Gießener Universitätsblätter - Herausgegeben von der Gießener Hochschulgesellschaft e.V - Koordinierungsstelle für ...

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Gießener Universitätsblätter - Herausgegeben von der Gießener Hochschulgesellschaft e.V - Koordinierungsstelle für ...
Herausgegeben von der                                                               Jahrgang 53 | 2020
            Gießener Hochschulgesellschaft e.V.

            ISSN 0533-8689

                                                                                            Gießener
                                                                                   Universitätsblätter

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Gießener Universitätsblätter - Herausgegeben von der Gießener Hochschulgesellschaft e.V - Koordinierungsstelle für ...
Jahrgang 53 | 2020

                      Herausgegeben von der
            Gießener Hochschulgesellschaft e.V.

          Gießener
Universitätsblätter

                              Druck und Verlag:
         Brühlsche Universitätsdruckerei Gießen
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Umschlaggestaltung: Das Liebig-Laboratorium zu Liebigs Zeiten. (Zeichnung von J. M. Bayrer, 1841,
                    im Besitz der Justus Liebig-Gesellschaft zu Gießen e. V.)
                    Siehe den Beitrag von Franziska Müller „Das Liebig-Laboratorium als Erinnerungsort
                    und sein Potential zum UNESCO-Weltkulturerbe“, S. 103 ff.

Herausgeber          Gießener Hochschulgesellschaft e.V.

Schriftleitung       Prof. Dr. Joachim Jacob
                     Institut für Germanistik
                     Justus-Liebig-Universität Gießen
                     Philosophikum I, Otto-Behaghel-Straße 10 B
                     35394 Gießen
                     Telefon 0641 9929070
                     joachim.jacob@germanistik.uni-giessen.de

Redaktion            Dr. Angelika Müller-Scherf
                     Postfach: Ludwigstraße 23
                     35392 Gießen
                     Telefon 06409 804312
                     dr@angelika-mueller-scherf.de

Druck und Verlag     Brühlsche Universitätsdruckerei Gießen

ISSN                 0533-8689
Gießener Universitätsblätter - Herausgegeben von der Gießener Hochschulgesellschaft e.V - Koordinierungsstelle für ...
Inhalt
 I. Aus Universität und Stadt
   Ehrentafel ……………………………………………………………………………………                                       6
   Bericht des Präsidenten des Verwaltungsrates
   und des Vorstandsvorsitzenden der Gießener Hochschulgesellschaft……………………          7
   Die Stiftung Gießener Hochschulgesellschaft: Rückblick 2019 ………………………… 11
   Der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen:
   Rede zum Akademischen Festakt der Justus-Liebig-Universität Gießen
   am 29. November 2019 …………………………………………………………………… 13
   Angela Dorn, Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst:
   „Wissenschaft in Zeiten gesellschaftlicher Spaltung“
   Festvortrag anlässlich des Akademischen Festaktes
   der Justus Liebig-Universität Gießen am 29. November 2019…………………………… 21
   Die Oberbürgermeisterin der Universitätsstadt Gießen:
   Wissenschaft und Politik in der Krise – ein gelingender, zukunftsfähiger Weg ………… 25
 II. Themen und Thesen
   LANDWIRTSCHAFT AM LIMIT – WELTERNÄHRUNG IM WANDEL
   Ringvorlesung des Präsidenten
   Vorwort ……………………………………………………………………………………… 29
   Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, Berlin,
   Knut Ehlers, Fachgebietsleiter „Landwirtschaft“ Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau:
   „Stickstoff – zu viel des Guten?“ ………………………………………………………… 31
   Thorsten Schäfer-Gümbel,
   Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Eschborn:
   Ernährungssicherung in Entwicklungsländern:
   Welche Potenziale bietet die Landwirtschaft? …………………………………………… 43
   Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Berlin
   „Smarte Anwendungen im Stall und auf dem Feld –
   Landwirtschaft als Vorreiter bei der Digitalisierung“ …………………………………… 53
III. Fächer, Forschung, Perspektiven
     Sigrid Ruby:
     „Empfangsräume. Entwurf einer Poetik“ ………………………………………………… 59
   Dagmar Klein:
   Die Anfänge der Säuglingsfürsorge in Gießen.
   Zum Doppeljubiläum in 2019: 120 Jahre Kinderpoliklinik mit Mütterberatung
   und 110 Jahre Großherzogliche Zentrale für Mütter- und Säuglingsfürsorge ………… 77
   Alissa Theiß:
   Die Sammlungen der Universität Gießen ………………………………………………… 85
   Franziska Müller:
   Das Liebig-Laboratorium als Erinnerungsort und sein Potential
   zum UNESCO-Weltkulturerbe ……………………………………………………………… 103
   Bernhard Hartmann:
   Mehr als nur Arbeit am Wort. Vom Zugegensein und den Aufgaben des Übersetzers   113

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Inhalt (Fortsetzung)

    V. Aktuelle Forschungsprojekte
       Mathilde Hennig, Nilüfer Cakmak-Niesen, Philipp Meisner:
       DFG-Langfristvorhaben an der JLU Gießen:
       Syntaktische Grundstrukturen des Neuhochdeutschen.
       Zur grammatischen Fundierung eines Referenzkorpus Neuhochdeutsch ……………… 125
       Peter v. Möllendorff:
       Schönes Hören. Theorie und Praxis literarischen Hörens in der Antike ………………… 137

 VI. Berichte aus geförderten Projekten
     Katrin Dolle, Semjon Aron Dreiling:
     Die homerische Irrfahrt in Bildkünsten und Populärkultur.
     Interdisziplinäre Tagung der Institute für Kunstgeschichte und Klassische Philologie … 145
     Sarah Angelow:
     Nach den Sternen greifen ………………………………………………………………… 147
     Leonie Kopineck, Greta Katharina Klein:
     Sachbericht Theatermaschine 2019 ……………………………………………………… 149
     Matthea Schmale:
     Theater- und Konferenzreise zum Kolloquium der Société internationale pour l‘étude
     du théâtre médiéval (SITM) in Genua……………………………………………………… 151
     Eva Holling:
     Performance-Festival IN/BETWEEN ………………………………………………………… 155
     Matthias Höher:
     “Post-War Land Use Change in Colombia” ……………………………………………… 159
     Elena Xoplaki:
     Summer School “Climate Change Impacts on the MED-Agro-Food Chain” …………… 161
     Benjamin Hoesch:
     UNA SOLO bei „Musik im Pausenraum“ im Gießener Rathaus ………………………… 163
     Li Lorian:
     Only If I Have Nothing to Cite, I Dance …………………………………………………… 165
     Maria Obermeier, Helena Waldvogel, Calendal Klose,
     Paula Trummer, Laura Schilling:
     Diskurs-Festival “never again” …………………………………………………………… 169
     Oliver Klaassen, Cathérine Ludwig-Ockenfels, Jana Tiborra,
     Prof. Dr. Ansgar Schnurr (beratend), Katharina Wolf:
     Interdisziplinäre Konferenz: Renegotiating Minoritarian In_Visibilities ………………… 173

    VI. Dissertationsauszeichnungen 2019 …………………………………………………… 179

VII. Personalia ………………………………………………………………………………… 189

VIII. Biographische Notizen     ………………………………………………………………… 193

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Gießener
                                                                               Universitätsblätter
                                                                               53 | 2020
Alissa Theiß

