CLEARIT - Zwiebelschale und Zahlungsverkehr - SIX

Die Seite wird erstellt Sam Kirchner
 
WEITER LESEN
CLEARIT - Zwiebelschale und Zahlungsverkehr - SIX
CLEARIT
                                    Schweizer Fachzeitschrift für den Zahlungsverkehr
                                    Ausgabe 47 | März 2011

> Zwiebelschale und Zahlungsverkehr
  Interview mit Romeo Lacher, Credit Suisse

> ISO-Vision 20022

> Jenseits von Afrika
CLEARIT - Zwiebelschale und Zahlungsverkehr - SIX
2              INHALT / CLEARIT | März 2011

Interview                                         Seite 4    Products & Services                                 Seite 12
Zwiebelschalenmodell für                                     Neue SWIFT-Dienstleistungen
die Zahlungsverkehrsinfrastruktur                            Jeweils im Fünf-Jahres-Rhythmus definiert SWIFT ihre
Seit drei Jahren werden die Schweizer Finanzplatz-           Strategie. Die Rahmenvorgaben dafür werden von den
In­frastrukturdienstleistungen aus einer Hand angeboten.     SWIFT-Nutzern entwickelt und dienen als Leitlinien für
Dr. Romeo Lacher von Credit Suisse, Vize-Verwaltungsrats-    die Zusammenarbeit beim Einsatz neuer Dienstleistun-
präsident und einer der Architekten von SIX Group, hebt      gen. Beispielhaft für die aktuelle «Strategie 2015» sind die
im Rückblick die guten Erfahrungen mit der neuen Gover-      zwei neuen Services, die bei den Banken für noch mehr
nance-Struktur hervor. Zudem wirft er ein Schlaglicht auf    Compliance und STP sorgen sollen: ein neuer Screening-
die strategischen Herausforderungen sowie Opportuni­täten    Dienst im Sanktionsbereich und ein neues Verzeichnis mit
insbesondere im Zahlungsverkehr.                             Diagnose-Tool.

Business & Partners                                Seite 9   Compliance                                        Seite 14
IPFA etabliert sich                                          Jenseits von Afrika
Mit SEPA gelten grenzüberschreitende Euro-Zahlungen          Ist das europäische Streben nach Schaffung eines einheit-
zwischen den Ländern Europas als Inlandzahlungen.            lichen Zahlungsraums einzigartig? Hat SEPA Auswirkungen
Dadurch sinkt das Volumen im Auslandzahlungsverkehr,         über Europa hinaus? Auf allen Erdteilen entfaltet sich die
ohne dass dessen Fixkosten in gleichem Masse nach unten      Vision von SEPA-ähnlichen Zahlungsräumen. Bis zur
skalieren würden. Hier bietet die International Payments     Umsetzung ist es in den meisten Fällen aber noch ein
Framework Association (IPFA) Banken wertvolle Einspar-       weiter Weg. Zwei afrikanische Beispiele.
potenziale.

Standardization                                  Seite 10
ISO 20022: Standardisierungs-Vision
im Zahlungsverkehr
Die heutige Vielfalt an Verfahren und Formaten verur-
sacht hohe Kosten für Finanzinstitute, deren Kunden und
für den Finanzplatz Schweiz als Ganzes. Ein einheitlicher
Zahlungs-Datensatz, der von allen Akteuren in gleicher
standardisierter Weise gehandhabt wird, kann die Gesamt-
kosten einer Transaktion substanziell senken.

Foto Titelseite: Sitz von SIX Group in Zürich.
CLEARIT - Zwiebelschale und Zahlungsverkehr - SIX
Editorial / CLEARIT | März 2011                 3

Liebe Leserin, lieber Leser
Standards und Normen begleiten unser Leben nahezu               Als ich vor mehr als 40 Jahren in den Bankberuf einstieg,
unbemerkt. Im grenzüberschreitenden Bahnverkehr ge-             waren Gesetze, Verordnungen und damit verbundene An-
währleisten standardisierte Schienenbreiten und Fahrwerke,      forderungen der Aufsichtsorgane überschaubarer als heute.
dass Züge beispielsweise zwischen Frankfurt und Bern oder       Die Komplexität hat sich insgesamt um ein Vielfaches ge-
Paris und London verkehren können. Bekanntlich spielen          steigert, was nicht zuletzt auch auf die Unmenge neuer
Standards auch in der Finanzwelt eine grosse und wichtige       Produkte in den verschiedenen Bereichen des Bankgewer-
Rolle. Sie sind heute so selbstverständlich, dass ihre          bes zurückzuführen ist. Effizienz und Kostenbewusstsein
Existenz erst dann wieder auffällt, wenn es gravierende         sind mehr und mehr in den Fokus gerückt. Die Zentralisie-
Veränderungen gibt. Die Einführung von ISO 20022 – land-        rung oder das Ausgliedern (Outsourcing) von Prozessen
läufig auch als XML-Standard bezeichnet – hat eine Vielzahl     oder ganzen Abwicklungsbereichen sind häufig die Folge
von Fragen aufgeworfen. Ich bin der Meinung, dass kein          gewesen. Dadurch ergaben sich allerdings auch Chancen
Weg an diesem neuen und sehr zukunftsorientierten               für Institutionen, entsprechende Lösungen, effiziente und
Standard vorbeiführt. Finanzplätze mit ihren Marktinfra-        kostengünstige Abwicklungsverfahren bei hoher Service-
strukturen müssen für sich klären, wie er intelligent und       qualität anbieten zu können.
möglichst reibungslos umgesetzt werden kann. Lesen Sie
hierzu den Artikel zu ISO 20022.                                Die SECB, die zusammen mit euroSIC das Gemeinschafts-
                                                                werk für die Abwicklung von Euro-Zahlungen für den
SEPA bildet den europäischen Zahlungsraum, der auf Basis        Finanzplatz Schweiz bildet, bietet seit mehr als zehn Jahren
einheitlicher Regelwerke sowie Standards und Verfahren          die Zentralisierung von Euro-Zahlungen über einen Kanal
funktioniert. Diese Entwicklung wird nicht nur in Europa,       in die europäischen Clearingsysteme an und geniesst in
sondern auch global zur Kenntnis genommen und aufmerk-          dieser Funktion eine hohe Anerkennung auf dem Finanz-
sam verfolgt. Eine Initiative international operierender        platz Schweiz. Dafür danke ich Ihnen! <
Banken hat die IPFA (International Payments Framework
Association) ins Leben gerufen. Hier geht es – ähnlich wie      Roland Böff
im SEPA, jedoch weniger politisch motiviert – auch um die       CEO, SECB Swiss Euro Clearing Bank
Abwicklung von grenzüberschreitenden Zahlungen, aller-
dings über den Euro hinaus, mit einheitlichen Standards
und Verfahren. Die SECB Swiss Euro Clearing Bank war zu
Beginn an diesem Projekt beteiligt. Über den aktuellen
Stand der Initiative lesen Sie mehr in diesem Heft.

Die Zahlungsverkehrslandschaft verändert sich kontinuier-
lich, und die Anforderungen an die Systeme der Banken
und der Infrastrukturen steigen ständig. Gleichzeitig erhöht
sich der Druck auf Preise und Kosten. Dies führt vermehrt
zu Überlegungen in den Instituten, bestimmte Prozesse
nicht mehr mit eigenen Applikationen durchzuführen,
sondern in einer zentralen Infrastruktur abwickeln zu lassen.
Vertiefen Sie sich in diesem Zusammenhang in den Beitrag
über das Angebot von SWIFT.
CLEARIT - Zwiebelschale und Zahlungsverkehr - SIX
4         INHALT / CLEARIT
          Interview  / CLEARIT
                           | September
                                | März
                                  Dezember
                                       2011
                                        20102009

Zwiebelschalenmodell für
die Zahlungsverkehrsinfrastruktur
Seit drei Jahren werden die Schweizer Finanzplatz-Infrastrukturdienstleistungen
aus einer Hand angeboten. Dr. Romeo Lacher von Credit Suisse, Vize-Verwaltungs­
ratspräsident und einer der Architekten von SIX Group, hebt im Rückblick die
guten Erfahrungen mit der neuen Governance-Struktur hervor. Zudem wirft er
ein Schlaglicht auf die stra­tegischen Herausforderungen sowie Opportunitäten
insbesondere im Zahlungsverkehr.

