BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?

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BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?
BOKU
DAS MAGAZIN DER UNIVERSITÄT DES LEBENS
                                                      Nr. 1 | März 2018
                                                      ISSN: 2224-7416

  Wie umgehen mit Naturgefahren?

PORTRÄT                 NEU AN DER BOKU                CD-LABOR:
WILDBIOLOGE               DAS INSTITUT FÜR   SEDIMENTFORSCHUNG-
KLAUS HACKLÄNDER         SOZIALE ÖKOLOGIE       UND MANAGEMENT
BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?
INHALT

                                          Shutterstock
3   Eine neue Ära beginnt: Rektor
    Hubert Hasenauer über die BOKU

4   Winteranpassung alpiner Tiere

8   Willkommen an der BOKU:
    Das Institut für Soziale Ökologie

9   Frauen in Männerdomänen: Katharina
    Albrich vom Institut für Waldbau

10 Molekularbiologie-Olympiade:
    BOKU gewinnt Silber!

12 Neues CD-Labor zu Sediment-
    forschung- und management                            4         12
14 Wie umgehen mit immer häufiger
    werdenden Naturgefahren?

18 Die BOKU auf Delegationsreise
    in Großbritannien

20 Save the Date: 26. April, der vierte
    Nachhaltigkeitstag!

21 Kate Raworth zu Besuch auf der BOKU
22 Jetzt regelmäßig an der BOKU:
    Der BOKU Bauernmarkt

24 Wir haben ein neues Rektorat!
29 Der Entwicklungsplan der BOKU

30 Splitter
                                                         20
33 Aufrüstung mit hochmodernen

                                                                        Wilke
    Forschungsgeräten

34 Gründen und Empowerment
    an der BOKU

35 Strategische Kooperation
    BOKU-Umweltbundesamt

36 Diversität und soziale Gerechtigkeit
38 Wie Diskriminierung im
    Hochschulbereich erkennen?
                                                         24
40 BOKU im mumok
                                                                        Shutterstock

41 Forschungs-FAQ
42 EU-DSGVO: Über den Umgang
    mit schutzwürdigen Daten

44 Radwege: Gesundheitliche
    und wirtschaftliche Vorteile

45 MitarbeiterInnen der
    BOKU als AutorInnen

46 Weiterbildung an der BOKU
                                                         40   44
BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?
EDITORIAL

                                                                                                                                                                                        Mediendienst Wilke
u BOKU – FIT FÜR DIE ZUKUNFT

                                                                                                                                                    HUBERT HASENAUER
                                                                                                                                                    Rektor

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde der BOKU!

A
         ls neuer Rektor ist es mir eine besondere Freude, Ihnen                               Absolventinnen und Absolventen garantieren zu können. In allen
         mit der aktuellen Ausgabe des BOKU Magazins Frau Vi-                                  unseren BOKU-Studien ist die Verknüpfung zwischen Universität,
         zerektorin Ao. Univ.Prof.in Dr.in Sabine Baumgartner, ver-                            Studierenden und ArbeitgeberInnen exzellent.
antwortlich für Lehre und Weiterbildung, Herrn Vizerektor DI
Gerhard Mannsberger, Vizerektorat für Organisation und Prozess-                                Eine wichtige Aufgabe der Vergangenheit war und auch der Zu-
management, sowie Herrn Univ.Prof. Dr. Christian Obinger, Vize-                                kunft ist es, die Verbesserung der Infrastruktur durch den Neu-
rektor für Forschung und Innovation, vorstellen zu dürfen. Frau                                bau bzw. die Renovierung unserer Gebäude zu ermöglichen.
Mag.a Andrea Reithmayer ist bereits bestens bekannt und wird                                   Unter der bewährten Leitung von Frau Vizerektorin Reithmayer
weiter das Vizerektorat für Finanzen führen. Wir sind mit viel Elan                            wurden wichtige Bauvorhaben abgeschlossen und wir freuen
und Energie bereit, uns den kommenden Aufgaben zu stellen, und                                 uns auf die Fertigstellung des neuen Türkenwirtes, der mit Okto-
freuen uns, eine in Forschung und Lehre erfolgreiche Universität                               ber 2018 in Betrieb gehen soll. Das nächste Bauvorhaben ist die
leiten zu dürfen. Wir bedanken uns beim scheidenden Rektorat                                   Erweiterung des Schwackhöfer-Hauses – ein zeitgemäßer „Holz-
für die geordnete Amtsübergabe und die gute Zusammenarbeit.                                    bau“. Neben diesen Bauvorhaben gilt es aber auch, für die ca.
                                                                                               13.000 BOKU-Studierenden die fachlichen Rahmenbedingungen
Die erstklassigen Erfolge der BOKU lassen sich an den herausra-                                für eine qualitativ hochwertige forschungsgeleitete Lehre zu er-
genden Leistungen in Forschung und Lehre, den internationalen                                  möglichen. Dazu gilt es, qualifizierte Professorinnen und Profes-
Rankings, aber auch an dem raschen Berufseinstieg unserer Ab-                                  soren an die BOKU zu holen bzw. an der BOKU zu halten.
solventinnen und Absolventen messen. Sowohl in Österreich als
auch im internationalen Umfeld hat die BOKU mit ihrem inter-                                   In den nächsten Wochen und Monaten gilt unsere volle Aufmerk-
disziplinären Ansatz in der Verknüpfung von Natur-, Sozial- und                                samkeit der Vorbereitung der Leistungsvereinbarungen mit dem
Ingenieurwissenschaften ein einzigartiges Alleinstellungsmerk-                                 Bundesministerium, die dann im Herbst zu verhandeln sind. Ich
mal. Dies gilt es, in Forschung und Lehre zu festigen bzw. weiter                              darf mich im Namen des gesamten Rektorates für die freundliche
auszubauen.                                                                                    Aufnahme in unseren neuen Funktionen bedanken. Wir freuen
                                                                                               uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Aktuell erleben wir eine Renaissance der klassischen Studienrich-
tungen. So hat sich die Anzahl der Erstsemestrigen in fast allen
Studienrichtungen erhöht, in der Lebensmittel- und Biotechnolo-
gie sowie im Umwelt- und Bioressourcenmanagement sogar sehr
stark erhöht. Eine Ausnahme ist die Kulturtechnik, wo mehr Stu-
dierende wünschenswert wären, um die erwartete Nachfrage an

IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien. Chefredaktion: Michaela Klement, Re-
daktion: Hermine Roth, Ingeborg Sperl AutorInnen: Michaela Amstötter-Visotschnig, Lisa Bohunovsky, Julia Buchebner, Margarita Calderon-Peter, Ingrid Döller-Diem, Martin
H. Gerzabek, Jürgen Gruber, Hubert Hasenauer, Elisabeth Laa, Margit Laimer, Natalie Lehner, Heidi Leonhardt, Carmen Müllner, David Neidhart, Florian Pletterbauer, Eva Ploss,
Alexander Praschil, Georg Sachs, Andreas Schildberger, Erwin Schmid, Martin Schmid, Ingeborg Sperl. Lektorat: Susanne Hartmann Grafik: Patricio Handl Coverfoto: Shut-
terstock Druck: Druckerei Berger Auflage: 7.000 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich Blattlinie: Das BOKU Magazin versteht sich als Informationsmedium für Angehörige,
AbsolventInnen, Freundinnen und Freunde der Universität für Bodenkultur Wien und soll die interne und externe Kommunikation
                                                                                                                                                 UZ24              Dieses Produkt
fördern. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und müssen mit der Auffassung                   „Schadstoffarme   stammt aus nachhaltig
der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge                   Druckerzeugnisse“ bewirtschafteten
                                                                                                                                                 UW 734            Wäldern und
senden Sie bitte an michaela.klement@boku.ac.at                                                                                                                    kontrollierten Quellen
                                                                                                                                                                     PEFC/06-39-12

          BOKU Magazin 1 2018
                                                                                                                                                                                       3
BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?
WENN DER SCHNEEHASE MIT
DEM FELDHASEN …
Klaus Hackländer, Professor für Wildtierbiologie und Jagdwirtschaft
an der BOKU, erforscht den Einfluss des Menschen auf Wildtierpopulationen.
Dem Hasen ist er dabei besonders zugetan.                                                                       Von Georg Sachs

