BOKU - RÜCKBLICK REKTORAT GERZABEK TULLN
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BOKU DAS MAGAZIN DER UNIVERSITÄT DES LEBENS Nr. 4 | Dezember 2017 ISSN: 2224-7416 RÜCKBLICK REKTORAT GERZABEK PORTRÄT TULLN REISEBERICHT LANDSCHAFTSPLANER IMMUNSERUM AUS ANDREAS MUHAR GEGEN HIV ÄTHIOPIEN
INHALT Martin Gerzabek 3 Rektor Gerzabek nimmt Abschied 4 Unser Landschaftsplaner Andreas Muhar 8 Die BOKU auf Besuch in China 10 Internationales Stör-Symposium 12 Donatella Tesei über die wunderbare Welt der Pilze 13 Immunserum gegen HIV-Viren 14 Bioplastiksackerln in den Biomüll? 16 Forschungsaufenthalt in Äthiopien 20 Alles WalDzer! Der Boku-Ball 2018 21 Die BOKU-Versuchswirtschaft 8 10 Groß-Enzersdorf 22 Splitter 25 Ethische Fragestellungen in Pierre Ellssel Forschungsprojekten 26 Strategische Kooperation mit dem Umweltbundesamt 32 Woman Science Circle 33 Innovation Award 34 H2020-Projekte 35 Women Exchange for Disaster Risk Reduction 36 BOKU Start-up Tag 37 2009–2017 REKTORAT GERZABEK 38 Prosperierender Standort Tulln 39 Das Zentrum für Lehre: Allround-Service 42 Spezialisierung, Professionalisierung und Vernetzung: Der Forschungsservice 16 43 Der Standort Muthgasse damals und heute Haroun Moalla 44 Personalmanagement: Eine stetige Entwicklung 46 Personalentwicklung: Wie Karriere machen an der BOKU? 47 Qualitätsmanagement und -sicherung 48 Ein professoraler Blick auf die BOKU 49 Der Weg zur Professur 50 Lebenslanges Lernen: Wie weiterbilden? 52 53 Internationale Highlights Die Ethikplattform als Motor für 38 39 spannende Diskurse 54 Wein - und Obstbau: Aufregende zehn Jahre! 55 Große Veränderungen in der IT 56 Rechnungswesen, Controlling und SPA: Ein Rückblick 58 Die BOKU ist barrierefrei! 59 Kinder an die Macht: Die KinderBOKU 60 Feste feiern, wie sie fallen: Das Veranstaltungsservice 47 59
EDITORIAL Robert Newald MARTIN H. GERZABEK u EIN ABSCHIED UND EIN NEUANFANG Rektor Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde der BOKU! F ür den Großteil des Rektorates ist Ende Jänner nun die vergangenen Jahren gemeinsam vorangetrieben und die BOKU Zeit gekommen, Abschied von der ausgeübten Funktion als ihre Aufgabe gesehen haben. Persönlich danke ich vor allem zu nehmen – nicht aber von der BOKU. Das vorliegende meinen RektoratskollegInnen sowie dem Büro des Rektorates Heft ist einem Rückblick auf die letzten ca. acht bis zehn Jahre und den Stabsstellen für die vielen Initiativen und die exzellente gewidmet. Daher möchte ich an dieser Stelle keine Details über Zusammenarbeit. Die vergangenen Jahre waren nicht immer ein- die Entwicklung der BOKU in dieser Zeit sagen – außer, dass sich fach, und einige kleinere und größere Probleme mussten über- die BOKU in allen Kennzahlen prächtig entwickelt hat, in der wunden werden. Dabei zeigte sich immer wieder der viel gelobte Studierendenzufriedenheit in Österreich an erster Stelle steht, BOKU-Geist, das Zusammenstehen in schwierigen Situationen, im Green Metric World University Ranking an 6. (von 516 Uni- das exzellente Zusammenwirken von Studierenden, Lehrenden, versitäten) und im QS World University Ranking by Subject im administrativem Personal und den Leitungsgremien – ein un- Bereich Land- und Forstwirtschaft an 35. Stelle. Seit 2009 sind glaubliches Asset, auf das die BOKU stolz sein kann. ca. 55 Berufungen gelungen, die Standortsinfrastruktur wurde massiv quantitativ und qualitativ verbessert, die Finanzen sind Mit der neuen Rektoratsperiode ab 1. Februar und der neuen auf soliden Beinen und die Internationalisierung hat durch die Amtsperiode des Universitätsrates ab 1. März 2018 steht für die elf englischsprachigen Masterstudienprogramme einen Sprung BOKU in einigen Bereichen ein Neuanfang an. Das scheidende gemacht. Rektorat wünscht dem neuen Rektor, Univ.Prof. DI Dr. Hubert Ha- senauer, und seinem exzellenten Team alles erdenklich Gute, viel All dies ist das Verdienst von sehr vielen, Lehrenden und For- Erfolg an der und für die BOKU, sowie jene Unterstützung, auf schenden, den Studierenden, den Serviceeinrichtungen, den die auch wir schon bauen konnten. EhrenträgerInnen, den Leitungsgremien Universitätsrat und Se- nat: also aller BOKU-Angehörigen und natürlich auch unserer Mit den besten Wünschen für ein gesegnetes Weihnachtsfest Partnerinstitutionen, den einschlägigen Fachministerien und den und ein gutes, erfolgreiches und gesundes neues Jahr verbleibt Landesregierungen – vor allem von Wien und Niederösterreich, den KooperationspartnerInnen und Förderinstitutionen. Für Ihr die stete und langjährige Unterstützung dankt das scheidende Rektorat allen herzlichst, die die Entwicklung der BOKU in den IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien. Chefredaktion: Michaela Klement, Redaktion: Hermine Roth, Ingeborg Sperl AutorInnen: BOKU ÖH, Margarita Calderon-Peter, Thomas Christen, Doris Damyanovic, Elisabeth Denk, Eugenio Diaz-Pinez, Thomas Dirnböck, Pierre Ellssel, Astrid Forneck, Martina Fröhlich, Britta Fuchs, Martin Gerzabek, Reinhard Grabherr, Thomas Guggenberger, Klaus Hackländer, Andrea Handsteiner, Michael Hein, Simon Huber, Angela Jeitler, Benjamin Klappoth, Bernhard Koch, Rudolf Krska, Elisabeth Laa, Melanie Löffler, Michael Mirtl, Gerhard Moitzi, Maria Papathoma-Köhle, Carina Pappenreiter, Christina Paulus, Florian Pletterbauer, Marion Ramusch, Alarich Riss, Georg Sachs, Ruth Schei- ber, Andreas Schildberger, Susanne Schneider-Voß, Hanni Schopfhauser, Ingeborg Sperl, Philipp Steiner, Bernhard Wallisch, Martin Walpot, Karin Weber, Susanna Wernhart, Sophie Zechmeister-Boltenstern Lektorat: Susanne Hartmann Grafik: Patricio Handl. Coverfoto: Thomas Guggenberger Druck: Druckerei Berger Auflage: 8.500 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich Blattlinie: Das BOKU Magazin versteht sich als Informationsmedium für Ange- UZ24 Dieses Produkt stammt aus hörige, AbsolventInnen, Freundinnen und Freunde der Universität für Bodenkultur Wien und soll die interne und externe „Schadstoffarme nachhaltig bewirtschafteten Kommunikation fördern. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und Druckerzeugnisse“ Wäldern und kontrollierten UW 734 Quellen müssen mit der Auffassung der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge senden Sie bitte an michaela.klement@boku.ac.at PEFC/06-39-12 BOKU Magazin 4 2017 3
