Grünes Krankenhaus Berlin - Stadt der Zukunft

 
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Heiko Thomas MdA
                                                                Gesundheits- und Haushaltspolitischer Sprecher
                                                                               Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
                                                                                 Abgeordnetenhaus von Berlin
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     Grünes Krankenhaus
     Berlin - Stadt der Zukunft

     1       Einleitung
10   Krankenhäuser sind Orte der Heilung und der Genesung, der Linderung für PatientInnen mit
     chronischen Erkrankungen und des Sterbens. Sie sind zugleich Orte des High-Tech und der
     Hochleistungsmedizin. Sie sind damit auch Orte des Energieverbrauchs und der Müllberge.
     Krankenhäuser sind Orte des Zuhörens und der Erholung. Sie sind aber auch Orte des Stresses
     und manchmal auch des Scheiterns. Es sind Orte, mit dem die meisten Patientinnen und Patienten
15   ein zweischneidiges, aber meistens optimistisches Gefühl verbinden.

     Krankenhäuser sind aber nicht nur Orte des Helfens, sondern auch ein riesiger Wirtschaftsfaktor
     mit einem Finanzvolumen von 3 Milliarden Euro für die stationäre, teilstationäre und auch
     ambulante Patientenversorgung in Berlin. Krankenhäuser sind Arbeitsorte mit extrem hohem
     Ressourcenverbrauch und bedeutsame Arbeitgeber mit einer hohen Anzahl von Beschäftigten und
20   ist quasi keinen konjunkturellen Schwankungen unterworfen. In den Berliner Krankenhäusern sind
     mehr als 42.000 Menschen beschäftigt, hinzu kommen Arbeitsplätze bei Zulieferern und anderen
     Auftragnehmern. Wir verstehen grüne Krankenhauspolitik als Politik, die das ganze Krankenhaus
     in den Blick nimmt: Vom Verkehr auf dem Krankenhausgelände sowie Zufahrts- und Abfahrtswege,
     dem Management, dem Energie- und Abfallmanagement, der Systemgastronomie, dem
25   Krankenhaus als sozial verantwortlicher Arbeitgeber, als sozialer Ort im Stadtteil und natürlich als
     Ort der Diagnostik, Therapie und Pflege.

     Ungeachtet dessen sind unsere Krankenhäuser unter Daueranspannung. Viele Krankenhäuser in
     Deutschland bewegen sich am Rande des finanziellen Kollaps, weil der ökonomische Druck immer
     weiter gewachsen ist. Ein modernes Krankenhaus wird heute vorwiegend unter
30   betriebswirtschaftlichen Aspekten geführt, denn Krankenhausbehandlungen sind ein lukratives
     Geschäft. Eine Klinikleitung, die die Chefärztinnen und Chefärzte nicht zumindest teilweise mit in
     die betriebswirtschaftliche Verantwortung nimmt, bleibt hinter den Möglichkeiten der
     Erlösoptimierung zurück, die das gegenwärtige Vergütungssystem bietet. Dieses hat Folgen:
     insbesondere unter den Pflegenden ist der Anteil an stressbedingten Arbeitserkrankungen wie
35   Burnout unter allen Berufsgruppen am höchsten. Die Ökonomisierung des Gesundheitswesens mit
     zunehmenden Fokus auf die Quantität statt der Qualität von Leistungen ist zu weit gegangen. Die
     Vergütung an die Zahl der medizinischen Eingriffe zu koppeln, hat in den letzten Jahren immer
     mehr zugenommen und damit ein gefährliches Anreizsystem geschaffen, das zu unnötigen oder
     bestenfalls wahlweisen Operationen oder Eingriffen verführt. Patientenumfragen weisen trotzdem
40   die medizinische und pflegerische Versorgung nach wie vor als überwiegend gut aus. Soll das so
     bleiben, müssen wir in den kommenden Jahren behutsam, aber konsequent umschwenken. Dies
     gilt auch für die Berliner Krankenhauslandschaft.

     Unsere Ziele lauten kurz:

         • verbesserte Versorgungsqualität und sektorenübergreifende Versorgungsangebote
45       • verbesserter PatientInnenkomfort und gesteigerte PatientInnenzufriedenheit
         • gute Arbeitsbedingungen, eine gesunde Arbeitsumgebung und eine gesteigerte
           MitarbeiterInnenzufriedenheit
     und dabei
        • effizienterer Ressourcenverbrauch und weniger Abfallproduktion

                                                                                                            1
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     Wir werden die Krankenhausplanung und Finanzierung in Berlin konsequent auf diese Ziele hin
     ausrichten. Gelder nach dem Gießkannenprinzip soll es nicht mehr geben. Nicht wer die besten
     Beziehungen oder wer am längsten gewartet hat, soll zukünftig die knappen Mittel des Landes und
     weitere Fördermittel bekommen, sondern wer ein nachhaltiges Konzept vorweist.

55   Auch andere Bundesländer haben erkannt, dass die Länder ihrer Verantwortung für die
     Investitionen im Krankenhausbereich besser durch gezielte qualitative Vorgaben erreichen können,
     als mit dem Hinterherlaufen im Rahmen von Pauschalen. Baden-Württemberg etwa setzt gerade
     wichtige neue Akzente. Es nimmt dafür auch zusätzliche Haushaltsmittel in die Hand, um den
     Sanierungsrückstand aufzuholen.

60   Auch wir wollen die Landesmittel mindestens auf dem jetzigen Niveau halten und die
     Investitionslücke etwa durch gezielten Einsatz von europäischen Fördermitteln oder durch andere
     Finanzierungsmodelle weiter reduzieren - etwa im Wärme- und Energiebereich. Wir setzen uns auf
     Bundesebene       für   einen    tief  greifenden,   gesundenden      Systemwandel     in   der
     Krankenhausfinanzierung       ein.    Wenn      eine   kommende       Bürgerversicherung     die
65   Sozialversicherungssysteme auf eine breitere Basis gestellt hat als heute, wird es möglich sein,
     von der abgemagerten und unzureichenden staatlichen Baufinanzierung für Krankenhäuser
     abzurücken und andere Partner der sozialen Sicherung einschließlich der Krankenkassen daran
     angemessen zu beteiligen.

     Derzeit wird Berlin seinen Aufgaben bei weitem nicht gerecht. Die Berliner
70   Krankenhausgesellschaft gibt den jährlichen Investitionsbedarf mit rund 200 Millionen an.
     Abzüglich der Mittel zur Schuldentilgung werden in Berlin aber zur Zeit real nur 61 Millionen vom
     Land investiert.

     Unsere Zielsetzung ist, dass sich die Berliner Krankenhäuser zu Orten weiter entwickeln, an denen
     Patientinnen und Patienten geholfen werden, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerne und in
75   einer gesunden Arbeitsumgebung arbeiten und in denen auch die Umwelt nachhaltige Beachtung
     erfährt.

     Dieses Papier legt den Schwerpunkt auf das Krankenhaus als medizinisch-sozialen Ort der
     Versorgung und als Ressourcen verbrauchenden Arbeitsort.

80   2      Gesundes Setting Krankenhaus
     Das deutsche Sozial- und Gesundheitssystem ist hochkomplex und gliedert sich in verschiedene
     Sektoren. Es gibt die ambulante und die stationäre Versorgung, die Aufsplittung in die verschieden
     Hilfesysteme nach den Sozialgesetzbüchern und die geteilten gesetzgeberischen Zuständigkeiten
     zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie nicht zuletzt die aktuelle Form der
85   Selbstverwaltung. Die Komplexität des Systems ist - zusammengenommen mit den
     verschiedenen, teils stark divergierenden Interessen der Akteure - ein schwerwiegendes Hemmnis
     bei der Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen.

