Für gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West - Landesvertretung Sachsen-Anhalt - Das Magazin für den öffentlichen Dienst - dbb berlin
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Das Magazin für den öffentlichen Dienst März 2021 magazin Landesvertretung Sachsen-Anhalt Für gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West
© Michael Wittig hauptstadtmagazin Inhalt Besoldung Liebe Leserinnen, liebe Leser, Allianz pocht auf umfassendes Nachzahlungsgesetz 4 Empfängerkreis für Sonderzahlung erweitert 5 die Enttäuschung über das auf Richterinnen und Richter beschränkte Reparaturgesetz zur amtsange- Interview messenen Alimentation ist groß. So groß, dass sich Franziska Giffey will etwas bewegen 6 eine starke Allianz zusammengefunden hat, die end- Dienstrecht: Verunglückter Vorstoß 8 lich reinen Tisch mit den verfassungsfeindlichen Be- soldungsspielereien des Berliner Senats machen will Aus den Mitgliedsgewerkschaften – auch ohne dass Karlsruhe die Verstöße nochmals Berliner Polizei setzt auf zertifizierte Praxisanleiter 9 bestätigt. Wenn gleich drei gewerkschaftliche Spit- Info zum gkl Gewerkschaftstag 9 zenorganisationen und der Hauptpersonalrat uniso- Berufliche Bildungsleistung anerkennen und fördern! 9 no Alarm schlagen, weil sie unwiederbringlichen Ver- trauensverlust der Beschäftigten befürchten, sollte Interview der Senat doch endlich hellhörig werden. DRK-Landesverband Berliner Rotes Kreuz 10 Für einen Sturm im Wasserglas hat Berlins Senatorin Titelthema für Integration, Arbeit und Soziales, Elke Breitenbach, Landesvertretung Sachsen-Anhalt 12 gesorgt. Innensenator Andreas Geisel, der ihren Vor- stoß für eine Ausländerquote bei der Einstellung in Unterhaltung den öffentlichen Dienst schleunigst abgebügelt hat, Preisrätsel14 ist es zu verdanken, dass am Ende nicht schon wieder Verfassungsrichter bemüht werden mussten. Zum Schluss Viel Lärm um nichts 16 Zu den Kernfragen des Berliner Landesdienstes hat in dieser Ausgabe Franziska Giffey, die Spitzenkandida- tin der SPD für die Abgeordnetenhauswahlen im September, in einem Interview Stellung bezogen. Ihre Antworten können die Leser des hauptstadt ma- gazins mit denen von CDU und Bündnis 90/Die Grü- nen vergleichen, die in vorangegangenen Ausgaben veröffentlicht wurden. Impressum Das hauptstadt magazin – hm – ist ein Informations- Unsere Berichterstattung über die Landesvertretun- dienst des dbb beamtenbund und tarifunion berlin für die gen beim Bund setzen wir in dieser Ausgabe mit der Beschäftigten im Berliner Landesdienst und der Bundes verwaltung. Vertretung von Sachsen-Anhalt fort, die in einem be- Verantwortlich i. S. d. P.: Frank Becker, p. A. dbb berlin, sonders geschichtsträchtigen Berliner Gebäude un- Alt-Moabit 96 a, 10559 Berlin. tergebracht ist. Redaktion: Annemarie Wellige. Telefon: 030.3279520. Telefax: 030.32795220. Internet: www.dbb.berlin. E-Mail: post@dbb.berlin. Einzelmitglieder in den Fachge- Ein weiterer Beitrag informiert schließlich über die werkschaften und -verbänden des dbb berlin erhalten das hm kostenlos zugesandt. verdienstvolle Arbeit des DRK-Landesverbands Berli- Herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem DBB Verlag ner Rotes Kreuz, der vom Senat federführend mit der GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin. Betreuung der fünf Berliner Corona-Impfzentren be- Telefon: 030.7261917-0. T elefax: 030.7261917-40. Internet: www.dbbverlag.de. E-Mail: post@dbb.berlin. traut wurde. Anzeigen: DBB Verlag GmbH, Mediacenter, Dechenstr. 15 a, 40878 Ratingen. Telefon: 02102.74023-0. Telefax: 02102.74023-99. E-Mail: mediacenter@ Wie immer wünsche ich viel Spaß beim Lesen! dbbverlag.de. Anzeigenleitung: Petra Opitz-Hannen, Telefon: 02102.74023-715. Anzeigenverkauf: Andrea Franzen, Telefon: 02102.74023-714. Anzeigendisposition: Ihr Britta Urbanski, Telefon: 02102.74023-712. Preisliste 18, gültig ab 1.10.2020. Herstellung: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Marktweg 42–50, 47608 Geldern. Layout: FDS, Geldern. Fotos: wie angegeben. Titelbild: Land Sachsen-Anhalt / Die Möwe – Sitz der Landesvertretung Sachsen-Anhalt Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die 3 Frank Becker, Meinung des jeweiligen Autors und nicht immer die Landesvorsitzender dbb berlin Meinung des Herausgebers wieder. März 2021
© janeb13 / Pixabay Besoldungsallianz pocht auf umfassendes Nachzahlungsgesetz Die Weigerung der Berliner Finanzverwal- tung, im Reparaturgesetz zur Korrektur der Berliner Verstöße gegen die amtsangemes- sene Alimentation neben dem linearen Be- reich der R-Besoldung auch den der A-Be- soldung einzubeziehen, hat eine Allianz von dbb berlin, DGB Berlin-Brandenburg, Richterbund – Landesverband Berlin und dem Hauptpersonalrat des Landes Berlin auf den Plan gerufen. Unter anderem in Gesprächen mit den Fraktionsvor- sitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus will die Alli- anz verdeutlichen, dass es der Senatsverwaltung für Finanzen bei ihrem auf Richter beschränkten Gesetz- entwurf um Verschleppung und nicht um Rechtssi- cherheit geht. Denn das Bundesverfassungsgericht hat bei seiner Entscheidung zur Richterbesoldung unmissverständlich aufgezeigt, dass die noch anhän- gigen Verfahren zur A-Besoldung den gleichen Aus- gang nehmen werden wie die zur R-Besoldung, wenn der Gesetzgeber die gesamte Besoldung nicht recht- zeitig repariert. Völlig unnötig wird deshalb mit dem ausschließlich auf Richter bezogenen Reparaturgesetz neuer Un- mut der Beamtinnen und Beamten geschürt und der Besoldungsfortschritt der letzten vier Jahre aufs Spiel gesetzt. „Ein solches Nachzahlungsgesetz, das den gebote- nen Respekt vor dem Verfassungsgericht vermissen lässt, schadet dem Vertrauen in den Rechtsstaat und konterkariert auch die Bemühungen, den lang- jährigen Besoldungsstreit im öffentlichen Dienst zu befrieden“, so die Allianz im Schreiben an die Frakti- onsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus. 4 März 2021
