Nachbarn - Solidarität in unsicheren Zeiten - Caritas Solothurn
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Aargau – Solothurn – beider Basel Nr. 2 / 2020 Nachbarn Solidaritätin unsicherenZeiten DieCorona-KrisetrifftauchMenschen diebislangaufdersicherenSeitelebten Wirallesindgefordert
Inhalt Inhalt 3 Editorial Kurz & bündig 4 News aus dem Caritas-Netz Schwerpunkt 6 Solidarität in unsicheren Zeiten BildZoeTempest Schwerpunkt 10 Prekäre Arbeit: Leben mit der Unsicherheit JacquelineKüntiistselbstständigeWochenbebegleiterin ImLockdownkonntesieihrerArbeitnichtmehrnachgehen Persönlich undgerietwiesovieleinfinanzielleSchwierigkeiten 12 «Wann hast du zum letzten Mal jemandem geholfen? Wobei?» Schwerpunkt Sechs Antworten von Passantinnen und Passanten Solidarität in Regional unsicheren Zeiten 14/15 Anlaufstelle in Corona-Zeiten Wie Caritas Menschen hilft, die besonders betroffen sind Die Corona-Krise trifft diejenigen am heftig- 16/17 Femmes-Tische goes Zoom sten, die bereits vor der Krise wenig hatten. Neue digitale Frauentreffpunkte halfen Besonders betroffen sind Menschen in prekä- in unsicheren Zeiten ren Arbeitsverhältnissen: Arbeitnehmende im Stundenlohn, auf Abruf, schlecht bezahlt. De- 18/19 Caritas-Lieferdienst für Baselland ren ohnehin unsichere Lage verschärfte sich Der Lockdown als Triebfeder oft dramatisch. Die Massnahmen zur Eindäm- für eine Neuerung mung der Pandemie treffen aber auch Bevölke- rungsgruppen, die scheinbar sicher unterwegs 20 Hilfe gibt es neu auch online waren, beispielsweise Selbstständigerwerben- Die mehrsprachige Online-Hilfe de. Jacqueline Künti, Wochenbettbegleiterin beantwortet drängende Fragen aus dem Kanton Bern, konnte nicht mehr zu Ich will helfen den jungen Müttern nach Hause. Von einem Tag auf den anderen brachen ihr die Aufträge 22 Junge Freiwillige verhindern weg. Die Caritas konnte ihr mit einer Über- die Schliessung der Caritas-Märkte brückungszahlung durch die ärgste Phase von Unsicherheit helfen. Lesen Sie in dieser Num- Kolumne mer, wie die Caritas dank ihrer Erfahrung und der grossen Solidarität der Bevölkerung hilft, 23 Das wunderliche Gefühl und was Unsicherheit mit uns allen macht. der Gemeinschaft Spannende Lektüre wünschen wir! abSeite 2 Nachbarn 2 / 20
Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Die Welt im Corona-Ausnahmezustand; der Lockdown und die Folgen sind noch immer spürbar. Soziale Kon- takte haben gelitten, Menschen sind in Not geraten. Nach dem ersten Schock wurden bald Lösungen gesucht, um auf neue Art in Kontakt zu bleiben und Bedürftigen zu hel- fen. Die sogenannte «Corona-Solidarität» ist aufgelebt. Bild: Schatzmann Sie zeigt sich auch heute noch an vielen Orten; Menschen engagieren sich in der Nachbarschaftshilfe, Hilfswerke und andere Anlaufstellen haben neue Angebote entwi- ckelt. So auch Caritas. Wir haben Frauentreffpunkte auf Domenico Sposato Geschäftsleiter Caritas beider Basel digitalem Weg weitergeführt, die Online-Hilfe erweitert, Gutscheine für den Caritas-Markt verteilt, in Baselland Fabienne Notter einen Lieferdienst für Lebensmittel etabliert. Und nicht Geschäftsleiterin Caritas Aargau und zuletzt konnten wir dank der grossen Spendensammlung Caritas Solothurn der Glückskette die Sozialberatungen ausbauen und ver- mehrt Nothilfe leisten. «Nachbarn», das Magazin der regionalen Caritas-Organisationen, erscheint zweimal Die Normalität ist ein Stück weit zurückgekehrt, doch jährlich: im April und im Oktober. immer noch gibt es Not. Solidarität braucht es weiterhin Gesamtauflage: 34 200 Ex. und wird es immer brauchen. Solidarität heisst, Hilfe zu leisten, ohne einen direkten Nutzen für sich zu erwarten. Auflage AG, BS/BL, SO: 6000 Ex. Solidarität heisst auch, darauf vertrauen zu dürfen, selbst Redaktion: Unterstützung zu erfahren, wenn man darauf angewie- Nathalie Philipp, Fabienne Notter, sen ist. Genau dieses Vertrauen ist wichtig. Wir müssen Domenico Sposato (regional) Roland Schuler (national) für Menschen da sein, die an der Armutsgrenze leben und unter Krisen besonders leiden. Treffen kann es jeden. Gestaltung, Produktion und Druck: Stämpfli AG, Bern Mit Ihrer Spende und Ihrem Engagement helfen Sie uns, Caritas Aargau die «Corona-Solidarität» weiter zu leben. Herzlichen www.caritas-aargau.ch Dank! CH23 0900 0000 5000 1484 7 ! Caritas beider Basel www.caritas-beider-basel.ch CH26 0900 0000 4000 4930 9 Caritas Solothurn Fabienne Notter Domenico Sposato www.caritas-solothurn.ch CH76 0900 0000 6053 8266 5 Nachbarn 2 / 20 3
Kurz&bündig Solidaritätsaktion «Eine Million Sterne» Corona-Hilfe Dieses Jahr ganz Caritas unterstützt – besonders nötig in der Krise erst recht Die Caritas-Solidaritätsaktion «Eine Für viele Menschen an oder unter der Million Sterne» findet dieses Jahr am Armutsgrenze ist die Caritas in der 12. Dezember statt. Die Caritas macht Corona-Krise eine wichtige Stütze. Mithilfe dann besonders auf die wachsende der Glückskee und vieler grosszügiger Armut in der Schweiz aufmerksam und Unterstützerinnen und Unterstützer hält wirbt für Solidarität mit Betroffenen. Caritas in der Krise die Stellung. Die finanzielle Not von vielen Menschen an der Armuts- grenze wurde mit der Corona-Krise und dem Lockdown noch akuter. Schon früh war klar: Caritas muss trotz unklarer Lage und unter Schutzvorkehrungen für Mit- arbeitende und Freiwillige ihre Angebote für Armuts- betroffene möglichst aufrechterhalten – jetzt erst recht. Das gelingt der Caritas dank motivierten Mitarbeiten- den und Freiwilligen, der Glückskette und der grossen BildThomasPlain In der Schweiz leben rund 1,2 Millionen Menschen unter oder knapp über dem Existenzminimum. Die Folgen der Corona-Massnahmen treffen diese Men- BildDominicWenger schen besonders hart. Working Poor, Menschen in unsicheren Anstellungsverhältnissen oder in Bran- chen, die vom Lockdown besonders hart getroffen wurden, müssen noch mehr kämpfen, als dies vor «Corona» ohnehin schon der Fall war. Solidarität in der Bevölkerung. Aufgrund der Erfahrung Zurzeit sind die sozialen Folgen noch nicht absehbar. der Caritas als Hilfswerk und der starken regionalen Sicher ist: Menschen in schwierigen Lagen brauchen Verankerung konnte rasch und auf die Bedürfnisse in unsere Unterstützung. Sie brauchen unsere Solidari- den Regionen abgestimmt reagiert werden. tät. Als Zeichen dieser Solidarität wird am Samstag, 12. Dezember 2020, in der ganzen Schweiz die Aktion Die Caritas-Regionalorganisationen bieten