CLEARIT: Nehmen wir an, Herr Lacher, Sie hätten in nicht        Internet-Technologien entwickeln sich rasant. Denken Sie
allzu ferner Zukunft die Wahl, Ihre täglichen Online-Einkäufe   beispielsweise im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken
direkt, d.h. in Echtzeit über Ihr Bankkonto zu begleichen.      an neue Social-Payments-Zahlungsmethoden. Da entste-
Haben Sie als Konsument ein Bedürfnis nach einer solchen        hen Märkte, mit denen der Finanzplatz umgehen muss.
E-Payments-Lösung?                                              Absolut. Das sehe ich genau so. Ich möchte mich mit
Romeo Lacher: Ich glaube, es ist tatsächlich ein Kunden-        meiner Aussage auch nicht möglichen künftigen Entwick-
bedürfnis, Online-Einkäufe so einfach und so effizient wie      lungen entgegenstellen. Mir geht es vielmehr darum, die
möglich zahlen zu können. Aus Konsumentensicht stellt sich      betriebswirtschaftliche Sicht in die Diskussion einzubrin-
für mich die Frage, ob mir eine weitere Option tatsächlich      gen. Wenn es einen latenten Kundennutzen gibt, müssen
einen Mehrwert bringt gegenüber den Zahlungsmethoden,           wir genau anschauen, ob sich der Nutzen auch wirklich
die ich heute schon im täglichen Umfeld gewöhnt bin zu          materialisiert. Nehmen wir «CASH» als Beispiel, wo wir
nutzen.                                                         auch geglaubt haben, dass die Adaptionsrate der Kunden
                                                                höher sei. Brauchen wir nun ein weiteres komplemen­
                                                                täres Element, das Gefahr läuft, die kritische Masse nie zu
Finanzielle Werte schaffen                                      erreichen? Und der andere Punkt ist die Wirtschaftlichkeit.
                                                                Die heute verfügbaren Systeme – ich denke da insbeson-
Und wie stehen Sie als Vertreter der Credit Suisse und des      dere an die Kreditkarte – sind etabliert, laufen effizient und
Finanzplatzes dazu?                                             verursachen keine zusätzlichen Investitionen. Ich fürchte,
Meine Position, und da bin ich offen und ehrlich, ist auch      dass E-Payments Kosten generieren könnten, ohne dass
aus Institutsoptik eine kritische. Ich glaube, dass es heute    sich Vorteile für die Bank als Teil der Wertschöpfungs-
mindestens zwei etablierte Online-Zahlungsinstrumente           kette ergeben würden oder ohne dass die Kunden oder
gibt, die bereits hervorragend funktionieren. Das sind          Online-Händler bereit wären, für die zusätzlichen Kosten
Zahlungen über Anbieter wie Paypal und logischerweise           aufzukommen.
mit Kreditkarte.

Die Frage ist doch die folgende: Bringt es der Bank und         Entlang der gesamten Wertschöpfungskette schneller
damit auch deren Kunden einen zusätzlichen Nutzen,              agieren
wenn wir jetzt – neben heute bereits etablierten – eine
dritte oder vierte Zahlungsmöglichkeit anbieten? Stelle ich     Jahrelang waren Sie Verwaltungsratspräsident des
den Aufwand und Nutzen von E-Payments im heutigen               Schweizer Zentralverwahrers und VR-Vizepräsident der
europäischen oder schweizerischen Kontext gegenüber,            ehemaligen Telekurs Group. Sie sind einer der Architekten
dann sehe ich nicht, wie ein finanzieller Wert geschaffen       von SIX Group. Seit dem Zusammenschluss der beiden Un-
werden soll.                                                    ternehmen mit der Schweizer Börse sind Sie VR-Vize des
                                                                neuen Konzerns. Was haben Sie sich davon versprochen
                                                                und was hat die Fusion bisher gebracht?
«Mir geht es vielmehr darum, die                                Einer der ganz wichtigen Treiber, die drei Gemeinschafts-
betriebswirtschaftliche Sicht in die                            werke zusammenzufassen, war die Idee, zukünftige
                                                                Ent­scheidungen einfacher, schneller und zweckmä­ssiger
Diskussion einzubringen.»                                       treffen zu können. Ich mache ein Beispiel: In vielen Bereichen
CLEARIT - Zwiebelschale und Zahlungsverkehr - SIX
Editorial
                                                             Interview
                                                                   / CLEARIT
                                                                        / CLEARIT
                                                                             | September
                                                                                   | März 2010
                                                                                          2011   5

Kurzbiografie
Romeo Lacher studierte Betriebswirtschaftslehre         Verwaltungsratsmandate:
an der Hochschule St.Gallen und promovierte zum         • Vizepräsident SIX Group AG
Dr. oec. HSG. Nach drei Jahren Berufserfahrung in der   • Präsident SIX Interbank Clearing AG
Versicherungswirtschaft wechselte er 1990 zur Credit    • Mitglied CLS Group Holdings AG
Suisse. Seit diesem Zeitpunkt hatte Romeo Lacher        • Mitglied Swisscard AECS AG
Führungsfunktionen in verschiedenen Bereichen der
Bank inne. Nach Aufgaben im Marketing leitete er das
Retailkundengeschäft, danach das Internet Banking
sowie das Produktmanagement. Seit 2004 ist Romeo
Lacher Global Head of Private Banking Operations und
Mitglied des Private Banking Management Committee
Credit Suisse.
CLEARIT - Zwiebelschale und Zahlungsverkehr - SIX
6         INHALT / CLEARIT
          Interview  / CLEARIT
                           | September
                                | März 2011
                                        2010

