Gestaltet Vielfalt Jahre - Rückblick und Ausblick auf "Kultur macht stark" - Zirkus Gestaltet Vielfalt
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5 IMPRESSUM Herausgeberin: BAG Zirkuspädagogik e.V. Projektbüro: Zirkus gestaltet Vielfalt V.i.S.d.P: Sophia-Marie Luftensteiner Bildnachweise: S. 11 Desposit (Lizenz); Fähnchen S.11 & 17: Freepik Fotos: Frank Kaiser, Moritz Küstner, Thomas Heymann, Christopher Glanzl Lektorat: Nikola Huppertz Grafik & Layout: atelierKatergrau Erscheinungsdatum: Hannover, Nov. 2020
Zirkus gestaltet Vielfalt 6 Einleitung 7 Liebe Zirkusbegeisterte, sehr geehrte Damen und Herren, 2018 hat die BAG Zirkuspädagogik e.V. das Projekt Zirkus gestaltet Vielfalt ins Zur Halbzeit dieser Förderperiode können wir auf Erfolge zurückblicken und einen Leben gerufen um am Bundesförderprogramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Ausblick in die Zukunft geben. Bildung (2018-2022)“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mitzuwirken. In dieser Broschüre möchten wir einen Rückblick auf die letzten zwei Von 2018 bis 2020 haben wir über 560 Zirkusprojekte für bildungsbenachteiligte Jahre und einen Ausblick auf die kommenden Jahre wagen. Kinder& Jugendliche gefördert. Mehr als 40.000 Kinder und Jugendliche konnten Zirkusluft schnuppern und in die Welt des Zirkus eintauchen. Seit 2013 fördert das BMBF mit „Kultur macht stark“ außerschulische Projekte der kulturellen Bildung für benachteiligte Kinder und Jugendliche. Ziel des Programms Die geförderten Zirkusprojekte leisten einen wichtigen Beitrag zur ist es, durch zielgruppenspezifische Kulturangebote die Bildungschancen Bildungsintegration von bildungsbenachteiligten Kindern und Jugendlichen in von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Ein weiterer Schwerpunkt des Deutschland. In allen Projekten wird Zirkuspädagogik als Methode eingesetzt, Programms ist die Stärkung und Vernetzung von lokalen Akteuren und die um den Kindern und Jugendlichen durch kulturelle Teilhabe einen besseren Zugang Förderung von zivilgesellschaftlichem Engagement. zur Bildung zu ermöglichen. Dabei ist die Partizipation der Teilnehmer*innen in den Projektablauf ein wesentlicher pädagogischer Baustein, der die aktive Bei der Umsetzung des Programms arbeitet das BMBF mit Partnern zusammen, und selbstverantwortliche Teilnahme und das Einbringen von Wünschen und die bundesweit aktiv sind. Das sind zum einen „Förderer“, die Projekte lokaler Ideen sowie eine Wertschätzung aller Teilnehmer*innen ermöglicht. Neben Akteure auf Antrag fördern, und zum anderen „Initiativen“, die Bildungsprojekte qualifizierten Honorarkräften tragen ehrenamtliche Helfer*innen durch ihren gemeinsam mit lokalen Partnern selbst durchführen. Einsatz maßgeblich zum Gelingen der Projekte bei. Zirkus gestaltet Vielfalt wurde als einer dieser 29 Programmpartner ausgewählt Zur Qualifizierung und Weiterentwicklung des Konzepts von Zirkus gestaltet und fördert nun schon über zweieinhalb Jahre bundesweit zirkuspädagogische Vielfalt finden seit 2019 jährliche regionale Zirkustreffen statt, die eine Projekte. Vernetzung der Zirkusprojekte untereinander ermöglichen.
Zirkus gestaltet Vielfalt 8 9 Das Jahr 2020 hat uns nun alle vor neue Herausforderungen gestellt. Vor dem Die erfolgreiche Umsetzung von Zirkus gestaltet Vielfalt wäre nicht denkbar ohne Hintergrund einer weltweiten Pandemie musste sich der Zirkus „neu erfinden“: die ehrenamtliche Unterstützung der Jury, des Kuratoriums sowie des Vorstands Heraus aus dem Zirkuszelt und hinein ins Kinderzimmer. der BAG Zirkuspädagogik e.V. Vielen Dank für das ehrenamtliche Engagement! Digitales Training, Zirkusmaterialverleihe und bunte Zirkusvideos sind ent- Wir danken dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem DLR- standen, um den Kontakt zu den Zirkuskindern und Jugendlichen nicht abbrechen Projektträger, sowie unseren Antragsteller*innen für die vertrauensvolle und gute zu lassen. Glücklicherweise konnten im Sommer 2020 wieder die ersten Zusammenarbeit. Zirkusprojekte in analoger Form umgesetzt werden. Gemeinsam leisten wir mit den geförderten Zirkusprojekten einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit in Deutschland und zur positiven Persönlichkeitsentwicklung der Teilnehmer*innen, denn: „ Zirkus macht aus halben Portionen, ganze Persönlichkeiten! “ Im zweiten Teil dieser Broschüre finden Sie die Zirkusgeschichte “Leo und das Zirkusmädchen”, die ein gutes Beispiel dafür ist, dass die Kinder und Jugendlichen auch von zu Hause „Zirkusluft“ schnuppern können. Vielleicht auch eine gute Idee Herzliche Grüße vom Team Zirkus gestaltet Vielfalt für den Einsatz in Ihren Zirkusprojekten? ! Die Geschichte eignet sich zudem für ruhigere Phasen und Pausen in den Zirkusprojekten. Eine digitale Version finden Sie als Druckvorlage hier: Sophia-Marie Luftensteiner www.zirkus-vielfalt.de/foerderung/downloads (Projektleiterin)
Zirkus gestaltet Vielfalt 10 Über das Förderprogramm 11 KONTAKT BAG Zirkuspädagogik e.V. Zirkus Projektbüro Zirkus gestaltet Vielfalt Arnswaldtstraße 28 Zielgruppe gestaltet 30159 Hannover Telefon: 0511 26021 551 Das Programm richtet sich an bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche im Alter von 4 bis 18 Jahren mit oder ohne Migrations- oder Fluchthintergrund. Unter Vielfalt www.zirkus-vielfalt.de "bildungsbenachteiligt" werden dabei Kinder und Jugendliche verstanden, die in info@zirkus-vielfalt.de mindestens einer der vom nationalen Bildungsbericht 2016 beschriebenen Risi- kolage aufwachsen und dadurch in ihren Bildungschancen beeinträchtigt sind, wie z.B. Arbeitslosigkeit eines oder beider Elternteile, geringes Familieneinkommen, bildungsfernes Elternhaus. Zirkus gestaltet Vielfalt ist ein Förderer im Programm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Bündnisse für Bildung Die Aufgabe als Förderer ist es, die Fördermittel an lokale Zirkusprojekte weiter- Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb soll mit „Kultur macht zuleiten und bundesweit zirkuspädagogische Projekte zu ermöglichen. stark. Bündnisse für Bildung“ das zivilgesellschaftliche Engagement gestärkt und besser vernetzt werden. Ziel ist die Entwicklung von lokalen Bildungslandschaften. Umgesetzt werden sollen Projekte des zeitgenössischen Zirkus in Verbindung mit Um einen Antrag zu stellen, muss ein lokales Bündnis gegründet oder ein beste- anderen Künsten, wie darstellende Kunst, Musik oder Theater sowie der Bühnen- hendes aktiviert werden. Mögliche Bündnispartner können neben Zirkuseinrich- bildnerei, Kostümschneiderei, Technik oder Beleuchtung. Für die Umsetzung des tungen z.B. Einrichtungen der Kinder- und Jugendbildung oder Jugendhilfe, Konzepts hat die BAG Zirkuspädagogik e.V. neun Formate mit einem Zeitumfang Soziokulturelle Zentren, Sportvereine, Kirchen sowie interkulturelle Vereine sein. von einem Tag bis zu mehreren Monaten entwickelt: »Einladung zum Zirkus«, »Zirkus spielen«, »Zirkuskurse«, »Zirkustage mit oder ohne Übernachtung«, »Zirkusworkshop«, »Qualifizierung für Ehrenamtliche« sowie »Regionale & Bundes- Ehrenamt weite Zirkustreffen«. Ehrenamtliche sind aus den Zirkusprojekten bei „Kultur macht stark“ nicht weg- zudenken. Sie organisieren Fahrdienste, schreiben Anträge oder übernehmen die Die Kinder und Jugendlichen werden von Zirkuspädagog*innen, Artist*innen oder Pausenbetreuung. Ohne dieses großartige Engagement wären die vielfältigen Zirkus- Künstler*innen begleitet. Auch Ehrenamtliche und Eltern sollen in die Projekte ein- projekte nicht möglich. Deshalb fördert das Programm „Kultur macht stark. Bünd- bezogen werden. Zum Projektabschluss finden oftmals Präsentationen vor Pub- nisse für Bildung“ ehrenamtliches Engagement durch gute Rahmenbedingungen. likum statt.
