Gesundheitsökonomische Aspekte in der Rehabilitation - Priv.-Doz. Dr. med. Anne Berghöfer
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Gesundheitsökonomische Aspekte in der Rehabilitation Priv.-Doz. Dr. med. Anne Berghöfer Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie http://epidemiologie.charite.de
Ablauf des Seminars Kernfragen der Gesundheitsökonomie Gewinnung gesundheitsökonomischer Daten Instrumente und Techniken der Gesundheitsökonomie Kleine Pause Lebensqualität und ihre Bestimmung Modellierung Diskussion und Literaturempfehlungen
Warum wirtschaften wir eigentlich? Ausgangsproblem der Ökonomie: Unbegrenztheit der vs. Begrenzte Mittel Bedürfnisse Knappheitsproblem Begrenzte Mittel sollten dort eingesetzt werden, wo der Gesamtnutzen am höchsten ist (Opportunitätskosten) Nutzen EFFIZIENZ = Mitteleinsatz
Grundproblematik Allokationsproblem: Welchen Anteil des Volkseinkommens sollen wir für Gesundheit aufwenden? Wieviel für Infrastruktur, Bildung, …? Effizienzproblem Distributionsproblem Wie sollen Wie erhalten wir trotz Gesundheitsleistungen knapper Mittel die verteilt werden? … um gewünschte Qualität der Notfallversorgung, Gesundheitsversorgung bezahlbare Medika- ? mente, o.a. sicherzustellen Wertschöpfungsproblem Wie erreichen wir niedrigen Krankenstand als Motor für Wachstum? Gesundheitswirtschaft schafft Arbeitsplätze
Allokationsproblem …setzt sich mit der Tatsache auseinander, dass Ressourcen in der Regel knappe Güter sind, die auf den Bedarf nach verschiedenen Leistungen verteilt werden sollen. Kernfragen: Was sind der Einzelne und die Gesellschaft bereit, für Gesundheit auszugeben? Welcher Anteil des Volkseinkommens wird für Leistungen der Gesundheitswirtschaft aufgewendet? Ist dieser Anteil gerade richtig, wenn man ihn mit anderen Ausgaben z. B. für Bildung, Forschung, Umweltschutz usw. vergleicht? Wie soll die Aufbringung und Verteilung der notwendigen Finanzmittel betragsmäßig zugeordnet und zeitlich gesteuert werden? Welche Konsequenzen haben bestimmte politische oder medizinische Entscheidungen?
Effizienzproblem …setzt sich mit der Tatsache auseinander, dass Ziele mit unterschiedlichen Mitteleinsatz erreicht werden können. Kernfragen: Wie können wir trotz knapper Mittel dafür sorgen, dass die erforderliche Menge an Gesundheitsleistungen mit einer definierten Qualität erbracht wird? Welche Rationalisierungspotenziale sind vorhanden und wie kann sichergestellt werden, dass sie erkannt und genutzt werden?
Distributionsproblem beschäftigt sich mit der Frage, wie Gesundheitsleistungen in einer Volkswirtschaft verteilt werden sollen, damit… im Krankheitsfall genügend Plätze in Krankenhäusern vorhanden sind in Notfällen zu jeder Zeit eine ausreichende und fachlich kompetente medizinische Versorgung vorhanden ist der Zugang zu geeigneten Therapieformen möglich ist wirksame Medikamente zu bezahlbaren Preisen angeboten werden.
Wertschöpfungsproblem greift die Frage auf, welche Bedeutung der Gesundheitswirtschaft im Kontext der Gesamtwirtschaft zukommt. medizinische und medizin-technische Forschung und Entwicklung sowie ein niedriger Krankenstand sind seit jeher wichtige Motoren für Wachstum und Beschäftigung. Die Gestaltung der Gesundheitswirtschaft hat nicht nur Auswirkungen auf das persönliche Wohlergehen des Einzelnen, sondern ist auch Voraussetzung für die Wohlfahrt einer Gesellschaft
Kernfragen der Gesundheitsökonomie Was sind die ökonomischen Folgen der Krankheit? Was kostet die Produktion von Gesundheit? Wie sind die Ergebnisse der Gesundheitsproduktion zu bewerten (in Gewinn an Lebensqualität)? Wie funktionieren Gesundheitsversorgungssysteme? Wie können sie - in marktwirtschaftlichen Systemen - gesteuert werden?