Unterstüt- «Eine Million Sterne» Kerzen zum Leuchten bringen. zung mit ihren bewährten Angeboten wie den Caritas- Märkten und den Sozial- und Schuldenberatungen. Hier Save the date! wurden zum Teil neue Stellen geschaffen, um die hohe Machen auch Sie Ihre Solidarität mit benachteilig- Anzahl Anfragen zu bewältigen. Direkt geholfen wird ten Menschen sichtbar, und reservieren Sie sich den mit Einkaufsgutscheinen für die Caritas-Märkte, Aldi 12. Dezember für ein Zeichen für eine faire Schweiz! und Lidl im Wert von über 300 000 Franken sowie mit Auf wwweinemillionsternech finden Sie ab November finanzieller Soforthilfe bei offenen Mietzins- oder Kran- alle relevanten Informationen. Ebenfalls ab Novem- kenkassenrechnungen im Wert von 2,6 Millionen Fran- ber können Sie Ihre Solidarität wieder mit einer der ken (Zahlen: Stand Ende August). Auch neue Angebote beliebten Wunschkerzen bekunden: wurden ins Leben gerufen. wwwwunschkerzeeinemillionsternech wwwcaritasch/corona 4 Nachbarn 2 / 20
Kurz&bündig Caritas Schweiz Peter Marbet wird NEWS neuer Direktor DankefürdievielenMeinungen! InderletztenAusgabedes«Nachbarn»erfragtenwirdie Meinung unserer Leserscha zu unserem Magazin Er- freulichvieleLeserinnenundLesernahmenanderUm- frageteilGanzherzlichenDankdafür!Aktuellläudie Auswertung Eine Schlussfolgerung lässt sich heute be- reits ziehen Einer grossen Mehrheit gefällt das «Nach- barn»sehrDasfreutunsnatürlichundsporntunsanfür SieweiterhineininformativesundansprechendesMaga- zinzuproduzieren Caritas-LieferdienstinBaselland «Bleiben Sie zu Hause» lautete das Gebot der Stunde während des Corona-Lockdowns in der ersten Jahres- hälevorallemfürPersonenabodermitVorerkran- kungenFürdieArmutsbetroffenenund-gefährdetenin Bildzvg ländlichenGebietenweitwegvomCaritas-Marktinder StadtmussteeineLösungherDieCaritasbeiderBasel startete in enger Zusammenarbeit mit Pfarreien einen Der neue Direktor von Caritas Schweiz LieferdienstDieserläubismindestensEnde heisst Peter Marbet. Er tritt am 1. Novem- ber 2020 die Nachfolge von Hugo Fasel CaritasAargaueröffneteineweitereSozialberatung an. Dieser geht nach zwölf Jahren an der Im Juni eröffnete die Caritas Aargau eine neue Spitze der Organisation in Pension. Sozialberatungsstelle im Pfarreizentrum Kleindöingen Der Kirchliche Regionale Sozialdienst KRSD Zurzibiet Peter Marbet (Jahrgang 1967) stammt aus Bern und wird die Seelsorge der Kirchgemeinden ergänzen und studierte neuere Geschichte und Politologie. Später ermöglichtesderCaritasnahebeidenMenschenHilfe absolvierte er die Ausbildung zum Executive Master anzubieten Mit dem KRSD Zurzibiet startet bereits die of Business Administration in NPO-Management achteSozialberatungsstellederCaritasAargau der Universität Freiburg. Der neue Caritas-Direktor wwwcaritas-aargauch/sozialberatung bringt viel Management- und Führungserfahrung sowie breite Kompetenzen in gesundheits-, bildungs- und sozialpolitischen Fragestellungen mit. Diese CaritasLuzernWechselinderGeschäsleitung erwarb er sich an verschiedenen beruflichen Statio- DanielFurrertriamOktoberdieNachfolge nen: als Informationsbeauftragter bei einer grossen vonThomasThalialsGeschäsleiterderCaritasLuzern Krankenversicherung, als Mitglied der Direktion an Der politisch engagierte und gut vernetzte -Jäh- bei santésuisse und Leiter der Abteilung Politik und rige wirkte vorher als stellvertretender Geschäsleiter Kommunikation sowie in seiner letzten Funktion als und Leiter Dienstleistungen und Kommunikation beim Direktor des Berner Bildungszentrums Pflege. Als SAHZentralschweizundistMitglieddesGrossenStadt- Stadtrat der Stadt Bern (Legislative) und Mitglied rats Luzern Auch neu in der Geschäsleitung ist seit verschiedener parlamentarischer Kommissionen ist Anfang September Karin Hunziker Leiterin Berufliche er auch mit einer Vielzahl von sozialpolitischen The- Integration men vertraut. Peter Marbet übernimmt die Leitung von Caritas Schweiz per 1. November von Hugo Fasel, wwwcaritas-luzernch/geschaesleitung der nach zwölf Jahren als Caritas-Direktor in Pension geht. Nachbarn 2 / 20 5
Rubrik DerLockdownverunmöglichteesJacquelineKünti alsWochenbebegleiterinjungeMüerzubesuchen undsiezuunterstützenSiegerietinfinanzielle EinLebeninArmutbringtElternandenRandderVerzweiflung SchwierigkeitenCaritaskonnteihrundvielen undlässtKinderträumeplatzen anderenhelfen 6 Nachbarn 2 / 20
Schwerpunkt AlsdasArbeitsleben plötzlichstillstand Junge Mütter und ihre Neugeborenen zu begleiten, ist mit viel Nähe verbunden. Als Corona kam, fielen bei der freiberuflichen Wochenbettbegleiterin Jacqueline Künti die Aufträge weg. Entsprechend dankbar ist sie für die Unterstützung durch die Caritas. TextUrsulaBinggeliBilderZoeTempest W enn Jacqueline Künti im Garten des des Beziehungs- und Bindungsaufbaus zwischen Mut- Bauernhauses sitzt, in dem sie als Al- ter, Kind und der Familie steht im Zentrum ihres Tuns. leinerziehende mit ihren beiden Teen- «Sie sollen gemeinsam wachsen können.» Achtsamkeit ager-Töchtern lebt, umgeben von viel und Urvertrauen sind wichtige Stichworte für sie. Grün und Blumen, wirkt sie ganz in ihrem Element, ein bisschen elfenhaft und doch geerdet. Der Eindruck Ein harter Frühling täuscht nicht. Jacqueline Künti fühlt sich der Natur 2020 – das fünfte Jahr ihrer Selbstständigkeit – fing gut und den in ihr waltenden Kräften tief verbunden, ohne an für Jacqueline Künti: Die Mund-zu-Mund-Propagan- sich deswegen von den Menschen abzuwenden, im Ge- da schien zum Laufen zu kommen. Ihr Einkommen genteil. Auf ihrer Website schreibt sie: «Begegnung er- reichte zusammen mit den Alimenten und Kinderzula- lebe ich in der freien Natur, im lebendigen Austausch gen zum Leben. mit offenen Menschen, durch Reisen, Ehren und Feiern verschiedener Kulturen und deren Ritualen.» Unter Aber dann kamen Corona und der Lockdown. «Mein anderem gestaltet sie freie Willkommens- und Seg- Arbeitsleben stand von einem Tag auf den anderen nungszeremonien für Kinder. Der weite Horizont der praktisch still.» Laufende Aufträge wurden gestoppt, früheren Kleinkindererzieherin schlägt sich aber auch und neue Anfragen gab es keine. Sehr unsicher sei sie in ihrer hauptberuflichen Tätigkeit nieder. Sorgsame Arbeit in Familien Jacqueline Künti hat in Deutschland die Ausbildung zur «Corona hat mich schier zum Familienlotsin absolviert und unterstützt nun als frei- berufliche Fachfrau für Wochenbettbegleitung Familien Verzweifeln gebracht.» mit einem Neugeborenen in der intensiven ersten Zeit zu Hause. «Wichtigste Ansprechperson für die Mütter ist stets die Hebamme, ich arbeite ergänzend.» Jacque- gewesen in jenen Wochen, erinnert sich Jacqueline line Künti bereitet vollwertige, stillgerechte Mahlzeiten Künti. Hätte sie überhaupt Familien aufsuchen dür- zu, sie wirft bei Bedarf eine Ladung Wäsche in die Ma- fen? «Der Rahmen, in dem ich arbeite, ist doch sehr schine, sie betreut die grösseren Kinder – und sie wid- intim.» Auch als die Lockerungen kamen, blieben die met sich dem Baby und der Wöchnerin. Die Begleitung Fragen. Ab wann waren Besuche am Wochenbett wie- Nachbarn 2 / 20 7