Die Sammlungen der Universität Gießen

Weltweit stehen universitäre Sammlungen           nelia Weber als Honorarprofessorin für Wis-
und Museumsexponate wieder verstärkt in der       senschaftliche Sammlungen und Wissens-
Aufmerksamkeit. Es hat sich mittlerweile zu       transfer für die JLU zu gewinnen. Dr. Weber
einem Trend entwickelt, geschichtliche Ereig-     war unter anderem Leiterin der Koordinie-
nisse oder Epochen anhand von Objekten dar-       rungsstelle für wissenschaftliche Universitäts-
zustellen.1 An den deutschen Universitäten        sammlungen in Deutschland und unterrichtet
waren die Lehr- und Forschungssammlungen          seit 20 Jahren fächerübergreifend zum Thema
seit der Mitte des 20. Jahrhunderts teilweise     Universitätssammlungen.
aus dem Blickfeld geraten. Die Gründe dafür       Der Zusammenschluss im „Arbeitskreis Samm-
sind vielfältig. Dazu beigetragen haben unter     lungen“ organisierte unter anderem 2014/15
anderem Verluste wichtiger Objekte und gan-       eine erste Statuserhebung zu den Samm-
zer Sammlungen im Zweiten Weltkrieg, die          lungen der Justus-Liebig-Universität. Die Rück-
nicht leicht ersetzt werden konnten, aber auch    meldungen aus den einzelnen Fachbereichen
die Entwicklung neuartiger Lehrmethoden im        und Einrichtungen ließen deutlich werden,
Zuge der 1968er-Revolution, die großen struk-     dass die Schaffung einer Sammlungsbeauf-
turellen Veränderungen in den „Nuller-Jah-        tragten-Stelle unumgänglich war, sollten die
ren“ sowie zuletzt die Forderung nach digi-       Gießener Universitätssammlungen dauerhaft
talen Lehrformaten. Seit einigen Jahren lässt     erhalten und weiterentwickelt werden. Der
sich aber eine gegenläufige Entwicklung ver-      Einsatz des Arbeitskreises war erfolgreich: Seit
zeichnen. Unter dem Schlagwort “Material          April 2019 gibt es an der Justus-Liebig-Univer-
Turn” wendet sich die Forschung, allen voran      sität eine Sammlungskoordination. Angesie-
die Geisteswissenschaft, nach zaghaften An-       delt ist sie an der Stabsabteilung für Wissen-
fängen in den 1980er Jahren heute wieder          schaftliche Infrastruktur, wo sie dem Vizeprä-
stark den Objekten und ihrer Relevanz für Ge-     sidenten für Wissenschaftliche Infrastruktur
sellschaft, Kultur, Lehren und Lernen zu.2        unterstellt ist.
Durch die Entwicklung neuer Methoden ge-          Die Sammlungskoordination nimmt vielfältige
winnen auch historische Sammlungen für die        Aufgaben wahr: Sie arbeitet an der konzepti-
naturwissenschaftliche und medizinische For-      onellen Weiterentwicklung der Gießener
schung wieder an Relevanz.3                       Sammlungen und setzt sich für den dauer-
Die große Bedeutung, die Universitätssamm-        haften Erhalt und eine erhöhte Sichtbarkeit
lungen für Forschung und Lehre sowie für die      der Sammlungen ein, beispielsweise durch das
Bewahrung des Institutionengedächtnisses          Sammlungsportal auf der Uni-Homepage4
haben, hat an der Justus-Liebig-Universität       oder unterschiedliche Formate der Öffentlich-
schon Ende 2011 zur Gründung des „Arbeits-        keitsarbeit. Neben der Unterstützung samm-
kreises Sammlungen“ geführt, der von Prof.        lungsbesitzender Institute und Einrichtungen
Dr. Volker Wissemann geleitet wurde. Im Jahr      sichert die Sammlungskoordination auch
2009, zum 400-jährigen Jubiläum des Bota-         Sammlungen, die fachlich nicht (mehr) betreut
nischen Gartens, gab es an der JLU bereits ei-    werden können, weil etwa die entspre-
ne 10-teilige öffentliche Ringvorlesung zum       chenden Institute aufgelöst wurden. Langfri-
Thema „Universitäre Sammlungen“. 2018 ge-         stig arbeitet sie an der Umsetzung einer
lang es der Justus-Liebig-Universität, Dr. Cor-   Sammlungsordnung sowie an der Bereitstel-
                                                                                               85
lung einer zentralen Dateninfrastruktur, wobei     bildeten eine wichtige Grundlage für das Pa-
sie in regelmäßigem Austausch mit den Samm-        pier. Auf die Empfehlungen des Wissen-
lungsbeauftragten anderer Universitäten und        schaftsrats geht wiederum die Einrichtung der
der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche     Koordinierungsstelle für wissenschaftliche
Universitätssammlungen in Deutschland steht.       Universitätssammlungen in Deutschland am
                                                   Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kultur-
Universitätssammlungen                             technik im Jahr 2012 zurück, die bis 2022 vom
in Deutschland                                     Bundesministerium für Bildung und Forschung
                                                   gefördert wird.10 Sie ist die zentrale Anlauf-
In Deutschland besitzen fast alle Universitäten    stelle für alle, die mit universitären Samm-
Sammlungen. Aktuell liegt die Zahl der er-         lungen zu tun haben. Zu den zahlreichen Ak-
fassten Institutionen bei 77, Sammlungen gibt      tivitäten der Koordinierungsstelle gehören un-
es insgesamt 1058.5 Die Anzahl der einzelnen       ter anderem die Organisation von Workshops
Sammlungen schwankt stark von Uni zu Uni,          zu aktuellen Themen sowie die Bereitstellung
wobei man bedenken muss, dass die Zahlen           von Handreichungen und Leitfäden zum Um-
immer nur die bekannten und gemeldeten             gang mit Sammlungen. Darüber hinaus bietet
Sammlungen abbilden können. Manche Stand-          die Koordinierungsstelle maßgeschneiderte
orte haben lediglich eine Sammlung, wie die        Beratungen zu allen sammlungsrelevanten
TU Ilmenau oder die Universität zu Lübeck,         Themen an. Sie ist erste Anlaufstelle für alle
während die Eberhard Karls Universität in Tü-      Belange aus dem Bereich der Universitäts-
bingen 69 Sammlungen verzeichnet. Durch die        sammlungen und für die bundesweite Umset-
Einrichtung der Sammlungskoordination hat          zung der vom Wissenschaftstrat ausgespro-
sich die Zahl der bekannten und vorhandenen        chenen Empfehlungen unentbehrlich.
Sammlungen6 an der Justus-Liebig-Universität
Gießen innerhalb des ersten Jahres verdoppelt      Doch was sind
und liegt mittlerweile bei mehr als 40.            Universitätssammlungen überhaupt?
Dass deutschlandweit überhaupt Zahlen zu
den Sammlungen erhoben wurden, ist dem             Universitätssammlungen sind wie Universitäts-
von Dr. Cornelia Weber initiierten und in den      bibliotheken und Universitätsarchive Teil der
Jahren 2004 bis 2011 durchgeführten Projekt        wissenschaftlichen       Forschungsinfrastruktur
„Universitätssammlungen in Deutschland: Un-        und des institutionellen Gedächtnisses der Uni-
tersuchungen zu Bestand und Geschichte“ zu         versitäten. Eine präzise Definition bietet die Do-
verdanken, das von der Deutschen For-              kumentation des DFG-Projekts „Universitäts-
schungsgemeinschaft gefördert wurde. Das           sammlungen in Deutschland“:
Projekt war an der Humboldt-Universität zu
Berlin angesiedelt und erfasste erstmals die         „Als Universitätssammlungen gelten [...]
Sammlungsbestände der deutschen Hoch-                alle aktuell oder ehemals zu einer wissen-
schulen und Universitäten, wobei auch aufge-         schaftlichen, theologischen und künstle-
löste oder verschollene Sammlungen berück-           rischen Hochschule gehörenden Samm-
sichtigt wurden.7 Alle Informationen sind in ei-     lungen mit gegenständlichen und au-
ner umfangreichen Datenbank öffentlich zu-           dio-visuellen Objekten. Auch Orte, an de-
gänglich.8                                           nen lebende Organismen aufbewahrt wer-
Im Jahr 2011 veröffentlichte der Wissen-             den (z.B. Botanische Gärten oder Aquari-
schaftsrat seine Empfehlungen zu wissen-             en), sowie mit der Universitätsgeschichte
schaftlichen Sammlungen als Forschungsinfra-         verbundene Memorialeinrichtungen, die
strukturen, in denen er die Universitäten auf-       in Lehre und Forschung genutzt werden
fordert, Sammlungsbeauftragte zu benen-              und/oder museale Funktionen erfüllen,
nen.9 Die Ergebnisse aus dem DFG-Projekt             zählen [dazu].“11
„Universitätssammlungen in Deutschland“