haben wir über die drei Gemeinschaftswerke hinaus Wert-        auch für das Zahlungsverkehr-Clearing, das im Gegensatz
schöpfungsketten, die sehr eng miteinander verflochten         zum Ausland nicht von der Zentralbank selber betrieben
sind. Aufgrund des sehr dynamischen Markt­umfelds – ins-       wird, sondern das wir im Auftrag und unter Überwachung
besondere im europäischen Kontext – haben wir folgendes        der Nationalbank eigenständig betreiben. Dieser Auftrag
festgestellt: Wenn wir auf der Börsenseite eine Entschei-      ehrt und verpflichtet uns gleichzeitig, eben diese Stabili-
dung trafen, hatte das unter Umständen Auswirkungen            tät und Verfügbarkeit in guten wie in hektischen Zeiten
auf den Zentralverwahrer, der seinerseits entsprechend         aufrechtzuerhalten. Und für die Zukunft gerüstet zu sein.
beschliessen musste. Hier wie dort gab es unterschied-         Mit der Erneuerung der Clearing-Plattform beschäftigen
liche Governance-Strukturen, andere Geschäftsleitungen,        wir uns seit letztem Jahr intensiver. Eine wichtige Frage
Verwaltungsräte etc. Wir waren davon überzeugt, dass der       ist die der Abgrenzung: Konzentrieren wir uns primär auf
Finanzplatz Schweiz bei den zukünftigen Herausforderun-        den Kern dieser Plattform, also aufs Clearing und Settle-
gen bezüglich der gesamten Wertschöpfungskette schneller       ment, oder beziehen wir auch Umsysteme, wie z.B. das
agieren muss. Im Rückblick haben uns die guten Erfah-          Lastschriftverfahren, in unsere Überlegungen mit ein.
rungen mit der einheitlichen Governance Recht gegeben.         Ich bin ein Befürworter des Zwiebelschalenmodels. Das
                                                               heisst, anstatt «die ganze Zwiebel» auf einmal bauen zu
Haben Sie konkrete Beispiele dazu?                             wollen, sollten wir uns zunächst auf die Erneuerung des
Nehmen wir die Entwicklungen rund um SEPA oder TAR-            Kerns, quasi des innersten Teils der Zwiebel, fokussieren.
GET2-Securities. Wir müssen uns nicht mehr separat mit         Und dann überlegen, wie wir weitere Schalen im Sinne der
den einzelnen Teilen des Handels, des Clearing und des         zusätzlichen Umsysteme an den Kern anfügen wollen. Die
Settlement auseinandersetzen. Hinzu kommt, dass wir            Diskussionen in den kommenden Monaten werden zeigen,
nun mit einer Stimme sprechen können, sei es im europä-        wie wir diese Komplexität meistern wollen. Es ist uns dabei
ischen Kontext, gegenüber der Aufsichtsbehörde FINMA           ganz wichtig, dass die Nationalbank 100-prozentig mit
oder der Schweizerischen Nationalbank. Das war beispiels-      unseren Plänen einverstanden ist.
weise während der Finanzkrise insofern vorteilhaft, als dass
weniger Schnittstellen involviert werden mussten.
                                                               Das international mit Abstand günstigste und effizien-
Ein zweites wichtiges Ziel des Zusammenschlusses betraf        teste System
das Thema Innovation. Wir wollen für unsere Kunden inno-
vative Dienstleistungen aus einer Hand anbieten können, die    Unser SIC-System ist äusserst kosteneffizient. Vor 10 Jah-
sich zum Teil über die einzelnen Divisionen von SIX Group      ren lag der Preis pro Transaktion bei rund 17, heute bei 4,5
erstrecken. Da denke ich beispielsweise an den neuen           Rappen. Wird die Zwiebel noch günstiger?
Referenzdaten-Standard Connexor oder an das Projekt elek-      Ich glaube, der Anspruch ist zuerst einmal losgelöst von
tronisches Grundstückinformationssystem eGris. Das sind        der Kostenseite zu sehen. Wir haben es hier mit einem Life-
ganz konkrete, positive Beispiele, die nicht nur zu Stärkung   Cycle-Thema zu tun. Primär geht es darum, dass wir auch
des Finanzplatzes beitragen, sondern insbesondere auch für     in den nächsten Jahren ein hoch verfügbares, zuverlässiges
die Kunden von SIX Group Vorteile bringen.                     und robustes Schweizer-Franken-Clearingsystem haben,
                                                               das den Anforderungen der Nationalbank und der Markt-
                                                               teilnehmer gerecht wird. In der Regel kosten technische
«Es ist uns dabei ganz wichtig, dass die                       Erneuerungsprojekte Geld, und diese Investitionen müssen
Nationalbank 100-prozentig mit unseren                         irgendwie finanziert werden. Es ist noch zu früh, über die de-
                                                               finitive Art und Weise der Finanzierungsquelle Aussagen zu
Plänen einverstanden ist.»                                     machen. Dass wir vorübergehend – wegen der Investitions-
                                                               kosten – leicht höhere durchschnittliche Transaktionspreise
Infrastrukturen generell, die Schweizer Zahlungsver-           haben könnten, möchte ich nicht ausschliessen. Andere
kehrsplattform im Speziellen, haben sich in der jüngsten       Varianten der Finanzierung werden im Moment ebenfalls
Finanzkrise gemäss BIZ bzw. Schweizerische Nationalbank        geprüft. Selbstverständlich gehen wir so kostenschonend
als sehr robust erwiesen und gute Noten erhalten. Trotzdem     wie möglich vor und werden alles daran setzen, dass wir
stünden diverse Um- und Ausbauten an. Wie beurteilen           auch in Zukunft das international mit Abstand günstigste
Sie als VR-Präsident von SIX Interbank Clearing die strate-    und effizienteste System betreiben können.
gischen Herausforderungen?
Wir haben meines Erachtens auch allen Grund, als Infra-        Die Steigerung der Kundenprofitabilität ist eines der Top-
strukturbetreiber stolz darauf zu sein. Man kann es nicht      ziele der Banken. Gleichzeitig nimmt der Kostendruck
genug betonen, dass wir durch alle Phasen dieser Krise         weiter zu, auch mit Blick auf die höheren Eigenmittel- und
weder auf der Börsen-, der Post-Trading-, noch der Zah-        Liquiditätsanforderungen. Welche Auswirkungen sehen
lungsverkehrsseite irgendwelche Probleme hatten, die           Sie für die durch die Schweizer Finanzinstitute gemein-
vom business as usual abgewichen wären. Das zeugt von          schaftlich betriebenen Services?
höchster Professionalität und Verlässlichkeit. Dies gilt       Das wird eine ganz grosse Herausforderung für alle in
Editorial
                                                                     Interview
                                                                           / CLEARIT
                                                                                / CLEARIT
                                                                                     | September
                                                                                           | März 2010
                                                                                                  2011                7

der Schweiz tätigen Banken. Leider sind alle regulato-        «UBS und Credit Suisse müssen sich
rischen Anforderungen wie z.B. Basel III, Neuerungen
rund um die Abgeltungssteuer oder FATCA oder den              organisatorisch so vorbereiten, dass sie
FATF-Empfehlungen zur Bekämpfung der Geldwäscherei            ihre systemkritischen Elemente in
und andere internationale Vorgaben immer mit höheren
Kosten verbunden. Und sie bringen in der Regel keine zu-      Krisenzeiten weiterführen können.»
sätzlichen Erträge. In diesem Umfeld gibt es tatsächlich
Opportunitäten für SIX Group. Damit nicht jede Bank alles     Der Expertenbericht der Bundes fordert «organisatorische
für sich selber machen muss, könnten Banken bestimmte         Massnahmen, die auch eine Weiterführung von sys­
Aufgaben aus Gründen der Kosteneffizienz an SIX Group         temrelevanten Funktionen (z.B. Zahlungsverkehr) bei
auslagern. Die Frage ist, welche Aufgaben aus Banken-         drohender Insolvenz gewährleisten.» Wie soll man sich
sicht für ein Outsourcing sinnvoll sind und ob sich SIX       das konkret vorstellen? Sind hier auch Out­      sourcing-
Group tatsächlich in der Rolle als Leistungsanbieter sieht.   Lösungen denkbar?
Ich könnte mir beispielsweise sehr gut vorstellen, dass SIX   Hier geht es um die Too big to fail-Problematik, die primär
Group künftig Basisdienstleistungen rund um Referenz-         die beiden Grossbanken betreffen. Das heisst, UBS und
daten, die für die Umsetzung steuerlicher Anforderungen       Credit Suisse müssen sich organisatorisch so vorbereiten,
notwendig sind, anbietet.                                     dass sie ihre systemkritischen Elemente in Krisenzeiten
8         INHALT / CLEARIT
          Interview  / CLEARIT
                           | September
                                | März 2011
                                        2010