Zirkus gestaltet Vielfalt 12 13 Antragstellung Im Rahmen von Zirkus gestaltet Vielfalt wurden für die Durchführung lokaler Zirkus- projekte verschiedene Formate mit einem festen zeitlichen und finanziellen Rahmen entwickelt. Die inhaltliche Ausgestaltung erfolgt durch die Bündnisse und die Hono- rarkräfte. Das Team des Projektbüros steht bei der Antragstellung beratend zur Seite. Die Jury von Zirkus gestaltet Vielfalt entscheidet, ob eingereichte Anträge eine Projektförderung erhalten. Förderkriterien im Überblick • Das geförderte Projekt muss ein zusätzliches, außerschulisches Zirkusangebot sein. • Das Zirkusangebot basiert auf den neun Formaten von Zirkus gestaltet Vielfalt. • Das Programm richtet sich an bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche von 4 bis 18 Jahren. • Es muss ein Bündnis mit mindestens drei lokalen Partnern gegründet werden. • Der Antragsteller muss ein außerschulischer Träger sein. • Die zirkuspädagogische Qualität der Fachkräfte muss sichergestellt werden. • Die Antragstellung erfolgt online über das System Kumasta. • Bei der Förderung handelt es sich um eine ausgabenbasierte Projektförderung (bis zu 100%). • Eine inhaltliche und wirtschaftliche Abhängigkeit von Zirkus gestaltet Vielfalt muss ausgeschlossen werden. Weitere Informationen finden Sie hier: www. buendnisse-fuer-bildung.de https://kumasta.buendnisse-fuer-bildung.de
Zirkus gestaltet Vielfalt 14 Vorstellung der BAG Zirkuspädagogik 15 Bundesarbeitsgemeinschaft Qualitätsentwicklung geschieht besonders durch BAG Zirkuspädagogik e.V. gegenseitige Informationen und Erfahrungsaus- tausch bei regionalen, nationalen und internatio- Die BAG wurde 2005 in Berlin nalen Tagungen. Die BAG spielt eine aktive Rolle bei von 40 Vertreter*innen aus der internationalen Vernetzung. Sie hat die „European 15 Bundesländern gegründet. Youth Circus Organisation“ mitgegründet. Inzwischen vertritt sie knapp Die BAG Zirkuspädagogik e.V. (BAG) ist der Träger- 200 Einzelmitglieder, Zirkus ist ein Kunstgenre, das für Kinder und Jugend- verein von Zirkus gestaltet Vielfalt und ein Inter- 78 Institute und Vereine sowie liche eine besondere Attraktivität und Faszination essensverband der Kinder- und Jugendzirkusgruppen die 7 zirkuspädagogischen besitzt und einen idealen Spielraum zur Persönlich- Landesarbeitsgemeinschaften. sowie der Zirkuspädagog*innen in Deutschland. keitsentwicklung bietet. Zirkus zeichnet sich durch Zirkus ist eine noch junge Sparte der kulturellen eine große Breite an künstlerischen Gestaltungs- Kinder- und Jugendbildung. Seit den achtziger Jahren möglichkeiten aus: Von den Bewegungskünsten Akro- des letzten Jahrhunderts ist ihre Bedeutung stetig batik, Jonglage und Balance bis zu Theaterelementen, gewachsen. Heute bieten die Zirkuseinrichtungen Musik, Tanz, aktuellen Jugendtrends und -sportarten. Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen die ganze Vielfalt von zirzensischen Ausdrucksmöglich- Die BAG möchte die Qualität der Zirkuspädagogik KONTAKT keiten. Die BAG vertritt mittlerweile die Interessen als Teil der Kinder- und Jugendhilfe verbessern. BAG Zirkuspädagogik e.V. von zahlreichen Organisationen, Artisten*innen, Daher setzt sie sich auch für die Anerkennung von Rappenhof 1 Pädagogen*innen sowie von zigtausenden Kindern Zirkus als eigenständige Kunstform ein. Diese 74417 Gschwend und Jugendlichen. Die Nachfrage nach Zirkusange- einzigartige Form bietet eine unendliche Ausdrucks- Tel: +49-7972-9344-30 boten steigt stetig und ein neues Berufsfeld vielfalt auch mit theatralen, musikalischen und tän- Fax: +49-7972-9344-50 "Zirkuspädagogik" ist entstanden. www.bag-zirkus.de zerischen Mitteln. Aber sie erhält, da sie noch so jung Es wurden Qualitätsstandards für die Ausbildung ist, vergleichsweise wenig öffentliche Förderung. info@bag-zirkus.de zur/m Zirkuspädagogen*in mit einem entsprech- Wichtigstes Ziel der BAG ist es, die zirkuspädago- enden Anerkennungsverfahren entwickelt sowie gische Arbeit in Deutschland zu stärken und weiter bundesweit die Qualifizierung von Jugendlichen zur/ zu vernetzen. zum Zirkusjugendübungsleiter*in eingeführt.