Schwerpunkt der vertretbar? Sollte sie mit einem Inserat Werbung die derzeit in einer Kita ein Praktikum macht und ihr für sich machen? Aber das schien ihr in der Zeit des anbot, die Krankenkassenprämien bis auf Weiteres grossen Abstandhaltens zu provokant. von ihrem kleinen Lohn selbst zu bezahlen, berührte sie tief. Jacqueline Künti und ihre Töchter mussten im März mit 1800 Franken auskommen, auch im April war dem Keine Hilfe vom Bund so. «Wir sind es gewohnt, uns einzuschränken – in der Wie Jacqueline Künti standen diesen Frühling viele Zeit meiner Ausbildung zur Familienlotsin wohnten freiberuflich Tätige wegen Corona vor einschneiden- den finanziellen Einbussen. Viele sind der Unsicher- heit weiterhin ausgeliefert. Während diejenigen, die von den Massnahmen des Bundes direkt betroffen wa- Viele sind der Unsicherheit ren und ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben konnten, schon bald wussten, dass sie finanzielle Unterstüt- weiterhin ausgeliefert. zung erhalten würden, blieben Freiberufler, die indi- rekt betroffen waren, bis Mitte April im Ungewissen. wir zu dritt in einer 2,5-Zimmer-Wohnung.» Aber Co- Als der Bund beschloss, auch ihnen finanziell unter rona habe sie nun wirklich schier zum Verzweifeln ge- die Arme zu greifen, war Jacqueline Küntis Freude nur bracht. Mit Zuwendungen von Verwandten konnte sie von kurzer Dauer. Ihr Gesuch wurde abgelehnt – der nicht rechnen. Die Solidarität der älteren ihrer Töchter, von ihr als Wochenbettbegleiterin erzielte Gewinn lag EsbrauchtdieNäheJacquelineKüntiunterstütztjungeMüerindererstenZeitnachderNiederkun 8 Nachbarn 2 / 20
Schwerpunkt leicht unter dem unteren Limit für den Anspruch auf Unterstützung. «Meine Einnahmen aus den Ritualbe- gleitungen wurden nicht mitgerechnet, ja, nicht ein- UNSICHERHEIT mal erwähnt, und auch das Ausfallen der von mir für das Jahr 2020 neu aufgegleisten Kurse für Schwangere wurde nicht berücksichtigt.» Der negative Bescheid BELASTET schmerzte. «Für mich ist er unverständlich. Er hat mich wütend gemacht.» ProfDrChristophFlückiger istLeiterAllgemeine Grosse Solidarität Interventionspsychologie Zum Glück hatte Jacqueline Künti schon früh auch und Psychotherapie nach nicht staatlicher Hilfe Ausschau gehalten. Sie anderUniversitätZürich wandte sich an die Caritas. Dort war man auf Anfragen wie die ihre vorbereitet. Dank einem Spendenaufruf Bildzvg «Ich denke an die jungen VieleerlebtenunderlebenUnsicherheitaufgrund Familien, die in der Krise erst vonCoronaWaslöstdieseUnsicherheitinunsaus? Es ist emotional belastend wenn wir aus der Routine recht allein waren.» unddenGewohnheitengeworfenwerdenunddieDinge nichtmehrsowiegewohnteinigermassenvorhersagbar sindDiesreduziertdasGefühldieDingeunterKontrol- zusammen mit der Glückskette stehen Gelder zur Ver- le zu haben Grundsätzlich sind Menschen ganz allge- fügung, die für Menschen eingesetzt werden können, mein relativ intolerant gegenüber Unsicherheit auch die ohnehin in bescheidenen Verhältnissen leben und wennwirdaskalkulierbareAbenteuerbiszueinemge- wegen Corona in akute finanzielle Bedrängnis gerie- wissenPunktauchgernesuchen ten. Brigitte Raviele von der Caritas Bern: «Neben frei- beruflich Tätigen sind es auch von Kurzarbeit Betrof- AufgesellschaftlicherEbeneFührtkollektive fene mit niederen Einkommen, die an uns gelangen. UnsicherheitzumehrSolidarität? Bis heute bearbeiteten wir im Kanton Bern mehrere JasicherjedochnurbiszueinemgewissenPunktSoli- hundert Anfragen.» darität ist immer mit der Frage verbunden gegenüber wem wir uns solidarisch zeigen Interessanterweise Die Caritas konnte Jacqueline Künti mit Beratung und übertragen wir die unangenehmen Dinge gerne nach einer Überbrückungszahlung direkt helfen. Die Unter- aussenSowardieGrippe«spanisch»Coronaist«chi- stützung durch die Caritas trug wesentlich dazu bei, nesisch» Was Solidarität zu echter Solidarität macht dass Jacqueline Künti den Boden unter den Füssen istwennwirunsinanderehineinversetzenunddieWelt nicht verlor. Dass in der ländlich geprägten Ortschaft, ausderSichtderanderninunsereeigeneSichtweisein- in der sie wohnt, viel nachbarschaftliche Solidarität tegrieren Sich in Unsicherheit in andere zu versetzen spürbar ist, tat zusätzlich gut. Auch in der grossen, machtunsMenschenmenschlich selbst verwalteten Hausgemeinschaft, in der ihre Töchter und sie seit drei Jahren leben, fühlt sie sich KönnenwiretwaslernenausdererlebtenUnsicherheit? aufgehoben. «Ich schöpfte neuen Mut.» MirkommtspontanWolfBiermannsLied«Ermutigung» indenSinn«Dulassdichnichtverhärtenindieserhar- Eine neue Klarheit tenZeitDieallzuhartsindbrechenDieallzuspitzsind Die Angst vor einer neuen Corona-Welle stellt Jacque- stechen Und brechen ab sogleich» Sich Unsicherheit line Künti bewusst auf die Seite, sie fokussiert den einzugestehenhatwohlimmerauchmitMutzutunsich Neustart. Der Weg zu einer Form von Normalzustand seinereigenenUnzulänglichkeitWeichheitundVerletz- sei sicher noch lang, sagt sie, aber langsam gehe es mit lichkeit gewahr zu werden und diese sich selbst und Aufträgen wieder aufwärts. «Ich denke an die vielen auch andern offenzulegen Unsicherheit stellt immer jungen Familien, die in der Krise erst recht allein ge- auch die Frage was mir wichtig ist und von welchen wesen sind, und spüre eine neue Klarheit in mir. Für Wertenichmichleitenlasse sie will ich da sein. Ich bin bereit.» wwwfamilienlotsinnch Nachbarn 2 / 20 9