WISSEN HAT VIELE GESICHTER Die Beziehung zwischen Mensch und Natur hat viele Facetten: Begegnung zwischen Wanderer und Weidevieh auf einer Kärntner Alm Andreas Muhar ist Professor für Nachhaltige Landschaftsentwicklung, Transdisziplinarität und Wissensin- tegration an der BOKU. In seiner Forschungsarbeit interessiert er sich vor allem für die Schnittstelle zwi- schen natürlichen und sozialen Systemen und nutzt dazu Wissen aus wissenschaftlichen und nichtwissen- schaftlichen Quellen. Von Georg Sachs, Fotos: Andreas Muhar V or Kurzem hat eine an der BOKU be sich bereits ein Erwartungspotenzial gebnis an die Öffentlichkeit getragen. Die verfasste Studie öffentliche Auf- von 4,2 Terawattstunden pro Jahr, das Lorbeeren fallen aber Boris Salak zu, der merksamkeit erzielt: Studienautor entspricht dem durchschnittlichen Jah- bei uns gearbeitet und nun an die Schwei- Boris Salak kommt darin zum Schluss, resstrombedarf von 1,4 Millionen Elek- zer Forschungsanstalt für Wald, Schnee dass ein großer Teil des für die Elektromo- troautos. Andreas Muhar, Professor am und Landschaft gewechselt hat“, so Mu- bilität benötigten Stroms durch Photovol- Institut für Landschaftsentwicklung, Er- har. Gleichwohl fügt sich die Thematik taik-Anlagen auf Großparkplätzen erzeugt holungs- und Naturschutzplanung, unter gut in ein Forschungsfeld ein, das Muhar werden könnte. Geht man beispielsweise dessen Ägide die Studie verfasst wurde, in den vergangenen Jahren intensiv bear- davon aus, dass nur 50 Prozent der Park- zeigt sich bezüglich seiner Beiträge be- beitet hat: Wie kann die Erzeugung und platzflächen mit Paneelen zur Erzeugung scheiden: „Ich war Mentor, habe auch ge- Nutzung von erneuerbarer Energie in der von Solarstrom überdacht würden, ergä- dankliche Beiträge geleistet und das Er- Landschaftsplanung Berücksichtigung BOKU Magazin 4 2017 4
Photos: Andreas Muhar Bagger für den Braunkohlenabbau in der Lausitz, Deutschland finden? Ging es dabei zunächst um die auf die Entwicklungen der Landschaft fahrungswissen, das Menschen aufgrund landschaftliche Einbettung von Wasser- blickt: „Mich interessiert die Schnittstelle ihrer beruflichen Tätigkeit oder vielleicht kraftwerken, rückten später immer stärker zwischen natürlichen und sozialen Syste- auch aus ihren Freizeitaktivitäten wie Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen und men: Wie greift der Mensch in die Natur beispielsweise als Amateur-Botaniker er- ihre vielgestaltigen Wechselwirkungen ein, wie steht er mit ihr in Wechselwir- worben haben“, erzählt Muhar: „Dieses mit der Landschaft in den Mittelpunkt des kung?“, erklärt Muhar, wo er mit seinen Wissen kann man nicht in einem interna- Interesses. Fragestellungen ansetzt. Dafür ist eine tionalen wissenschaftlichen Journal veröf- Form von Transdisziplinarität gefragt, fentlichen, aber es kann zur Erarbeitung Die Nutzung verschiedener Energiefor- für die es eines eigenen methodischen nachhaltiger Lösungen in bestimmten Si- men ist aber nur ein Aspekt der Land- Rüstzeugs bedarf: „Wir gehen über die tuationen von großem Nutzen sein.“ schaftsentwicklung, mit dem sich Muhar Betrachtungsweise einer einzelnen Diszi- beschäftigt hat. Auch deren Wechselwir- plin hinaus und bringen das Wissen ver- Um die verschiedene Arten von Wissen in kungen mit Freizeitverhalten und Touris- schiedener Fachgebiete, aber auch das geeigneter Weise miteinander in Bezie- mus oder die Planung spezieller Schutz- Alltagswissen der Menschen zusammen.“ hung zu bringen, beschäftigt sich Muhar gebiete standen in seiner Arbeit immer Für einen solchen Ansatz sei es notwen- auch mit der Stellung, die die wissen- wieder im Fokus. Diese Interessensgebie- dig, zu reflektieren, in welcher Beziehung schaftlichen Disziplinen in der Gesellschaft te sind dabei in einen größeren Kontext verschiedene Arten des Wissens zueinan- haben und mit den unterschiedlichen Ar- eingebettet, aus dem heraus der Forscher der stehen. „Es gibt beeindruckendes Er- ten des Umgangs mit Sprache, die dabei BOKU Magazin 4 2017 5
zu finden sind. „In der Alltagssprache wird ein Begriff oft ganz anders verstanden als in der wissenschaftlichen Fachdiskussi- on“, bemerkt er und nennt als Beispiel den Ausdruck „ökologisch“, der in seiner alltagssprachlichen Bedeutung meist mit bestimmten Bewertungen verbunden ist, die der Ökologie als Wissenschaft von der Beziehung eines Lebewesens zu sei- ner Umwelt fremd sind: „Wissenschaftlich gesehen gibt es kein ökologisches oder unökologisches Verhalten“, so Muhar. Sei- ner Ansicht nach braucht es daher neue Kommunikationsformen, um zwischen den begrifflich präzisen Konzepten der Wissenschaften und dem Wissen der Praxis zu vermitteln. Aber auch in den Wissenschaften selbst werden bestimmte Konzepte und Sichtweisen verwendet, die nicht selbstverständlich sind und aus ei- nem größeren Kontext heraus verstanden werden müssen: „Es ist üblich geworden, von Dienstleistungen zu sprechen, die ein Ökosystem dem Menschen zur Verfügung stellt“, nennt Muhar ein aktuell disku- tiertes Beispiel. Bei diesem aus der Um- weltökonomie kommenden Ansatz wird versucht, den Nutzen eines Ökosystems für den Menschen einer monetären Be- Stupa Nubra wertung zu unterziehen – etwa der „Rei- nigungsleistung“, die einem bestimmten dabei“, erinnert sich der Forscher an eine die Musikgeschichte, immer wieder kehrt Bodenaufbau für die Trinkwasserbereit- Zeit, in der die zukünftige Fachrichtung er jedoch zum Werk von Johann Sebasti- stellung zukommt. Nach Muhars Ansicht erst im Entstehen war. Nicht immer sei an Bach zurück. Lange Zeit hielt er seine greift das aber zu kurz, um die vielfältigen man damals in gut vorbereiteten Vorle- beiden Interessenssphären klar vonein- Beziehungen zwischen Mensch und Land- sungen gesessen, dafür sei das Studium ander getrennt. Erst in den vergangenen schaft abzubilden: „Ist die Natur ein Ge- aber auch noch wenig verschult gewesen, Jahren hat er damit begonnen, die Musik schäftspartner? Manche Menschen haben Studierende konnten selbst Themen fin- mit seiner wissenschaftlichen Arbeit zu eine spirituelle Beziehung zu ihrer natür- den, in die sie sich vertiefen wollten. verbinden. „Ich bin draufgekommen, dass lichen Umgebung. Diese Dimension kann viele Wissenschaftler musizieren“, stellt man nicht als Dienstleistung erfassen.