weiterführen können. Wie dies zu bewerkstelligen ist, ist        auszeichnet. Da können wir uns international jedem
Gegenstand intensiver Diskussionen innerhalb der beiden          Vergleich stellen.
Grossbanken. Primär glaube ich, dass diese Herausforde-
rungen von den beiden Instituten selbst zu lösen sind.
                                                                 «Unsere Eigentümerstruktur
Effizienz und Qualitätsbewusstsein
                                                                 ist die richtige.»
Inwieweit helfen Ihnen Modelle aus der Wissenschaft,             «User owned, user governed.» Die Schweizer Finanz­­
z.B. der Hochschule St.Gallen, die in Zusammenarbeit mit         platzinfrastruktur unter dem SIX Group-Dach ist ein
Banken entwickelt wurden?                                        Gemein­schaftswerk der Finanzinstitute. Was spricht da­
Ja, sie helfen uns bei unserer Denkarbeit. Das sind Anstösse,    gegen, dass sich eines Tages die Besitzverhältnisse der
die wir aufmerksam verfolgen. Wir tauschen uns auch mit          Swiss Value Chain ändern?
diesen Kollegen von den Hochschulen aus. Vieles davon ist        Man sollte nie «nie» sagen. Für die nächste Zukunft glaube
zwar konzeptionell logisch, aber in der Praxis nicht oder nur    ich allerdings, dass unsere Eigentümerstruktur die richtige
sehr umständlich umsetzbar. Ich nenne Ihnen ein Beispiel:        ist. Wenn ich auf die internationalen Entwicklungen der
Im Zahlungsverkehr der beiden Grossbanken haben wir              letzten zehn Jahre zurückblicke, stelle ich fest, dass an-
Plattformen, die nicht nur die systemkritischen, sondern         fänglich fast überall das Modell user owned, user governed
auch die nicht systemkritischen Teile abdecken. Konkret:         vorherrschte. Dann gab es einen Trend, bei dem die Banken
Die Zahlungsaufträge von unseren KMU-Kunden und die              ihre Eigentumsanteile versilberten und Börsen oder Post-
Grossbetragszahlungen laufen auf derselben Plattform             Trading-Einheiten an die Börse brachten. Neuerdings gibt
wie die Zahlungen unserer Offshore- oder institutionellen        es wieder eine Gegenbewegung, und dieselben Banken
Kunden. Dies auseinander dividieren zu wollen, ist nicht         gründen zusammen oder beteiligen sich an multilateralen
nur technisch äusserst anspruchsvoll, sondern hiesse auch        Handels- oder Clearingsystemen. <
Kosten­effizienzen aufzugeben.
                                                                 Interview: Gabriel Juri, SIX Interbank Clearing
                                                                 gabriel.juri@six-group.com
«Die Qualität im Finanzdienstleistungs­
bereich ist ein zentraler Werttreiber.»                          André Gsponer, Enterprise Services AG
                                                                 andre.gsponer@eps-ag.ch

«In einem Umfeld, das sich durch zunehmende Markt­
sättigung, funktionell ausgereifte Angebote und immer
an­spruchsvollere Kunden auszeichnet, wird für Finanz-
dienstleistungsunternehmen Service-Qualität zum ent­­­­-
scheidenden strategischen Erfolgsfaktor.» Das haben Sie
Mitte der 90-er Jahre geschrieben. Wie ist als Mit­ei­gentümer
und als Nutzer Ihre Einschätzung zur Dienst­­leistungsqualität
der Swiss Value Chain und ihrer Teile?
Ich stehe nach wie vor zu dieser Aussage, weil ich davon
überzeugt bin, dass die Qualität im Finanzdienstleistungs-
bereich ein zentraler Werttreiber ist. Sie wird vom Kunden
geschätzt und honoriert. Um den Kunden eine hohe
Servicequalität garantieren zu können, sind wir als Bank
zum einen vom fehlerlosen Funktionieren unserer internen
Prozesse, zum andern aber auch von den uns vor- und
nachgelagerten Schnittstellen abhängig. Dabei kommt SIX
Group im Wertschriften- und Zahlungsverkehrsbereich eine
äusserst wichtige Rolle zu. Stimmt hier die Qualität nicht,
hat dies unmittelbare Auswirkungen auf unsere Kunden.
Ich kann jedoch bestätigen, dass sich die Dienstleistungen
der einzelnen Einheiten von SIX Group in den allermeisten
Fällen über eine extrem hohe Servicequalität auszeichnen.
Wir können stolz sein, dass wir in der Schweiz über eine
Finanzplatzinfrastruktur verfügen, die sich über eine
ebenso hohe Effizienz wie ein hohes Qualitätsbewusstsein
Editorial
                                                                   BUSINESS/ CLEARIT
                                                                              & PARTNERS
                                                                                     | September
                                                                                           | März 2010
                                                                                                  2011                               9

IPFA etabliert sich
Mit SEPA gelten grenzüberschreitende Euro-Zahlungen zwischen den Ländern
Europas als Inlandzahlungen. Dadurch sinkt das Volumen im Auslandzahlungsverkehr,
ohne dass dessen Fixkosten in gleichem Masse nach unten skalieren würden.
Hier bietet die International Payments Framework Association (IPFA) Banken wertvolle
Einsparpotenziale.

Mit der bevorstehenden Ablösung der nationalen Verfahren      Zwei wichtige Punkte unterscheiden die IPFA jedoch
für Überweisungen und Lastschriften durch SEPA vo­r­          von früheren Initiativen: Diesmal ist es nicht bei der Idee
aussichtlich zum Ende der Jahre 2012 und 2013 werden          geblieben, sondern im Februar 2010 wurde die Initiative
Euro-Zahlungen innerhalb Europas gleichbedeutend mit          mit der IPFA-Gründung manifestiert. Zusätzlich ist die im
Inlandzahlungen. Dadurch sinkt die im Vergleich zum nati-     Oktober 2010 aufgenommene direkte, transatlantische
onalen Zahlungsverkehr ohnehin schon geringe Anzahl von       Zahlungsabwicklung zwischen der US-amerikanischen Zen-
Transaktionen im Auslandzahlungsverkehr (AZV) weiter.         tralbank und Equens der Beweis dafür, dass dieser globale
                                                              Service in der Praxis funktioniert. Die beiden IPFA-Mitglie-
Eigenes AZV-System wenig profitabel                           der tauschen derzeit EUR-, USD- und GBP-Zahlungen aus.
Trotz des geringeren Volumens müssen Banken auch
weiterhin neben dem System für den SEPA-Zahlungsverkehr       Seit der IPFA-Gründung wurde das Angebot bereits auf
ein zweites System für den AZV betreiben. Die Fixkosten       Zahlungen in den Währungen Kanadas und Mexikos aus-
hierfür bleiben aufgrund vorhandener Infrastrukturen und      geweitet. Über den Einbezug weiterer Währungen wie z.B.
gesetzlicher Vorgaben, u. a. durch die Financial Action       Brasiliens und Südafrikas laufen derzeit Gespräche.
Task Force on Money Laundering (FATF) oder das Office
of Foreign Assets Control (OFAC), gleich – mit negativen      Neue Argumente also für die IPFA. Dass sich die Mitglied-
Auswirkungen auf das Aufwand-Ertrag-Verhältnis für dieses     schaft lohnt, haben mittlerweile weitere Marktteilnehmer
Geschäftsfeld.                                                erkannt: Aus den 21 Gründungsmitgliedern sind, Stand
                                                              Ende 2010, schon 26 Mitglieder geworden. <
Selber Standard wie bei SEPA-Zahlungen
Aus diesem Grund fragen Banken nach kostengünstigen,          Michael Steinbach, IPFA Vice Chairman
effizienten Lösungen für die Abwicklung ihrer AZV-Trans-      michael.steinbach@equens.com
aktionen. IPFA bietet hier vor allem für europäische Banken
einen entscheidenden Vorteil: Den aussereuropäischen
Überweisungen liegt der Standard ISO 20022 zugrunde              Beispiel: USA nach Europa (USD)
– auf diesem basieren auch die SEPA-Zahlungen. Die Inves-
titionen für die Einhaltung dieses Standards, die Banken im        GOs USD-
Rahmen von SEPA tätigen mussten, können IPFA-Mitglie-              Settlement                       Gateway
der also auch für den AZV nutzen. Durch die Abwicklung            Agent in den                    Operator (GO)
                                                                      USA
von aussereuropäischen Kleinbetragszahlungen auf Basis
                                                                                     Equens
des für SEPA gültigen ISO-Standards kann auch Equens als                             bestätigt
Zahlungsverkehrsdienstleister für Banken günstigere Preise                           Settlement
für die Verarbeitung des AZV anbieten. Obwohl der gleiche
ISO-Standard genutzt wird, gibt es zwei grundsätzliche Un-       Bank    USD           USD            USD    Bank    USD   Begüns­
                                                                in den         FED           Equens           in            tigter
terschiede zwischen SEPA und IPFA: Erstens ist IPFA eine         USA                                        Europa
Initiative des Marktes, während SEPA einem politisch ver-
ankerten Ziel folgt. Zweitens ist IPFA global ausgerichtet,      T+0                                                       T+2/T+3
wohingegen sich SEPA auf Europa beschränkt.
                                                                 Blau: Clearing-Weg           Gutschrift des Begünstigten T+2
                                                                 Rot: Settlement-Weg                      mit garantierten T+3
IPFA weiter als frühere Initiativen
Frühere Initiativen des Marktes für eine kostengünstige
globale Abwicklung von Kleinbetragszahlungen, bei-
spielsweise das Projekt WATCH (Worldwide Automated
Transaction Clearing House), scheiterten allesamt.
10       INHALT
         STANDARDIZATION
                / CLEARIT | /September
                              CLEARIT 2010
                                       | März 2011