     2.1    Mensch im Mittelpunkt

     Zentrale Aufgaben, vor denen die Gesundheitspolitik im Bund und in den Ländern in den
90   kommenden Jahren stehen wird, sind vor allem die Sicherstellung einer flächendeckenden
     wohnortnahen, ärztlichen, pflegerischen und psychosozialen Versorgung für Alle – unabhängig
     vom sozialen Status, dem Alter, der Herkunft oder dem Geschlecht. Der Patient/die Patientin muss
     im Zentrum aller Aktivitäten im Gesundheitswesen stehen - stärker als bisher. Dafür stehen wir. Wir
     wollen die gesundheitliche Versorgung den verschiedenen Bedürfnissen und Bedarfslagen – etwa
95   von Kindern, Migrantinnen und Migranten, Menschen mit Behinderungen und der älter werdenden
     Bevölkerung – weiter anpassen. Das Gesundheitswesen muss zuerst ist für die Menschen da sein,
nicht umgekehrt.

      Das Krankenhaus ist auch ein Ort, an dem Menschen sterben. Im Jahr 2011 starben in
      Deutschland 850.000 Menschen. Rund die Hälfte von ihnen starb in einem Krankenhaus, was
100   auch die Frage nach einer quantitativ ausreichenden und qualitativ guten palliativen Versorgung im
      ambulanten und stationären Bereich, aber auch in spezialisierten Einrichtungen wie Hospizen
      aufwirft. Wir unterstützen die endlich in Gang gekommenen Diskussionen um Therapiebegrenzung
      und symptomorientierter Behandlung, wo sie in klarem Gegensatz zur teuren und ertragreichen
      Hochleistungsmedizin steht. Die Grenzen zwischen dem ethisch Vertretbaren und dem
105   medizinisch Möglichen stehen zunehmend sowohl zu Beginn als auch am Ende des Lebens auf
      dem Prüfstand. Auflösbar scheint dieser Widerspruch nur durch eine Stärkung des
      selbstbestimmten, klugem Patienten/oder der selbstbestimmten, klugen Patientin. Ethisch
      schwierige aber auch sonstige medizinische Entscheidungen sollten - wenn möglich und gewollt -
      gemeinsam von behandelndem Fachpersonal, Patienten und Angehörigen getroffen werden –
110   partnerschaftlich und auf Augenhöhe (Shared Decision Making). Ärztinnen und Ärzte sollten sich
      mehr an den Wünschen der Patientinnen und Patienten orientieren können, als sich der Angst vor
      dem eigenen Scheitern oder wissenschaftlichem Ehrgeiz hinzugeben. Die Erreichung dieses Ziels
      ist zu unterstützen durch Konzepte der Patienteninformation und Entscheidungshilfen, die auch an
      Krankenhäusern weit mehr als bisher angeboten werden sollten. Eine wichtige Scharnierfunktion
115   zwischen PatientInnen, Krankenhaus und Politik nehmen dabei die PatientInnenfürsprecherInnen
      ein; auch ihre Rolle ist mit dem Ziel einer konstruktiven Zusammenarbeit mit allen Akteuren zu
      stärken. PatientInnen müssen weitaus stärker ermutigt werden, sich zum Krankenhaus zu äußern,
      im Positiven wie im Negativen. Es muss möglich sein, sich bei Unzufriedenheit zu äußern, ohne
      befürchten zu müssen, dass sich dies negativ auf die Behandlung durch die Beschäftigten
120   auswirken könnte. Eine durchdachtes Rückmeldesystem dient auch dem Krankenhaus, das
      Verbesserungspotenziale durch die gewonnenen Beschwerden ausloten und schließlich
      ausschöpfen kann.

      „Der Mensch im Mittelpunkt“ gilt auch dann, wenn Fehler gemacht werden. Alle machen Fehler,
      irgendwann. Wichtig ist, dass diese transparent werden, damit aus ihnen gelernt wird. Fehler
125   helfen dabei, Systeme oder Prozesse zu verbessern. Im Krankenhaus sollte eine strukturierte,
      konstruktive Fehlerkultur dabei helfen, dass andere PatientInnen vor Fehlern geschützt werden.
      Ohne Angst zu haben, müssen die Beschäftigten die Möglichkeit haben, ihre eigenen Fehler
      aufzuarbeiten und zu verarbeiten aber auch mögliche Beschwerden loswerden zu können (bspw.
      bei Verdacht auf Fehlverhalten anderer). Denkbar sind verschiedene Modelle, z.B. Supervision
130   oder auch niedrigschwellige Modelle wie eine anonyme Whistleblower-Software. Für
      Qualitätszertifikate der Krankenhäuser sollte die Etablierung und lebendige Funktionsfähigkeit
      solcher Systeme stärkere Relevanz erhalten.

      2.2    Gesellschaftlichen Herausforderungen begegnen

      Die demographische Entwicklung mit einem immer stärker ansteigenden Anteil älterer Menschen
135   und der Zunahme an chronisch Kranken, der medizinisch-technische Fortschritt und die im letzten
      Jahrzehnt wieder zunehmende soziale Spaltung stellen große Herausforderungen für die
      gesundheitliche Versorgung der Zukunft dar. Es ist beispielsweise damit zu rechnen, dass im Jahr
      2020 jede/r fünfte KrankenhauspatientIn ein dementielles Syndrom aufweist. Um diese Menschen
      möglichst in ihrer eigenen Lebenswelt stabil zu halten, kommt es vor allem auf eine stärkere
140   Verzahnung der Krankenhausversorgung mit der ambulanten Versorgung an. Gesundheit und
      Hilfestellung bei chronischen Erkrankungen ist eine Voraussetzung für das subjektive
      Wohlbefinden aller Menschen, und der Schlüssel zur sozialen Teilhabe. Wissenschaftliche Studien
      belegen einen kausalen Zusammenhang zwischen Armut, Bildung und Gesundheit. Demnach
      haben Menschen, die in Stadtteilen „mit besonderem Entwicklungsbedarf“ leben, höhere
145   gesundheitliche Risikofaktoren; das führt dazu, dass sie sind im Durchschnitt länger und öfter
      krank sind und eine kürzere Lebenserwartung haben. Diese Morbiditätsunterschiede bringen auch
      einen besonderen Versorgungsbedarf mit sich – sowohl in der Prävention als auch in der
      Behandlung von Krankheiten. Die Lebenskompetenzen solcher Menschen durch Bildung und
Begleitung zu stärken, bedeutet auch, sie vor Krankheiten zu schützen und ihre Fähigkeit zu
150   stärken, im Krankheitsfall unser komplexes Gesundheitssystem zu nutzen. Das gilt für alle
      Altersgruppen.

