Theater jetzt! - Theaterfreunde ...
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AUSGABE 8 / Februar bis März 2020 Theater jetzt! DAS MAGAZIN DES LANDESTHEATERS MOMENTUM / Foto © Jochen Quast RLICHE FINS- EM IER EN : DE R JÜN GS TE TAG +++ DE R KLEINE HORRORLADEN +++ DIE LÄCHE PR ER- HO ME VID EO +++ KO NZ ERT -HI GH LIG HT MIT RADIOAUFZEICHNUNG +++ INT TERNIS +++ ICH VIEW MIT STARTENOR ZORAN TODOROV NEU IM SPIELPLAN MOMENTUM Schauspiel von Lot Vekemans
VORWORT Sehr verehrtes Publikum, eine zentrale Premiere der Jubiläums- mit dem wichtigen Thema Cyber- spielzeit steht unmittelbar bevor: mobbing auseinander (Premiere: 5.3., DER JÜNGSTE TAG, die Oper des eng Regie: Konstanze Kappenstein). mit Detmold verbundenen Komponis- Die große Neuheit der Jubiläumsspiel- ten Giselher Klebe, erlebt am zeit ist das JUNGE MUSIKTHEATER, 7. Februar auf der Bühne des Landes- auch dazu mehr Informationen im theaters ihre Premiere. Das musika- Heft. lisch und inhaltlich starke und gut in Begeistert reagierten unsere jungen Foto © A. T. Schaefer unsere Zeit passende Werk wird vom Leitungsteam unserer Eröffnungsp- Sänger*innen aus dem Opernstudio remiere »Faust« einstudiert: General- auf den Meisterkurs von Startenor musikdirektor Lutz Rademacher, Jan ZORAN TODOROVICH , der im Inter- Eßinger (Regie), Sonja Füsti (Bühne) view erzählt, wie schwer es für ihn und Nora Johanna Gromer (Kostüme). selbst war, bis er mit Hilfe der richti- gen Lehrer zu seiner Stimme fand. Das kommende Schauspiel-Musical Georg Heckel DER KLEINE HORRORLADEN Nun freuen wir uns darauf, dass Indendant (Premiere am 6.3.) wird ebenfalls sich das Landestheater am 15. Feb- von einem bereits in Detmold gut ruar in einen der schönsten Ballsäle bekannten Regisseur inszeniert: Götz Deutschlands verwandelt, und weisen Hellriegel (»The Addams Family«). Er Sie schon jetzt auf die nächste und wird die freundlich-unheimliche Zim- letzte große Jubiläumsfeierlichkeit merpflanze Audrey Zwo für uns zum hin: Das DÎNER BLANC am 23. Mai Wachsen bringen. vor dem Landestheater mit einem Showprogramm unter freiem Himmel Erfreuliches gibt es im Bereich des und stimmungsvoller Lightshow am Jungen Theaters zu berichten: Ab späteren Abend. Seien Sie mit ihrem Februar gelten die Eintrittskarten des Picknickkorb dabei und feiern Sie mit Jungen Theaters als Fahrtberechti- uns! gung für den Öffentlichen Nahverkehr. Dank der Förderung der Wirtschafts- junioren werden drei Schulen eine Ihr Schulvorstellung von HOMEVIDEO und einen dazu konzipierten Work- shop erhalten. Das Stück setzt sich Georg Heckel 3
BENJAMIN LEWIS Foto © Marc Lontzek verkörpert in der Oper DER JÜNGSTE TAG von Giselher Klebe die Figur des Thomas Hudetz. 4
OPERN-PREMIERE Foto © Marc Lontzek »Die Hauptsache ist, dass man sich nicht selber verurteilt …« GISELHER KLEBE DER JÜNGSTE TAG Oper in drei Akten nach dem Schauspiel von Ödön von Horváth Die Vorstellung vom Ende der Welt, Stränge geschlagen und sich heillos die Schuld an dem Unglück? Anna gibt der Apokalypse, schlicht die Dysto- überfressen hat. In säkularisierten Hudetz ein falsches Alibi, doch letzt- pie einer plötzlichen Auslöschung Gesellschaften rechnet man nicht lich kann sie die Last der Falschaus- der menschlichen Spezies, ist so alt mehr ernsthaft mit dem Jüngsten Tag, sage nicht tragen. Das Unglück lässt in wie die Geschichte der Menschheit, somit hat auch die Sünde ihre Gefahr dem dichten Gesellschaftsgeflecht des erlebt aber seit den 1990er-Jahren für uns verloren. Dorfes krude Dynamiken erwachen. einen enormen Aufschwung — in der Jede*r ist sich nur noch selbst der/die Wissenschaft genauso wie in der Film- In seiner Literaturoper »Der Jüngste Nächste. branche. Parallel zur zunehmenden Tag« entwirft Giselher Klebe das Erwartung des Weltuntergangs — auch vielschichtige Porträt einer dörflichen Dieser ambivalenten Geschichte hat für 2020 ist er wieder vorhergesagt Gesellschaft, in der dieser Gedanke Giselher Klebe durch eine einzigartig — verschwand beinahe unbemerkt noch durchaus wirkungsmächtig ist. dichte und ausdrucksintensive Musik eine Leitidee aus unserer Gedanken- Auf den ersten Blick hat der Plot alle eine dritte Dimension hinzugefügt welt: Die Vorstellung eines göttlichen Zutaten eines ordentlichen Heimat- und so ein besonderes musikdra- Gerichts, vor dem wir alle am Ende krimis, doch dann stellt man fest, dass matisches Werk geschaffen, das nun aller Tage Rechenschaft ablegen müs- dieses Werk die substanziellen Fragen anlässlich seines zehnten Todestags sen, am Jüngsten Tag eben. Diese Idee, von Erbsünde, Schuld, Loyalität, Ver- nach beinahe 20 Jahren wieder auf die über Jahrhunderte hinweg das antwortung und Ewigkeit verhandelt. der Bühne des Landestheaters zu Christentum prägte, verbunden mit Der Bahnhofsvorsteher Hudetz ist erleben sein wird. Giselher Klebe der Hoffnung, dass sich am Ende allen gefangen in einer unglücklichen Ehe gehört nach wie vor zu den wichtigs- Daseins eine überirdische Gerechtig- mit einer viel älteren Frau. Gastwirts- ten Namen zeitgenössischer Musik in keit gegen alle Widerstände durch- tochter Anna ist irgendwie fasziniert Deutschland und als prominentester setzen würde, scheint heute nahezu von Hudetz und küsst ihn in einem Vertreter der Musikstadt Detmold vollständig verschwunden. Ebenso übermütigen Augenblick. Just in dem verdient er einen festen Platz auf dem wie der Begriff der Sünde eigentlich Moment braust der Eilzug durch und Spielplan des