GOTTESDIENST am Sonntag Okuli 15. März 2020 Evangelisch - Lutherische Kirchengemeinde Berg am Starnberger See

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GOTTESDIENST
                am Sonntag Okuli
                   15. März 2020

           Evangelisch - Lutherische
            Kirchengemeinde Berg
              am Starnberger See

Hinführung zur Predigt
Schillernd ist ihre Persönlichkeit gewiss. Nicht viel mehr
ist belegt. Von den einen als Sünderin und Hure
verkannt, von den anderen hochgeschätzt als Apostelin
der Apostel („apostola apostolorum“) und erste
Verkünderin des auferstandenen Christus – Maria von
Magdala, genannt Magdalena. Wahrscheinlich richtig ist
Ihre Herkunft aus der Ortschaft Magdala am See
Genezareth. Eine reiche, fromme Stadt, die einige
Aufständische hervorbrachte, die für die Herrschenden
ein Problem darstellten. Freischärler kämpften sowohl
gegen den eigenen König Herodes als auch gegen die
Besatzungsmacht der Römer. Sie versteckten sich im
nahegelegenen Taubental bei Magdala in Höhlen und
wurden immer wieder mit Feuer ausgeräuchert. Der
Anführer der Freiheitskämpfer hatte sein Hauptquartier
in Magdala und die ganze Stadt wurde 67 n.Chr. von
den Römern zerstört.
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Zur „Fake News“ dagegen zählt in der volkstümlichen
Wahrnehmung die Darstellung der Magdalena in der
Kunst als reuige Sünderin mit offenen Haaren, etabliert
durch Papst Gregor den Großen (+ 604) in einer Predigt
aus dem Jahr 591 (veröffentlicht 592), der mit ihrer
Person nicht nur die Austreibung von sieben Dämonen
(Lk 8, 1-3), sondern die Salbungsgeschichte Jesu bei
der sie angeblich seine Füße mit ihrem langen Haar
trocknete (Lk 7, 36-50) - natürlich klingt das erst mal
anzüglich - und einer ganz anderen Maria von Bethanien
(Joh 12, 1-8), der Schwester des Lazarus verband.
Zusätzlich zu dieser Verunglimpfung ihres Namens
wurde auch noch ein apokryphes „Evangelium nach
Maria“ gefunden, das besonders, wie auch das
Thomasevangelium auf die Spannung zwischen
Magdalena und Petrus als Gemeindegründer und
Leitfiguren der Urkirche hinweist. Eine Gelegenheit für
eine Verschwörungstheorie, die sie als von der
übermächtigen katholischen Kirche absichtlich
verschwiegene und nachträglich übel beleumundete
Führungsfigur der ersten Christen darstellt. Von den
modernen Hollywood-Filmen nach der Vorlage eines
Dan Brown im „Da Vinci Code“ ganz zu schweigen, die
Magdalena als illegitime Freundin Jesu inklusive einer
geheimen Nachkommenschaft und skandalträchtiger
weitergeschriebener Stammbäume offenbaren, die bis in
die Neuzeit reichen.
Für mich ist das aber alles nicht wesentlich – auch wenn
viel davon den Predigthörern bekannt sein dürfte und die
Rezeption der Magdalena direkt negativ beeinflusst. Im
Proprium für Oculi geht es um Nachfolge. Magdalena
war Jüngerin, die ähnlich wie die erste
Gemeindegründerin in Europa Lydia, die entstehende