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Die Sammlungen haben zahlreiche Aufgaben:          geschichte erhalten werden.15 Zentrale Kusto-
sie sind Lehrmittel und dienen sowohl der fach-    dien oder Sammlungskoordinationen sind da-
spezifischen Ausbildung – die disziplinäre Lehre   für die Grundlage. Die Einrichtung einer sol-
findet in der Regel direkt an den besitzenden      chen Institution sollte für alle Universitäten so
Instituten statt – als auch zum Erwerb von         selbstverständlich sein, wie es Bibliotheken
überfachlichen Kompetenzen, den sogenann-          sind. Für die institutionalisierte Sammlungsko-
ten Schlüsselqualifikationen. Besonders augen-     ordination möchte ich den Begriff der „Objek-
fällig ist hierbei die Rolle, die die Sammlungen   tothek“ vorschlagen. Darin ist die Möglichkeit
für den Wissenstransfer spielen. Die universi-     des Bewahrens, Erforschens und Studierens
tären Sammlungen sind Teil der Forschungsin-       von Objekten in eigens zu diesem Zweck einge-
frastruktur und regen kontinuierlich neue For-     richteten     Objektlaboren       eingeschlossen.
schungsfragen an. Zugleich sind sie als Spei-      Gleichzeitig ist damit aber auch für die Ge-
cher des kulturellen Erbes ein entscheidender      samtheit der Sammlungen ein institutioneller
Teil der Wissenschaftsgeschichte der Universi-     Rahmen geschaffen. Dass eine derartige Ein-
tät sowie der Geschichte ihrer Institute. Die      richtung über eigenes Fachpersonal und ange-
Sammlungen überliefern materielle Werte und        messene finanzielle Mittel verfügen muss, ist
sie repräsentieren einzelne Disziplinen. Außer-    evident. Bislang fehlen noch Strukturen, um
dem sind sie ein wirkungsvolles Mittel zur Pro-    gezielt Sammlungsexperten auszubilden. We-
fil- und Imagebildung der Universität und          der gibt es das Berufsbild des Sammlungsbe-
leisten hervorragende Dienste bei der Umset-       auftragten/-koordinators/Zentralen Kustoden,
zung von Transferstrategien. Sammlungen ha-        noch, wie man sieht, eine einheitliche Bezeich-
ben also Gewicht, wenn es um wissenschafts-        nung dafür. Zudem sind die jeweiligen Posten
politische Fragen geht. Aufgrund ihrer Vielsei-    an den verschiedenen Universitäten unter-
tigkeit und Alterität stoßen Sammlungen auf        schiedlich angebunden: an der Universitätsbi-
große Resonanz auch außerhalb der Universität      bliothek, am Präsidium, an einzelnen Fachbe-
und eignen sich dadurch hervorragend für Öf-       reichen usw. Die Sammlungscommunity arbei-
fentlichkeitsarbeit und Outreach Activities und    tet kontinuierlich an der Verbesserung dieser
schlagen Brücken zwischen Universität und          Situation. Einige Universitäten, darunter auch
Stadt.                                             die JLU, haben begonnen, in der Lehre gezielt
Wissenschaftliche Sammlungen gibt es an Uni-       Module für die Sammlungsarbeit anzubieten.
versitäten weltweit.12 Viele bekannte Museen       Es besteht die Hoffnung, dass sich mit der Eta-
gehen auf Universitätssammlungen zurück,           blierung eigener Studiengänge, die auf das
wie das 1683 eröffnete Ashmolean in Oxford,        Profil des Sammlungsbeauftragten zugeschnit-
das erste Universitätsmuseum der Welt.13 Gera-     ten sind, auch die Einrichtung von „Objekto-
de die traditionsreichen Sammlungen in Euro-       theken“ als Selbstverständlichkeit an den Uni-
pa überliefern einzigartiges materielles Kultur-   versitäten durchsetzen wird.
gut. Doch Universitätssammlungen sind keine
Museen. Sie waren und sind existenzieller Teil     Geschichte der Universitätssammlungen
der wissenschaftlichen Infrastruktur von Uni-
versitäten. Auch historische Sammlungen, die       Erst durch das Anlegen von Sammlungen, das
nicht mehr in Forschung und Lehre eingesetzt       Klassifikationen und Ordnungen erforderlich
werden, gewinnen aktuell durch neue For-           machte, begannen sich wissenschaftliche Sy-
schungsmethoden, Fragestellungen und didak-        stematiken herauszubilden. Die Systematiken
tische Konzepte an Relevanz.14 Nicht zuletzt       erforderten es ihrerseits, durch den Ausbau der
aufgrund der rasanten Entwicklung in diesen        Sammlungen überprüft, verifiziert oder falsifi-
Bereichen gilt es, Universitätssammlungen zu       ziert zu werden. Die akademischen Samm-
bewahren und zu schützen. Nur so können ihr        lungen sind also untrennbar mit der Herausbil-
Forschungspotential langfristig gesichert und      dung der einzelnen Disziplinen verbunden, ha-
diese materiellen Zeugnisse der Wissenschafts-     ben diese sogar befördert.16 Der Frühneuzeit-

                                                                                                 87
Blick in eine „Objektothek“ des 18. Jahrhunderts. (Quelle: Caspar Friedrich Neickel: Museographia Oder Anleitung.
Zum rechten Begriff und nützlicher Anlegung der Museorum Oder Raritäten-Kammern [...] (Leipzig 1727), Titelkupfer.)

