Gemälde des 19. Jahrhunderts - AUKTION Freitag, 1. Oktober 2021, 16.00 Uhr VORBESICHTIGUNG Freitag 24. bis Dienstag 28. September 2021, 10-18 Uhr ...
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Gemälde des 19. Jahrhunderts Lot 3201 – 3253 AUKTION Freitag, 1. Oktober 2021, 16.00 Uhr VORBESICHTIGUNG Freitag 24. bis Dienstag 28. September 2021, 10–18 Uhr Karoline Weser Head of Department Tel. +41 44 445 63 35 weser@kollerauktionen.ch Hannah Wepler Tel. +41 44 445 63 62 wepler@kollerauktionen.ch Stéphanie Egli Tel. +41 44 445 63 32 egli@kollerauktionen.ch Laura Järmann Tel. +41 44 445 63 31 jaermann@kollerauktionen.ch In weiterer Bearbeitung: Fiona Seidler, Ilka Glückselig English descriptions and additional photos: www.kollerauctions.com
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3201* ANDREAS SCHELFHOUT (1787 Den Haag 1870) Segelschiffe im Hafen bei Sonnenuntergang. Öl auf Holz. Unten rechts signiert: A. Schelfhout. 12,7 × 20,4 cm. Provenienz: - Auktion Van Ham, Köln, 15.11.2013, Los 715. - Sammlung Rademakers. Andreas Schelfhout wurde in Den Haag geboren. 1830 unter- nahm er seine erste Reise nach Paris. Danach zeugen seine Werke von einem aussergewöhnlichen Niveau und in kürzester Zeit entwickelte er sich zu einem der einflussreichsten Maler der Den Haager Romantik. Wie kein anderer malte er den winterlich ver- eisten Boden, entwarf brillante Wolkenhimmel und beeindruckte mit Panoramen, Strand- und Meerbildern. Eine Vielzahl von Malern wurde von ihm unterrichtet, sein Einfluss blieb in ihren Arbeiten deutlich sichtbar: Jan Willem van Borselen (1825–1892), Pierre Louis Dubourcq (1815–1873), Charles Leickert (1816–1907), Johannes Franciscus Hoppenbrouwers (1819–1866), Jo- han-Barthold Jongkind (1819–1891), Wijnand Nuijen (1813–1839) und viele andere. Trotz seiner wenig vornehmen Manieren ging er bei König Willem III. und Königin Sofie ein und aus. Er starb als gefeierter Mann im Alter von 82 Jahren in seiner Geburtsstadt (zitiert aus: Ausst.-Kat. Ein romantischer Blick – Die Sammlung Rademakers, M-Museum Leuven, Gemeentemuseum, Den Haag, B. C. Koekkoek-Haus, Kleve, Brüssel 2011, S. 139). CHF 5 000 / 7 000 (€ 4 630 / 6 480) | 108
3202 harmonische Stimmung erzeugt. Insgesamt spielen atmosphäri- IVAN FEDOROVICH CHOULTSÉ sche Licht- und Schatteneffekte im Gesamtwerk Choultsés eine (St. Petersburg 1874–1939 Nizza) bedeutende Rolle, weshalb das vorliegende Gemälde exempla- Meeresbrandung. 1922. risch für das Œuvre des Künstlers steht. Choultsés Faszination für Öl auf Leinwand. die Natur und für die Farben der Jahreszeiten ist kennzeichnend Unten rechts signiert und datiert: Iw. F. Choultsé. 22. für seine Malerei. Der Künstler konnte dieses Interesse während 38,2 × 45,2 cm. seiner Europareise, auf der es ihn in die Schweiz, nach Frankreich und nach Norditalien zog, weiterverfolgen und intensiv studieren. Provenienz: - Amerikanischer Privatbesitz. Als Choultsé in den 1920er-Jahren nach Paris immigrierte, ver- - Schweizer Privatbesitz. fügte die Hauptstadt über eine grosse Dichte von Künstlerinnen und Künstlern, weshalb es ausländische Kunstschaffende auf Literatur: dem Markt nicht leicht hatten. Die Malerei des ehrgeizigen und Stiftung Choultsé I.F. (Hg.): Ein Leben für die Berufung. Werkka- begabten Choultsés hob sich jedoch deutlich von dem Pariser talog von Ivan Fedorovich Choultsé (1874–1939), Zürich 2016, S. Kunstrepertoire ab und erfreute sich schon kurz nach seiner 213, Nr. 127 (mit Farbabb.). dortigen Ankunft grosser Beliebtheit. Bereits 1922, im Entste- hungsjahr unseres Gemäldes, fand die erste Einzelausstellung Das hier angebotene Gemälde „Meeresbrandung“ fertigte Ivan Choultsés statt, die dem Künstler im Folgejahr zur Teilnahme am Fedorowitch Choultsé 1922 an; zwei Jahre nachdem der aus Salon der „Société des Artistes Français“ verhalf. Russland stammende Künstler nach Paris immigrierte. Das Werk überzeugt mit besonderer Farbkraft. Durch die leuchtenden Son- CHF 15 000 / 25 000 nenstrahlen, die das Meer in ein warmes Licht tauchen, wird eine (€ 13 890 / 23 150) | 109
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3203* GUSTAVE DORÉ (Strassburg 1832–1883 Paris) Landschaftsdarstellung. Öl auf Leinwand. Unten links signiert: G Dore. 28,5 × 60,5 cm. Provenienz: Deutscher Privatbesitz. Gustave Doré zählt zu den bedeutendsten französischen Land- schaftsmalern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Unter dem Einfluss des Schweizer Landschaftsmalers Alexandre Cala- me (1810–1864), mit dem er die Leidenschaft für das Bergsteigen und Reisen teilte, begab er sich auf zahlreiche Studienreisen, unter anderem an die französische Küste, in die Pyrenäen, das Tirol, die Schweiz und Schottland. Als Autodidakt wechselte er zwischen Themen, Techniken und Gattungen. Dennoch priorisiert er das Genre der Landschaftsmalerei, zu dem er im Laufe seiner Karriere immer wieder zurückkehrte. Mehr und mehr reduzierten sich in Dorés Kompositionen der Einsatz der Figurenstaffagen, bis sich der Künstler schlussendlich voll und ganz der reinen Landschafts- malerei widmete. Seine besondere Vorliebe galt Nacht- und Dämmerungsan- sichten, deren unterschiedliche Naturspektakel und mystisch anmutende Stimmung er in bemerkenswerter Weise auf dem Bildträger einzufangen vermochte. Die Behandlung des Lichts in Dorés Gesamtwerk entwickelte sich zum unverkennbaren künst- lerischen Markenzeichen des gebürtigen Strassburgers. Einige dieser poetisch anmutenden Kompositionen zählen zu den ein- drucksvollsten Landschaften der Jahrhundertmitte und erinnern mit ihrem harmonischen Kompositionsaufbau an die malerischen Naturspiele Caspar David Friedrichs (1774–1840). Dan Malan bestätigt die Eigenhändigkeit des Gemäldes anhand einer Fotografie, wofür wir ihm danken. CHF 7 000 / 10 000 (€ 6 480 / 9 260) | 110
3204* MAX FRIEDRICH RABES (Samter 1868–1944 Wien) Gewesen. 1912. Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert: MAX RABES. 141 × 200 cm. Provenienz: symbolistische Züge vermuten und Erinnerungen an das Œuvre Europäischer Privatbesitz. des Schweizer Künstlerkollegen Arnold Böcklins (1827–1901) werden wach. Ausstellung: Berlin 1912, Grosse Berliner Kunstausstellung, 27.4.–29.9.1912, Die Grundkenntnisse der Malerei erlernte er beim Architektur- Saal 12, Nr. 712 (verso mit Etikett). und Dekorationsmaler Paul Graebes (1842–1892). Doch schon früh zog es Rabes in die Ferne und so verbrachte er nur wenig Literatur: Zeit in seiner Heimat. Auf Studienreisen besuchte er entfernte Ausst.-Kat.: Grosse Berliner Kunstausstellung, Berlin 1912, S. 41, Kontinente wie Asien und Afrika, wo er seine Liebe zum Orient Nr. 712 (mit Abb.). entdeckte. Auftragsarbeiten für das Theater, Wandmalereien und das Ausdekorieren der Speisesäle des italienischen Grossbürger- Diese stimmungsvolle, mystisch anmutende Landschaftsdarstel- tums, finanzierten seine Reiselust. Bekanntheit erlangte Rabes lung des deutschen Künstlers, Max Rabes, sticht im Œuvre des jedoch vor allem durch seine Orientdarstellungen, die ihn zum Berliner Orientmalers besonders hervor. Der sich sonst primär auf Hauptvertreter der Berliner Orientmalerei machten und schon Darstellungen aus dem Nahen Osten und Afrika konzentrierende früh auf Beachtung und Anerkennung stiessen liessen. Rabes, wich in vorliegender Komposition von seinem primär zur Verwendung kommenden vorimpressionistischen Stil ab. Unter CHF 7 000 / 10 000 Verwendung einer grün- und blautonigen Farbpalette lassen sich (€ 6 480 / 9 260) | 111
