Genfer Großwetterlage - Multilateraler Dialog Genf - Konrad-Adenauer-Stiftung
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Juli 2021 Multilateraler Dialog Genf Genfer Großwetterlage Entwicklungen in den Genfer Internationalen Organisationen Mai 2021 bis Mitte Juli 2021 Olaf Wientzek, Sarah Ultes, Katarzyna Gorgol-Mäder, Rosa Seidler Die „Genfer Großwetterlage“ wirft in unregelmäßigen Abständen einen Blick auf ausgewählt e Entwicklungen der in Genf ansässigen internationalen Organisationen. Unverändert dominieren die Fragen der Impf- arbeitung einer möglichen neuen Rahmenkonven- stoffverteilung und die Suche nach Antworten tion ("Pandemievertrag") erörtert. Aufgrund von auf gesundheitliche, wirtschaftliche, soziale, Divergenzen zwischen den Mitgliedsstaaten be- menschenrechtliche und humanitäre Folgen schloss die WHA, auf einer Sondersitzung am 29. der Pandemie die Genfer Agenda. Bei der Dis- November bis 1. Dezember Mehrwert und mögli- kussion über eine mögliche Aussetzung des Pa- che Inhalte eines solchen Vertrags zu prüfen. Am tentschutzes für Impfstoffe und Medikament e 15./16. Juli fanden dazu Gespräche auf Experten- im Kampf gegen COVID-19 ("TRIPS-Waiver) gibt ebene in Genf statt. Die Befürworter eines Pande- es zwischen Befürwortern und Gegnern kaum mievertrags, insbesondere Deutschland, sind der Aussicht auf Einigung. Entsprechend bemüht Überzeugung, dass nach den Erfahrungen mit CO- man sich in WHO und WTO um pragmatischere VID-19 das bisherige Instrumentarium einer Er- Schritte, um eine gerechtere Impfstoffverso r- gänzung bedarf. Es brauche verbindlichere Regeln gung zu gewährleisten. Trotz der zupackenden und konkrete Verpflichtungen der Mitgliedsstaa- und dynamischen Herangehensweise der ten, wie auch Bundesgesundheitsminister Jens neuen Generaldirektorin lassen sich in der Spahn bei seinem Besuch in Genf am 15. Juli deut- WTO Fortschritte nur nach zähem Ringen er- lich machte 2 . zielen, wie die Verhandlungen über einen Ab- bau von Fischereisubventio nen zeigen. Im UN- Dauerthema bei der WHO ist die Frage nach einer Menschenrechtsrat standen u.a. der Kampf ge- gerechteren Verteilung von Impfstoffen — durch gen strukturellen Rassismus und die Situatio n die massive Zunahme von Fällen in Afrika in den in Tigray auf der Agenda. Kontroverse Diskus- letzten Wochen hat die Problematik noch zusätzli- sionen über viele Texte führten zur Verlänge- che Dringlichkeit erhalten; u.a. die Spitzen von rung der Sitzung um einen vollen Tag. WHO und WTO, Experten und zahlreiche Vertret er von Mitgliedsstaaten warnten, dass die bisherigen WHO – Deutscher Ministerbesuch mit Bemühungen nicht ausreichen und das Risiko wei- Signalwirkung terer Virusmutationen zunehme. Bei seinem Tref- fen mit WHO-Generaldirektor Tedros unterzeich- Bei der Sitzung der Weltgesundheitsversamml u n g nete Jens Spahn einen Vertrag, nach dem Deutsch- Ende Mai 1 , wurden die möglichen Lehren aus der land, zusätzlich zu den bisher gespendeten 2,2 Pandemie für die globale Gesundheitskoopera- Milliarden, weitere 260 Millionen Euro für den tion diskutiert. Als zentrales Thema wurde die Er- ACT-Accelerator, dem wichtigsten Instrument im 1 2 Einen ausführlichen Bericht zur WHA gibt es hier. Die Veranstaltung mit dem Minister können Sie hier nachschauen, ein ausführlicher Bericht findet sich hier.