“ Nach dem Studium arbeitete Muhar zu- der Ökologe fest. Bei Tagungen beispiels- nächst am Institut für Landschaftsplanung weise könne durch einen Abend, bei dem KAMMERMUSIK STATT YOGA der TU Wien mit und studierte nebenbei gemeinsam Musik gemacht werde, eine Als Muhar begann, sich mit Landschaft- Gesang an der Musikuniversität. Eine Zeit- Form von Zusammengehörigkeit entste- sökologie zu beschäftigen, gab es dafür lang blieb unentschieden, ob die Liebe hen, die sonst nur schwer erreicht wird. noch gar keine reguläre Studienrichtung. zur Musik nicht auch seinen beruflichen „Das bringt auch die wissenschaftliche Ko- Mitte der 70er Jahre hatten im Gefolge Lebensweg bestimmen würde. „Letztlich operation auf eine andere Ebene“, so Mu- des einflussreichen Buchs „Die Grenzen war meine Stimme dafür nicht gut ge- har. Die Komplementarität zwischen Kunst des Wachstums“ groß angelegte Umwelt- nug“, sagt er heute. Nichtsdestotrotz blieb und Wissenschaft nutzt der BOKU-For- debatten begonnen, Muhar war auf der die Musik ein sehr wichtiges Element in scher auch im Rahmen von Kooperationen Suche nach einer Studienrichtung, bei der seinem Leben: „Ich bin noch heute ein be- mit Kunsthochschulen, die er vor Kurzem der Umweltschutz im Mittelpunkt des In- geisterter Pianist und mache regelmäßig ins Leben gerufen hat. Die Annäherung teresses steht. Durch Zufall stieß er auf die Kammermusik im Freundeskreis. Klavier- geht dabei von beiden Seiten aus: „Auch Pläne, an der BOKU ein Studium der Land- spielen ist meine Form von Yoga“, bekennt in der Kunst hat man sich dem Dialog schaftsökologie aufzubauen. „Ich war im Muhar. Kompositionen, die ihn besonders mit der Wissenschaft in letzter Zeit stär- ersten Jahrgang eines Studium irregulare ansprechen, findet er dabei quer durch ker geöffnet“, stellt Muhar fest. Im Rah- BOKU Magazin 4 2017 6
Stefan Jeitler ZUR PERSON Andreas Muhar ist seit 1. Septem- ber 2017 Professor für Nachhaltige Landschaftsentwicklung, Transdiszi- plinarität und Wissensintegration am Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung. Er hat an der BOKU Landschaftsöko- logie und -gestaltung studiert und in der Fachrichtung Landschaftsbau dissertiert. Weitere Stationen seiner Laufbahn waren die TU Wien und die Fischer am Mekong Griffith University Brisbane, Australi- en. 1991 erfolgte die Habilitation auf men des Masterstudiums „Art & Science“ biet die Energiepolitik war. Man hat sich dem Gebiet der Landschaftsplanung. an der Universität für angewandte Kunst beim Kopierer getroffen und gemeinsam In seiner Arbeit hat er sich stets Wien wird etwa die wissenschaftliche For- Ideen gewälzt“, erzählt er über eine Form mit Wechselbeziehungen zwischen schungspraxis zum Ausgangspunkt für von Interdisziplinarität, die er in Australien natürlichen und sozialen Systemen die künstlerische Auseinandersetzung ge- kennengelernt hat. beschäftigt, Anwendungsfelder und nommen. Mit dieser Studienrichtung hat Perspektive haben sich aber immer er ein Semester lang im Rahmen des Dok- Für die Zukunft kann sich Muhar eine wieder verändert. Von 2000 bis 2014 toratskollegs „Nachhaltige Entwicklung“ Ausdehnung seiner Forschungsperspek- war er Leiter des Instituts für Land- zusammengearbeitet. tive auch auf Technologien vorstellen, schaftsentwicklung, Erholungs- und die nicht so einen starken Flächenbezug Naturschutzplanung, ab 2007 hat GRENZÜBERSCHREITEND haben wie die Nutzung erneuerbarer er das Doktoratskolleg Nachhaltige IN MEHRFACHER HINSICHT Energie. Beispielsweise könnte die trans- Entwicklung aufgebaut. Für seine Dissertation im Bereich Land- disziplinäre Methodik, der er sich bedient, schaftsbau kehrte Muhar wieder an die von Nutzen sein, um die gesellschaftliche seiner Frau, die an der BOKU am Institut BOKU zurück. Prägend wurde für ihn da- Akzeptanz verschiedener Formen von für Hydrobiologie und Gewässermanage- bei ein Aufenthalt an der Griffith Univer- Nanotechnologie zu untersuchen. Mit der ment arbeitet, widmet er sich derzeit ei- sity in Brisbane in Australien, wo er mit Organisation von transdisziplinären Pro- nem breit angelegten Buchprojekt über Menschen unterschiedlichster Disziplinen zessen beschäftigt sich aktuell auch ein die Flüsse der Alpen. Überdies gehört er Tür an Tür arbeitete: „Dort gab es das Projekt mit Universitäten aus Armenien einer Arbeitsgruppe an, die sich damit be- Prinzip, dass Wissenschaftler derselben und Georgien. „In diesen Ländern hat die schäftigt, die verschiedenen Aspekte der Disziplin ihre Büros nicht nebeneinander Partizipation von Akteuren vor Ort keine Nachhaltigkeit fächerübergreifend in der haben müssen. Da saß eine Anthropolo- große Tradition. Ich diskutiere mit den Lehre der BOKU zu verankern. gin neben einem Mathematiker, eine For- Kollegen daher viel über die Rolle der scherin, die sich mit Gesundheit beschäf- Unis in der Gesellschaft, das mache ich Der Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift tigte, neben einem Kollegen, dessen Ge- sehr gerne“, meint Muhar. Gemeinsam mit Chemiereport/Austrian Life Sciences. BOKU Magazin 4 2017 7
Nepal, Kathmandu Valley BOKU AUF DEM DACH DER WELT Text und Fotos: Martin H. Gerzabek D ie Himalaya-Hindukusch-Region sondern sie sind Rückzugsflächen für ge- sche Wissenspartnerschaft zu Gebirgsre- gehört zu den Biodiversitäts-Hots- fährdete Arten (SDG 13) und stellen 60– gionen zwischen Universitäten, ICIMOD pots der Erde, so wie viele Ge- 80 % des Frischwassers zur Verfügung und den Ländern der Region zu schaffen, birgsregionen. Die Region ist nicht nur aus (SDG 6) . Es sind also zahlreiche Heraus- und Forschung und tertiäre Bildung zu för- dem Blickwinkel der natürlichen Ressour- forderungen, denen sich die Menschheit dern. Das Konsortium umfasst seit dieser cen und deren Nutzung und Management in Gebirgsregionen gegenübersieht. In Jahreskonferenz 52 Vollmitglieder aus der interessant, sondern auch aufgrund der der Himalaya-Hindukusch-Region wurde Region und zehn assoziierte Mitglieder aus hohen Diversität und zahlreicher Schnitt- 1984 von den acht Anrainerstaaten (Af- anderen Teilen Asiens, Europas, Australi- stellen von Kulturen, Religionen und Spra- ghanistan, Bangladesch, Bhutan, China, ens und den USA. Die BOKU ist traditionell chen. Fast eine Milliarde Menschen lebt Indien, Myanmar, Nepal und Pakistan) das sehr stark sowohl mit wissenschaftlichen weltweit in Gebirgsregionen, und fast 100 multinationale Forschungszentrum ICI- Projekten als auch mit Bildungskoope- Millionen davon in Armut. In ländlichen MOD (International Centre for Integrated rationen in der Region präsent. Etwa Gebirgsregionen liegt die Verwundbar- Mountain Development) gegründet, das 60 AbsolventInnen des Masterstudiums keit bezüglich Nahrungsmittelsicherheit sich mit allen Aspekten der Gebirgsfor- Mountain Forestry kommen aus Nepal und bei 36 % . Auf dem Weg zur Erfüllung der schung beschäftigt und sehr erfolgreich Bhutan, darüber hinaus haben zahlreiche Sustainable Development Goals sind Ge- ist . Seit 2007 (und wiederbelebt seit DoktorandInnen aus der Region an der birgsregionen von äußerster Wichtigkeit. 2013) existiert, von ICIMOD organisiert, BOKU promoviert und bekleiden teils sehr Nicht nur ist die Armut in diesen Regio- das Himalaya University Consortium hohe Positionen in den Regierungen, Nati- nen weltweit am größten (SDG 1 und 2), (HUC) . Zielsetzung ist es, eine dynami- onalparks oder sind bei NGOs tätig. Zum BOKU Magazin 4 2017 8