S
      chneehasen sind von klimatischen        wird. Er wird daher zu früh weiß und zu      te angesichts schneller werdender kli-
      Veränderungen im alpinen Hoch-          spät wieder braun und ist in den Zeitfens-   matischer Veränderungen eine Arealver-
      gebirgsbereich besonders stark be-      tern des Übergangs besonders auffällig“,     schiebung statt: „Schneehasen weichen in
troffen. Die Farbe des Fellkleids der wild-   erklärt Klaus Hackländer, Professor für      höhere Höhenlagen aus und bekommen
lebenden Populationen wechselt, wenn es       Wildtierbiologie und Jagdwirtschaft an       von unten Konkurrenz durch Feldhasen“,
Winter wird, von braun auf weiß, damit        der BOKU, der sich seit Langem mit der       sagt Hackländer. Dabei geht es nicht nur
die Tiere auch angesichts winterlicher        Ökologie der Hasen beschäftigt. Konnte       um den Wettbewerb bei den Nahrungs-
Schneepracht natürlichen Feinden nicht        man in der Vergangenheit einen klaren        ressourcen und den Lebensraum, son-
gleich ins Auge springen. „Der Schnee-        Selektionsvorteil derjenigen Individuen      dern auch um Paarungsverhalten und
hase steht nun vor der Herausforderung,       beobachten, die ihr Winterkleid später       Fortpflanzungschancen: „Schneehasen-
dass die Zeit der Schneedecke kürzer          bekamen und früher verloren, findet heu-     weibchen paaren sich ganz gerne mit den

                                                                                                           BOKU Magazin 1 2018
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Shutterstock
etwas größeren Feldhasenrammlern, so-
dass es sich bei den Nachkommen um Hy-
bride handelt“, erläutert Hackländer. Die
Schneehasen seien so zwar in der Lage,
ihre Fortpflanzungschancen zu wahren,
es komme dabei aber zu einem Verlust an
genetischer Vielfalt.

Die ökologischen Zusammenhänge in ei-
ner von Menschen beeinflussten Kultur-
landschaft sind eines der Spezialgebiete
von Hackländer, der dazu am Institut für
Wildbiologie und Jagdwirtschaft forscht
und lehrt. Dieses Wissen soll im zwei-
ten Schritt aber auch einem geeigneten
Management von Wildtierarten zugu-
tekommen. „Manche Tiere gehören zu
den Gewinnern der vom Menschen ver-
ursachten Veränderungen und können
durch ihr vermehrtes Auftreten Schäden
verursachen. Hier braucht es Maßnahmen
zum Schutz von Kulturpflanzen oder zur
Lenkung der Population.“ Andere Arten
dagegen sind als Verlierer anzusehen
und müssen durch entsprechende Maß-

       BOKU Magazin 1 2018
                                            5
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»Es kommt nicht von ungefähr,
                                                                           dass der Hase in vielen Kulturen
                                                                           als Symbol der Fruchtbarkeit angesehen
                                                                           wird. Bei uns hat sich das mit dem
                                    Osterhase                              Symbol des Osterhasen erhalten.«
                                                                           Klaus Hackländer

nahmen in ihren Lebensräumen gehalten       standen, wie das hormonell funktioniert“,   Den Hasen (Schneehasen wie Feldhasen)
werden. Bei Arten, die weder zur einen      weist Hackländer auf eine Lücke hin,        ist der Forscher aber auch aus biografi-
noch zur anderen Gruppe gehören, sollte     die im Wissen der Biologie heute noch       schen Gründen besonders zugetan. Als
wiederum darauf geachtet werden, dass       besteht. Ähnlich verhält es sich mit der    Jugendlicher gehörte sein besonderes In-
eine Nutzung der Art (etwa zur Fleisch-     scheinbar jungfräulichen Geburt, die zu-    teresse dem Vogelschutz. „Ich bin in Lud-
gewinnung) nachhaltig stattfindet und es    weilen zu beobachten ist: „Hasenweib-       wigshafen aufgewachsen, direkt neben
nicht zu einer Übernutzung kommt.           chen können auch nach einer Begattung       einem der größten Industriekomplexe Eu-
                                            durch sterile Rammler trächtig werden.“     ropas. Ich liebe es, wenn es stinkt“, erzählt
Die Hasen sind aus mehreren Gründen         Das ist darauf zurückzuführen, dass ei-     der Biologe schmunzelnd. Dennoch haben
eine besonders faszinierende Gattung,       nerseits auch diese bei der Begattung       die Eltern eine Menge an Naturerfahrung
wie Hackländer erzählt. Sie können sich     mechanisch den Eisprung auslösen, an-       ermöglicht: „Wir waren jeden Sommer in
sehr gut an Änderungen der äußeren          dererseits aber Spermien aus einer frü-     Österreich zum Wandern und in den Os-
Umstände anpassen. Zudem gibt es eini-      heren Kopulation mindestens 36 Tage im      terferien an der Nordseeküste.“ Die Vogel-
ge Phänomene, die noch gar nicht voll-      Geschlechtstrakt des Weibchens überle-      kunde wurde zum Hobby, der Naturschutz
ständig verstanden sind: So zeigen sie      ben können und dann für eine Befruch-       zum persönlichen Anliegen, die Hack-
als einzige Säugetiergruppe regelmäßig      tung zur Verfügung stehen. „Es kommt        länder schließlich auch zum Studium der
das Phänomen der „Überbefruchtung“:         nicht von ungefähr, dass der Hase in vie-   Biologie an der Universität Marburg an der
Hasenweibchen können auch dann träch-       len Kulturen als Symbol der Fruchtbarkeit   Lahn führten. Für die Diplomarbeit geriet
tig werden, wenn sie schon trächtig sind,   angesehen wird. Bei uns hat sich das mit    er zufällig an ein Projekt, in dem Murmel-
tragen dann also Würfe verschiedenen        dem Symbol des Osterhasen erhalten“,        tiere im alpinen Raum untersucht wurden.
Alters im Uterus. „Es ist noch nicht ver-   erläutert Hackländer.                       Der Betreuer der Arbeit war Walter Ar-

                                                                                                          BOKU Magazin 1 2018
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BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?
Albrecht Dürer
Feldhase, 1502
Aquarell, Deckfarben, mit Deckweiß gehöht
                                                                             »Ich bin in Ludwigshafen aufgewachsen,
© Albertina, Wien
                                                                             direkt neben einem der größten
                                                                             Industriekomplexe Europas. Ich
                                                                             liebe es, wenn es stinkt.« Klaus Hackländer
nold, der in dieser Zeit an die Veterinärme-   Sammeln und Analysieren von Kotpillen           hält der Biologe dabei für eine gerechtfer-
dizinische Universität nach Wien berufen       bis hin zu molekulargenetischen Werkzeu-        tigte Form des Managements einer Wild-
wurde. Hackländer wurde vorgeschlagen,         gen. So konnte beispielweise mit besen-         tierart. „Ich esse selbst gerne Wildfleisch,
sich anzuschließen und an einem Projekt        derten Tieren untersucht werden, wie die        weil ich weiß, dass die Tiere ein schönes
über Feldhasen mitzuwirken. Mit einem          Feldhasen-Population im Marchfeld sich in       Leben hatten“, bekennt Hackländer. Ge-
Stipendium des Deutschen Akademischen          Zeiten der Getreideernte verhält. Zudem         konnt zubereitet, handle es sich um eines
Austauschdiensts promovierte er an der         konnte eine Methodik entwickelt werden,         der hochwertigsten Fleischprodukte, die
Universität Wien, arbeitete als Preisträger    um aus sogenannten Plazentanarben die           auf den Markt kommen. „Es gibt aber sehr
der Deutschen Wildtier Stiftung an seiner      Zahl der Geburten über ein ganzes Jahr          wohl kritikwürdige Punkte, die ich in mei-
Habilitation und folgte dann 2005 dem          zu rekonstruieren. „Für mich sind das alles     ner Forschungs- und Gutachtertätigkeit
Ruf an die BOKU.                               Methoden, die dazu dienen, Aussagen auf         auch thematisiere, ohne das Kind mit dem
                                               einer übergeordneten Ebene zu machen“,          Bade auszuschütten“, meint der Forscher.
METHODENMIX UND JAGDPRAXIS                     sagt Hackländer. Gerade in der Ökologie         
In ihrer Forschungsarbeit wenden Hack-         sei es wichtig, interdisziplinär zu arbeiten.
                                                                                               Der Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift
länder und sein Team die unterschied-                                                          Chemiereport/Austrian Life Sciences.
lichsten Methoden an und arbeiten dazu         Immer wieder wird Hackländer zu seiner
auch auf internationaler Ebene mit re-         Meinung zum oft heiß umstrittenen The-
nommierten ExpertInnen zusammen. Die           ma Jagd befragt. Eine nachhaltige Form
Bandbreite reicht dabei von der direkten       der Jagd, die nicht den Spaß am Schießen,
Beobachtung der Tiere über die Teleme-         sondern die nachhaltige Nutzung der na-
trie (also das Verfolgen über Sender), das     türlichen Ressource „Wild“ im Auge hat,

       BOKU Magazin 1 2018
                                                                                                                                             7
BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?
Neu an der BOKU: Soziale Ökologie
                                     Von Erwin Schmid (WiSo-Department) und Martin Schmid (Institut für Soziale Ökologie)