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3205* der Jahre, eine exzellente Kunstsammlung auf. Nebst Meis- JEAN-BAPTISTE CAMILLE COROT sen-Porzellan, Uhren und Skulpturen zählte auch eine beachtliche (1796 Paris 1875) Gemäldekollektion international gehandelter Künstler wie Barend Le Chevrier (Souvenir d’Italie). 1872. Károly Markó (1822–1891), Cornelis Koekkoeck (1803–1862), Carl Öl auf Leinwand. Spitzweg (1808–1885) und nicht zuletzt Jean-Baptiste Camille Unten links signiert: COROT. Corot zum Besitz des Unternehmers. So auch das hier zum Ver- 65,5 × 81,2 cm. kauf stehende Gemälde „Le Chevrier (Souvenir d’Italie)“. Gutachten: Der Besuch der berühmten New Yorker Frick Collection bezeich- Martin Dieterle und Claire Lebeau, 31.1.2020. net wohl den Anfang der Sammelleidenschaft Osterlohs. Hier entdeckte er seine besondere Liebe zu den Werken von Camille Provenienz: Corot und erwarb gleich mehrere seiner Arbeiten. Nach und nach - Sammlung M. Louis Fréret, direkt beim Künstler erworben, 1872. baute er um diese Kernstücke herum seine Sammlung auf und - Sammlung M. Francis Petit, erworben bei Obigem. stattete sowohl seine privaten wie auch beruflichen Räumlichkei- - Sammlung Arnold und Tripp, Bague, Schauss. ten aus. - Sammlung Knoedler, New York, Nr. 15556 (verso auf Keilrahmen). Mit primärem Augenmerk auf die Erfassung von Licht und at- - Sammlung Wolfgang Osterloh (1930–2019). mosphärischen Erscheinungen schafft Corot, Gründervater der - Auktion Nagel, Stuttgart, 10.12.2020, Los 2118. Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts, die Grundlage für ein - Europäische Sammlung. neues künstlerisches Verständnis in der Landschaftsmalerei. Auf seinen zahlreichen Reisen zog es ihn immer wieder nach Italien, Literatur: von wo er Zeichnungen und Ölskizzen mitbrachte, und die den Alfred Robaut: L‘œuvre de Corot, Paris 1905, Bd. III, S. 346-347, Nr. später im Atelier entstandenen Kompositionen als Grundlage 2265 (mit Abb.). dienten. Dies war wohl auch bei vorliegender Komposition der Fall, in der mit einem fliessenden Pinselstrich und leuchtenden Farben, Berufliche Erfahrungen und Erfolge gepaart mit einem ausserge- der Ausdruck von Stimmung und Atmosphäre über topografische wöhnlichen Gespür für Qualität verhalfen dem bekannten Stutt- Details priorisiert wurde. garter Unternehmer, Wolfgang Osterloh, ein besonderes Feinge- fühl für Kunst und Antiquitäten zu entwickeln. Bedingt durch seine CHF 80 000 / 120 000 Leidenschaft zur Kunst, Kultur und Musik, baute er im Verlauf (€ 74 070 / 111 110) | 112
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3206 CARL SPITZWEG (1808 München 1885) Landschaft mit Flusslauf, vorne drei Staffagefiguren, hinten links im Tal eine Kirche. Um 1870. Öl auf Zedernholz. Unten links signiert: S im Rhombus. Verso mit Nachlassstempel. 9,9 × 21 cm. Provenienz: - Auktion Lempertz, Köln, 23.–26.11.1983, Los 2288. - Bei obiger Auktion erworben, Privatbesitz. - Auktion Dorotheum, Wien, 10.1.1989, Los 524. - Privatsammlung Fürstentum Liechtenstein. Ausstellung: München 2003, Carl Spitzweg. Reisen und Wandern in Europa. Der glückliche Winkel. Haus der Kunst, München, 24.1.–4.5.2003, Nr. 127 (verso mit Etikett). Literatur: - Siegfried Wichmann: Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke. Ge- mälde und Aquarelle, Stuttgart 2002, S. 437, Nr. 1098 (mit Abb.). - Ausst.-Kat. Carl Spitzweg. Reisen und Wandern in Europa. Der glückliche Winkel, hrsg. v. Siegfried Wichmann, Stuttgart 2002, S. 215, Nr. 127 (mit Farbabb.). Carl Spitzweg durchstreifte auf der Suche nach Inspiration und neuen Motiven unterschiedliche Landschaftszüge in Oberbayern, darunter führte ihn einer seiner Ausflüge immer wieder in die Ge- gend rundum Tölz (heute bekannt als Bad Tölz). Isaraufwärts wan- derte er bis nach Lenggries. Mehrfach bildete er die Motive, die er hier auf seiner Wanderung entdeckte, in abgewandelter Form im Querformat ab. Horizontale Vordergründe, die sich vor dem Flussbett der Isar erstrecken, mit dahinter hochragenden Bergen oder ansteigendem Gelände und kleinen Dörfern, scheinen bei dieser Motivreihe zu dominieren. Mit der Wahl des Querformats vermochte es Spitzweg, die Weiten der Landschaft einzufangen und mit Tiefsicht zu versehen. Vorliegende Komposition stellt die etwas kleinere Zweitfassung zur Version dar, die um 1865 ent- stand und sich heute in Privatbesitz befindet (WWZ 1249). CHF 15 000 / 25 000 (€ 13 890 / 23 150) | 114
3207 FRANZ RICHARD UNTERBERGER (Innsbruck 1837–1902 Neuilly–sur–Seine) Blick auf das Sanktuarium Madonna del Sasso in Orsellina ober- halb von Locarno am Lago Maggiore. Öl auf Leinwand. Unten rechts mittig mit Resten einer Signatur: F. R. Unterberger. 40,7 × 81,2 cm. Gutachten: Prof. Dr. Sybille Moser-Ernst, 17.7.2021. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. Prof. Dr. Sybille Moser-Ernst bestätigt die Eigenhändigkeit nach Prüfung des Originals und ordnet die Komposition um 1858 und somit dem Frühwerk von Franz Richard Unterberger zu. Insbeson- dere der bühnenartige, beinahe symmetrische Aufbau der Land- schaft lassen sich gemäss Moser-Ernst, als typische Merkmale des gebürtigen Innsbrucker Malers identifizieren. Die Darstellung besticht durch die Sicherheit des tektonischen Aufbaus und der Behandlung des Lichts der südlich anmutenden Atmosphäre. Später wird das rosa Glühen, wie Moser-Ernst es bezeichnet, zu einem Markenzeichen der salonfähigen Landschaftsbilder Franz Richard Unterbergers werden. CHF 4 000 / 6 000 (€ 3 700 / 5 560) | 115