      Dabei ist eine Bevölkerungsgruppe besonders zu fokussieren. In Deutschland leben derzeit mehr
      als 15,7 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, die etwa 19,3 Prozent der Bevölkerung
      repräsentieren, in Berlin sogar 27,4 Prozent. Der Anteil ist in den letzten Jahren stetig gestiegen -
155   allein 2012 um über 40.000 Menschen. Das medizinische Versorgungssystem hat sich
      ungenügend auf die wachsende Zahl von Migrantinnen und Migranten als PatientInnen eingestellt.
      Personen mit Migrationshintergrund haben ein mindestens gleich hohes Erkrankungsrisiko wie
      Personen ohne Migrationshintergrund, teilweise auch höher. Migrantinnen und Migranten sind
      sowohl in ambulanten als auch in stationären und teilstationären psychiatrischen
160   Versorgungsbereichen seltener vertreten, als die Bevölkerungsanteile es erwarten lassen würden.
      Dagegen findet sich eine höhere Repräsentanz in Notfalleinrichtungen und in forensischen
      Einrichtungen. Laut Bundesgesundheitssurvey weist die Gruppe der Menschen mit
      Migrationshintergrund eine insgesamt signifikant höhere Prävalenz psychischer Erkrankungen auf.
      Deshalb haben gerade Berliner Krankenhäuser hier eine große Verantwortung, die sie nur
165   teilweise bereits erfüllen. So gibt es einen Forschungsbereich International Mental Health, der sich
      aus verschiedenen Perspektiven mit internationalen, interkulturellen, sozialen und politischen
      Dimensionen psychischer Erkrankungen beschäftigt. Auch Vivantes hat eine Arbeitsgruppe, die
      sich etwa mit der besonderen Situation der Trauerarbeit von Angehörigen beschäftigt und dafür
      praktische Lösungen im Krankenhaus anbietet. Es besteht aber noch immenser Handlungsbedarf.
170   Ziel muss es neben der interkulturellen Öffnung von Gesundheitseinrichtungen sowie der
      ausreichenden Sprachmittlung in der gesundheitlichen Versorgung sein, dass jedes Berliner
      Krankenhaus eine/n Migrationsbeauftrage/n hat und die Bildung von multikulturellen und
      multiprofessionellen Teams fördert. Nur so kann eine ausreichende stationäre Versorgung für
      Menschen mit Migrationshintergrund sichergestellt werden.

175   2.3    Die Kittel werden Grün

      Den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu stellen heißt auch, die Patientin und den Patienten in
      seinem individuellen Sozialraum zu sehen. Ein Gesundheitswesen ist erst dann erfolgreich, wenn
      alle Akteure versuchen, einen nicht notwendigen Krankenhausaufenthalt zu vermeiden bzw. nach
      einem notwendigen Krankenhausaufenthalt eine möglichst schnelle und dauerhafte Heilung oder
180   Stabilität im gewohnten Umfeld der PatientInnen anzustreben. Nicht die alleinige Spezialisierung
      der einzelnen Behandelnden muss das Ziel sein, sondern multidisziplinäre Teams; nicht die so
      genannte „individualisierte Medizin“, sondern und eine am Patienten ausgerichtete medizinische,
      pflegerische und sozialarbeiterische Versorgung müssen ein Slogan für die zukünftige
      Regelbehandlung verschiedenster akut und chronisch Erkrankter werden. Genau das ist mit dem
185   Spruch „der Kittel wird Grün“ gemeint. Grün steht hierbei für die Hoffnung auf eine präventive und
      nachhaltige Vor-, Ver- und Nachsorgung. Krankenhäuser sollen innerhalb von Netzwerken mit
      ambulanten Versorgern Ausgangsorte der sektorübergreifenden Versorgung bilden; in der
      Kooperation sind sie Knotenpunkte des Gesundheitswesen und sollen dieser Verantwortung durch
      Netzwerkpartnerschaften und –aufbau auch gerecht werden können, anstatt Gebiete der
190   ambulanten Versorgung nur allein an sich zu binden.

      Viele Beschäftigte im Krankenhaus, darunter ein großer Teil der Ärzteschaft und des
      Pflegepersonals warten auf einen solchen Aufbruch. Sie sind es leid, immer weniger Zeit für ihre
      Patientinnen und Patienten zu haben, dafür aber immer mehr Verwaltungsaufwand zu betreiben,
      Opfer der Bürokratie zu werden oder vermeintlichen Neuheiten aus dem Medizintechnik- oder
195   Arzneimittelbereich aufzusitzen. Wir wollen Anreize für eine evidenzbasierte Versorgung setzen: in
      der Medizin, in der Pflege, in der psychosozialen Betreuung gleichermaßen. Die Qualität der
      Versorgung muss immer wichtiger werden gegenüber der Quantität –Dies muss sich auch im DRG
      System widerspiegeln. Gute Beispiele gibt es zahlreiche – es dauert aber sehr lange, bis sich
      solche Modelle flächendeckend durchsetzen.
200   Die Orientierung an Behandlungsleitlinien muss Standard werden, insbesondere auch die
      Einbeziehung von Studienergebnissen im Rahmen der pharmakologischen Behandlung. So hat
      erst jüngst die Münchener Krankenhausapotheke einen Preis dafür bekommen, dass sie
      systematisch in der zielgerichteten Arzneimittelvergabe berät. Die dort angesiedelte Abteilung
      Arzneimittelinformation hilft Ärzten und Pflegepersonal seit 1992 bei der Beantwortung aller Fragen
205   rund um die Arzneimitteltherapie auf der Grundlage von evidenzbasierten Informationen.

      Auch in Berlin gibt es gute Ansätze, die es verdienen unterstützt zu werden. Etwa das erfolgreiche
      Berliner Herzinfarktregister. Ausgeweitete Systeme von Peer Reviews und gegenseitigem Lernen
      sind Modelle der Zukunft. Hier muss bereits in der Ausbildung angesetzt werden. Es reicht nicht,
      wenn angehende Ärztinnen und Ärzte nur nebenbei über die Mechanismen im deutschen
210   Gesundheitswesen informiert werden. Jede Assistenzärztin und jeder Assistenzarzt muss wissen,
      mit welchen Mechanismen etwa die Pharmaindustrie agiert. Dass ein neues Medikament
      beispielsweise noch nicht auf alle Wechselwirkungen hin untersucht wurde oder dass die
      Zulassung von künstlichen Hüften in Europa nicht in jedem Land wirklich auf das Wohl des
      Patienten ausgerichtet sein muss, wie eine jüngste Untersuchung eines britischen
215   Wissenschaftsjournal gezeigt hat. Schon im Studium muss mehr als bislang das statistische,
      epidemiologische und politische Verständnis der angehenden Ärzteschaft geschult werden.
      Ärztinnen und Ärzte müssen wissenschaftliche Studien zur Wirkung und Wirksamkeit von
      Arzneimitteln und -produkten sowie Therapieformen lesen und kritisch hinterfragen können. Sie
      müssen die Grundsätze der evidenzbasierten Medizin verstehen und anwenden lernen. Sie
220   müssen ebenso die Grundzüge pharmawirtschaftlichen Handelns und gesellschaftspolitischer
      Bewertungen des Gesundheitssystems lernen.