GÖ im Spannungsfeld der Interessen Niedergelassene Hohes Einkommen (Verteilungskämpfe innerhalb der Ärzteschaft), Ärzte Statuserhalt als Freiberufler, Bedarfsgerechte Leistungserbringung (Hippokrates) Pharmaindustrie Gewinne, Wettbewerbsfähigkeit, Gegensätze bei großen/kleinen bzw. forschenden/nichtforschenden Unternehmen Arbeitgeber Geringe Lohnnebenkosten, Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmer Krankenkassen Wirtschaftliche Leistungserbringung, niedrige Beiträge, Mehr Versicherte Arbeitnehmer/ Geringe Sozialabgaben, umfassender Gesundheitsschutz, Patienten Lebensqualität, Zuwendung
Systemimmanente Besonderheiten Demographie Medizinisch-technischer Fortschritt Opportunitätskosten Gesellschaftlicher Wandel Anspruchsverhalten der Versicherten Fehlende Einheit von Handlung und Haftung Gesamteffizienz fragwürdig (incl. Schnittstellenproblematik) […]
Handeln und Haften? Versicherung Zahler Rechnung Budget Versicherung Prämie Leistung (Behandlung) Arzt / LE Patient Entscheider Evt. Selbstbeteiligung Konsument
Von der Wirksamkeit zur Effizienz EFFIZIENZ WIRKUNG (Efficiency) (Effectiveness) WIRKSAMKEIT (Efficacy) Inhomogene Patientengruppen Homogene Patientengruppen $$$$$ ? "Funktioniert es ?" "Nutzt es ?" BLACK BOX Klinisch- "Wie viel Nutzen bei pharmakologischer Effekt Therapeutischer wie vielen Kosten?" Effekt Wirkung auf Symptom in Ressourceneffekt kontrolliertem Umfeld Wirkung auf Symptom im täglichen Leben Kosten-Nutzenbewertung
Die vierte Hürde 4. Kosten- Effektivität 3. Wirksamkeit 2. Sicherheit 1. Qualität Weltweit Partiell Kernfrage: Ist die Erstattung der Therapie X eine effiziente Verwendung der knappen Ressourcen In Deutschland der GKV ? erst seit AMNOG
Sozioökonomische Komponenten Direkte Kosten (Verbrauch von Ressourcen) - Ressourceneinsatz im Gesundheitswesen - ärztliche, pflegerische Leistung - Medikamente, Heil-und Hilfsmittel - Kosten für den Patienten – Selbstbeteiligung - Rechtsbeistand, Sozialarbeiter, Fahrtkosten Indirekte Kosten (Verlust von Ressourcen) - Arbeitszeitverlust (AU-Zeiten, Berentung) - Einschränkung der Leistungsfähigkeit Intangible Kosten - Psychische Belastung, Freizeitverlust - Verlust an Lebensqualität
Indirekte Kosten - Wie misst man Produktivität? Humankapitalansatz: Produktivität des einzelnen mit Durchschnittseinkommen beziffert Verzerrt Kostenanteil von Hausfrauen und nicht Beschäftigten Schwankt erheblich von Land zu Land Kostenüberschätzung bei sozialrechtlicher Benachteiligung Friktionskostenansatz: Produktivitätsverlust wird durch Ersatz rasch minimiert, daher Anrechnung von nur 80% des Bruttoeinkommens aus unselbst. Arbeit Relevant bei hoher Arbeitslosigkeit Liefert eher zu niedrige Werte
Perspektive der Kosten / Nutzen Betrachtungen der betroffene Patient seine Angehörigen der behandelnde Arzt das Krankenhausmanagement die Krankenkasse die Gesellschaft AOK DAK Sachverständigenrat der konzertierten Aktion im Gesundheitswesen, 1990
Gewinnung ökonomischer Daten Ökonomische Parameter in Protokoll inkorporiert (meist Zulassungsstudien der RCTs Hersteller) Hochgradig selektierte Patienten Datenerhebung im klinischen Alltag Beobachtungs- Einflussfaktoren schwer kontrollierbar studien „Simulationsstudien“ unter Verwendung von Annahmen (Prävalenzdaten, diverse Modell- Studienergebnisse zu Wirksamkeit, UAW, rechnungen drop-outs, Expertenwissen) Beleuchtung sämtlicher Szenarien Fehlannahmen verzerren Ergebnisse Datenbank- z.B. Daten von Versicherungsträgern Auswertungen Sehr begrenzte Perspektive