Schwerpunkt PrekäreArbeitLebenmit der Unsicherheit In der Corona-Krise zeigt sich: Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen sind stark betroffen von den Pandemiemassnahmen. Prekäre Arbeit gibt es in der Schweiz in verschiedenen Formen. Neben finanzieller Unsicherheit bringt sie oftmals eine mangelhafte Absicherung und eingeschränkte Zukunftsperspektiven mit sich. TextAnna-KatharinaThürerGrundlagenCaritasZürichIllustrationCorinneBromundt D ie Schweiz verdankt einen Teil ihres wirtschaft- fall: Gerade in diesen Sektoren finden sich viele prekäre lichen Erfolgs einer vergleichsweise liberalen Arbeitsverhältnisse. Solche sind auch in Arbeitsformen Arbeitsgesetzgebung, die nur einen schwachen weitverbreitet, die über Online-Plattformen organisiert Kündigungsschutz bietet und keine obligatorische werden (z.B. Reinigungs- oder Kurierarbeit). Diese wirt- Krankentaggeldversicherung beinhaltet. Ausserdem schaften arbeitsrechtlich in einem Graubereich. Man sind ganze Sektoren wie die Landwirtschaft oder Haus- kann also sagen: Prekäre Arbeitsverhältnisse werden wirtschaft nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt. Kein Zu- oft gerade durch fehlende Regulierung begünstigt. 10 Nachbarn 2 / 20
Schwerpunkt Arm trotz Erwerbsarbeit Kommentar Prekäre Arbeit bedeutet für die Betroffenen einen hohen Grad an Unsicherheit und damit verbundene Zwänge. Arbeit muss existenz- Die Unsicherheit bezieht sich auf Arbeitszeiten (z.B. auf Abruf zu arbeiten oder befristet angestellt zu sein), sichernd sein aber auch auf finanzielle Unsicherheit oder mangelhaf- te Absicherung gewisser Risiken wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Altersarmut. Die Zahlen des Bundes Die Corona-Krise hat deutlich ge- weisen aus, dass sich prekäre Arbeit mehrheitlich in macht, dass viele Menschen in der den klassischen Tieflohnbranchen findet, beispielswei- Schweiz in prekären Situationen se im Gastgewerbe, in der Reinigung, aber auch in der leben. Das trifft besonders auf Ar- Dienstleistungsbranche und im Kunstbetrieb. Nicht beitnehmende in Tieflohnstellen alle Erwerbstätigen tragen ein gleich grosses Risiko und ungeregelten Arbeitsverhält- für prekäre Arbeit: Betroffen sind besonders häufig nissen zu. Tieflohnbranchen wie die Gastronomie, das Reinigungs- gewerbe und der Detailhandel sind infolge der Krise stark von Prekäre Arbeitsverhältnisse Kurzarbeit betroffen. 80 Prozent wirken sich auf viele andere Lohnersatz ist für die meisten An- gestellten nicht existenzsichernd. Lebensbereiche aus. Kurzarbeit hat Entlassungen auch nicht verhindert. Viele haben ihre Einkommensquelle ganz verloren. Frauen, jüngere Arbeitnehmende, Personen mit tiefem Bildungsstand und Menschen ohne Schweizer Pass, vor In Tieflohnbranchen sind befristete allem solche mit unsicherem Aufenthaltsstatus. Prekä- Arbeitsverträge oder Arbeit auf Ab- re Arbeitsverhältnisse wirken sich auf viele andere Le- ruf im Stundenlohn weitverbreitet. bensbereiche aus und erhöhen das Armutsrisiko. Solche Arbeitsverhältnisse bieten keinerlei Sicherheit. Das Gros der Wenig Forschung auf Abruf Angestellten hat kein Stellt man jedoch Fragen zu prekärer Arbeit, so zeigt garantiertes Minimum an Arbeits- sich schnell, dass es hierzulande nur wenig Forschung stunden und muss trotzdem jeder- zum Thema gibt. Gemäss Zahlen des Bundes sind rund zeit verfügbar sein. Braucht der 2,5 Prozent der Erwerbstätigen in prekären Arbeits- Arbeitgeber sie nicht, bietet er sie verhältnissen tätig. Diese Quote basiert allerdings auf nicht auf. Kündigen muss er ihnen einer sehr eng gefassten Definition von prekärer Ar- nicht. Die Betroffenen haben ohne beit, die einige Betroffenengruppen wie Sans-Papiers Kündigung aber keinen Anspruch und gewisse Arbeitsformen (z. B. gut bezahlte, aber auf Arbeitslosengelder. auf kurze Zeit befristete Arbeit) ausschliesst. Eine Er- weiterung der Definition wäre wichtig, um das wahre Die Caritas fordert, dass die Kurz- Ausmass unsicherer Arbeit in der Schweiz zu erfassen arbeitsentschädigung bei tiefen und die Betroffenen besser zu schützen – und Armut Einkommen 100 Prozent des Loh- vorzubeugen. nes entspricht. Zudem müssen Ar- beitgebende verpflichtet werden, Keine Absicherung in der Krise Arbeitsmodelle zur Verfügung zu Die Corona-Krise hat uns einerseits vor Augen geführt, stellen, die existenzsichernd sind. wie stark wir als Gesellschaft von prekärer Arbeit ab- Dazu muss insbesondere Arbeit hängig sind. Andererseits wurde ersichtlich, wer be- auf Abruf gesetzlich besser gere- sonders schlecht vor Risiken geschützt ist. Deutlich gelt werden. Und es braucht einen wurde, wie das Schweizer System der arbeits- und so- schweizweiten Mindestlohn. zialversicherungsrechtlichen Sicherung, das sich stark an einer unbefristeten Vollzeitstelle orientiert, an sei- ne Grenzen stösst. Denn gerade für prekär Arbeitende AlineMasé steigt durch die Corona-Krise das Risiko für Verschul- LeiterinFachstelleSozialpolitik dung und Altersarmut. CaritasSchweiz Nachbarn 2 / 20 11
Persönlich ChloéJahregehtindie Klasseundwohntin BülachSiefindetesschöndassKinderanandere MenschendenkenUndsichdarumkümmerndass dieseauchinschwerenZeitenFreudehaben 12 Nachbarn 2 / 20
Persönlich «Wann hast du zum letzten Mal jemandem geholfen? Wobei?» Bei allem Unbill, den das Coronavirus und die Massnahmen zum Schutz der Bevölke- rung für Betroffene bedeutet: In der Krise gab und gibt es viel Solidarität. Mit kleinen und grossen Gesten der Solidarität wird der Alltag für viele leichter. Oft braucht es nicht viel, um Erleichterung zu verschaffen und Freude zu bereiten. Ismail Mahmoud, Student, Ingrid Breuss, Sekretärin, Basel Freidorf Kürzlich bei einer Schnitzeljagd Vor Kurzem hielt vor unserem rannte ich auf der Suche nach dem Haus ein Auto. Die Lenkerin stieg nächsten Posten durch den Bahn- aus. Ich vermutete, dass sie eine hof Basel. Plötzlich sah ich, wie Autopanne hatte. Im Wagen sas- eine Frau beim Einsteigen in einen Zug ausrutschte sen eine ältere Frau und ein kleines Kind. Ich ging und zu Boden fiel. Ich half ihr auf, unterhielt mich kurz hin und fragte, ob ich helfen könne. Das verneinte mit ihr, holte ihren Koffer unter der Eisenbahn hervor die Fahrerin. Da es sehr heiss war, brachte ich ihnen und begleitete sie in den Zug hinein. Danach schnapp- etwas zu trinken und führte sie zu einem schattigen te ich mir den dritten Rang bei der Schnitzeljagd. Platz, wo sie auf den Pannendienst warten konnten. Patrick Lang, Tramführer, Lena Rodriguez, Schülerin, Zürich Luzern Eine Bekannte musste zwei defek- Wir gestalten im Handarbeitsun- te Tagesdecken ersetzen. Da sie terricht gerade ein Kissen. Gestern zur Covid-19-Risikogruppe gehört, habe ich einer Klassenkameradin zögerte sie, in ein grosses Geschäft beim Bedrucken geholfen. Sonst zu fahren, um neue Decken zu kaufen. Im Alltag geht wäre sie nicht rechtzeitig fertig geworden und hätte sie in ein