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3208* CHRISTIAN MORGENSTERN (Hamburg 1805–1867 München) Nordische Landschaft im Abendrot. Um 1840/46. Öl auf Leinwand. Unten links signiert und schwer leserlich datiert: CHR: Morgenstern. 1840/46?. 53,5 × 77,5 cm. Provenienz: Sammlung Rademakers. Der gebürtige Hamburger, Christian Morgenstern, zählten zu den wichtigsten Vertretern des frühen deutschen Realismus. Zunächst sammelte er als Mitarbeiter in der grafischen Werkstatt der Gebrüder Suhr in Hamburg erste künstlerische Erfahrungen, vor allem die Ausführung von Ansichtswerken und Panorama- darstellungen wurde hier gefördert. Auf Empfehlung des Kunst- forschers Carl Friedrich von Rumohr (1785–1843) begab er sich 1827 nach Kopenhagen an die Kunstakademie. Er zählte zu der Künstlergruppe norddeutscher und skandinavischer Maler, welche die an der Kopenhagener Akademie erlernte fortschrittliche Praxis der Freilichtmalerei mit nach München brachten, und mit Nachdruck die Entwicklung der realistischen Münchner Land- schaftsmalerei beeinflusste. Die enge Freundschaft, die er zu seinen Malerkollegen, Carl Rottmann (1797–1850) und Eduard Schleich (1812–1874) pflegte, resultierte in einer gegenseitigen künstlerischen Beeinflussung. Auf Studienreisen ins Elass, nach Oberitalien und Venedig hielt er das Gesehene in zahlreichen Studien, die später nach der Rückkehr in sein Atelier als Vorlagen für seine Ausstellungsbilder dienten. CHF 20 000 / 30 000 (€ 18 520 / 27 780) | 116
3209* THEODORUS JACOBUS ABELS (Amsterdam 1803–1866 Abcoude) Flusslandschaft mit Mühle bei Mondschein. 1850. Öl auf Holz. Unten links signiert und datiert: JAbels f. 1850. 35,2 × 46,4 cm. Provenienz: Sammlung Rademakers. Jacob Abels (1803–1866) wurde in Amsterdam geboren. Er besuchte das Internat im Hilversum, wo er Zeichenunterricht von Jan van Ravenswaay (1789–1869) und Pieter Gerardus van Os (1776–1839) erhielt, seinem späteren Schwiegervater. In Het Gooi begegnete er auch seinem Zeitgenossen Barend Corne- lis Koekkoek (1803–1862). In seiner Anfangszeit malte Abels Winter- und Sommerlandschaften, in denen P. G. van Os die Tiere einfügte. Später konzentrierte er sich ganz auf Flusslandschaften bei Mondlicht, in denen er mit dem grossen Vorläufer aus dem 17. Jahrhundert, Aert van der Neer (1603–1677), wetteiferte. Sowohl der niederländische als auch der belgische König kauften eines seiner Mondscheinbilder. Um 1830 zog er mit seiner Schwieger- familie nach Den Haag. Am Ende seines Lebens wohnte er noch in Haarlem, Arnheim und Abcoude, wo er im Alter von 63 Jahren starb (zitiert aus: Ausst.-Kat. Ein romantischer Blick – Die Samm- lung Rademakers, M-Museum Leuven, Gemeentemuseum, Den Haag, B. C. Koekkoek-Haus, Kleve, Brüssel 2011, S. 137). CHF 15 000 / 20 000 (€ 13 890 / 18 520) | 117
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3210 beendete den Krimkrieg, der mit seinen grossen Verlusten von CARL SPITZWEG Menschenleben als einer der ersten modernen Stellungskriege in (1808 München 1885) die Geschichtsbücher eingehen sollte. Spitzweg, dessen präzise Auf der Bastei (Militärposten im Frieden). 1856. und intelligente Beobachtungsgabe sich in seinen Bildern wie Öl auf Leinwand. Briefen und Tagebucheinträgen gleichermassen äussert, regist- Unten links im Wall datiert und signiert: 18 S im Rhombus 56. rierte aufmerksam die Spannungen zwischen den europäischen 22,8 × 40 cm. Mächten, die durch den 1856er-Friedensschluss nicht wirklich gelöst wurden, ja sich sogar verschärfen sollten. Für die damali- Mit einem ausführlichen Gutachten von Prof. Siegfried Wichmann, ge Bevölkerung bedeutete dies Unruhe, Unsicherheit, ständige 1.5.1996. Mobilmachung, Krieg, Not. Sensibilisiert durch die politischen Aktivitäten seines Vaters Simon war sich Spitzweg der fragilen Provenienz: politischen Situation bewusst,und entsprechend beschäftigte ihn - Wohl Wiener Kunstverein, 11.7.1856, direkt beim Künstler er- das Thema des gähnenden Soldaten über einen Zeitraum von worben (gemäss Verkaufsverzeichnis Nr. 127). etwa 25 Jahren bis 1875. Sechs Versionen sind bekannt von der - Galerie Matthiesen, Berlin, 1930 (als „Militärposten im Frieden“). Schildwache, die sich auf einer Festung gähnend auf ihre Waffe - Kunsthandel München, 1948. stützt, wobei sich deren Blickrichtung, wie in unserer Fassung, - Schweizer Privatbesitz. einmal zur linken Bildhälfte richtet, einmal nach rechts, wie in dem um 1860 entstandenen und heute in der Kunsthalle Mannheim Ausstellungen: befindlichen Gemälde „Auf der Bastei (Friedenszeit, Gähnender - Pfäffikon 2002/3, Carl Spitzweg. Reisen und Wandern in Europa Wachposten)“. und der Glückliche Winkel, Vögele Kulturzentrum (ehemals See- damm Kulturzentrum), Pfäffikon SZ, 22.9.2002–5.1.2003. Der Verfasser des Werkverzeichnisses Siegfried Wichmann hält - München 2003, Carl Spitzweg. Reisen und Wandern in Europa die hier angebotene Fassung für „[...] das qualitätsvollste dieser und der Glückliche Winkel, Haus der Kunst, München 24.1.– Gruppe, das Spitzweg gemalt hat. Die Details des Pflanzenbe- 4.5.2003. wuchses, auch der behauenen Steine der Bastei, die im Wind flat- ternde Wäsche, aber auch der Wachsoldat zeugen von der besten Literatur: Malqualität, die Spitzweg je gezeigt hat“ (Siegfried Wichmann: Carl - Günther Roennefahrt: Carl Spitzweg. Beschreibendes Verzeich- Spitzweg. Verzeichnis der Werke. Gemälde und Aquarelle, Stutt- nis seiner Gemälde, Ölstudien und Aquarelle. München 1960, S. gart 2002, Nr. 988, S. 409). Der gelernte Apotheker und studierte 218, Nr. 786 (mit Abb.). Pharmazeut, Botaniker und Chemiker Spitzweg widmete sich - Eugen Kalkschmidt: Carl Spitzweg und seine Welt. 4. Aufl., Mün- tatsächlich mit grosser Liebe zum Detail, insbesondere den Kräu- chen 1966, S. 64, Abb. 38. tern und Stauden, die er über die Festungsmauer wachsen lässt. - Siegfried Wichmann: Carl Spitzweg. Bildreihen zum stricken- Dieses Ensemble integriert er in eine sich nach unten öffnende den Kanonier und zum Wachsoldaten auf der Festung, Starn- Landschaft von grosser Tiefenschärfe und Weite, die mit ihrer berg-München 1975, Nr. 34. überragenden Schilderung des Lichtspiels und fast impressio- - Siegfried Wichmann: Carl Spitzweg. Friede. Dokumentation, nistischen Freiheit von Spitzwegs Können ebenso wie von seiner Starnberg-München, R.f.v.u.a.K. 1995, S. 5–49, Bayer. Staatsbibl. intensiven Beschäftigung mit zeitgenössischer Landschaftsmale- München, Inv.-Nr. Ana 656 SW 91. rei u.a. der Schule von Barbizon zeugt. - Siegfried Wichmann: Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke. Gemälde und Aquarelle, Stuttgart 2002, S. 409, Nr. 988 (mit Bemerkenswerterweise legte er aber keinen Wert auf eine korrek- Farbabb. / mit falscher Bezeichnung des Malträgers - Holz statt te Uniformierung des Wachsoldaten. Der Schnitt der Kleider weist Leinwand). in die Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts und tatsächlich ist - Ausst.