ISO 20022: Standardisierungs-Vision
im Zahlungsverkehr
Die heutige Vielfalt an Verfahren und Formaten verursacht hohe Kosten für Finanz­
institute, deren Kunden und für den Finanzplatz Schweiz als Ganzes. Ein einheitlicher
Zahlungs-Datensatz, der von allen Akteuren in gleicher standardisierter Weise
gehandhabt wird, kann die Gesamtkosten einer Transaktion substanziell senken.
Erste Schritte in Richtung einheitlicher Standard sind       bergen hohe Aufwände, damit sie effizient bleiben. Diese
getan: Zum einen bekennt sich der Schweizer Finanzplatz      Kosten werden dem Kunden direkt über den Transaktions-
mit einem Entscheid des Swiss Payments Council zu ISO        preis oder indirekt über andere Bankgebühren belastet. Der
20022 als künftige Datenstruktur im Zahlungsverkehr. Zum     grösste Kostentreiber dabei ist der Betrieb: Jede Kombi-
andern unterstützt die Schweizer Finanzindustrie den Kun-    nation von Verfahren und Formaten erfordert personelle
den-Bank-Datenaustausch basierend auf ISO 20022.             IT-Kapazitäten sowohl für Operations als auch für Wartung
                                                             und Entwicklung. Dagegen sind die Transaktionskosten
Hohe Kosten durch viele Verfahren und Formate                des jeweiligen Systembetreibers (SIX Interbank Clearing,
Firmen möchten die erhaltenen Zahlungen einfacher mit        PostFinance) verhältnismässig tief.
den Debitoren abgleichen, Kunden möchten bequemer
bezahlen, und Finanzinstitute möchten Zahlungen effizi-      Der internationale Kontext
enter und kostengünstiger verarbeiten. Seit Entstehung der   Das Schweizer Massengeschäft hat ein Volumen von
Zahlungsverkehrssysteme wollen alle beteiligten Akteure      jährlich rund 1,9 Milliarden Inter- und Intrabank-Transakti-
permanente Verbesserungen.                                   onen und ist im europäischen und weltweiten Vergleich mit
                                                             einem Marktanteil von 4 bzw. 1,5% eher klein. Die Schweiz
Die hiesige Wertschöpfungskette im Zahlungsverkehr           betreibt ein Vielfaches mehr an Verfahren und Formaten
fächert sich mit den verschiedenen Verfahren, Formaten       als das Ausland, verarbeitet aber anzahlmässig nur einen
und deren Ausprägungen zwischen dem Fakturierungspro-        Bruchteil der Transaktionen, auf welche die entstandene
zess und dem Debitorenabgleich beim Kunden weit auf:         Kosten verteilt werden können. Dies verteuert die einzelne
                                                             Transaktion im Vergleich zum Ausland.
• Zahlungsempfänger unterstützen mit Blick auf ihre Kun-
  denstruktur oft unterschiedliche Fakturierungsvarianten    Für ein fiktives Rechenbeispiel sei ein Preis pro Trans-
  (roter ES, BESR, LSV+/BDD, Debit Direct, E-Rechnung).      aktion von CHF 1 angenommen. Darin sind die Kosten
  Dazu werden Software-Lösungen verwendet, die aus           der Zahlungssysteme – der Durchschnittspreis für eine
  der Debitorenverwaltung heraus nicht nur alle Formate      SIC-Transaktion lag im Jahr 2010 bei 4,5 Rappen –, der
  und Verfahren unterstützen, sondern die Konnektivität      Kanäle und der Verarbeitungen bei den Finanzinstituten
  womöglich zu mehreren Finanzinstituten sicherstellen.      inbegriffen. Aufwände der Zahlungsempfänger und Zah-
• Zahlungspflichtige können ihre Rechnungen auf un-          lungspflichtigen sind nicht berücksichtigt.
  terschiedliche Weise begleichen: Bareinzahlung am
  Postschalter, E-Banking, schriftlich, Lastschriftver-
  fahren etc. Sie nutzen unter Umständen mehrere
  Bezahlvarianten ohne zu wissen, ob geeignetere oder
  kostengünstigere Alternativen vorhanden sind.
• Die Zahlungssysteme von SIX Interbank Clearing und
  PostFinance, die Transaktionen zwischen den Finanz­
  instituten durchgängig (STP) verarbeiten, sind seit
  dem SEPA-Start vor drei Jahren um weitere Verfahren
  ergänzt worden. Das STP aller Euro-Transaktionen wird
  mit komplexen Validierungs- und Konvertierungs-Mecha-
  nismen durch die Finanzinstitute sichergestellt.

Die historisch gewachsenen Verfahren (z.B. LSV+/BDD,
BESR), Formate (z.B. DTA, EZAG) und deren Ausprägungen       Standardisierte Schnittstellen mit Sparpotenzial
STANDARDIZATION
                                                                 Editorial / CLEARIT
                                                                                / CLEARIT
                                                                                     | September
                                                                                           | März 2011
                                                                                                  2010                  11

Für das Rechenbeispiel ergeben sich somit Gesamtkos-          20022, IBAN, ISO-Referenz etc.) zu nutzen, um die Effizienz
ten für den Zahlungsverkehr auf dem Finanzplatz Schweiz       zu steigern und Kosten zu sparen. Dadurch realisieren die
von CHF 1,9 Milliarden. Bei solch einem hohen Betrag liegt    Finanzinstitute Kostenersparnisse, welche sie in Form von
mutmasslich – auch wenn es sich um ein fiktives Beispiel      vorteilhafteren Konditionen an die Kunden weitergeben
handelt – ein grosses Kostensparpotenzial drin.               können.

Standardisierung führt zu tieferen Kosten                     Einheitliche Standards bieten Kunden mehr Transparenz,
Damit ein Finanzinstitut im Kundenauftrag eine Zahlung        erhöhen die Kompatibilität des Kunden zu beliebigen
ausführen kann, benötigt es an sich wenige Angaben            Finanzinstituten, reduzieren mit besseren Validierungs-
zum Zahlungsempfänger (z.B. IBAN, Name und Adresse).          möglichkeiten potenzielle Fehlerfälle und Rückweisungen
Letzterer wiederum identifiziert seine Zahlungsein­gänge      (rejects), ermöglichen ihnen in der Folge eine einfachere Inte-
in der Regel über den Namen des Zahlungspflichtigen           gration von Prozessen (Debitoren-, Kreditorenbuchhaltung
oder über den Zahlungsgrund, der als unstrukturierter Text    und Cash Management) und somit Kostenoptimierungen.
oder als strukturierte Daten (z.B. als ESR- oder ISO-Refe-    Die Verwendung internationaler Standards erlaubt
renz) geliefert wird. Heute werden aber, je nach Verfahren,   strukturierte Fakturierungen und Bezahlungen auch im
Format und Ausprägung, Daten erhoben, die entweder            grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr, da sie auch im
in andere Formate konvertiert und umgeschlüsselt (PC-         europäischen Kontext angestrebt wird. <
Konto-/TN-Nr. auf BC-Nummer) oder aber im Prozess nicht
weiter verwendet werden.                                      Dieter Bolliger und David Bircher, Credit Suisse
• Aufgrund der an sich einfachen Anforderungen ist es         dieter.bolliger@credit-suisse.com
  naheliegend, künftig für alle Zahlungsverfahren einen       david.bircher@credit-suisse.com
  einheitlichen Zahlungs-Datensatz zu verwenden.
• Diese Idee geht Hand in Hand mit dem stetigen Trend
  zur Standardisierung (z.B. IBAN, SEPA, Bestrebungen
  bei der ISO-Referenz).
                                                               Was ist ISO 20022?
• Dieser setzt sich auch auf internationaler Ebene mit
  SWIFT und zunehmend auch aufgrund aufsichtsrecht-            Unter der Bezeichnung UNIFI (UNIversal Financial
  licher Vorgaben für Transparenz im Zahlungsverkehr           Industry message scheme) hat die Internationale
  (Geldwäschereiverordnung, FATF) fort.                        Organisation für Normung (ISO) auf Basis von XML
• Die Kosten des Kunden für Software-Anbindung                 (Extensible Markup Language) eine Sammlung von
  und -Nutzung werden mit einem einheitlichen Zah-             Nachrichtentypen für die Finanzindustrie herausge-
  lungs-Datensatz ebenfalls gesenkt. Unterstützung und         geben. Die Nachrichtentypen für Payment Messages
  Konvertierung verschiedener Formate werden obsolet.          sind im Standard unter ISO 20022 beschrieben. Das
• Die Minimierung der Formate und Konvertierungen nützt        langfristige Ziel besteht darin, eine Konvergenz zu
  schliesslich auch den Firmenkunden, die mit rascheren        einem Standard zu erreichen, was mit einer einheitlich
  Prozessen und transparenteren Kontoinformationen ihr         verwendeten Sprache im Finanzwesen zu vergleichen
  Cash-Management optimieren und langfristig vorteilhaf-       wäre.
  tere Konditionen beim Finanzinstitut anstreben wollen.