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Länderbericht Juli 2021 2 Kampf gegen COVID-19, bereitstellen wird 3 . Dar- Kein Konsens beim TRIPS-Waiver über hinaus kündigte Spahn die Bereitstellung von 30 Millionen Impfstoffdosen an, von denen 80% Dabei stand vor allem die Aussetzung des Patent- über den COVAX-Mechanismus verteilt würden. schutzes für Impfstoffe und Medikamente gegen Damit setzte Deutschland ein wichtiges Unterstüt- COVID-19, der so genannte "TRIPS-Waiver" im Vor- zungssignal für multilaterale Initiativen zur Be- dergrund. Im Oktober 2020 hatten Indien und kämpfung der Pandemie und hofft, damit auch Südafrika einen sehr weitreichenden Vorschlag für andere Staaten zu einer Erhöhung ihres Beitrags einen Waiver eingebracht, dem sich über 60 Län- zu bewegen. In den vergangenen Wochen war Kri- der offiziell angeschlossen hatten. Zur Überra- tik am COVAX-Mechanismus zu vernehmen, u.a. schung vieler Beobachter änderten die USA An- wegen fehlender Transparenz über die Kriterien, fang Mai ihre ursprüngliche ablehnende Position nach denen die Impfdosen verteilt werden. Nach und sprachen sich für eine textbasierte Diskussion wie vor hinkt der Mechanismus seinen (recht ehr- über den Vorschlag aus. Die Nachricht schlug im geizigen) Zielmarken hinterher, was Experten internationalen Genf ein wie eine Bombe und er- auch als Folge der zahlreichen (lukrativeren) bila- höhte nochmals den Druck auf die Gegner eines teralen Vereinbarungen von Mitgliedstaaten se- Waivers, darunter die EU, das Vereinigte König- hen. Immerhin mehren sich nun die Meldungen reich, die Schweiz, Japan oder auch Australien ihre von Finanzspritzen oder Impfdosenspenden ablehnende Haltung aufzugeben. Diese Länder durch weitere Länder für den Mechanismus zweifeln jedoch nach wie vor daran, dass ein Wai- ver die dringend benötigten Impfdosen liefern Anlässlich des Besuchs kam auch die hochumstrit- würde. Wiederholt wird darauf verwiesen, dass es tene Frage nach dem Ursprung des Virus auf die vor allem an geeigneten Produktionskapazitäten Agenda. Am 15. Juli machte Dr. Tedros deutlich, fehle und Exportbeschränkungen, bürokratisch e dass China nicht alle Daten im Nachgang zur ers- Hürden und die damit verbundenen Unterbre- ten Mission nach Wuhan geliefert hat. Die WHO chungen von Lieferketten ein viel größeres Hin- plant daher weitere Untersuchungen in Wuhan dernis darstellen würden. Zudem sei die freiwillige und will die Hypothese eines Laborunfalls nach Lizenzierung (u.a. AstraZeneca, Johnson & John- wie vor nicht ausschließen. Auch Minister Spahn son) bereits wiederholt erfolgt und auch Gesprä- hatte bei seinem Besuch bei der WHO mehrfach che über Stärkung lokaler Produktionskapazitäten deutlich gemacht, dass Deutschland mehr Koope- zeigten erste Ergebnisse. 5 Zahlreiche Fragen spal- ration von China erwarte. China reagierte alar- ten die Mitglieder: Während Indien und Südafrika miert auf diese Ankündigung und lehnte eine wei- auch in ihrem im Mai 2021 überarbeiteten Vor- tere Mission ab. Die Vertretung in Genf veröffent- schlag für eine weit gefasste Ausnahmeregelu n g lichte eine von 47 anderen Ländern unterstützt e für "Gesundheitsprodukte und Technologien zur Erklärung, welche die angebliche Politisierung der Prävention, Behandlung und Eindämmung von Suche nach dem Ursprung des Virus beklagt 4 . Un- COVID-19" plädieren, möchten die USA sie nur auf terstützt wird Chinas Position u.a. von den "übli- Impfstoffe beschränken. Auch die Dauer einer chen Verdächtigen" (Russland, Belarus, Sri Lanka, möglichen Ausnahmeregelung ist Gegenstand der Pakistan, Kuba, Venezuela, Kamerun, etc.). Diskussion; Kritiker werfen dem Vorschlag Südaf- rikas und Indiens vor, dass er de facto für eine Auf- WTO – Erste Ernüchterungen für die hebung der Patentrechte für einen unbegrenzten neue Leitung Zeitraum sorgen würde und sehen den kaum ver- Der weltweite Zugang zu Impfstoffen ist nicht nur in der WHO, aber auch in der WTO in diesen Mo- naten ein Dauerthema. 3 5 https://www.who.int/news/item/16-07-2021-germany- Am 21. Juli verkündete Pfizer/BionTech einen Deal mit reinforces-its-commitment-to-support-who-s-work der in Kapstadt ansässigen Firma Biovac, der ab 2022 4 Mehr Informationen hier und hier. die Produktion von jährlich 100 Millionen Dosen für Länder der AU bestimmte Impfdosen vorsieht.