Ökonomische Analysen Analyseform Nutzenerfassung Frage Nicht vergleichend Krankheitskosten-A. keine „Welche Kosten verursacht die Krankheit?“ Vergleichend Kosten-Nutzen-A. monetär „Welche Therapie hat das bessere Kosten- naturalistisch Preis- / Leistungsverhältnis?“ Effektivitäts-A. Kosten- naturalistisch „Welche Therapie ist die kostengünstigste (bei gleicher Minimierungs-A. Wirkung)?“ Kosten-Nutzwert-A. naturalistisch „Ist der Gewinn an Lebensqualität die Kosten wert?“
Krankheitskostenanalyse (Deutschland 2015, Quelle Stat. Bundesamt 2019) 30 25 20 15 10 5 0 Kosten Männer Kosten Frauen
Kosten-Minimierungs-Analyse Kosten1 Programm 1 Ergebnis identisch Kosten2 Programm 2 Evidence benötigt, dass keine Ergebnisunterschiede! Handlungsempfehlung: billigere Variante nehmen
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Alltag schlechter und teurer höhere Kosten besser, aber teurer Referenz- punkt billiger, niedrigere Kosten aber schlechter besser und billiger schlechterer Effekt besserer Effekt Graf von der Schulenburg
Kosten-Effektivitäts-Analysen Ergebnis nicht identisch aber von gleicher Art, naturalistisches Maß Kosten1 Programm 1 Gesundheitsnutzen1: Kosten1 /Maßeinheit Kosten2 Programm 2 Gesundheitsnutzen2: Kosten2 /Maßeinheit
Bsp.: Kosten-Effektivitäts-Analyse Reha bei chron. Rückenschmerzen Effektivitäts-Zielgröße: Arbeitsfähigkeit Programm 1: Kosten 1: Gesundheitsnutzen 1: konventionelle 25,40 € / Tag stationäre Reha 2.035 €/Pat. 80 Arbeitstage in 6 Monaten nach Reha Programm 2: Kosten 1: Gesundheitsnutzen 2: + intensivierte psychologische 2.157 €/Pat. 94 Arbeitstage 22,95 € / Tag Betreuung in 6 Monaten nach Reha Modif. nach Krauth et al. Rehabilitation 2005; 44:e46-e56
Welches Maß? Kosten-Effektivitäts-Analysen Zielgrößen Anzahl geretteter Menschenleben Gerettete Lebensjahre Erfolgreich behandelte oder verhinderte Krankheitsfälle Reduzierte Krankheitshäufigkeit und –dauer Gewonnene Arbeitstage Anzahl Patienten, die ohne fremde Hilfe leben können Andere klinische Parameter (z.B. Blutdrucksenkung)
Beispiel: Kosten pro gerettetes Lebensjahr Kinderschutzimpfung < 0 US $ Grippeschutzimpfung 600 US $ Koronarer Bypass bei Dreigefäßerkrankung 15.000 US $ Koronarer Bypass bei Eingefäßerkrankung 55.000 US $ Nierentransplantation 22.000 US $ Hämodialyse 85.000 US $ Szucz, Medizinische Ökonomie, 1997
Kosten-Effektivitäts-Analysen Zielgrößen Anzahl geretteter Menschenleben Gerettete Lebensjahre Erfolgreich behandelte oder verhinderte Krankheitsfälle Reduzierte Krankheitshäufigkeit und –dauer Gewonnene Arbeitstage Anzahl Patienten, die ohne fremde Hilfe leben können Andere klinische Parameter (z.B. Blutdrucksenkung)
Zielgrößen in der Rehabilitation Durch die medizinische Rehabilitation bleiben der Volkswirtschaft jährlich über 150.000 Arbeitskräfte erhalten, die ohne die Maßnahmen aus dem Arbeitsleben (frühzeitig) ausscheiden würden Allein die durch die Rehabilitation gewonnenen Berufstätigkeitsjahre belaufen sich im Jahr 2005 auf 54.400 Jahre oder 12,5 Mio. vollzeitäquivalente Tage Rund 6 Mio. AU-Tage konnten durch die Rehabilitation im Jahre 2005 vermieden werden.