Das Team von Zirkus gestaltet Vielfalt ist … 16 … bundesweit verteilt. 17 VORSTAND DER BAG ZIRKUSPÄDAGOGIK E.V. Sven Alb Gschwend PROJEKTBÜRO Wolfgang Pruisken Hannover Sophia-Marie Luftensteiner – Projektleitung Bernd Rahmann Hamburg Julia Steinke-Sorg – Projekt-Administration Ute Preisberger – Projektsachbearbeiterin Hamburg JURY Vertreter der zirkuspädagogischen Landesarbeitsgemeinschaften Berlin Horst Kriebeler, Gesamtschulrektor a.D., Vorsitzender LAG Zirkus NRW, Potsdam ehem. Leiter Zirkus Zappelino Köln Hannover Vertreterinnen zirkuspädagogischer Einrichtungen Iris Riedmüller, Dipl. Landschaftsarchitektin, Großspenderin, Zirkuspädagogin (BAG) Kassel Köln Kassel Ute Warbein, Ärztin, Geschäftsführerin Zeltpunkt Montelino Potsdam Potsdam Vertreterin selbstständige Zirkuspädagogin Ronja Buschek, Psychologin (M.Sc.) & selbstständige Zirkuspädagogin, systemische Familien- und Sozialtherapie sowie Festivalbau/Bühnendesign Berlin Einhausen Verbandsexterne Vertreter*innen Insa Lienemann, Geschäftsführerin LKJ-Niedersachsen; stellv. Vorsitzende BKJ Hannover Viktor Winterhalter, Vorstandsmitglied der LKJ Baden-Württemberg, Sonderschullehrer & Heimleiter i.R. Einhausen Gschwend Michael Dietrich, Pädagoge (M.A.), freiberuflicher Schauspieler, Geschäftsführer von PA/SPIELkultur e.V. München München VORHERIGE JURYMITGLIEDER Niklas Perk (Niedersachsen) | Caro Eberl (Bayern) | Klaus Borkens (NRW)
Zirkus gestaltet Vielfalt 18 19 Anzahl geförderter Zirkusprojekte Anzahl der Teilnehmer*innen 2018 / 2019 / 2020 in den Zirkusprojekten 2018 / 2019 20.000 16.069 15.000 10.000 8.928 20 18 5000 114 216 20 19 geförderte geförderte Zirkusprojekte Zirkusprojekte 2018 2019 230 geförderte Zirkusprojekte 2 02 0
00000 200000 00000 00 200000 200000 200000 200000 200000 Zirkus gestaltet Vielfalt 20 Verteilung der Fördergelder auf die Bundesländer 21 171.639 € 164.505 € Verteilung der Fördergelder 200000 2018 142.884 € auf die Bundesländer (Stand: Juni 2020) 2019 50000 150000 00000 00 150000 150000 150000 150000 150000 150000 2018 / 2019 / 2020 2020 121.032 € 114.483 € 102.979 € 100000 00000 100000 00000 00 100000 100000 100000 100000 100000 85.948 € 85.266 € 50000 75.208 € 67.387 € 66.426 € 61.525 € 61.777 € 61.218 € 59.773 € 0 56.817 € 53.787 € 49.137 € 46.486 € 45.140 € 50000 50000 50000 40.136 € 50000 50000 50000 37.756 € 00000 00 50000 33.104 € 28.129 € 23.392 € 19.372 € 12.934 € 11.328 € 3.357 € 0 0 0 00 0 00 0 0 0€ BADEN - BAYERN BERLIN BRANDEN - BREMEN HAMBURG HESSEN MECKLEN - NIEDER - NORDRHEIN - WÜRTTEM- BURG BURG - SACHSEN WESTFALEN BERG VORPOMMERN
Verteilung der Fördergelder auf die Bundesländer 22 23 Hier fanden die Zirkusprojekte statt: 0 2018 2019 Kronshagen 2020 Langwedel Kiel 0 Plön Rostock Klein Jasedow 121.339 € Drochtersen- Hüll Hamburg Bremen Bendestorf 0 Oldenburg 102.877 € Ottersberg Bassum Oderberg Salzwedel Oranienburg Barnsdorf Berlin Garbsen Brandenburg Potsdam 0 Braunschweig 78.826 € 76.794 € Herne 65.598 € Halle Dresden Hagen Leipzig 0 Görlitz Overath Kassel Köln Jena Chemnitz Tharandt Pirna Sohland 43.347 € Bad Honnef Saalfeld a.d. Spree Wiesbaden 33.221 € Koblenz Grafenrheinfeld 27.547 € Mainz Bamberg 24.190 € Dietzenbach 23.793 € Mähring Darmstadt Rockenhausen 16.124 € Wachenheim 12.949 € 11.877 € Mannheim Neumarkt Nordhausen 4.013 € Wörth Gschwend Geislingen an der Steige 0€ Stuttgart RHEINLAND - SACHSEN SACHSEN - SCHLESWIG - THÜRINGEN München PFALZ ANHALT HOLSTEIN
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN Eine Zirkusgeschichte von Sophia-Marie Luftensteiner
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 26 27 I. KAPITEL:SOMMERFERIEN beste Aussicht, man konnte die Wiesen überblicken, links bis zum Nachbarn schauen und rechts sogar bis Es war Ende Juni, die dritte Klasse war geschafft, und zur großen Straße. endlich begannen die Sommerferien. Mit ihren Zeugnis- sen in den Händen standen Leo und seine Freund*innen Leo träumte vor sich hin und schaute zur großen Straße. vor dem Schulgebäude. Alle redeten wild durcheinander: Auf dieser fuhr hin und wieder die Tierärztin mit ihrem "Wir fahren nach Italien!" ... "Wir nach Schweden!" ... Land Rover, der Milchtank oder der Viehhändler vorbei. "Ich mach mit meinem Onkel eine Kanutour." Viel Verkehr gab es sonst nicht. Aber in diesem Moment war die Straße voller bunter Fahrzeuge. Traktoren und Leo verabschiedete sich hastig. Er wollte der Frage Unimogs zogen Anhänger, aber keine Güllefässer oder aus dem Weg gehen, wo er in der freien Zeit hinfahren Ladewagen, wie sie sein Vater auf dem Hof hatte. Es würde. Er würde zu Hause bleiben, wie jede Sommerfe- waren bunte Wohnwagen, alte Materialhänger und rol- rien, den Badesee im Nachbarort besuchen und durch lende Tierkäfige. die Wiesen und Felder streifen. Seine Eltern hatten einen Bauernhof und im Sommer stand die meiste Leo wusste sofort: Die Sommerferien waren gerettet - Arbeit an. Er hatte seinen Vater schon im Ohr: "Urlaub - der Zirkus kam. Er rief zu Hause an und sagte, dass er jetzt? Und wer soll die ganze Arbeit machen?" Da er die erst am Nachmittag nach Hause kommen würde. So Antwort kannte, fragte er schon lange nicht mehr. Ins- schnell er konnte, lief er ins Dorf, und als er ankam geheim wollte Leo ohnehin gerne zu Hause bleiben, weil staunte er nicht schlecht. Die Wiese neben dem Markt- es dort im Sommer besonders schön war. Die ständige platz war bereits voller Leben. als er ankam staunte er Fragerei seiner Freund*innen fand er allerdings doof. nicht schlecht. Die Wiese neben dem Marktplatz war be- reits voller Leben. Leo liebte die Wiesen und Felder, die Bäche und Wälder, die sich rund um ihren Hof erstreckten. Er saß wie jeden Nachmittag an seiner Lieblingsstelle, einem Felsvor- sprung am Waldrand. Von diesem Platz hatte man die