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Gemeinde mit „ihrer Habe“ unterstützte. Von den drei
hauptsächlichen Erwähnungen in der Schrift –
Dämonenaustreibung, Frauen unter dem Kreuz,
Auferstehung – hat die Ostergeschichte bei Johannes
(Joh 20, 1-18) mich am meisten bewegt. Magdalena
verkörpert darin nicht nur die Bereitschaft Jesus
nachzufolgen und sich zu ihm hinzuwenden, sondern sie
erkennt Jesus zuerst als den Auferstandenen - und
damit als den Christus - und wird durch Zuspruch in
einer persönlichen Begegnung zur Direkt-Beauftragten
des Glaubens. Ihr Gemütszustand wandelt sich vom
verzweifelten Weinen zum freudigen Verkündigen durch
zweifache ganzheitliche Umwendung. Die ganze
Geschichte ist eine Bewegung vom „Kommen“ zum
„Sehen“ zum „Erkennen“ und zum „Verkündigen“. Im
Erkennen ist sie Petrus ähnlich, der auch Jesus als
erster als den Christus erkennt (MK 8, 29-33). Petrus
versucht jedoch gleich darauf Jesus von seiner
Bestimmung abzubringen und wird darauf sogar von ihm
als „Satan“ bezeichnet. Eine verfehlte Nachfolge im
gutgemeinten Abhalten Jesu wäre die Konsequenz (vgl.
Joh 13, 36-38). Im festhaltenden Element des „noli me
tangere“ bei der Begegnung mit Magdalena schwingt
auch das Abhalten von Jesu Bestimmung mit – man
kann also in der Nachfolge auch viel falsch machen! Hier
ergeht aber sogleich der messianische Auftrag zu seinen
„Brüdern“ - also zu uns - zu gehen und seine Auffahrt zu
seinem „Vater“ - und damit zu unserem Vater -
weiterzusagen. Dieses Glauben und Weitersagen hat
eine Parallele zur samaritanischen Frau am
Jakobsbrunnen, die auch als erste von Jesus als dem
Christus überzeugt ist und ins Dorf geht um ihre
Erkenntnis den Leuten mitzuteilen (Joh 4, 28-29). Man
muss also zuerst glauben um weiterzusagen.
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Aber anders als die samaritanische Frau durchläuft
Magdalena ein Wechselbad der Gefühle bis sie glaubt.
Sie kommt und sieht zuerst, dass Jesus weg ist. Die
beiden Engel in der Geschichte sitzend zu Häupten und
zu Füßen des abgelegten Jesus markieren durch ihre
Platzierung genau die Stelle an dem der Körper liegen
sollte. Sie sieht jedoch - nichts. Das ist der Moment, in
dem die Welt ihr beweist, dass Jesus nicht mehr ist – die
erste Umwendung. Alles ist sinnlos. Verzweiflung. Leere.
Aber da erscheint Gott in dem Moment, in dem er für
Magdalena in der Verzweiflung des Nichtseins
untergegangen ist. In Vers 14 findet erstaunlicherweise
eine erneute Umwendung, also eine mutige Bewegung
Magdalenas zu Jesus hin statt. Sie sieht vom leeren
Grab weg hin zu Jesus. Sie hat Mut gefasst. Nach dem
evangelischen deutsch-amerikanischen Theologen
Professor Tillich ist der Mut die Selbstbejahung des
Seienden trotz seines Nichtseins. Der Mut zum Sein ist
der Ausdruck des Glaubens. Und was Glaube ist, muss
verstanden werden vom Verständnis des Mutes zum
Sein aus. Mut ist Selbstbejahung des Seienden trotz der
gegenwärtigen Drohung des Nichtseins.
Sie sieht ihn, erkennt ihn jedoch nicht. Erst durch die
direkte Ansprache – das Wort „Maria“ – wird sie gewahr,
dass er sie kennt und erkennt ihn gleichzeitig als
„Rabbuni“. Durch den Zuspruch ihres Namens erkennt
sie ihn als den auferstandenen Christus und wird zum
neuen Menschen.
Luther kämpfte für diese unmittelbare Ich-Du-Begegnung
zwischen Gott und Mensch. Darin erreicht der Mut den
höchsten Gipfel. Luther selbst ist erfüllt von diesem Mut.
Sein Mut des Vertrauens ist ein persönliches Vertrauen,

