Habitat Stockenbruch Saarbrücken St. Arnual
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www.kunstlexikon-saar.de Ersten Weltkrieg, als die Wirtschafts region um den Mittellauf des ist ein Forschungsprojekt des Instituts Saarflusses aus dem Verbund des für aktuelle Kunst im Saarland an der Deutschen Reiches h erausgelöst Hochschule der Bildenden Künste und durch den Völkerbund ver- Saar, das im November 2006 online waltet wurde. Im Spannungsfeld geschaltet wurde. Die Stichwort- z wischen Frankreich und Deutsch- Artikel fassen auf aktuellem Stand Er- land e ntwickelte sich in den engen gebnisse wissenschaftlicher Forschung Grenzen des Saargebietes (1920-35) zu den verschiedenen Bereichen der eine selbstständige Kunst- und Bildenden Kunst im Saarland zusam- Kulturpflege, deren Fortführung durch men. Sie verstehen sich als Bausteine, die erneute Abtrennung nach dem mit deren wachsender Anzahl das Bild Zweiten Weltkrieg (1945/47-1957/59) der Kunstgeschichte des Saarlandes befördert wurde. Im heutigen schärfer und präziser werden wird. Bundesland Saarland bleibt diese Entwicklung spürbar und gehört zu Ausgehend von den Themenbereichen, den wesentlichen Merkmalen, die das die zu den Arbeitsschwerpunkten Land ebenso innerhalb der Bundes- des 1993 gegründeten Instituts republik Deutschland kennzeichnen gehören, werden sowohl bereits in wie innerhalb der europäischen Groß- Druckform publizierte als auch bisher region Saar-Lor-Lux-Rheinland-Pfalz- unveröffentlichte Arbeitsresultate Wallonie-Französische und Deutsch- sowie neue Ergebnisse für das sprachige Gemeinschaft Belgiens. Medium des Internet-Lexikons aufbereitet und s ukzessiv einge- Aus Inhalten der Internetseite speist. Inzwischen werden neben der www.kunstlexikon-saar.de wiederum Kunst der Gegenwart zunehmend generiert sich die Publikationsreihe auch Architektur, D esign und die „Architektur und Raum“. In loser Kunst vor 1945 zum Gegenstand Folge werden Beispiele regionaler der Forschung. Desgleichen werden Architektur und Stadtbaukunst die größeren Kulturräume in die vorgestellt, die als besonders Betrachtung miteinbezogen und aussagekräftig für das Werden Wechselwirkungen zu den benach- und Wachsen der Kulturlandschaft barten Regionen berücksichtigt. an der Saar angesehen werden. Das Kunstlexikon Saar trägt der Besonderheit der kulturellen Ent- wicklung des Saarlandes Rechnung. Die Herausbildung des Saarlandes als eigenständige politische und kulturelle Einheit begann nach dem
Miriam Bilke-Perkams Habitat Stockenbruch Saarbrücken St. Arnual Kunstlexikon Saar Architektur und Raum
Vorwort Ulrich Pantle Die große Herausforderung – ein in den 1950er Jahren Das Habitat Stockenbruch der Moderne und ihrer häufig verwendeter Be- ist dafür ein frühes Beispiel Architektur ist der soziale griff. Dem CIAM-Treffen und ein bemerkenswertes Massenwohnungsbau im in Aix-en-Provence von Gebäude der Architektur Stadtraum. Bereits 1845 1953 gibt er gar seinen geschichte, nicht nur für prangert Friedrich Engels in programmatischen Titel. die Stadt Saarbrücken. seiner Darstellung zur „Lage Früher als an manch anderem der arbeitenden Klasse in Habitat meint mehr als Ort steht es für den Versuch England“ die unmensch Wohnen. Habitat steht der Planer, einen wichti- lichen Lebensumstände in für den Versuch, alle gen Stadtbaustein für den den Städten an. Dieser frühen