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historiker Prof. Dr. Marian Füssel spricht in die-   mer auch als epistemische Objekte zu verste-
sem Zusammenhang von einem „nachhaltigen             hen.21 Nach der ersten Konsolidierungsphase
Institutionalisierungsschub“, der von den            im 17. und 18. Jahrhundert kann mit Recht be-
Sammlungen und ihren jeweiligen Kuratoren            hauptet werden: „Die Wissenschaften des 19.
ausging.17                                           Jahrhunderts beginnen mit den Samm-
Um zu verstehen, warum Universitätssamm-             lungen.“22
lungen angelegt wurden, gilt es, einen Blick in
die Vergangenheit zu werfen: Weit zurück in          Die Sammlungen der Ludoviciana
der Geschichte der Universitäten und noch vor
der Herausbildung der einzelnen Forschungs-          Auch in Gießen war das 19. Jahrhundert das
disziplinen bildeten die akademischen Samm-          Zeitalter der Entstehung der Institute und Semi-
lungen den Grundstock und das Rückgrat der           nare. In dieser Zeit wurden die meisten Samm-
Alma Mater.                                          lungen angelegt.23 Doch die Geschichte der
Häufig dienten die ersten Sammlungen der             Gießener Sammlungen ist so alt wie die Univer-
medizinischen Lehre. Ihre Anfänge gehen zum          sität selbst: 1607 wurde sie auf Veranlassung
Teil, wie in Leiden oder Padua, bis ins 16. Jahr-    des Landgrafen Ludwig V. von Hessen-Darm-
hundert zurück: es sind die anatomischen Kabi-       stadt (1577–1626) als „Ludoviciana“ gegrün-
nette (theatrum anatomicum) und die Bota-            det.
nischen Gärten, die als medizinische Gärten          In diesem Beitrag kann natürlich keine vollstän-
(hortus medicus) in der Tradition der mittelal-      dige Aufzählung der historischen Gießener
terlichen Klostergärten standen und Arznei-          Sammlungen und noch weniger die Darlegung
pflanzen sowie Anschauungsmaterial für die           ihrer jeweiligen Entstehungsgeschichte er-
Studenten der Medizin und Pharmazie liefer-          folgen. Deshalb beschränke ich mich auf ein
ten.18                                               paar Schlaglichter. Von Bedeutung ist, dass die
Die frühen wissenschaftlichen Objekt-Samm-           vielfältigen Gießener Universitätssammlungen
lungen waren nicht selten Privatbesitz der Pro-      lange in hohem Ansehen standen und schon
fessoren, die sich persönlich um Beschaffung         mehrmals gerühmt wurden. 1967, zum 10-jäh-
und Pflege ihrer Ausstattung kümmern muss-           rigen Jubiläum der Justus-Liebig-Universität,
ten.19 Sie beinhalteten ganz unterschiedliche        das zugleich das 360. Jubiläum der Ludoviciana
Dinge. Besonders beliebt waren einerseits ar-        war, formuliert es der damalige Rektor Cle-
chäologische Funde, antike Münzen, Präparate         mens Heselhaus so:
seltener Tiere, aber auch modernste Instru-
mente für die Laborarbeit und Apparaturen zur          „Die Gießener Ludwigs-Universität hat in
Durchführung von Experimenten. Für heutige             ihrer Geschichte seit 1607 eine ganze Rei-
Betrachter würden diese Objektkonglomerate             he von merkwürdigen Stücken angesam-
wohl eher Wunderkammern gleichen – aus de-             melt, die vielfach dokumentarischen Wert
nen sie teilweise sogar hervorgingen. Doch im          für die Geschichte der deutschen Universi-
Gegensatz zu den Wunderkammern, die dem                täten haben. Die Justus-Liebig-Universität
Kuriosen und Singulären verpflichtet waren,            hat damit eine Aura geerbt, die alle Erfolge
stellen die universitären Sammlungen ihre Ob-          der Labors und der Reformen ihr allein
jekte in einen Sachzusammenhang.20 Damit               nicht geben könnten. Indem aber diese
fungierten sie von Anfang an als „Objekto-             Merkwürdigkeiten von sorgsamer Hand
theken“ und bildeten, wie die Bücher der Bibli-        bis heute aufgehoben wurden, hat sich die
otheken, die Grundlage für das wissenschaft-           Gießener Universität etwas bewahrt, was
liche Arbeiten, für Studium und Forschung.             man meist nur von den Colleges in Cam-
Sammlungen sind also für viele Disziplinen eine        bridge und Oxford kennt: eine Tradition,
Voraussetzung, um zu Erkenntnissen zu gelan-           die in konkreten Stücken gegenwärtig
gen. Sie bilden die Grundlage für das Zustan-          ist.“24
dekommen von Wissen und sind von daher im-

                                                                                                  89
Mit den überlieferten Sammlungen hat sich in                  Lehre genutzt.27 Auf der Basis einer umfang-
Gießen ein bedeutender Fundus der Wissen-                     reichen Lehrsammlung wurde in Gießen durch
schafts- und Disziplinengeschichte erhalten.                  Philipp Phoebus (1804–1880) im Jahr 1844 so-
Die Entwicklung der einzelnen Fachsystema-                    gar das „erste pharmakologische Institut in
tiken kann anhand der Objekte aus den Samm-                   Deutschland“ gegründet,28 dessen reichhal-
lungen oder auch anhand der Entwicklung des                   tigen Sammlungen, wie die Leipziger „Illus-
Botanischen Gartens nachvollzogen werden:                     trirte Zeitung“ 1880 schreibt „unter Fachleu-
Im Laufe der Jahrhunderte wurde er immer                      ten berühmt“ waren.29
wieder nach den neuen wissenschaftlichen Er-                  Erster Leiter des Gießener hortus medicus war
kenntnissen umgestaltet.25 Bestanden hat er                   der Botaniker und Mediziner Ludwig Junger-
bereits im Jahr 1609. Es ist der älteste Bota-                mann (1572–1653). Jungermann legte ein
nische Garten Deutschlands, der sich noch im-                 umfangreiches, etwa 2.000 Pflanzen umfas-
mer am Ort seiner Gründung befindet.26 Als                    sendes Herbarium an und beschäftigte sich mit
hortus medicus diente auch er der Arzneige-                   der heimischen Flora.30 Der Bestand wurde lau-
winnung und wurde für die pharmazeutische                     fend erweitert. 1851 wurde beispielsweise ei-
                                                                                   ne Sammlung von Früch-
                                                                                   ten, Samen, Hölzern und
                                                                                   „Kuriositäten“ für die Leh-
                                                                                   re zusammengestellt.31 Ab
                                                                                   1851 war Hermann Hoff-
                                                                                   mann (1819–1891), der
                                                                                   Namenspate der Her-
                                                                                   mann-Hoffmann-Akade-
                                                                                   mie für junge Forsche-
                                                                                   rinnen und Forscher, für
                                                                                   vier Jahrzehnte Leiter des
                                                                                   Botanischen        Gartens.
                                                                                   Nach seinem Tod erhielt
                                                                                   das Botanische Institut
                                                                                   u.a. sein mykologisches
                                                                                   Herbarium.32 1895 erhielt
                                                                                   die Universität außerdem
                                                                                   das Herbarium des Kam-
                                                                                   merrats Wilhelm Klenze
                                                                                   (1786–1849), das sich im
                                                                                   Privatbesitz der hessischen
                                                                                   Großherzöge       befunden
                                                                                   hatte.33 Vor dem Zweiten
                                                                                   Weltkrieg war der Bestand
                                                                                   auf etwa 250.000 Her-
                                                                                   bar-Belege angewachsen.
                                                                                   Durch die Bombardierung
                                                                                   Gießens im Dezember
                                                                                   1944 wurde die sorgfältig
                                                                                   angelegte Sammlung fast
                                                                                   vollständig zerstört. Eine
                                                                                   Ausnahme ist ein Teil-
Johann Georg Wentzel, Porträt Johann Heinrich Mays d. J. aus der Gießener Profes-
sorengalerie, 1722, Öl auf Leinwand, ca. 75 x 60 cm, Universitätshauptgebäude.     herbarium von Adolf Han-
(Quelle: Bildarchiv von Universitätsbibliothek und -archiv Gießen)                 sen (1851–1920), der seit