      So wichtig Ärztinnen und Ärzte sind, sie alleine heilen und helfen nicht. Krankenpflege und
      Kinderkrankenpflege, Ergotherapie, Diätassistenz, Hebammen und viele weitere Heilberufe
      arbeiten im Krankenhaus. Sie sind für den Behandlungserfolg oft mindestens genauso
225   unentbehrlich. Ebenso unentbehrlich sind die Menschen, um die sich alles drehen sollte. Ihre Rolle
      als selbstbestimmte Patienten muss auch im Gefüge der Entscheidungsträger und Behandler
      gestärkt werden, der Patient als Partner und nicht als Objekt wahrgenommen werden. Auch wenn
      manche Ärztefunktionäre immer noch an der alten Hierarchie festhalten wollen, die die Ärzteschaft
      immer ganz oben in der Entscheidungspyramide sieht, sieht die Realität in den Krankenhäusern
230   doch schon heute völlig anders aus. Wir unterstützen deshalb alle Bemühungen, die auch die
      anderen Heilberufe institutionell, in ihrem Status, in ihrer Ausbildung und in ihrer Vergütung zu
      stärken. Sie müssen eine stärkere Stimme in der Politik erhalten, die wollen wir sein. Dass sie z.B.
      nicht im neu errichteten gemeinsamen Landesgremium, welches über die Berliner Bedarfsplanung
      beraten soll, vertreten sind, ist ein typisches Negativbeispiel dafür. Wir wollen die Chancen des seit
235   2012 geltenden Versorgungsstrukturgesetzes nutzen. Wir wollen die Möglichkeiten des
      Beschlusses des G-BA nutzen und Weiterbildungsangebote für Krankenpflege in Berlin auf den
      Weg bringen, um das klassische Weisungsprinzip durch Systeme von Delegation und Substitution
      ergänzen, das weitergebildeten Pflegekräften in bestimmten Bereichen, v. a. multimorbider
      Patienten mit komplexem Behandlungsbedarf mehr Kompetenzen und Verantwortung einräumt.

240   Viele Effizienzreserven innerhalb deutscher Krankenhäuser sind in den letzten Jahren abgebaut
      worden. Effizienzgewinne innerhalb deutscher Krankenhäuser werden über alle Trägerstrukturen
      hinweg vor allem noch in Neu- und Umbaumaßnahmen gesehen, wofür aber oft das Geld fehlt.
      Deshalb gehen finanzielle Sparmaßnahmen seit Jahren sehr häufig zu Lasten des Personals, vor
      allem zu Lasten der nichtärztlichen Heilberufe und der Versorgungsberufe. Einsparungen im
245   Krankenhaus sind dennoch in einzelnen Bereichen möglich. So hat das gemeinsame Labor von
      Charité und Vivantes schon im ersten Jahr Gewinne erzielt und seine wirtschaftlichen Erwartungen
      übertroffen. Solche Schritte haben aber auch immer Konsequenzen, etwa für die Unabhängigkeit
      der Forschung oder für die Marktkonzentration. Wenn das größte Universitätsklinikum mit dem
      größten kommunalen Krankenhausbetreiber gemeinsam agiert, hat das sofort Konsequenzen für
250   die Wettbewerber – etwa das Universitätsklinikum Potsdam. Gleichwohl wollen wir diesen Weg der
      Kooperationen weiter gehen. Allerdings müssen bei derartigen Entscheidungen vor den
      finanziellen Auswirkungen immer die Qualität und Auswirkungen auf die medizinische Versorgung
betrachtet werden. Eine erhebliche finanzielle Ressource liegt weiterhin in der Konzentration von
      Leistungen, die nicht am Krankenbett erbracht werden müssen: Buchhaltung und andere
255   Verwaltungsvorgänge, Technik und Wirtschaftsversorgung können ohne weiteres und ohne
      Qualitätseinbußen von mehreren Trägern gemeinsam betrieben werden – auch zwischen Charité
      und Vivantes. Berührungsängste und unterschiedliche Unternehmenskulturen sind dafür nur
      scheinbare Hindernisse.

      Welche Leistungen in einem Krankenhaus auch von externen Anbietern erbracht werden können,
260   ist hoch umstritten. So ist etwa sowohl aus Sicht der Krankenhaushygienikerinnen und -hygieniker
      als auch nach Empfehlung von VertreterInnen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
      wünschenswert, möglichst auch die Reinigungskräfte festanzustellen, damit jede Kraft genau weiß,
      worauf es ankommt und um die Bindung an das Haus und damit auch die Identifikation mit der
      eigenen Arbeit zu stärken. Mindestens sollte die feste Einbindung ins Krankenhaus gewährleistet
265   werden. Auf der anderen Seite weisen Krankenhausexpertinnen und -experten auch auf die
      Vorteile etwa bei der kostengünstigeren Beschaffung, aber auch größeren Sachkompetenz durch
      eine größere Anzahl an zu versorgenden Krankenhäusern hin. Eine für alle Krankenhäuser
      geltende Regel sollte deshalb vermieden werden. Umso wichtiger ist dafür aber die Verankerung
      von Standards um eine hohe Qualität sicherzustellen, beispielsweise im Bereich Personal. So sind
270   in manchen Krankenhausbereichen bestimmte Personalschlüssel vorgegeben. Das heißt aber
      auch, dass es eine Grenze des Einsparpotenzials gibt. Wie gut oder wie schlecht
      Krankenhaushygiene oder das Catering sind, wird natürlich auch über den vereinbarten Preis bzw.
      über die bestellte Leistung entschieden. Gleiches gilt natürlich für die Tarifgestaltung. Eine
      Beschäftigung auch im Facility-Bereich unterhalb des Berliner Vergabemindestlohns darf
275   zumindest bei den landeseigenen Kliniken nicht akzeptiert werden.

      3       Grünes Krankenhaus1
      Krankenhäuser sind die einzigen öffentlichen Gebäude die 365 Tage 24 Stunden auf vollen Touren
      laufen. Das U.S.Department of Energy hat ermittelt, dass die CO2 Emissionen von
280   Krankenhäusern 2,5 mal höher ist als von Bürogebäuden von vergleichbarer Größe. In
      Krankenhäusern wird mehr Energie verbraucht, fällt mehr Abfall und Verkehr an als in
      vergleichbaren Einrichtungen. Ein Beispiel: allein das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ-
      Poliklinik) in Berlin-Buch behandelt jährlich ca. 250.000 Patientinnen und Patienten. Am
      Gesundheitsstandort Buch arbeiten ca. 5.000 Menschen. Hinzu kommen die Patientinnen und
285   Patienten des HELIOS Klinikums Berlin-Buch mit über 1.000 Betten. Weitere Klinikeinrichtungen
      der Charité und Krankentransporte, Besucherinnen und Besucher und Versorgungsfahrten
      kommen hinzu. Vor der Fertigstellung des zentralen Neubaus im Jahr 2006 wurden alleine mit
      Krankentransporten der HELIOS- Kliniken zwischen den einzelnen Standorten vor Ort eine
      jährliche Kilometerzahl erreicht, mit der die Erde mehrfach hätte umrundet werden können.

290   Der Berg an Papier, der in einem durchschnittlichen Krankenhaus pro Jahr produziert wird, ist
      unvorstellbar. Ein Krankenhaus in der Größe eines Maximalversorgers etwa produziert einen 140
      Meter hohen Berg an Papier. Das ist fast halb so hoch wie der Eiffelturm. Krankenhäuser sind mit
      1,2 Millionen Tonnen Abfall der fünftgrößte Müllproduzent in Deutschland. Pro Krankenbett und
      Patient fallen täglich etwa 6 Kilogramm Abfall an. Das ist sechsmal mehr als die Menge des
295   Normalbürgers. Krankenhäuser verbrauchen durchschnittlich 500 L Wasser pro Patient und
      Pflegetag. Dies zeigt, welche ökologische Dimension die Krankenhäuser haben. In diesem Bereich
      wurde auch in Berlin viel getan, aber es ist noch sehr viel mehr möglich. Die
      Umweltschutzorganisation BUND hat z.B. im Januar dieses Jahres zwei Berliner Krankenhäuser
      mit dem Gütesiegel „Energiesparendes Krankenhaus“ ausgezeichnet. Diese Krankenhäuser
300   engagieren sich in einem BUND-Netzwerk, um den Ressourcenverbrauch zu senken. Damit ist
      1
          Einige Gedanken und Formulierungen sind diesem Buch entnommen: Debatin/Goyen/Kirstein (Hg.)
          (2011): Alles grün ...auch im Krankenhaus: Green Hospital - Wege zur effektiven Nachhaltigkeit; Suttgart:
          Thieme)
Berlin weiterhin die Hochburg ökologisch besonders engagierter Kliniken: Jede vierte vom BUND
      gewürdigte Einrichtung liegt in Berlin. Das Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf ist noch
      einen Schritt weiter gegangen und hat das Grüne Krankenhaus ausgerufen. Das Ziel ist es, den
      Grundgedanken der Nachhaltigkeit in alle Bereiche des Krankenhauses zu berücksichtigen.
305   Dieses reicht vom Management, über den Ressourcenverbrauch bis hin zur Corporate Identity.