Bsp.: Kosten-Nutzen-Analyse Chron. obstruktive Bronchitis Effektivitäts-Zielgröße: Folgekosten Programm 1: Kosten 1: Folgekosten 1: konventionelle 1.413 €/ Jahr (direkte) stationäre Reha Standard 2.780 €/ Jahr (indirekte) 4.139 €/ Jahr (gesamt) Einsparung: 1.196 € - 47 € Programm 2: Kosten 1: Folgekosten 2: 1.149 € / Jahr + Patienten- Standard 911 €/ Jahr (direkte) verhaltenstraining + 47 €/Pat. 2.032 €/ Jahr (indirekte) u. Schulung 2.943 €/ Jahr (gesamt) Modif. nach Krauth et al. Rehabilitation 2005; 44:e46-e56
Welches Effektivitätsmaß? Universell einsetzbares Maß Vergleichbarkeit unterschiedlicher Maßnahmen und Ergebnisse herstellen Qualitätsadjustiertes Lebensjahr (QALY) QALY = Lebenszeit * qualitativer Nutzwert Lebensqualität als Nutzwert Zwischen 0 und 1
EXKURS: Was sind QALYs? QALY = (Lebensqualitäts-)Nutzwert x Zeitraum Gesundheit Tod Nutzwert = 1 0,5 Nutzwert = 0 Beispiele für Nutzwerte: -vollkommene Gesundheit 1,00 (Quelle: Szucs TD et al.) -Milde Angina Pectoris 0,99 -Status nach Myokardinfarkt 0,87 -Zustand nach Apoplex 0,80 -Blindheit 0,39 -Herzinsuffizienz NYHA IV 0,30 -Tod 0,00
Gewonnene Lebenszeit
Gewonnene Lebensqualität
Mehrdimensionaler Gewinn
Ermittlung der QUALYs Gewonnene Lebensjahre Gewonnene Lebensqualität Gewonnene Lebensjahre und Lebensqualität
Kosten-Effektivitäts-Analyse Effektivität aus verschiedenen Ergebnisgrößen zusammengesetzt Gemeinsamer Nenner erlaubt Vergleich von Programmen bei unterschiedlichen Krankheiten Kosten Konsequenzen Vorteile Nachteile besser (Nutzen) gesünder arbeitsfähig Direkte Indirekte Direkter Indirekter Kosten Kosten Nutzen Nutzen
Kosten-Nutzwert Analyse Nutzwert aus verschiedenen Ergebnisgrößen zusammengesetzt, u.a. Lebensqualität Gemeinsamer Nenner erlaubt Vergleich von Programmen bei unterschiedlichen Krankheiten Kosten Konsequenzen mehr Vorteile Nachteile besser Lebens- (Nutzen) gesünder arbeitsfähig qualität Direkte Indirekte Intangible Direkter Indirekter Intangibler Kosten Kosten Kosten Nutzen Nutzen Nutzen
Beispiel
Ergebnisse der SARAH-Studie Kosten Rehakosten Stationär: N = 111 Ambulant: N = 49 Direkte Kosten 2.016,- 1.416,- Indirekte Kosten 1.372,- 1.945,- 12 Mo. nach Reha N = 94 N = 45 Direkte Kosten 5.712,- 5.149,- Indirekte Kosten 3.271,- 1.224,- Gesamtkosten in 12 Mo. 12.371,- 9.734,-
Ergebnisse der SARAH-Studie Ambulant: + 0,87 QALY Stationär: + 0,85 QALY
Ergebnisse der SARAH-Studie Stationäre Gruppe: Ambulante Gruppe: 12.371 € 9.734 € für für 0,85 QALY 0,87 QALY 1 QALY = 14.554 € 1 QALY = 11.189 €
Nutzentheoretische Lebensqualitätsmessung Mit Rating-Scale Verfahren Mit Time Trade-off (Tauschgeschäft) Mit Standard Gamble-Verfahren (Lotterie)
Messinstrumente für Lebensqualität Indexinstrumente (nur eine Maßzahl) EuroQol, Karnofsky-Index = 75 % Profilinstrumente (nach physischer, psychischer, sozialer, etc. Dimension) SF-36
Indexinstrument Nutzen maximal Zustand X Zustand Y Zustand Z Nutzen minimal