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 28 29 Bunte Zirkuswagen wurden rangiert helfen könnte. Oder aber sie hätten nichts dagegen und Tiere hektisch herumgeführt. seine Schwestern würden es erfahren, und dann woll- Plakate geklebt, das Zelt aufgestellt, ten Annika, Lene oder Lisa sicher mitkommen. Er wollte die Zirkuswelt auf diese Wiese gestellt. unbedingt vermeiden, dass er sie mitnehmen müsste. Er Menschen, in bunten Kleidern, würde also besser erstmal heimlich zum Zirkus gehen. Esel, die sich verweigern. Ein Sprachengewirr, ein Jubel, ein Lärm, Als er im Dorf ankam, war er beeindruckt. Das große wenn der Zirkus kommt, Zirkuszelt war schon aufgebaut und die Zirkuswagen bleiben die Kinder nicht fern waren in einem Halbkreis darum drapiert. Er setzte sich neben einen der Wagen und schaute dem Seiltänzer und der Feuerschluckerin beim Üben zu. Und so wurde auch Leo magisch vom Zirkus angezogen. Auf der Wiese standen bunte Zirkuswagen, Zirkustiere Es wurde jongliert, Einrad gefahren und mit bunten wurden herumgeführt, und Leo hörte viele unterschied- Tüchern getanzt. Schwindelig wurde Leo jedoch, als er liche Sprachen. Er versteckte sich hinter dem Kiosk und den Akrobat*innen zusah. Oben auf einer drei Menschen beobachtete das ganze Treiben fasziniert. Die Kirchen- hohen Pyramide stand ein Mädchen und lachte. glocken holten ihn schließlich in die Wirklichkeit zurück. Es war schon fünf Uhr. Er musste schnell nach Hause Leo holte schnell sein Handy aus der Tasche und machte und seiner Mutter im Stall helfen. Er war wie immer spät ein Foto. Tasche und machte ein Foto. dran. Wie konnte dieses Zirkusmädchen nur so mutig sein? Am nächsten Tag schlich er sich nach dem Frühstück Leo sah ihr voller Bewunderung zu und stellte sich vor, vom Hof. Er hatte zu Hause nicht erzählt, dass er selbst mal dort oben zu stehen. Jemand tippte ihm auf gestern den Nachmittag beim Zirkus verbracht hatte. die Schulter und er erwachte aus seinen Träumereien. Er befürchtete, dass seine Eltern etwas dagegen hät- Das Zirkusmädchen, das gerade noch oben auf der ten, immerhin gab es zu Hause genug Arbeit, bei der er Pyramide gestanden hatte, stand jetzt neben ihm und
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 30 31 lächelte ihn an. Leo musterte sie neugierig. Sie hatte gen konnten, sprachen sie meistens Englisch. Leo ärgerte wilde rote Haare und war einen Kopf größer als er. sich, dass sie in Englisch erst die Tiere und die Farben „Isch haiss Luzi, bin von Zirkus. Mein Mama gelernt hatten. „Wenn ich es könnte, dann könnte ich Annaïs ischt unsera Zirkusdirektörin. Bist du von diese jetzt ein wenig mit den Zirkusleuten sprechen“, dachte Dorf?“ Leo lächelte. „Ich heiße Leo und wohne etwas er und nahm sich vor, gut Englisch zu lernen. Er hatte so außerhalb vom Dorf auf einem Baunerhof.“ Da nahm viele Fragen über den Zirkus. Fu konnte glücklicherweise Luzi seine Hand und sie liefen gemeinsam los. Sie zeigte gut Deutsch und erzählte lustige Geschichten über das ihm alles: die Tiere, das Zirkuszelt, die Zirkuswagen. Zirkusleben. Immer wieder erzählte sie etwas in ihrer Sprache, und obwohl Leo sie nicht immer verstand, verstand er alles. Fu erklärte: „Viele der Wörter, die du nicht verstehst, Er schaute einfach ganz genau zu. sind auf Romnes. Das ist die geheime Sprache der reisenden Zirkusleute.“ Leo war verdutzt. Von dieser Sprache hatte er noch nie gehört. „Wo lernt ihr diese Sprache?“, fragte Leo. II. KAPITEL:DER ZIRKUS KOMMT „Wir lernen sie von klein auf im Zircus. Und wenn sie Von jetzt an schlich sich Leo jeden Tag vom Hof und be- jemand versteht, weiß man sofort, das ist auch jemand suchte den Zirkus. aus einem Zirkus“, erklärte ihm Fu. „Und wer es nicht versteht, ist ein Fiesel.“ Nach und nach lernte er die anderen Zirkusleute, den alten Tierdompteur Janusch und den Clown Fu kennen. Leo war also ein Fiesel, aber er wollte unbedingt alles Die wenigsten der Zirkusleute sprachen Deutsch. über den Zirkus wissen.” Einige von ihnen sprachen Italienisch, andere Russisch und wieder andere eine Sprache, die Leo gar nicht kann- “Diese Woche haben wir Donnerstag, Freitag und Sam- te. Damit sich die Zirkusleute untereinander verständi- stag noch unsere Nachmittagsshows um 17.00 Uhr.
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 32 33 Sonntag um 14.00 Uhr unsere große Abschluss- Leo nickte. Wenn er helfen konnte und gleichzeitig mit vorführung", erklärte Janusch. „Nach der Luzi unterwegs war, würde er natürlich sofort mitkom- Zirkusaufführung werden wir direkt abbauen, Montag men. Seine Eltern müssten ja nichts davon erfahren. früh geht die Reise dann schon weiter.“ Und ehe er es sich anders überlegen konnte, saß er mit Leo traf der Schlag. „Oh, schade!“, sagte er traurig. Fu, Janusch und Luzi im großen Zirkus-LKW. Die Lade- „Aber warum jetzt schon?“ Er hatte nicht darüber fläche war voller Zirkusplakate. Fu und Janusch würden nachgedacht, dass die Zirkusleute sein Dorf so schnell sie aufhängen. Leos und Luzis Aufgabe war es, von Ge- wieder verlassen würden. schäft zu Geschäft zu gehen, Handzettel auszulegen und welche an Passant*innen zu verteilen. Jetzt war es „Na ja, so ist das Zirkusleben. Immer eine Woche an tatsächlich sehr hilfreich, dass Leo dabei war, denn Luzis einem Ort, und dann heißt es zusammenpacken, abbauen deutsche Sätze waren so verquer, dass kaum jemand und weiterziehen“, erklärte der alte Dompteur. verstand, was sie wollte. „Und wohin diesmal?“, wollte Leo wissen. Leo übernahm also das Reden, und Luzi lächelte, dreh- te eine Pirouette nach der anderen, schlug ein Rad oder „Gar nicht weit von hier nach St. Nikola an der Donau“, machte einen Handstand. Zusammen waren sie ein un- sagte Fu. „Wir werden gleich schon mal hinfahren, um schlagbares Team und wurden schnell alle Handzettel Plakate aufzuhängen und Handzettel zu verteilen. Magst los. In der Eisdiele bekamen sie sogar eine Kugel Eis ge- du mit?“ schenkt, nachdem Luzi ein besonders schönes Rad ge- schlagen hatte. Leo zögerte. „Ich weiß nicht.“ Als sie in der Bäckerei waren, fragte der Bäcker di- „Es würde helfen, wenn noch jemand gut Deutsch spricht. rekt: „Wollt ihr das alte Brot für die Tiere haben?“ Leo Und Luzi kommt auch mit“, entgegnete Fu. war überfragt. Er wusste nicht genau, was Zirkustiere fraßen, aber ein bisschen altes Brot konnte sicherlich
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 34 35 nicht schaden. „Ja, gerne“, antwortete er. „Wir sind ab Sie liefen durchs ganze Dorf, bis sie endlich den roten Montag mit dem Zirkus hier im Ort, und kommen dann Zirkus-LKW fanden. Luzi erzählte aufgeregt, was ihnen vorbei.“ Er war richtig stolz. Der Verkäufer hatte ihn für passiert war. Janusch und Fu schauten sich traurig an einen richtigen Zirkusjungen gehalten. und schüttelten den Kopf. Würden sie wieder in ein Dorf kommen, wo sie nicht erwünscht waren? Um die Stim- Aber nicht in jedem Geschäft wurden sie so freundlich mung aufzuhellen, erzählte Leo noch schnell vom Ange- aufgenommen. Vor dem kleinen Supermarkt hatten sich bot des Bäckers. einige Leute versammelt, die eilig die Einkäufe einpack- ten, oder ein Schwätzchen hielten. Es war eine gute Ge- „Das lässt ja noch hoffen, dass wir hier in St. Nikola legenheit, ein paar Handzettel zu verteilen. Geübt sagte doch ne gute Zeit haben werden“, sagte Fu. Leo seinen Text auf, Luzi machte Akrobatik, und als sie grade anfangen wollten, lächelnd die Flyer zu verteilen, „Ja bestimmt“, entgegnete Leo. „Wir haben so viele kam der Ladenbesitzer herausgestürmt: Handzettel verteilt, und viele haben gesagt, dass sie gerne zur Aufführung kommen wollen. Schade, dass ich „Was macht ihr hier? Hier wird nicht gebettelt. Schaut, dann nicht mehr dabei bin.“ dass ihr fortkommt!“ „Ach papperlapapp, du reist einfach mit uns mit. Oder Leo wollte dem Mann gerade erklären, dass der Zirkus wer soll Montag das Brot vom Bäcker holen?!“, sagte Ja- ins Dorf komme, da polterte der weiter: „Jetzt ver- nusch und startete den LKW. schwindet und lasst euch ja nicht wieder blicken!“ Da es schon spät geworden war und Leo am Abend wie- Obwohl Luzi nicht alles verstand, was der Mann schimpf- der im Stall mithelfen musste, brachten die Zirkusleute te, wusste sie, was zu tun war. Sie nahm Leo an der ihn nach Hause. Er stieg jedoch schon in einiger Ent- Hand und die zwei liefen davon. Leo ahnte, dass Luzi so fernung vom Hof aus dem roten Zirkuslaster. Er wollte was nicht zum ersten Mal passierte. nicht, dass seine Schwestern erführen, wo er gewesen war. Und was seine Eltern wohl sagen würden, wenn sie