M
        it 1.3.2018 wird das Institut für Sozi-   Human Appropriation of Net Primary Pro-        „Human- und Sozialökologie“ an der AAU
        ale Ökologie (SEC) Teil der BOKU.         duction; HANPP), integrierte sozial-öko-       mit inzwischen mehr als 100 Absolventin-
        Nach einem Transfer von der Al-           logische Modellierung und besondere            nen und Absolventen. Im Jahr 2012 wurde
pen-Adria-Universität Klagenfurt (AAU)            Schwerpunkte wie interdisziplinäre Um-         mit der „Doctoral School Social Ecology“
findet es seine neue organisatorische Ein-        weltgeschichte und sozial-ökologische          (DSSE) auch ein strukturiertes Doktorats-
bettung am Department für Wirtschafts-            Transformationsforschung haben den             programm eingerichtet. Diese Studien-
und Sozialwissenschaften (WiSo). In den           internationalen Nachhaltigkeitsdiskurs in      programme werden bis auf Weiteres von
nächsten Jahren wird das SEC noch im an-          den letzten Jahren maßgeblich geprägt.         der AAU in Klagenfurt betreut.
gestammten Gebäude in der Schottenfeld-
gasse in Wien-Neubau bleiben. Eine Über-          Auf Basis eines breiten Portfolios von Pro-    Mit der BOKU kommt das SEC an eine
siedlung an den Standort Türkenschanze            jekten verschiedener Fördergeber (u. a.        Universität, die sich Nachhaltigkeit als
ist vorgesehen, sobald ausreichende Büro-         FWF, ÖAW, EU-RP, H2020) ist es dem SEC         wichtiges Leit- und Zukunftsthema in For-
raumflächen zur Verfügung stehen.                 über drei Jahrzehnte gelungen, ein erfah-      schung und Lehre gesetzt hat. Das macht
                                                  renes, hoch qualifiziertes und internatio-     die BOKU zu einem idealen Umfeld für
Umwelt- und Nachhaltigkeitswissen-                nal erfolgreiches Team von derzeit ca. 30      die Arbeiten des SEC. Mit seinem syste-
schaften bewegen sich in Richtung einer           Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufzu-       mischen Zugang zu Themenfeldern wie
verstärkten Kooperation mit Sozial- und           bauen. So konnte vom Institut bereits ein      Energie, Ernährungssicherheit, Urbanisie-
Kulturwissenschaften – genau an diesem            ERC-Grant zur Landnutzungsforschung            rung sowie Land- und Bodennutzung wird
Schnittpunkt setzt die Arbeit des SEC an.         (K.H. Erb) eingeworben werden, zwei wei-       das SEC die Forschungsschwerpunkte der
Durch seine inter- und transdisziplinäre          tere bringen der langjährige Institutsleiter   BOKU weiter stärken – und zwar in kom-
Forschung zur Wechselwirkung zwischen             Helmut Haberl und Simone Gingrich mit          plementärer Weise. Schon jetzt bestehen
sozialen und natürlichen Systemen im              an ihre neue Uni. Das SEC ist mit drei Pro-    erfolgreiche Kooperationen zwischen
Kontext nachhaltiger Entwicklung hat es           fessuren ausgestattet – Christoph Görg         Kolleginnen und Kollegen des SEC und
sich internationale Sichtbarkeit erarbei-         (Soziale Ökologie), Fridolin Krausmann         der BOKU, und es ist zu erwarten, dass
tet. SEC-Konzepte wie „gesellschaftlicher         (Nachhaltige Ressourcennutzung) und            zahlreiche weitere sowohl innerhalb des
Stoffwechsel“    (Materialflussrechnung),         Verena Winiwarter (Umweltgeschichte) –         WiSo-Departments als auch mit anderen
„Kolonisierung natürlicher Systeme“ (z. B.        und betreibt seit 2005 das Masterstudium       Departments folgen werden.            

                                                                                                                  BOKU Magazin 1 2018
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BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?
SZENARIEN DER ZUKUNFT
Katharina Albrich arbeitet am Institut für Waldbau an ihrer Dissertation und hat bereits für ihre Masterar-
beit zwei Preise erhalten. Nicht gerade gewöhnlich in einem Terrain, das sich Frauen erst langsam erobern
mussten.                                                                           Text und Foto: Ingeborg Sperl

A
        lbrichs Familie besitzt in Vorarl-                                                   den heimischen Gebirgswäldern solche,
        berg Gebirgswald, und daher ist                                                      die von Klimaextremen geprägt sind, zum
        sie „mit dem Wald aufgewach-                                                         Beispiel die Taiga in Alaska und Kanada
sen“, wie sie erzählt. Das Gelände liegt auf                                                 oder Wälder in sehr trockenen Gegenden.
1.400 bis 2.300 Metern, forstwirtschaftli-
che Nutzung findet nur begrenzt statt. Es                                                    Pläne für die Zeit nach der Dissertation hat
bieten sich aber eben deshalb interessan-                                                    sie noch nicht wirklich. „An einem Tag den-
te Einblicke in die natürlichen Gegeben-                                                     ke ich mir, es wäre schön, in der Wissen-
heiten des Gebirgswaldes.                                                                    schaft zu bleiben, am nächsten denke ich
                                                                                             daran, vielleicht bei einer NGO zu arbeiten.
Generell befasst sie sich mit Störungen im                                                   Auf jeden Fall will ich nach dem Doktorat
Wald und natürlich den Folgen des Kli-                                                       erst mal ins Ausland.“ Ihr Freund, der eben-
mawandels. Albrich hat dafür sowohl den                                                      falls Forstwirtschaft studiert, werkt zur Zeit
Preis der Karl-Schleinzer-Stiftung als auch                                                  in Finnland. Was Albrich dazu veranlasst,
den Wilfrieda Lindner Wissenschaftspreis                                                     einen Finnisch-Kurs zu belegen: „Eine ex-
erhalten.                                                                                    trem schwere Sprache“, meint sie.

Ihre Dissertation hat die Situation in Ös-                                                   Was man für Studium und Wissenschaft
terreich im Fokus und beschäftigt sich mit                                                   braucht: „Eine Grundvoraussetzung ist
der Resilienz (Widerstands- bzw. Erho-                                                       die Fähigkeit, sich lang und fokussiert mit
lungsfähigkeit) von Wäldern gegenüber                                                        einem Thema zu beschäftigen, Neugier,
Klimawandel und Störungen. Albrich ver-                                                      Frustrationstoleranz und Selbstorganisa-
wendet hierzu ein am Institut für Waldbau                                                    tion. Gerade in der Forstwirtschaft sollte
entwickeltes Waldsimulationsmodell. Die-                                                     man immer auch den Kontakt mit der Pra-
ses umfasst die Entwicklung eines einzel-                                                    xis suchen. Eine große Unterstützung sind
nen Modellbaums bis zur Landschaft.            Optisch wird sich die Waldlandschaft auf      meine Eltern, die mich stets zum selbst-
                                               jeden Fall verändern, denn eins steht fest:   ständigen Lernen und Erkunden ermun-
„Man kann Wachstumsprozesse gut si-            Die Fichte wird, besonders in den Tiefla-     tert haben.“ Und über den geografischen
mulieren – und wie sie vom Klima be-           gen, zurückgedrängt werden, auch weil         Tellerrand zu schauen ist auch nützlich:
einflusst werden. Natürlich gibt es da         sie für den Borkenkäfer so attraktiv ist.     Albrich war als Mitarbeiterin der Interna-
bezüglich möglicher Störungen Unsi-            „Diskutiert wird hier ein Ersatz durch die    tional Forestry Students’ Association häu-
cherheiten. Wenn etwa neue Schädlinge          Douglasie“, berichtet Albrich. „Eine gute     fig international unterwegs.
importiert werden, wie das zum Beispiel        Zukunft wird auch der Tanne vorausgesagt
beim Eschensterben geschehen ist, ist          – vorausgesetzt, es gelingt, den Einfluss     Der Frauenanteil bei den Forststudieren-
es schwer möglich, so etwas vorauszu-          durch das Wild auf ein vernünftiges Maß       den ist auf ungefähr 25 Prozent gestie-
sagen. Vertrauen in das Modell gewinnt         zu reduzieren. Ein Wald mit Mischbaumar-      gen. „Im Studium hatte ich als weibliche
man, indem man es mit historischen Daten       ten ist weniger anfällig und das Modell der   ‚Exotin‘ nie Probleme. Draußen geht es
vergleicht. Kann das Modell zum Beispiel       Zukunft. Unter den Laubbäumen wird die        manchmal schon rauer zu, da muss ich
Waldentwicklung und Störungsereignis-          Eiche eine gewichtige Rolle spielen.“         mich halt entscheiden, ob ich bei blöden
se der Vergangenheit gut nachbilden, so                                                      Sprüchen reagiere oder nicht.“
geht man davon aus, dass es auch bei           Dass die Baumgrenze wegen des Klima-
möglichen Szenarien der Zukunft funkti-        wandels steigen wird, ist außer Frage.        In ihrem Büro hängt eines der wunderba-
oniert“, sagt Albrich. „Zum Beispiel kann      Aber das wird nur sehr langsam passie-        ren Waldbilder von Caspar David Fried-
man einen Einblick bekommen, welche            ren, meint Albrich. Viel schneller wirkt      rich, gegenüber ein mächtiges Poster von
Wälder auch im veränderten Klima guten         die Tatsache, dass immer weniger Almen        Star Trek mit den technischen Einzelhei-
Schutz vor Naturgefahren bieten oder wo        bewirtschaftet werden. Dadurch steigt         ten des Raumschiffs und der Liste der
Handlungsbedarf besteht, um die Funkti-        die Fläche der Bewaldung generell. Be-        Crew. Vergangenheit und Zukunft – klar
onen des Waldes in Zukunft zu erhalten.“       sonders interessant findet Albrich neben      geht das zusammen, im Wald sowieso. 