mit dabei. Am zweiten Tag der Konferenz führte uns eine Exkursion zum Erdbeben- museum in Dujiangyan – im Angedenken des großen Erdbebens im Jahr 2008, bei dem ca. 100.000 Menschen starben – und am selben Ort zu einem Weltkulturerbe, nämlich dem Kanalsystem, das vor ca. 2.000 Jahren errichtet wurde. In nur acht Jahren wurde mithilfe von Hitze und ra- scher Abkühlung und mit händischer Ar- Am Panel HUC conference beit ein 20 Meter breiter Kanal in einen Berg getrieben, der die Wasserversorgung des Chengdu-Tals gewährleistet und da- bei durch ein ausgeklügeltes Seitenkanä- le-Wehrsystem Hochwässer vermeidet. Eine unglaubliche menschliche Leistung! Der dritte Tag war der Weiterentwicklung des Konsortiums gewidmet und beschäf- tigte sich mit den laufenden Projekten, der Mitglieder-Policy und der inhaltlichen und strukturellen Zukunftsstrategie. Be- sonders interessant war die Einsetzung von thematischen Arbeitsgruppen, bei denen selbstverständlich nun die Mitar- beit der BOKU möglich und erwünscht ist. Es handelt sich um die folgenden Ar- beitsgruppen: (i) mountain agriculture, (ii) water, (iii) natural disasters and resi- lience, (iv) climate change, (v) trans-Hi- malayan environmental humanities, (vi) non-traditional securities along Himalay- as & beyond (including food security), (vi) plant genetic resources and biodiversity, (vii) livelihoods and poverty reduction. Der künstliche Kanal (links) in Dujiangyan. Oben und unten rechts: Im wiedererrichteten Dujiangyan. Die Chengdu-Konferenz des HUC war die 2016 gestarteten CO2-Kompensations- the Hindu Kush Himalayas: Higher educa- größte bis dato. Die nächstjährige Konfe- projekt in der Gaurishankar-Region in Ne- tion research and regional collaboration renz wird darüber hinaus mit einer Fach- pal fand im November 2017 an der BOKU for sustainable mountain development“. tagung für Master- und PhD-Studierende ein wissenschaftlicher Workshop statt. Etwa 140 VertreterInnen der Partneruni- organisiert. Für die BOKU wurde ein neues Aus strategischen Überlegungen heraus versitäten, darunter 22 PräsidentInnen/ Kapitel in der strukturierten Interaktion mit hatte die BOKU vor mehr als einem Jahr RektorInnen/Vice-Chancellors diskutierten einer der Fokusregionen der Internationali- den Antrag auf assoziierte Mitgliedschaft einen großen Strauß an Themen, von der sierungsstrategie, der China- und Himalay- beim HUC gestellt. Diesem Antrag wurde Weiterentwicklung der Universitäten („21st aregion, aufgeschlagen. stattgegeben, sodass nun die BOKU das century universities“) über die konkre- sechste europäische Mitglied von HUC ge- ten Probleme der Region – Nutzung bzw. 1 FAO (2015): Mapping the vulnerability of mountain peoples to food insecurity. FOOD AND AGRICUL- worden ist, an den zahlreichen Aktivitäten Übernutzung der natürlichen Ressourcen, TURE ORGANIZATION OF THE UNITED NATIONS, voll teilnehmen kann und eine wesentlich Einfluss von Flüchtlingen und illegaler Ein- Rome, 82pp. engere und offiziellere Beziehung mit ICI- wanderung auf die Degradation von Wäl- 2 Martin H. GERZABEK, Wolfram GRAF, Klaus KATZENSTEINER, Andreas MELCHER, Axel MOD eingeht. Die diesjährige fünfte Jah- dern und Fischbeständen, Nutzung von MENTLER, Georg GRATZER (2017): BOKU: Human reskonferenz fand von 30.10. bis 1.11.2017 Quellwässern, Resilienz gegen Hochwäs- Capacity Building for Mountain Livelihoods in the in Chengdu/China statt und wurde von ICI- ser, Sediment-Transport – bis hin zu ge- Himalaya Region. Keynote, Mountain resources and MOD, HUC und der Sichuan University her- nerellen Faktoren wie Urbanisierung und livelihoods in the Hindu Kush Himalayas, Chengdu, October 30th, 2017 vorragend organisiert. Das Tagungsthema Klimawandel. Mehrere enthusiastische BO- 3 http://www.icimod.org war „Mountain resources and livelihoods in KU-Alumni – vor allem aus Nepal – waren 4 http://www.icimod.org/huc BOKU Magazin 4 2017 9
DER LEITHAMMEL DER BIODIVERSITÄT Beim 8. Internationalen Stör-Symposion, das an der BOKU veranstaltet wurde, konnte man einem außerge- wöhnlichen Forscher begegnen. Text und Fotos: Ingeborg Sperl H arald Rosenthal ist ein Erlebnis. die Radioaktivität zwischen 1955 und 1957 dert, sie sind zum Beispiel durch immer Der 80-jährige Wissenschaftler messen, die durch die Atombombenversu- mehr Kraftwerksbauten abgeriegelt. Die aus Deutschland ist der Traum aller che im Pazifik freigesetzt wurde.“ Störe können sich nicht mehr vermehren Interviewenden. Nachfragen überflüssig, und es ist sehr schwierig, sie wieder an- man braucht ihm nur zuzuhören. Warum Rosenthal erzählt von einem 80-jährigen zusiedeln. Fischaufstiegshilfen müssten ihn gerade der Stör so fasziniert, dass er Störweibchen auf einer Forschungsstati- jetzt gebaut werden, auch wenn sie aus ihm viele Jahrzehnte seines Forscherle- on auf Helgoland, für das man erst nach verschiedensten Gründen nicht immer bens gewidmet hat? „Stellen sie sich vor, der Wende im Osten einen Partner su- effizient sind. Nachzüchten geht, ist aber den Stör gibt es schon seit 250 Millionen chen konnte. Störe werden über hundert problembehafteter als man glaubt. Jahren auf der Erde, er hat elf Eiszeiten Jahre alt. Fünf Arten lebten in Donau, der überlebt, und dem Menschen ist es ge- Hausen konnte sieben Meter lang wer- „In einem Fischtank leben die Störe wie lungen, ihn quasi in einer Sekunde an den den. Störe pflanzen sich erst mit etwa 20 in einem Sanatorium. Sie brauchen sich Rand des Aussterbens zu bringen“, legt Jahren fort, doch bis dahin sind sie meist nicht vor Feinden in Acht zu nehmen und er los. Rosenthal zeigt auf seinem Lap- schon längst im Fischernetz gelandet. Au- bekommen pünktlich ihr Futter. Wenn top eine sehr plastische Zeittabelle und ßerdem erinnern sie sich ihr Leben lang an man sie aussetzt, gehen die meisten von erläutert im Schnelldurchgang die biolo- den Ort, wo sie aus dem Laich geschlüpft ihnen ein, weil sie nicht fit fürs Überleben gischen Fakten seines „Leithammels der sind und an den sie zurückwandern. „Stö- sind.“ Biodiversität“. Und noch dazu sei er ein re merken sich viel – im Gegensatz zu Stu- „kalibriertes Messgerät: Man kann in den dierenden“, behauptet Rosenthal. Aber Was machten also Rosenthal und seine Gehörknöchelchen von alten Tieren noch inzwischen haben sich die Flüsse verän- ForscherInnen? Sie konstruierten ring- BOKU Magazin 4 2017 10