Time trade off (“Tauschgeschäft”) 26jähriger Mann ist nach Motorradunfall querschnittsgelähmt und verlebt noch 50 Jahre in diesem (lebensqualitäts-) reduzierten Zustand. Tauschangebot: NUR noch X Jahre, aber ohne Rollstuhl in völliger Gesundheit Nutzwert des Zustandes Querschnittslähmung: Anzahl der Jahre mit 100% LQ X ? Anzahl der Jahre mit Krankheit 50
Standard Gamble („Lotteriespiel“) Wahrscheinlichkeit p gesund „Glücksspiel“ Alternative 1 Tod Zustand Wahrscheinlichkeit 1-p Zustand unverändert Alternative 2 „nichts tun“
Standard Gamble Wahrscheinlichkeit 90% gesund „Glücksspiel“ Alternative 1 Tod Zustand Wahrscheinlichkeit 10% Zustand unverändert Alternative 2 „nichts tun“
Standard Gamble Wahrscheinlichkeit 80% gesund „Glücksspiel“ Alternative 1 Tod Zustand Wahrscheinlichkeit 20% Zustand unverändert Alternative 2 „nichts tun“
Standard Gamble Wahrscheinlichkeit 70% gesund „Glücksspiel“ Alternative 1 Tod Zustand Wahrscheinlichkeit 30% Zustand unverändert Alternative 2 „nichts tun“
Standard Gamble Wahrscheinlichkeit 10% gesund „Glücksspiel“ Alternative 1 Tod Zustand Wahrscheinlichkeit 90% Zustand unverändert Alternative 2 „nichts tun“
Standard Gamble Wahrscheinlichkeit 10% Gesund (1) „Glücksspiel“ Alternative 1 Nutzwert: 0,1 x 1 = 0,1 Tod (0) Zustand Wahrscheinlichkeit 90% Zustand unverändert Alternative 2 „nichts tun“
Beispiel 2
Rückenschmerzen Reha versus Operation Gesamt- Operation kosten N=176 10.600 € Randomisierte, kontrollierte 2 Jahre Follow-up Studie Reha Gesamt- N=173 kosten 6.100 €
Operierte Reha-TN Nutzwerte erhoben mit EQ-5D
Rückenschmerzen Reha versus Operation Gesamt- Lebens- Mehr- Operation kosten qualität kosten N=176 10.600 € + 6,8% 65.785 € (Nutzwert pro QALY + 0,068) Randomisierte, kontrollierte 2 Jahre Follow-up Studie Reha Gesamt- N=173 kosten 6.100 €
QALY league tables 140.000 126.290 120.000 Costs per QALY in GBP 100.000 80.000 60.000 54.380 40.000 18.830 21.970 20.000 14.150 17.260 4.710 5.780 7.840 220 270 490 1.100 1.180 1.480 2.090 0
Gewinnung ökonomischer Daten Ökonomische Parameter in Protokoll inkorporiert (meist Zulassungsstudien der RCTs Hersteller) Hochgradig selektierte Patienten Datenerhebung im klinischen Alltag Beobachtungs- Einflussfaktoren schwer kontrollierbar studien „Simulationsstudien“ unter Verwendung von Annahmen (Prävalenzdaten, diverse Modell- Studienergebnisse zu Wirksamkeit, UAW, rechnungen drop-outs, Expertenwissen) Beleuchtung sämtlicher Szenarien Fehlannahmen verzerren Ergebnisse Datenbank- z.B. Daten von Versicherungsträgern Auswertungen Sehr begrenzte Perspektive
Modellrechnung ... eine auf Annahmen beruhende vereinfachte Darstellung der Wirklichkeit, die lediglich Haupteinflussfaktoren in ihren grundsätzlichen Wirkprinzipien beleuchtet. dient der Hypothesengenerierung liefert Anhaltspunkte für die Durchführung realer Studien ...oder wird verwendet, wenn reale Studien nicht durchgeführt werden können (z.B. durch finanzielle oder methodische Restriktionen) Mit so geringem finanziellen Aufwand würde man mit keinem Studiendesign Ergebnisse erzielen!