Landestheaters, zumal keine Bedeutung mehr für uns hat. Hudetz stellt das Signal gerade noch seine Werke auf der Bühne gespielt Wer heute davon spricht, gesündigt zu rechtzeitig — oder doch zu spät? 18 und erlebt werden müssen, erst dann haben, will damit höchstens melo- Menschen sterben beim Zusammen- entfalten sie ihre volle Ausdruckskraft dramatisch unterstreichen, dass er/ stoß des Eilzuges mit einem Güterzug, auf allen Ebenen. sie essenstechnisch total über die das Dorf ist in Aufregung. Wer trägt Anna Neudert Musikalische Leitung: PREMIERE: Freitag, 7. Februar 2020, NachSpiel — Lutz Rademacher 19:30 Uhr, Großes Haus DAS PUBLIKUMSGESPRÄCH: Inszenierung: Jan Eßinger Freitag, 28. Februar 2020, im Bühne: Sonja Füsti EINFÜHRUNGSMATINEE: Anschluss an die Vorstellung im Kostüme: Nora Johanna Gromer Sonntag, 26. Januar 2020, 11:30 Uhr, Foyer-Restaurant Mit: Irakli Atanelishvili, Rathaus Detmold Brigitte Bauma, Stephan Boving, Vorstellungen: Steven Chambers, Sheida Damghani, VIS-À-VIS — 9.2. / 28.2. / 14.3. / 8.4. / 18.4. / 8.5. / Emily Dorn, Eungdae Han, Andreas THEATER UND KIRCHE IM DIALOG: 4.6.2020 Jören, Ji-Woon Kim, Lotte Kortenhaus, Sonntag, 15. März 2020, 10:00 Uhr, Jakob Kunath, Seungweon Lee, Martin-Luther-Kirche Benjamin Lewis, Ognjen Milivojsa, Florian Zanger, Nando Zickgraf 5
SCHAUSPIEL-MUSICAL-PREMIERE Foto © Marc Lontzek VOM MAUERBLÜMCHEN ZUR WELTHERRSCHAFT Im ärmsten Viertel einer amerikanischen Großstadt ereignet sich in einem unscheinbaren Floristikgeschäft etwas Außerordentliches. Seymour Krelbourn, Angestellter und Ziehsohn des Laden- die Filmvorlage ein ungeahnter Zufall. Im Jahr 1960 soll besitzers Mr. Mushnik, hat ein Faible für außergewöhnliche Filmregisseur Roger Corman, so die Geschichte, eine alte Pflanzen. Auf dem Blumengroßmarkt bekommt er ein ein- Ladendekoration in einem Filmstudio gesehen haben, dann zigartiges Gewächs in die Hände, das er auf Drängen seiner kam eine Wette dazu und gemeinsam mit Drehbuchautor Kollegin Audrey seinem Chef präsentiert. Die skurrile Charles Griffith plante er einen Film mit dem Arbeitstitel kleine Pflanze zieht prompt die Aufmerksamkeit der sonst »The Passionate People Eater«. In zwei Tagen und nur fernbleibenden Kundschaft auf sich. Das Geschäft blüht auf, einer Nacht wurde der B-Film abgedreht. Dieser Streifen doch die exotische »Audrey Zwo«, die er nach seiner Kolle- über eine fleischfressende Pflanze gilt als eine der erfolg- gin, in die er heimlich verliebt ist, benannt hat, wächst nicht reichsten Billigproduktionen des Filmgeschäfts im wie gedacht. Sein ganzes floristisches Fachwissen bringt Horror-Comedy-Genre. Erst 22 Jahre später entdeckten Seymour auf, doch weder Düngen noch Umtopfen zeigen Texter Howard Ashman und Komponist Alan Menken Erfolg, bis ein Blutstropfen auf großes Interesse des Pflänz- diesen kultigen Film für sich und brachten 1982 am New chens stößt. Zwar gedeiht die Pflanze nun prächtig und Yorker Off-Off-Broadway ihre Musicalversion heraus. Hier Seymour hat durchschlagenden Erfolg, doch die größen- entwuchs die Uraufführung schnell den Räumlichkeiten wahnsinnigen Forderungen des sprechenden botanischen und zog in ein größeres Theater, wo es nach sechs Jahren Wunders werden immer unverschämter, bis Seymour die ungebrochenen Erfolgs erst Amerika, dann die ganze Welt ganze Sache wortwörtlich über den Kopf wächst. Mit schon eroberte und erneut verfilmt wurde. Sowohl aus der Film- fast mephistophelischen Zügen bringt Audrey Zwo Sey- vorlage als auch aus der Pflanze Audrey Zwo sind prächtige mour dazu, seine Angst vor dem sadistischen Zahnarzt Orin Pflanzen erwachsen. Audrey Zwo wird dann ab März 2020 vollends zu besiegen und für Liebe und Geld über seinen auch im Landestheater nach der Weltherrschaft greifen. eigenen Schatten zu springen. Ähnlich wie die zunächst unscheinbare Pflanze, war auch Arne Bloch DER KLEINE HORRORLADEN PREMIERE: Freitag, 6. März 2020, 19:30 Uhr, Großes Haus Musical von Alan Menken und Howard Ashman Vorstellungen: 8.3. / 11.3. / 15.3. / 17.5. / 24.5. / 29.5. / 21.6. / nach dem Film von Roger Corman und Charles Griffith 1.7.2020 Musikalische Leitung: Hye Ryung Lee EINFÜHRUNGSMATINEE: Sonntag, 1. März 2020, 11:30 Uhr, Foto © A. T. Schaefer Inszenierung: Götz Hellriegel Dietrich-Bonhoeffer-Berufskolleg, Elisabethstr. 86 Bühne und Kostüme: Dietlind Konold Mit: Anton Becker, Henning Bormann, Thomas Ehrlich- mann/Timothy Roller, Isabell Fischer, Patrick Hellenbrand, Patrick Jech, Mira Keller, Natascha Mamier, Ewa Noack 6
SCHAUSPIEL-PREMIERE SCHAUSPIEL-PREMIERE Foto © Marc Lontzek Foto © Marc Lontzek KOLLISION VON WIRKLICHKEIT UND FIKTION Wolfram Lotz »Die lächerliche Finsternis« im Grabbe-Haus Wolfram Lotz gehört derzeit zu den meistgespielten deut- Inspiriert wurde Lotz dazu, als er davon hörte, dass in Ham- schen zeitgenössischen Dramatikern — und das, obwohl burg ein somalischer Pirat vor Gericht stehe. »Da habe ich seine Stücke immer wieder eine Herausforderung für die eine Wut bekommen und den Prolog geschrieben, die Vertei- Bühne darstellen (Theatermenschen lieben offensichtlich digungsrede des somalischen Piraten. Was für ein Irrsinn ist Herausforderungen). Seine ersten beiden Erfolge, »Der es denn, Leute verurteilen zu wollen, über deren Lebensum- große Marsch« und »Einige Nachrichten an das All«, sind stände wir praktisch nichts wissen! […] Ich wollte eine große, eigentlich völlig unspielbar: Historische und zum Teil schon weiße, westliche Erzählung haben, eine Erzählung, die sich verstorbene Personen (nicht Figuren!) werden auf die Bühne ausbreitet und den Prolog einfach verdrängt, diesem Schick- gebeten, ein kompletter Akt soll ohne Publikum gespielt wer- sal keinen Platz mehr lässt.