Fazit: Ein einheitlicher Zahlungs-Datensatz kann die Ge-
samtkosten einer Transaktion substanziell senken. Dies
lässt sich auch im fiktiven Rechenbeispiel zeigen: Sollte      Aktivitäten der Credit Suisse
die Konsolidierung eine Kostenersparnis von jährlich 20%
bewirken, würden die Akteure auf dem Schweizer Finanz-         Seit Anfang 2008 bietet Credit Suisse das SEPA-
platz CHF 380 Millionen im Jahr sparen. Hinzu kämen            Überweisungsverfahren an, im Herbst 2009 wurde
Kosten-/Prozessverbesserungen bei Zahlungspflichtigen.         das SEPA-Basislastschriftverfahren eingeführt:
Angesichts der bestehenden Vielfalt erscheint dieses Ein-      Beide Verfahren basieren auf ISO 20022. Seit Anfang
sparpotenzial als realistisch.                                 Dezember 2010 können Firmenkunden ihre Zah-
                                                               lungsaufträge im XML-Format, kompatibel mit den
Chance für den Finanzplatz und Kunden                          Empfehlungen der Schweizer Finanzindustrie für den
Die rechtlichen Rahmenbedingungen erlauben es dem Fi-          Kunden-Bank-Datenaustausch mit ISO 20022, einlie-
nanzplatz Schweiz, frei über die Formate und die Anzahl        fern. Credit Suisse plant, ab 2011 ihren Kunden die
von Standards zu entscheiden. Langfristig erscheint            Meldungen für das Cash-Management/Reporting im
es zweckmässig, statt einer Modernisierung und Kon-            ISO 20022-Format zur Verfügung zu stellen.
solidierung bestehender Schweizer Standards, die
Wertschöpfungskette im Zahlungsverkehr generell zu
verkürzen und internationale Formate und Standards (ISO
12        INHALT / CLEARIT
          PRODUCT   & SERVICES / CLEARIT
                           | September 2010
                                          | März 2011

Neue SWIFT-Dienstleistungen
Jeweils im Fünf-Jahres-Rhythmus definiert SWIFT ihre Strategie. Die Rahmenvorgaben
dafür werden von den SWIFT-Nutzern entwickelt und dienen als Leitlinien für die
Zusammenarbeit beim Einsatz neuer Dienstleistungen. Beispielhaft für die aktuelle
«Strategie 2015» sind die zwei neuen Services, die bei den Banken für noch mehr
Compliance und STP sorgen sollen: ein neuer Screening-Dienst im Sanktionsbereich
und ein neues Verzeichnis mit Diagnose-Tool.

Diese neuen Dienstleistungen schliessen an die klassi-        ein Screening ihrer SWIFT-Nachrichten in Echtzeit er-
schen Kernaufgaben des Datentransfers von SWIFT an            möglicht.
und eröffnen zugleich neue Anwendungsgebiete.
                                                              Der «Sanctions Service» ist ein zentraler Screening-Dienst,
Standing Settlement Instruction Directory                     der über das SWIFT-Netzwerk erhältlich ist. Nach Bedarf
Verlässliche Referenzdaten sind entscheidend für das          des Kunden werden dort ausgewählte FIN-Nachrichten in
Straight Through Processing (STP). SWIFT gibt eine Reihe      eine zentrale Screening-Anwendung eingegeben, die sie
von Verzeichnissen heraus, die aktuelle Informationen dafür   mit einer Auflistung amtlicher Sanktionen abgleicht (z.B.
bereitstellen. Diese Verzeichnisserie wird nun erweitert zu   der Vereinten Nationen, des US-amerikanischen Office
einem «Standing Settlement Instruction (SSI) Directory».      of Foreign Assets Control, der EU-Kommission oder des
Das SSI Directory verzeichnet die Korrespondenzbanken         britischen Finanzministeriums). Dabei kann es sich um
für Finanzinstitute auf der ganzen Welt, die Nostrokon-       ausgehende oder eingehende Nachrichten handeln. Der
ten in Fremdwährungen bei anderen Institutionen für           Sanctions Service filtert die Nachrichten in Echtzeit. Wenn
Handels- und Einzelhandelszwecke unterhalten. Neben           kein Treffer vorliegt, wird die Nachricht wie üblich weiter-
dem Directory bietet SWIFT auch ein entsprechendes Dia­       geleitet. Im Fall eines Treffers wird der Kunde über einen
gnose-Tool an: «SSI Diagnostics» ist ein Checkup-Service,     Warnhinweis gefragt, ob SWIFT die Nachricht weiterlei-
mit dem die Datenbank der Kontrahenten-SSIs aktiv aktua-      ten, ihre Übersendung abbrechen oder sie markieren soll
lisiert werden kann, noch bevor eine Zahlung fehlschlägt.     (fälschlich oder tatsächlich positiv – false or true positive).
Ein Auszug aus der Datenbank wird an SWIFT gesandt,           Der Service zeichnet sämtliche Warnhinweise und die ent-
worauf die SSI-Daten mit dem neuesten BIC-Verzeichnis         sprechenden Entscheidungen des Instituts auf. Somit kann
und der ISO-Währungsliste sowie den veränderten, ge-          die Revisionsaufzeichnung von den Kunden des Screening
löschten, deaktivierten und unveröffentlichten BICs, den      Service im Fall einer Prüfung als Nachweis für die Einhal-
verbreiteten SSIs und natürlich auch dem SSI Directory        tung der Vorschriften durch den Anwender genutzt werden.
abgeglichen werden. SWIFT sendet anschliessend einen
Diagnosebericht mit einer Auflistung der Fehler sowie Vor-    Mit einem Abonnement erhalten Institute Zugang zu einem
schlägen zu ihrer Behebung zurück.                            Screening Service, der
                                                              • sofort eingesetzt werden kann – es wird keine Hard- oder
Für die Zusammenstellung des SSI Directory sowie des            Software-Installation vor Ort benötigt, daher kein Bedarf
BICPlusIBAN Directory arbeitet SWIFT mit spezialisierten        an einer IT-Implementierung;
Datenerfassungs-Unternehmen zusammen, in diesem Fall          • auf einfache Weise über Standardeinrichtungen und
mit REFDATA aus Verona, zuvor bekannt als CB.net Italia.        einen Web-Zugang zum Case Manager genutzt werden
                                                                kann;
Sanctions Service                                             • Echtzeit-Verarbeitung bietet, da er den Abgleich von
Wirtschaftssanktionen sind von entscheidender Be­deutung        SWIFT-Nachrichten mit den Sanktionslisten der Behörden
für die internationale Gemeinschaft, da Re­   gierungen         während der Übertragung on the fly ermöglicht;
weltweit zunehmend auf Sanktionen zurückgreifen, um           • stets auf dem neuesten Stand ist, da SWIFT die Markt-
aussenpolitische Ziele durchzusetzen und Finanzkrimi-           führer als Partner für das Filtern von Software und die
nalität zu bekämpfen. Um Finanzinstitutionen bei der            Bereitstellung von Sanktionslisten einsetzt;
Einhaltung ständig neu eingeführter Sanktionsgesetze          • von SWIFT betrieben wird, einem neutralen und vertrau-
und -bestimmungen zu unterstützen, hat SWIFT eine kos-          enswürdigen Anbieter, der alle erforderlichen Garantien
tengünstige und leicht anzuwendende Lösung für kleine           im Hinblick auf Sicherheit, Ausfallschutz und operative
und mittelgrosse Finanzinstitute entwickelt, die ihnen          Spitzenleistungen stellt.
PRODUCT
                                                                       Editorial
                                                                           & SERVICES
                                                                                 / CLEARIT
                                                                                      / CLEARIT
                                                                                           | September
                                                                                                 | März 2010
                                                                                                        2011                        13