Shutterstock „In einem Fischtank leben die Störe wie in einem Sanatori- um. Sie brauchen sich nicht vor Feinden in Acht zu nehmen und bekommen pünktlich ihr Futter. Wenn man sie aussetzt, gehen die meisten von ihnen ein weil sie nicht fit zum Überleben sind“. förmige Aquarien mit unterschiedlichs- Der Stör hat 150 Chromosomen (der tung befindliche „Vienna Declaration“ ten Böden, verschiedenen Strömungs- Mensch 46). Da es nur noch wenige Stö- soll als Endergebnis des 8. internationa- geschwindigkeiten und der Möglichkeit, re gibt, ist es wichtig, sie auf ihren Ver- len Stör-Symposions an der BOKU zum Raubtiere zu simulieren. „Das macht die wandtschaftsgrad hin zu untersuchen, Schutz der Tiere beitragen. „Die Zusam- Tiere fit für den Fluss. Diese trainierten bevor man sie züchtet. Rosenthal erwähnt menarbeit mit der BOKU funktioniert her- Tiere entwickelten eine doppelt so hohe einen iranischen und zwei chinesische Ge- vorragend“, lobt Rosenthal. Fluchtgeschwindigkeit wie die Untrai- netiker, die sich auf diesem Gebiet beson- nierten, und das, obwohl beide Gruppen ders gut auskennen. Zum Schluss hält er noch ein kleines Pri- die gleiche genetische Basis hatten, also vatissimum über die Vorzüge der Ome- Geschwister waren.“ Die trainierten Tie- 2003 gründete Rosenthal die World Stur- ga-3-Fettsäuren. „Ich esse dreimal die re haben 80 % Überlebenschance. Zum geon Conservation Society e. V., die als Woche Fisch. Damit kann man die Demenz Fitnessprogramm gehört auch, dass die NGO in die Technical Advisory der FAO hinauszögern; das Gerede über Quecksil- Störe mit Krankheitserregern in Berüh- eingebunden wurde, weil sie strikt neut- ber im Thunfisch soll einem keine Angst rung kommen, zum Beispiel mit denen ral ist und ihre Fachartikel einem strengen machen. Solange man ihn nicht täglich aus dem Wasser der Elbe, wo sie später Auswahlverfahren unterzieht. „Weil wir isst, besteht keine Gefahr.“ Die Folien auf ausgesetzt werden. Rosenthal mit mil- neutral sind, haben wir größere Chancen, seinem Laptop flitzen nur so vorbei, und dem Spott: „TierschützerInnen haben ge- Länder zu koordinieren, die ansonsten bei dem Tempo müsste sich ein auch ein klagt, wir würden die Fische quälen.“ Der eher wenig zusammenarbeiten würden“, 50 Jahre Jüngerer sehr zusammenreißen, letzte Stör in der Elbe wurde übrigens umreißt Rosenthal das internationale um mitzukommen. Man kann eben nie vor einem halben Jahrhundert gefangen. Grundproblem. Eine neue, in Ausarbei- früh genug mit Omega 3 anfangen. BOKU Magazin 4 2017 11
DIE WUNDERBARE WELT DER PILZE Text und Fotos: Ingeborg Sperl zarr – wie ein kleines Gehirn. Dieser rosa „Gehirn“-Mutant ist im Labor des Extre- mophile Centers entstanden. Er hat kein Melanin, ist aber überaus ozonresistent. In der Natur findet man Pilze auf Felsen, oder an Wurzeln; andere, unsichtbare Kei- me, können durch Wunden oder durch Einatmen in den Körper gelangen und gro- ßen Schaden anrichten. Etwa chronische Krankheiten oder Hautkrebs auslösen, das Gehirn befallen oder sich als resistente Krankenhauskeime etablieren. Man findet Pilze also im Makro- und im Mikrobereich. Was aber macht diese schwarzen Pilze auf ihrer molekularen Ebene so stressresis- tent? Wenn man das herausfindet, erge- ben sich viele Anwendungsmöglichkeiten, nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Kosmetikindustrie. Diese macht ja schon seit Längerem mit Antioxidantien in diversen Anti-Aging-Cremes ein Milliar- dengeschäft. Ein leichter Hauch von Science Fiction umweht diese geheimnisvollen, vielge- staltigen Pilze: Man kann sie dehydrieren, ins Weltall schicken– und sie überleben trotzdem. Sobald man sie mit Wasser be- träufelt, sind sie wieder fit. Kein Wunder, dass man sie in Berlin in Klimakammern gesteckt hat, die eine Mars-Atmosphäre simulieren. Selbst die Theorie, dass die Pil- ze mit Asteroiden durchs All gereist sein S könnten, klingt nicht so weit hergeholt. ie überleben extreme Hitze und unter definierten Bedingungen und zu ei- Kälte, sie finden sich in allen Welt- nem definierten Zeitpunkt vorhandenen Hilfreich sei jedenfalls, dass Katja Ster- gegenden, von der Arktis bis zur Proteine; extremophil bedeutet einfach, flinger an der BOKU eine Arbeitsgrup- Antarktis, sie überleben in der Wüste und dass diese Pilze weit harschere Umwelt- pe eingerichtet hat, die sich seit Jahren sogar im Weltall. Die Biotechnologin Do- bedingungen aushalten als beispielsweise mit diesen Pilzen beschäftigt, und eine natella Tesei aus Italien erforscht an der der Mensch. Extreme Temperaturen und Stammsammlung aufgebaut hat, die auch BOKU diese faszinierenden Lebewesen. pH-Werte, eine ozonreiche Atmosphäre externen ForscherInnen zur Verfügung Sie hat für ihre Arbeit das Hertha-Firn- – das alles ist für uns nicht optimal, den steht, meint Tesei, die in Italien Biologie berg-Stipendium bekommen und wird Pilzen aber egal. studiert hat. Sie wird in den kommen- sich nun in den kommenden drei Jahren den drei Jahren nicht nur an der BOKU am Institut für Biotechnologie der Erfor- Unter ihnen gibt es eine Gruppe, die be- forschen und lehren, sondern auch in ei- schung der Proteomik von extremophi- sonders gut mit harten Lebensbedingun- nem speziellen Labor in der Schweiz und len Pilzen widmen. Das klingt erst einmal gen zurechtkommt. „Schwarze Pilze“, in den USA arbeiten. Sehr wichtig ist für kompliziert, ist aber ungemein faszinie- die so heißen weil sie Melanin enthalten, Tesei eine grundsätzliche Neugier: „Wenn rend: Ein Proteom umfasst die Gesamtheit können vielgestaltig sein. Sie können wie wir Urlaub machen, haben wir alle Behält- aller in einer Zelle oder einem Lebewesen Brokkoli aussehen, oder – besonders bi- nisse dabei, um Pilze einzusammeln.“ BOKU Magazin 4 2017 12