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Länderbericht Juli 2021 3 änderten Vorschlag nicht als angemessene Ver- Stillstand endlich wieder einen Verhandlungser- handlungsgrundlage an 6 . Auch dies hat dazu bei- folg zu verbuchen. Die neue Generaldirektorin , getragen, dass inzwischen ein Alternativvorschlag Ngozi Okonjo-Iweala, hatte daher den Abschluss der EU im TRIPS-Rat diskutiert wird, der sich auf des Fischereiabkommens — das noch als ver- die Nutzung bestehender Mechanismen innerhalb gleichsweise aussichtsreiches Dossier gilt — zur des TRIPS-Abkommens konzentriert, die eine frei- Chefsache gemacht und für den 15. Juli ein virtuel- willige Lizenzierung von Produkten/Behandlungen les Ministertreffen einberufen. Im Vorfeld des erleichtern würden, anstatt den Patentschutz Treffens brachte der kolumbianische Botschafter komplett aufzuheben. Dieser "pragmatische" An- Santiago Wills, der die Gespräche leitet, einen satz findet durchaus auch bei anderen Ländern, neuen Textentwurf in Umlauf. Hatte Okonjo-I- wie den USA, Norwegen, dem Vereinigten König- weala ursprünglich noch gehofft, eine Einigung zu reich, Mexiko, Chile und Singapur Resonanz. Ins- erzielen, musste sie die Erwartungen vor dem gesamt liegen die Positionen bei fundamentalen Treffen spürbar zügeln: Letztlich wertete sie es als Fragen (praktische Umsetzung, Ausdehnung auf Erfolg, dass man sich erstmals in 20 Jahren auf Handelsgeheimnisse) weiterhin meilenweit ausei- eine gemeinsame textliche Grundlage geeinigt nander. Bei einer Sitzung des TRIPS-Rats am 20. habe. Allerdings gibt es in diesem Dokument über Juli baten die Verhandelnden daher um mehr Zeit 80 (!) noch zu klärende Passagen. Entsprechen d — das heißt über die Sitzung des Allgemeinen Rats äußerten sich Ländervertreter zurückhaltender. der WTO am 28./29. Juli hinaus, bei der das Thema Botschafter Wills sprach von nun vorliegenden eigentlich auf der Tagesordnung hätte stehen sol- "Zutaten für einen erfolgreichen Abschluss". Die len. Angesichts dieses Patts gehen im WTO-Rah- USA machten deutlich, dass aus ihrer Sicht we- men auch die Diskussionen über alternative prag- sentliche Elemente noch fehlen. Besonders um- matische Lösungen weiter: Im Vorfeld eines Tref- stritten ist die Frage, inwieweit Entwicklungsländer fens zwischen den Chefs von WHO und WTO am von Ausnahmeregelungen durch die "differen- 21. Juli publizierte letztere eine Liste 7 von Hemm- zierte Sonderbehandlung" profitieren sollen. Die nissen und Engpässen (u.a. auch bürokratisch er USA und die EU wollen ein möglichst weitreichen- und regulatorischer Natur), die die Impfstoffpro- des Abkommen, Indien lehnt ein solches mit Blick duktion und -verteilung gefährden würden. auf seine Bemühungen zum Aufbau einer eigenen Fischereiindustrie ab. China hat Kompromissbe- (Etwas) Bewegung bei den Diskussionen zum reitschaft angedeutet, ist aber gegen eine Erwäh- Abbau von Fischereisubventionen nung des Problems von Zwangsarbeit im Text. Be- obachter werten es als gutes Zeichen, dass die Immerhin scheint (endlich) eine gewisse Dynamik Mitgliedstaaten gleichermaßen unzufrieden mit in die seit Jahren andauernden Fischereigesprä- dem aktuellen Entwurf zu sein scheinen. Die Chan- che gekommen zu sein. Die Verhandlungen zielen cen auf einen erfolgreichen Ausgang der Gesprä- darauf ab, Subventionen für illegale, nicht gemel- che bis zur Ministerkonferenz Ende November dete und unregulierte Fischerei abzuschaffen und sind gestiegen. Sicher ist dies jedoch nicht. Subventionen zu verbieten, die zu Überkapazitä- ten und daraus resultierender Überfischung bei- tragen. Eigentlich sollten diese Gespräche bereit s Menschenrechtsrat 2020 abgeschlossen sein, doch bei Kernfragen la- gen die Positionen zu weit auseinander. Dabei ist Sondersitzung zum Israel-Gaza-Konflikt nicht zuletzt aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkt en schafft erneut Untersuchungskommission (drohende Überfischung der Weltmeere) eine Eini- gung mehr als dringlich, Forschungsergebni sse Angesichts der stärksten Eskalation von Feindse- zeigen, dass ein weitreichendes Verbot aller ligkeiten zwischen Israel und Gaza seit 2014 trat schädlichen Fischereisubventionen bis 2050 zu ei- der UN-Menschenrechtsrat auf Bitten von Pakis- nem Anstieg der Fischbiomasse von 12,5% führen tan und Palästina und unterstützt von insgesamt könnte. Zudem gilt es für die WTO, nach langem 6 7 Eine ausführliche Analyse findet sich hier. Die Liste findet sich hier.