       BOKU Magazin 1 2018
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BOKU - Wie umgehen mit Naturgefahren?
iGEM Team BOKU-Vienna 2017

BOKU-TEAM BEKOMMT SILBER BEI
MOLEKULARBIOLOGIE-OLYMPIADE
I
   m November 2017 nahmen Wiener             GLOBALE HERAUSFORDERUNG                      kann Jahrtausende in Anspruch nehmen.
   Studierende erstmals an der Interna-      PLASTIKMÜLL                                  Die Studierenden des Teams „BOKU-Vi-
   tional Genetically Engineered Machi-      Der verantwortungsvolle Umgang mit           enna 2017“ wollten nicht so lange warten
nes (iGEM) Competition teil. Der vom         Kunststoffen stellt eine der globalen Her-   und haben die Beschleunigung der Evolu-
MIT initiierte Wettbewerb im Bereich der     ausforderungen des 21. Jahrhunderts dar.     tion zum Ziel ihres Projekts gemacht.
synthetischen Biologie findet in Boston,     Vor allem in Entwicklungs- und Schwel-
Massachusetts statt und gilt als prestige-   lenländern findet nur ein Bruchteil des      Die iGEM Competition ist ein ursprüng-
trächtige „Molekularbiologie-Olympiade“.     benutzten Verpackungsmaterials den           lich vom Massachusetts Institute of Tech-
Das Team aus 15 BOKU-Studierenden            Weg in den Recyclingprozess. Der Rest        nology (MIT) initiierter, jährlicher Wett-
der Lebensmittel- und Biotechnologie         landet früher oder später im Meer.           bewerb, der sich der Lösung realer Pro-
stellte sich dem Wettbewerb mit einem                                                     bleme unter Zuhilfenahme der Techniken
Forschungsprojekt zum enzymatischen          Aufgrund dieser Problematik hat sich in      und Methoden der synthetischen Biolo-
Plastikabbau durch Mikroorganismen. Da       den letzten Jahrzehnten im Pazifik ein       gie verschrieben hat. Mit dem Team der
dieser natürliche Prozess sehr langsam       Müllwirbel von rund drei Millionen Tonnen    BOKU war dabei im Jahr 2017 erstmals
verläuft, wollte das Team „BOKU-Vienna       angesammelt, der ständig weiterwächst.       eine Wiener Universität bei dieser presti-
2017“ mittels neuer gentechnischer Me-       Meereslebewesen nehmen das Plastik           geträchtigen „Molekularbiologie-Olympi-
thoden die Evolution von Enzymen be-         samt seinen Schadstoffen irrtümlich als      ade“ vertreten.
schleunigen und damit zu verbesserten        Nahrung zu sich, und diese landen somit
Recyclingprozessen beitragen. Die Mühen      über die Nahrungskette auch auf unseren      Im Zuge des Wettkampfes konnten die
haben sich durchaus gelohnt, denn das        Tellern. Auf lange Sicht könnte sich die-    15 Studierenden der Lebensmittel- und
Team konnte schließlich eine Silberme-       ses Problem zwar durch die Entstehung        Biotechnologie zunächst ihr Konzept
daille für die BOKU ergattern und zufrie-    plastikfressender Bakterien von selbst lö-   frei wählen, theoretisch ausarbeiten
den nach Wien zurückkehren.                  sen, doch solch ein evolutionärer Prozess    und schließlich in den Sommermonaten

                                                                                                           BOKU Magazin 1 2018
10
zu mutieren als das restliche Erbmateri-
iGEM Foundation / Justin Knight

                                                                                                                           al. So sollen negative Auswirkungen von
                                                                                                                           Mutationen an unerwünschten Stellen im
                                                                                                                           Genom der Zelle ausgeschlossen werden.
                                                                                                                           Angewandt auf die neu entdeckten PETa-
                                                                                                                           sen sollen so innerhalb kurzer Zeit schnel-
                                                                                                                           ler arbeitende Enzymvarianten ausfindig
                                                                                                                           gemacht und der effiziente biologische
                                                                                                                           Abbau von PET ermöglicht werden.

                                                                                                                           WAS IST GERICHTETE EVOLUTION?
                                                                                                                           Mutation, Expression, Selektion, Repli-
                                                                                                                           kation – die vier Stufen der Evolution las-
                                                                                                                           sen sich auch im Labor nachbilden, um
                                                                                                                           die Fähigkeiten von Biomolekülen in eine
                                                                                                                           gewünschte Richtung zu entwickeln. Die
                                                                                                                           klassische Vorgehensweise erzeugt die
                                                                                                                           nötige genetische Diversität durch Gene-
                                                                                                                           ration von Zufallsmutationen in vitro – also
                                                                                                                           außerhalb des Organismus – in einem ar-
                                                                                                                           beitsintensiven Prozess (z. B. error-prone
                                                                                                                           PCR). Um den Arbeitsaufwand zu senken,
                                                                                                                           versuchen moderne Methoden, die Muta-
                                                                                                                           genese automatisiert in vivo – also bereits
                                                                                                                           im lebenden Organismus – ablaufen zu
                                                                                                                           lassen. Die große Herausforderung besteht
                                                                                                                           dabei darin, nicht das gesamte Erbmateri-
                                                                                                                           al, sondern nur das entsprechende Gen zu
                                                                                                                           mutieren, um die Vitalität der Zellen nicht
                                                                                                                           einzuschränken.

                                                                                                                           STICHWORT IGEM COMPETITION
                                                                                                                           Als ein weltweit hoch angesehener Wett-
                                  grundlegende Vorexperimente zu dessen        in der Lage ist, nur auf PET als Kohlen-    bewerb im Bereich der Synthetischen
                                  Umsetzung durchführen. Die Ergebnis-         stoffquelle zu wachsen. Der Vorteil des     Biologie dient die iGEM Competition
                                  se wurden im November den rund 300           enzymatischen Recyclings von Plastik        hauptsächlich der Ermutigung und Auf-
                                  Konkurrenzteams und der internationa-        liegt darin, dass die Polymere so in ihre   forderung von Studierenden aller natur-
                                  len Jury beim Abschlussevent in Boston,      einzelnen Bausteine zerlegt werden kön-     wissenschaftlichen Disziplinen, sich mit
                                  Massachusetts vorgestellt. Zusätzlich zur    nen. Bei konventionellen Recycling-Me-      globalen Problemen zu befassen. Das ur-
                                  BOKU wurden sie dabei von vorrangig          thoden sinkt die Reinheit des Materials     sprünglich im Jahr 2004 als Universitäts-
                                  im heimischen Biotech-Sektor ansässi-        mit jedem Zyklus und führt schließlich      kurs am MIT vorgestellte Ereignis wurde
                                  gen Unternehmen unterstützt – und das        zur Entsorgung. Dies wäre bei enzymati-     später zu einem internationalen Wettbe-
                                  mit großem Erfolg! Das dankbare Team         schen Recyclings nicht gegeben. Die ein-    werb erweitert, an dem heute Teams aus
                                  konnte eine Silbermedaille für die BOKU      zelnen Bausteine könnten wieder zu rei-     über 40 Ländern teilnehmen. Von den
                                  ergattern, ein sehr guter Einstieg für ein   nem Plastik zusammengesetzt oder zum        Teams wird nicht nur das eigenständige
                                  Wiener Team in diesem Wettbewerb.            Aufbau zahlreicher anderer Chemikalien      Entwerfen, Planen und Durchführen des
                                                                               verwendet werden. Für solche Anwen-         Projektes, sondern auch das Erfüllen be-
                                  PET-ABBAUENDE                                dungen reicht aber bisher die Effizienz     stimmter Kriterien, unter anderem das
                                  ENZYME VERBESSERN                            der anwendbaren Enzyme nicht.               Gestalten einer eigenen Wiki-Seite, und
                                  Interessanterweise wurde in den letzten                                                  die interaktive Kommunikation mit der
                                  Jahren eine Vielzahl an Mikroorganismen      Um diesen Umstand zu ändern, haben die      Öffentlichkeit erwartet. Die Resultate des
                                  entdeckt, die in der Lage sind, Plastik      jungen BiotechnologInnen ein neues Ver-     Projektes können schlussendlich beim ab-
                                  zu verdauen. Meistens isoliert aus Plas-     fahren zur beschleunigten Evolution ent-    schließenden Giant Jamboree, das jedes
                                  tik-belasteten Mülldeponien, entdeckte       wickelt, das es einem Organismus erlaubt,   Jahr im November in Boston stattfindet,
                                  zum Beispiel eine Forschungsgruppe um        einen Abschnitt seines Genoms (z. B. nur    vorgestellt und die erbrachten Leistungen
                                  Shosuke Yoshida 2016 ein Bakterium, das      ein einzelnes Gen) wesentlich schneller     von Jurymitgliedern bewertet werden. 