90
1891 Direktor des Botanischen Gartens war.         ße. Hier waren auch die Sammlungen der Pa-
Hansens Belege aus Indonesien sind im Herba-       thologischen Anatomie, der Physiologie und
rium der Universität Göttingen aufgetaucht         der Zoologie aufgestellt.42
und seit dem Jahr 2013 wieder zurück in Gie-       Mit der Berufung des Mediziners Friedrich
ßen.34 Auch im Nachlass Hermann Hoffmanns          Christian Gregor Wernekincks (1797–1835) im
fanden sich noch Herbarbelege. Hoffmanns           Jahr 1825 scheint auch dessen zoologische
Nachkommen übergaben sie dem Botanischen           Sammlung nach Gießen gekommen zu sein.43
Institut, so dass es trotz der Zerstörungen im     Bereits 1826 wird die zoologische Sammlung
Zweiten Weltkrieg nun wieder historisches          in der „Allgemeinen Schulzeitung“ mit einem
Material im Gießener Herbarium gibt.35             Bestand von „einigen tausend Stück“ bezif-
In direkter Nähe zum Botanischen Garten war        fert, vermutlich gab es also bereits vor Werne-
die medizinische Fakultät untergebracht: sie       kinck Tierpräparate in Gießen. Weiter heißt es,
bezog das 1608 fertiggestellte und 1611 ein-       die Sammlung enthalte „Exemplare aus allen
geweihte Kollegiengebäude. Der medizinische        Thierklassen und Geschlechtern, so dass sie
Hörsaal wurde auch als Sektionsraum genutzt.       beim akademischen Unterrichte das Vorgetra-
1615 wurde das Theatrum anatomicum bean-           gene sehr zweckmäßig versinnlicht“.44
tragt. Im selben Jahr fand auch die erste ur-      Umfangreiche Lehrsammlungen mit Tierprä-
kundlich belegte Sektion statt.36                  paraten wurden auch in der Veterinärmedizin
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts bekam das           angelegt. Tierheilkundevorlesungen gab es
Theatrum anatomicum am Brandplatz in der           bereits im Jahr 1777.45 Karl Wilhelm Vix (1802–
Nähe des Kollegiengebäudes ein eigenes Ge-         1866), der seit 1827 Tierheilkunde an der Gie-
bäude.37 1812/13 wurde die Anatomie umge-          ßener Universität unterrichtete, vermachte sei-
baut und die schon bestehenden Sammlungen          ne private Sammlung von Skeletten, Gebissen,
für pathologische und vergleichende Anato-         Hufen und pharmakologischen Präparaten der
mie neu eingerichtet.38 1836 oder 37 erwarb        Universität.46 1871/72 wurde unter dem Direk-
die Ludoviciana das Anatomische Museum des         tor des Veterinärinstituts, Johann Georg Pflug
bekannten Anatomen Samuel Thomas von               (1835–1905), eine neue Veterinäranstalt am
Soemmerring (1755–1830) für 16.500 Gul-            Seltersberg gebaut, die über eigene Samm-
den, was heute mehr als einer halben Million       lungsräume verfügte. Knapp 30 Jahre später
Euro entspricht.39 1844 wird es mit der patho-     wurde die Veterinär-Anatomie für die Aufstel-
logischen Sammlung vereinigt. Die umfang-          lung einer Skelettsammlung aufgestockt.47
reiche Sammlung existierte wohl – zumindest        Adam Olt (1866–1955), der Begründer der
in Teilen – auch noch nach dem Zweiten Welt-       Wildpathologie, legte eine umfangreiche wild-
krieg, obwohl das Anatomische Museum zer-          pathologische Sammlung an, die in Teilen
bombt wurde. Noch 1957 verwendete der Pa-          noch heute existiert. Eine Futtermittelsamm-
thologe Georg Herzog (1884–1962) anschei-          lung, zusammengestellt von Friedrich Gmeiner
nend Stücke der Soemmerring‘schen Samm-            (1870–1918), komplettierte den Sammlungs-
lung in seinem Unterricht. Einige wenige Expo-     bestand der Veterinärmedizin.48
nate sollen noch bis in die 1970er Jahre           Neben den (veterinär-)medizinischen Samm-
existiert haben, über ihren weiteren Verbleib      lungen und dem Botanischen Garten gab es
ist bislang nichts bekannt.40 Durch einen          zahlreiche weitere Lehr- und Forschungs-
Sammlungskatalog aus dem Jahr 1851, den            sammlungen an der Ludoviciana. Eine ihrer
der damalige Leiter der Sammlung, Adolf            frühesten Würdigungen erfahren diese im
Wernher (1809–1883), zusammengestellt hat,         dritten Band des Sammlungskatalogs von
ist der historische Bestand überliefert. Es han-   Friedrich Karl Gottlob Hirsching (1762–1800)
delte sich um mehr als 2.000 überwiegend pa-       aus dem Jahr 1789.49 Ganz im Sinne der Auf-
thologische Präparate, darunter auch einige        klärung trug Hirsching zahlreiche Informati-
Tierpräparate.41 Untergebracht war das Anato-      onen zu den Objektbeständen in deutschen
mische Museum seit 1849 in der Bahnhofstra-        Museen, Bibliotheken und Universitäten zu-

                                                                                               91
sammen, die Forschenden den Weg zu diesen             mismatische Lehrsammlung an einer deutschen
Sachquellen weisen sollten.50 Im Folgenden            Universität“ gilt.53 Die Sammlung aus Halle geht
Auszüge der Seiten 153 und 154 aus Hirschings         zurück auf den Universalgelehrten Johann Hein-
„Nachrichen“:                                         rich Schulze (1687–1744). Schulze lehrte seit
                                                      1738 mit seiner Privatsammlung antike Numis-
  Giessen.                                            matik und wurde damit „zum Begründer dieser
  [...] In dem Bibliothekssaale befindet sich         wissenschaftlichen Disziplin“.54 Einer seiner
  ein kleines Münzkabinet, und einige, zwar           Schüler war Johann Joachim Winckelmann
  sehr gute, aber aus der Mode gekommene              (1717–1768), der Wegbereiter der modernen
  astronomische Instrumente. Im Jahr 1732.            Archäologie und deutschen Klassik. Mit der Be-
  erhielt die Universität durch ein Vermächt-         rufung Friedrich Gottlieb Welckers (1784–1868)
  niß von dem berühmten Orientalisten, Joh.           im Jahr 1809 wurde dann in Gießen der erste
  Heinr. May dem jüngeren nicht nur seine             Lehrstuhl für „Griechische Literatur und Archäo-
  kostbaren Handschriften und seine ganze             logie“ in Deutschland besetzt. 1826 folgt die
  Bibliothek, sondern auch seine Münz-                Gründung des akademischen Kunstmuseums,
  sammlung. [...] Mineralien = Sammlungen:            in dem die Münzsammlung, eine systematische
  besitzen 1) Hr. Prof. Müller, die sehr schön        Kollektion antiker Gemmenabdrücke sowie
  ist; und 2) Hr. Bergrath und Professor Bau-         Gipsabgüsse antiker Skulpturen aufgestellt wa-
  mer.                                                ren. Die Abgüsse hatte François-Henri Jacquet
  Das Nöthige von physikalischen und ma-              von der École des beaux-arts in Paris angefer-
  thematischen Instrumenten findet man                tigt,55 von dem auch andere Antikensamm-
  bey dem eben genannten Hrn. Prof. Müller            lungen ihre Exponate bezogen.56 Die Antiken-
  [...].                                              sammlung wurde ständig erweitert. Unter Bru-
  Die vortreffliche Rechenmaschine des da-            no Sauer (1861–1919) wird das „Kunst-, Münz-
  sigen geschickten Hrn. Ingenieur = Haupt-           und Antikenkabinett“ im Jahr 1899 in Archäolo-
  mann Müllers verdient gesehen zu wer-               gisches Institut umbenannt. 1903 erhält das Ar-
  den. Sie leistet nicht nur alles, was der Hr.       chäologische Institut von der Generalverwal-
  Erfinder so wohl, als auch der verdienst-           tung der Königlichen Museen in Berlin mehr als
  volle Hr. Kammerrath Klipstein in Darm-             1.000 Dubletten von Funden, die der Archäolo-
  stadt in der 1786. in 8. herausgekom-               ge Heinrich Schliemann (1822–1890) in Troja
  menen Beschreibung von ihr sagen, son-              ausgegraben hatte.57 Anders als die Gipsabgüs-
  dern auch noch weit mehr. Kästner und               se der antiken Skulpturen, haben die Schlie-
  Böhm, die das Innere kennen, versichern             mann-Funde die Bombenangriffe des Zweiten
  ungemeine Dauerhaftigkeit.                          Weltkriegs überstanden. Eine Auswahl ist heute
                                                      im Wallenfels’schen Haus des Oberhessischen
Die Münzsammlung ist eine der ältesten Samm-          Museums ausgestellt.
lungen der Universität Gießen. Sie existiert bis      Bei den, wie Hirsching schreibt, „sehr guten, aber
heute und wird noch immer in der Lehre einge-         aus der Mode gekommenen astronomischen In-
setzt. Der Münzbestand wurde kontinuierlich           strumenten“ handelt es sich aller Wahrscheinlich-
vergrößert. Heute zählt die Münzsammlung et-          keit nach um diejenigen, die Landgraf Philipp III.
wa 4.000 Stücke. Den Grundstock der Samm-             von Hessen-Butzbach (1581–1643) der Universi-
lung bilden die bei Hirsching genannten Mün-          tät im Jahr 1641 vermachte.58 Zunächst waren sie
zen von Johann Heinrich May dem Jüngeren              im Kollegiengebäude untergebracht und sollten
(1688–1732).                                          im uni-eigenen astronomischen Observatorium,
Diese Sammlung umfasst etwa 435 Münzen.51             einem Turm, der an das Kollegiengebäude an-
Da May sein Münzkabinett der Ludoviciana be-          schloss, zur Verwendung kommen.
reits 1732 vermachte,52 ist die Gießener Münz-        Schließlich wurde aber entschieden, dass sie
sammlung sogar noch älter als die Münzsamm-           nicht für alltägliche Demonstrationen genutzt
lung in Halle, die als die „vermutlich früheste nu-   werden sollten.59 Unter den Objekten waren