-Kat. Carl Spitzweg. Reisen und Wandern in Europa. Der bekannt, dass sich Spitzweg in den Zeughäusern von München Glückliche Winke, hrsg. von Siegried Wichmann, Stuttgart 2002, und der Festung Ingolstadt inspirieren liess. Für seine Schildwache S. 101, Kat.-Nr. 46 (mit Farbabb.). „borgte“ er sich die rote Hose der ungarischen Armee. Im Übrigen griff Spitzweg hier auf die Uniformierung fränkischer Kreiskonti- gente zurück, während der mit Bajonett 1,71m lange Stutzen um Der Kanonier mit weit aufgerissenem Gähnen, der Spatz, der in 1830 in die bayerische Armee eingeführt wurde. Die Darstellung der Kanone nistet und die im Wind flatternde Wäsche sind alles ist also weder aktuell noch historisch korrekt. Vermutlich waren es eindeutige Zeichen, dass hier niemand auf Krieg eingestellt ist. So kompositorische Gründe, die Spitzweg zu dieser Phantasieuni- wie von Carl Spitzweg im Titel bereits andeutet, handelt es sich form verleiteten. Das leuchtende Signalrot der Hose dient dem um einen Militärposten im Frieden. Auge der Betrachter als effektvoller Fixpunkt und bildet auch den Komplementärgegensatz zum dominanten Grün der Bewachs- Dieses liebevolle Porträt des Wachsoldaten, den ein Augenblick ung. von Müdigkeit und Langeweile übermannt, ist von jener tiefen Menschlichkeit geprägt, die Spitzwegs Werke auszeichnen. Mit Doch gleichzeitig wollte Spitzweg nicht den Vertreter einer feiner Ironie und ungeheurer Detailgenauigkeit schildert er uns ei- bestimmten Nationalität bzw. Armee darstellen. Vielmehr hat nen kostbaren Moment des Innehaltens, in dem die Waffen ruhen, sein Anliegen generell einen universellen Anspruch: Ein Mann, ein eine friedliche Oase für Mensch und Tier. Dennoch deutet der Mensch demonstriert mit seinem Gähnen deutlich sein Desinter- von links aufziehende Sturm auf drohendes Unheil hin. Tatsäch- esse an einer kriegerischen Auseinandersetzung und hisst schon lich stehen 1856, im Entstehungsjahr dieses Gemäldes, dunkle einmal die weisse Flagge als Friedenszeichen. Gewitterwolken über Europa. Als Spitzweg im März/April daran ar- beitet, schliessen in Paris gerade die Vertreter des Osmanischen CHF 150 000 / 250 000 Reiches, Frankreichs, Österreichs, Preussens, Grossbritanniens, (€ 138 890 / 231 480) Sardiniens und Russland den „Dritten Pariser Frieden“. Dieser | 120
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Gemälde des 19. Jahrhunderts 3211 CARL SCHLESINGER (Lausanne 1825–1893 Düsseldorf) Strickende Mutter mit ihrem Kind auf einer Brücke. 1859. Öl auf Leinwand. Unten links signiert, bezeichnet und datiert: C. Schlesinger. Ddf. 1859. 30,5 × 37 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz, seit mehreren Generationen. CHF 5 000 / 7 000 (€ 4 630 / 6 480) | 122
3212 HEINRICH BÜRKEL (Pirmasens 1802–1869 München) Landschaft mit weidendem Vieh. Um 1858. Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert: HBÜRKEL. 29 × 52,8 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz, seit mehreren Generationen. Literatur: - Luigi von Buerkel: Heinrich Bürkel. Ein Malerleben der Biedermei- erzeit, München 1940 (mit Register der Werken), Nr. 703. - Hans Bühler und Albrecht Krückl: Heinrich Bürkel mit Werkver- zeichnis der Gemälde, München 1989, Nr. 309, S. 259 (mit Abb.). CHF 7 000 / 10 000 (€ 6 480 / 9 260) | 123
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3213 CARL SPITZWEG (1808 München 1885) Memorierender Landpfarrer. Um 1840. Öl auf Leinwand. Unten links signiert: S im Rhombus. 31,7 × 27,2 cm. Provenienz: tete proklamierte Vertrauen in die Institutionen und ihre Vertreter - Sammlung Emil Locher (1873–1940). wieder ebenso wie der Rückzug ins Private in einem kontempla- - Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatbesitz. tiven Spaziergang oder die Sehnsucht nach Sicherheit, Ruhe und Harmonie in einer Krisen geschüttelten Zeit. Dabei ist der Blick Wenn dir‘s vergönnt je, dann richt es so ein, auf die vermeintlichen Autoritäten der damaligen Gesellschaft bei Dass dir ein Spaziergang das Leben soll sein! Spitzweg nie frei von einem wohlwollenden Spot und Augenzwin- Stets schaue und sammle, knapp nippe vom Wein, kern, eingebettet in eine tiefe Naturverbundenheit in meisterlich Mach unterwegs auch Bekanntschaften fein, präziser Darstellung. Des Abends kehr selig bei dir wieder ein Und schlaf in den Himmel, den offnen, hinein! In Siegfried Wichmanns Werkverzeichnis findet sich eine ver- (Carl Spitzweg) gleichbare Darstellung ohne Künstlersignum, die mit „Memorie- render Landpfarrer“ betitelt und um 1840 datiert ist (Siegfried Mit erhobenem Spazierstock in der Rechten, Brevier und Re- Wichmann: Carl Spitzweg. Verzeichnis der Werke. Gemälde genschirm nachlässig nach unten abgekippt in der linken Hand und Aquarelle, Stuttgart 2002, Nr. 182, S. 159). Diese wird mit wandert der wohlbeleibte Landpfarrer gemächlich den von Wei- einem zeitgleichen Werkkomplex von sieben Gemälden mit der zenfeldern und Buschwerk gesäumten Weg entlang. Fast scheint Darstellung einer „Gefährlichen Passage“ (ebd., Nr. 206–212) in er leicht verdrießlich in Gedanken an den zu rezitierenden Text in Beziehung gesetzt. Möglicherweise handelt es sich bei der in der Bewegung zu verharren. Carl Spitzweg beschwört hier in der der Literatur aufgeführten Version um die Vorstudie zu unserer ruhigen Atmosphäre eines Sommertages ein Idyll herauf, aus der Darstellung. Unsere erscheint in der Ausführung ausgeglichener der komplett in Schwarz gekleidete Spaziergänger als zentrales und führt Spitzwegs eigenhändiges Monogramm S im Rhombus Element heraussticht. Typisch für die Zeit um 1840 ist die groß in der Frühzeit. den Bildraum gesetzte Figur, die sich deutlich in ihrem Umriss vom Himmel und der ihn umgebenden Natur absetzt. Sehr gelungen CHF 25 000 / 35 000 spiegelt sich in der Komposition - mit dem für Spitzweg so typi- (€ 23 150 / 32 410) schen, leicht satirischem Unterton - das im Biedermeier verbrei- | 124
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Gemälde des 19. Jahrhunderts 3214* PETER BAUMGARTNER (1834 München 1911) Ehepaar beim Haareschneiden. 1872. Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert, bezeichnet und datiert: P. Baumgartner. München. 1872. 87 × 73,3 cm. Provenienz: - Auktion Fischer, Luzern, 16.5.1991, Los 2098. - Europäischer Privatbesitz. CHF 6 000 / 8 000 (€ 5 560 / 7 410) | 126