lokales Geschäft einkaufen, bei dem sie nachsitzen müssen. Dank meiner Hilfe konnten wir weiss, wann es wenig Leute hat. Als sie mir dies er- beide die Arbeit zum Schluss der Stunde abschlies- zählte, bot ich ihr spontan an, die Decken für sie zu sen. Ich finde es wichtig, dass wir in der Schule zu- besorgen. Das war eine grosse Erleichterung für sie. sammenhalten und uns gegenseitig unterstützen. Seraina Brem, Praktikantin, Sophie Rutishauser, Berikon Schülerin, Münsingen Zuletzt geholfen habe ich in den Im Flussbad «Schwäbis» habe ich Sommerferien. Als Leiterin war ich letzthin ein paar Kindern einen zwei Wochen in einem Lager für Pneuschlauch gegeben. Eigent- Kinder und Jugendliche. Dort fallen lich wollte ich ihn selbst benutzen. verschiedene Aufgaben an: Kinder wecken, Programme Doch ich merkte, dass die Kinder ebenso gerne auf durch den Tag leiten, Rucksäcke packen, Lagertagebuch ihm den Fluss hinuntertreiben wollten. Ich bin ihnen schreiben und vieles mehr. Jedes Jahr freue ich mich auf dann mitsamt dem Pneu flussaufwärts entgegenge- das Lager, da es für mich schon als Kind immer ein tolles schwommen, um ihn zu übergeben. Sie freuten sich Erlebnis war. Nun konnte ich selbst im Team mitwirken. sehr über das «Geschenk». Nachbarn 2 / 20 13
Caritas Solothurn Anlaufstelle in Corona-Zeiten Sozialberaterin Regina Zürcher berichtet im Interview, wie Caritas während der Corona-Zeit helfen konnte. Auf der Kirchlichen Sozialberatung (KSB) der Caritas Solothurn beriet sie Menschen, die von der Krise besonders getroffen wurden. Interview: Nathalie Philipp Foto: Annette Lüthi Regina Zürcher, Sie leiten die Sozialberatungs- ersten Mal in eine Sozialberatungsstelle. Sie mussten stelle der Caritas in Solothurn und Grenchen. schnell realisieren, dass die einmalige staatliche Un- Wie haben Sie dort den Corona-Lockdown erlebt? terstützung nicht lange reichen würde. Und der nächs- Die Auswirkungen der Corona-Zeit kamen – wie die te Schritt war dann für viele bereits der Gang zum Sozi- Kurve selbst – schleichend. Erst durften keine Hände alamt. Diese Erkenntnis hat sie schockiert. Einige, die mehr geschüttelt werden, dann haben wir uns Desin- zu uns kamen, waren wirklich in sehr schwierigen Si- fektionsmittel angeschafft, und schliesslich mussten tuationen, und es kam vor, dass Betroffene nichts mehr wir unsere persönlichen Beratungen vor Ort bis auf im Kühlschrank hatten. wenige Angebote ganz einstellen und auf Telefonbe- ratung umstellen. Plötzlich war es ruhig in unseren Wie haben Sie in solchen Situationen geholfen? Büroräumlichkeiten. Auch war es eine etwas einsa- Dank der Spendenaktion der Caritas Schweiz und der me Stimmung, da die Mitarbeiterinnen zeitweise im Glückskette standen uns genügend finanzielle Mittel Homeoffice arbeiteten und wir die Anwesenheit vor Ort zur Verfügung, um den betroffenen Menschen zum auf ein Minimum reduzierten. Beispiel mit der einmaligen Übernahme von dring- lichen Rechnungen zu helfen. Je nachdem haben wir Um was ging es in den Beratungen? Wohnungsmieten bezahlt oder Krankenkassenprämi- Eindrücklich war die Vielfalt der Probleme, mit denen en. Zudem haben wir Lebensmittelgutscheine ausge- wir konfrontiert wurden. Nebst finanziellen Schwie- geben, unter anderem für den Caritas Markt in Olten. rigkeiten konnten beispielsweise plötzlich Partnerin- Nebst finanzieller Unterstützung konnten wir die nen oder Partner nicht mehr ein- oder ausreisen. Für Menschen aber auch beraten oder eine vermittelnde manche verzögerten sich Anstellungsverhältnisse, da Rolle übernehmen, zum Beispiel wenn die Zuständig- Ausbildungen wegen Corona nicht wie geplant beendet keit für die Lohnaus- oder Lohnfortzahlung nicht ge- werden konnten. Oder wieder andere hatten aus lauter klärt war. Angst vor einer Ansteckung das gesamte Geld für den Kauf von Desinfektionsmittel ausgegeben. Allgemein Ist Ihnen ein Fall besonders in Erinnerung war eine grosse Verunsicherung zu spüren. geblieben? Beeindruckt hat mich besonders ein selbstständiges Während wir normalerweise vor allem sogenannte Markthändler-Paar. Da mehr und mehr Märkte und Working Poor beraten, also Menschen, die trotz Ar- Festivals abgesagt wurden, haben sie von einem Tag beitsverhältnis am Existenzminimum leben, kamen auf den anderen ihre einzige Einkommensquelle ver- nun auch andere Gruppen hinzu, zum Beispiel Fah- loren und konnten keine Miete mehr zahlen. Trotz rende. Auch Selbstständige, die in der Gastronomie, ihrer misslichen Situation strahlten beide enormen der Eventbranche oder im Dienstleistungssektor tätig Optimismus und Zuversicht aus. Sie haben alle Hebel waren, bangten nun um ihre Existenz. Sie kamen zum in Bewegung gesetzt, um einen Ausweg zu finden. Da 14 Nachbarn 2 / 20
Caritas Solothurn Regina Zürcher in einer Beratung alle Festivals, Märkte und Messen bis in den Herbst hinein abgesagt wurden, haben sie diverse Städte und Regionale Anlaufstellen für Menschen in Not Gemeinden in der Schweiz angeschrieben und nach ei- Die Sozialberatungsstellen der Caritas Aargau, Caritas nem Standplatz gefragt. Diese Eigeninitiative und Zu- beider Basel und Caritas Solothurn beraten und helfen versicht haben mich beeindruckt. Menschen bei der Bewältigung von oft vielschichtigen Problemen. Wenn staatliche Hilfen nicht greifen, leistet Was ist Ihr Fazit aus der Corona-Zeit? Caritas Nothilfe. Im Vergleich zu anderen Ländern hat sich in der Schweiz während der Corona-Zeit klar gezeigt, dass Mit Ihrer Spende können Sie die Arbeit der Caritas unter wir über ein sehr gutes und auch in Krisenzeiten gut stützen. Herzlichen Dank! funktionierendes Sozialversicherungssystem verfü- gen. Eine grosse Mehrheit ist in formal geregelten Ar- Caritas Aargau beitsverhältnissen tätig. Und dennoch kam es auch CH23 0900 0000 5000 1484 7 hier teils zu kritischen Engpässen. Da war es hilfreich, www.caritas-aargau.ch dass die Caritas rasch und unbürokratisch aushelfen konnte. Das war unter anderem möglich, weil viele Caritas beider Basel Menschen in der Schweiz wirklich sehr grosszügig bei CH26 0900 0000 4000 4930 9 der Glückskette gespendet haben. Es war schön, diese www.caritas-beider-basel.ch Solidarität zu erleben. Diese wird es weiterhin brau- chen, denn viele sind aktuell immer noch in Kurzar- Caritas Solothurn beit oder müssen mit viel weniger Aufträgen als üblich CH76 0900 0000 6053 8266 5 über die Runden kommen. www.caritas-solothurn.ch Nachbarn 2 / 20 15