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Länderbericht Juli 2021 4 69 Staaten 8 am 27. Mai zu seiner 30. Sondersit- Rates, stand die diesjährige Junisitzung v.a. im Zei- zung zusammen. Beschlossen wurde die Einrich- chen des Berichts der Hochkommissarin zu struk- tung einer neuen unabhängigen internationalen turellem Rassismus. In einer Konsensresolution Untersuchungskommission, welche in den besetz- wurde eine Untersuchungsmission eingerichtet 13 . ten Gebieten, einschließlich Ostjerusalem sowie Selbstkritisch begrüßten die USA diesen Schritt innerhalb Israels, alle mutmaßlichen Verstöße ge- und sprachen auch allen Sonderverfahren 14 eine gen das humanitäre Völkerrecht und internatio- dauerhafte Einladung aus. Gleichwohl erinnerten nale Menschenrechtsnormen im Vorfeld und seit sie gemeinsam mit zahlreichen europäischen dem 13. April sowie die darunter liegenden Ursa- Staaten, dass das Thema einer systematisch en chen untersuchen soll 9 . Sie passierte mit 24 Ja- Antwort aller Nationen bedürfe. Auch die Situation Stimmen, 9 Gegenstimmen und 14 Enthaltun- in der äthiopischen Region Tigray 15 stand im Fo- gen 10 . Kritisiert wurden von den Gegnern u.a. die kus. Der von der EU eingebrachte Text erhielt mas- fehlende Erwähnung der Hamas und das unge- siven Gegenwind. Alle afrikanischen Staaten wöhnlich weite und zeitlich unbegrenzte Mandat, stimmten dagegen oder enthielten sich, dennoch welches auch unter ähnlichen Mechanismen un- wurde er letztlich angenommen. Zudem wurden gewöhnlich ist. weitere Resolutionen zu Belarus, Syrien, Myanmar und Eritrea verabschiedet. 15-jähriges Jubiläum in Zeiten schwerer Rück- schritte für Menschenrechte Insgesamt waren die Debatten spürbar konfronta- tiver. So zeichnet sich möglicherweise bei Resolu- Mit der diesjährigen Junisitzung beging der Rat tionen ein neuer Trend ab: auch vormals kon- sein 15-jähriges Bestehen. Kaum ein Grund zu fei- sensuale Texte wurden nun zur Abstimmung ge- ern angesichts der laut Hochkommissarin Mi- stellt. Vor allem Chinas Kritik an einem menschen - chelle Bachelet "weitreichendsten Rückschritte für rechtsbasierten Ansatz im Umgang mit dem Inter- Menschenrechte zu unseren Lebzeiten", nicht zu- net deutet bereits jetzt auf künftige Konflikte hin. letzt aufgrund der COVID-19-Pandemie. Mit Blick Einige Resolutionen wurden zudem mit zahlrei- auf die Zukunft warb Bachelet für die vom UN-Ge- chen Änderungsanträgen torpediert — insgesamt neralsekretär eingebrachte Idee eines neuen Ge- 51, so vielen wie noch nie. Dadurch tagte der Rat sellschaftsvertrags, gestützt durch einen neuen einen vollen Tag länger, lehnte jedoch letztlich alle globalen Pakt 11 . Eine Präsidialerklärung, welche Anträge ab. Auch eine Vielzahl kritischer Stellung- Staaten anhält, bei der Implementierung von nahmen wurde verlesen. So kritisierte Kanada im Corona-Maßnamen ihre Verpflichtungen im Men- Namen von 44 weiteren Staaten die Menschen- schenrechtsbereich zu achten, erzielte keinen rechtslage in Xinjiang, Tibet und Hongkong und Konsens — Russland entzog seine Unterstützung. forderte einen ungehinderten Zugang für unab- Dafür verpflichteten sich 49 Länder, selbst Men- hängige Untersuchungen und die Hochkommissa- schenrechte ins Zentrum ihrer Wiederaufbau- rin (die Verhandlungen hierzu dauern bereits seit bemühungen zu stellen 12 . einem Jahr an). Dies provozierte Gegenreaktionen : so lobte Belarus im Namen von 67 weiteren Staa- Gut ein Jahr nach