Shutterstock WIENER FORSCHER STELLEN IMMUNSERUM GEGEN HIV HER Über die Synthese von modifizierten Kohlenhydratstrukturen der Virushülle von HIV ist es dem Department für Chemie/Abteilung für Organische Chemie der BOKU gemeinsam mit Forschern aus den USA und Kana- da gelungen, die Bildung HIV-neutralisierender Antikörper zu induzieren. V ersuche, Impfstoffe gegen das die Kohlenhydrat-Zellwandstruktur von zeigen, dass die Immunseren neutralisie- Aids-Virus zu entwickeln, wa- pflanzenpathogenen Rhizobien, die eine rende Aktivitäten gegen fünf von sieben ren bisher erfolglos, weil die an schwache Immunreaktion mit dem ersten HIV-Stämmen aufwiesen. Darüber hinaus der Oberfläche der Virushülle veranker- bekannten HIV-neutralisierenden Antikör- ist die Spezifität und die breit neutralisie- ten Kohlenhydrate den körpereigenen per 2G12 zeigten, einem Antikörper, der rende Wirkung der erzeugten Antikörper Strukturen ähnlich sind und daher nur am Department für Biotechnologie an der ähnlich zu solchen, die man bei einigen eine schwache Immunantwort auslösen. BOKU vor einigen Jahren mitentwickelt AIDS-PatientInnen findet, die derartige Ausgehend von vergleichbaren Struktu- wurde. Computermodellierungen zeig- Antikörper aber erst im Verlauf von eini- ren aus der Zellwand von Bodenbakteri- ten dann, dass durch Erweiterung dieser gen Jahren ausbilden. Dies konnte in der en synthetisierten Wiener Forscher eine Grundstrukturen die Antikörperbindung Studie durch die Röntgenstruktur eines leicht abgewandelte HIV-Oberfläche, mit wesentlich verbessert werden könnte. In Kohlenhydratliganden in der Bindungs- der man neutralisierende Impfseren ge- einem vom Fonds zur Förderung der wis- tasche des neutralisierenden Antikörpers gen das Virus herstellen kann. Die Studie senschaftlichen Forschung (FWF) geför- der PGT-Familie auch im molekularen De- erschien im Fachjournal Nature Commu- derten Projekt modifizierten Paul Kosma tail bestimmt werden. nications. und Nino Trattnig vom Department für Chemie durch chemische Synthese die Dieser vielversprechende Ansatz, viel- In dieser Proof-of-concept-Studie ist es Strukturen dieser Kohlenhydrate, die in leicht doch noch einen Aids-Impfstoff nunmehr gelungen, durch Abwandlung der Folge zu immunogenen Glykokon- hervorzubringen, kann nunmehr auch der oligomannosidischen Grundstruktu- jugaten umgesetzt und zur Erzeugung durch Forschungsprojekte, die von den ren die körpereigene Immuntoleranz zu spezifischer Anti-HIV-Antikörper einge- National Institutes of Health (USA) und überwinden und neue Perspektiven für setzt wurden. In einer Kooperation mit den Canadian Institutes of Health Rese- die Vakzinentwicklung gegen HIV aufzu- ForscherInnengruppen aus Kanada und arch finanziert werden, für weitere vier zeigen. Ausgangspunkt der Arbeiten war den USA konnten die Autoren nunmehr Jahre intensiv untersucht werden. BOKU Magazin 4 2017 13
PLASTIKSACKERLN, DIE KEINE LUFT KRIEGEN Von Martin Walpot D ie wenigsten wissen es, wir alle tun langsam abgebaut werden. Sie setzen den zu identifizieren, die spezifische Enzy- es. Aber: Bioplastiksackerln haben Biomüll nicht frei und stören den Prozess me zum Plastikabbau produzieren", so im Biomüll eigentlich nichts zu su- erheblich“, weiß Umweltbiotechnologin Ribitsch. Nach einigen Jahren war es so chen. Laut DIN EN 13432 Norm schließt Doris Ribitsch, die für die BOKU und das weit: „Das Bakterium Clostridium bo- Bioabbaubarkeit mit ein, dass sich ein Austrian Centre of Industrial Biotechno- tulinum, dessen Proteine auch in Botox Material nach einer festgeschriebenen logy (acib) forscht. Gemeinsam mit einer enthalten sind, erfüllt sämtliche Voraus- Zeit unter definierten Temperatur-, Sau- Arbeitsgruppe am Standort Tulln geht sie setzungen. Es ist sogar in geringen Men- erstoff- und Feuchtebedingungen in der als erste der Frage nach, ob der Abbau gen im Biogas-Schlamm vorhanden“, Anwesenheit von Bakterien oder Pilzen zu von als bioabbaubar bezeichnetem Plastik verrät die Biotechnologin. Damit die En- mehr als 90 Prozent zu Wasser, CO2 und – aus dem etwa handelsübliche Biomüll- zyme von Bakterien jedoch großflächig Biomasse abgebaut haben muss. Neuer- plastiksackerln, Essensverpackungen oder und noch dazu in anaerober Umgebung dings landet ein Teil des Biomülls und mit Mulchfolien hergestellt sind – auch in Ver- Plastik abbauen können, ist ein hoher En- ihm entsorgte Plastiktüten in Biogasanla- gärungsanlagen funktioniert. gineering-Aufwand nötig. In Kooperation gen. Die dort vorherrschenden, anaeroben mit der ETH Zürich stellte das acib eine Bedingungen (der Ausschluss von Sauer- BOTOX IM BIOSCHLAMM optimierte Enzymvariante her, die danach stoff) führen zu einer Bildung von Biogas Im Vorfeld führten die Forscher In-si- in eine Biogasversuchsanlage einge- als wertvoller Energieträger. „Unter die- lico-Recherchen durch. Tausende Ein- bracht wurde. Da bisher keine Informati- sen Bedingungen können aus bestimm- träge einer Enzym-Datenbank wurden onen zur Verfügung standen, wie Enzyme ten Polymerarten gefertigte Sackerln nur durchgesehen, um bestimmte Bakterien aus diesen anaeroben Mikroorganismen BOKU Magazin 4 2017 14
Shutterstock Viele Bioplastiksackerln haben im Müll nichts zu suchen. In sauerstoffarmen Umgebungen wie Biogasanlagen lösen sie sich zu langsam auf und belasten beim Verbrennen des Mülls die Umwelt. Ein Forschungsprojekt am Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) sucht nun nach Enzymen, die das Plastik auflösen und Emissionen vermeiden. Mit dem Ziel, Plastikberge zu ver- ringern und langfristig herkömmliche Verpackungen durch biobasierte Poly- mere zu ersetzen. „arbeiten“, wurde ebenso eine Methode Plastikmülls (ca. 45 Mio. Tonnen jährlich) zubringen. Dort kann die freiwerdende geschaffen, mit der sich der Abbauvor- verbrannt werden, könnte der neue Pro- Energie zur Erzeugung von Strom, Wär- gang von Polymeren messen lässt. Erste zess eine Wende im permanenten Abbau me oder Biomethan herangezogen wer- Versuche waren vielversprechend: Die im von Plastik einleiten. Ein weiterführendes den“, sagt die Forscherin. Langfristig sol- Labor optimierten Enzyme verteilen sich Projekt mit einem Industriepartner steht len die Projektergebnisse dazu beitragen, auf der Polymerschicht und kurbeln den in den Startlöchern. Zwei Patente wurden herkömmliche Verpackungen durch bio- Zersetzungsvorgang an. „Wie eine gro- bereits angemeldet. basierte Polymere (aus nachwachsenden ße Schere zerschneiden die Enzyme die Rohstoffen) zu ersetzen, die sich in we- langen Polymerketten in immer kürzere PLASTIK AUS nigen Tagen selbst auflösen. Der Kohlen- Bausteine, bis nur noch Monomere – die NACHWACHSENDEN QUELLEN stoffkreislauf schlösse sich dadurch, Plas- kleinsten molekularen Einzelbestandtei- Die neue Methode stellt jedoch lediglich tikmüll würde vermieden. Wer sich nun le – übrig sind, die in weiterer Folge von einen Zwischenschritt auf dem umwelt- sorgt, dass sich solche Plastiksackerln Mikroorganismen metabolisiert werden bewussten Weg zu einem plastikfreie- am Weg vom Einkaufszentrum nach Hau- können. Das Ergebnis: Das Plastiksa- ren Alltag dar: „Solange sich biologisch se auflösen, sei beruhigt: „Dazu braucht ckerl ist zur Gänze aufgelöst und wird abbaubare Kunststoffe nicht vernünftig es immer noch die Bedingungen eines zusammen mit dem enthaltenen Biomüll recyceln lassen und einer Wiederver- Komposthaufens oder einer Biogasanla- in wertvolles Biogas umgewandelt“, er- wendung zugeführt werden, ist es immer ge“, so Ribitsch. Der Einkauf bleibt also läutert Ribitsch. Bedenkt man, dass etwa noch am sinnvollsten, sie zusammen mit intakt. Und, so der Gedanke, die Umwelt zwölf Prozent des weltweit produzierten biogenen Abfällen in Biogasanlagen ein- ebenso. BOKU Magazin 4 2017 15