hauptstadtmagazin Einstellung im Beamtenverhältnis Neue Altersgrenze Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung dienstrechtlicher Einstellungshöchst altersgrenzen wird ab 1. Januar 2021 die Altersgrenze für die Einstellung verbeamteter Dienstkräfte in den Dienst Berlins von bisher generell 50 Jahren individuell auf das voll- endete Lebensjahr festgelegt, das 20 Jahre vor der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand liegt. Wenn der Einstellung als Beamter auf Probe un- Pflege von nach ärztlichem Gutachten pflegebedürf- mittelbar ein Beamtenverhältnis auf Widerruf vor- tigen nahen Angehörigen (Eltern, Schwiegereltern, ausgeht, ist dessen Beginn für die Berechnung der Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnerinnen und Altersgrenze maßgeblich. Gleiches gilt für die Um- -partnern, Geschwistern oder Kindern) erhöhen die wandlung eines Beamtenverhältnisses auf Wider- Altersgrenze bis zu einem Jahr für jeden nahen Ange- ruf in ein Beamtenverhältnis auf Probe. hörigen, höchstens jedoch um insgesamt drei Jahre. Damit soll sichergestellt werden, heißt es in einem Rundschreiben der Senatsverwaltung für Finanzen wörtlich, dass Beamtinnen und Beamte im Vorberei- tungsdienst im unmittelbaren Anschluss an das Be- stehen der Laufbahnprüfung in ein Beamtenverhält- nis auf Probe übernommen werden können. © valentinsimon0 / Pixabay Bei länderübergreifenden Dienstherrenwechseln gilt weiterhin, dass die für die Übernahme vorgese- hene Person das 50. Lebensjahr noch nicht vollen- det hat. Voraussetzung ist außerdem, dass eine Versorgungslastenteilung mit dem abgebenden Land stattfindet. Die Regelung soll den Dienststel- len des Landes Berlin die Möglichkeit eröffnen, auch lebensältere erfahrene Beamtinnen und Beamte zu gewinnen. Ausnahmen möglich Sowohl bei der Einstellung als auch bei der länder- übergreifenden Versetzung sieht das Gesetz Er- mächtigungen zu Ausnahmeregelungen für die zu- ständige Senatsverwaltung für Finanzen vor. So sind Ausnahmen gerechtfertigt, wenn keine Bewer- bungen geeigneter jüngerer Personen vorliegen und ohne die Besetzung der Stelle die Erfüllung öf- fentlicher Aufgaben ernsthaft gefährdet wäre. Ausnahmen können ferner zugelassen werden, wenn im Hinblick auf die Bedeutung des Aufgaben- gebietes eine besonders qualifizierte Person ge- wonnen werden soll. Um Benachteiligungen von Bewerberinnen und Be- werbern, die ein Kind betreut oder einen nahen An- gehörigen gepflegt haben, zu vermeiden, erhöht sich die Altersgrenze. Zeiten einer tatsächlichen Kinder- 5 betreuung werden bis zu einem Jahr für jedes Kind unter 18 Jahren angerechnet. Zeiten tatsächlicher März 2021
hauptstadtmagazin Franziska Giffey „Berlin ist für mich Herzenssache“ … meint die Spitzenkandidatin der Berliner SPD für die Abgeordne- tenhauswahlen im kommenden März, Franziska Giffey, im haupt- stadt magazin. Ob das auch für den öffentliche Dienst gilt, lässt sich an den Antworten auf die Fragen des hauptstadt magazins, die gleichlautend allen Spitzenkandidaten gestellt wurden, leicht ablesen. Kai Wagner (CDU) und Bettina Jarrasch (Bündnis 90/Die Grünen) hatten bereits im November 2020 beziehungsweise in der Januar/Februar-Ausgabe dieses Jahres Stellung bezogen. Frau Giffey, Sie sind die Spitzenkandidatin der SPD Niveau der Bundesländer zu Berlin für die Abgeordnetenhauswahl. Wie fühlt heben, durch entsprechende sich das an? Erhöhungen in den letzten Jahren wurde dieses Ziel erreicht und der Das fühlt sich richtig und gut an. Berlin ist für mich Beförderungsstau aufgelöst. Zum 1. Ja Herzenssache und ich will etwas für meine Stadt be- nuar 2021 wurde die Besoldung in Berlin wegen. Ich bin bereit, für diese Stadt und für die So- um 2,5 Prozent und damit überdurchschnittlich zialdemokratie in Berlin meine Kraft, mein Wissen, erhöht. Zudem kommt die Berlin-Zulage vielen Be- meine Kompetenz, meine Empathie und mein gan- schäftigten zugute. Unser Maßstab ist der Durch- zes Herz einzusetzen. Deshalb freue ich mich sehr schnitt der Bundesländer. Die höhere Besoldung des über das große Vertrauen, die Solidarität und den Bundes wird Berlin nicht erreichen können, auch Rückenwind der Berliner SPD. Denn es ist ganz klar, wenn der Bund damit ein starker Konkurrent ist. Es dass wir in diesem Jahr wieder die stärkste Kraft in geht aber nicht allein ums Geld, sondern um attrak Berlin werden wollen. Dafür kämpfen wir, um Berlin tive und familiengerechte Arbeitsbedingungen. als lebens- und liebenswerte Metropole mit Herz und Verstand weiterzuentwickeln. Welche Konsequenzen sollte das Land Berlin außer dem für alle seine Beamtinnen und Beamten aus der Wahlprogramm mit fünf „B“ Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur verfassungswidrigen Besoldung der Berliner Richte Unser Wahlprogramm beschreibt unsere Vision für rinnen und Richter für die