der Ermordung von George ten die Politik Pekings und China kritisierte Ka- Floyd und der darauffolgenden Sondersitzung des nada im Namen weiterer Staaten für den Umgan g mit seiner indigenen Bevölkerung und fordert e 8 12 22 Ratsmitglieder, u.a. die Niederlande stützten die Die Unterzeichner des sog. "Sustainable Recovery Initiative sowie Irland, Belgien und Luxemburg als euro- Pledge" finden sich hier. 13 päische Staaten mit Beobachterstatus. Der Bericht der Hochkommissarin zu systematischem 9 Die Resolution A/HRC/RES/S-30/1, die Abstimmung so- Rassismus findet sich hier und die Resolution hier. 14 wie weitere Hintergründe finden Sie hier. Diese umfassen sog. Sonderberichterstatter, unab- 10 Deutschland, Österreich und Bulgarien votierten da- hängige Experten und Arbeitsgruppen. Mehr hier. 15 gegen; Dänemark, Frankreich, Italien, Polen und auch Auf der Februartagung kam nur ein JST zustande. Es die Niederlande enthielten sich. ist hier einzusehen. 11 Mehr Informationen zum Gesellschaftsvertrag finden Sie hier und zum globalen Pakt hier.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Länderbericht Juli 2021 5 ebenfalls unabhängige Untersuchungen 16 . Ein be- Neuer OCHA-Chef vor massiven Her- sonders auffälliger Vorgang: die Ukraine, zu Be- ausforderungen ginn Mitunterzeichnerin des kanadischen State- ments, zog ihre Unterschrift wohl im Kontext von Der UN-Sondergesandte für den Jemen, der Brite Impfstofflieferungen und entsprechendem politi- Martin Griffith, übernahm im Juli offiziell die Nach- schen Druck Chinas zurück. Die Ukraine zählt folge von Mark Lowcock als Leiter des Amtes der sonst bei Abstimmungen zu den engsten Verbün- Vereinten Nationen für die Koordinierung huma- deten des Westens. Die USA unterstrichen im Ge- nitärer Angelegenheiten (OCHA). Bis ein Nachfol- gensatz dazu im Namen von 63 weiteren Staaten ger für den Jemen gefunden ist, wird er beide Pos- die besondere Rolle von Demokratien bei Schutz ten begleiten. Als drittgrößter humanitärer Geber und Förderung aller Menschenrechte 17 . Ange- und zweitwichtigster Geber für OCHA hatten die sichts der Anerkennung eigener Menschenrecht s- Kürzungen internationaler Hilfsgelder durch die verletzungen seitens der USA oder auch Kanadas, britische Regierung von 0,7% auf 0,5% des Brutto- verlieren die entsprechenden Anschuldigungen nationaleinkommens, ca. 4,67 Milliarden Euro, durch China und Russland an Wirkung. Diskussionen über den historisch begründeten Anspruch des Vereinten Königreichs auf den Pos- Neuer Jahresbericht des UNHCR und ten neu entfacht. Für Syrien muss mit Kürzungen hohe Erwartungen an Deutschland bis zu 50% und für den Jemen mit bis zu 60% ge- rechnet werden. Die Kürzungen wurden sowohl Trotz weltweiter Grenzschließungen im Jahr 2020 von Lowcock als auch Griffith scharf kritisiert. Grif- (mehr als 160 Länder hielten ihre Grenzen ge- fith ist in der humanitären Community hochange- schlossen, 99 sahen keine Ausnahmen für Schutz- sehen und gilt als krisenerprobt. Angesichts des suchende vor) ist die Anzahl von Menschen auf "Hurrikans an humanitären Krisen" weltweit, wie der Flucht im vergangenen Jahr laut UNHCR Jah- die stellvertretende UN-Generalsekretärin Amina resbericht 18 auf ein neues Rekordhoch von insge- Mohammed zuletzt vor dem Sicherheitsrat samt 82,4 Millionen Menschen gestiegen. Ange- warnte, eine unabdingbare Qualifikation. sichts dessen unterstrich UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, erneut die Priorität po- Auswirkungen des Genfer Gipfels litischer Lösungen für langanhaltende Konflikte. Die EU und explizit auch Deutschland rief er auf, Als ersten Stresstest für den Dialog zwischen den das politische Engagement, nicht zuletzt auch im USA und Russland im Nachgang des Biden-Putin Hinblick auf den Friedensprozess in Afghanistan, Treffens am 16. Juni in Genf wurde v.a. die Verlän- auszuweiten. Aufgrund der