                                         BOKU Magazin 1 2018
                                                                                                                                                                     11
SEDIMENTFORSCHUNG
                           UND -MANAGEMENT:

                 Neues Christian Doppler Labor
                     an der BOKU eröffnet
Wasserkraftwerke stellen eine wesentliche Säule der Energiewende dar. Die Fließgewässer werden aber
weit über den eigentlichen Kraftwerksstandort hinaus von Erosion, Transport und Ablagerung von Sedi-
menten beeinflusst. Der Erforschung dieser Dynamik widmet sich ein neues, an der Universität für Boden-
kultur Wien angesiedeltes und vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort geför-
dertes Christian Doppler Labor.

I   n den nächsten 20 Jahren wird der
    Großteil aller Investitionen und Förde-
    rungen auf dem Energiesektor im Be-
reich der erneuerbaren Energieerzeugung
                                               „Das neue Christian Doppler
                                                Labor entspricht mit seinen
                                                                                        le, innovative Konzepte in Bezug auf ein
                                                                                        nachhaltiges Sedimentmanagement und
                                                                                        Maßnahmenplanungen in industrialisier-
                                                                                        ten Flusseinzugsgebieten zu erwarten.
liegen, wobei die Wasserkraft ca. 60 %           Inhalten und der Ausrich-              Die Forschungsergebnisse werden zur
zur Stromproduktion beiträgt und auch          tung auf anwendungsorien-                Definition von neuen Standards im Be-
künftig einen wichtigen Anteil an der Er-      tierte Grundlagenforschung               reich der Optimierung der Wasserkraft-
reichung des Ziels „100 % Stromprodukti-
                                                den Kernkompetenzen der                 nutzung durch die nationale und inter-

                                                Universität und führt damit
on aus erneuerbaren Energien bis 2030“                                                  nationale Wasserkraftindustrie beitragen.
haben wird. Eine der wesentlichen Her-                                                  Die Implementierung der Forschungs-
ausforderungen der Wasserkraftnutzung          die Tradition der Forschungs-            ergebnisse ist auch in Gewässerbewirt-
ist die gestörte Dynamik des Sediment-          kooperation mit der Indus-              schaftungsplänen, Richtlinien und spezi-
transports im Verlauf der betroffenen           trie und Unternehmen der                fischen Gesetzgebungen in Abstimmung
Fließgewässer. Nur ein entsprechendes
                                                Bodenkultur in einem wis-               mit Vertretern der Wasserbauverwaltung

                                                senschaftlich bedeutenden
Prozessverständnis zur Erreichung eines                                                 bzw. Wildbach- und Lawinenverbauung
nachhaltigen        Sedimentmanagements                                                 vorgesehen. Für sieben Forschungsjahre
kann ökonomische, technische und öko-             Themenbereich weiter.”                des neuen CD-Labors ist ein Budget von
logische Probleme von Wasserkraftwer-                                                   4,3 Mio. Euro vorgesehen; davon kom-
ken lösen und zur erhöhten gesellschaft-             Rektor Hubert Hasenauer            men rund 2,4 Mio. Euro von der öffent-
lichen Akzeptanz beitragen.                                                             lichen Hand.

WIRTSCHAFTSMINISTERIUM FÖRDERT                                                          „Wasserkraft ist für Österreich besonders
FORSCHUNG ZUR OPTIMIERUNG DER                 kenntnisse über Wechselwirkungen und      wichtig“, sagt die Bundesministerin für
WASSERKRAFT                                   Beeinflussungen der Ökologie und somit    Digitalisierung und Wirtschaftsstandort,
Das Christian Doppler Labor für Sedi-         Grundlagen zur Entwicklung von neuen      Dr. Margarete Schramböck. „Die Grund-
mentforschung und -management wird            Monitoring- und Modellierungstechno-      lagenforschung kann dazu beitragen, sie
ein erweitertes Prozessverständnis, Er-       logien erarbeiten. Daraus sind generel-   ökologisch, ökonomisch und technisch

                                                                                                         BOKU Magazin 1 2018
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zu optimieren. Die Zusammenarbeit          terschiedlicher technischer Anlagenteile    „Das neue Christian Doppler Labor ent-
von Wissenschaft und Partnerinnen aus      von Wasserkraftanlagen. Die Gewährleis-     spricht mit seinen Inhalten und der Ausrich-
Schifffahrt, Umweltschutz und Anlagen-     tung der Hochwassersicherheit unter Be-     tung auf anwendungsorientierte Grund-
bau im CD-Labor leistet dazu einen wert-   rücksichtigung ökologischer Kriterien ist   lagenforschung den Kernkompetenzen
vollen Beitrag.“                           ein weiteres Ziel der geplanten Arbeiten.   der Universität und führt damit die Tradi-
                                           Aufbauend auf dem aktuellen Stand des       tion der Forschungskooperation mit der
FORSCHUNG FÜR EIN NACHHALTIGES             Wissens werden im neuen CD-Labor die        Industrie und Unternehmen der Bodenkul-
SEDIMENTMANAGEMENT IN FLIESSGE-            Grundlagen von Erosion, Transport, Sedi-    tur in einem wissenschaftlich bedeutenden
WÄSSERN                                    mentation und Remobilisierung von Fest-     Themenbereich weiter“, so BOKU-Rektor
Das CD-Labor erforscht Möglichkeiten zur   stoffen erforscht. Die Forschungsansätze    Univ.Prof. DI Dr. Hubert Hasenauer. „Durch
optimierten ökonomischen, technischen      dazu umfassen unterschiedliche Skalen       die Breite der Forschungsfragen wird eine
bzw. ökologischen Nutzung der Wasser-      – vom μm-Bereich bis zur Untersuchung       Vielzahl von Kernthemen der BOKU ange-
kraft, zur Verbesserung des Sediment-      ganzer Einzugsgebiete mittels einer Kom-    sprochen, was zweifellos zu einer Vielzahl
managements bei Wasserstraßen und          bination aus Laborversuchen und Feldun-     von Forschungskooperationen rund um
zur Verlängerung der Lebensdauer un-       tersuchungen.                               das neue CD-Labor führen wird.“          

      BOKU Magazin 1 2018
                                                                                                                                13
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Wie umgehen mit Naturgefahren?
Bei der 2. Fachtagung „Stand der Technik im Naturgefahren-Ingenieurwesen“ – veranstaltet
vom Institut für Alpine Naturgefahren, gemeinsam mit der Abteilung Wildbach- und Lawinen-
verbauung des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus – versammelten sich
rund 280 TeilnehmerInnen aus Wissenschaft und Praxis aus dem Alpenraum an der BOKU.
                                                                      Von Ingeborg Sperl

                                                                                     BOKU Magazin 1 2018
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Zukunftsvisionen