Caritas Aargau Femmes-Tische goes Zoom Der Bedarf an Informationen und Austausch war überall gross in der Corona-Zeit. Umso mehr galt dies für Frauen, die keine der Landessprachen als Muttersprache haben. Da gleichzeitig physische Treffpunkte wie «Femmes-Tische» pausieren mussten, wurden neue Wege beschritten. Text: Nathalie Philipp Bilder: Caritas Aargau M eetu Mittal sitzt zu Hause vor ihrem Com- puter und startet die Zoom-Sitzung. Die In- derin ist Moderatorin im Projekt «Femmes- Tische» und hat seit März schon einige Online-Gesprächsrunden mit einer Gruppe von Frau- en mit Migrationshintergrund abgehalten. Der heuti- ge Online-Femmes-Tisch wird in Deutsch stattfinden, doch Meetu moderiert auch Femmes-Tische auf Eng- lisch und Hindi, je nach Muttersprache der Teilneh- merinnen. Nach und nach schalten sich vier weitere Frauen verschiedener Nationalitäten zu der Online- Sitzung hinzu, und das Gespräch beginnt. Da wir uns noch mitten im Corona-Lockdown befinden, ist das Thema heute das «Homeschooling» und seine Heraus- forderungen. Viele der Frauen sind allein für die Er- Bildschirmfoto von der digitalen Runde ziehung der Kinder verantwortlich und möchten nun wissen, wie sie ihren Alltag neu strukturieren können. Rege erzählen sie von ihren Erfahrungen und geben rin zu Hause oder auch einmal in einem Familientreff- sich gegenseitig Tipps und Tricks, beispielsweise für punkt oder in einem Café. So können sich die Frauen das Hausaufgabenmachen oder für die Kommunikati- vernetzen und ihre Sorgen teilen. Caritas bietet im on mit Lehrpersonen. Kanton Aargau Femmes-Tische in zwölf Sprachen an. Das Projekt «Femmes-Tische» Lockdown im März 2020 Femmes-Tische ist ein Integrationsprojekt, bei dem re- Mit dem Lockdown im März waren die zwölf Mode- gelmässig Gesprächsrunden von fünf bis acht Frauen ratorinnen plötzlich mit dem Versammlungsverbot meist des gleichen Kulturkreises stattfinden. Organi- konfrontiert. Gleichzeitig stieg der Bedarf der Teil- siert und geleitet werden die Treffen von geschulten nehmerinnen an Informationen und Austausch in der Frauen mit Migrationshintergrund. Sie moderieren Muttersprache. In dieser speziellen und verunsichern- die Treffen in der Muttersprache oder teils auch auf den Situation hatten die Teilnehmerinnen viele Fragen Deutsch und geben anhand von Moderationsmateri- zum Virus und zu den Corona-Schutzmassnahmen. al Informationen zum Alltag in der Schweiz weiter. Je «Da die Familien während des Lockdowns oft zusam- nach Bedarf und Lebenssituation der Beteiligten wer- men zu Hause waren, traten auch Themen wie die den Erziehungs-, Gesundheits- oder Integrationsfra- Kommunikation mit Jugendlichen, Konfliktmanage- gen besprochen. Der Rahmen ist privat und sorgt für ment oder der Schutz vor dem Passivrauchen stärker Vertrauen. Die Frauen treffen sich bei einer Gastgebe- als sonst in den Vordergrund », erklärt Nicole Wink- 16 Nachbarn 2 / 20
Caritas Aargau Auch Moderatorin Graziela Veraldo Birrer moderiert neu Online-Femmes-Tische «Ich habe schon oft von Femmes- Das neue Online-Format kommt bei den Frauen gut an, und viele sind motiviert, die neuen Tools kennen- Tische gehört. Dass ich jetzt online zulernen, um an den Treffen teilnehmen zu können: dabei sein kann, ist für mich sehr «Immer mit den Kindern alleine zu sein, ist schwierig. Deshalb bin ich froh, dass wir die Femmes-Tische nun gut. Ich habe viele wichtige Inputs per WhatsApp machen können. WhatsApp kenne ich. bekommen.» Die Moderatorin hat gefragt, ob wir uns per Zoom tref- fen möchten. Vielleicht lerne ich nun auch Zoom ken- Eine Brasilianerin am Ende der einstündigen Runde. nen», erzählt eine Syrerin. Die Erfahrungen mit diesen «digitalen» Femmes-Ti- ler. Gemeinsam mit Kanchana Chandran leitet sie das schen sind so positiv, dass überlegt wird, sie auch in Projekt «Femmes-Tische». Da nun Innovation gefragt Zukunft neben den physischen Treffen beizubehalten. war, suchten die beiden nach Alternativen zu den phy- Zwar entfallen bei den Online-Treffen wertvolle As- sischen Treffen. pekte, zum Beispiel das anschliessende Picknick oder der gemeinsame Kaffee. Andererseits konnten durch Telefonate und Online-Gruppengespräche die Online-Gespräche bereits neue Teilnehmerinnen «Zunächst einmal haben wir telefonische Einzelge- gewonnen werden. Es handelt sich dabei um Frauen, spräche etabliert. Die Moderatorinnen vereinbarten die in ihrem vollen Alltag keine Zeit für weitere Termi- mit den Frauen Telefontermine, in denen sie ihre An- ne ausser Haus haben oder sich die Billette für den ÖV liegen direkt besprechen konnten.» Zwischen April nicht leisten können. Femmes-Tische ist somit eines und Mai wurden mit diesen Einzelgesprächen weit jener Projekte, bei dem sich die reale und die digitale über 300 Frauen unterstützt. «Zusätzlich haben wir Welt ergänzen können. die neuen Online-Treffen ins Leben gerufen», berichtet Nicole Winkler. Zuerst mussten die Moderatorinnen eine Schulung erhalten und verschiedene Möglichkei- ten von Tools wie Zoom kennenlernen. «Virtuelle Sit- zungen zu moderieren, ist zudem anspruchsvoller», Femmes-Tische Aargau erklärt sie, «doch die Moderatorinnen haben schnell Wer interessierte Frauen kennt oder selbst gerne bei gelernt, worauf sie achten können.» Vier Moderato- Femmes-Tische teilnehmen möchte, kann sich bei Co- rinnen leiten inzwischen die Online-Gruppengesprä- Projektleiterin Kanchana Chandran melden. che in den Sprachen Englisch, Hindi, Portugiesisch, Arabisch, Italienisch und Deutsch. Auch WhatsApp kct@caritas-aargau.ch ist möglich, für jene Teilnehmerinnen, die weder mit www.caritas-aargau.ch/femmes-tische Zoom noch Skype vertraut sind. Nachbarn 2 / 20 17