eskalierenden Gewalt gerung der grenzüberschreitenden UN-Hilfsliefe- drohe bald eine humanitäre Krise, so das UNHCR. rungen für ca. 3,4 Millionen Menschen in der Re- Mehrere hunderttausend Binnenvertriebene wur- gion Idlib über den syrisch-türkischen Grenzüber- den bereits registriert. Gleichzeitig lobte Grandi je- gang Bab al-Hawa gewertet. Mit der Sicherheits- doch auch ausdrücklich das deutsche Engage- ratsratsresolution 2585 19 vom 9. Juli ist dieser vor- ment in der Ära Merkel und drückte seine Hoff- erst bestanden. US-Diplomaten hatten das Thema nungen aus, dass dies in der Flüchtlings- und Frie- im Vorfeld als entscheidende Prüfung für die bila- denspolitik nach der Bundestagswahl sogar noch teralen Beziehungen beider Länder angesehen . ausgeweitet werden könne. Erreicht wurde jedoch nur ein absoluter Minimal- konsens. Er kombiniert die Aufrechterhaltun g grenzüberschreitender Hilfslieferungen mit dem Ausbau frontüberschreitender Hilfe. Das Mandat 16 18 Das JST von Kanada findet sich hier, das von Belarus Der gesamte Jahresbericht des UNHCR findet sich hier und von China zu Kanada hier. hier, eine kurze Zusammenfassung hier. 17 19 Das chinesische JST zum Vereinigten Königreich findet Die Resolution S/RES/2585 (2021) zur Verlängerung sich hier, das JST der USA zu Demokratien hier. Die je- der Hilfslieferungen nach Syrien findet sich hier. weiligen Unterstützer sind aus der Karte des Monats Juli ersichtlich.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Länderbericht Juli 2021 6 soll zunächst für sechs Monate gelten und abhän- zum Einfluss von COVID-19 auf die Arbeitswelt, die gig von einem Bericht des UN-Generalsekret ärs Lage in Myanmar sowie zu Verbesserungen der um sechs weitere Monate verlängert werden kön- Sozialschutzsysteme angenommen 20 . Die Dele- nen. Damit wurden u.a. die Bedenken der russi- gierten verabschiedeten zudem einstimmig einen schen Seite adressiert. Die US-Seite hatte zahlrei- globalen Aufruf zum Handeln 21 , um langfristige che Zugeständnisse gemacht. Schäden für Wirtschaft und Gesellschaft zu ver- Ein weiteres Ergebnis des Genfer Gipfels war die meiden. Die Vereinbarung umfasst u.a.: Maßnah- Entscheidung über die Wiederaufnahme eines Di- men zur Unterstützung eines Aufschwungs, der alogs über strategische Stabilität, um Vorherseh - den Arbeitnehmer- und Sozialschutz erheblich barkeit zu stärken, das Risiko eines Atomkriegs zu stärkt und nachhaltige Unternehmen unterstützt. verringern und die Grundlagen für zukünftige Beachtenswert war das Inkrafttreten des ersten Maßnahmen zur Rüstungskontrolle und Risikover- internationalen Vertrags gegen Gewalt und Beläs- minderung zu schaffen. Erste Gespräche sollen tigung in der Arbeitswelt am 25. Juni — zwei Jahre am 28. Juli in Genf beginnen und alle Waffentypen nach seiner Verabschiedung. Länder sind ein Jahr einbeziehen, d.h. nukleare und nichtnukleare, of- nach der Ratifizierung rechtlich an die Bestimmun - fensive und defensive Systeme. gen des Übereinkommens gebunden 22 . Der im Rahmen der IAK am 17. und 18. Juni statt- Gespräche über Wahlen in Libyen vor- findende Gipfel zur "Welt der Arbeit" konzentriert e sich auf die verheerenden Auswirkungen von CO- erst gescheitert VID-19. Führende Staatsoberhäupter aus aller Welt und Vertreter von Arbeitnehmer- und Arbeit- Trotz Verlängerung der Gespräche von vier auf geberorganisationen sowie der UN, darunter fünf Tage konnte sich das Libysche Politische Dia- Papst Franziskus und US-Präsident Biden, beton- logforum (LPDF), welches unter UN-Schirm-herr- ten in ihren Statements die Wichtigkeit Beschäfti- schaft vom 28. Juni bis 2. Juli erneut in Genf zusam- gung und menschenwürdige Arbeit in einer sich menkam, nicht auf die verfassungsrechtli ch e rasch verändernden Arbeitswelt zu fördern. Grundlage für die am 24. Dezember geplanten Die Delegierten nahmen zudem eine Dringlich- Präsidentschafts- und Parlamentswahlen