vergangenen Jahre ziehen? Berlin 2030 und unsere fünf großen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen – die 5 Bs für Berlin: BAUEN Berlin muss zunächst abwarten, wie über die Vorlagen – BILDUNG – BESTE WIRTSCHAFT – BÜRGERNAHE zur Beamtenbesoldung in Karlsruhe entschieden wird. VERWALTUNG und BERLIN IN SICHERHEIT. Aus zahl- reichen Gesprächen mit den Berlinerinnen und Ber Warten auf Karlsruhe linern weiß ich, dass dies die Themen sind, die viele Menschen bewegen. Sollte die Besoldung der Beamtinnen und Beamten ebenso verfassungswidrig gewesen sein, wird das Um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes Berlin bei Land Berlin ein entsprechendes Besoldungsgesetz der Personalgewinnung zu erhöhen, ist eine Anglei nachbessern. Daher ist es ratsam, diese Möglichkeit chung der Besoldung überfällig. Würden Sie eine An in den Blick zu nehmen und entsprechende Vorsorge passung der Bezüge im Land Berlin an die Besoldung zu treffen. Die Entscheidung des BVerfG zeigt aber des Bundes oder die durchschnittlich in den Bundes auch: Die besten Köpfe müssen auch angemessen ländern gezahlten Bezüge verwirklichen? bezahlt werden. Arbeiten für unsere großartige Stadt ist nicht bloß Wie wollen Sie – über die Bezahlung hinaus – die ein Job. Es ist eine Aufgabe für Menschen, die ihre Attraktivität des öffentlichen Dienstes steigern, um 6 Stadt mitgestalten wollen. Die Koalition hat bereits ausreichend engagierten und qualifizierten Nach beschlossen und umgesetzt, die Besoldung in Berlin wuchs für den öffentlichen Dienst des Landes Berlin bis zum Ende der Legislatur auf das durchschnittliche zu gewinnen? März 2021
hauptstadtmagazin Hier sprechen Sie einen wesentlichen Punkt unseres Wie schätzen Sie die Auswirkungen des Landesanti vierten B, der „Bürgernahen Verwaltung“, an. Eine diskriminierungsgesetzes auf die Beschäftigten des gute Verwaltung braucht gute Politik und das Landes Berlin ein? beste Personal. Geld ist bei Weitem nicht al- les, um engagierte, kompetente und moti- Das LADG hat zu einer hoch emotionalen Debatte vierte Beschäftigte zu gewinnen. Gute über strukturellen Rassismus geführt, tatsächlich Arbeitsbedingungen, ein konstruktives gibt es aber kaum Fälle dazu. Es hat einerseits eine Miteinander, eine offene und wertschät- große Verunsicherung bei Beschäftigten des Lan- zende Arbeitsatmosphäre sind ebenso des Berlin ausgelöst, während viele es andererseits wichtig für die Zufriedenheit der Be- als großen Erfolg ansehen. Beides war etwas über- schäftigten. Das Land Berlin ist mit zogen. seinen über 125.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber der Stadt. Wir wol- Überzogene Antidiskriminierungsdebatte len dafür arbeiten, dass Berlin ein at- traktiver Arbeitgeber ist, der gute Es ist absolut richtig, gegen Diskriminierung und au Arbeitsbedingungen für seine Mitar Rassismus vorzugehen, im öffentlichen Dienst ist asen beiterinnen und Mitarbeiter bietet und dafür kein Platz. Aber genauso richtig ist es, dass ils H auch viele junge Menschen für die öffent- die Beschäftigten in ganz überwiegender Mehr- ©N liche Verwaltung gewinnt. Dazu gehört heit absolut korrekt und diskriminierungsfrei für eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf, unsere Stadt arbeiten. Der pauschale Vorwurf ei- die Möglichkeiten des mobilen und flexiblen ner strukturellen Diskriminierung, vor allem gegen Arbeitens, die Flexibilisierung des starren Lauf- die Berliner Polizei, ist falsch. Wenn es Fälle gibt, bahnrechts, Aufstiegs- und Karrierechancen, gute müssen diese jedoch konsequent verfolgt werden. Führungskräfte, Personalentwicklung, eine bessere Ich bin froh und dankbar, dass die Berliner Dienst- Ausstattung der Arbeitsplätze und Digitalisierung. kräfte täglich einen guten Job für uns alle und das Wir brauchen ein echtes Management für das Wer- „Unternehmen Berlin“ machen. ben um die besten Köpfe und für eine moderne Ver- waltung. Sehen Sie in der technischen (insbesondere informati onstechnischen) Ausstattung des öffentlichen Diens Noch Luft nach oben tes in Berlin und der Realisierung der E-Akte im Land Berlin einen weiteren dringenden Handlungsschwer Bei der Modernisierung des Dienstrechts ist noch punkt? viel Luft nach oben, da wünsche ich mir eine neue Perspektive, die nicht nur auf die Kosten blickt, son- Ja, absolut. Auch das gehört zu unserem vierten B. dern Anerkennung und Wertschätzung der Mitarbei- Eine moderne, standardisierte, leistungsstarke und tenden mit entsprechenden Maßnahmen unterlegt professionell betriebene IT-Infrastruktur des Landes und umsetzt. Berlin ist Voraussetzung für einen schnellen und bür- gernahen Verwaltungsservice. Der öffentliche Dienst Teilen Sie – auch im Hinblick auf die desaströse per in Berlin liegt aber bei der Digitalisierung in Teilen sonelle Situation an den Berliner Schulen – die Forde deutlich zurück, es wurde über Jahre zu wenig in die- rung des dbb beamtenbund und tarifunion berlin sen Bereich investiert. Der Senat hat sich hierzu mit nach umgehender Wiederverbeamtung der Berliner dem E-Government-Gesetz auf den Weg gemacht Lehrerinnen und Lehrer? und treibt die Digitalisierung deutlich voran. Hierzu gibt es auch positive Beispiele – im Vergleich mit an- Die personelle Situation an den Berliner Schulen ist deren Städten kann sich Berlin durchaus sehen las- nicht desaströs. Berlin konnte in den letzten Jahren sen. Die Digitalisierung bietet auch