T
      echnologie und Wissen zum Schutz        und wirken sich dann nicht so dramatisch       Die Kommunikation mit möglichen Be-
      vor Naturgefahren haben sich in den     aus. Es gibt aber auch alte Bauwerke,          troffenen ist ein ganz wichtiger Punkt der
      letzten Jahren enorm weiterent-         die schon im 19. Jahrhundert errichtet         Vorbereitung auf mögliche Ereignisse.
wickelt. In zwölf Sessions wurde zu den       wurden und die instand gehalten wer-           „TechnikerInnen müssen ein mögliches
Themenbereichen        Hochwasserschutz,      den müssen.“ Die Auswertung der doku-          Szenario entwerfen – wir versuchen dann,
Wildbach- und Lawinenverbauung, Stein-        mentierten Ereignisse in Österreich zeigt,     zu erklären, warum gewisse Flächen nicht
schlagschutz und Schutzwirkung des            dass eines der Hauptprobleme entsteht,         bebaut werden sollen; oft hätte man ein-
Waldes diskutiert. Weiters standen Quer-      wenn durch Hochwasser oder Hangwas-            fache Lösungen im Kopf“, meint Hübl.
schnittsthemen wie Sicherheitsgrenzen,        ser Gebäude lokal unter Wasser gesetzt         Durch politischen Einfluss kann sich die
Umgang mit Unsicherheiten in Prognose         werden. Hübl berichtet, dass sich durch        Situation dahingehend ändern, dass Ab-
und Planung, Risikokommunikation sowie        den größer gewordenen Siedlungsdruck           siedelung aus gefährdeten Bereichen kein
Qualität und Nachhaltigkeit der Schutz-       und den Ausbau der Infrastruktur ein           Thema ist, sondern kostenintensiv ge-
leistung auf der Agenda.                      erhebliches Schadpotenzial ergibt, das         schützt werden muss.
                                              eine beträchtliche mediale Aufmerksam-
Gut gelaunt und gelassen zieht Johannes       keit nach sich zieht. „Auf jeden Fall steigt   Bei Lawinen ist neben dem Schutz von
Hübl, Leiter des Instituts für Alpine Na-     die Häufigkeit von Starkniederschlägen,        Siedlungen der Schutz der Infrastruk-
turgefahren, eine erste inhaltliche Bilanz.   was wiederum eine Herausforderung für          tur, also von Straße und Schiene wichtig.
Einen großen Fortschritt sieht Hübl beim      das Naturgefahrenmanagement und die            Hier wurden Methoden vorgestellt, die
Datenmonitoring. „Wir bekommen durch          Raumplanung darstellt.“ Man habe, so           auch temporär eingesetzt werden kön-
neue Messtechniken bessere Daten, die         Hübl, zwar noch keine harten Fakten für        nen, etwa die Sperre von Straßen und die
man effektiver miteinander verknüpfen         die Auswirkungen des Klimawandels auf          künstliche Auslösung durch Sprengung.
kann. Auch entwickeln sich die Bauwerke       Naturgefahren, aber die Hinweise darauf,
bei der Wildbachverbauung immer wei-          dass es langfristig wärmer wird, sind un-      Technische Neuerungen gibt es auch bei
ter – man versucht, so zu bauen, dass ein     strittig. Dadurch können sich in Zukunft       der Ausführung der Steinschlagschutz-
Teil des Geschiebes durchgelassen wird,       die Intensität und die Saisonalität der Er-    netze. Durch diese Innovationen gibt es
somit werden Verklausungen verringert         eignisse verschieben.                          inzwischen auch Netze zum Schutz vor

       BOKU Magazin 1 2018
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               Muren, und man ist dabei, zu untersu-
               chen, welche Materialien sich bewähren.
                                                                „Der Staat kommt an seine               und Tourismus, ist wie Johannes Hübl
                                                                                                        aufgrund der Erfahrungen mit den Kata-
               Bei der Fachtagung stellten daher auch           Grenzen. Der Bürger muss                strophenereignissen der letzten Jahre der
               private Firmen ihre neuesten Entwicklun-         eingebunden werden und                  Meinung, dass für Österreich das Thema
               gen vor. Drohnen – im Moment oft kritisch
                                                                 eigenverantwortlich han-               Hochwasser in Hinsicht auf die wirt-
               hinterfragt – leisten im Naturgefahrenma-                                                schaftlichen Schäden besonders aktuell
               nagement und in der Forschung nützliche           deln. Es wird kein Weg an              ist. Im Jahr 2005 entstand zum Beispiel
               Dienste bei der Überwachung von Verän-            einer Pflichtversicherung              ein Schaden von 500 Millionen Euro. Im
               derungen des Naturraums, z. B. bei Hang-         gegen Naturkatastrophen                 alpinen Gebiet sind es die Lawinen, Mu-
               rutschungen. Auch Hübl und sein Team
               besitzen offiziell die Berechtigung, Droh-
                                                                       vorbeiführen.“                   ren und Felsstürze, die zwar „nur“ lokal
                                                                                                        begrenzt wirksam sind, jedoch stehen vor
               nen einzusetzen.                                                                         allem bei Lawinenabgängen die mensch-
                                                                      Florian Rudolf-Miklau             lichen Opfer im Mittelpunkt. Daher, so
               Hübl berichtet, dass sich in zahlreichen                                                 Rudolf-Miklau, „sind die Gefahrenanalyse
               Diskussionen der Tagung gezeigt hat,                                                     und die Verhaltensvorsorge essenzielle
               dass IngenieurInnen sich nicht nur auf ihre                                              Bestandteile des Risikomanagements“.
               Leistungen zurückziehen können, son-          Situation eintritt, muss die Bevölkerung   Was die Zukunft betrifft, so gehe „die Zeit
               dern diese auch kommunizieren können          vorbereitet sein und auf gute Entschei-    der großen Neuverbauungen langsam zu
               müssen. „Was wollen die Menschen? Wie         dungsgrundlagen zurückgreifen können.“     Ende. Jetzt treten wir ins Zeitalter der Er-
               informiere ich sie? Wie können sie sich       Florian Rudolf-Miklau, Abteilungsleiter    haltung ein“. Veraltete Systeme müssen
               Schutzmaßnahmen leisten? Das sind ent-        der Wildbach- und Lawinenverbauung         umgerüstet und die Bauten überwacht
               scheidende Fragen. Wenn eine kritische        im Bundesministerium für Nachhaltigkeit    werden.

                                                                                                                          BOKU Magazin 1 2018
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                                                                                                            „Was wollen die Menschen?
                                                                                                              Wie informiere ich sie?
                                                                                                                 Wie können sie sich
                                                                                                            Schutzmaßnahmen leisten?
                                                                                                              Das sind entscheidende
                                                                                                                 Fragen. Wenn eine
                                                                                                             kritische Situation eintritt,
                                                                                                               muss die Bevölkerung
                                                                                                                  vorbereitet sein.“

                                                                                                                      Johannes Hübl

               „Das zweite Thema, mit dem wir uns           Lagerung braucht man Flächen und daher        beiterInnen, die an der BOKU studiert ha-
               auseinanderzusetzen haben, ist der Kli-      langfristige Verträge mit Landwirten: Diese   ben und österreichweit tätig sind. Zudem
               mawandel mit seinen Auswirkungen auf         Flächen gibt es zum Beispiel in Tirol kaum.   gibt es das Expertinnennetzwerk we-
               Extremereignisse. Bisher wissen wir, dass                                                  4DRR (women exchange for Disaster Risk
               lokale Starkregenereignisse zunehmen,        Der dritte Punkt: Schutzwald hilft gegen      Reduction), das sowohl die Diskussion
               sowie dass der Permafrost zurückgeht         Naturkatastrophen, aber es wird ange-         der Themenkomplexe Gender und Natur-
               und die Gletscher schmelzen. Viel schwer-    nommen, dass die Fichte, die sich derzeit     gefahren als auch die erhöhte Sichtbar-
               wiegender ist aber noch die Zunahme der      noch häufig im Schutzwald findet, unter       keit und Stärkung von Expertinnen durch
               Gefahrenpotenziale durch fortschreitende     1.000 Metern nicht überleben wird. Se-        transnationalen Austausch von Wissen
               Siedlungsentwicklung und zunehmen-           kundäre Katastrophen wie Waldbrand,           und Erfahrungen zum Ziel hat. Die Be-
               de Verletzlichkeit der Infrastruktur. Die    Sturm und Käferbefall können zudem den        achtung von Geschlechterverhältnissen
               Schäden werden größer, weil mehr Werte       Schutzwald schädigen.                         in Teams von Expertinnen und Experten
               vernichtet werden.“ Ein Problem, das sich                                                  ergibt erweiterte Perspektiven.
               im Zusammenhang mit dem Klimawan-            Auf jeden Fall, so Rudolf-Miklau, „kommt
               del ergibt, ist der Sedimenttransport. Die   der Staat an seine Grenzen. Der Bürger        Bei dieser Fachtagung, an der auch pri-
               Gletscherbäche werden größere Mengen         muss eingebunden werden und eigenver-         vate Firmen ihre Innovationen vorgestellt
               Material transportieren. Diese müssen aus-   antwortlich handeln. Es wird kein Weg an      haben, hat sich wieder gezeigt, dass, so
               gebaggert und irgendwo gelagert werden.      einer Pflichtversicherung gegen Naturka-      Florian Rudolf-Miklau, „hier IngenieurIn-
               Sedimente zu deponieren ist sehr teuer.      tastrophen vorbeiführen.“                     nen, PraktikerInnen und Unternehmen
               Also könnte man versuchen, aus den Se-                                                     wie eine große Familie zusammenarbei-
               dimenten Rohstoffe zu gewinnen oder sie      Die Dienststellen von Wildbach- und La-       ten – diese Bindung ist eine sehr beson-
               als Baustoffe zu verwenden. Aber für die     winenschutz zählen ungefähr 100 Mitar-        dere“.                                