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das aus einer Ich-Du-Begegnung mit Gott abgeleitet
wird.
Das Sein-Selbst (Gott) überwindet fortwährend das
Nichtsein. Glaube ist die Erfahrung der Macht des Seins-
Selbst, die einem Seienden den Mut zum Sein gibt.
Diese Erfahrung hat paradoxen Charakter. Der Glaube
ist die existentielle Bejahung von etwas, das alle
gegenständliche Erfahrung transzendiert. Wer sich in der
Umklammerung des Zweifels und der Sinnlosigkeit
befindet, kann sich aus dieser Umklammerung nicht
selbst befreien. Aber der Mut der Verzweiflung ins
Angesicht zu sehen, ist selbst Glaube und Mut zum Sein
an seiner äußersten Grenze. Der Mut hat offenbarende
Kraft, der Mut zum Sein ist der Schlüssel zum Sein-
Selbst (Gott), das das Nichtsein fortwährend überwindet
(Auferstehung). Der Mut zum Sein ist der Schlüssel zum
Auferstehungsglauben.
Die johanneische Magdalena repräsentiert den Typus
des glaubenden Menschen, dessen Mut zum Sein sich
aus einer inneren starken Verbundenheit mit Jesus
speist. Die Verzweiflung ist der Freude gewichen. Der
Glaube erzeugt Leben. Glaube erzeugt Sinn. Glaube
erzeugt Sein.
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“

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Musikplanung

Vor dem Gottesdienst

EGE 22 Kreuz, auf das ich schaue
Gesangsprobe mit Prof. Harz

Läuten der Glocken

Musik zum Eingang

Lied EG 440 All Morgen ist ganz frisch und neu
    1. Strophe Chor
    2. Strophe Gemeinde + Orgel
    3. Strophe Chor
    4. Strophe Gemeinde + Orgel

Gruß mit Hinführung

Lied EGE 22 Kreuz, auf das ich schaue
    1. Strophe Chor
    2. bis letzte Strophe: Gemeinde mit Orgel

Eingangsgebet

Evangeliumslesungen
Lied EG 384, 1 + 4 Lasset uns mit Jesus ziehen
Chor singt Bachchoral

Glaubensbekenntnis

Lied Wochenlied: EG 391 - Jesu, geh voran
Chor singt 1. Strophe als Bachchoral
danach die Gemeinde mit den folgenden Strophen und Orgel
Predigt

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Musik zum Nachdenken

Abkündigungen

Predigtlied

EG 634 Lass uns in deinem Namen, Herr
Gemeinde mit Orgel

Kollekte während Orgelnachspiel

Fürbittengebet
Vaterunser
Schlusslied EG 154,1 Herr, mach uns stark im Mut, der
dich bekennt
Gemeinde mit Orgel

Chorvers „Verleih uns Frieden gnädiglich“

Sendung und Segen

Musik zum Ausgang

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Liturgie:

Gruß
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes.
Amen.
Der Herr sei mit euch.
Und mit deinem Geist.

Ich grüße Sie zum Gottesdienst am heutigen Sonntag
Okuli. „Die Augen des Herren merken auf die
Gerechten“. So steht es im Psalm 34. Die Augen des
Herren geben dem heutigen Sonntag seinen Namen.
Okuli heißt auf Lateinisch Augen. Wer in der Nachfolge
Christi steht braucht oftmals die Augen des Herren, die
auf ihn schauen. Ich stelle ihnen heute eine mutige
Jüngerin vor. Nicht viel ist über ihre Persönlichkeit
belegt. Von den einen als Hure verteufelt, von den
anderen hochgeschätzt als Apostolin der Apostel und
erste Verkünderin des auferstandenen Christus – Maria
von Magdala, die Magdalenerin, genannt Maria
Magdalena.
Drei verschiedene Frauengestalten schmolzen in ihr zu
einer Person zusammen. Ein Papst wollte das so - Papst
Gregor der Große. Er hielt dazu höchst selbst eine
Predigt, die Magdalenas Ruf ruinierte. Seine Worte
wurden aufgeschrieben. Das war im Jahr 592. Seitdem
findet man auch in der Kunst die Magdalena als reuige
Sünderin mit offenen langen Haaren. Nichts davon steht
in der heiligen Schrift. – „Fake News“ heißt das heute.
Aber machen Sie sich selbst ein Bild über diese
schillernde Gestalt der Passionsgeschichte in unserer
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Predigtreihe „Evangelisch am Starnberger See“ und
hören sie selbst die überlieferten Worte aus
verschiedenen kanonischen Evangelien über Maria
Magdalena.
Zuerst aber singen wir „All Morgen ist ganz frisch und
neu“ und denken dabei schon mal an unsere
Magdalena. Die Nummer 440 im Gesangbuch.