3215 Um 1849 heiratete François die junge Malerin Célestine Gosselin FRANÇOIS ÉTIENNE MUSIN (1826–1853) aus Brüssel. Um 1853 bestellt der Prinz von Preus- (Oostende 1820–1888 Brüssel) sen eine Serie von sechs Gemälden für sein Schloss in Potsdam. Segelschiff vor Küste (Tempesta Fragilla). Zu dieser Zeit reiste Musin häufig nach Spanien, Portugal, Italien, Öl auf Leinwand. Frankreich und Norwegen. Von diesen Reisen brachte er zahlrei- Unten rechts signiert: f. musin. che Skizzen und Studien mit, die auch heute noch auf Auktionen 45 × 70 cm. zu finden sind. Im Jahr 1860 liess er sich in seinem neu erbauten Haus in St. Joost nieder. Im Garten liess er ein grosses Atelier- Provenienz: museum einrichten, in dem auch sein Sohn Malunterricht erhielt. - Galerie Amsterdam, bis 1996. Vater und Sohn wurden mit Aufträgen überhäuft: Die Amerikaner - Schweizer Privatbesitz, bei obiger erworben. und die Briten waren begeisterte Abnehmer. Dieses meisterhafte Gemälde von François Musin wurde 1866 auf Musin wurde von den konservativen Kunstkreisen in Brüssel und der Ausstellung in Brüssel präsentiert und mit der Goldmedaille anderswo sehr geschätzt. Er stellte erfolgreich in Wien, Amster- ausgezeichnet. Der prächtige Rahmen ist der ursprüngliche, der dam und London aus. Er war während seiner Karriere sehr aktiv dieses Gemälde bereits 1866 zierte. und schuf eine beeindruckende Anzahl von Gemälden. Von 1840 bis 1888 nahm er an zahlreichen Ausstellungen in Europa Über die Jugendjahre von François Musin sind nur sehr wenige und Amerika teil. François Musins Werke wurden mehrfach mit Informationen überliefert. Er studierte an der Zeichenschule von Medaillen ausgezeichnet und er wurde in den Leopold-Orden, Oostende und wurde von dem Maler François Bossuet (1798– den Orden Karls des Dritten und in den Orden des Befreiers von 1889) gefördert. 1836 schrieb er sich als Schüler an der Brüsseler Venezuela aufgenommen. Akademie ein und trat in das Atelier von Bossuet ein. 1840 gab er sein Debüt in der Marinemalerei mit einer Ausstellung im Salon Christiaan Lucht M.A., bestätigt die Eigenhändigkeit des Gemäl- von Antwerpen. Er bediente den Geschmack jener Zeit nach des anhand einer Fotografie, wofür wir ihm danken. einer romantischen Stimmung und stellte diese mittels Stürmen, Schiffbrüchen, Seeschlachten oder romantischen Hafenansich- CHF 10 000 / 15 000 ten dar. (€ 9 260 / 13 890) | 127
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3216* FRANÇOIS ANTOINE BOSSUET Das hier angebotene Gemälde „Rue de la Giralda in Sevilla“ zeigt (Ypern 1798–1889 Saint-Josse-ten-Noode) eine imposante Ansicht der Giralda, dem ehemaligen Minarett der Rue de la Giralda, Sevilla. Hauptmoschee und heutigen Glockenturm der Kathedrale von Öl auf Holz. Sevilla. Die Moschee wurde nach der christlichen Rückeroberung Unten rechts signiert: F. Bossuet. der Stadt im Jahre 1248 zunächst als Kirche Santa Maria la Mayor 52 × 40,5 cm. weitergenutzt, bevor sie im 15. Jahrhundert niedergerissen und als spätgotische Kathedrale neu erbaut wurde. Das zur Gänze aus Provenienz: Backstein gemauerte ehemalige Minarett blieb jedoch stehen, - Auktion De Vuyst, Lokeren, 17.5.2014, Los 19. wurde in Teilen umgearbeitet und dient seitdem als Glockenturm - Sammlung Rademakers. der Kathedrale. Die Giralda ist bis heute das bedeutendste Wahr- zeichen der Stadt. Der Belgier François-Antoine Bossuet erlangte Berühmtheit als begabter Vedutenmaler, der sich besonders spanischen und itali- Es verwundert daher nicht, dass Bossuet – Liebhaber bekann- enischen Stadtlandschaften zuwandte. Er wurde an der Koninklijke ter, historischer Orte – dieses berühmte Bauwerk als markantes Academie voor Schone Kunsten van Antwerpen bei Willem Jacob architektonisches Element zum zentralen Thema seines Gemäldes Herreyns (1743–1827) ausgebildet und unternahm zahlreiche machte. Das mächtige, die Menschen und umliegenden Gebäude Studienreisen nach Italien, Spanien, Portugal, Marokko, Deutsch- weit überragende Bauwerk wird von Bossuet mit grosser Präzision land und in die Niederlande, wo er sich von den Alltagsszenen in und Liebe für die Details dargestellt. Das mediterrane gleissende den Strassen inspirieren liess. 1855 wurde er zum Professor an Licht des Südens verleiht dem Minarett eine Klarheit, die durch das der Académie royale des Beaux-Arts de Bruxelles ernannt, eine gelungene Spiel von Licht und Schatten in den Bereich des Alltags- Position, die er bis 1876 innehatte. Besondere Anerkennung lebens auf dem Marktplatz lebhaft akzentuiert wird. Der Standort erhielt er für seinen Sinn für authentische Lichtführung und des Betrachters ist aufgrund der genauen Stadttopographie exakt Perspektive, zu der er auch wissenschaftliche Schriften verfasste. bestimmbar und wäre heute in der Calle Mateos Gago zu verorten. Seine Liebe zur Architektur kombinierte er mit gut beobachteten Szenen der Händler auf den Markt, der Wäscherinnen oder flanie- CHF 15 000 / 20 000 render Edelleute. (€ 13 890 / 18 520) | 128
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Gemälde des 19. Jahrhunderts 3217 ADOLPHE APPIAN (1818 Lyon 1898) Fischer an Meeresbrandung. 1878. Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert und datiert: Appian. 1878. 32,5 × 55,5 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. Noé Willer bestätigt die Eigenhändigkeit des Gemäldes anhand einer Fotografie, wofür wir ihm danken. CHF 1 500 / 2 500 (€ 1 390 / 2 310) 3218* ALEXANDRE-RENÉ VERON (1826 Montbazon 1897) Corot et ses amis en forêt. 1853. Öl auf Leinwand. Unten links signiert und datiert: A. Veron 1853. Verso auf dem Keilrahmen betitelt: Corot et ses amis dans les gorges d‘Apre- mont - Fontainebleau 1853. 59,5 × 40,5 cm. Provenienz: Europäischer Privatbesitz. Der in Montbazon geborene Alexander René Veron, stellt in vorliegendem Gemälde den Pfeife rauchenden Jean-Baptiste Camille Corot (1796–1875) in einer felsigen Schlucht unter den herbstlichen Eichen bei einer Malpause dar. Verorten lässt sich die Darstellung wohl in die Schluchten von Apremont („Gorges d’Apremont“), einer Gegend im Wald von Fontainebleau, die unter den Barbizonmalern sehr beliebt war. CHF 3 000 / 5 000 (€ 2 780 / 4 630) | 130
3219* JULES ACHILLE NOËL (Quimper 1815–1881 Algier) Segelboote am Ufer. Öl auf Holz. Unten links signiert: JULES NOËL. 23,5 × 35,5 cm. Provenienz: - Kunsthandel V. Winkel & Magnussen, Kopenhagen, Nr. M223 (verso mit Etikett). - Deutscher Besitz. Ausstellung: Paris 1913, Exposition de Petits Maîtres du XIXe siècle, Galerie Georges Petit, 16.6.–13.7.1913, Nr 222 (verso mit Etikett). CHF 3 000 / 5 000 (€ 2 780 / 4 630) | 131