                      BOKU Magazin 1 2018
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BOKU-Delegationsreise nach Großbritannien

V
        on 19. bis 23. Februar 2018 fand
        die schon traditionelle jährliche
        Delegationsreise der BOKU zu
unseren Partneruniversitäten statt. Dieses
Jahr ging es nach Großbritannien, wo vor
allem die Weiterführung der Erasmuspro-
gramme sowie eine Intensivierung des
Lehrenden- und Studierendenaustausches
auch nach dem Brexit im Mittelpunkt der
Diskussionen stand. An der von Frau Dr.
Calderón-Peter (Leiterin des ZID) perfekt
organisierten Reise nahmen Rektor Hubert
Hasenauer sowie die BOKU-Erasmuskoor-
dinatorInnen Doris Damyanovic (Bereich
Landschaftsplanung und Landschaftsar-         Besuch der BOKU-Delegation an der University of Reading
chitektur), Gerald Striedner (Bereich Bio-
technologie) sowie Peter Cepuder (Bereich
Kulturtechnik und Wasserwirtschaft) teil.

Am ersten Tag stand der Besuch an der Uni-
versität Reading (Rang 10 im QS University
Ranking, Subject Agriculture and Forestry)
auf dem Programm. Die Universität Rea-
ding war bis 2000 ERASMUS+ Partneruni-
versität der BOKU im Bereich Landwirt-
schaft, Lebensmittel- und Biotechnologie
sowie KTWW und LAP/LARCH. Mit Prof.
Julian Park, Leiter der School of Agricul-
ture, Policy and Development und seinem
Team wurden Kooperationsmöglichkeiten                                                          Besuch der Versuchskläranlage an der Univer-
                                                                                               sity of Cranfield. Das Abwasser von ca. 5.000
diskutiert, mit dem Ergebnis, dass der Aus-                                                    EinwohnerInnen wird hier gereinigt und es wer-
tausch mit BOKU-Studierenden und -Leh-        Gespräch mit Botschafter Dr. Martin Eichtinger   den spezielle Versuche zur Erhöhung der Reini-
renden wieder aktiviert werden soll.          über die Situation vor dem Brexit                gungsleistung von Abwasser durchgeführt.

Am Nachmittag wurden wir in der Resi-         Am zweiten Tag stand die Reise zur Uni-          der Kooperationen auch nach dem Brexit
denz des österreichischen Botschafters        versität Cranfield, der einzigen Postgra-        von beiden Seiten angestrebt wird.
Dr. Martin Eichtinger am Belgrave Squa-       duate-Universität Englands, auf dem Pro-
re empfangen. Seine Einschätzung zum          gramm. Seit vielen Jahren ist Cranfield die      Am dritten Tag besuchten wir den Sut-
Brexit und dessen Auswirkungen auf die        einzige Double-Degree-Partneruniversität         ton Bonington Campus der University of
Kooperationen zwischen österreichischen       im Bereich Kulturtechnik und Wasserwirt-         Nottingham, wo die School of Bioscience
und britischen Universitäten zeigte deut-     schaft und Bioinformatik der BOKU, da            mit den Abteilungen Agriculture, Environ-
lich, dass die Bevölkerung im Vereinigten     unsere Studierenden im zweiten Jahr des          mental Sciences, Animal Sciences, Food
Königreich dem Brexit zunehmend kri-          Masters für ein Jahr nach Cranfield gehen        and Nutritional Sciences sowie Plant and
tisch gegenübersteht, aber davon aus-         können. Bisher hat Cranfield vier Studien-       Crop Sciences beheimatet ist. Einige der
geht, dass der Brexit wie geplant kommen      plätze pro Jahr gratis angeboten, seit 2017      aktuellen Forschungsschwerpunkte der
wird. Es wird erwartet, dass dies vor allem   wurde dies auf 1,5 pro Jahr gekürzt. Nach        Universität Nottingham sind Future Foods,
die Forschungs- und Lehrkooperationen         intensiven Gesprächen mit FachkollegIn-          Green Chemicals & Low Carbon Bio-Eco-
beeinflussen wird, weil Universitäten in      nen und einem Empfang durch den Vice             nomy, Green Transport, Smart Industrial
Großbritannien stets sowohl finanziell als    Chancellor (Rektor der Universität) war          Systems etc. sowie Studienangebote und
auch als Forschungsstandorte sehr von         man sich einig, dass es viele Ähnlichkeiten      Weiterbildungskurse (z. B. ein dreijähriger
den ERASMUS-Programmen sowie den              in den Forschungs- und Lehrbereichen mit         berufsbegleitender Brauerei-Lehrgang),
EU-Geldern profitiert haben.                  der BOKU gibt und somit eine Fortführung         die gut zur BOKU passen. Interessante

                                                                                                                  BOKU Magazin 1 2018
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land werden die Universitäten – ähnlich
                                                                                                   wie in Österreich – direkt vom schotti-
                                                                                                   schen Staat finanziert. Die sogenannten
                                                                                                   „Tuition Fees“ sind mit unter 2.000 Pfund/
                                                                                                   Jahr relativ gering. Zum Vergleich: In Eng-
                                                                                                   land erfolgt die Universitätsfinanzierung
                                                                                                   im Wesentlichen über die bis zu jährlich
                                                                                                   9.000 Pfund teure „Tuition Fee“ sowie
                                                                                                   ähnlich allen anderen Unis über erfolg-
                                                                                                   reich eingeworbene Forschungs- und In-
                                                                                                   frastrukturgelder. Nach dem freundlichen
In Kleingruppen wurden die möglichen fachlichen Kooperationen besprochen. Links Doris Damya-       Empfang durch die Vizerektorin für Inter-
novic (Landschaftsplanung) mit Ruben Sakrabani (Cranfield), rechts Peter Cepuder (Kulturtechnik)
                                                                                                   nationales standen fachliche Gespräch
mit Iain Dupere (Manchester).
                                                                                                   mit KollegInnen auf dem Programm, die
Kooperationsmöglichkeiten für die BOKU            Zum Abschluss der Reise wurde England            unter anderem aus Spanien, Mazedonien
bestehen auch in den sogenannten „Bea-            verlassen und mit der Glasgow Caledoni-          und Deutschland stammen und zum Teil
cons of Excellence“ „Green Chemistry“             an University (GCU) eine der elf schotti-        bereits die BOKU kennen. Ergebnis der
und „Smart Industrial Systems“.                   schen Universitäten besucht. In Schott-          Gespräche war, dass der Lehrendenaus-
                                                                                                   tausch forciert werden soll. Weiters sol-
Ein Highlight der Reise war der Besuch der                                                         len Möglichkeiten eines wechselseitigen
University of Manchester. Mit ca. 40.000                                                           Studierendenaustausches im Rahmen der
Studierenden ist die Uni nicht vergleich-                                                          bestehenden BOKU- und GCU-Masterpro-
bar mit der BOKU. Sie zählt zu den besten                                                          gramme analysiert werden.
zehn der insgesamt ca. 170 Universitäten
in Großbritannien. Ziel ist es, das beste-                                                         Über München ging es dann wieder zu-
hende ERASMUS+ Abkommen im Bereich                                                                 rück nach Wien, wo wir spätabends mit
LAP/LARCH auf andere Studienprogram-                                                               der Erkenntnis landeten, dass die BOKU
me auszuweiten und Forschungskoopera-                                                              mit ihren klaren Forschungs- und Lehr-
tionen anzudenken. In fachlichen Gesprä-                                                           profilen im Bereich „Natural Resources
chen mit VertreterInnen aus LAP, KTWW                                                              und Life Sciences“ international bekannt
und Biotechnologie wurden der Lehren-                                                              und anerkannt ist und die geplanten Ko-
denaustausch sowie Kooperationsoptio-                                                              operationen mit führenden Universitäten
nen diskutiert. In diesem Zusammenhang                                                             im Vereinigten Königreich wichtig für
ist wichtig, dass VertreterInnen der Uni-                                                          die strategische Weiterentwicklung der
versity of Manchester bereits als Gast-                                                            BOKU sind.                           
professorInnen an der BOKU waren (z. B.
am Department für Wald- und Bodenwis-
                                                                                                   Falls Sie zu den besuchten Universitäten
senschaften) sowie intensive Forschungs-
                                                                                                   oder den Kooperationsmöglichkeiten
kooperationen im Bereich Biotechnologie
                                                                                                   Fragen haben, bitte melden Sie sich bei
bestehen. Das Manchester Institute of
                                                  Haus der Studierenden an der University of       margarita.calderon-peter@boku.ac.at
Biotechnology hat einen Fokus auf Protei-         Manchester
ne Design, Hochdurchsatzscreenings und
Anwendungen im Bereich der industriel-
len Biotechnologie, aber weniger Exper-
tise in den Bereichen Biopharma und Bio-
verfahrenstechnik, sodass sich auch hier
eine gute Möglichkeit für Kooperationen
in Lehre und Forschung bietet. Neben den
fachlichen Diskussionen war das Haus der
Studierenden besonders beeindruckend
(siehe Bild). Das Gebäude wurde in einem
partizipativen Prozess mit den Studieren-
den geplant und stellt attraktive Arbeits-,
Lern- und Aufenthaltsräume für Studie-
rende aller Studienrichtungen auf dem             Letzter Programmpunkt: Besuch der Glasgow Caledonian University in Schottland, einer Universi-
Campus zur Verfügung.                             tät, die sich doch sehr von britischen Universitäten unterscheidet …