92
Winkelinstrumente (u.a. zwei Sextanten, zwei       Die von Hirsching erwähnte Mineraliensamm-
Quadranten und eine Armillarsphäre) sowie ein      lung von Johann Wilhelm Baumer (1719–1788)
von Philipp selbst gebauter großer Himmelsglo-     ging vermutlich zumindest zum Teil auf eigene
bus, den sogar Johannes Kepler lobte.60 1681       Aufsammlungen zurück: Baumer unternahm
wurden zusätzliche mathematisch-astrono-           wohl als einer der ersten überhaupt geolo-
mische Instrumente angekauft.61 1720 scheinen      gische Exkursionen.67 Er verfügte auch über ei-
noch weitere Instrumente, die im Besitz Philipps   ne gute private Laborausstattung, die aus Ge-
waren, nach Gießen gekommen zu sein. 1768          fäßen, chemischen Öfen und verschiedenen In-
wurde der Globus restauriert. In den 1850er        strumenten bestand. Sie wurde nach seinem
Jahren werden die Instrumente dann allerdings      Tod 1789 von der Universität angekauft.68 Die
als Altmetall verkauft und eingeschmolzen.         mineralogische Sammlung wurde permanent
Auch der Globus geht verloren.62                   erweitert: so erging 1812 eine Anweisung an
Für 1734 ist eine Erneuerung des Observatori-      die Vorsteher sämtlicher Berg- und Hütten-
ums belegt. Drei Jahre später wurden eine astro-   werke, besonders interessante Mineralien an
nomische Pendeluhr sowie ein Mikrometer für        die Sammlung zu schicken.69 1820 wurde die
das Observatorium angeschafft. Nach 1865           Mineraliensammlung        eines   Bergmeisters
taucht die Sternwarte nicht mehr im Personalbe-    Schaub aus Allendorf angekauft, hinzu kamen
stand der Universität auf, was auf eine Schlie-    noch die Schenkung einer bedeutenden Samm-
ßung hindeutet. Das meteorologische Institut       lung ungarischer Mineralien des Mineralogen
existierte allerdings noch bis 1880.63             Christian Andreas Zipser (1783–1864) sowie
Die von Hirsching so hochgelobte Rechenma-         die eines Bergmeisters Schmidt aus Siegen.
schine war eine Erfindung des Bauingenieurs Jo-    1823 wurde das Mineralogische Kabinett neu
hann Helfrich Müller (1746–1830), der sie          eröffnet.70 Nach mehreren Umzügen bekamen
1783/84 in Gießen mit der Unterstützung von        die Geowissenschaften ein Gebäude in der
zwei Uhrmachergesellen entwickelte.64 Mit ihr      Braugasse zugewiesen, das bei einem Bomben-
konnten Berechnungen in den vier Grundre-          angriff im Dezember 1944 zerstört wurde. Nur
chenarten durchgeführt werden. Bei einer           geringe Reste der Sammlungen, der Bibliothek
Falscheingabe gab sogar ein Glöckchen eine         und der Apparaturen konnten gerettet wer-
akustische Fehlermeldung. Da sich kein Investor    den.71 Diese verschwanden dann jedoch mit
fand, kaufte Großherzog Ludwig I. von Hes-         der Auflösung der Geowissenschaften im Jahr
sen-Darmstadt die Rechenmaschine schließlich       2005. Ein Teil dieser verschollen geglaubten
für sein physikalisches Kabinett.65 Heute befin-   Sammlung konnte mittlerweile ausfindig ge-
det sie sich im Landesmuseum Darmstadt.            macht werden. Seit März 2020 sind diese wis-
Im Jahr 1838 wird die physikalisch-mathema-        senschaftshistorisch bedeutenden Objekte
tische Instrumentensammlung, zu der ursprüng-      ebenfalls in der Hermann-Hoffmann-Akademie
lich auch die Rechenmaschine gehörte, in vier      untergebracht, die Bücher sowie ein originales
selbständige Sammlungen zerlegt: das physika-      Verlagsmanuskript des Mineralogen Reinhard
lische, mathematische, technologische und ar-      Brauns (1861–1937) wurden der Universitäts-
chitektonische Kabinett. 1861 werden das ma-       bibliothek übergeben.72
thematische und physikalische Kabinett zusam-      Ein Großteil der Lehrsammlungen der Ludovici-
mengelegt, in den 1870er Jahren wird das geo-      ana war seit 1880 im neuen Hauptgebäude in
dätische Kabinett davon abgespalten.66 Ein Teil    der Ludwigstraße untergebracht.
der Instrumente des geodätischen Kabinetts hat     Der Bau wurde landesweit mitverfolgt und aus-
den Zweiten Weltkrieg überstanden. Da sie          führlich kommentiert, so beispielsweise in der
fachlich nicht mehr betreut werden, wurden die     Leipziger „Illustrirten Zeitung“, wo das Gie-
Instrumente im Dezember 2019 in die Her-           ßener Universitätsgebäude als „würdige Stätte
mann-Hoffmann-Akademie gebracht, wo sie in         der Wissenschaft“ gerühmt wird: Besonders
Praxisseminaren bearbeitet und besichtigt wer-     gelobt werden die darin aufgestellten Samm-
den können.                                        lungen: „Zur rechten und zur linken Hand des