Caritas beider Basel Bild: Domenico Sposato Ein Mitarbeiter belädt den Lieferwagen des Caritas-Marktes mit Bestellungen. Caritas-Lieferdienst für Baselland – aus der Not geboren, bereits etabliert Mittlerweile haben wir uns, zumindest mehr oder weniger, an COVID-19 und die dadurch bedingten Einschränkungen gewöhnt. Hier geht es nun aber nicht um Verzicht, sondern darum, wie Corona zur Triebfeder für eine Neuerung wurde. Text: Cyril Haldemann E s ging ganz schnell. Am 16. Es ging darum, Armutsbetroffenen menhalt, Zusammenarbeit und März kam der Lockdown: und -gefährdeten der Risikogruppe Telefon. Pfarreien machen auf das Schliessung aller nicht überle aus dem Landkanton ohne Fahrt in Angebot aufmerksam und stellen benswichtigen Einrichtungen, dazu den städtischen Caritas-Markt den den Kontakt der Kundinnen und die dringende Empfehlung: «Blei- Zugang zu erschwinglicher Grund- Kunden zum Caritas-Markt her. Die ben Sie zu Hause», vor allem an versorgung zu garantieren. Zur Er- telefonischen Bestellungen sind Menschen ab 65 und solche mit Vor- innerung: Damals waren Schutz- persönliche Gespräche, bei denen erkrankungen. masken noch nicht verfügbar. auch Zeit für einen Schwatz bleibt. So verbindet der Lieferdienst das Am 28. März schon begann die kon- Zusammenhalt, Zusammen Praktische mit dem Menschlichen. krete Konzeption des Caritas-Liefer- arbeit und Telefon dienstes für Baselland. Dazwischen Also musste die Ware aus dem Danach kommt die Ware vom Markt lagen die auslösende Initiative des Markt zu den Leuten gebracht wer- zu den Pfarreien, deren Mitarbei- Landeskirchenrats der Römisch-ka- den. Da die Mittel und vor allem tende die Einkäufe an die Kundin- tholischen Kirche Basel-Landschaft, die Zeit für die Entwicklung einer nen und Kunden übergeben. Dabei eine unkomplizierte Finanzierung Online-Umsetzung fehlten, lag die findet wiederum stärkende sozia- und viele praktische Abklärungen. Lösung in Altbewährtem: Zusam- le Interaktion statt. Bei der leider 18 Nachbarn 2 / 20
Caritas beider Basel notwendigen sozialen Distanz sind schub tonnenweise aus den Last- Sie sind Migranten, IV-Bezügerin- solche Momente des Austauschs wagen geladen wird. Anlieferungen nen, Alleinerziehende, Drogenkran- von Mensch zu Mensch besonders beim Caritas-Markt fallen beschei- ke, Rentner, Schwarzarbeiterinnen, wertvoll. Das Angebot richtet sich dener aus. Überhaupt ist hier alles deren Arbeitgeber das Homeoffice ausdrücklich an alle, die es brau- etwas kleiner und etwas anders. Den nun selbst putzen. chen, unabhängig von ihrer Religi- Kern des Teams bilden drei lang- Hinter einer schlichten Stellwand onszugehörigkeit. jährige Mitarbeiter, die ihre Kund- neben der Kasse befindet sich das schaft bestens kennen. Sie hören Büro des Caritas-Marktes. Seit ei- Grundversorgung und zu, spenden Trost und geben prak- nigen Monaten hört man von dort Leckerbissen tische Tipps, sprechen auch mal immer wieder die Stimme des Mit- Über den Lieferdienst sind alle Klartext. Sie werden von Langzeit- arbeiters, der den Nutzern des Lie- Produkte erhältlich, die der Cari- arbeitslosen eines Integrationspro- ferdienstes das Sortiment erklärt tas-Markt anbietet. Die Preise sind gramms unterstützt. Als während und ihre Bestellungen notiert. Spä- gleich wie bei einem Einkauf vor des Lockdowns diese Hilfe wegfiel, ter wird er Tüten individuell abfül- Ort, die Lieferung ist gratis. Das sprangen andere in die Bresche: eine len und anschreiben. Anfangs fuhr Sortiment besteht im Wesentlichen Studentin, eine Verkäuferin des vor- sein Kollege die Ware zu den Basel- aus frischen sowie haltbaren Le- übergehend geschlossenen Caritas- bieter Pfarreien, mittlerweile ma- bensmitteln, den wichtigsten Toi Kleiderladens, zwei Mitarbeiter der chen das Mitarbeitende des Vereins lettenartikeln, Wasch- und Putz- Geschäftsstelle. für Sozialpsychiatrie Baselland. mitteln. Eine Packung Teigwaren kostet 70 Rappen, das Kilo Toma- Zusätzliche Aufgaben für das Blick in die Zukunft ten 2.70 Franken, die Schachtel Verkaufspersonal Diese organisationsübergreifende Wattestäbchen 65 Rappen. Immer Seit Corona ist die Anzahl Kundin- Kooperation ist ein schönes Bei- mal wieder hats Schnäppchen und nen und Kunden, die sich gleichzei- spiel dafür, wie sich nach dem Leckerbissen, zum Beispiel Schach- tig im kleinen Laden befinden dür- Kaltstart zügig effiziente Abläufe teln edler Pralinen für 2.90 Franken. fen, streng geregelt. Also muss das eingespielt haben. Überhaupt hat Team auch den Einlass regeln, was sich der Lieferdienst rasch etab- Ein buntes Team eine ausgewogene Mischung aus liert. Bereits läuft die Planung für Die Zentrale des Lieferdienstes ist Einfühlungs- und Durchsetzungs- die Weiterführung bis mindestens der Caritas-Markt in Basel. Er liegt vermögen erfordert. Alle Wartenden Ende 2021. Denn es zeigt sich, dass gleich neben dem Hintereingang eint ihre fundierte Kenntnis ökono- der Lieferdienst besonders für eines Grossverteilers, wo der Nach- mischer Schattenseiten des Lebens. alte und beeinträchtigte Menschen mit geringem Budget eine gros- se Hilfe ist, ganz unabhängig von Corona. Letztlich ist diese soziale Dienstleistung einfach eine neue Ausprägung dessen, was Caritas schon immer getan hat: Menschen helfen. Mit einer Spende können Sie diesen Betrieb unterstützen und langfristig sichern. Caritas beider Basel IBAN CH26 0900 0000 Bild: Roland Schmid 4000 4930 9 Vermerk: Lieferdienst www.caritas-beider-basel.ch Warteschlange vor dem Caritas-Markt in Basel Nachbarn 2 / 20 19
Caritas Aargau Hilfe gibt es neu auch online Die Online-Hilfe der Caritas Aargau beantwortet drängende Fragen von Menschen, die in Not geraten sind, und hilft ihnen, an Unterstützung zu kommen. Text: Nathalie Philipp Bilder: Daniela Zuim Filipa César füllt neue Inhalte auf die Website. E s muss jetzt schnell gehen. Ricardo M. (Name men verschiedener Art und gibt Anleitungen. In sieben geändert) muss innert vier Tagen der Arbeits- Sprachen ist die Online-Hilfe verfügbar, und auch Por- losenkasse zeigen, dass er seinen ehemaligen tugiesisch ist für Ricardo M. dabei. Unter der Rubrik Arbeitgeber betrieben hat – die Kasse verlangt «Geld & Schulden» findet er die Frage: «Wie kann ich einen sogenannten «Zahlungsbefehl», sonst kann er jemanden betreiben?». Rasch erhält er einfach ver- keine Arbeitslosenentschädigung beantragen. Doch ständliche Erklärungen und ein Musterdokument, das was ist das? Der arbeitslose Portugiese hat von sei- er dazu braucht, um tätig werden zu können. Auf diese nem Arbeitgeber einige Wochen keinen Lohn mehr Weise ist die Aufgabe schnell erledigt und Ricardo erhalten, bevor ihm schliesslich gekündigt wurde. Das einen Schritt weiter. verlangte Vorgehen ist ihm ein Rätsel und die Begriffe unverständliches Bürokratendeutsch. In seiner Not Die neue Online-Hilfe der Caritas ist seit Anfang Jahr wendet er sich telefonisch an den Kirchlichen Regio aktiv. Für Menschen, die Unterstützung und Erklärun- nalen Sozialdienst der Caritas, wo ihm die Sozialar- gen in bürokratischen Fragen brauchen und sich eini- beiterin eine pragmatische Lösung anbietet: Sie macht germassen geübt im Internet bewegen, ist die Platt- ihn auf die neue Online-Hilfe aufmerksam. Die Web form der Caritas ideal, um sich zu informieren und site bietet etliche Antworten zu bürokratischen Proble- sich einen Überblick zu verschaffen. 20 Nachbarn 2 / 20