       BOKU Magazin 1 2018
                                                                                                                                             19
Die nachhaltige BOKU

Herzliche Einladung zum
4. BOKU Nachhaltigkeitstag!
Der tiefgreifende Wandel Richtung Nachhaltigkeit beinhaltet soziale, ökonomische, politische und techno-
logische Veränderungen, aber auch Veränderungen unserer Werte und Einstellungen, die unserem Handeln
zugrunde liegen.                                                        Von Julia Buchebner und Lisa Bohunovsky

W
           ie können wir uns eine solche          2030 – Transformationen im Realla-        Möglichkeiten politischer Steuerung, den
           Transformation     vorstellen?         bor BOKU“                                 Rollen von Staat und Wirtschaft, Zivilge-
           Welche Chancen und Risiken         u   „Pecha Kucha“: BOKU-Forschung,            sellschaft und sozialen Bewegungen in
gehen damit einher? Wie bringen wir               kurz und knackig präsentiert              diesen Prozessen, zur ökologischen Krise
uns selbst und andere in Bewegung? Am         u   „[sic!]es Methoden-Ratatouille“: Tools    und sozial-ökologischen Transformati-
4. BOKU Nachhaltigkeitstag am 26. Ap-             und Methoden für die Umsetzung von        on mit den Schwerpunkten Ressourcen-,
ril 2018 gibt es ausreichend Gelegenheit,         Ideen                                     Energie- und Klimapolitik.
diese und andere Fragen zu diskutieren        u   Zahlreiche Infostände von nachhalti-
und zu beleuchten. Mit Keynotes, Diskus-          gen Initiativen an der und rund um die    Nipun Mehta (USA) ist der Gründer von
sionen, Hands-on-Workshops und krea-              BOKU                                      ServiceSpace, einer Plattform für Freiwil-
tiven Interaktionen kommen wir ins Ge-        u   Feierliche Abendveranstaltung mit ei-     ligenprojekte aller Art mit über 500.000
spräch und ins Tun.                               ner Keynote von Nipun Mehta (USA)         Mitgliedern weltweit. Für sein humanitä-
                                                  zum Thema „Being the Change Chan-         res Engagement hat er zahlreiche Preise
TRANSFORMA(K)TION! WIE WIR                        ges the Being“                            erhalten, u. a. den „Unsung Hero of Com-
DEN GESELLSCHAFTLICHEN WANDEL                 u   Verleihung der BOKU-Nachhaltig-           passion Award“ des Dalai Lama. 2015
MEISTERN                                          keitspreise in drei Kategorien durch      wurde er von Barack Obama zum „Coun-
Das ist das Motto des diesjährigen BOKU           das Rektorat                              cil on Poverty and Inequality“ eingeladen.
Nachhaltigkeitstages. Ein buntes Programm     u   Ein rauschendes Fest mit Bio-Imbiss,      Nipun Mehta gibt regelmäßig Vorträge
von früh bis spät soll Raum für Dialog öff-       Getränken und Musik                       zum Thema „Giftivism & Generosity“ und
nen, Mut machen und inspirierende Bot-                                                      inspiriert damit nicht nur Jugendliche und
schaften an die BesucherInnen vermitteln.     DIE KEYNOTES AM BOKU                          WissenschaftlerInnen, sondern auch in-
Unter anderem erwarten Sie                    NACHHALTIGKEITSTAG                            ternationale WürdenträgerInnen der Uni-
u Keynote von Prof. Ulrich Brand zum          Wir freuen uns besonders, heuer zwei          ted Nations.
   Thema „Sozial-ökologische Transfor-        hochkarätige Redner an der BOKU begrü-
   mation jetzt! Erfahrungen, Ansatz-         ßen zu dürfen!                                Alle BOKU-MitarbeiterInnen, Studierende
   punkte, Hindernisse“                                                                     sowie extern Interessierte sind herzlich
u Podiumsdiskussion zum Thema                 Prof. Ulrich Brand ist Professor für In-      eingeladen! Der Eintritt ist wie immer frei.
   „Energiewende: zwischen Wunsch             ternationale Politik an der Universität       Das detaillierte Programm ist unter www.
   und Wirklichkeit“                          Wien. Er arbeitet zu Fragen der kapita-       boku.ac.at/nachhaltigkeit/boku-nachhal-
u World-Café zu „Mobilität und Energie        listischen Globalisierung, ihrer Kritik und   tigkeitstag/ zu finden.

                                                                                                              BOKU Magazin 1 2018
20
Die nachhaltige BOKU

                                                                          Die Doughnut
                                                                          Economy zu
                                                                          Besuch in Wien
                                                                          Am 23. April 2018 kommt Kate Raworth,
                                                                          Begründerin des „Doughnut Economy“-
                                                                          Konzepts, an die BOKU. Ein spannender
                                                                          Abend mit einer hochkarätigen Podiums-
                                                                          diskussion erwartet Sie!

                                                                           Von Julia Buchebner, Lisa Bohunovsky und Heidi Leonhardt

U
        nsere Art zu leben und zu wirt-       Innerhalb     dieser

                                                                                                                                      Stephan Röhl
        schaften hat die ökologischen         beiden     Grenzen
        Grenzen unseres Planeten massiv       befindet sich „the
überschritten: Die Erde erwärmt sich, Res-    safe and just space
sourcen schwinden, Arten gehen unwie-         for humanity“, also
derbringlich verloren und die Meere sind      jener Bereich, in
überdüngt. Gleichzeitig verschärfen sich      dem eine inklusive
weltweit Armut und soziale Ungerechtig-       und    nachhaltige
keit. Die essenziellen Grundbedürfnisse       Entwicklung über-
von Millionen von Menschen wie Nahrung,       haupt möglich ist.
Wasser, adäquate Behausungen etc. wer-
den weltweit nicht erfüllt. Soziale Gerech-   HOCHKARÄTIGER
tigkeit und ökologische Verantwortung         DISKUSSIONS-
sind untrennbar miteinander verbunden.        ABEND AUF DER
                                              BOKU
DAS NEUE KONZEPT DER                          Neben ihrem Auf-
DOUGHNUT ECONOMICS                            tritt   gemeinsam          Kate Raworth
Die Ökonomin Kate Raworth vom Environ-        mit Christian Fel-
mental Change Institute der Oxford Uni-       ber am Sonntag, dem 22. April 2018 um       Economics. Den Abend moderiert Fred
versity entwickelte ein Konzept, das die      13 Uhr in ORF III, wird Kate Raworth auch   Luks von der Wirtschaftsuniversität Wien.
ökologischen planetaren Leitplanken mit       an der BOKU einen Vortrag halten, zu hö-    Die Veranstaltung ist eine Kooperation
menschlichen Bedürfnissen verbindet. Na-      ren am Montag, dem 23. April 2018 ab 19     der BOKU mit der Gesellschaft für Plurale
mensvetter des Konzepts ist der gleichna-     Uhr im Gutenberghaus/Hörsaal 01 (GH01).     Ökonomik Wien und dem Kompetenzzen-
mige kringelförmige Krapfen aus Hefeteig.                                                 trum für Nachhaltigkeit der Wirtschafts-
                                              Auf dem Podium mit dabei sind Ika Darn-     universität Wien.
Dieser Doughnut wird am äußeren Rande         hofer, assoziierte Professorin am BO-
durch die ökologischen Grenzen unseres        KU-Institut für Agrar- und Forstökonomie    Weitere Informationen finden Sie auf
Planeten definiert, der innere Rand wird      sowie Sigrid Stagl, Ökonomin und Profes-    www.boku.ac.at/wissenschaftliche-in-
bestimmt durch soziale Standards, die für     sorin an der Wirtschaftsuniversität Wien    itiativen/zentrum-fuer-globalen-wan-
ein gutes Leben erreicht werden müssen.       mit dem Themenschwerpunkt Ecological        del-nachhaltigkeit/

       BOKU Magazin 1 2018
                                                                                                                                 21
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