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Lasst uns beten.

Eingangsgebet
Gott,
wir sind zu dir gekommen, der Quelle des Lebens. Wir
sind unsicher, aber du gibst uns Gewissheit. Wir kennen
den Weg nicht, doch du zeigst uns das Ziel.
Bei uns ist es dunkel, aber du schenkst uns dein Licht.
Öffne uns die Augen, dass wir dich erkennen und ge-
stärkt werden im Glauben.
Dazu segne uns in diesem Gottesdienst. Darum bitten
wir dich durch Jesus Christus, unseren Herrn und Bru-
der.

Amen.

Evangeliumslesungen
Aus Lukas 8
1 Und es begab sich danach, dass er von Stadt zu Stadt
und von Dorf zu Dorf zog und predigte und verkündigte
das Evangelium vom Reich Gottes; und die Zwölf waren
mit ihm,2 dazu etliche Frauen, die er gesund gemacht
hatte von bösen Geistern und Krankheiten, nämlich
Maria, genannt Magdalena, von der sieben Dämonen
ausgefahren waren, 3 und Johanna, die Frau des
Chuza, eines Verwalters des Herodes, und Susanna und
viele andere, die ihnen dienten mit ihrer Habe.
Aus Johannes 19
25 Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter
und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des
Klopas, und Maria Magdalena.

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Wir sprechen gemeinsam Worte aus alter Tradition, die
viele Christen miteinander verbinden: das Apostolische
Glaubensbekenntnis.

Glaubensbekenntnis
Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.

Amen.

Wir singen das Lied der Woche.

Lied der Woche

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Predigtlesung
Predigtgebet:
Herr, gib mir Deinen Geist, dass ich nicht sterbe,
sondern lebe und Deine Werke verkündige.
Amen.

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Predigt
Liebe Gemeinde,
stellen Sie sich vor, beim Kramerfeicht bei uns in Berg –
dem Fischladen – kommt Jesus vorbei.
Was haben wir denn sonst noch für Fischgeschäfte in
Berg? Dechant aus Starnberg, was noch?
Jedenfalls isst Jesus einen Saibling und geht dann in die
Kirche nebenan, predigt und lehrt. Dort hört ihn eine
junge Frau und beschließt ihm zu folgen. So oder so
ähnlich könnte es gewesen sein. Damals in Magdala vor
2000 Jahren. Allerdings gab es dort am See Genezareth
mindestens fünf Fischgeschäfte, nicht nur zwei (eines)
wie bei uns in Berg (in Seeshaupt). Die hat man
ausgegraben. Der Ort war berühmt für eingesalzenen
Fisch. So eine Art frühe Konserve. Die Magdalener
verkauften den Fisch en-gros direkt an der Via Maris, der
Haupthandelsroute im Mittleren Osten – und wurden
reich davon. In jedem Haus gab es ein Tauchbad, eine
Mikwe, wie sie fromme Juden damals wie heute für die
rituelle Reinigung benötigen. Die Synagoge mit einem
kostbaren Altar aus der Zeit Jesu ist auch ausgegraben
worden. Jesus hat sehr wahrscheinlich dort gelehrt. Die
Häuser waren teuer aus Stein gebaut und hatten ein
ausgeklügeltes Bewässerungssystem, das direkt aus
dem See gespeist wurde. Man schließt daraus, daß viele
der Familien dort sehr wohlhabende und fromme Juden
waren. Sogar der Anführer der Aufständischen gegen
die Römer hatte seinen Sitz in Magdala. Die Rebellen
versteckten sich vor König Herodes und den Römern
immer wieder dort. In so eine reiche, religiöse und
rabiate Familie aus Magdala wurde vielleicht auch
unsere Maria hineingeboren. Sie wurde später nur noch
die Maria aus Magdala genannt – die Magdalenerin – die
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Magdalena. Vielleicht ein „Nom de guerre“ – ein
Kampfname. Sie kommt immerhin aus dem Zentrum der
jüdischen Widerstandskäpfer – 67 nach Christus wurde
alles von den Römern vollständig zerstört. Dieser Aspekt
ihres Namens scheint mir noch wichtiger zu sein, als
dass sie unverheiratet war.
Wenn jemand zu Jesu Zeiten sagte, er komme aus
Magdala, dachte der andere bestimmt zuerst an die
Höhlen im sogenannten Taubental dort, wo sich die
verfolgten Freischärler versteckten.
Ich habe ein Foto gesehen, da sind unzählige Stollen in
einer Felswand. Es sieht aus, wie in einem
Taubenschlag.
In dieses Widerstands-Nest wagt sich Jesus und lehrt
vom „Reich Gottes“ und „Liebet Eure Feinde!“! Die
Verkehrung der Welt! Gefährlich von zwei Seiten.
Sowohl die Radikalen als auch die Herrschenden sind
gegen seine Botschaft. Jesus riskierte schon damals
sein Leben, sei es durch den Haß der Verfolgten, sei es
durch die Angst der Mächtigen. Das gleiche gilt für seine
Bewunderer.
Magdalena zieht jedenfalls mit ihm umher, unterstützt
ihn finanziell und die anderen Jünger „mit ihrer Habe“
und hört seine Predigten. In der Schrift taucht sie erst
wieder beim Kreuz auf – erstaunlich mutig für eine Frau
so nahe bei dem Verurteilten während sich die anderen
Jünger in Todesangst verstecken. Eine Frau beim Kreuz
als Zielscheibe für Spott und Hohn - für so viele
Schaulustige. Wahrscheinlich war sie doch etwas weiter
weg und sah nur von Ferne zu - aber trotzdem!
Wenig später am Ostermorgen hat sie eine persönliche
Begegnung, die uns heute noch unbedingt angeht. Sie