ganz neue Chan- im Gegensatz zu anderen Bundesländern die Leh- cen der Kommunikation zwischen Bürgerinnen und rerstellen trotz einer hohen altersbedingten Perso- Bürgern mit der Verwaltung und ein flexibles Arbei- nalfluktuation und steigenden Bedarfen besetzen ten für die Beschäftigten. Wir wollen mit den digita- und durch Quereinsteiger aufstocken. Allerdings ist len Möglichkeiten das Leben der Menschen positiv Berlin das einzige Bundesland, das Lehrer nicht ver- verändern. Es wird ganz wesentlich darum gehen, beamtet. Berlin hat wegen der fehlenden Verbeam- nicht nur die E-Akte flächendeckend einzuführen, tung einen Wettbewerbsnachteil, weil viele gut sondern auch den elektronischen Rechtsverkehr in ausgebildete Kräfte in andere Bundesländer ab- allen Bereichen zu eröffnen und weitere Dienstleis- wandern. Wir wollen aber, dass keine Lehrkraft Ber- tungen online und nach Bedarfslagen vernetzt anzu- lin aus finanziellen Gründen verlässt. Durch unser bieten. Die unterschiedlichen Fachverfahren in den Berliner Optionsmodell werden wir so vielen Lehr- Berliner Behörden stellen dabei eine besondere Her- 7 kräften wie möglich die Chance auf eine Verbeam- ausforderung dar, da es bislang keinen einheitlichen tung geben. Standard gab. Da müssen wir besser werden. März 2021
hauptstadtmagazin © Capri23auto / Pixabay Senatorin Elke Breitenbach Verunglückter Vorstoß! Vermutlich hat die Berliner Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Elke Breiten- bach, durchaus akzeptable Absichten mit ihrem Vorstoß für die Einführung einer Auslän- derquote im öffentlichen Dienst verfolgt, über den Tellerrand geschaut hat sie dabei aller- dings ganz bestimmt nicht. Denn auch als Nichtjuristin, aber doch immerhin Politologin sollte sie wissen, dass grundgesetzliche Vorschriften nicht kurzerhand durch beliebige Quotenregelungen auszuhebeln sind. Und genau darum geht es: Die von Breitenbach (Die sen wir deshalb entschieden zurück“, unterstrich Linke) vorgeschlagene Migrationsquote für Einstel- Becker. lungen in den öffentlichen Dienst würde die ent- scheidenden Einstellungsvoraussetzungen aushöh- Klare Absage vom Innensenator len, nämlich die verfassungsrechtlich abgeleiteten Grundsätze von Eignung, Befähigung und fachlicher Eine klare Absage hatte auch der zuständige Innen- Leistung. Und das ganz ohne Not, denn wie dbb Lan- senator Andreas Geisel den abenteuerlichen Über- deschef Frank Becker zu der Breitenbach-Initiative legungen von Breitenbach zur Einstellung in den unmissverständlich klargestellt hat: „Einstellungen öffentlichen Dienst im „Tagesspiegel“ erteilt: „Un- in den öffentlichen Dienst sind wegen der strengen ser Grundgesetz sagt, niemand darf bevorteilt oder gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorschrif- benachteiligt werden aufgrund seiner Herkunft, ten durchweg diskriminierungsfrei. Für Menschen seines Geschlechts, Ethnie, Sexualität.“ mit Migrationshintergrund gilt – wie für alle anderen auch – das Gleichstellungs- und Diskriminierungsver- Bei Frauen und Menschen mit Behinderungen habe bot. Einer gesonderten Gesetzgebung bedarf es man das durch Gesetze ergänzen können. Ver- nicht.“ gleichbar harten Kriterien halte der Migrationshin- tergrund als freiwillige Angabe nicht stand. „Gut Warnung vor Misstrauen und gemeint ist nicht gut gemacht“, so Geisel wörtlich. Vorurteilen Recht bleibt unangetastet Umso weniger sind Spezialvorschriften nötig, als die geltenden rechtlichen Vorgaben nach Feststellung Durchgesetzt haben sich am Ende Recht und Ver- des dbb berlin in Berlin uneingeschränkt Anwendung nunft: Statt einer festen Quote sollen im neuen finden. „Andernfalls würde längst eine Vielzahl von Partizipations- und Migrationsgesetz nun „auf der Klageverfahren etwaige Missstände aufgezeigt ha- Grundlage von Datenerhebungen auf freiwilliger ben“, zeigte sich Becker überzeugt. „Breitenbachs Grundlage Förderpläne und Zielvorgaben für alle Vorstoß ist allenfalls geeignet, unberechtigtes Miss- öffentlichen Stellen des Landes Berlin“ eingeführt trauen und Vorurteile gegenüber dem öffentlichen werden. Dienst zu schüren.“ Erleichtert zeigte sich Frank Becker über das Ergeb- Auch hätten der dbb berlin und seine Mitglieder in nis. Der dbb Landeschef wörtlich: „Wir begrüßen den Personalräten stets ein sehr waches Auge dar- ausdrücklich, dass Innensenator Geisel ein wach auf, dass Einstellungen rechtssicher und diskriminie- sames Auge in der Angelegenheit unter Beweis ge- 8 rungsfrei durchgeführt werden. „Den mit dem Vor- stellt und das Grundgesetz hinsichtlich ‚Eignung, Be- schlag von Senatorin Breitenbach intendierten fähigung und fachliche Leistung‘ für eine Tätigkeit Vorwurf der Diskriminierung bei Einstellungen wei- im Beamtenverhältnis sauber interpretiert hat.“ März 2021