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 36 37 wüssten, dass er nicht im Wald spielen war, sondern im „Ja, genau. Und jetzt muss ich los.“ Zirkus? Und schon rannte Leo davon, die Felder hinunter, ein Abends lag Leo im Bett und zählte traurig die Tage. Stück durch den Wald, an der Lichtung bog er dann ab Übermorgen war schon Sonntag, und dann würde der und rannte zur großen Straße. Gerade als er sie er- Zirkus wieder abreisen. Ob Janusch es wohl ernst ge- reichte, fuhr der rote Zirkus-LKW vorbei. meint hatte, dass er mit nach St. Nikola reisen konnte? Janusch bremste scharf und machte die Tür auf. „Willst Die ganze Nacht träumte er vom Zirkus. Ob er wohl auch du wieder zum Zirkus? Dann steig ein.“ ein guter Artist wäre? Und was würde ihm im Zirkus am meisten Spaß machen? Worauf hatte er Lust? Auf Seil- Leo kletterte hastig in den LKW. Die Frage von letz- tanzen? Auf eine lustige Clownnummer? Oder würde er ter Nacht brannte ihm unter den Nägeln, und schon ein Jongleur werden? sprudelte es aus ihm heraus: „Darf ich wirklich mit euch nach St. Nikola reisen?“ Am nächsten Morgen wachte er früh auf und half seiner Mutter im Stall. Beim Frühstück packte er sich heimlich „Klaro, wenn du mit anpacken kannst. Zirkusleben ist Brote und Käse ein, damit er mittags was zu essen hatte. kein Zuckerschlecken“, sagte Janusch. „Wo bist du eigentlich den ganzen Tag?“, fragte Leos „Und deine Eltern müssen es natürlich erlauben.“ Mutter interessiert. Die freudige Erregung, die gerade in Leo aufsteigen „Ich? Äh, hmm“, stotterte Leo. wollte, wurde durch den letzten Satz wieder zunichte gemacht. Seine Eltern! Daran hatte er noch gar nicht ge- „Spielst du den ganzen Tag mit deinen Freunden im dacht. Seine Mutter dachte, er würde im Wald spielen, Wald?“ doch jetzt wollte er mit dem Zirkus mitfahren?
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 38 39 Leo brauchte eine gute Strategie, um seine Eltern zu dass dieses Gespräch zu Ende ging. Er holte tief Luft überzeugen.„Halt an“, bat Leo. „Ich lauf heim und frag und wollte gerade ansetzen, da sagte seine Mutter: „Ich meine Eltern, ob ich mitfahren darf. Bis morgen!“ habe gesehen, dass im Dorf ein Zirkus steht. Wie wär’s, wenn wir morgen Nachmittag alle zusammen einen Aus- Und schon war er aus dem LKW gesprungen, lief durch flug machen?“ den Wald und über die Felder zurück nach Hause. Dort angekommen, ging er als erstes in den Stall: Die Kälber- Leos kleine Schwes-tern waren begeistert: „Au ja, in den boxen hätte er schon seit Tagen ausmisten sollen. Also Zirkus!“ „Anna war auch schon da. Es soll toll sein.“ holte er sich Schaufel und Schubkarre und machte sich an die Arbeit. Während er eine Box nach der anderen „Zirkus, Zirkus, Zirkus!“ ausmistete, kam sein Vater vorbei, sah ihn und nickte wohlwollend. „Aus dir wird mal ein guter Bauer.“ Gegen das jubelnde Geschrei von Annika, Lene und Lisa hatte Leo keine Chance, und als sich die Mädchen all- Leo musste ein Kichern unterdrücken, ließ sich aber mählich beruhigten, stand sein Vater auf und ging in den nichts anmerken. Im Anschluss half er seiner Mutter Stall. auf dem Kartoffelacker Unkraut zupfen und vor dem Abendessen noch seinem Vater eine neue Regenrinne Auch Leo freute sich. Wenn sie erstmal im Zirkus waren, am Stall montieren. Gleich gab es Abendessen. Das war würde sich bestimmt eine gute Gelegenheit ergeben, um Leos Gelegenheit zu fragen. Danach würden seine Eltern seine Eltern zu fragen. in den Stall gehen. Und wenn seine Eltern später mit dem Stall fertig waren, waren sie meist müde und woll- ten in Ruhe auf dem Sofa sitzen. Wie gewöhnlich ging es beim Abendessen erst einmal darum, welche Arbei- ten am nächsten Tag anstanden, wann das neue Kalb kommen würde und dass der Nachbar schon heute mit dem Mähen begonnen hatte. Leo wartete sehnsüchtig,
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 40 41 III. KAPITEL:DIE ZIRKUSSHOW gesteckt und mit einer Blume versehen. Dazu trug sie eine rote Clownsnase. Sie sah lustig aus. Leos Schwes- Leo wachte am Sonntag schon sehr früh auf. Heute tern sahen sie mit offenem Mund an. würde er mit seiner Familie in den Zirkus gehen. Den ganzen Vormittag war Leo bereits mächtig aufgeregt. In gebrochenem Deutsch sagte Luzi: „Isch bin so sehr Nach dem Mittagessen war es so weit. Die ganze Familie aufgeregnet.“ Und schon machte sie einen Hand- machte sich auf. Schon von weitem konnte man die fröh- standüberschlag und ein Rad und verschwand im Zirkus- liche Zirkusmusik hören. Leo und seine Familie stellten getümmel. sich in der Schlange am Kassenwagen an. „Leo, woher kennen dich die Menschen?“, fragte ihn Annaïs, die Zirkusdirektorin, saß an der Kasse. Sie be- seine Mutter überrascht. „Du hast diese Woche wohl grüßte Leo freudig: „Schön, dass du da bist! Und du hast nicht im Wald, sondern im Zirkus verbracht? Darüber deine Familie mitgebracht.“ reden wir noch.“ Leo wollte alles erklären, aber seine Antwort ging unter. Leo lächelte verlegen. Annaïs drückte ihm Freikarten in Die Zirkusglocke läutete, und alle Zuschauer*innen die Hand. Ehe er oder seine Eltern reagieren konnten, stürmten ins Zirkuszelt, um ihre Plätze einzunehmen. wandte Annaïs sich schon den Nächsten in der Schlange zu. Leo saß auf seinem Platz und dachte angestrengt darüber nach, wie er seine Eltern nun am besten fragen Seine Mutter schaute auf die Karten. „Logenplätze! Das sollte. Aber in dem bunten Treiben konnte er sich kaum sind doch die teuersten Plätze im Zelt. Wie kommst du konzentrieren, er vergaß seine Gedanken und ließ sich denn dazu?“ von der Zirkusshow verzaubern. Gerade als Leo anfangen wollte, sich zu erklären, kam Leo kam aus dem Staunen nicht mehr heraus: fliegende Luzi angelaufen. Sie hatte ein blaues Kleidchen und Menschen am Trapez, Janusch mit seinen dressierten einen grünen Mantel an. Ihre Haare waren wild hoch- Kamelen, Ziegen und Ponys, Jolly der Jongleur.