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sieht und erkennt den lebenden Christus, spricht mit ihm
und verkündet seine Auferstehung – als erste!
Was sich damals zugetragen hat, ist heute noch modern.
Sieben Geister hatten sie gequält – das heißt sie war
stark von einer dämonischen Krankheit gefesselt –
sieben Mal nicht sie selbst.
Heute würde man das wahrscheinlich als Depression
bezeichnen – davon wurde sie geheilt, die Magdalena.
Befreit! Durch Jesus hat sie Kraft geschöpft. Hatte
wieder Energie und folgte ihm und fühlte sich
aufgenommen in den Kreis der Jünger.
Aber, einfach so von daheim „abhauen“! Heute würde
man sagen: Ein Fall für die Jugendfürsorge! Sie fühlt
sich jedenfalls aufgenommen bei den Jüngern. In seiner
Gemeinschaft. Sie hört ihn, sieht, wie er heilt. Sein
Leben heilt ihr Leben. Sie nimmt an seinem Leben Teil.
Sie ist Teil seiner Gemeinde. Sie ist ein Teil von ihm.
Bis zu diesem schrecklichen Tod als
Schwerstverbrecher am Kreuz. Unbegreiflich für alle
Jünger. Ab jetzt ist alles anders.
Am Ostermorgen – einem Sonntag - taucht Maria
Magdalena dann wieder ziemlich unvermittelt beim Grab
von Jesus auf. Wahrscheinlich wollte sie den Leichnam
mit Salben einreiben und sich letztlich noch einmal
verabschieden. Am Samstag durfte sie das nicht –
Schabbat.
Werfen Sie doch jetzt mal einen Blick auf das Bild in
ihrer Hand.
(Link zur Bildkarte unter
https://shop.gottesdienstinstitut.org/gottesdienst-an-
ostern-2007.html)