« den und Regieanweisungen geben an, dass und warum das Und so folgt das Stück nach dem Prolog zwei Bundeswehr- Publikum an dieser Stelle klatscht. Doch der Autor, der 1981 soldaten auf ihrem Auslandseinsatz in Afghanistan, das bei in Hamburg geboren wurde, betont, dass es ihm weniger um Lotz zum Regenwald wird. Je weiter sie sich von der Zivilisa- die Umsetzung als um die Auseinandersetzung mit seinen tion entfernen, desto skurriler werden die Figuren, die ihnen Stücken gehe. Er begreife das Theater, wie er in seiner »Rede begegnen: Ein Blauhelmsoldat, der von Eingeborenen Coltan zum unmöglichen Theater« selbst schreibt, »als Ernstfall«, für die europäische Handyproduktion abbauen lässt, ein als einen Ort, »wo Wirklichkeit und Fiktion aufeinander- englischer Reverend, der Muslimas bekehrt, damit sie ihre treffen, […] wo beides seine Fassung verliert in einer heiligen hübschen Beine zeigen können und ein Bürgerkriegsflücht- Kollision«; letztendlich werde am Theater »die Fiktion in ling, der seine Schicksalsgeschichte verkauft. Regisseurin Wirklichkeit umgewandelt«. Selina Girschweiler begibt sich mit vier Schauspieler*innen Auch in seinem meistgespielten Stück DIE LÄCHERLICHE hinein in die Finsternis, die mal verstörend lächerlich ist und FINSTERNIS wird das Publikum mit Figuren konfrontiert, die mal Verstörendes nur lächelnd vorgaukelt. ihre eigene Realität ehrlich und kompromisslos präsentieren. Lea Redlich DIE LÄCHERLICHE FINSTERNIS PREMIERE: Samstag, 29. Februar 2020, Grabbe-Haus Schauspiel von Wolfram Lotz Vorstellungen 4.3. / 5.3. (mit TheaterUpdate!) / 13.3./ 14.3. / 15.3. / 22.3. / 26.3. (im Rahmen der »Internationalen Woche Inszenierung: Selina Girschweiler gegen Rassismus«) / 7.4. / 14.5. / 15.5.2020 Bühne und Kostüme: Mara Zechendorff Mit: Hartmut Jonas, Heiner Junghans, Verena Karg, Alexandra Riemann 7
JUNGES THEATER HOMEVIDEO ODER: »WARUM HAST DU DICH BEIM MASTURBIEREN GEFILMT — BIST DU BESCHEUERT?« Jakob ist ein ganz normaler Teenager, der mit seiner Kamera alles aufnimmt, was ihn beschäftigt. Als seine Klassenkamerad*innen sich seine Kamera ausleihen, entdecken sie ein intimes Video von Jakob und drohen, es zu veröffentlichen. Lehrer*innen und Eltern sind überfordert, Jakobs erste große Liebe hält ihn für pervers und Jakob sieht am Ende keinen Ausweg mehr. Um das mal vorwegzunehmen: Nein, du bist nicht be- die Öffentlichkeit zu geraten, verschiebt sich die Frage scheuert! Du bist normal. Denn nicht im Aufnehmen von nach Schuld und Verantwortung auf eine perfide Weise: privaten Momenten, Nacktheit oder dem Filmen von Als würde das Opfer sich nicht selbst schon genug Vor- Sexualität steckt das Problem. Natürlich befriedigen sich würfe machen, fragt auch die Gesellschaft in einer Dauer- Jugendliche selbst. Natürlich kann Sexting (die private schleife: »Warum hast du überhaupt solche Bilder aufge- digitale Kommunikation über sexuelle Themen, oft nommen und versendet? Bist du bescheuert?!« Zusätzlich inklusive Fotos) aufregend und schön sein — das Einver- zum beängstigenden Verlust der eigenen Privatsphäre nehmen von Sender*in und Empfänger*in vorausgesetzt gegenüber Mitschüler*innen, Freund*innen, Kolleg*innen, (#dickpics). Natürlich vermischen sich Digitalität und Lehrer*innen, Eltern und Fremden bekommen Opfer dieser Sexualität. extremsten Form von Cybermobbing* die volle Breitseite Das Problem, der Strafbestand, liegt in der unautorisierten des gesellschaftlichen Drucks von »Normalität« zu spüren. Veröffentlichung dieser (und: aller!) privaten Aufnahmen. Weil sich Sexualität in unserer Gesellschaft im Spannungs- Kurz: Wer irgendwelche Bilder anderer aus Rache oder feld zwischen Tabuisierung und Allgegenwart befindet, aus irgendwelchen anderen Gründen (Macht, Langeweile, vergessen wir, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen das Bosheit …) veröffentlicht, macht sich strafbar. Wichtigste zu vermitteln: Normalität ist keine Kategorie Doch in dem Moment, wo intime Aufnahmen drohen, an beim Sex. Zustimmung schon. Jenni Schnarr HOMEVIDEO nach dem Drehbuch von Jan Braren / Inszenierung: Konstanze Kappenstein / Bühne und Kostüme: Carla Friedrich Mit: Paul Gräntzel, Wenja Imlau, Emanuel Weber PREMIERE: Donnerstag, 5. März 2020, 10:00 Uhr, Junges Theater / Vorstellungen: 7.3. / 11.3. / 12.3. / 15.3. *Cybermobbing bedeutet das gezielte Beleidigen, Bedrohen und Lächerlichmachen eines Opfers nicht nur im analogen, sondern auch im digitalen Leben. Die Täter*innen bleiben anonym, sind jedoch meist Personen aus dem sozialen Umfeld des Opfers. Die psychische Gewalt, die Opfer von Cybermobbing erfahren, verstärkt sich durch die schier unendliche Reichweite der digitalen Welt — jede*r kann mitmachen, kann Fotos und Videos teilen, kann einen Kommentar abgeben. Tipps für den Ernstfall — Du bist selbst von Cybermobbing betroffen oder willst jemandem helfen? Hol dir Unterstützung! Vertrauenspersonen wie Eltern, Freund*innen, Lehrer*innen, Schulsozialarbeiter*innen, Betreuer*innen aus dem Freizeitbereich sind für dich da, können dir helfen und das weitere Vorgehen mit dir besprechen. In Lippe gibt es außer- dem eine Vielzahl von Anlaufstellen, die sich mit dem Thema auskennen und dir