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3220 FRANZ XAVER WINTERHALTER (Menzenschwand 1805–1873 Frankfurt a. M.) Die schöne Amerikanerin. Um 1868–1869. Öl auf Leinwand. 115 × 88 cm (oval). Gutachten: Dr. Eugene Barilo von Reisberg, 2.8.2021. Provenienz: - Sammlung Franz Xaver Winterhalter, 1873. - Durch Erbfolge an Hermann Winterhalter (Bruder von Franz Xaver Winterhalter), 1891. - Durch Erbfolge in den Besitz der Erben von Hermann Winterhal- ter. - Privatsammlung Dr. Huwyler, um 1988 (verso mit Etikett / Leih- geber für die Ausstellungen in London und Paris). - Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatbesitz. frühen 1870er-Jahre war. Zum anderen trägt der auf der Leinwand befindliche Stempel von Henry et Cré, einem Pariser Leinwand- Ausstellung: lieferant, dazu bei, die Datierung so genau fixieren zu können. London und Paris 1987/88, Franz Xaver Winterhalter and the So verwendete der Betrieb jenes Händlers diesen bestimmten courts of Europe 1830–70, National Portrait Gallery, 30.10.1987– Stempel nur für die Zeitperiode von 1868 bis 1869. 10.01.1988, Nr. 80 (verso mit Etikett). Im Genre der Porträtmalerei zählt Winterhalter im 19. Jahrhundert Literatur: zu den renommiertesten Künstlern. Er fertigt eine Vielzahl von - Franz Wild: Nekrologe und Verzeichnisse der Gemälde von Franz Bildnissen für aristokratische Persönlichkeiten an, darunter für das & Herrmann Winterhalter, Zürich 1894, S. 53 / Anhang Nr. 507. britische, spanische und österreichische Königshaus sowie für - O. E. Sutter: Franz Xaver Winterhalter, Daheim 1936, S. 373, Nr. den französischen Königshof. Winterhalters Kontakte zur Adels- 25 (mit Abb.) gesellschaft finden sich bereits in dessen Jugendjahren. Während - Ausst.-Kat. Franz Xaver Winterhalter et les cours d’Europe de seiner Ausbildung im baden-württembergischen St. Blasien wird 1830 à 1870, National Portrait Gallery, London 1988, S. 154 und Grossherzog Ludwig I. auf sein künstlerisches Talent aufmerksam 218, Nr. 80 (mit Abb.). und ermöglicht ihm ein Stipendium an der Königlichen Akade- mie der Bildenden Künste in München. Es folgen Stationen als Von Anmut und Eleganz geprägt und zugleich mit stolzem Blick Zeichenlehrer Sophie von Badens (1801–1865) und als badischer porträtiert Franz Xaver Winterhalter die hier dargestellte junge Hofmaler unter Grossherzog Leopold (1790–1852) sowie diverse Amerikanerin. Der Familienüberlieferung nach handelt es sich Reisen und Auslandsaufenthalte, die Winterhalter internationa- bei der Dame um die letzte Verlobte Franz Xaver Winterhalters le Bewunderung verschaffen. Seine besondere Beliebtheit als (Ausst.-Kat 1988, S. 218). Obwohl es keine konkreten Hinweise Porträtmaler liegt neben der technischen Präzision auch in der für die Verlobung des damals über sechzigjährigen Künstlers gibt, schmeichelhaften Darstellungsweise begründet, mit welcher der liegt jedoch nahe, dass eine persönliche Beziehung zwischen der Maler seine Modelle wiedergibt. Er fängt die jeweiligen Charak- Porträtierten und dem Maler bestand. Seit Mitte des 19. Jahr- teristiken ein und führt diese auf wohlwollende und besonders hunderts liess sich eine Vielzahl amerikanischer Reisender von ästhetische Art und Weise aus. Zeitgenössische Modetrends europäischen Künstlern porträtieren. Auch von Winterhalter sind dienen dabei als unterstützendes Requisit. mindestens vier Gemälde bekannt, auf denen er amerikanische Modelle porträtierte – darunter das Gemälde „Mlle Strahter de Das Porträt der Amerikanerin bleibt bis zu Winterhalters Tod in Kentucki“ von 1850. dessen Besitz. Anschliessend erscheint es unter der Nummer 9 im Nachlass seines Bruders Hermann Winterhalters. In der Obgleich das hier angebotene Gemälde nicht datiert ist, ist es posthum entstandenen Liste von Winterhalters Werk, die dessen dem Kunsthistoriker Dr. Eugene Barilo von Reisberg möglich, die Neffe Franz Wild 1894 anfertigt, wird das Gemälde ebenfalls unter Entstehung des Werks zeitlich sehr konkret zwischen 1868 und selbigem Titel erwähnt. 1869 einzuordnen. Seine Annahme begründet er zum einen mit der verwendeten Kleidung und dem aufwendigen Haarschmuck CHF 30 000 / 40 000 der Dame, der sehr typisch für die späten 1860er-Jahre und (€ 27 780 / 37 040) | 132
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Gemälde des 19. Jahrhunderts 3221* PAUL DÉSIRÉ TROUILLEBERT (1829 Paris 1900) La ruelle des Soeurs à Candes. Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert: Trouillebert. 57 × 22 cm. Provenienz: - Vente Atelier Trouillebert, 1890, Nr. 35. - Auktion Pillon, Calais, 7.7.1996, Los 50. - Auktion Pomez-Boisseau, Troyes, 9.2.1997, Los 87. - Auktion Dorotheum, Wien, 8.6.2020, Los 600. - Maier & Co. Fine Art, Stuttgart. - Europäischer Besitz. Ausstellungen: - Galerie Haussmann, 1900, Nr. 83. - Stuttgart 2020, Paul Désiré Trouillebert, Maier & Co. Fine Art, Oktober 2020. Literatur: Claude Marumo / Thomas Maier / Bernd Müllerschön: Paul Désiré Trouillebert. Catalogue Raisonné de l‘oeuvre peint, Stuttgart 2004, S. 377, Nr. 479 (mit Abb.). CHF 6 000 / 8 000 (€ 5 560 / 7 410) | 134
3222* PAUL DÉSIRÉ TROUILLEBERT (1829 Paris 1900) Le rameur dans sa barque. Öl auf Leinwand. Unten rechts signiert: Trouillebert. 34,3 × 50,5 cm. Provenienz: - Auktion Rossini, Paris, 9.4.2014. - Maier & Co., Fine Art, Stuttgart. - Europäische Sammlung. Das Gemälde wird nach Prüfung des Originals durch Thomas Maier und Bernd Müllerschön in den in Vorbereitung befindlichen Nachtragsband zum Werkverzeichnis von Paul Désiré Trouillebert aufgenommen. CHF 8 000 / 12 000 (€ 7 410 / 11 110) | 135
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3223* PIETER LODEWIJK FRANCISCO KLUYVER (1816 Amsterdam 1900) Winterlandschaft mit Reisigsammlern. Öl auf Leinwand. Unten links signiert: Kluyver. 76 × 64,5 cm. Provenienz: Europäischer Privatbesitz. Pieter Lodewijk Kluyvers Œuvre wird bestimmt durch äusserst präzise ausgeführte und atmosphärisch aufgeladene Sommer- und Winterlandschaften. Die Feinheiten der Natur finden Betonung durch einen feinen Pinselduktus und eine in sich stimmige Farbpalette und durch Vieh- und Figurenstaffage belebt. Mit eindrucksvollen Lichteffekten stellt Kluyver unterschiedliche Landschaftszüge rund um Arnheim, Amersfoort, Den Haag, Haarlem und Amsterdam dar und führt er die lange Tradition der holländischen Land- schaftsmalerei fort, die im 17. Jahrhundert in Jacob van Ruisdael (1629–1681) einen wichtigen Vertreter hatte. Diese äusserst detailliert ausgeführte Winterlandschaft gehört zu den qualitätsvollsten Kompositionen des Amsterdamer Malers Pieter Lodewijk Francisco Kluyver innerhalb der Bildgruppe von Winterdarstellungen. Christiaan Lucht, M.A. bestätigt die Eigenhändigkeit nach Prüfung des Originals, wofür wir ihm danken. CHF 9 000 / 12 000 (€ 8 330 / 11 110) | 136