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 42 43 Und immer wieder kam Fu in die Manege und machte lus- „Ja, und die Artistinnen am Trapez, die waren ja mutig.“ tige Clownseinlagen. Endlich war Luzi dran. Zur Vorbe- reitung wurde ein Drahtseil in der Manege gespannt. „Das Trapez war doch bestimmt fünf Meter hoch!“ Würde Luzi darüber balancieren, ohne runterzufallen? Leo hielt den Atem an. Aber Luzi balancierte nicht, sie Leo hörte allerdings nicht zu. Er musste jetzt seine El- schwebte förmlich über das dünne Drahtseil. Sie lief vor- tern fragen. Eine bessere Gelegenheit gab es nicht. wärts und rückwärts, hüpfte und tanzte, ja, sie konnte sogar auf einem Einrad über das Seil fahren. „Mama, Papa, kann ich eine Woche mit den Zirkusleuten mitfahren?“, fragte er zögernd. Als Luzi ihre Seiltanzdarbietung unter tosendem Applaus beendet hatte, machte sie mit einer Jonglagenummer „Ich war die ganze Woche jeden Tag im Zirkus und habe weiter. Sie spielte und jonglierte mit ihren Keulen. Ihre mich mit den Zirkuskindern angefreundet! “ Show war so verrückt und komisch, dass das ganze Pub- likum laut lachte. Sein Vater schaute verdutzt, und seine Mutter antwor- tet verärgert: „Sowas hab ich mir schon gedacht.“ Zum Abschluss der Show kündigte Annaïs das große Leo wiederholte die Frage, nun etwas energischer: Finale an. Alle Artist*innen kamen nochmal in die Ma- „Kann ich eine Woche mit den Zirkusleuten mitfahren? nege und verabschiedeten sich vom Publikum. Langan- Es ist auch nicht weit, nur bis St. Nikola.“ haltender Beifall und heitere Jubelrufe flogen ihnen ent- gegen. „Das geht nicht, man kann nicht einfach mit dem Zirkus mitfahren“, entschied seine Mutter. Leo und seine Familie verließen das Zirkuszelt. Seine Schwestern schnatterten laut durcheinander. Genau in diesem Moment kam Janusch dazu. „Doch, doch, wir könnten ihren Jungen gut brauchen. Er ist „Hast du gesehen? Der Jongleur konnte fünf Keulen tüchtig und versteht sich super mit den anderen Zirkus- jonglieren!“ kindern. Eine Woche könnte er schon mitkommen.“
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 44 45 Liebe*r Leser*in: Leo durfte nicht mit. Er war wütend. Er hatte sich so Was meinst du? Darf Leo mit dem Zirkus mitreisen? sehr gewünscht eine Woche im Zirkus zu verbringen. Wenn du der Meinung bist, Leos Eltern erlauben Mit Tränen in den Augen schrie er seine Eltern an: „Nie ihm, mit dem Zirkus nach St. Nikola zu fahren: fahren wir in den Sommerferien weg, weil ihr keine Zeit dann lies weiter auf Seite 47! habt, und alleine darf ich auch nicht wegfahren. Das ist unfair!“ Wenn du der Meinung bist, Leos Eltern erlauben nicht, dass er mit dem Zirkus nach St. Nikola fährt: „Nächste Woche ist Heuernte, da müssen alle helfen. dann lies weiter auf Seite 45! Das weißt du doch“, versuchte ihn seine Mutter zu besänftigen. „Außerdem kommen nächstes Wochenende Ben und Clara zu Besuch. Wenn wir bis zum Wochen- ende mit der Ernte fertig sind, dann können wir alle ge- meinsam nochmal in St. Nikola in den Zirkus gehen. Wie wäre das?“ Das war ein kleiner Trost. Auf den Besuch von Ben und Clara hatte er sich wirklich schon gefreut. Zum Abschied klopfte Fu ihm auf die Schulter und verriet: „Leo, wir werden uns im Winter öfter sehen, als dir lieb ist. Wir haben unser Winterquartier ganz in der Nähe von eurem Hof.“ Leo freute sich über diese tolle Neuigkeit und ver- suchte, seine Enttäuschung zu verbergen. Immerhin würde er Luzi und die anderen Zirkusleute bald wieder-
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 46 47 sehen. Er suchte mit seinen Augen das Zirkusgelände ab, „Bitte, Mama“, bettelte Leo, „wir fahren ja auch nicht schließlich wollte er sich von Luzi verabschieden. in den Urlaub, und alle meine Freunde fahren weg.“ Leo wusste, dass das ein gutes Argument war. Seine Eltern Das Zirkusmädchen saß verträumt vor einem Zirkuswa- waren zwar streng, und er musste viel zu Hause helfen, gen und machte Musik. aber sie wollten auch, dass er schöne Sommerferien hatte. Leo machte ein paar Schritte auf den Wagen zu und lauschte ihr. „Ich kann leider nicht mit euch reisen“, Janusch und Leo’s Eltern unterhielten sich unter sechs erklärte er. „Aber ich komme euch bestimmt wieder be- Augen. Dann entschieden seine Eltern: „Na gut, aber nur suchen.“ eine Woche.“ „Isch freue misch drauf“, sagte Luzi. „Bis bald, Leo!“ Leos Vater fügte zu Janusch gewandt hinzu: „Sie haben ein Auge auf meinen Sohn, nehme ich an?“ „Ja, bis bald“, sagte Leo. „Bis bald, Zirkusmädchen!“ „Selbstverständlich“, entgegnete Janusch. „Im Zirkus sind wir eine Familie und schauen aufeinander.“ Leo traute seinen Ohren nicht. Er durfte mitfahren. ENDE. „Jippieh! Danke, Mama, danke, Papa“, sprudelte es aus ihm heraus. „Wunderbar“, sagte Janusch. „Morgen um neun Uhr ist Abfahrt mit den ersten Wagen. Wäre gut, wenn du dann da wärst.“
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 48 49 IV. KAPITEL:MIT DEM ZIRKUS AUF TOUR Fährst du mit mir?“ Leo kletterte in den LKW und sie fuhren nach St. Nikola. Am nächsten Tag wachte Leo richtig früh auf. Er war so aufgeregt! Schnell suchte er seine Sachen zusammen. Als sie ankamen, stieg Leo schon im Dorf aus. Er wollte Seine Mutter packte ihm noch Wurst, Käse und Brot ein direkt zum Bäcker gehen, um das alte Brot abzuholen. und gab ihm etwas Taschengeld. Nach dem Frühstück Beim Bäcker bekam er zwei große Tüten voller Back- ging es los, sodass Leo pünktlich um neun Uhr am Zirkus- waren. platz ankam. Er verabschiedete sich von seiner Mut- ter und versprach, sich zu melden, sollte er früher nach „Freitag kannst du noch mal wiederkommen, um Nach- Hause wollen. „Wir kommen dann nächsten Sonntag schub zu holen“, sagte der Bäcker. Leo bedankte zur Aufführung und holen dich ab“, sagte sie und winkte sich und kaufte von seinem Taschengeld ein paar zum Abschied. Süßigkeiten. Das Gelände war wie verwandelt. Janusch, Fu und Luzi Als er schließlich voll bepackt das Zirkusgelände er- trugen heute keine bunten Kostüme, sondern Arbeits- reichte, waren schon weitere Wagen angekommen. kleidung. Das große Zelt war schon abgebaut, und die Einige Männer waren dabei, die Größe des Zirkuszelts Esel, Lamas und Ponys in ihren Transportwagen un- abzumessen, um zu wissen, wo sie die Wagen hinstel- tergebracht. Luzi wickelte Stromkabel auf. Janusch und len und das Tiergehege aufbauen konnten. Leo setze sich Fu rangierten Zirkuswagen vom Platz. Die ganze Dorf- auf die Wiese und aß seine Süßigkeiten. straße war voll mit Traktoren und bunten Zirkuswagen. Leo holte sein Handy aus dem Rucksack und machte ein Nach einer Weile rief einer der Artisten ihm zu: paar Fotos. „Hey, steh auf! Pause gibt es erst später. Wir müssen „Guten Morgen, Leo“, rief Janusch aus seinem Tier- den gelben Wagen ein paar Meter mit der Hand schieben transporter heraus. „Ich fahr direkt zum neuen Platz, und brauchen dafür viele Helfer.“ damit die Tiere nicht zu lange drinnen eingesperrt sind.