helfen können. Detmold: Pro Famila 0 52 31 – 2 68 41 oder 0 52 31 – 3 30 24 Freie Fahrt mit dem KombiTicket zum Jungen Theater Ab dem 1. Februar 2020 gelten die Eintrittskarten des Jungen Theaters auch als Fahrtberechtigung für den Öffentlichen Nahverkehr. Mit dem KombiTicket können im Zeitraum zwischen 8 und 18 Uhr jeweils zwei Stunden vor und bis zu zwei Stunden nach der Veranstaltung alle Busse und Nahverkehrszüge im Netz Lippe genutzt werden. Direkt am Bahnhof gelegen, sei das Junge Theater ideal mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar, betont Intendant Georg Heckel: "Wir freuen uns sehr über die Kooperation mit der OWL Verkehr GmbH. Als Landestheater haben wir den Auftrag, die Region mit Kultur zu versorgen, dafür ist auch wichtig, dass Schülerinnen und Schüler aus der Region problemlos ans Theater kommen können.# Jenni Schnarr, Leiterin des Jungen Theaters, ist von der Neuerung begeistert: "Wir sind sehr froh, wenn durch den Wegfall der Fahrtkosten noch mehr Schülerinnen und Schü- ler die Möglichkeit haben, das Junge Theater zu besuchen — und das umweltfreundlich.# Verwaltungsdirektor Stefan Dörr ergänzt: "Schulklassen oder sonstigen größeren Gruppen, die das KombiTicket als Fahrkarte nutzen möchten, empfehlen wir, sich vorher anzumelden, damit die Beförderung auch sichergestellt wird.# Kontakt: Infothek der KVG, Tel. 0 52 61 – 66 73 950, www.infothek-lippe.de 8
JUNGES THEATER Let’s make an opera — Das Junge Musiktheater Intendant Georg Heckel im Gespräch mit Maila von Haussen Die große Neuheit der Jubiläumsspielzeit ist das Junge Apparat im Musiktheater ist aufwendiger, z. B. durch Musiktheater. Warum ist es so wichtig für das Landes- die Instrumente. Wenngleich es auch im Musiktheater theater Detmold? kleiner dimensionierte Werke gibt, so wie unsere augen- Georg Heckel: In Detmold geht man mit einer großen blickliche Klassenzimmeroper »Ritter Odilo«, die mit einer Selbstverständlichkeit ins Weihnachtsmärchen, das freut Pianistin und einem Sänger sehr gut funktioniert. Dass mich sehr. Aber Berührungen mit Musiktheater sind heute dieser Sänger gleichzeitig acht Rollen spielt, ist für die Auf- nichts Selbstverständliches mehr. Das ist kein Detmolder führungssituation ja durchaus erfrischend und zeigt, wie Phänomen, das ist in unserer Zeit einfach nicht so, denken vielfältig ein Sänger und eine Pianistin agieren können. Foto © Marc Lontzek Sie zum Beispiel an die sinkende Zahl von Klassiksendern im Radio. Ich glaube, dass es wichtig ist, das Theater an die Zurück zur Vision: wo will das Junge Musiktheater des Orte zu bringen, wo junge Menschen sind. Ich denke an Landestheaters Detmold hin? Kindergärten, an Schulen oder auch an Einrichtungen, wo GH: Es gibt Opern im kleineren Format, bei denen die sich Generationen treffen, — es ist eine neue Möglichkeit, Themen wirklich an uns heute heranreichen. Das sind aber mit Musiktheater nach draußen zu gehen und zu sagen: Das noch gar nicht so viele. Daher sehe ich es auch als Aufgabe, gibt’s und das macht Spaß! in Zukunft als Stückentwickler tätig zu sein. Ich möchte, dass wir Uraufführungen entwickeln, sehr junge Stücke, Was ist die Vision dahinter? die uns die Auseinandersetzung mit den Themen von heute GH: Das Konzept hat viele Facetten. Vieles leitet sich aus in musikalischer Form ermöglichen. Sehr sinnvoll wäre dem aktuellen Profil, den Möglichkeiten und Anforderun- als Fernziel ein Kreationszentrum hier in Detmold, sicher- gen an das Landestheater Detmold ab. Ich greife einmal den lich in Partnerschaft mit der Musikhochschule, unserem Aspekt Landestheater heraus: Als Landestheater ist unser Partner hier vor Ort. Auftrag, die Region — aber auch das Land NRW — kulturell zu versorgen. Das tun wir schon lange und auch sehr erfolg- Die Kooperation mit der Hochschule wurde ja bereits reich. diese Saison durch die Vergrößerung des Opernstudios Als ich nach Detmold kam, habe ich mich gefragt, warum verstärkt. das Musiktheater nicht genauso selbstverständlich wie GH: Das Opernstudio ist das Kernensemble des Jungen das Sprechtheater im kleinen Format des Jungen Theaters Musiktheaters, aber nicht zwangsläufig das ausschließli- unterwegs ist. Die Bandbreite an Möglichkeiten reicht vom che. Ich kann mir gut vorstellen, dass in Zukunft sowohl im Klassenzimmerstück bis zum großformatigen Werk, von Bereich Schauspiel als auch im Bereich Musiktheater des dem man eine Adaption für eine kleine Bühne macht, ein Jungen Theaters gelegentlich Mitglieder unserer Stammen- Extrakt sucht und sich mit ihm auf die Reise begibt. Darauf- sembles auftreten werden. hin habe ich mich an den Gastspielhäusern umgehört, ob es Als weiteres Fernziel wünsche ich mir, ein Junges Theater Interesse gibt – und tatsächlich ist diese Idee in Ergänzung in allen Sparten zu haben — auch unter der Beteiligung des zum Programm der großen Bühne sehr positiv aufgenom- Tanzes — das mit kleinen Formaten so mobil ist, wie wir men worden. es mit großen Formaten für das Landestheater auch sind. Im Musiktheater könnte ich mir z. B. vorstellen, dass wir Warum gab es denn bisher nur Sprechtheater ein stehendes Repertoire von bis zu zehn Produktionen im Jungen Theater? aufbauen, die unterschiedliche Altersgruppen und Commu- GH: Das ist zunächst klar eine Frage der Kapazitäten, da das nities ansprechen, und die dann für sich auch einen kleinen Junge Theater als Sprechtheater nicht schrumpfen soll. Der Kosmos des Musiktheaters abbilden.