      3.1    Grünes Management

      Auf den ersten Blick sind die einzelnen Bausteine eines „Green Management“ vergleichbar mit
      anderen unternehmensübergreifenden Managementinitiativen, wie beispielsweise Qualitäts- oder
      Produktivitätssteigerungen. Green Management bedeutet, dass ökologisch/ nachhaltige Ziele
310   gleichberechtigt in die Unternehmensziele eines Krankenhauses aufgenommen werden. Zentral für
      den Erfolg all dieser Maßnahmen ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über alle
      Hierarchieebenen hinweg und quer durch alle Berufsgruppen und Abteilungen strukturiert an den
      gesamten Prozessen beteiligt werden. Grundlage muss eine transparente Datenlage sein, die das
      Bewusstsein aller Akteure schärfen hilft. Das reicht von der Umweltbilanz bis hin zur Bearbeitung
315   der eigenen Krankenhausgeschichte bzw. des Standortes. Die Etablierung des Gedanken der
      Nachhaltigkeit in alle Bereiche des Krankenhauses kann dazu beitragen, die
      Begeisterungsfähigkeit für und Identifikation mit dem eigenen Krankenhaus deutlich zu erhöhen.
      Für die Bindung an das Krankenhaus aber auch für die Glaubwürdigkeit nach außen ist die
      Einhaltung der „Compliance“ Vorschriften bei allen Akteuren des Krankenhauses wichtig – hierzu
320   gehören Themen wie Vorteilsnahme in Zusammenarbeit mit Industrie und Zuweisern oder auch
      wirtschaftliche Themen, wie Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten.

      3.2    Grünes Personalmanagement

      Die Beschäftigten im Krankenhaus sind der Kern jedes Krankenhauses. Deshalb muss auch das
      Personalmanagement nachhaltiger werden. Beim Grünen Personalmanagement geht es um etwas
325   anderes als bei der reinen Personalverwaltung. Es geht um Ausbildung, Fort- und Weiterbildung,
      Talentmanagement, Gesundheitsmanagement, Work-Life-Balance etc. Auch wenn Berlin immer
      noch einen Standortvorteil bietet, wächst der Fachkräftebedarf gerade im Gesundheitswesen
      beständig an. Vergrößert wird dieser Trend durch ein verändertes Rollenverständnis auch unter
      den Ärztinnen und Ärzte. Der unabkömmliche Arzt, der nur im Krankenhaus lebt und arbeitet, ist
330   nicht mehr das Leitbild der jungen Ärztinnen und Ärzte. Die Überstundennormalität in
      Krankenhäusern hat häufig gravierende Überlastungen des Personals zur Folge und führt immer
      wieder zu schwerwiegenden gesundheitsgefährdenden Fehlern; diverse Arzthaftungsprozesse
      zeugen davon. Dem wollen wir vorbeugen. Ein nachhaltiges grünes Personalmanagement entsteht
      allerdings nur, wenn die Maßnahmen nicht als kurzfristige Reaktion auf beispielsweise den
335   drohenden Fachkräftemangel wahrgenommen werden, sondern als dauerhaftes Anliegen der
      Klinikleitung. Das Krankenhaus sollte sich dabei den aktuellen und absehbaren kommenden
      Lebensumständen ihrer Beschäftigten stellen und diese mit den Tätigkeitsprofilen der
      Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Klinikalltag in Einklang bringen. Dazu gehören eine gutes
      Gesundheitsmanagement, eine faire Arbeitszeitgestaltung und gute Qualifikationsmöglichkeiten.
340   Die Handlungsfelder Arbeits-/Teilzeitmodelle mit qualifizierter Kinderbetreuung und aktivem
      Gesundheitsmanagement bieten eine Vielzahl von Maßnahmen zur Förderung der Work-Life-
      Balance der Beschäftigten, und damit einen entscheidenden Beitrag zu einem motivierten und
      zufriedeneren Personal.

      3.3    Grüne Gebäude

345   Das „Grüne Gebäude“ geht weit über die bloße Umweltfreundlichkeit hinaus. Neben Aspekten der
      Ressourceneffizienz bei Energie, Wasser und Material stehen Fragen nach Behaglichkeit und
      Gesundheit aller Nutzergruppen – von den PatientInnen über deren Angehörigen bis hin zu den
      Beschäftigten aller Berufsgruppen und Hierarchien - im Fokus. Darüber hinaus geht es auch um
      die Einbindung ins soziokulturelle Umfeld und ein nachhaltiges Nutzen und Bewirtschaften der
350   Gebäude. Themenfelder sind die verschiedenen Qualitätsfelder: die ökologische, ökonomische,
soziale, technische, Struktur- und Prozessqualität sowie die Standortqualität. Dazu gehören
      Fragen, wie gebäudebezogene Kosten im Lebenszyklus, Rückbaubarkeit oder Nähe zu
      nutzungsspezifischen Einrichtungen. Was ist damit gemeint?

      Drei Beispiele: Beim Auto ist es heute selbstverständlich, dass es so gebaut wird, dass es am
355   Ende wieder in seine einzelnen Rohstoffe recycelt werden kann. Dies sollte auch für Gebäude in
      der Dimension eines Krankenhauses gelten. Ein anderes Beispiel für ein Grünes Gebäude ist eine
      ausgewogene Beleuchtung ohne Blendstörungen. Wir wissen heute, dass sich bestimmte
      Lichtverhältnisse auf den Heilungsprozess auswirken können – im positiven wie im negativen
      Sinne. Notwendig ist ein ausreichendes Beleuchtungsniveau für die jeweils vorgesehene
360   Raumnutzung        sowie     eine      nutzerspezifisch    individuelle    Anpassbarkeit      der
      Beleuchtungsverhältnisse (Lichtverteilung und Lichtfarbe). Hier zeigt sich welchen Einfluss das
      Gebäude auf den Heilungsprozess haben kann. Ein anderer Bereich ist etwa die Minderung von
      Baulärm und -staub oder der Schutz von Luft, Grundwasser und Boden vor Kontamination etwa
      bei der Lagerung von Schalöl und Diesel). Der Rat für nachhaltige Entwicklung hat in einer Studie
365   gezeigt, dass sich Zusatzkosten für „Grüne Gebäude“ bereits nach fünf Jahren amortisieren.
      Planung, Errichtung und Betrieb nachhaltiger grüner Bauwerke sind ein wesentlicher Baustein für
      ein klima- und ressourcensparendes Leben.