Analog Modellierung Kosten Rehabilitation Wahrscheinlichkeit A Voll rehabilitiert, 100% erwerbsfähig Kosten A erfolgreich Wahrscheinlichkeit B verlängern Kosten B Nonresponse Kosten C MdE 50% Wahrscheinlichkeit C teilrehabilitiert Kosten D MdE 90% Wahrscheinlichkeit D Früher Rehaabbruch Wahrscheinlichkeit Kosten EE
Beispiel: Kosteneffektivität von körperl. Training bei Herzinsuffizienz Fiktive Gruppe 1 Vergleichsgruppen Standardtherapie plus Training Annahmen: • 60jähr. Patienten • Herzinsuffizienz NYHA II u. III • 2x/Wo, dann 1x/Wo 30 min. Fitnesscenter • Zeithorizont 10 Jahre Gruppe 2 nur Standardtherapie Kühr et al, Value Health 2011
Beispiel: Kosteneffektivität von körperl. Training bei Herzinsuffizienz Therapiekosten Durchschnittl. QALYs Überlebenszeit mit 80% Lebensqualität Gruppe 1 Standardtherapie 15.331 $ 5,58 Jahre 4,46 plus Training Gruppe 2 nur Standardtherapie 12.720 $ 5,45 Jahre 4,36 2.611 $ für 0,1 QALY oder 26.110 $/QALY Kühr et al, Value Health 2011
Diskussion von Modellierungen Modell nur vereinfachtes Abbild der Realität > nur mit Einschränkungen übertragbar Verwendung von Hilfs- und Durchschnittsgrößen / Zahlreiche Annahmen Neue Entwicklungen nur bedingt berücksichtigt (z.B. DRG- Einführung und weitere Wirkungen, z.B. frühzeitigere Mobilisierung/Entlassung) Nicht alle relevanten Größen erfassbar (z.B. Rehabilitation) Verwendung des Human-Kapital-Ansatz [Mit so geringen finanziellen Aufwand hätte man mit keinem Studiendesign Ergebnisse erzielt ]...
Das deutsche Dilemma Historisch gewachsene Vollkaskomentalität in der GKV Separate Budgetverantwortung verschiedener Kostenträger (insbesondere in der Rehabilitation) (noch) keine konsentierten Bewertungskriterien Methodische Schwäche der QALYs → Mangelnde Akzeptanz Häufig unzureichende Daten- bzw. Studienlage → Potential für Versorgungsforschung Deutschland hat keine gesundheitsökonomische Tradition Oberste politische Priorität liegt bei Kostendämpfung
Zusammenfassung: Gesundheitsökonomie für „Nicht“-Ökonomen Aufgabe: Datenbasis für rationale, transparente, gerechte Verteilung knapper Mittel schaffen Verschiedene Analyseformen, Kosten-Effektivitäts-Analysen und Kosten-Nutzwert-Analysen vorrangig sinnvoll Basis für Daten vielfältig: klinische Studien, Leistungsträgerdaten, Versorgungsforschung Achtung bei Maßen und Gewichten: Viele Kostenarten (direkt/indirekt), Kostenperspektiven (Krankenkasse oder Gesamtgesellschaft), Effektivitätsmaße Vorsicht bei ausländischen Daten: Ökonomische Ergebnisse nicht auf andere Gesundheitssysteme extrapolierbar Vorsicht vor Modellierungen: wenig aufwändig, aber anfällig für Fehlannahmen
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