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 50 51 Wie vom Blitz getroffen sprang Leo auf und lief zu einem halten und das Zugfahrzeug einweisen. Wie man einen der gelben Zirkuswagen. Anhänger ankuppelt, wusste er nur zu gut. Schließlich hatte er das zu Hause schon oft gemacht. „Nein, nicht zu dem Wagen. Komm hier rüber“, rief ihm der Artist zu. Endlich wurde der große Zeltauflieger geöffnet. Leo war das erste Mal dabei, als ein Zirkuszelt aufgebaut wurde. Am gelben Küchenwagen standen bereits drei Leute und Zuerst wurden Zeltstangen, Planen, Seile, Werkzeug und versuchten, ihn zu schieben. Leo wurde rot und schämte der Zeltmast aus dem LKW ausgeladen. Leo half Janusch sich, zum falschen Wagen gelaufen zu sein. dabei, die Eisenanker fürs Zelt einzuschlagen, alle paar Meter einen. Er fühlte sich wie in einem großen Ameisen- Als er ankam, stellte sich der Artist vor: „Ich bin Jon, haufen. Alle Zirkusleute liefen durcheinander und trugen und du bist Leo, nicht wahr?“ Material von A nach B. Nur Luzi konnte er leider nicht finden. Leo lächelte schüchtern und nickte stumm. Ehe sich Leo versah, stand er mit sieben anderen Leu- Mit aller Kraft versuchten sie, gemeinsam den Wagen zu ten am Mast und sicherte ihn, als dieser hochgezogen bewegen. Es schien unmöglich zu sein. Sie schoben und wurde. Sobald der Mast sicher stand, wurde das Zelt- schoben. dach am Mast hochgezogen. Leo staunte. Jetzt sah es schon fast wie ein richtiges Zirkuszelt aus. „Auf Drei noch mal alle zusammen!“, rief Jon. „Eins – zwei – drei!“ Endlich fand er Luzi. Sie war dabei die Sturmstan- gen vom Zelt festzubinden. Sie zeigte ihm den richti- Und tatsächlich, nun bewegte sich der Küchenwagen, gen Knoten. Während sie Stange für Stange festbanden, und sie rangierten ihn auf einen Platz am Eingang des hörten sie von draußen lautes Lachen. Sie gingen raus, Geländes. Als nächstes half Leo Jon, weitere Wagen auf um nachzusehen. Jon, Janusch und viele andere standen das Grundstück zu fahren. Er musste die Deichsel fest- draußen und zeigten lachend aufs Zeltdach. Sie hatten
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 52 53 vergessen, die Fahne auf den Mast zu setzen, bevor er seine Familie und bekam etwas Heimweh. Über diesen hochgezogen wurde. Das konnte natürlich nicht so blei- Gedanken musste er eingeschlafen sein. Denn als er auf- ben. Was war ein Zirkuszelt ohne Fahne? Kurzentschlos- wachte, dämmerte es bereits. sen kletterte Jon, der mutige Akrobat, aufs Zeltdach und hisste die Fahne. Er bekam von den unten Stehenden Leo kletterte leise aus seinem Wagen und schlenderte einen tosenden Applaus, als ob er einen doppelten Salto über das Zirkusgelände. Noch schliefen alle und man gesprungen wäre. konnte nur Schnarchen aus dem einen oder anderen Wagen hören. Auch die Tiere standen noch ruhig in Die Fahne auf dem Zelt wehte im Wind. Leo war begeis- ihrem Gehege. Leo setze sich vor seinen Wagen und tert und machte ein Foto. packte das Essen aus, das ihm seine Mutter mitgegeben hatte. Während er frühstückte, wachten nach und nach auch die anderen Zirkusmenschen auf. Fu schlenderte verschlafen in einem grün-blau karier- V. KAPITEL:LEO LUFTIKUS ten Pyjama an Leos Wagen vorbei. „Guten Morgen, Leo. Gestern bist du früh eingeschlafen, was? War ja auch ein Leo durfte diese Woche im Zirkuswagen von Luzis anstrengender Tag. Gut, dass du schon wach bist. Um Bruder Rafi schlafen. Rafi besuchte in dieser Woche acht Uhr treffen sich alle Zirkuskinder zum Training vor nämlich seine Verwandten beim Circus Carlo. Und so dem Zelt. Da kannst du gerne mitmachen. Alles klar?“ hatte Leo einen eigenen kleinen Zirkuswagen mit Hoch- bett und Schrank. Im Wagen gab es Strom und sogar ein „Alles klar!“, sagte Leo und freute sich auf das Zirkus- kleines Waschbecken mit fließendem Wasser. training. Er durfte mit den anderen Zirkuskindern mittrainieren! Jetzt würde er ein richtiger Artist werden. Er packte seine Sachen aus und fühlte sich plötzlich einsam im fremden Wagen. Als er sich aufs Bett setze, merkte er, wie müde und erschöpft er war. Er dachte an
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 54 55 Gemeinsam mit Jolly, dem gutaussehenden Jongleur, Liebe*r Leser*in: spielten die Zirkuskinder ein paar Spiele und wärmten Was meinst du? Welche Zirkusdisziplin soll Leo sich auf. erlernen? „Jetzt geht ihr bitte in eure Gruppen und arbeitet an euren Nummern“, forderte Jolly sie anschließend auf. Soll Leo Seiltanzen lernen? Dann lies weiter auf Seite 56! Dann wandte er sich an Leo.„Hast du auch Lust, eine Zirkusdisziplin kennenzulernen und Sonntag in unserer Soll Leo Jonglieren lernen? Aufführung mitzumachen?" Dann lies weiter auf Seite 58! „Ja klaro!", sprudelte es Leo heraus. Nach einer kurzen Soll Leo Trampolin springen lernen? Pause fügte er verlegen hinzu: „Aber was denn? Ich bin Dann lies weiter auf Seite 59! doch kein Artist." „Das ist kein Problem!“, erwiderte Jolly. „Du hast doch die ganze Woche Zeit, um was zu lernen! Du kannst mit Luzi Seiltanzen ausprobieren, mit Jon Trampolin sprin- gen oder mit mir Jonglieren üben.“ Leo überlegte, aber er konnte sich nicht entscheiden. Es klang alles so spannend.