      3.4    Grüne Prozesse

      Die meisten Krankenhäuser verfügen bereits über verschiedene Ansätze zur Förderung
370   nachhaltiger Entwicklung. Dazu gehören ein betriebliches Gesundheitsmanagement ebenso wie
      Patientenorientierung sowie Qualitäts- und Umweltmanagement. Sie werden jedoch meist isoliert
      betrachtet. Ein umfassendes klinisches Prozessmanagement integriert diese Ansätze in ein
      nachhaltiges Betriebskonzept für ein Krankenhaus, das auch seinen ökologischen, also grünen
      Ansprüchen gerecht wird. Harmonische Prozesse vereinen Qualität, Wirtschaftlichkeit und
375   Nachhaltigkeit. Sie sind entscheidend für zufriedene Patientinnen und Patienten und motivierte
      Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Daher ist ein sorgfältig erstelltes Betriebskonzept die
      Voraussetzung für den Erfolg „Grüner Prozesse“.

      Deshalb unterstützen wir auch Konzepte wie zum Beispiel das Einladungsmanagement von
      Patientinnen und Patienten oder die flächendeckende Einführung elektronischer Patientenakten
380   unter Einhaltung des persönlichen Datenschutzes. Die Erfahrung lehrt, dass durch eine
      Verbesserung der Kommunikation die Patientinnen und Patienten besser versorgt und unnötige
      Doppeluntersuchungen oder Anamnesen und damit letztlich auch Kosten vermieden werden
      können.

      Grüne Prozesse sind auch wichtig bei der Versorgung von ambulanten Patientinnen und Patienten
385   oder bei der Stationslogistik – etwa bei der Frage der Materialversorgung. Durch eine detaillierte
      und sinnvolle Restrukturierung von räumlichen und personellen Ressourcen kommt es zu einer
      nachhaltigen Verbesserung der Abläufe im Krankenhaus. Dadurch entsteht eine verbesserte
      Versorgung von Patientinnen und Patienten, vor allem durch eine neu zu etablierende
      interdisziplinäre Vernetzung zwischen Fach- und Berufsgruppen im ambulanten wie stationären
390   Sektor. Die gezielte Interaktion führt hierbei im Sinne der Patienten zu einer ökologisch
      ausgewogenen Nutzung medizinischer Geräte, einem individuell angepassten Verbrauch von
      Medikamenten und verringertem Abfall.

      3.5    Grünes Energiemanagement

      Das grüne Energiemanagement ist ein zentraler Baustein in jedem Krankenhaus. Der
395   Energieverbrauch beträgt etwa das 2-3 fache eines vergleichbaren Bürogebäudes und verzehrt ca.
      2-3 Prozent des Gesamtumsatzes eines Krankenhauses. Dabei ist das Themenfeld weit gespannt.
      Es reicht von Energiemix, über die Flächeninanspruchnahme, der Anlagensteuerung bis hin zur
      Verbrauchsteuerung und der Energieeffizienz. Um hier schnell voranzukommen, wollen wir bei der
      Umsetzung von Energiesparmaßnahmen Contracting-Modelle miteinbeziehen, wo dieses sinnvoll
400   möglich ist. Grundsätzlich gilt auch hier: Je höher der Effizienzgewinn zwischen Alt- und
      Neuanlage, umso schneller ist die Investition abbezahlt. Die Energiebeschaffung und
      Energieverteilung wollen wir in professionelle Hände legen, damit sie technisch einwandfrei
      umgesetzt werden können. Der Gedanke der Nachhaltigkeit muss ab der ersten Planungsphase
      an vorderster Stelle stehen. Gerade beim Energieverbrauch sind alle gefragt, die sich im
405   Krankenhaus aufhalten.

      3.6    Grüne IT, Grüner Einkauf und Grüne Verpflegung

      Besonders spannend ist der ganze Bereich Beschaffung. Wie beschrieben, ist der Abfallberg einer
      eines Patienten im Krankenhaus sechs mal so hoch wie zu Hause. Hinzu kommt, dass
      Krankenhäuser neben konventionellem Hausmüll spezifische Abfälle, wie infektiöse Abfälle
410   (Spritzen, Verbandmaterial), Gefahrenstoffe (z.B. Chemikalien) oder ethisch bedenkliche Abfälle
      (Körperteile, Organabfälle) produzieren. Deshalb muss die gesamte Beschaffung und Entsorgung
      kritisch auf den Prüfstand gestellt werden. Es gibt erste Versuche etwa Alternativen zu Spritzen
      und Einweghandschuhen zu entwickeln. Die großen Medizingerätehersteller bieten bei
      Großgeräten, wie MRT-Geräten etc. an, nur die Software auszutauschen und den ganzen
415   Mantelteil des Gerätes wieder zu verwerten. Krankenhäuser sollten aber auch durch
      Ideenwettbewerbe und Schulungsmaßnahmen das Wissen und die Anwendung von
      ressourcensparendem Verhalten aktiv fördern.

      Ein Krankenhaus ist oft auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region. Die Beschaffung der IT,
      der gesamte Einkauf vom Großgerät bis hin zu trivialen Alltagsgegenständen und nicht zu
420   vergessen die 24-Stunden-Versorgung mit Verpflegung, Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln etc.
      macht deutlich, welche Bedeutung ein nachhaltiges Management dieser Einkäufe hat.

      Welche ökologische Bedeutung die Vergabe hat, zeigt sich vielleicht am besten am Beispiel IT.
      Mittlerweile entstehen 2 Prozent der weltweiten CO 2 -Emissionen allein durch die Herstellung, den
      Betrieb und die Verschrottung von IT-Geräten. Die IT benötigt darüber hinaus heute schon ca. 10
425   Prozent      des    gesamten     Stromverbrauchs       im    Krankenhaus.      Das     Hamburger
      Universitätskrankenhaus verbraucht jährlich 5 MWh. Auf der anderen Seite kann kluge Software
      auch helfen Ressourcen zu sparen. Deshalb soll zukünftig in Krankenhäusern grüne IT zum
      Einsatz kommen. Bei dem zunehmenden Einsatz von Informationssystemen im
      Gesundheitswesen ist grüne IT keine „nice to have“, sondern ein klares „must have“.

430   Während wir zu Hause selbst über unser Essen entscheiden können, entscheidet im Krankenhaus
      meist das externe Catering-Unternehmen, was auf den Tisch kommt. Dabei spielt gerade in
      Krankenhäusern das Essen und Trinken eine noch größere Rolle als zu Hause. Eine
      ausgewogene, oft auch individuelle Ernährung ist für den Genesungsprozess von großer
      Bedeutung. Ziel sollte es sein, eine größtmögliche Vielfalt und Qualität zu bieten. Wünschenswert
435   ist eine hauseigene Krankenhausküche, in der auch DiätberaterInnen arbeiten, die auf die
      individuellen Bedarfe der PatientInnen eingehen können. Auch das Essen für eine Kantine für das
      Krankenhauspersonal sollte hier zubereitet werden. Ökolandbau und Regionalität sollten dabei
      feste Bestandteile des Speiseplans sein.