Caritas Aargau In neun Rubriken werden die wichtigsten Themen er- läutert, die für Menschen mit knappem Budget und in schwierigen Lebenssituationen von Belang sein kön- nen. Seit April ist als zehnter Punkt das Corona-Virus hinzugekommen. Auch hier sind einfach und verständ- lich Fragen und dazugehörende Antworten formuliert. «Unsere Klientinnen und Klienten sollen rasch und übersichtlich Antworten zu häufig gestellten Fragen finden.» Filipa César (links) und Socorro Zimmerli vom Projektteam Sozialarbeiterin Socorro Zimmerli Einfach verständlich und in sieben Sprachen Internet›, das hören wir immer mal wieder», sagt die Das weitere grosse Plus der Website ist die Mehr Sozialarbeiterin. Es sei aber wichtig, die Hilflosigkeit sprachigkeit. Deutsch, Italienisch, Spanisch, Portugie- der Ratsuchenden nicht zu zementieren, fährt sie fort. sisch, Französisch, Kroatisch und Englisch stehen zur «Wir möchten unsere Klientinnen und Klienten ermu- Verfügung. Bereits sind einige Formulare, die es für tigen, so viel wie möglich an der Lösung von Proble- Behördengänge und Anträge braucht, in alle Sprachen men mitzuwirken. Das entlastet uns in den Beratungs- übersetzt. Das hilft den Betroffenen enorm, um ein stellen. Es bringt aber auch unseren Klientinnen und Verfahren zu verstehen oder selbst anzustossen. Klienten viel. Sie gewinnen mehr Sicherheit.» «Wir wollen unseren Klientinnen und Klienten die Möglichkeit geben, dass sie sich selbstständig infor- mieren können und Antworten zu häufig gestellten Fragen finden», sagt Sozialarbeiterin Socorro Zimmer- Die neue Online-Hilfe li. «Für viele Ratsuchende mit Migrationshintergrund ist die Sprache die grösste Barriere. Diese haben wir Fragen zu folgenden Themenkreisen werden in einfacher nun überwunden.» Für Ratsuchende, die nicht weiter- Sprache beantwortet: kommen, besteht zudem die Möglichkeit, einfach eine 1. Soziale Sicherheit Beratungsperson in der Nähe zu finden. 2. Aufenthalt in der Schweiz 3. Geld & Schulden Socorro Zimmerli ist bei Caritas zuständig für die Um- 4. Arbeit setzung des Projekts. Zusammen mit weiteren erfah- 5. Wohnen renen Sozialarbeitenden hat sie die häufigsten Fragen 6. Sprache & Integration aus dem Beratungsalltag zusammengetragen und 7. Partnerschaft & Kinder fachliche Antworten formuliert. Rund zehn Freiwillige 8. Schule & Bildung helfen ihr bei den nächsten Schritten: Zuerst muss der 9. Hilfe in der Not Text kontrolliert und in «einfacher Sprache» formuliert 10. Corona-Virus werden. Danach wird die Seite übersetzt und schliess- lich auf die Website hochgeladen. «Bei der Bearbei- Daneben können Ratsuchende eine Beraterin oder einen tung der Texte lerne ich selbst viel über die Themen Berater in der Nähe finden. Sozialversicherungen, Sozialhilfe und andere wichtige Themen in der Schweiz», erzählt Freiwillige Emanue- Feedback und Mithilfe willkommen le aus Italien, die gelegentlich beim Projekt mitwirkt. Haben Sie Rückmeldungen zur neuen Online-Hilfe? Kommt ein gewünschter Themenbereich zu kurz? Oder möchten Raus aus der Hilflosigkeit Sie freiwillig bei der Betreuung der Website helfen? Und wie reagieren die Klientinnen und Klienten auf Socorro Zimmerli freut sich auf Sie. das Angebot? «Das Feedback zur Struktur und zur Nutzerfreundlichkeit ist sehr gut», freut sich Zimmer- sz@caritas-aargau.ch li. Allerdings seien manche anfangs noch skeptisch, online-hilfe.caritas-aargau.ch das Tool zu nutzen. «‹Ich habe keine Ahnung vom Nachbarn 2 / 20 21
Ichwillhelfen JungeFreiwilligeverhindern dieSchliessungderCaritas-Märkte Ein einziger Aufruf genügte: Dank dem spontanen Einsatz von vielen jungen Freiwilligen konnten die Caritas-Märkte in St. Gallen und Wil auch während des Lockdowns geöffnet bleiben. TextSusannaHeckendornBildGregorScherzinger W er holt das Brot bei den Bäckereien in der Um- gebung, kontrolliert die Waren, füllt Gestelle auf und steht an der Kasse, wenn die Freiwilli- gen von einem Tag auf den andern zu Hause bleiben müssen, weil sie aufgrund ihres Alters zur Risiko- gruppe gehören? «Uns war klar, dass der Lockdown unsere Kundin- nen und Kunden besonders hart treffen würde», erinnert sich Phi- lipp Holderegger, Geschäftsleiter der Caritas St. Gallen-Appenzell. «Es stand deshalb ausser Frage, die Caritas-Märkte zu schliessen. Aber wer, das war die grosse He- ZahlreichejungeFreiwilligehieltendenCaritas-MarktwährendderCorona-KriseamLaufen rausforderung, sollte die Läden betreiben?» Mit einem Aufruf auf Facebook fanden sich innert weni- in die Hand drücken durfte, was schenkt.» Desirée wollte sich so- ger Tage viele junge Freiwillige, die, nicht gestattet ist, fiel ihm sehr lidarisch zeigen und war beein- anstatt im Lockdown zu Hause he- schwer. druckt, wie viele Menschen mit rumzusitzen, etwas Sinnvolles tun sehr wenig zufrieden sind. «Es war wollten. Jael Dahinden und Desirée Stuck schön, die grosse Dankbarkeit der studieren beide Soziale Arbeit. Kundschaft zu spüren und mit den Für Verena Keller, die sonst als Die Mutter von Jael arbeitet jeden Freiwilligen Solidarität zu leben.» Hotelfachfrau arbeitet, war es eine Mittwoch im Caritas-Markt und völlig neue Erfahrung, dass jemand gehört zur Risikogruppe. Spon- Sich zu engagieren und miteinan- so froh ist, sie dabei zu haben und tan entschied sich Jael, ihre Stell- der etwas zu bewirken, so die ein- ihr das auch zeigt. «Diese unerwar- vertretung zu übernehmen. «Die hellige Meinung der temporären tete Wertschätzung war enorm mo- Arbeit im Caritas-Markt hat mir Freiwilligen, ist eine tolle Erfah- tivierend.» Ein paar ernüchternde viele wertvolle Begegnungen ge- rung, die sie nicht missen möchten. Erkenntnisse gewann Fabian Bal- mer. Nie hätte er gedacht, dass es WOLLENSIESICHAUCHFREIWILLIGENGAGIEREN? so viele armutsbetroffene Schwei- zerinnen und Schweizer gibt. «Es AlsFreiwilligeoderFreiwilligerlernenSieMenschenmitanderenPerspektiven war sehr hart mitzuerleben, wie kennen Sie helfen im Alltag und machen Integration möglich Sie können Ihr jemand etwas zurücklegen muss, Wissen weitergeben und Neues dazulernen Die Freiwilligenangebote unter- weil ihm an der Kasse 40 Rappen scheidensichvonRegionzuRegionBieinformierenSiesichaufderWebsite fehlen.» Dass er der Person nicht derCaritas-OrganisationinIhrerRegion einfach zwei Zwanzigrappenstücke 22 Nachbarn 2 / 20
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