                                                                                               93
Vestibüls führen Glasthüren in die Räume des       des Landgrafen Georg II. von Hessen-Darm-
Archäologischen Instituts. Eine ziemlich reich-    stadt (1605–1661) begonnen und bis in das
haltige, gut gewählte Sammlung von Gipsab-         ausgehende 18. Jahrhundert fortgeführt wur-
güssen ist hier mit künstlerischem Sinn geord-     de. Heute sind noch 106 der ursprünglich 108
net.“ Daran schlossen sich im rechten Flügel       Porträts erhalten.75
Sammlungsräume des Physikalischen Instituts
an. Im mittleren Stockwerk auf der linken Seite    Die Sammlungen
„reihen sich die Räume des Mineralogischen         der Justus-Liebig-Universität
und Geologischen Cabinets mit seinen ge-           im 21. Jahrhundert
wichtigen Sammlungen und seinem Laborato-
rium an“. Im dritten Stock befand sich die         An der Justus-Liebig-Universität gibt es, ein-
reich verzierte große Aula, wo „[g]egenüber        schließlich der Sondersammlungen der Uni-
dem Katheder [...] das lebensgroße Bild des        versitätsbibliothek und des Universitätsarchivs,
Großherzogs Ludwig I. angebracht [ist]“.73 Seit    mehr als 40 Sammlungen. Da innerhalb der
dem Jahr 2005 hängt dieses Gemälde, ge-            Sammlungen viel Fluktuation herrscht, lässt
meinsam mit fünf weiteren Landgrafenpor-           sich der Bestand im Moment nicht exakt be-
träts, wieder im Hauptgebäude.74 Hier findet       ziffern. So sind historische Sammlungen oft-
sich auch die Professorengalerie, die auf Erlass   mals in anderen Sammlungen aufgegangen

94
Kupferstich von Matthaeus Merian, Stadtansicht von Gießen, 1. Viertel des 18. Jahrhunderts. Das Observatorium ist
durch einen Pfeil gekennzeichnet. (Quelle: Martin Zeiller/Matthaeus Merian: Topographia Hassiae, Et Regionum Vici-
narum: Das ist: Beschreibung und eigentliche Abbildung der vornehmsten Städte und Plätze in Hessen [...] (Frankfurt
am Main [circa 1720]) [VD18 14213370], Kupferstich 22.)

und damit nicht mehr als Einheit identifizier-             Sammlungen gibt es an so gut wie allen Fach-
bar, wie beispielsweise die Sammlung der Pa-               bereichen der JLU. Die meisten Sammlungen
läontologie: Die Ammoniten aus dieser Samm-                verteilen sich auf die Fachbereiche 08 (Biologie
lung wurden als Anschauungsmaterial von                    und Chemie) und 10 (Veterinärmedizin). Eine
der Zoologie übernommen. Ein anderer Teil                  größere Anzahl von Sammlungen gibt es auch
der Sammlung befindet sich in der Her-                     an den Fachbereichen 04 (Geschichts- und
mann-Hoffmann-Akademie. Reste der Samm-                    Kulturwissenschaften) und 11 (Medizin).
lung lagerten bis Ende 2019 im Zeughauskel-                Sammlungen finden sich aber auch an weite-
ler, konnten aber mittlerweile ebenfalls in die            ren Einrichtungen wie dem Zentrum für Medi-
Hermann-Hoffmann-Akademie gebracht wer-                    en und Interaktivität (ZMI) oder der Her-
den, und besonders schöne Fossilien aus der                mann-Hoffmann-Akademie. Auch der Kunst-
ehemaligen Paläontologischen Sammlung                      weg und die „Kunst am Bau“ zählen zu den
schmücken heute die Flure der Zeughausbibli-               Universitätssammlungen. Die Insignien, wie
othek.                                                     Zepter oder Universitätsfahne, und die Pokale,

                                                                                                               95
Kupferstich aus der Leipziger Illustrirten Zeitung, Das neue Universitätsgebäude, 1880. (Quelle: Das neue Universitäts-
gebäude zu Gießen, in: Leipziger Illustrirte Zeitung 1921 (24. April 1880), S. 342.)

die zum Teil noch aus der Zeit der Gründung                  dule“) eingesetzt. Ein weiteres Beispiel für den
der Ludoviciana stammen, sind dem Präsidium                  Funktionswandel, den Sammlungen durchlau-
bzw. dem Universitätsarchiv zugeordnet.                      fen, bietet die Sammlung mathematischer
Objekte aus Lehrsammlungen sind nicht sel-                   Modelle. Sie wird nur noch hin und wieder
ten Verbrauchsgüter. Teilweise müssen Ob-                    von einem einzigen Dozenten eingesetzt und
jekte zerstört werden, damit man sie erfor-                  verschwindet so allmählich aus der aktiven
schen kann. Das trifft z.B. auf Material zur                 Lehre. In ein paar Jahren wird sie sich von ei-
Lehre in der Biologie (Botanik und Zoologie)                 ner Lehrsammlung in eine historische Samm-
zu. Einige Sammlungen, wie die Antiken-                      lung verwandelt haben.
sammlung der Klassischen Archäologie, wer-                   Hier wird bereits ersichtlich, wie viele Pro-
den seit ihrem Bestehen bis heute in der Lehre               bleme die Heterogenität der Sammlungen be-
eingesetzt. 2018 wurde außerdem mit der                      reitet: Es gibt gut ausgestattete Sammlungen,
kompletten Digitalisierung des Münzbestands                  die über eigene Räumlichkeiten verfügen, wie
begonnen.76 Andere Sammlungen haben ei-                      die Sammlung der Humanbiologie. Es gibt
nen Wandel in ihrer Funktion erlebt, denn                    Sammlungen, wie die Objekte der Antiken-
durch neue Forschungsmethoden ändert sich,                   sammlung im Wallenfels’schen Haus, die öf-
gerade in den Naturwissenschaften, auch der                  fentlich präsentiert werden. Einige Samm-
Unterrichtsstoff und mit ihm die Art und Wei-                lungen sind reine Lehrsammlungen, andere
se, wie unterrichtet wird. Einige Sammlungen                 reine Forschungssammlungen, wie die Univer-
werden schon lange nicht mehr für das diszi-                 sity of Giessen Systematics and Biodiversi-
plinäre Studium verwendet, wie die Instru-                   ty-Sammlung (UGSB), die u.a. aus DNA-Mate-
mente aus der geodätischen Sammlung. Sie                     rial besteht, das aus schwer zugänglichen und
werden jetzt für Praxis-Seminare im Bereich                  stark gefährdeten Lebensräumen stammt,
der Außerfachlichen Kompetenzen („AFK-Mo-                    während die Hufeisensammlung für die Aus-

96
Objektarbeit im Seminar. Die Studierenden sichten Schädelrepliken und Fossilien aus der ehemaligen paläontolo-
gischen Sammlung.                                                                               (Foto: A. Theiß)

bildung der Hufschmiede genutzt wird. Die                Sammlungskoordination im Rahmen von Pra-
Sammlungen bestehen auch nicht alle rein aus             xis-Seminaren relativ gut aufgearbeitet wer-
physischen Objekten. So verfügt beispielswei-            den. Das hilft den Studierenden wie der Uni-
se die Musikwissenschaft über eine umfang-               versität.
reiche Musik-Mediothek mit Tonträgern und
Audiodateien, die für den Unterricht ge-                 Aktuelle Entwicklungen und Ausblick
braucht werden.
Jedes Fach hat unterschiedliche Interessen               Die Praxis-Seminare zur Sammlungs- und Ob-
und Anforderungen an seine Sammlungen.                   jektforschung gibt es seit dem Sommerseme-
Einige Sammlungen sind vorbildlich im Stand              ster 2019 an der JLU. Die Leitung liegt bei
ihrer Inventarisierung und nutzen moderne                Prof. Dr. Cornelia Weber und Dr. Alissa Theiß.
Software, andere verwenden einfache Tabel-               Sie gehören zum Modul „Außerfachliche
len aus Kalkulationsprogrammen oder arbei-               Kompetenzen“ und stehen Studierenden al-
ten noch auf Papier. Bei einigen Sammlungen              ler Fachrichtungen offen. In den Seminaren
ist die Dokumentation im Zweiten Weltkrieg               erhalten die Teilnehmenden Einblicke in die
verbrannt oder bei einem der unzähligen Um-              Arbeit mit Universitätssammlungen. Sie ler-
züge verloren gegangen und es gab bis heute              nen Methoden der wissenschaftlichen Ob-
keine freien Kapazitäten, um eine Inventari-             jektforschung kennen und entwickeln Fertig-
sierung durchzuführen. Besonders bedau-                  keiten im Umgang mit materieller Kultur in
ernswert ist die Depot-Situation. Es fehlt al-           Theorie und Praxis.
lenthalben an geeigneten Räumen und finan-               Mit den vermittelten Grundlagen in Wissens-
zieller wie personeller Ausstattung. Glückli-            transfer, Öffentlichkeitsarbeit und Kulturver-
cherweise können unbetreute oder sonst be-               mittlung erlangen die Studierenden berufsre-
dürftige Sammlungen seit der Einrichtung der             levante Schlüsselqualifikationen. Dank der