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Geheimnisvoll ist es für mich! Es ist ein zeitgenössisches
Ölgemälde, von einem Künstler mit Namen Sieger Köder
- einem Maler und gleichzeitig Pfarrer. Ja, sowas gibt’s.
Er hat Kunst und Theologie studiert.
An Magdalena fällt mir gleich das rote Gewand auf und
die langen Haare – typisch! Papst Gregor lässt grüßen!
Ihre rechte Hand stützt sich auf - an dem Grabstein mit
der Aufschrift „Jesus Nazarenus“- Jesus von Nazaret.
Aber irgendwas stimmt nicht: das Licht! Es scheint von
vorne. Sie hebt die Hand vor das Gesicht, erschrocken,
geblendet, wie von einem hellen Scheinwerfer. Das Licht
es scheint noch weiter – auch auf alle anderen
Grabsteine. Sehen sie’s. Die sind gebrochen. Übrigens
auf dem einen steht „Adam“ und auf dem anderen „Eva“
– in hebräischen Schriftzeichen. Ja, ein Maler mit
Theologiestudium!
Auch die Friedhofsmauer ist in der Mitte durchbrochen.
Dahinter bricht der neue Tag an. Blauer Lavendel mit
intensivem Duft und rote Rosen brechen schon blühend
hervor, noch bevor das Licht des Ostermorgens auf sie
trifft.
(Pause)
Hören wir dazu einige Worte aus der heiligen Schrift bei
Johannes im 20. Kapitel. Ich gebe Ihnen zwischen den
Zeilen noch ein paar Denkanstöße mit.

Der Ostermorgen

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1 Am ersten Tag der Woche kommt Maria Magdalena
früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, dass
der Stein vom Grab weggenommen war. 2 Da läuft sie
und kommt zu Simon Petrus und zu dem andern Jünger,
den Jesus lieb hatte, und spricht zu ihnen: Sie haben
den Herrn weggenommen aus dem Grab, und wir
wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.
All ihre Hoffnung ihn nochmal wiederzusehen ist dahin.
Er ist weg. Wo sind meine enttäuschten Hoffnungen?
Was hab ich mir in meinem Leben anders vorgestellt?

11 Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte.
Als sie nun weinte, beugte sie sich in das Grab hinein.

Sie beugt sich ins Grab hinein. Stellt sich ihrem
Schmerz. Lässt ihn zu. Weint. Ist außer sich.

12 und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen,
einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo der
Leichnam Jesu gelegen hatte. 13 Und die sprachen zu
ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben
meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie
ihn hingelegt haben.

Die Engel sitzen genau da, wo Jesus gelegen hatte. Er
ist weg - nicht mehr da. Wo er zuvor war ist –
Nichts. Gar nichts.

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Wer sind die Engel in meinem Leben? Wer sagt mir die
Wahrheit? Ungeschminkt. Mit wem kann ich darüber
reden? Wem kann ich das sagen?

14 Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht
Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist.
15 Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen
suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu
ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir: Wo
hast du ihn hingelegt? Dann will ich ihn holen.

Ist mir Jesus auch schon mal begegnet? Habe ich ihn
gleich erkannt? Wem bin ich der Nächste?
16 Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um
und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt:
Meister!
Ein Gespräch aus nur zwei Worten: „Maria!“ und
„Rabbuni“. Es sagt doch so viel.
Wörtlich steht da -
„Mein Lehrer!“ - Meiner!
Wer ist mein Lehrer? Jesus kennt mich. Er ruft mich
beim Namen. Seit der Taufe - bei meinem Namen. Wie
bei „Maria!“ haben alle Christen eine Zusage in der
Taufe erhalten: „Fürchte Dich nicht, ich habe dich erlöst.
Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“
Ich weiß, er kennt mich, mein Lehrer! Er ist für mich da.
Stellen Sie sich jetzt mal vor, er sieht Sie an. Das ist der
Augenblick auf dem Ölgemälde! Er spricht zu Ihnen.
Jetzt.