hauptstadtmagazin Berliner Polizei setzt auf © Polizei Berlin zertifizierte Praxisanleiter Die Berliner Polizei geht neue Wege in der Erwachsenenbil- dung und hat damit angefangen, Beamtinnen und Beamte in der Leitstelle intensiv zu schulen. Rund 200 Polizistinnen und Polizisten, die Notrufe entgegennehmen und die tech nische Einsatzdisposition koordinieren, haben das Programm bereits durchlaufen, das zwei zertifizierte Praxisanleiter aus den eigenen Reihen anbieten. Peter Hirsch und Thomas Schmiel-Kohlhaas, die ihre Hirsch, „umso er- Kolleginnen und Kollegen jetzt zu Leitstellendispo- freulicher, dass Ber- nenten ausbilden, haben zuvor selbst eine recht an- lins Verwaltung mit spruchsvolle Weiterbildung durchlaufen. In einem dem Einsatz zertifi- Grundlehrgang an der Berufsfachschule für den Ret- zierter Praxisanlei- tungsdienst in Geldern standen in 80 Unterrichtsein- ter im Einsatzleit- heiten sehr breit gefächerte Inhalte auf dem Pro- und Lagezentrum gramm. Vermittelt wurden einschlägige Kenntnisse der Polizei im bun- aus Pädagogischer Psychologie, Soziologie, Pädagogik, desweiten Vergleich Berufswissenschaften, Kommunikation und fachbezo- einmal die Nase gener Rechtskunde – stets versehen mit praktischen weit vorn hat.“ Unterrichts-, Anleitungs- und Gesprächsbeispielen. Info zum gkl In einem weiteren Aufbauseminar, das unmittelbar an den Grundlehrgang anknüpft, ließ sich einer der bei- den darüber hinaus zum Leitenden Praxisanleiter aus- bilden. Damit sind sie jetzt deutschlandweit tatsäch- lich die einzigen Polizeibeamten, die als Praxisanleiter Gewerkschaftstag innerhalb einer polizeilichen Leitstelle tätig sind. Unter dem Motto „Öffentlicher Dienst – facetten- reich und unverzichtbar!“ findet am 11. Mai 2021 „Was bei den Feuerwehren und Rettungsdienststellen der 4. ordentliche Gewerkschaftstag der gkl berlin mittlerweile gängig ist, steckt bei den Polizeien der im Hotel MOA aufgrund der besonderen Lage als Länder noch in den Kinderschuhen“, erläutert Peter reine Arbeitstagung statt. Der Gewerkschaftstag wird eine neue Landesleitung wählen und im Rah- men der Antragsberatung die Aufgabenschwer- punkte für die Wahlperiode 2021 bis 2026 setzen. VLW Berlin Berufliche Bildungsleistung anerkennen und fördern! Der VLW Berlin kritisiert, dass sich die Bildungsleis- 69.000 Schülerinnen und Schülern sowie 3.943 Lehr- tung der beruflichen Schule weder in den Medien kräften, die in circa 320 anerkannten Berufen ausbil- noch in öffentlichen Statements Berliner Bildungspo- den, zur Ausbildungsreife, zum Fachabitur und auch litiker angemessen widerspiegelt. VLW-Landesvorsit- zur Allgemeinen Hochschulreife führen. zender Stefan Hirsch: „Berufliche Bildungsleistung ist in Berlin unterrepräsentiert!“ Ein Aufbruch zu ih- Für die gut ausgebildeten und fortgebildeten Lehr- ren Gunsten sei deshalb überfällig. kräfte fordert der VLW die Verbeamtung. Die Politik müsse darüber hinaus die überbordende Bürokratie 9 Konkret geht es dabei um nicht weniger als 55 beruf- mit einem zielgerichteten Unterstützungssystem liche Schulen und Oberstufenzentren mit knapp für die beruflichen Schulen beseitigen. März 2021
hauptstadtmagazin DRK-Landesverband Berlin Federführend in Sachen Impfzentren Auf das Deutsche Rote Kreuz, die größte Hilfsorganisation der Welt, ist auch in der Corona-Krise Verlass. In Berlin hat der Landesverband federführend in Zusammenarbeit mit den anderen Hilfsorganisationen die Betreuung der fünf Impfzentren übernommen. Außerdem sind mobile Testfahrzeuge unterwegs, die die besonders gefährdeten Pflege- kräfte vor Ort testen. Welche immensen organisatorischen Herausfor- sonal durchgeführt“, erläutert Gudrun Sturm, die derungen mit diesen Spezialeinsätzen, aber auch seit 2019 an der Spitze des DRK-Landesverbandes den regulären Hilfsangeboten des Landesver- steht. bandes verbunden sind, erfuhr das hauptstadt magazin im Gespräch mit der Landesgeschäfts- Große Hilfsbereitschaft führerin und Vorstandsvorsitzenden des DRK- Landesverbands Berliner Rotes Kreuz, Gudrun „Erfreulicherweise ist die Hilfsbereitschaft der Bevöl- Sturm. kerung groß“, fügt sie hinzu – und das ist auch gut so: Denn allein für das neu eröffnete Impfzentrum Allein für die Besetzung der fünf Berliner Impfzen- Tegel stellt das Rote Kreuz momentan rund 100 Hel- tren, von denen fünf bei Redaktionsschluss in Be- ferinnen und Helfer zur Verfügung. Unter Volllast trieb waren, muss eine Vielzahl freiwilliger Helfer werden dort 550 Menschen arbeiten. Betreiber ist mobilisiert werden, um über den ganzen Tag hin- der DRK-Kreisverband Müggelspree e. V. Dabei wird weg die Registrierung und Betreuung der Gäste in dieser von den DRK-Kreisverbänden Wedding/Prenz- den Impfzentren sicherzustellen, um zu verwalten, lauer Berg e. V., Reinickendorf-Wittenau e. V. und zu planen und zu organisieren – kurz, um einen rei- Spandau e. V. unterstützt. Viel Unterstützung bungslosen Ablauf der größten Impfaktion der Ge- kommt beispielsweise auch aus dem Veranstaltungs- schichte Deutschlands zu gewährleisten. „Nur die gewerbe, dessen Aktivitäten in Pandemiezeiten Impfung selbst wird von medizinischem Fachper- praktisch zum Erliegen gekommen sind. Vertreter der fünf Hilfsorganisationen (DLRG, Malteser, ASB, Johanniter und DRK) und Vor- standsvorsitzende und Landesge- schäftsführerin Gudrun Sturm (vor- ne zwischen den Autos) stehen vor der Berliner Mercedes-Benz- Niederlassung zur Übergabe der Mercedes E-Autos, die die Berliner Hilfsorganisationen zur Nutzung für die Impfzenren erhalten haben. März 2021