ÄTHIOPIEN – ZWISCHEN DÜRRE, AUFSTAND UND WIRTSCHAFTSBOOM EIN REISEBERICHT VOM FORSCHUNGSAUFENTHALT IM OSTEN AFRIKAS Text: Pierre Ellssel und Benjamin Klappoth, Fotos: Pierre Ellssel N ach einer nur sechsstündigen Reise kannt ist, aber traurigerweise auch für in Armut aufgrund des kräftigen Bevölke- wandeln sich die grauen Töne des Dürre, Hungersnöte und kürzlich immer rungswachstums von circa 2,5 % (2014) Wiener Winters in die vielfältigen wieder stattfindende Aufstände mit vie- konstant geblieben. Das Land befindet sich Farbvariationen der Tropen. Als wir vor die len verlorenen Menschenleben. auf Platz 173 von insgesamt 189 Ländern im Türen des Flughafens treten, werden wir UNDP Human Development Report. von strahlend grünen Gewächsen begrüßt, Während der letzten Dekade hat Äthiopien die ihre pinkfarbenen Blüten in alle Rich- einen enormen wirtschaftlichen und sozi- MILLIONEN MENSCHEN tungen strecken. Insektenhorden drehen alen Wandel erlebt, mit einem jährlichen VOM HUNGER BEDROHT aufgeregt ihre Runden. Ganz neue Gerü- Wirtschaftswachstum von durchschnitt- Armut wie auch Ernährungsunsicherheit che werden aufgesogen, das Gedächtnis lich 10 %. Die Landwirtschaft ist mit 41 % sind bei der Landbevölkerung und somit gleicht die „Duftdatenbank“ ab, kann aber (2015) der zweitwichtigste Wirtschafts- den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern am nichts Vergleichbares finden. Das nächs- zweigin Bezug auf das BIP, wobeijedochcirca schwerwiegendsten und am weitesten te Bild in der Szenerie ist ein Soldat in 80 % der Bevölkerung ihren Lebensunter- verbreitet. Mehr als 50 % von ihnen kulti- blauem Camouflage, der über der Schul- halt mit der landwirtschaftlichen Produk- vieren einen Hektar oder weniger und tun ter, locker wie einen Einkaufsbeutel, eine tion verdienen. Äthiopien gehört zu den sich in der Folge schwer, ihre Haushalts- Kalaschnikow hängen hat – Welcome to zehn Ländern mit den höchsten Zuwäch- mitglieder zu ernähren. Insgesamt sind Addis Ababa („die neue Blume“)! sen beim Human Development Index in- nach Schätzungen der UN 20 Millionen nerhalb der letzten zehn Jahre. Die weit Menschen vom Hunger bedroht und jedes Das soll der Beginn eines Aufenthalts in verbreitete Armut wurde in urbanen wie vierte Kind unterernährt. Die Situation wird einem Land sein, das insbesondere für auch in ländlichen Gebieten reduziert, je- zusätzlich immer wieder durch Dürren, seine AthletInnen und seinen Kaffee be- doch ist die absolute Anzahl der Menschen wie im Jahr 2016, oder das andere Extrem, BOKU Magazin 4 2017 16
Überschwemmungen, verschlimmert. Die des Potenzials beitragen. Hierbei ist je- en, als die ersten MarathonläuferInnen landwirtschaftlichen Produktionssyste- doch zu beachten, dass gleichzeitig der ihre Trainingsrunden drehten, und noch me sind durch Regenfeldbau mit generell fortschreitenden Bodendegradation sowie ehe sich ein Dunst aus Staub und Abga- niedriger Produktivität charakterisiert. Die zunehmenden Monokulturen und den da- sen über die Stadt legte. Wir fuhren weit Produktionsmethoden sind arbeitsintensiv mit einhergehenden Problemen entgegen- in den Süden, in dem die Menschen nicht und zeichnen sich durch den geringen Ein- gewirkt werden sollte. Methoden, die die mehr Amharisch, sondern meist Oromo satz von externen Produktionsmitteln und Resilienz der Landwirtschaft gegenüber sprechen, eine afro-asiatische Sprache, die Kapital aus. dem Klimawandel erhöhen und auch zur von ca. 25 Millionen Menschen gesprochen Mitigation dessen beitragen, sollten hierbei wird. Wir besuchten dort Kooperativen, Es gibt jedoch erhebliches Potenzial, die ebenfalls einbezogen werden. die insbesondere ökologisch angebauten Produktivität und somit das Einkommen Kaffee und Enset (Ensete ventricosum) der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu Während eines zehntägigen Feldfor- produzieren. Enset wird auch als „Fal- verbessern. Im Hochland, wo der Großteil schungsaufenthaltes im Rahmen des Kur- sche Banane“ bezeichnet und ist eines der Bevölkerung lebt, sind weite Teile der ses „Organic Farming in the Tropics and der wichtigsten Grundnahrungsmittel im Böden fruchtbar und auch das Klima ist ge- Subtropics“, begleitet von Prof. Bernhard Süden des Landes. Alle Farmen waren nerell für die Landwirtschaft geeignet. Eine Freyer, haben wir verschiedene Landwir- nach Agroforstprinzipien organisiert und Modernisierung sowie Professionalisierung tInnen im Norden und Süden von Äthiopi- zeigten eine hohe Diversität. Die Bäue- des Landwirtschaftssektors einschließlich en besucht und Daten erhoben. rinnen und Bauern sind in Kooperativen einer Effizienzsteigerung und Reduzierung und „Unions“ zusammengeschlossen, die von Verlusten entlang der Wertschöp- An unserem zweiten Tag in Addis Ababa wiederum den Kaffeeexport organisieren. fungskette können zu einer Ausnutzung verließen wir die Stadt im Morgengrau- Der Kaffee wird jedoch roh exportiert, BOKU Magazin 4 2017 17
und der meiste Profit wird am Ende von thoden anzuwenden. Die Gründe dafür können leider häufig beobachtet werden. den Röstereien gemacht. sind zahlreich: Ein wichtiger Grund ist die Eines der Hauptrisiken für die äthiopische Wahrnehmung, dass ökologische Metho- Landwirtschaft und die Nahrungsmittel- In Bahir Dar haben wir während der folgen- den „unproduktiv“ seien. Weitere Gründe versorgung stellt, neben den Dürreperi- den Tage mit einer Gruppe von Studieren- sind u. a. die mangelnde staatliche Un- oden und dem Klimawandel, die Boden- den der dortigen Universität zusammenge- terstützung, das Fehlen von geeignetem degradation, insbesondere durch Erosion, arbeitet. Mit ihnen haben wir verschiedene Saatgut, fehlendes Wissen und fehlende dar. Hierfür sind die intensive Bodenbear- Anbausysteme sowie eine Forschungssta- Wissensvermittlung, die Landbesitz-Ver- beitung, Überweidung und die Abnahme tion besichtigt und analysiert. In der Re- hältnisse und die immer kleiner werden- von organischer Bodensubstanz maßgeb- gion ist der Getreideanbau die wichtigste den Flächen der Bäuerinnen und Bauern. lich mitverantwortlich. Einkommensquelle, mit Gemüse, Honig und tierischen Produkten als weitere Quel- Der Anbau von Weizen in Monokultur ist Sechs Monate sind