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 56 57 Leo entschied sich fürs Seiltanzen. Dann konnte er die Leo war niedergeschlagen und unsicher. Ob Seillaufen ganze Woche mit Luzi verbringen und ihr zusehen, wie das Richtige für ihn war? sie über das Drahtseil tanzte. Wenn er im Wald spielte, kletterte er auch oft hoch in Luzi erklärte ihm, was er tun sollte, denn er sollte ja die Bäume und balancierte von einem Ast zum anderen. nicht nur zuschauen, sondern selbst über das Seil balan- Aber das Seil war viel dünner als so ein Ast, und es gab cieren. keine Zweige zum Festhalten. „Masch dich grade und stricke dein Arme zum Seite. Leo versuchte es noch mal, denn er wollte sich vor Luzi Dann vorsichtig: Schritt um Schritt. Gut? Verstanden?“, auch nicht so blöd anstellen. Er wurde mit der Zeit etwas fragte Luzi. sicherer auf dem Seil, aber wohl fühlte er sich nicht. Leo kletterte auf das Seil und versuchte die ersten Daher entschied er sich, doch eine andere Zirkusdisziplin Schritte. Luzi stand neben ihm und hielt ihn fest. Leo zu lernen. Er verabschiedete sich traurig von Luzi. Er klammerte sich mit seiner Hand fest an ihre und setze hatte sich so gefreut, eine Woche zusammen mit ihr zu einen Schritt vor den anderen. verbringen. „Kopf hoch“, sagte Luzi. „Und ganz viele Körperspan- nung, nicht wie eine schlaffe Kartoffelsack.“ Liebe*r Leser*in, Was nun? Luzi musste Leo gut festhalten, damit er nicht herunter- fiel. Leo fühlte sich auf dem wackeligen Seil nicht sehr si- Soll Leo nun mit Jolly Jonglieren lernen? cher. Endlich kam er am anderen Ende des Seils an und Dann lies weiter auf Seite 58! kletterte aufs sichere Podest. Oder: Soll Leo nun mit Jon Trampolin springen? Luzi sagte: „Das war schon ganze gut. Aber du bist noch Dann lies weiter auf Seite 59! viel viel üben!“
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 58 59 Leo entschied sich fürs Jonglieren. In der Zirkusshow Leo stand im Schatten des großen Zirkuszelts und hatte Jolly mit drei Stäben, vier brennenden Fackeln und schaute Jon und den anderen Artist*innen beim Trampo- fünf Keulen jongliert. Leo war begeistert von Jolly und linspringen zu. Sie machten atemberaubende Sprünge: seinen Kunststücken. Er war so geschickt und ließ beim Saltos, Schrauben und Überschläge. Bei manchen Sprün- Jonglieren keinen Ball zu Boden fallen. Das wollte er gen hielt Leo vor Aufregung den Atem an. Jon sprang auch können! einen doppelten Salto. Leo applaudierte. Jon grinste zu ihm herüber und verbeugte sich lachend. „Magst du Leo fing erst mal mit nur einem Ball an, später kam ein auch mal springen?“, rief er ihm zu. zweiter dazu. „Werfen – werfen – fangen – fangen“, sagte er sich immer wieder, um so den Rhythmus vom „Au ja!“, antwortete Leo. „Lauf erst mal drei Runden Jonglieren im Kopf zu haben. Die meiste Zeit war Leo um den Platz, um dich aufzuwärmen“, trug ihm Jon auf. jedoch nicht mit Jonglieren beschäftigt, sondern damit, „Und dann geht’s los!“ den wegrollenden Bällen hinterher zu hechten. Er wollte „Alles klar“, sagte Leo und lief los. Als er fertig war, schon fast aufgeben, aber plötzlich klappte es besser. bekam er von Jon ein paar Tipps und Hinweise, worauf er beim Springen achten sollte. Leo durfte nun auch noch weitere Jongliergeräte aus- probieren. Er versuchte sich im Diabolo-Spielen und „Der Anlauf zum Trampolin darf nicht zu schnell sein, Poi-Swingen. Es machte ihm Spaß, aber er sehnte sich sonst bist du aus der Puste. Er darf aber auch nicht zu nach mehr Aktion. Ernüchtert stellte Leo außerdem langsam sein, dann hast du keinen Schwung. Du musst fest, dass es viel Übung brauchte, um so gut wie Jolly also ein Tempo für den Anlauf wählen, in dem du aus zu werden. Aber so lange würde Leo wohl nicht durch- dem Laufen mit voller Power direkt ins Trampolin sprin- halten. Er bedankte sich bei Jolly für das Training und gen kannst. Im Trampolin landest du dann mit beiden lief zu den Trampolinspringer*innen. Füßen gleichzeitig,“ erklärte ihm Jon. Leo hörte genau zu und versuchte, sich alles zu merken.
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 60 61 Jetzt durfte er springen. Er konzentrierte sich, nahm Beim Abendessen erzählte Jon den anderen Zirkusleuten Anlauf und sprang mit beiden Füßen fest ins Trampolin. von Leos Erfolg beim Trampolinspringen. „Er wird Sonn- Das Trampolin schleuderte ihn hoch, und Leo flog einige tag in unserer Nummer mitmachen. - Jetzt brauchst du Meter durch die Luft, bis er schließlich auf der weichen nur noch einen Künstlernamen“, sagte er an Leo ge- Matte landete. wandt. „Wow!“, rief er laut. War das ein Gefühl! „Nimme Leo Luftikus?“, schlug Luzi vor. „Gar nicht schlecht für den Anfang“, sagte Jon. „Leo Luftikus?“, wiederholte Jon. „Ja, das ist ein guter Name für einen Trampolinspringer.“ Voller Elan übte Leo Rollen, Überschläge und Saltos. Er sprang sogar durch einen Reifen. „In der Aufführung Die Woche verging wie im Flug. Leo übte jeden Tag zünden wir den Reifen an“, scherzte Jon. fleißig seine Trampolinsprünge, spielte mit den Zirkus- kindern und schaute Luzi beim Seillaufen zu. Jeden Leo lachte ein bisschen erschrocken und wusste nicht, Abend halfen Luzi und er außerdem Janusch, die Tiere ob es wirklich nur ein Spaß war. Die Zirkusleute kamen zu füttern und den Stall auszumisten. Es machte eine schon auf allerhand verrückte Ideen. Menge Spaß, gemeinsam mit Luzis die Esel, Pferde, Zie- gen und Lamas zu versorgen. Die Stallarbeit kannte er „Du springst wirklich gut“, lobte ihn Jon am Ende von zu Hause. Luzi war beeindruckt, wie gut Leo mit den des Trainings. „Wenn du willst, kannst du bei der Tieren umgehen konnte. Aufführung am Sonntag in unserer Nummer mitmachen.“ Und plötzlich war es schon Sonntag. Am Nachmittag „Sehr gerne“, antwortete Leo und freute sich, endlich stand die große Aufführung an und seine Familie würde etwas gefunden zu haben, das ihm richtig Spaß machte. kommen. Den ganzen Tag über war Leo nervös. Bei der Vorstellung, gleich in der Manege zu stehen, wurde es ihm ganz mulmig, und sein Magen verkrampfte sich.
LEO UND DAS ZIRKUSMADCHEN 62 63 „Mama und Papa werden Augen machen, wenn sie mich hang. Leo konnte vor Lampenfieber und Aufregung kaum in der Manege sehen“, dachte Leo aufgedreht. denken. Am Vormittag musste Leo noch mal richtig mit anpacken. Auch Luzi wartete hinter dem Vorhang auf ihren Auf- Das Zirkusgelände wurde für die kommenden Zirkus- tritt. Sie wünschte ihm Glück und spuckte ihm mit einem gäste vorbereitet. Es wurde aufgeräumt, Bänke wurden „Toi toi toi“ über die Schultern. aufgebaut, Getränke kühl gestellt und Popcorn wurde gemacht. Leo und Luzi waren damit beschäftigt, alle Bevor er antworten konnte, kündigte die Zirkusdirek- Tiere zu striegeln. torin schon die Trampolinnummer an: „Meine Damen und Herren, sehr verehrtes Publikum“, hörte Leo Annaïs Als alles erledigt war, fingen die Artist*innen an, sich sagen, „die nächste Zirkussensation steht schon für Sie auf ihren Auftritt vorzubereiten. Sie wärmten sich auf, bereit: die Trampolinspringer. Begrüßen sie mit einem zogen ihre Kostüme an und schminkten sich. Leo machte kräftigen Zirkusapplaus ‚The flying brothers‘ und ‚Leo ein paar Fotos. Luftikus‘!“ Mit der Zeit wurde er immer aufgeregter und wusste Leo lief mit den anderen Artisten in die hell erleuchtete nicht genau, was er tun sollte. Was, wenn er beim Auf- Manege. Die Zirkusband spielte ein rockiges Lied. Es tritt hinfiel? Was sollte er anziehen? Und sollte er sich roch nach Popcorn und Sägespänen. schminken lassen? Er wartete am Rand, bis er dran war. Sein Hände waren Er schaute genau, was die anderen Zirkuskinder feucht vor Aufregung. machten und entschied sich für ein paar bunte Kringel um die Augen. Danach zeigte ihm Luzi, welches Kostüm Jetzt war es so weit: Er nahm Anlauf, sprang mit voller er bei der Show anziehen sollte. Wucht ins Trampolin und machte einen Salto. Er landete sogar wieder auf den Füßen. Das Publikum klatschte, Der Rest des Sonntags verflog im Nu. Jetzt stand Leo mit und Leo verbeugte sich stolz. den anderen Trampolinspringern bereits hinter dem Vor-
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