hauptstadtmagazin © Landesverband Berliner Rotes Kreuz e. V. (5) DRK- Wärmebus „Schon im vergangenen Jahr konnte das Berliner Rote Kreuz zeigen, was es in der Pandemie zu leisten vermag“, ergänzt die Geschäftsführerin. So wurden von August bis Oktober die Teststellen für Reiserück- kehrer am ZOB und am Hauptbahnhof vom DRK-Lan- desverband betrieben. Auch die acht Berliner DRK- Kreisverbände bringen sich in eigener Regie in die Corona-Hilfe ein. Bestes Beispiel: die „Quarantäne- engel“, die Menschen, die vorübergehend in ihren die Chefin der rund 200 hauptamtlichen Mitarbei- Vorstandsvorsitzen- vier Wänden verharren müssen, Einkäufe und sonsti- tenden beim Berliner Landesverband den Arbeitsan- de und Landesge- schäftsführerin ge Besorgungen abnehmen. fall. Dabei müssen derzeit aus Gründen des Infekti- Gudrun Sturm, onsschutzes zahlreiche Angebote wie Kurse in Erster Detlef Cwojdzinski, Angebotsspektrum wird aufrechterhalten Hilfe oder Gesundheitsprogramme ruhen. Flach fal- Projektleiter der len insbesondere auch Sanitätsdienste, weil alle Impfzentren, sowie Gesundheitssenato- Auch wenn die Bekämpfung der Pandemie seit ei- Großveranstaltungen abgesagt wurden. Verbunden rin Dilek Kalayci im nem Jahr bei den Hilfsorganisationen herausragen- sind diese Absagen mit massiven finanziellen Aus- Projektbüro Impf- des Thema ist, die ständigen Hilfsangebote des DRK- fällen, zu denen weitere Ausgaben im Rahmen der zentren im Landes- Landesverbandes bleiben dadurch keineswegs auf Corona-Krise hinzukommen. verband Berliner Rotes Kreuz der Strecke. (von links) Für die Leitung heißt die Aufgabenverlagerung: Per- Aktuelles Beispiel: In den zurückliegenden eiskalten sonal umsteuern, technisch aufrüsten, Online-Ange- Februartagen und -nächten hatten die bis zu acht bote entwickeln – wie das etwa in der Migrationsbe- Wärmbusse – einer des Landesverbandes und sie- ratung bereits der Fall ist – und Einnahmeverluste ben aus den Kreisverbänden – Hochkonjunktur. irgendwie auffangen. Wohnungslosen Menschen in Berlin bringen sie von November bis April Decken, Tee und warme Klei- Besonders wichtig ist Gudrun Sturm auch der dung. Für die zahlreichen Kältehilferufe wurde tem- Schutz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die porär sogar eine eigene Telefonzentrale eingerich- aufgrund ihrer zahlreichen Kontakte, etwa bei Ret- tet. „Die Tage und Wochen sind zu kurz, wir arbeiten tungsfahrten, sehr früh auf die strenge Beachtung noch spät und auch an Wochenenden“, beschreibt der Hygieneregeln eingeschworen wurden und auch rechtzeitig mit Schutzmasken ausgestattet werden konnten. „Bisher sind wir gut durch die Pandemie gekommen“, kann die Landeschefin zufrieden feststellen. Und das haupt- stadt magazin hofft natürlich, dass das auch im weiteren Verlauf so bleibt. Mario Czaja, Präsident Berliner Rotes Kreuz, Vorstandsvorsitzende und Landesgeschäftsführerin Gudrun 11 Sturm, Detlef Cwojdzinski, Projekt leiter der Impfzentren, vor dem Impfzentrum Arena (von links) März 2021
hauptstadtmagazin Landesvertretung Sachsen-Anhalt Gemeinsam Zukunft formen … … ist das Motto, unter dem Sachsen-Anhalt im November vergangenen Jahres die Prä- sidentschaft im Bundesrat übernommen hat. Und prägnanter lässt sich nicht auf den Punkt bringen, woran auch die Landesvertretung Sachsen-Anhalt beim Bund arbeitet. „Gemeinsam mit den anderen ostdeutschen Bundesländern engagieren wir uns nach- drücklich für gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West“, unterstreicht der Bevoll- mächtigte des Landes beim Bund, Staatssekretär Michael Schneider, eines der Haupt- anliegen seines Landes im Gespräch mit dem hauptstadt magazin. Löhne, Renten und auch Investitionen weisen leider Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer zum Staats- © Land Sachsen-Anhalt noch immer erhebliche Unterschiede auf. „Auch bei der sekretär für Bundes-und Europaangelegenheiten Verteilung der Gewerbesteuer geht es nicht gerecht und Bevollmächtigten des Landes Sachsen-Anhalt zu“, nennt Schneider ein weiteres Problemfeld. Die für beim Bund ernannte Schneider der derzeit dienstäl- die Finanzierung kommunaler Aufgaben wichtige Ge- teste Bevollmächtigte der Republik. Dementspre- meindesteuer wird nämlich anhand des Verhältnisses chend breit ist natürlich auch sein Erfahrungsschatz. der Arbeitslöhne zerlegt, wie sie an den einzelnen Be- triebsstätten gezahlt werden. Dadurch ist regelmäßig Das Land Sachsen-Anhalt präsentiert sich in Berlin in die Kommune begünstigt, die Hauptsitz eines Unter- einem historisch hochinteressanten Gebäude (s. ge- nehmens ist. Denn hier befinden sich die gut bezahlten genüberliegende Seite), das zusätzlich ausgespro- Arbeitsplätze in der Geschäftsführung oder auch den chen günstig gelegen ist. Zum Deutschen Bundestag, Staatssekretär Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Im Nachteil dessen Beratungen für die Länder und ihre „Vorpos- Michael Schneider sind moderne Produktionsstandorte mit vergleichswei- ten vor Ort“ von höchster Bedeutung sind, haben die se wenigen Arbeitsplätzen. Das hat fatale Konsequen- Sachsen-Anhalter den kürzesten Weg von allen Lan- zen für ostdeutsche Städte und Gemeinden, in denen desvertretungen, ein Umstand der informelle Treffen nicht ein einziger Hauptsitz eines Dax-Unternehmens in der Luisenstraße nach den Beratungen im Reichs- zu finden ist. Da hilft es auch nicht, dass viele der Fir- tagsgebäude durchaus begünstigt. men mit Hauptsitz in Westdeutschland ursprünglich aus dem Osten stammen. Immerhin zählten Halle und Virtuelle Veranstaltungen das sächsische Leipzig vor dem Krieg zu den stärksten Wirtschaftsregionen Deutschlands. Im vergangenen Jahr waren Veranstaltungen aller- dings generell weitgehend eingeschränkt. Immer- Gewerbesteuerreform überfällig hin konnten im 1. Quartal noch verschiedene Prä- senzveranstaltungen im Hause stattfinden, etwa Auch Ministerpräsident Reiner Haseloff hatte bei seiner