einigen. keitsresolution zu Myanmar 23 an, welche die Wie- Beobachter berichteten von hitzigen Debatten. derherstellung der Demokratie, einer zivilen Re- Nach dem Waffenstillstand und der Bildung einer gierung, die Beendigung willkürlicher Verhaftun- Einheitsregierung im März dieses Jahres werden gen und Menschenrechtsverletzungen sowie die die Wahlen als wichtiger Schritt in den internatio- Wiederherstellung grundlegender Rechte fordert. nalen Bemühungen gewertet, um das Bürger- Der zweite Teil der Konferenz soll vom 25. Novem- kriegsland zu stabilisieren. Den Gesprächen in ber bis 11. Dezember stattfinden. Genf war eine Libyenkonferenz in Berlin Ende Juni vorausgegangen. ITU – Zweikampf um die Führung 109. Internationale Arbeitskonferenz Das wichtigste Führungsgremium der Internatio- nalen Fernmeldeunion (ITU), der ITU-Rat, hielt Vom 7. bis zum 19. Juni fand die 109. Internatio- vom 8. bis 18. Juni seine jährliche Sitzung ab. Dis- nale Arbeitskonferenz (IAK) in Genf statt. Die erst- kutiert wurden eine Reihe operativer Themen, die mals in ihrer Geschichte virtuelle IAK brachte Re- aufgrund der Pandemie zurückgestellt wurden, gierungsvertreter, Arbeitnehmer und Arbeitgeber wie z.B. die Organisation der kommenden World aus den Mitgliedsstaaten der ILO (International e Telecommunication Standardization Assembly Arbeitsorganisation) zusammen. Schwerpunkt der (WTSA) oder der World Telecommunications Deve- Tagung: Auswirkungen von COVID-19 auf die Ar- lopment Conference (WTDC). Am Rande wird der beitswelt. Insgesamt wurden 14 Resolutionen, u.a. 20 Eine Übersicht hierzu findet sich hier. außerdem die erste internationale Definition von Ge- 21 Der Aufruf ist hier zu finden. walt und Belästigung in der Arbeitswelt, einschließlich 22 Das Übereinkommen erkennt das Recht auf eine Ar- geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung. 23 beitswelt frei von Gewalt und Belästigung an. Es liefert ILC.109/Resolution II zu Myanmar findet sich hier.
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Länderbericht Juli 2021 7 Wettbewerb zwischen den USA und Russland um men hinzufügt, die seitdem an Bedeutung gewon- den Posten des 2022 zu wählenden ITU-General - nen haben (z.B. Schulden, Klimawandel, internati- sekretärs immer deutlicher. Die US-Kandidatin onale Besteuerung). Die EU wird wahrscheinlich Doreen Bogdan Martin ist derzeit Direktorin des auf organisatorischen Fragen bestehen, wie z.B. Entwicklungssektors der ITU. Im Juni präsentiert e einer besseren Priorisierung der Arbeit, der Ein- Russland das Programm seines offiziellen Kandi- führung eines ergebnisorientierten Managemen t s daten Rashid Ismailov. Der ehemalige stellvertre- und einer klaren Abgrenzung der Mandate ande- tende Minister des russischen Ministeriums für rer internationaler Organisationen. Telekommunikation und Massenkommunikatio n Die Vorbereitungen für die Konferenz finden im und früherer Telekommunikationsmanager bei Kontext eines Führungswechsels statt, Rebeca Huawei sieht die ITU als zentralen Ort für die Re- Grynspan aus Costa Rica wurde am 11. Juni als gulierung der digitalen Wirtschaft. Er schlägt u.a. neue Generalsekretärin bestätigt. vor, dass sich die ITU auf die Arbeit an Standard s Für die EU als wichtigstem Geber von Entwick- und Regeln "im Bereich der Informationssicher- lungshilfe ist die UNCTAD ein wichtiges Forum für heit bei der Nutzung von Telekommunika- die Kommunikation mit Entwicklungsländern und tion/ICTs" konzentrieren sollte, was eine klassi- ein Radar um die "politische Stimmung" auszulo- sche Forderung Russlands ist. Künstliche Intelli- ten. In den letzten Jahren haben sich Länder wie genz, sowohl unter technischen als auch unter die USA, Japan oder Kanada weniger engagiert . ethischen Aspekten, wird vom russischen Kandi- Das macht die EU zum zentralen Gegengewicht zu daten als weiteres Aufgabenfeld identifiziert. einigen