3224* ANDREAS SCHELFHOUT Schon zu Lebzeiten genossen die sorgfältig und mit technischer (1787 Den Haag 1870) Raffinesse ausgeführten Landschaftsgemälde des Niederlän- Eisvergnügen. 1824–29. ders grosse Beliebtheit. Kein anderer vermochte es die liebliche Öl auf Holz. Atmosphäre einer Sommerlandschaft oder das frostig kalte Unten rechts signiert: A. Schelfhout. f. Wetter eines Wintertages malerisch so einzufangen wie Andreas 37,8 × 48,6 cm. Schelfhout. Provenienz: Gewisse Darstellungen wurden mit Viehstaffagen von Künstler- - Kunsthandel Pieter A. Scheen, Den Haag. kollegen, wie Pieter Gerardus van Os (1776–1839) ausgestattet, - Privatsammlung. wovon möglicherweise auch bei den Figuren und dem Pferd auf - Auktion Venduehuis der Notarissen, Den Haag, 15.12.2020, Los der linken Seite in dieser Komposition ausgegangen werden kann, 67. die höchstwahrscheinlich nicht von Schelfhout selbst ausgeführt - Niederländischer Privatbesitz. wurden. Literatur: Mit Barend Cornelis Koekkoek (1803–1862) zählt Andreas - Willem Laanstra: Andreas Schelfhout, Amsterdam 1995, S. 149, Schelfhout zu den wichtigsten Vertretern der niederländischen Nr. WO 38-1 (mit Abb. / minimal abweichende Massangaben). Landschaftsmalerei der Romantik, weshalb es nicht verwundert, - Herman de Vilder und Kris van de Ven: Eugène Verboeckhoven dass unter der Liste seiner Schüler bekannte Namen wie Johan et ses peintres collaborateurs, Sint Niklaas 2006, S. 390, Nr. 325 Bartold Jongkind (1816–1907) und Charles Leickert (1819–1891) (mit Farbabb.). auftauchen. CHF 12 000 / 18 000 Bekanntheit erlangte Andreas Schelfhout für seine Komposi- (€ 11 110 / 16 670) tionen romantischer Sommer- und Winterlandschaften sowie Strandszenen, wobei die Werkgruppe der sogenannten „Win- tertjes“ (dt. Eisvergnügen) unübertroffen bleibt, zu der auch die vorliegende Arbeit gezählt werden darf. | 137
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3225* HENDRIKUS VAN DE SANDE BAKHUYZEN (1795 Den Haag 1860) Hirtenjunge mit Kühen. 1837. Öl auf Holz. Unten rechts signiert und datiert: VdS: Bakhuyzen. fc 1837. 54 × 46,5 cm. Provenienz: Europäischer Privatbesitz. Die Szenen des niederländischen Künstlers Henrikus van de Sande Bakhuyzen zeich- nen sich durch eine sehr feine und detaillierte Malweise aus. Aufgrund dieser akkuraten Technik erinnern seine Werke an Darstellungen aus der Zeit des Goldenen Zeitalters wie beispielsweise die Landschaften des Barockmalers Paulus Potter (1625–1654). Auch die hier angebotene romantische Landschaftsszene mit Kühen, Schafen und einem im Gras rastenden Hirtenjungen ist von diesem besonderen Stil gekennzeichnet und zählt gemäss dem Experten Christiaan Lucht zu einem der besten Gemälde des Künstlers. 1795 in Den Haag geboren, verbrachte Bakhuyzen sein gesamtes Leben in seiner Geburtsstadt, wo er auch als Lehrer tätig war. Für seine Arbeit erhielt Bakhuyzen ver- schiedene Medaillen und Auszeichnungen und ab 1822 wurde er Mitglied der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in Amsterdam. In den 1830er- und 1840er-Jahren reiste er nach Deutschland und nach Belgien und kehrte inspiriert mit neuen Ideen zurück. Die Entstehung des vorliegenden Gemäldes ist demnach zeitlich in Bakhuyzens Reiseperiode zu verorten. Christiaan Lucht, M.A. bestätigt die Eigenhändigkeit nach Prüfung des Originals, wofür wir ihm danken. CHF 18 000 / 25 000 (€ 16 670 / 23 150) | 138
3226* -M arjan van Heteren und M. van den Nieuwenhof: Kruseman. FREDERIK MARINUS KRUSEMAN Kunstbroeders uit de Romantiek, Waanders Uitgevers, Zwolle, (Haarlem 1816–1882 Sint-Gillis) 2014 (mit Abb.). Sommerlandschaft mit Figuren. 1861. Öl auf Leinwand. Unter dem Einfluss verschiedener Vertreter der romantischen Unten links signiert und datiert: FMKruseman fc 1861. Landschaftsmalerei, wie Nicolaas Johannes Roosenboom 54,2 × 59 cm. (1805–1880), Jan van Ravenswaaij (1789–1869) und Barend Cornelis Koekkoek (1803–1862), erlernte der Haarlemer Künstler, Provenienz: märchenhafte, verträumte und technisch versierte Ausführungen - Auktion Christie‘s, Laren, 20.10.1980, Los 309. unterschiedlicher Sommer- und Winterlandschaften. - Europäische Privatsammlung. Die 1850er- und 1860er-Jahre gelten in Krusemans Karriere Ausstellung: als Höhepunkt. Den zu jener Zeit entstandenen Werken wird Oss/Alkmaar 2014-2015, Kruseman. Kunstbroeders uit de ro- nachgesagt, in vielerlei Hinsicht gar die Arbeiten seines Lehrers mantiek, Museum Jan Cunen, 14.4.2014–15.3.2015 und Stedelljk Koekkoek zu übertreffen. So auch vorliegende Arbeit, die mittels Alkmaar, 18.4.–19.7.2015. präzise ausgeführten Details und einer romantischen und in sich stimmigen Farbpalette zum Verweilen einladen. Literatur: - Marjan van Heteren und Jan de Meere, Frederik Marinus Kruse- Christiaan Lucht M.A., bestätigt die Eigenhändigkeit des Gemäl- man 1816–1882: Painter of Pleasing Landscapes, Schiedam, des anhand einer Fotografie, wofür wir ihm danken. 1998, S. 186, Kat.-Nr. 139 (mit Abb. und fehlerhaften Massanga- ben). CHF 17 000 / 22 000 (€ 15 740 / 20 370) | 139
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3227 3228* ERNEST VAN DEN KERCKHOVE HORACE VERNET (Brüssel 1840–1879 Schaarbeek) (1789 Paris 1863) Zusammenkunft vor dem Pantheon in Rom. 1871. Studie zu „Der Ausbruch der Cholera an Bord der Fregatte Mel- Öl auf Holz. pomène“. 1833–1834. Unten rechts signiert, bezeichnet und datiert: E. VDKerckhove. Öl auf Papier auf Leinwand. ROME 1871. Unten links signiert und schwer leserlich datiert: H Vernet 183(...). 41 × 54,5 cm. 38 × 31 cm. Provenienz: Provenienz: Schweizer Privatbesitz, durch Erbfolge an heutige Besitzer. - Sammlung Eduard Hildebrandt (1817–1868). - Nachlassversteigerung Hildebrandts, 4.3.1869, Berlin, im Wohn- CHF 4 000 / 6 000 haus des Malers, Los 183 (verso mit Etikett als „Der Ausbruch (€ 3 700 / 5 560) der Cholera auf einem französischen / Kriegsschiffe [...]“). - Privatsammlung, England. - Auktion Lawrences Auctioneers, Crewkerne, 11.7.2014, Los 2020 (als „Study For `The Cholera on Board The Melpomene`“). - Kunsthandel Daxer & Marschall, München. - Europäische Sammlung. Das Ereignis, das Horace Vernet hier für sein Gemälde wählte, geht auf eine Begebenheit zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu- rück. Auf dem Weg von Brest nach Alger steuerte die Fregatte der Melpomène – benannt nach der Muse der tragischen Dichtung und des Trauergesangs – unter Kapitän Vincent-Marie Moulac (1778–1836), im Juni 1833 den Hafen von Lissabon an. Zu jener Zeit wütete in der portugiesischen Hafenstadt die Choleraepi- demie und innert weniger Tage infizierte sich ein Grossteil der Mannschaft und erlag kurze Zeit später der Krankheit. Die übrige Besatzung machte sich weiter auf den Weg nach Toulon und hatte bei der Ankunft weitere Tote zu beklagen. Um die Einwoh- ner von Toulon von der Cholera zu verschonen, opferte sich die | 140