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17 Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich
bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu
meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu
meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und
eurem Gott.
„Halte mich nicht auf!“ sagt er zu mir. „Lass mich zu!
Wenn Du mich zurückhältst, kannst du viel falsch
machen! Sags weiter! Erzähle es den anderen, meinen
Brüdern und Schwestern!“

18 Maria Magdalena geht und verkündigt den Jüngern:
»Ich habe den Herrn gesehen«, und was er zu ihr gesagt
habe.
Gott, noch bevor wir zu dir kommen, bist du schon da.
Ja, Gott du bist schon da, denn wir können gar nicht auf
Ewig von dir getrennt sein. Aber wir können meinen, du
seist weit weg - ewig weit. Welten entfernt.
So meint auch Magdalena, als sie das leere Grab sieht.
Ein Schock! Alles leer! Alles sinnlos! Aber, noch bevor
sie sich umwendet, ist er schon da. Gott ist die Kraft, die
den Tod überwindet. Ständig. Hier und jetzt. Gott ist das
Leben – auch im Tod.
Das Leben! Alles andere hat keine Chance. Jesus ist der
Überwinder! Der Überwinder von Gesetz, Sünde und
Tod – er führt ins wahre Leben, jetzt und dann.
„Sage meinen Brüdern, ich lebe!“ ist sein Auftrag an
mich.
- und er kennt mich. Er ist mein Bruder. Diese Erkenntnis
gibt mir den Mut wieder ich selbst zu sein - gerade in der

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größten Not. Den Mut zum Handeln. Den Mut zum Wei-
tersagen. Den Mut zum „neu“ sein. Neu! Frisch wie der
Ostermorgen!
„Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“, wie es in der
Jahreslosung heißt.
Glauben ist ein Vertrauen
aus meiner eigenen Beziehung mit Gott heraus. Ein
Vertrauen ein Teil von Ihm zu sein und ein Vertrauen als
Ich selbst ihm zu begegnen.
In der persönlichen Beziehung zu Gott erreicht der Mut
des Menschen den höchsten Gipfel.
Der Mut zum Leben.
Der Mut zum Lieben.
Der Mut zum Sein.
Ein Vertrauen aus einer persönlichen Beziehung
– wie damals bei der
Maria aus Magdala.
Amen.

Kanzelsegen:
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

Musik

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Abkündigungen

Predigtlied
Gott der Vater steh uns bei (EG 138)

Kollekte während Orgelnachspiel

Fürbittengebet
Herr, gib uns Augen für die Menschen neben uns, für
das, was sie freut und für das, was sie traurig macht,
für das, was sie haben und für das, was sie in dieser
Krisenzeit brauchen.

Herr, gib uns Augen für die Glücklichen neben uns.
Bewahre uns vor Neid. Lasse uns mit ihnen fröhlich
und dankbar sein.

Herr, gib uns Augen für die Mittellosen neben uns,
dass wir den Blick nicht vor ihnen verschließen, son-
dern dass wir sehen, wie wir jetzt unkompliziert helfen
können und es auch jetzt tun – wann, wenn nicht
jetzt?

Herr, gib uns Augen für die Ratlosen unter uns; dass
wir mit ihnen nach neuen Wegen suchen, dass wir sie
begleiten und helfen, in einer festen Bahn zu bleiben.

Herr, gib uns Augen für unsere Gemeinde, für alle,
die hier leben. Lasse uns nicht betriebsblind werden
und nicht gleichgültig nebeneinander her leben.

                                                          21
Herr, gib uns Augen für Dich; für das, was Du uns
schenkst und was Du uns abverlangst, gerade jetzt.
Lass uns bei Trost bleiben.

Stärke uns mit Mut, dass wir unser Leben nach Dei-
ner Verheißung ausrichten und unseren Alltag in Dei-
nem Sinn leben:

Immer den Blick nach vorn gewandt.

Amen.

Herr Jesu Christ, mit deinen Worten beten wir zu dir das

Vaterunser
Vater unser im Himmel! Geheiligt werde Dein Name.
10 Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im
Himmel so auf Erden. 11 Unser tägliches Brot gib uns
heute. 12 Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir
vergeben unsern Schuldigern. 13 Und führe uns nicht in
Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn
dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in
Ewigkeit. Amen.

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Schlusslied

Chorvers
„Verleih uns Frieden gnädiglich“

Sendung und Segen
Geht in diesen Tag und in die neue Woche mit dem Se-
gen Gottes:

Der Herr segne euch und behüte euch.
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch und
sei euch gnädig.
Der Herr erhebe sein Angesicht auf euch
und gebe euch + Frieden.

Amen.

Musik zum Ausgang

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