      3.7    Grüne Corporate Identity

440   Wer einmal eine Führung durch das Jüdische Krankenhaus gemacht hat oder sich in die
      Geschichte der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, des Gesundheitsstandortes in Buch, ganz zu
      schweigen von der 300 jährigen Geschichte des ehemaligen Berliner Pesthauses – der Charité –
      angeschaut hat, der weiß, dass ein Krankenhaus weit mehr ist als ein Ort der Heilung. Hier wurde
      große Geschichte und kleine Geschichten geschrieben. Jedes Krankenhaus verfügt über eine
445   indivuelle Geschichte und ist eingebunden in seine Nachbarschaft. Für die Identifikation der
      Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer Arbeit, aber auch für viele Patientinnen und Patienten ist
      die Aufarbeitung der eigenen Geschichte wichtig. Für die Einbindung in das soziokulturelle Umfeld
      bietet ein bewusster Umgang mit den Erlebnissen zahlreiche Anknüpfungspunkte, um mit den
Anwohnerinnen und Anwohnern in Kontakt zu treten. Oft finden sich hier wieder neue
450   Anknüpfungspunkte.

      Für die Corporate Identity eines Krankenhauses spielen insbesondere Ideen, Werte,
      Überzeugungen eine große Rolle; sowohl für die Beschäftigten als auch für die Patientinnen. In
      einem Krankenhaus-Leitbild könnten Werte wie Nachhaltigkeit, PatientInnen im Mittelpunkt des
      Krankenhauses o.ä. festgehalten und danach gelebt werden. Für ein grünes Krankenhaus hat eine
455   solche Corporate Identity einen hohen Stellenwert.

      4        Finanzierung der Krankenhausinvestitionen
      4.1      Rahmenbedingungen und Investitionsbedarf

      Das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) von 1972 sieht ein duales Finanzierungssystem vor,
460   um die Krankenhäuser wirtschaftlich zu sichern. Die laufenden Betriebskosten der Krankenhäuser
      werden über die Pflegesätze im Rahmen von sogenannten Diagnosis Related Groups (kurz DRG,
      deutsch diagnosebezogene Fallgruppen) von den Krankenkassen finanziert, während die
      Investitionskosten im Wege der öffentlichen Förderung von den Bundesländern getragen werden
      müssen. Den Ländern kommt dabei der Sicherstellungsauftrag zu. Eine wissenschaftlich fundierte
465   notwendige Finanzierungshöhe ist aber schwer ermittelbar. Zu den Investitionskosten, die die
      Länder zahlen müssen, zählen die Kosten der Errichtung von Krankenhäusern, zum Beispiel
      Neubau, Umbau, Erweiterungsbau, sowie die Kosten der Wirtschaftsgüter und wiederbeschaffter
      Anlagegüter. Zudem werden kurzfristige Anlagegüter gefördert.

      Reichen die Mittel? Zwischen 1992 und 2009 stiegen die Betriebskosten um 66 Prozent, während
470   die Investitionsförderung nach dem Krankenhausgesetz (KHG) um 26 Prozent zurückgingen. Im
      Verhältnis zu den Betriebskosten haben sich KHG-Mittel in diesem Zeitraum sogar mehr als
      halbiert. Von der Berliner Krankenhausgesellschaft e.V. (BKG) und der Senatsverwaltung für
      Gesundheit wurde 2011 ein erforderliches Investitionsvolumen von knapp 200 Millionen Euro
      jährlich berechnet (ohne Charité und Bundeswehrkrankenhaus). Dem gegenüber stellt der nun
475   zuständige Gesundheitssenator im Jahr 2013 einen Mindestbedarf der Krankenhäuser von „nur“
      100.000 Euro fest.

      Die tatsächliche Förderung sieht anders aus. 2012 wurden insgesamt rund 95 Millionen Euro
      investiert, von denen alleine 34 Millionen für die Schuldentilgung alter Investitionen der großen
      Koalition in den 90er Jahren fließen. Diese Summe teilen sich zur Zeit 79 Berliner Krankenhäuser
480   mit etwa 19.800 Betten (zum Vergleich: 1991 waren es 104 Krankenhäuser mit rund 39.900
      Betten). Während im Bundesdurchschnitt 33 Euro je Einwohner für Krankenhausinvestitionen
      ausgegeben werden, sind es in Berlin faktisch nur 15 Euro, also nicht einmal die Hälfte.

      4.2      Grüne Finanzierung der Krankenhausinvestitionen

      Wollen wir auch nur in die Nähe der berechneten Bedarfe kommen, wird es ohne neue Wege nicht
485   gehen. Wir planen einen finanzpolitischen Dreischritt:

            1. Die bisher im Haushalt veranschlagten 34 Millionen Euro für die Schuldentilgung bleiben
               dauerhaft erhalten und werden zukünftig wieder für Investitionen benutzt. Einen Teil dieser
               Mittel wollen wir denjenigen Krankenhäusern gewähren, die Maßnahmen zur Erreichung
               eines Grünen Krankenhauses ergreifen.

490         2. In der neuen Förderperiode der EU-Strukturfonds wird der Anteil für CO 2 einsparende
               Maßnahmen auf 40 Prozent erhöht; deshalb soll ein Anteil der Mittel klimafreundlichen
               Investitionen im Krankenhausbereich zufließen. Dieses ist bereits heute möglich, wurde
               bisher aber nicht genutzt. Auch wollen wir einen Teil der Investitionsmittel in einem
               revolvierenden Fonds für energetische Sanierung und andere Modelle zur Senkung des
495          Ressourcenverbrauchs vorhalten.

         3. Wir wollen – so auch Beschlusslage der Grünen Bundestagsfraktion – prüfen, ob die
            Krankenkassen grundsätzlich einen Teil der Investitionen übernehmen können. Dies
            geschieht zur Zeit noch in Ostdeutschland, um den Rückstau abzubauen. Dieses
            Instrument hat sich dort bewährt.

500   Wir wollen aber auch weiter nach möglichen Einsparmöglichkeiten suchen. Deshalb unterstützen
      wir sowohl die enge Verzahnung von Max-Delbrück-Centrum (MDC) und Charité als auch
      Anstrengungen von Vivantes und Charité in Richtung einer gemeinsamen Kardiologie und
      Radiologie. Aber anders als im letzten Jahrzehnt dürfen diese Maßnahmen nicht auf dem Rücken
      der PatientInnen und des Krankenhauspersonals ausgetragen werden.

505   Angesichts der demographischen Entwicklung (auch in Berlin) und der schwierigen finanziellen
      Situation unserer öffentlichen Haushalte und sozialen Sicherungssysteme, darf es keinen Bereich
      geben, in dem nicht sparsam gehaushaltet wird. Allerdings muss 20 Jahre nach der Einführung
      des Wettbewerbs im Gesundheitswesen festgestellt werden, ein übertriebener Kostendruck ist
      schädlich: er produziert neue Kosten im System und hat schädliche Auswirkungen auf die
510   Gesundheit der Patientinnen und Patienten (etwa durch überproportionalen Abbau von
      Pflegekräften oder Hygieneärzten). Diese Entwicklung muss gestoppt und umgekehrt werden.