Mannschaft der Melpomène und begab sich für mehrere Monate in Quarantäne, die nur wenige Besatzungsmitglieder überlebten. Bei der hier zum Verkauf stehenden Komposition handelt es sich wohl um eine Vorstudie zum Originalgemälde der „Le Choléra morbus à bord de la Melpomène/Miasmes délétères à bord de la Melpomène“ (Öl auf Leinwand, 273 × 192 cm, signiert, datiert und bezeichnet Rome 1834), das sich heute im Palais des Beaux–Arts in Marseille befindet. In Auftrag wurde dieses von der Stadt Marseilles für den Ratssaal der Gesundheitsbehörde gegeben und sollte sich motivisch neben dem Marmorrelief mit der „Pest in Mailand“ von Pierre Pugets (1620–1694) und dem Gemälde des „Heiligen Rochus“ von Jacques-Louis David (1748–1825) einreihen. Das Gemälde erreichte Marseille 1835 nach seiner Fertigstellung. Umso tragischer und furchteinflössend war es, dass die französische Stadt kurze Zeit später von der Cholera heimgesucht wurde und Vernets Darstellung zur schrecklichen Realität wurde. CHF 20 000 / 30 000 (€ 18 520 / 27 780) | 141
Gemälde des 19. Jahrhunderts 3229 HENRI FANTIN-LATOUR höchste Form der Raffinesse. Es sind die einfachen Freuden des (Grenoble 1836–1904 Buré) täglichen Lebens, in denen sich das grösste Glück finden lässt. Nature morte de cuisine. Verre, bouteille, plat, casserole et pot. Eine beruhigende Wirkung geht von den Stilllebendarstellungen 1856. Fantin-Latours aus, die zum Innezuhalten einladen, um die Schön- Öl auf Leinwand. heit des Lebens zu erkennen und zu bewundern – sei es der es Unten links signiert und datiert: Fantin. 1856. beim Anblick einer gedeckten Tafel oder bei der Vorstellung des 49 × 61 cm. Geschmacks der dargestellten frischen Früchte oder auch der Anblick von duftenden, blühenden Blumen. Gutachten: Sylvie Brame, Brame & Lorenceau, 19.5.2021. Während der ersten Jahre seiner Karriere als Künstler schuf er zunächst Porträts und Selbstporträts, was vor allem auf seine Provenienz: Orientierung und ersten Versuche, im Salon auszustellen, zurück- - Sammlung Mme Fantin-Latour, bis 1919. zuführen ist. Erst kurz vor 1860 wendet sich Fantin-Latour vom - Galerie F. & J. Tempelaere, Paris. Porträtieren von Gesichtern ab und widmet sich der Darstellung - Kunsthandel Huinch & Scherjon, Amsterdam. von Früchten und Blumen und weiterer Stilllebenelemente. - Kunsthandel Hans W. Lange, Berlin, 27.–29.1.1943. - Kunsthandel E. J. Wisselingh & Co., Amsterdam, Nr. 7359 (verso Henri Fantin-Latour zählt zu den Meistern der französischen mit Etikett / „nature morte“). Stilllebenmalerei des 19. Jahrhunderts und reiht sich in die Linie - Sammlung Max Borden, New York (bei Obigem erworben). vorangehender talentierter Künstlergenerationen rund um - Auktion Parke Bernet Galleries, Inc., New York, 3.2.1954, Los 57. Jean-Baptiste Oudry (1686–1755), Jean-Baptiste-Siméon Char- - Auktion Parke Bernet Galleries, Inc., New York, 17.11.1954, Los din (1699–1799) und Anne Vallayer-Coster (1744–1818) ein. 57. - Sammlung Rose Borden, 1962 (verso auf Rahmen bezeichnet). In diesem frühen Gemälde aus dem Genre der Stilllebenmale- - Auktion Willy Klopfer, Zürich, 29.4.1982, Los 321. rei, hatte Fantin noch nicht den aussergewöhnlichen Realismus - Schweizer Privatbesitz, an obiger Auktion erworben. erreicht, den man mit seinen Stillleben von Mitte bis Ende der 1860er-Jahre verbindet. Sein Gespür für raffinierte Farbharmoni- Ausstellungen: en war jedoch bereits gut entwickelt. - Amsterdam 1936, Fantin-Latour, Kunsthandel Hunich & Scher- Nebst Gustave Courbet (1819–1877) und James McNeill jon, Januar 1936, Nr. 2. Whistler (1834–1903) gehörte Fantin-Latour zu einer Gruppe - Lausanne 2007, Fantin-Latour, de la réalité au rêve, Fondation de von befreundeten Künstlern, für die Gemälde keine abstrakten l‘Hermitage, 29.6.-28.10.2007, Nr. 1. und unrealistischen Bilder darstellen sollten. Die Natürlichkeit der Motive sollte vor der Theatralik in der Darstellung stehen und Literatur: exotische Sujet, übersteigerte Emotionen und eine dramatische - Victoria Fantin-Latour: Catalogue de l‘oeuvre complet de Romantik wurden abgelehnt. Mit Wahrheit und Genauigkeit sollte Fantin-Latour, établi et rédigé par Madame Fantin-Latour, Paris das unidealisierte Sujets abgebildet werden, was in dem hier zum 1911, S. 11, Nr. 66 (nature morte). Verkauf stehenden Küchenstillleben Fantin-Latours überzeugend - Ausst.-Kat. Fanti-Latour, de la réalité au rêve, Fondation de l‘Her- zum Ausdruck kommt. mitage, Lausanne 2007, S. 76, Nr. 1 (mit Farbabb.). CHF 20 000 / 30 000 Schenkt man der künstlerischen Überzeugung Henri Fantin-La- (€ 18 520 / 27 780) tours Glauben, so liegt in der Schlichtheit der Komposition die | 142
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Gemälde des 19. Jahrhunderts 3230 JEAN-BAPTISTE MALLET (Grasse 1759–1835 Paris) Badende am Seeufer. Öl auf Leinwand. Unten rechts auf dem Stein signiert: JMallet. 96,3 × 126,5 cm. Provenienz: Schweizer Privatbesitz. Noé Willer bestätigt die Eigenhändigkeit des Gemäldes nach Be- gutachtung anhand einer Fotografie, wofür wir ihm danken. CHF 7 000 / 10 000 (€ 6 480 / 9 260) | 144
3231* unverkennbaren Stil und seiner revolutionären Maltechnik wird er GUSTAVE COURBET als zentraler Wegbereiter der klassischen Moderne und Zeit- (Ornans 1819–1877 La Tour–de–Peilz) wender der Kunstgeschichte gehandelt. Mit seinem Hang zur Soucis / Astres. Provokation und zum Tabubruch, wie auch seiner Maltechnik Öl auf Leinwand. setzte Gustave Courbet Massstäbe, die prägend auf nachfolgen- Unten links signiert: G. Courbet. de Künstlergenerationen wirken sollten. Passend hierzu schrieb 22 × 27 cm. der deutsche Kunsthistoriker und Kurator, Ulf Küster, dass Farbe bei Courbet zum Gegenstand der Kunst wurde, das Sujet an sich Gutachten: gar in den Hintergrund rückte und Courbet einen Grundstein für Comité Courbet, 10.5.2021. die Entwicklung der abstrakten Kunst legte (Ulf Küster: Zeitge- nosse Courbet, in: Ausst.-Kat. Basel, Gustave Courbet, Fondation Provenienz: Beyeler 7.9.2014 –18.1.2015, S. 12 und 17). - Sammlung Ph. de Cossé-Brissac. - Privatsammlung Paris. Das hier zum Verkauf stehende Pochade eines Blumenstillleben, - Sammlung Kaspar Ilg, Schweiz. soll laut dem französischen Kunstkritiker und Journalisten, Théo- - Durch Erbfolge an heutige Besitzer, Schweizer Privatbesitz. dore Duret (1838–1927), 1862 in La Rochelle gemalt worden sein und zeigt Ringelblumen in einem braunen Steinguttopf. Literatur: Robert Fernier: La vie et l‘œuvre de Gustave Courbet. Catalogue CHF 20 000 / 30 000 raisonné, Tom I: 1819–1865. Peintures. Paris 1977, S. 178, Nr. 301 (€ 18 520 / 27 780) (mit Abb. und minimal abweichenden Massangaben). Gustave Courbet, 1819 in Ornans geboren, zählt zu den wich- tigsten französischen Meistern des 19. Jahrhunderts. Mit seinem | 145
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