vergangen seit dem len. Die Anbausysteme waren wenig diver- in einigen Regionen Äthiopiens zur gän- Aufenthalt mit der Gruppe um Prof. sifiziert, und wir empfanden es als überra- gigen Praxis geworden, während früher Freyer, als wir unsere Füße wieder auf schend, dass es kaum Hausgärten für eine ausgedehntere Fruchtfolgen mit Ölfrüch- äthiopischen Boden setzen. Dieses Mal vielfältige Eigenversorgung gab. ten und Körnerleguminosen die Regel haben wir die Möglichkeit, im Rahmen der waren. Die Monokulturen führen zu ei- Feldforschung für die Diplomarbeit in Ko- Für uns war die Frage interessant, in- nem höheren Krankheitsdruck und, wo operation mit der Deutschen Gesellschaft wiefern ökologische Anbaumethoden verfügbar, werden Pestizide eingesetzt. für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), integriert werden und was es für Hinde- LandwirtInnen, die Spritzmittel barfuß das Land und die Menschen intensiver rungsgründe gibt, mehr von diesen Me- und ohne Schutzbekleidung ausbringen, kennenzulernen. BOKU Magazin 4 2017 18
Das Projekt der GIZ soll die Produktivität werden müssen, um ein Hektar Land zu eller Rotation anzubauen. Man ist sich in und Rentabilität von 70.000 Bäuerinnen bearbeiten. Mithilfe der Reihensaat könn- der Regel bewusst, welche Probleme die- und Bauern um durchschnittlich 30 % stei- te Saatgut eingespart und höhere Erträge, se Anbauweise mit sich bringt, hat aber gern und so die lokale Wirtschaft und die unter anderem durch einen gleichmäßige- aufgrund von wenig entwickelten Märkten Ernährungssicherheit verbessern. Der Fo- ren Feldaufgang, erzielt werden. Zusam- und schlechter Verfügbarkeit von Saatgut kus liegt dabei auf den Wertschöpfungs- men mit tiefem Traktor-Pflügen und einer oft geringen Handlungsspielraum. ketten von Weizen und Ackerbohnen in Saatbettbereitung mit Traktoren könnten der Arsi-Region, der Kornkammer Äthio- die Erträge im Schnitt sogar um etwa Das Land hat vielfältige Potenziale, um piens, in der 54 % des Weizens und 50 % 80 % erhöht werden, schätzen ExpertInnen. die Lebenssituation der Menschen zu ver- der Ackerbohnen des gesamten Landes bessern. Beispielsweise gäbe es auch die produziert werden. Aktuelle Weizenerträ- Traditionelle Anbauverfahren in Äthio- Möglichkeit, einen nachhaltigen Touris- ge liegen bei rund 2,5 t/ha in Gebieten mit pien waren häufig vielfältiger als heute. mus zu fördern, der Einkommen schafft, einem Ertragspotenzial von etwa 6 t/ha. Die Brachlegung von Flächen ist eine ohne dabei jedoch Kultur und traditio- traditionelle Methode, die weitgehend nelle Lebensweise zu zerstören – hierfür Aktuell wird die Bodenbearbeitung mit- verschwunden ist, da der Landbedarf braucht es aber wiederum auch politische hilfe eines den Boden oberflächig auf- durch die stark wachsende Bevölkerung Stabilität. Die zukünftige Entwicklung und brechenden ochsengezogenen Boden- und immer kleiner werdende Parzellen die Bewältigung der vielen Herausforde- bearbeitungsgerätes durchgeführt, was stetig steigt. Die ökonomische Situation rungen in Äthiopien sind wahrscheinlich das Überkreuzarbeiten mit bis zu sieben der Bäuerinnen und Bauern bringt diese als kritisch für das gesamte Ostafrika zu Durchgängen notwendig macht. Das be- dazu, Weizen, der den meisten Profit ver- sehen, da das Land als der Stabilitätsan- deutet, dass bis zu 250 km zurückgelegt spricht, in Monokultur oder nur mit parti- ker am Horn von Afrika gilt. BOKU Magazin 4 2017 19
ALLES WALDZer! Mit den Klängen einer berauschenden Ballnacht erwecken wir den winterlichen Wald der Hofburg zum Le- ben. Am 2. Februar feiern wir den BOKU Ball 2018! Der heurige Ball steht ganz im Zeichen des Waldes, eines der bedeutsamsten Ökosysteme unserer Erde. Auch für die BOKU ist der Wald von großer Wichtigkeit. Von BOKU ÖH Foto Sulzer S treng genommen definieren wir 1872 als Hochschule geboren war, statt. denen Geldbeutel lädt das Tüwi-Beisl im Wald als eine bestockte Fläche ab Der Lehrforst Rosalia und der Versuchs- Gartensaal mit Getränken zu erschwing- 1.000 Quadratmeter und mit einer garten auf der Knödelhütte sind die Plätze, lichen Preisen ein. Im Eingangsbereich durchschnittlichen Breite von 10 Metern. Es wo sich unsere ForstwirtInnen zu Hause begrüßt Sie die BOKU-Jagdhornbläser- ist unumstritten, dass die „grüne Lunge“ fühlen. Auf dem heurigen BOKU Ball brin- gruppe mit einer musikalischen Darbie- ein wichtiger Bestandteil unseres Klimas gen wir den Wald nun auch in die Hofburg. tung. Verpassen Sie auf keinen Fall die ist. Ein Mensch in Österreich verursacht al- offizielle Eröffnung um 21 Uhr, wenn die lein in 20 Jahren rund 142 Tonnen CO2, im DAS ERWARTET SIE BOKU-Blasmusikkapelle in den Festsaal Vergleich dazu bindet ein Hektar Wald in AM HEURIGEN BOKU BALL einmarschiert! Nach dem offiziellen Be- derselben Zeit fast das Doppelte. Als ver- Es gibt selten die Gelegenheit, in einer grüßungsakt unterhalten uns Studierende bindendes System in der Natur vereint der lockeren Atmosphäre das Semesterende mit einer volkstümlichen Tanzeinlage. Ab Wald Tiere, Pflanzen, Pilze und Menschen. einzuläuten. Egal ob es ein Student im Mitternacht sorgt der Publikumstanz für Smoking, eine Absolventin im Dirndlkleid, den Höhepunkt des Abends. Der Wald nimmt auf der BOKU eine be- eine Mitarbeiterin im Hosenanzug oder sondere Stellung ein: Das Department für vielleicht auch der Rektor im Trachten- Wenn Sie nun das Ballfieber gepackt hat, Wald- u. Bodenwissenschaften wie auch anzug ist – die Diversität der Ballgäste können Sie ab 4. Dezember Ihre Ballkarte das Studium der Forstwirtschaft oder garantiert abermals einen ausgelassenen im Online-Shop auf bokuball.at erwerben. Holz- u. Naturfasertechnologie sind nur Ball. Für Vielfalt sorgt auch das Abendpro- Der Reinerlös des Balls fließt in den ÖH-So- einige der Einrichtungen an der BOKU, die gramm, bei dem unter anderem klassische zialfonds, der Studierenden in finanziellen sich direkt oder indirekt mit der Materie und volkstümliche Musik zum Tanzen ver- Notfällen unterstützt. Weitere Infos finden auseinandersetzen. Die Geschichte geht führen. In den Festsälen ist auf alle Fälle Sie unter bokuball.at oder auf unserer Fa- aber noch weiter zurück: Allein die Grün- für jeden Geschmack etwas dabei! Und für cebook-Seite ÖH BOKU. Wir freuen uns, dung der forstlichen Sektion an der BOKU wen es etwas lauter sein darf, der findet Sie in der Hofburg begrüßen zu dürfen. In fand nur drei Jahre, nachdem die BOKU die Disco im Erdgeschoß. Für den beschei- diesem Sinne: Alles WALDzer! BOKU Magazin 4 2017 20
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