      Wir bekennen uns klar dazu, dass wir landespolitisch auch weiterhin verantwortlich und
      gestalterisch für Krankenhausplanung und Investitionsteuerung zuständig sein wollen. Wir wollen
      mit den knappen finanziellen Landesmitteln Anreize setzen, eine nachhaltige Krankenhausplanung
515   in jedem Krankenhaus zu starten. Wir setzen dabei auf die Vielfalt, aber auch auf die Kreativität
      der Berliner Krankenhausszene. Wir wollen die Pluralität der Berliner Krankenhauslandschaft (Mix
      aus privaten, freigemeinnützigen, universitären und landeseigenen Krankenhäusern) erhalten.
      Eine weitere Privatisierung lehnen wir ab. Den bequemen Weg der Investitionsplanung, die
      Vergabe der Mittel komplett über Pauschalen an die Krankenhäuser, die im Krankenhausplan
520   aufgelistet sind, wollen wir nicht gehen. Hierbei drohen Investitionen in Bereiche, die den größten
      finanziellen Nutzen für die Krankenhäuser bringen, aber nicht die wirklich notwendigen
      Investitionen zur Versorgung der Berlinerinnen und Berliner. Außerdem droht so der politisch-
      gestalterische Anspruch völlig verloren zu gehen und ein weiterer Bedeutungsverlust der
      Krankenhauspolitik. Deshalb erachten wir die momentane Höhe für Pauschalen (ca. 40 Millionen
525   Euro pro Jahr) als vorläufig ausreichend. Vivantes allein erhält hieraus jährlich fünf Millionen. Diese
      Pauschalen erhöhen die Autonomie der Krankenhäuser und haben sich bisher unter diesem
      Aspekt bewährt. Den größeren Anteil wollen wir zukünftig jedoch gezielter für Maßnahmen
      ausgeben, die dem Ziel eines Grünen Krankenhauses entsprechen vorhalten, insbesondere:

         •   Maßnahmen, die zur Weiterentwicklung der Vernetzung der Sektoren „ambulant/stationär“
530          beitragen. Solche Maßnahmen sollen prioritär unterstützt werden. Dabei sind passgenaue
             Lösungen für die jeweiligen Bezirke zu erarbeiten.
         •   Bauvorhaben, die dazu dienen, nachhaltig die Betriebskosten zu reduzieren bzw. die Effizi-
             enz der Leistungserbringung zu steigern, kommt eine hohe Bedeutung zu. Hierzu zählen
             vor allem Maßnahmen, die verstärkt der Kooperation oder der Zusammenarbeit einzelner
535          Krankenhäuser dienen. Dies kann beispielsweise Bereiche Materialwirtschaft, Apotheke,
             Verwaltung, Labor und Sterilisation betreffen.
         •   Anstehende Förderentscheidungen müssen primär eine Verbesserung der Krankenhaus-
             strukturen zum Ziel haben (z.B. Optimierung von Krankenhausstandorten/ Betriebsstellen,
             Zusammenlegung von Fachbereichen, Bildung von Behandlungsschwerpunkten, Zusam-
540          menschluss von Krankenhäusern durch den Bau einer zentralen Einheit). Im Rahmen der
             zu fördernden Baumaßnahmen sind die betrieblichen Abläufe sowohl unter medizinischen
             als auch wirtschaftlichen Aspekten aber auch aus Sicht des Personals und der Patienten
             weiter zu optimieren.
•   Die Optimierung von Funktionsbereichen hat für die sachgerechte Erfüllung des Versor-
545          gungsauftrages eines Krankenhauses stets eine hohe Bedeutung. Aufgrund der beschränkt
             zu Verfügung stehenden Fördermittel müssen beim Land frühzeitig angezeigte Bauvorha-
             ben, die unmittelbar dem Behandlungsbereich (z.B. OP-Bereich, Intensivpflegeeinheiten
             oder zentraler Aufnahmebereich in der Psychiatrie) dienen oder im Zusammenhang mit der
             Implementierung neuer innovativer Versorgungsangebote (z.B. zentralisierte Notaufnah-
550          men) stehen, prioritär gefördert werden.
         •   Die Krankenhausinvestitionsförderung soll im Rahmen der bundesgesetzlich definierten
             Vorgaben des dualen Systems landesweit einen Beitrag zum „Nachhaltigen Bauen“ leisten.
             Durch die geforderte, vollständige Einhaltung der jeweils zum Zeitpunkt der Antragstellung
             gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV) kann der Primärenergiebedarf der Krankenhäu-
555          ser künftig deutlich reduziert werden. Es sollen Anreize zur Unterschreitung der geltenden
             EnEV-Vorgaben gesetzt werden. Die ökologisch sinnvolle Ressourcenschonung führt zu
             geringeren Betriebskosten. Dies trägt zu einer weiteren Stärkung der Wirtschaftlichkeit des
             Krankenhauses und damit zur nachhaltigen Standortsicherung bei. Ansonsten werden die
             Grundsätze und Kriterien des nachhaltigen Bauens bei den Förderentscheidungen u.a.
560          auch durch das vorgeschaltete baufachliche, projektspezifische Prüfverfahren angemessen
             berücksichtigt.
         •   Besondere Beachtung bei der Förderung von Krankenhausbauvorhaben sollen auch inno-
             vative Projekte im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Medizin oder zur Verbes-
             serung der Situation der Beschäftigten erfahren, die beispielsweise der Aus-, Fort- und
565          Weiterbildung von Krankenhauspersonal dienen.
         •   Bauvorhaben, die dazu dienen, fristbehaftete Auflagen (baurechtlicher, hygienischer und
             leistungsrechtlicher Natur, z.B. zur Verbesserung des Brandschutzes, der
             Klimatechnik/Elektrotechnik oder der räumlichen/flächenmäßigen Voraussetzungen) zu er-
             füllen, sind vorrangig zu berücksichtigen. Gerade in dem sensiblen Bereich „Hygiene“ kön-
570          nen bei einem nicht zeitnahen Handeln grundlegende Probleme entstehen.
         •   Darüber hinaus können Bauvorhaben von Klinikträgern, die sich in der Vergangenheit
             durch eine besondere Sozialverantwortung für die Interessen der Patienten und des Perso-
             nals ausgezeichnet haben, ggf. eine gezielte Unterstützung erfahren. Dies gilt auch für
             Bauvorhaben, denen eine herausragende gestalterische Qualität attestiert werden kann.
575   Da eine Kontinuität in der Krankenhausförderung nötig ist, soll ein Planungszeitraum von fünf bis
      sechs Jahren vorgesehen werden. Dies ist sinnvoll, da die Komplexität der Planungsaufgabe sehr
      hoch ist und es einen großen trägerinternen Abstimmungsbedarf gibt. Außerdem sind
      Sanierungsmaßnahmen z.T. nur abschnittsweise möglich. Die Vorhaben werden durch das Land
      kontinuierlich begleitet. Um die entsprechenden planerischen Kompetenzen und die ausreichende
580   Berücksichtigung der Versorgungsforschung sicherzustellen, wollen wir die Zusammenarbeit mit
      anderen Bundesländern prüfen. Hierzu gehört auch die Option eines gemeinsamen Instituts, das
      die Abwicklung und Prüfung vornimmt. Hierdurch können sowohl die Fachkompetenz erhöht und
      Kosten minimiert werden.

      Unser Ziel ist es, alle Berliner Krankenhäuser zu Grünen Krankenhäusern weiterzuentwickeln.
585   Das ist eine langfristige und permanente Aufgabe, die bereits an einigen Stellen begonnen worden
      ist. Wir wollen diese Initiativen zukünftig bewusster achten und fördern. Das geht nur zusammen
      mit den Geschäftsführungen, der Ärzteschaft, den Pflegenden und allen anderen Akteuren vor Ort.
      Wir brauchen dazu die Patientinnen und Patienten. Wir brauchen den Rückhalt der Bevölkerung
      vor Ort und damit bei allen potenziellen Patientinnen und Patienten bzw. deren Angehörigen. Bei
590   allen Beteiligten müssen wir das Bewusstsein für die ökologischen Auswirkungen eines
      Krankenhauses schärfen und Fürsprecher für ein grünes Krankenhaus finden.
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