden aus seiner Studienzeit.         Diplom- und Doktorarbeiten der Absol-
 bandes wurde somit zurückgelegt.                                                       ventInnen und eine Tombola mit Preisen
 Altrektor Leopold März hat mit seiner      Im „Gesteinskammerl“ konnten die Ab-        von BOKU-AbsolventInnen umrahmten
 Emeritierung die Vorstandsfunktion         solventInnen abermals Steine „begrei-       den unterhaltsamen Abend. Zum Anden-
 des Kassiers-Stellvertreters zur Verfü-    fen“ – ihr Wissen über Geologie und         ken an das Zusammentreffen wurden
 gung gestellt. Zum Nachfolger wurde
                                            Gesteinskunde wurde von Franz Ottner        Jahrgangsfotos gemacht. Eine Nachschau
 Ehrensenator Karl Doutlik ernannt und
 gewählt.
                                            aufgefrischt. Anschließend wurde im         mit Bildern und Videos gibt es online un-
                                            größten Hörsaal der BOKU, dem GH01,         ter alumni.boku.ac.at/alumnitag.
 Statutenänderung:                          Platz genommen. Drei Kurzvorlesun-
 Internationale Alumni, die für den         gen versetzten die AbsolventInnen in         BOKU TERMINAVISO 2014
 Alumnidachverband der Universität          ihre Studienzeit zurück. Mit einer alten
                                                                                         ALUMNI-Tag: Sa, 27. Sept. 2014, 11–18
 für Bodenkultur als Kontaktperson          Tradition, dem akademischen Klopfen,         Uhr, Jahrgangstreffen der Inskriptionen
 fungieren, sind von der Mitgliedsbei-      wurden die Vorlesungen beendet.              aus: 1994/1984/1974 und 1964
 tragspflicht ausgenommen. Diese Sta-
                                                                                         Treffen Internationaler BOKU-Alumni:
 tutenänderung wurde von der Gene-
                                            Die Jahrgangstreffen der Inskriptions-       Fr., 26. September 2014, 10–19 Uhr,
 ralversammlung beschlossen.
                                            jahrgänge 1963, 1973, 1983 und 1993 fan-     Workshop und Abendessen
                                            den dieses Jahr im Schwackhöfer-Haus         Infos: alumnievents@boku.ac.at
 Entlastung des Vorstandes und der
 Geschäftsführung:
 Auf Basis des Rechenschaftsberichts                                                                         Wir bedanken
 wurde der Vorstand sowie die Ge-                                                                            uns bei den
 schäftsführung für das Berichtsjahr                                                                         Sponsoren
 2012 entlastet.

                                                                                                                              23
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