KONZERTE DEEP BRASS / Foto © Privat HAMPELSTERN-TERZETT / Foto © Privat Sonntag, 2. Februar 2020, 11.30 Uhr, Lemgo, Sonntag, 1. März 2020, 11.30 Uhr, Lemgo, Weserrenaissance-Museum Schloss Brake Weserrenaissance-Museum Schloss Brake Kammerkonzert 2 Kammerkonzert 3 Deep Brass Eine große Terzettelei — Jazz und Literatur Eine Tuba kommt selten nicht allein, vier Tuba-Spieler Guido Schlösser, Matthias Wilhelm und Achim Zepezauer auf einem Haufen sind also eine echte Rarität. Dass sich sind schon zum dritten Mal in der Kammerkonzert-Reihe die Kombination von zwei Euphonien (Tenortuben), einer dabei, diesmal allerdings erstmals mit der klassischen Bass- und einer Kontrabasstuba lohnt, beweisen die vier Pianotrio-Besetzung Klavier, Kontrabass und Schlag- befreundeten Musiker aus Orchestern der Region (Det- zeug. Diese war stets ein Experimentierfeld, um impro- mold, Herford, Osnabrück und Münster), die sich unter visatorische Möglichkeiten auszuloten. Bei einem Jazz- dem Namen »Heavy MättAL« zum »Deep Brass«-Kammer- Frühschoppen im Weserrenaissance-Museum Schloss konzert zusammenfinden. Die Tuba ist das tiefste gängige Brake widmen sich die drei Musiker der klassischen Blechblasinstrument und eigentlich ein ausgesprochener Moderne. Das Hampelstern-Terzett lässt die Schöpfungs- »Einzelkämpfer«. In Bearbeitungen und Originalkompositi- kraft legendärer Pianisten wie Paul Bley, Andrew Hill und onen von Anton Bruckner, Johann Sebastian Bach, Enrique Mal Waldron wiederaufleben. In Kombination mit Eigen- Crespo, John Stevens, Mike Forbes u. a. zeigt sich die kompositionen und jazzinspirierten Texten präsentiert das spannende Klangvielfalt der Tuba-Quartette: geballte Kraft, Trio interpretierend-improvisierend eine originelle Sicht feine Seiten und virtuose Wendigkeit. auf die Avantgarde der Sechzigerjahre. FÜR BEIDE KONZERTE: Das Ensemble »Heavy MättAL« »Das Hampelstern-Terzett« KARTENVORVERKAUF Matthias Weiß / Daniel Steppelar, Euphonium Guido Schlösser, Klavier, Komposition UNTER 0 52 61 — 94 500 Matthew Segger / Alexander Kochendorfer, Tuba Matthias Wilhelm, Kontrabass, Rezitation Achim Zepezauer, Schlagzeug, Elektronik 18. Jahrhundert: Ein Musikkenner aus England begibt sich auf eine außergewöhnliche Reise — er möchte sich über die unterschiedlichen nationalen Musikstile in Europa eine eigene Meinung bilden. Seine lebendigen und unter- haltsamen Eindrücke hält er in einem Tagebuch fest, das für die nachfolgenden Musikergenerationen ein wertvolles Zeitdokument darstellt. Auszüge daraus rezitiert Henning Bormann. Das Detmolder Barockensemble »Il Discorso Musicale« spielt auf historischen Instrumenten und wid- met sich der historischen Aufführungspraxis. Durch die Instrumente, die Spielweise und die tiefere Stimmung ergibt sich ein veränderter Klangeindruck. Nikolaus Harnoncourt, einer der Begründer der historischen Aufführungspraxis, sprach von »Musik als Klangrede«. Daher kommt auch der IL DISCORSO MUSICALE / Foto © Landestheater Name des Ensembles, »Il Discorso Musicale«, das musika- lische Gespräch. Auf dem Programm stehen ausgesuchte Werke von Jean-Marie Leclair über Marin Marais bis hin zu Sonntag, 16. Februar 2020, 16.30 Uhr, Johann Sebastian Bach und Georg Philipp Telemann. Das Evangelisch-lutherische Ensemble stellt die beiden Instrumente Viola da Gamba (gespielt vom international renommierten Gambisten Her- Kirchengemeinde Bergkirchen mann Hickethier) und Viola da Brazzo (Zhechao Xie) ein- DIE MUSIKALISCHE DEEP BRASS / Foto © Privat ander gegenüber um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu zeigen und lädt das Publikum ein zu einer spannenden REISE DES Zeitreise in die Welt der Alten Musik. CHARLES BURNEY Mechthild Braun — Traversflöte Zhechao Xie — Barockbratsche Konzert mit Barockmusik und Texten Zsuzsanna Reibach — Cembalo Hermann Hickethier — Gambe KARTENVORVERKAUF aus einem Tagebuch von 1772/73 Henning Bormann — Rezitation über www.bergkirchen.net Maila von Haussen 10
KONZERTE Foto © Julia Wesely Luisa Imorde Dienstag, 18. Februar 2020, 19.30 Uhr, Konzerthaus SINFONIEKONZERT 2 Höhepunkt der Konzertsaison mit Radio- und CD-Aufnahme Beim Sinfoniekonzert am 18. Februar gibt es im Konzert- tors ebenfalls viel zu selten auf die Konzertprogramme haus der Hochschule für Musik Detmold ein Wiedersehen gesetzt wird: »Diese Symphonie ist 1943 uraufgeführt wor- mit der jungen Pianistin Luisa Imorde. Für Generalmusik- den, er hat sie Jean Sibelius gewidmet. Nachdem Vaughan direktor Lutz Rademacher und das Symphonische Orches- Williams in der vierten Symphonie etwas modernere Töne ter des Landestheaters bedeutet der Abend ein Highlight angeschlagen hat, ist er in der fünften Symphonie wieder der Konzertsaison, weil Deutschlandfunk Kultur das Kon- ein bisschen zurückgegangen zu einem eher lyrischen Ton, zert mitschneiden und zu einem späteren Zeitpunkt senden es ist sehr melancholische Musik — man darf nicht verges- wird. Aus dem ersten Teil, dem zweiten Klavierkonzert und sen, der zweite Weltkrieg war ja in Großbritannien auch dem Konzertstück in f-Moll von Carl Maria von Weber, ent- sehr präsent, gerade die Zerstörung der Städte durch die steht eine CD. Lutz Rademacher: »Diese Werke werden sehr Bombardierungen hat eine große Rolle gespielt — aber am selten gespielt — was ich nicht nachvollziehen kann, weil Ende ist es auch ein sehr versöhnliches Werk, das grandios Carl Maria von Weber wunderbare Musik, herrliche Melo- instrumentiert ist und eine ganz tolle Farbe in der Musik dien geschrieben und toll instrumentiert hat.