extremen Stimmen, die die Organisation Diese Ideen, auch wenn sie sehr diplomatisch vor- als Konkurrenz zu anderen Organisationen, insbe- getragen werden, sind klare rote Linien für die EU sondere zur WTO, positionieren wollen. und andere gleichgesinnte Länder, die sich immer dafür eingesetzt haben, dass sich die ITU auf ihr Kernmandat im Bereich der Telekommunikation Kommentar und Ausblick konzentriert. Für Europa liegt der Wert der Agen- Der u.a. durch die Rückkehr der USA in multilate- tur darin, die globale Koordination des Funkspekt- rale Organisationen und die Einigung auf eine rums sicherzustellen und der globalen digitalen Kluft entgegenzuwirken. neue Generaldirektorin der WTO im Frühling nach langer Zeit wieder erweckte Optimismus ist zwar Verhandlungen zu UNCTAD15 schrei- nicht komplett verflogen, aber weitgehend nüch- ten langsam voran ternem Realismus gewichen. Die zähen Fischerei- verhandlungen und die sehr emotional geführten, 24 -Konferenz Die 15. vierjährliche UNCTAD aber ergebnislosen Debatten über die beste Stra- (UNCTAD15) wird vom 3. bis 8. Oktober 2021 on- tegie zur Förderung der Impfstoffversorgung zei- line stattfinden. Die Veranstaltung soll den Nexus gen, dass die Interessenlagen wichtiger Staaten von Handel und Entwicklung erörtern und Leitli- (gruppen) in Schlüsseldossiers weit auseinander- nien für ihre Arbeit in den nächsten vier Jahren liegen. aufzeigen. Das dann zu verabschiedende Ab- schlussdokument wird derzeit in Genf verhandelt. Die Sitzung des Menschenrechtsrats macht deut- Die Gespräche kommen nur langsam voran und lich, dass autoritäre Staaten ihre Bemühungen, es ist zu erwarten, dass diese erst kurz vor der globale Menschenrechtsstandards und ihre Um- Konferenz abgeschlossen werden. setzung abzuschwächen, eher noch intensivieren. Und auch der Kampf um die Leitung der ITU und Es wird erwartet, dass die Gruppe der G77 und ihre künftige Ausrichtung im kommenden Jahr China eine Ausweitung der auf der letzten Konfe- verspricht hitzig zu werden. renz vereinbarten Leitlinien befürwortet und The- 24 UNCTAD steht für Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung
Konrad-Adenauer-Stiftung e. V. Länderbericht Juli 2021 8 Die Rückkehr der USA und ihres Führungsan- Bemerkenswert (und aus deutscher und europäi- spruchs in verschiedenen Organisationen ist aus scher Sicht frustrierend) ist in diesem Kontext die westlicher Sicht ein sehr großer Gewinn, doch Virulenz, mit der die EU und Deutschland bei der zeigt sich hier und da auch Reibungspotential. Das Frage des Waivers von Teilen der Genfer Globale- gilt unter anderem für die Reform der globalen Gesundheits-Szene an den Pranger gestellt wer- Gesundheitszusammenarbeit: Deutschland und den. Bei vielen dieser Akteure scheinen die mona- die EU streben einen möglichst ehrgeizigen Pan- telangen Exportbeschränkungen anderer Länder demievertrag an, die USA stehen der Idee weiter- (v.a. der USA), der entscheidende Einsatz Deutsch- hin kühl gegenüber. Hier und da wird auch die lands und der EU für den ACT-Accelerator und zentrale Rolle Deutschlands in der WHO, die auch COVAX, die Beiträge für eine politische und finan- beim Besuch von Gesundheitsminister Spahn wie- zielle Stärkung der WHO sowie für einen ehrgeizi- der deutlich wurde, mit Misstrauen betrachtet. gen Pandemievertrag in Vergessenheit zu geraten . Wiederum fühlen sich Deutschland und die EU durch die öffentliche Unterstützung Washingtons für den TRIPS-Waiver auf dem falschen Fuß er- wischt. Konrad-Adenauer-Stiftung e. V Dr. Olaf Wientzek Leiter Multilateraler Dialog Genf Europäische und Internationale Zusammenarbeit olaf.wientzek@kas.de Der Text dieses Werkes ist lizenziert unter den Bedingungen von „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international”, CC BY-SA 4.0 (abrufbar unter: https://creativecom www.kas.de
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