eine Weinprobe mit fachkundigen Erläuterungen Antrittsrede als Bundesratspräsident im vergangenen der Gebietsweinkönigin Saale-Unstrut. November auf eine Reform der Zerlegung der Gewerbe- steuer bei Unternehmen mit Betriebsstätten in mehre- Im weiteren Verlauf des Jahres musste weitgehend auf ren Gemeinden gedrängt. „An diesem wesentlichen „online“ umgeschaltet werden, so auch bei der traditio- Punkt wird sich auch festmachen, inwieweit der Anglei- nellen Märchenlesung des Staatssekretärs bei den Ber- chungsprozess zwischen Ost und West auch wirtschaft- liner Märchentagen. Die alljährlichen Highlights, die lich erfolgreich sein kann“, so Haseloff wörtlich. Kultursommernacht im September und das Advents- konzert, fielen allerdings der Pandemie zum Opfer. Aber nicht nur ostdeutsche Allianzen werden geknüpft. Beim Braunkohleausstieg etwa haben auch Nordrhein- Auch in diesem Jahr werden zunächst wieder viele Westfalen und Niedersachsen mit Umstrukturierungen bereits geplante kulturelle Veranstaltungen virtuell zu kämpfen und wenn es um erneuerbare Energien stattfinden müssen. Schön wäre es jedoch, wenn die geht, sind wieder andere Bundesländer betroffen. geplante Podiumsdiskussion mit Ministerpräsident Rei- ner Haseloff zum Landesprogramm für jüdisches Leben Dienstältester Bevollmächtigter und gegen Antisemitismus sowie das Konzert im Rah- men der Bundesratspräsidentschaft noch vor der parla- 12 Staatssekretär Schneider hat schon die erstaunlichs- mentarischen Sommerpause wieder ohne Kontaktbe- ten Allianzen erlebt. Kein Wunder, denn nach fast schränkungen stattfinden könnten. Das hauptstadt 20-jähriger Amtszeit ist der 2002 vom damaligen magazin drückt auf jeden Fall die Daumen. März 2021
Luisenstraße 18 Ein Haus mit wechselvoller Geschichte Der Sitz der Landesvertretung Sachsen-Anhalt in hielten im Erdgeschoss Einzug. Sogar die nahe der Luisenstraße 18 ist ein architektonisches Klein- Universitätspolyklinik nahm Quartier. Gewerbe aller od. Nur sehr wenige Häuser aus den Anfängen der Art von Automobilausrüstung bis Stickereifabrik hiel- Bebauung der Berliner Friedrich-Wilhelm-Stadt zu ten in den Folgejahren Einzug. Im Sommersemester Beginn des 19. Jahrhunderts sind in vergleichbarem 1932 entschied sich auch die Burschenschaft Saravia Zustand erhalten geblieben. Dass das 1827 errich- für eine Bleibe in der Luisenstraße 18. Sie sollte die tete Bürgerhaus in seinen Grundzügen bald 200 nationalsozialistischen Gleichschaltungsbestrebun- Jahre überdauert hat, ist umso verwunderlicher, als gen allerdings nur vier Jahre überdauern. eine ausgesprochene Vielzahl von Nutzern im Laufe der Jahrzehnte höchst unterschiedliche Zwecke mit Ein völlig neues Kapitel in der Geschichte des Hau- dem Gebäude verfolgt hat. ses wurde nach dem 2. Weltkrieg mit der Macht- übernahme der Sowjets in Ostberlin aufgeschlagen. Der Landeszentrale für politische Bildung von Sach- Nicht weniger als 36 Mieter und 10 Gewerbetrei- sen-Anhalt ist es zu verdanken, dass dieses Stück bende mussten aus dem von Bombenangriffen ver- Berliner Stadtgeschichte sorgfältig aufgearbei- schont gebliebenen Gebäude weichen, um in tet und publiziert wurde. der Luisenstraße 18 ab 1946 den kulturel- len Treffpunkt „Die Möwe“ zu etablie- Demzufolge hat die Witwe eines Ta- ren. bakhändlers als erste Eigentümerin das dreigeschossige Mietshaus mit An illustren Besuchern wie Hans Al- einer Neun-Fenster-Front von fast bers, Rudolph Platte oder Gustav 25 Metern Breite mit zwei langen Knuth fehlte es schon bei der Eröff- seitlichen Hofflügeln ganz im Stile nung nicht. Auch später konnte sich der Schinkelzeit erbauen lassen. Nach der von den Sowjets an den Ostberliner knapp 50 Jahren mit fünf Eigentümer- Magistrat übertragene Klub internationa- wechseln setzte 1875 ein wohlhabender Pfer- ler Stargäste wie Sophia Loren, Gérard Philipe, dehändler neue Akzente und verwandelte das Haus Yves Montand oder auch den Oistrachs rühmen – mit repräsentativen Umbauten, unter anderem nicht jedoch Künstlern aus den Westsektoren der spätklassizistischem Dekor an der Außenfassade, Stadt. Im „Kalten Krieg“ kam es sogar zu Prozessen einem herrschaftlichen Treppenhaus und zwei auf- der Sowjets gegen die Betreiber der „Möwe“ wegen Das historische wendig dekorierten Sälen, in ein herrschaftliches illegaler Westkontakte und zur vorübergehenden Treppenhaus Wohnhaus. Schließung des Klubs. in der „Möwe“ Wenige Jahre vor der Das Ende der DDR im Jahre 1989 bedeutete auch das Wende ins 20. Jahrhun- Ende der „Möwe“ in der Friedrich-Wilhelm-Stadt. Die dert sorgte dann ein Kosten der Immobilie und des notwendigen Sanie- Charlottenburger Baurat rungsbedarfs waren für den ehrenamtlich geführten für einen erneuten Um- Künstlerklub nicht aufzubringen, der aber ein neues bruch. Seine Umbauten würdiges Domizil bezogen hat. © Land Sachsen-Anhalt (3) verfolgten keinerlei äs- thetische Ziele, sondern 1998 hat schließlich das Land Sachsen-Anhalt die ausschließlich Rendite- Immobilie erworben und mit enormem handwerk zwecke. Die großzügigen lichen Aufwand und großer denkmalpflegerischer Wohneinheiten des Hau- Sorgfalt zum Sitz seiner Vertretung beim Bund um- ses wurden geteilt, um gebaut. möglichst viele zahlende Mieter beherbergen zu 2003 wurde das Haus feierlich seiner Bestimmung 13 können. Ladenlokale mit übergeben und so wiederum ein neues Kapitel an großen Schaufenstern dem historischen Standort aufgeschlagen.