                                                                                                            97
großzügigen Unterstützung von Prof. Dr. Vol-      Anmerkungen:
ker Wissemann war es möglich, an der Her-         1
                                                     Den Anfang machte Neil MacGregor: A History of the
mann-Hoffmann-Akademie ein Objektlabor            World in 100 Objects (London 2010).
                                                  2
einzurichten, in dem die Praxis-Seminare             Vgl. Peter J. Bräunlein: Material Turn, in: Georg-Au-
                                                  gust-Universität Göttingen (Hg.): Dinge des Wissens. Die
stattfinden können. Das ist besonders be-         Sammlungen, Museen und Gärten der Universität Göttin-
deutsam, da die Sammlungskoordination             gen (Göttingen 2012), S. 30–44, hier S. 30 u. 34; Vgl. Da-
über keinen eigenen Etat verfügt.                 vid Ludwig/Cornelia Weber: A rediscovery of scientific col-
Im Sommersemester 2019 wurde gemeinsam            lections as material heritage? The case of university collec-
                                                  tions in Germany, in: Studies in History and Philosophy of
mit Studierenden eine Handreichung für den        Science 44 (2013), S. 652–659, hier S. 658.
Einstieg in die Provenienzforschung erarbei-      3
                                                    Präparate aus den Pathologien etwa lassen Rückschlüsse
tet. Sie steht allen Interessierten über das      auf den Umgang mit und die Verbreitung von Krank-
Sammlungsportal der JLU sowie über die            heiten bei Mensch und Tier zu. Historische Daten über
                                                  Aufsammlungen von Insekten für die Bestückung von In-
Homepage der Koordinierungsstelle für wis-        sektenkästen ermöglichen es, heute die gleichen Orte im
senschaftliche Universitätssammlungen in          selben Zeitraum aufzusuchen und so Veränderungen in
Deutschland zur Verfügung.77                      der Insektenpopulation festzustellen.
                                                  4
                                                      https://www.uni-giessen.de/org/admin/stab/stw/samm-
Da das Gießener Sammlungsportal aufgrund
                                                  lungen.
der Homepage-Struktur nur aus einer ein-          5
                                                    Stand: 11. 7. 2019, https://portal.wissenschaftliche-samm-
zigen Seite besteht, können nicht alle Infor-     lungen.de/kennzahlen; aufgerufen am 21. 2. 2020.
                                                  6
mationen so präsentiert werden, wie es wün-          Zwölf bekannte Sammlungen wurden aufgelöst oder
                                                  sind verschollen.
schenswert wäre. Mit dem geplanten Re-            7
                                                     https://gepris.dfg.de/gepris/projekt/5438532/ergebnisse,
launch der Uni-Homepage soll auch der             aufgerufen am 24. 2. 2020.
Web-Auftritt der Sammlungen in eine ange-         8
                                                    http://www.universitaetssammlungen.de/.
                                                  9
messene Form überführt werden. Die Sicht-           https://wissenschaftliche-sammlungen.de/files/3213/
                                                  7096/3073/WR_EmpfehlungenWissSlg2011.pdf.
barkeit der Gießener Sammlungen lässt sich        10
                                                      https://wissenschaftliche-sammlungen.de/de/uber-uns/
aber auch auf andere Weise erhöhen, wie           aufgaben/, aufgerufen am 24. 2. 2020; Cornelia Weber:
durch Vorträge und Posterpräsentationen auf       Einheit in der Vielfalt. Universitätssammlungen als bun-
Fachtagungen, die zudem der Netzwerkbil-          desweit koordinierte Forschungsinfrastrukturen, in: Stefa-
                                                  nie Knöll (Hg.): Universitätssammlungen. Bewahren, For-
dung innerhalb der Sammlungscommunity             schen, Vermitteln (Schriften der Graphiksammlung
dienen. Die Sammlungen stoßen zudem auf           „Mensch und Tod“ am Institut für Geschichte der Medizin
großes Interesse in der Öffentlichkeit. So        der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf 6) (Düsseldorf
existiert beispielsweise seit Februar 2020 eine   2015), S. 15–25, hier S. 22f.
                                                  11
                                                         http://www.universitaetssammlungen.de/download/
Artikelserie in der Gießener Allgemeinen Zei-     Projektdokumentation.pdf [Stand 10. 7. 2013], aufgeru-
tung, in der jede Woche eine Sammlung bzw.        fen am 24. 2. 2020.
                                                  12
ein Objekt vorgestellt wird.78 Die Resonanz           Eine Zusammenstellung der weltweiten Sammlungen
aus der Bevölkerung ist beeindruckend. Dank       gibt es in der Datenbank von UMAC (University Museums
                                                  and Collections): https://university-museums-and-collec-
der Artikelserie nahmen bereits mehrere Le-       tions.net/.
ser Kontakt mit der Sammlungskoordination         13
                                                      https://www.ashmolean.org/history-ashmolean, aufge-
auf und gaben wertvolle Hinweise zum Ver-         rufen am 9. 3. 2020.
                                                  14
                                                      Vgl. Ludwig/Weber 2013, S. 654.
bleib und der Geschichte einzelner Samm-          15
                                                     Vgl. Cornelia Weber: Universitätssammlungen, in: Euro-
lungen.                                           päische Geschichte Online (EGO), hg. vom Leibniz-Institut
Der nächste Meilenstein für die Sammlungs-        für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2012-07-16: ht-
koordination wird die Fertigstellung der Sta-     tp://www.ieg-ego.eu/weberc-2012-de, hier Abschnitt 35,
                                                  aufgerufen am 25. 2. 2020.
tuserhebungen sein, auf deren Grundlage           16
                                                      Vgl. Bräunlein 2012, S. 32; vgl. Jochen Brüning: Von
dann die Vorbereitung einer Sammlungsord-         Humboldt zu Helmholtz. Zur Disziplinbildung in den Na-
nung sowie einer Digitalisierungsstrategie er-    turwissenschaften am Beispiel der Physik, in: Heinz-Elmar
folgen kann, damit die Gießener Samm-             Tenorth (Hg.): Geschichte der Universität Unter den Lin-
                                                  den 1812–2010. Genese der Disziplinen. Die Konstitution
lungen auch in Zukunft für Forschung, Lehre       der Universität (Berlin 2010), S. 395–424, hier S. 404–
und Öffentlichkeitsarbeit bewahrt und aktiv       407; Uta Hassler/Torsten Meyer: Die Sammlung als Archiv
eingesetzt werden können.                         paradigmatischer Fälle, in: Uta Hassler/Torsten Meyer

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