« Im zweiten des mittleren 20. Jahrhunderts darstellt.« Teil erklingt die 5. Sinfonie von Ralph Vaughan Williams, ein Komponist, der nach Ansicht des Generalmusikdirek- Maila von Haussen CARL MARIA VON WEBER Klavierkonzert Nr. 2 op. 32 CARL MARIA VON WEBER Konzertstück für Klavier und Orchester f-Moll op. 79 RALPH VAUGHAN WILLIAMS Sinfonie Nr. 5 D-Dur Musikalische Leitung: Lutz Rademacher / Klavier: Luisa Imorde Symphonisches Orchester des Landestheaters Detmold
THEATER-ABC F wie Fahrdienst Foto © A. T. Schaefer v.l.n.r.: Udo Wille, Janos Radacs-Mair, Axel Krieftewirth (und Sören Kaczensky von Hänschen’s Reisedienst) UDO WILLE, AXEL KRIEFTEWIRTH UND JANOS RADACS-MAIR IM GESPRÄCH MIT OLGA KURBACHEVA Wie seid ihr Fahrer am Landestheater Detmold LKW mit 11 Sitzplätzen. Dann gibt es ein Wechselbrücken- geworden? fahrzeug, das ist das Fahrzeug, mit dem das Märchen Udo Wille: Ich bin seit 38 Jahren am Haus. Zuerst war ich gefahren wird. Bühnentechniker, 1992 habe ich zum Fahrdienst gewechselt und leite diese Abteilung seit 18 Jahren. Wie viele Fahrzeuge braucht man für eine Opern- Janos Radacs-Mair: Ich habe 1989 als Tänzer angefangen. produktion? In Bremen habe ich Richard Lowe kennengelernt und er hat UW: Für eine Opernproduktion brauchen wir einen bis drei mich engagiert. Danach habe ich als Bühnentechniker gear- Container. »Aida« braucht z. B. zwei Container: einen kom- beitet und seit ca. fünf Jahren bin ich Fahrer. pletten LKW und unseren Musik-LKW dazu. Axel Krieftewirth: Seit 1992 habe ich schon meinen LKW- Führerschein. Früher habe ich LKWs gefahren, war viel im Wir fahren mit unseren Produktionen auch ins Ausland, Außendienst. 2013 habe ich am Theater in der Bühnentech- sogar bis in die Schweiz. Wie funktioniert das? nik angefangen und seit etwa zweieinhalb Jahren bin ich UW: Der technische Direktor und der Bühnenmeister beim Fahrdienst. schreiben genau auf, welche Kulissen wir mitnehmen müssen. Requisite, Beleuchtung und die Orchesterwarte Wie konntet ihr damals von der Bühnentechnik zum schreiben auf, was sie benötigen. Jede einzelne Requisite, Fahrdienst wechseln? jede Kulisse, jedes Musikinstrument wird aufgeschrie- UW: LKW- und Busführerscheine hatten wir privat oder bei ben und fotografiert. Daraus entsteht ein Zollpapier. Dann der Bundeswehr gemacht und konnten so zum Fahrdienst mache ich einen Termin mit dem deutschen Zoll. Die Zoll- wechseln. mitarbeiter*innen kommen zum Theater, schauen hier in JRM: Ich habe die Scheine gemacht, als ich aufgehört habe zu Detmold alles genau an: Kabel, Maskenteile, Kostüme, Kulis- tanzen. Wir haben unsere Familie gegründet und ich musste sen. Es wird alles kontrolliert. Das dauert einen halben Tag. mich absichern. Einen alten Tänzer braucht keiner (alle An der schweizerischen Grenze kontrolliert der deutsche lachen). Und als Kraftfahrer findet man immer einen Job. Zoll das Ganze nochmal, dann gehen wir zum schweizeri- schen Zoll. Welche Aufgabengebiete gibt es im Fahrdienst? UW: Als Leiter des Fahrdienstes kümmere ich mich um Seid ihr immer pünktlich bei allen Gastspielorten? Dienstpläne, Anschaffung und Verkauf von Fahrzeugen, die UW: Eigentlich schon. Staus kann man aber nicht Terminabsprache mit den Werkstätten und fahre natürlich ausschließen. Einmal sind wir nach Mettmann mit dem auch. Die beiden Kollegen sind eher für die Pflege und War- Weihnachtsmärchen gefahren. Es gab einen Unfall, die tung zuständig und selbstverständlich auch fürs Fahren. Autobahn war gesperrt, deswegen konnten wir nicht schnell AK: Wir kümmern uns um alle unsere Fahrzeuge: Das sind durchkommen. Das künstlerische Personal hat eine andere drei LKWs, 17 Wechselbrücken, fünf normale Anhänger, Autobahn genommen und war früher da als Bühnenbild und ein Bus, drei PKWs, vier Bullis, eine Ape Piaggio und ein Technik. Normalerweise ist es natürlich umgekehrt. Die Lastenfahrrad. Vorstellung hat trotzdem stattgefunden: mit sehr schnellem Aufbau und weniger Lichtstimmungen. Die Kinder waren Was genau wird von euch gefahren? aber begeistert. UW: Wir sind hauptsächlich für das Bühnenbild und das Bühnentechnikpersonal zuständig. Dafür haben wir spezi- Wie viele Kilometer seid ihr schon für das Theater elle Fahrzeuge: ein Musik-LKW, der fährt nur musikalische gefahren? Vorstellungen, weil da auch die Musikinstrumente drauf- UW: Pro Jahr fährt man einmal um die Welt herum. Das kommen. Es gibt da 15 Sitzplätze für die Orchesterwarte heißt, ich bin dann insgesamt bestimmt schon 38 Mal um die und die Mitarbeiter*innen der Bühnentechnik, Beleuchtung, Welt gefahren! (alle lachen) Requisite und Ton. Außerdem haben wir einen Schauspiel- 12