Der neue Sanctions Service wird mit einem Pilotpro-                   Mit dem Sanctions Service setzt SWIFT zusätzliche Ad­-
jekt im 2. Quartal 2011 aufgesetzt und spätestens im 4.               ded-Value-Funktionen auf seine klassischen Dienst-
Quartal 2011 eingeführt, möglicherweise in zwei Stufen                leistungen im Datentransfer auf. Ein ähnlicher Added-
– für ausgehende Transaktionen im 3. Quartal 2011 und                 Value-Service besteht schon im Bereich des Treasury
anschliessend für eingehende Transaktionen. Die Schlüs-               Confirmation Matching. SWIFTNet Accord verknüpft die
selmärkte für den neuen Dienst sind die Regionen EMEA                 Geschäftsbestätigungen in seinem zentralen Abstim-
und Asien-Pazifik, wo jeweils Sanktionsanforderungen von              mungssystem, während die Nachricht über SWIFT läuft.
den Behörden verhängt werden.                                         Auch hier arbeitet SWIFT bereits daran, diesen Abstim-
                                                                      mungsdienst in andere Assetklassen und Märkte hinein
Der Sanctions Service ist ein optionaler Dienst, der allen            zu erweitern. <
beaufsichtigten Finanzinstituten mit Anschluss an das
SWIFT-Netzwerk zur Verfügung steht.                                   Thomas Ramadan, SWIFT Schweiz
                                                                      thomas.ramadan@swift.com
Über den SWIFT-Kern hinaus
Diese beiden Beispiele vermitteln einen Eindruck, was mit
der Erweiterung der Kernaufgaben von SWIFT beabsich-
tigt ist. Der neue Aspekt im Fall des SSI Directory ist die
Zusammenarbeit von SWIFT mit externen Unternehmen,
um die bestehenden und bewährten Dienste im Markt
wirksamer einsetzen zu können. Ein weiteres Beispiel
dafür ist die kürzlich erfolgte Übernahme des Bereichs
«Ambit Messaging Hub» von SunGard, der jetzt – unter
dem Namen «Advanced Messaging Hub» – von der neu-
gegründeten SWIFT-Tochtergesellschaft Arkelis geführt
wird. Die Komponenten, die mit diesem Schritt erworben
wurden, ergänzen das Portfolio im Datentransfersystem
von SWIFT um einen High-End-Bereich in Richtung auf
Multi-Standard- und Multi-Netzwerk-Fähigkeiten.

   Funktion des «Sanctions Service»: Ein neuer Screening-Dienst von SWIFT

   Senderbank                                                                                                      Empfängerbank
                      Ausgehende Transaktion
                                 1
                                                                                            5a       5b
                                    5c                  SWIFT Network               Transaktion wird ausgeliefert
                            Transaktionsabbruch           FINcopy                (kein Treffer oder fälschlich positiv)
                              Benachrichtigung
                             (tatsächlich positiv)
         GUI

   Service-           C                         Transaktion               Entscheid über Auslieferung (kein Treffer/fälschlich positiv)
   Nutzer           vo a s e                    wird kopiert              oder Transaktionsabbruch (tatsächlich positiv)
                      n -M
                        W a
                           ar na 3                             2      4
                             nh g e
                               in m
                                 w en
                                  ei
                                     se t
                                       n

                                                     Von SWIFT betriebene
                                                      Screening-Maschine
14         INHALT / CLEARIT
           COMPLIANCE   | März
                            | September
                               2011     2010

Jenseits von Afrika
Ist das europäische Streben nach Schaffung eines einheitlichen Zahlungsraums
einzigartig? Hat SEPA Auswirkungen über Europa hinaus? Auf allen Erdteilen
entfaltet sich die Vision von SEPA-ähnlichen Zahlungsräumen. Bis zur Umsetzung
ist es in den meisten Fällen aber noch ein weiter Weg. Zwei afrikanische Beispiele.

Der Eco. Das ist an dieser Stelle weder ein umweltfreund­            haben. Der Franc wird von der Notenbank BCEAO (ver-
liches Auto noch das gleichnamige Wirtschaftsmagazin                 gleichbar mit der EZB) in Umlauf gesetzt und ist an den
des Schweizer Fernsehens. Es geht um die neue Währung                Euro gekoppelt. Seit 2004 werden Grossbetragszahlungen
von 15 westafrikanischen Ländern, die vor zwei Jahren                über ein SWIFT-basiertes RTGS-System abgewickelt (ver-
hätte etabliert werden sollen. Die ECOWAS – in etwa das              gleichbar mit SIC oder TARGET2), daran angeschlossen ist
westafrikanische Pendant zur EU, flächenmässig doppelt so            ein Nettosystem für die Verarbeitung von Kleinbeträgen
gross – vertagte die Einführung der einheitlichen Währung            (u.a. Über­weisungs-, Lastschrift- und Kartentransaktionen).
auf 2020. Dies nicht zuletzt wegen Finanzkrise, fehlender            Zudem steht die frankophone Währungsunion kurz vor der
wirtschaftlicher Konvergenz und politischer Instabilität in          Einführung eines EMV-basierten Kartensystems.
der Region, die sich vor kurzem beispielhaft im Nachgang
der Präsidentschaftswahl in der Elfenbeinküste gezeigt hat.          Damit ist sie ihrem «Fusionspartner», der WAMZ, einiges
Nicht von ungefähr betont Essien Abel Essien, zuständig              voraus. Abgesehen von einem grossen Nachholbedarf
für strategische Planung bei der ECOWAS-Kommission,                  bei der Implementierung von Automated Clearing Houses
dass auf dem Weg zur einheitlichen Währung zuerst einmal             (ACHs), Wertschriftenabwicklungssystemen und ATM/
die Anzahl Kriege reduziert werden muss.                             POS-Infrastrukturen, werden in den meisten Mitglied­
                                                                     staaten die Zahlungen noch manuell verarbeitet. Immerhin:
UEMOA + WAMZ = ECOWAS                                                Bis Ende 2013 sollen alle WAMZ-Länder über eigene Mas-
Erschwerend kommt hinzu, dass es eines Tages zwei                    senzahlungs- und RTGS-Systeme verfügen. Diese Systeme
regionale Währungsunionen zu verschmelzen gilt: die                  dürften dann über einen Interlinking-Mechanismus –
WAMZ der fünf Länder mit ihrer zukünftigen Währung                   TARGET lässt grüssen – verbunden werden und ab 2015
Eco sowie die UEMOA der acht Staaten, die den seit                   die neue Buchwährung Eco verarbeiten. Bevor es aber
1945 existierenden CFA franc als gemeinsame Währung                  soweit ist, muss noch viel Wasser den Niger runterflies­sen.