hauptstadtmagazin deut- Ausbil- lieber, Stadt bestän- innig scher dungs- weib- Walz- Laub- Fluss in wahr- in den dig, ver- Riesen- Mostert, Maler zeit liches metall baum, Russland schein- Nieder- gleich- langen schlange Mostrich (Franz) (Beruf) Haustier Rüster licher landen bleibend (sich ...) veraltet: Schreib- sogleich; waren- eine der kurz Gezeiten danach artikel 2 brasil. Klein- Kneipe Wäh- kraftrad Wider- (eng- rungs- (Kurz- hall einheit wort) 6 lisch) Übrig- geblie- kleine Schüssel 5 benes 7 ent- Schmuck- spani- unbe- fachen, form, Or- scher Junge, Monats- an- stacheln nament- motiv Natio- nalheld Unsere Gewinner Bub name stimmter Artikel Je eine Lübecker Marzipantorte schmecken lassen können sich die Gewinner unseres Januar/Februar-Preisrätsels: an- Opern- Jörg Fischer, 12207 Berlin radio- maßend, Sinnes- solo- aktives hoch- Garten- organ Joachim Mitschke, 12351 Berlin Schwer- betagt blume vorlaut gesang metall Diana Zilske, 15834 Rangsdorf ägypti- Natrium- karbonat Das Lösungswort war: Sturmboe sche Göttin 8 höchste artig, Vorsilbe: Spiel- ugs. für gehor- gegen anfäng- Schwert- Himmels- karte nein sam (griech.) lich lilie richtung poetisch: Abk. für Nord- Luftrolle Leid, deutscher (Sport) Schmerz 3 Rundfunk sport- stehen- Teil des Schreib- persön- licher des Bühnen- art; liches Betreuer, Binnen- Kunst- Ausbilder gewässer stücks richtung 4 Fürwort Abk.: elek- Bestand, Bad an tronische tatsäch- Renn- der Lahn Datenver- licher beginn arbeitung 1 Vorrat Vier Preise … PREISRÄTSEL © dbb berlin … hat die Landesvertretung Sachsen-Anhalt für das März-Rätsel des hauptstadt magazins ausgelobt, weil vier auch die Stimmenzahl des Landes im Bundesrat ist. Besonders attraktiv ist der Gewinn dieses Mal für alle, deren Interesse am Haus Luisenstraße 18 „Die Möwe“ geweckt ist: Denn die Gewinner können mit einem knapp 100-seitigen, reich bebil- derten Buch in die faszinierende Geschichte des Hauses eintauchen. Wer mitmachen will, schicke die richtige Lösung an: dbb berlin post@dbb.berlin Fax: 030.327952-20 Einsendeschluss ist der 15. März 2020. Die Gewinner werden unter den Einsendern der richtigen Lösung ausgelost. 14 Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. März 2021
hauptstadtmagazin dbb beamtenbund und tarifunion berlin Viel Lärm um nichts Mit dem heftig umstrittenen Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) hat sein Urheber, Justizsenator Dirk Behrendt, zwar für großen Wirbel und bedenkliche Stimmungsmache gegen die Berliner Polizei gesorgt, inhaltlich aber lediglich ein Windei in die Welt gesetzt. Das unterstreicht der erste Erfahrungsbericht zu dem Gesetz, den der Senator zum Jahres ende 2021 dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses vorlegen musste. Danach sind bei den Gerichten zwischen dem Anfang an sehr umstrittenen LADG geführt haben. Inkrafttreten des Gesetzes am 21. Juni 2020 und Mag es eine krasse Fehleinschätzung der tatsächli- dem Ende des Berichtszeitraums am 30. November chen Situation oder Profilierungssucht des Initiators 2020 eine einzige Klage nach dem LADG sowie zwei gewesen sein, die Pate beim überflüssigsten Gesetz Beschwerden, die sich aber auf die Verwaltungstä- der Landesregierung gestanden haben, hier wurde tigkeit der Gerichte bezogen, eingegangen. Ansons- offenbar ein Windei in die Welt gesetzt! ten haben sowohl die Gerichte als auch die Staats- anwaltschaften bei einer Abfrage durchgängig Höchste Zeit, den dadurch entstandenen Schaden Fehlanzeige erstattet bzw. erst gar nicht gemeldet. am Image der vorverurteilten Berliner Polizei wie- Auch bei den Senatsverwaltungen lagen nur der gutzumachen, Herr Justizsenator! Vor allem einige wenige Beschwerden vor, allerdings nicht aber verschonen Sie Berlin mit weiteren Kopf gegen rüdes Vorgehen der Staatsgewalt gerichtet, geburten dieser Art. sondern gegen verhängte Sanktionen infolge Nicht- tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung. Fast über- Denn selbst die 136 Anfragen, die bei der LADG- flüssig anzumerken, dass diese Beschwerden ab Ombudsstelle dem Bericht zufolge eingegangen gewiesen worden sind. sind, richten sich mehrheitlich gegen das Tragen ei- ner Mund-Nasen-Bedeckung und waren nicht von 16 Der Befund rechtfertigt also in überhaupt keiner Erfolg gekrönt. Über den Ausgang der übrigen Be- Weise die unterschwelligen Vorbehalte gegen die schwerden, soweit inzwischen bearbeitet, schweigt Berliner Polizei und Justiz, die zum Erlass des von sich der Bericht aus. März 2021
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