25 JAHRE THEATERFREUNDE Der Förderverein unter- Foto © Birgit Hupfeld stützt die Produktion des Musicals !My Fair Lady" mit 20.000 € DIE THEATERFREUNDE BLICKEN AUF EIN HALBES JAHRHUNDERT Der Veranstaltungsreigen des Landes- Aufgabe darin, das Bewusstsein für die theaters zu seinem 100-jährigen Bestehen Bedeutung des Theaters in der Öffentlich- ist noch in vollem Gange, da steht bereits keit zu stärken. Deshalb ist der Verein das nächste Jubiläum vor der Tür. Am nicht nur Mitglied der Trägergesellschaft, 14. Dezember 2020 kann der »Verein zur er führt auch zahlreiche vorwiegend Förderung des Landestheaters Detmold vertrauliche Gespräche mit Politik und e. V.« — kurz »Theaterfreunde« genannt — Fachverwaltungen, um diese für die Erfor- sein 50-jähriges Bestehen feiern. Darauf dernisse der Bühne zu sensibilisieren — wurde ja bereits in einem Artikel in der klassische Lobbyarbeit im besten Sinne. Festschrift der Bühne hingewiesen, die Das ist dem Verein allerdings nur möglich, nach wie vor an der Theaterkasse erhält- wenn sich, wie bislang gegeben, immer lich ist. wieder genügend Kulturinteressierte aus Die Arbeit der »Theaterfreunde« ist einer- Detmold, Lippe und darüber hinaus fin- seits geprägt von großer inhaltlicher und den, die die »Theaterfreunde« durch ihre personeller Kontinuität — der jetzige Mitgliedschaft und/oder durch Spenden Vorsitzende Jürgen Wannhoff ist erst der unterstützen. Bewusst wird der Basisbei- sechste in der Geschichte des Vereins trag mit gegenwärtig 30 € pro Jahr niedrig — andererseits auch von dem Bemühen, gehalten, um möglichst vielen Menschen immer wieder auf sich veränderte Rah- das Mitwirken und damit das Eintreten menbedingungen einzugehen. So konn- für diese wichtige kulturelle Institution zu ten dem Theater regelmäßig bedeutende ermöglichen. Weitere Informationen auf Mittel zur Verfügung gestellt werden, sei unserer Homepage: es für besondere Produktionen — soge- www.theaterfreunde-detmold.de nannte »Leuchtturmprojekte« —, sei es für die Kinder- und Jugendarbeit der Bühne, Michael Dahl deren Verantwortliche Jahr für Jahr mit fünfstelligen Summen rechnen dürfen. Neben der finanziellen Förderung sehen die »Theaterfreunde« eine weitere wichtige 13
MEISTERKURSE EXTRAS Foto © Landestheater »GIB MIR EINE VERZWEIFELTE FRAU — DA GIBT’S KEINE KLEINE STIMME!« Rund um Weihnachten gab Startenor Zoran Todorovich dem Opernstudio des Landestheaters einen Meisterkurs. Maila von Haussen hat mit ihm darüber gesprochen, was man in drei Stunden bewirken kann und wie er selbst seine Stimme gefunden hat Am Ende des zweiten Tages — wie läuft der Meisterkurs Ist das genau das, was du hier im Kurs weitergibst? Es aus deiner Sicht? geht um sehr physikalische Sachen: Raum, Volumen, Zoran Todorovich: Unglaublich! Ich habe am ersten Tag Anspannung, Entspannung … auf die technischen Mankos aufmerksam gemacht und ein ZT: Ja, das ist es. Wir alle tragen eine Stimme in uns, aber paar Anregungen gegeben, in welche Richtung das gehen wir wissen nicht, wie sie im Optimalfall klingt. Ich musste soll — und fast jede*r hat sich Gedanken gemacht über mich zehn Jahre durch lyrisches Repertoire kämpfen, weil die Feiertage und hat eine gewisse Verbesserung mitge- ich dachte, meine Stimme sei limitiert. Aber es lag an mei- bracht, das finde ich toll! Das sind natürlich auch keine nen technischen Möglichkeiten, die waren begrenzt. Erst Anfänger*innen, das sind Studierende, die schon eine durch optimale Nutzung der Resonanzen und Ressourcen gewisse Technik haben, aber die neue Impulse brauchen, des Körpers habe ich meine richtige Stimme entdeckt. um weiterzukommen. Ich bin absolut begeistert, mit was Man muss also die richtigen Lehrer*innen finden, die für einer Euphorie die das aufnehmen — nicht nur die, die einem helfen, seine richtige Stimme zu finden? aktiv dabei sind, sondern auch die Kolleg*innen, die hier ZT: Ich glaube nicht, dass es mit einem einzigen Lehrer im festen Engagement sind und vorbeischauen und ein von Anfang an gehen würde. Jede*r braucht eine gewisse paar Ideen mitnehmen. Sie hören zu und reagieren spontan Zeit zur Entwicklung, man kann nicht alles auf einmal unglaublich positiv auf Verbesserungen ihrer Kolleg*innen, verändern. Wenn man im Abstand von etwa fünf Jahren mit einem Lächeln, mit Applaus. immer wieder an gute Pädagog*innen gerät, die das weiter- Du machst den Eindruck, mit sehr viel Empathie entwickeln können, dann ist man auch bereit und reif für zu unterrichten. Veränderungen. Dann kann man damit etwas anfangen, ZT: Ich bin sehr interessiert daran, jungen Menschen, die darauf aufbauen — in Etappen, das