   Regionale Integration
   in Afrika                                                                                   ECCAS             Somalia         IGAD
                                                                             Sao Tome
                                     Benin                                  und Principe
                                 Burkina Faso              Kamerun
            UEMOA                                      Zentralafrik. Rep.                                    Dschibuti
                                Elfenbeinküste
                                Guinea-Bissau               Tschad                                            Eritrea
                                     Mali                   Kongo                                            Äthiopien
                                     Niger             Äquatorialguinea                                       Sudan
                                    Senegal                 Gabon                     Angola                                        EAC
                                                                                  Dem. Rep. Kongo                 Kenya
                                     Togo
                                                                                                       Burundi    Uganda

                                  Kap Verde                                                             Ruanda
                                   Liberia
                                                           CEMAC
                                                 CFA
                                   Gambia                              Tansania                 Mauritius
                                    Ghana                                         Malawi    Madagaskar           Komoren         Reunion   IOC
                                    Guinea        ECOWAS                           Sambia    Seychellen
                                                                                    Simbabwe
                                    Nigeria
                                 Sierra Leone
                                                                                         Swasi­-
               WAMZ                                                             Lesotho
                                                                                            land                           COMESA
                                                                              Namibia
                                                         SADC                   Südafrika                                  CMA

                                                                                    Botswana                SACU
                                                                                  Mosambik

   Quelle: UNCTAD
Editorial / CLEARIT
                                                                                                                  COMPLIANCE
                                                                                                                          | September
                                                                                                                                | März 2011
                                                                                                                                       2010                                                                         15

Ein funktionierender Währungsraum setzt nicht nur                                            Dafür steht gemäss Tim Masela von der südafrikanischen
technische Lösungen (Infrastrukturen), ökonomische In-                                       Notenbank ausdrücklich das SEPA-Beispiel Pate. Eine der
tegration (Konvergenz) und den politischen Willen voraus.                                    Voraussetzungen ist ein robustes nationales RTGS-System
Er stellt die Ordnungspolitik vor grosse gesetzgebe­­                                        in jedem Mitgliedstaat, was ausser in der bürgerkriegs­
rische Herausforderungen, müssen doch beispielsweise                                         geplagten Demokratischen Republik Kongo bereits überall
Banken- und Finanzmarktregulierungen eingeführt bzw.                                         der Fall ist.
harmonisiert werden. Ähnlich wie es die Europäische Union
mit ihren Verordnungen und Richtlinien als SEPA-Grund­                                       Vorbehalte
lage tat. Ob Banken oder Bankenverbände in Westafrika                                        Spätestens im Jahr 2018 soll die SADC-Zentralbank
bei der Formulierung von Verfahrensregeln für Zahlungsin­                                    gegründet werden, um dann die neue Gemeinschafts-
strumente eine genauso tragende Rolle spielen können wie                                     währung einführen zu können. Allerdings sind die Hürden
der European Payments Council in Europa, ist abzuwarten.                                     auf dem Weg zu einer erfolgreichen ökonomischen Inte-
                                                                                             gration der SADC-Region ähnlich hoch wie diejenigen im
Die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (SADC)                                          ersten afrikanischen Beispiel. Der gemeinsame Binnen-
Im südlichen Afrika gibt es ein ähnlich ehrgeiziges Projekt.                                 markt (2015) und die Währungsunion (2016) müssen noch
Mit dem Unterschied, dass die 15 Länder umfassende                                           vorher verwirklicht werden. Wie sollen solche Vorhaben,
Southern African Development Community (SADC) ihre                                           für die Europa Jahrzehnte brauchte, in Afrika in so kurzer
Perspektiven mit konkreteren Massnahmen begleitet.                                           Zeit verwirklicht werden? Zudem fehlt noch für manche
Dabei baut die SADC auf die Erfahrungen in Europa. Die                                       Projekte, wie etwa für die Verbindung der Börsenhandels-
festgelegten makroökonomischen Konvergenzkriterien                                           plätze, das nötige Kleingeld.
– zur Inflationsrate, jährlichen Nettoneuverschuldung,
Wechselkursstabilität und zu den langfristigen Zinssätzen                                    Die Skepsis ist sogar bei den verantwortlichen Zentral­
– wiederspiegeln die Maastrichter EU-Kriterien. Darüber                                      bankern unüberhörbar. Es wird befürchtet, dass eine
hinaus wurde beispielsweise ein Zentralbankgesetz formu-                                     einheitliche Währung negative Folgen haben könnte,
liert, welches der Gesetzgebung jedes Teilnehmerstaates                                      solange sich das wirtschaftliche Gefälle innerhalb der
als Leitfaden dienen soll. Ein Ende 2010 beschlossenes                                       Union nicht verkleinert. Führt man die so unterschiedli-
Pilotprojekt, das auf die Harmonisierung der Zahlungsver-                                    chen Länder wie Südafrika und Zimbabwe mit Bezug auf
kehrsinfrastrukturen (Clearing- und Settlementsysteme)                                       ihre Wirtschaftsleistung vor Augen, überrascht diese Er-
von vier Ländern innerhalb von zwei Jahren abzielt, soll                                     kenntnis wenig. <
bis 2018 auf alle SADC-Länder ausgeweitet werden. Damit
grenzüberschreitende Transaktionen ohne bilaterale Kor-                                      Gabriel Juri, SIX Interbank Clearing
respondenzvereinbarungen abgewickelt werden können.                                          gabriel.juri@six-group.com

   Facts & Figures                              90
                                                                                                                                                   2366
   der SADC-Staaten
                                                80

      Anzahl Banken                             70
      Einwohner (Mio.)
                                                60
      EFTPOS-Terminals
      (in Hundert)                              50
      BIP/Einwohner
      (in Hundert USD)                          40

                                                30
   * n.a.
                                                20

                                                10

                                                 0
                                                                                                                                                                                                        *
                                                       Angola

                                                                Botswana

                                                                           Kongo

                                                                                                        Mauritius

                                                                                                                    Mosambik
                                                                                   Lesotho

                                                                                             Malawi

                                                                                                                               Namibia

                                                                                                                                         Sambia

                                                                                                                                                  Simbabwe

                                                                                                                                                             Südafrika

                                                                                                                                                                         Swasiland

                                                                                                                                                                                     Tansania

                                                                                                                                                                                                Seychellen

                                                                                                                                                                                                             Madagaskar

   Quellen: SADC (2007, 2008) SARB (2009), Wikipedia
Impressum
Herausgeber
SIX Interbank Clearing AG
Hardturmstrasse 201
CH-8021 Zürich

Bestellungen/Feedback
CLEARIT@six-group.com

Ausgabe
Ausgabe 47 – März 2011
Erscheint regelmässig, auch online unter www.CLEARIT.ch
Auflage Deutsch (1300 Exemplare) und Französisch (400
Exemplare) sowie Englisch (elektronisch auf www.CLEARIT.ch)

Fachbeirat
Patrick Bürki, PostFinance, Boris Brunner, UBS AG, Susanne
Eis, SECB, Martin Frick, SIX Interbank Clearing AG,
Andreas Galle, SIX Interbank Clearing AG, André Gsponer
(Leiter), Enterprise Services AG, Gabriel Juri, SIX Interbank
Clearing AG, Roger Mettier, Credit Suisse AG, Christoph
Weder, Liechtensteinischer Bankenverband, Jean-Jacques
Maillard, BCV

Redaktion
André Gsponer, Enterprise Services AG, Andreas Galle,
Gabriel Juri (Leiter) und Christian Schwinghammer, SIX
Interbank Clearing AG

Übersetzung
Französisch: Word + Image, Englisch: HTS

Gestaltung
Felber, Kristofori Group, Werbeagentur

Druck
Binkert Druck AG, Laufenburg

Kontakte
Product Management SIX Interbank Clearing AG
T +41 44 279 4747
Customer Service Swiss Euro Clearing Bank GmbH
T +49 69 97 98 98 35

Weitere Informationen zu den Schweizer Zahlungsverkehrssystemen
finden Sie im Internet unter www.six-interbank-clearing.com
Sie können auch lesen