finde ich den gesündes- Schwierigkeiten in der technischen Entwicklung haben, ten Weg. Dann entsprechen die Rollen auch der stimmli- eine Möglichkeit zu geben, sich zu finden. Mein Interesse chen Entwicklung und so kann man auch in höherem Alter basiert auf meinen eigenen Schwierigkeiten, die ich damals eine frische Stimme erhalten und verbraucht sich nicht. an der Frankfurter Musikhochschule hatte und nicht Edita Gruberova und alle großen Sänger*innen, mit denen wusste, wie ich mir helfen sollte. ich darüber gesprochen habe, sind diesen Weg gegangen Was hat dich weitergebracht? — mit unheimlich viel Disziplin, mit sehr viel künstleri- ZT: Eine Agentur war an mir interessiert, fand aber, dass scher Neugier, technischer Arbeit, Experimentieren … und meine technische Entwicklung nicht der Qualität meiner dann kommen gute musikalische Begleiter*innen, tolle Stimme entsprach. Dann haben sie einen Professor in Pianist*innen, Dirigent*innen, die einen im musikalischen München gefunden, der privat geholfen hat, meine Tech- Sinne weiterausbilden und zeigen, wie man das am besten nik innerhalb von sechs Monaten zu verändern, sodass nutzen kann. ich daraufhin nicht nur mein Diplom an der Hochschule, Was kann man in solch einem Meisterkurs erreichen, sondern auch mein Engagement hier in Detmold bekom- wo immerhin jede*r das Glück hat, drei Stunden zu men habe. Nach zehn Jahren Karriere kam meine Ent- bekommen, nicht nur eine? wicklung allerdings ins Stocken, die Rollen wurden immer ZT: Man hört eine Stimme und erkennt sofort, wo die anspruchsvoller und meine Technik konnte da nicht mit- Problematik liegt. Da kann man Anregungen geben, aber halten. Dann habe ich mit Bruno Pola gearbeitet und die man darf keine Wunder erwarten. Wer schlau ist, geht nach Stimme technisch weiterentwickelt, so dass sich mir der Hause und versucht, das zu realisieren mit dem Verstand Weg zum Spinto und zum dramatischen Fach eröffnete. und dem eigenen Körper. Im besten Fall geschieht es wie mit dem Sopran gerade, der sich in diesen drei Tagen um 180° verändert hat! 14
EXTRAS KONZERTE Foto © Marc Lontzek Sonntag, 2. Februar 2020, 18:00 Uhr Sebastian Koch Foto © Mathias Bothor liest DIE KREUTZERSONATE nach Leo N. Tolstoi Karten: 0 52 31 – 974 803 www.landestheater-detmold.de Dienstag, 4. Februar 2020, 19:30 Uhr, Donnerstag, 6. Februar 2020, 20:15 Uhr Buchhandlung !Kafka & Co." Theaterkantine, Eintritt frei LieblingsStücke No. 7 FreiRaum Kann mir bitte einer einmal Sing deinen Song goes kurz dieses Theaterstück Opera erklären? Danke. Ich wusste schon Als Sängerin oder Sänger eines bestimm- ten Stimmfaches ist man häufig auf ein vorher, dass das nicht geht. Rollenbild festgelegt. Leidender Gelieb- !Literaturnobelpreisträgerin", !Nestbe- ter, rachsüchtige Furie, schwindsucht- schmutzerin", !Feministin", !Medienge- kranke Prostituierte oder Helikoptervater stalt", !Angstkranke" — Elfriede Jelinek sind gängige Opern-Stereotypen. Wenn ist eine Autorin, die zwar viele nicht man als Sopranistin aber schon immer gelesen, über die aber alle eine Meinung mal die Arie des Grafen Almaviva singen haben. Als eine der bekanntesten und wollte und einfach nicht dafür besetzt umstrittensten Autorinnen im deutsch- wird oder als Tenor auch gerne mal Tina sprachigen Raum schreibt sie Prosa und Turner zum Besten geben würde … Dann Dramen, die keine zentrale Interpretation ist der !FreiRaum" genau der richtige zulassen, die das Herz ihrer Texte träfe. Abend für solche Rollen- oder Fach- Mit wortspielreicher Präzision befragt wechsel. Passend zur fünften Jahreszeit Elfriede Jelinek uns nach den Kellern und gestalten wir einen ausgelassenen Abend Kerkern unserer Gesellschaft. Ironisch, voller Musik aller Genres. poetisch und sprachgewaltig konfrontiert sie uns damit, dass Menschenrechte Mit: Opernstudio and friends, nicht für alle gleich sind. Als Gegenspie- Mathias Mönius lerin ragt aus dem Sprachfluss ein per- sonifiziertes !Vorbei" heraus, das sich Gefördert durch das mit humorvollen Zitaten zu einer klugen Stimme der Erinnerung verdichtet. Mit: Verena Karg, Alexandra Riemann, Lea Redlich IMPRESSUM: Herstellung: Lippischer Zeitungsverlag Giesdorf Theaterzeitung des Landestheaters Detmold. GmbH & Co. KG Erscheint fünfmal pro Spielzeit als Beilage Anzeigenleitung: Ralf Büschemann, Christian Erfkamp der Lippischen Landes-Zeitung Anzeigenverkaufsleitung: Christian Erfkamp Herausgeber: Tel: 05231 911–0 Landestheater Detmold / Spielzeit 2019/20 E-Mail: LZ@LZ.de Intendant: Georg Heckel Druck: Bösmann Medien und Druck Verwaltungsdirektor: Stefan Dörr GmbH & Co. KG, Tel. 05231 911–0 Redaktion: Maila von Haussen E-Mail: info@boesmann.de / Auflage: 60 000 Mitarbeit: Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit Erscheinungstermin: 1. Februar 2020 Grafik: Wiebke Jakobs und Michael Hahn, Hamburg Redaktionsschluss: 16. Januar 2020 15
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