Dimensionen menschlichen Wiederaufbau unter moder- Urbanismuskritik folgen Zusammenlebens zu ver nen Vorzeichen zu erschaf- zahlreiche Reformbemühun- einen: Neben der gebauten fen. Obgleich das Habitat gen, wie etwa die um 1900 Wohnstätte integriert er die Stockenbruch beispielsweise entstehende Gartenstadt- Identität des Ortes, unter- auf das 1930 fertig gestellte, Bewegung oder die von 1928 schiedliche Gebäudetypo- achtgeschossige Wohnhaus bis 1959 regelmäßig statt- logien, das soziale Gefüge „Les Tilleuls“ des Architekten findenden Treffen des CIAM der Menschen und deren Maurice Braillard in Genf, (Congrès Internationaux individuelle Bedürfnisse. das gleichfalls einen halb d’Architecture Moderne). kreisförmigen Grundriss hat, Insofern ist moderner oder auf die 1925 von Bei diesen von prominenten Wohnungsbau primär keine Le Corbusier in Grundzügen Architekten wie Walter Stilfrage, sondern Kernauf vorgestellte Idee der Unité Gropius, Hendrik Berlage, gabe der Architektur im d’Habitation, die an fünf Ernst May, Mart Stam und 20. Jahrhundert, und der verschiedenen Orten von vor allem Le Corbusier Begriff Habitat steht gleicher 1947 bis 1965 realisiert wird, initiierten Zusammenkünf- maßen für die Suche der verweist, ist es doch ein ten werden weitreichende Architekten nach Entwürfen, einzigartiger Bau, der uns städtebauliche Leitlinien die den formulierten Ansprü- heute die damalige Auf- formuliert, und gleich m ehrere chen gerecht werden. Mit bruchstimmung bezeugt. Kongresse debattieren das unter werden dabei auch ori- zeitgemäße Wohnen. ginelle Formen gefunden. Das Die WOGE Saar als Eigen- gilt auch für die Nachkriegszeit tümerin weiß um die Be- Dabei geht es nicht um die in Deutschland, in der einer- deutung des Gebäudes. Wohnung mit ihren „vier seits die Zerstörung der Städte Sie initiierte und unterstütz- Wänden“ im engeren Sinn, beklagt werden, andererseits te finanziell die Erstellung vielmehr um den L ebensraum Planer aber die Chance eines dieser Dokumentation. von Menschen, das „Habitat“ radikalen Neubeginns sehen. Wir danken ihr dafür. Folgende Doppelseite: Ansicht von Norden, 2014
Habitat Stockenbruch In den letzten Monaten des Saarbrücken St. Arnual Zweiten Weltkrieges versin- ken die deutschen Städte in Miriam Bilke-Perkams Schutt und Asche, so auch Saarbrücken. Den wenigen nach dem Krieg in Deutsch- land noch vorhandenen Wohnraum muss sich eine Bevölkerung von 69 Milli- onen Menschen teilen.1 Zwar werden bereits vor Kriegsende sowohl von den Alliierten als auch den Deutschen reichlich Planungs- entscheidungen bezüglich des Wiederaufbaus der Städte ge- troffen, die aber nur zum Teil oder gar nicht weiterverfolgt werden. Dies zeigt sich gerade in Saarbrücken beispielhaft an den Planungen von Georges- Henri Pingusson (1894-1978).2 Die Planungen Pingussons für Saarbrücken und auch vergleichbare andere in der französischen Besatzungs zone, wie zum Beispiel die des französischen Generalplaners Marcel Lods (1891-1978) für Mainz3, verdeutlichen den starken Einfluss von Le Corbusier4 auf die fran- zösischen Stadtplaner.5 In Saarbrücken hatte der fran- zösische Stadtplaner Pingusson unter Bezugnahme auf die Ideen von Le Corbusier für die Neustrukturierung Saarbrückens beiderseits der Saar vertikale Gartenstädte in Form paralleler Hochhausscheiben geplant, ergänzt um Kleinsiedlungen in einer aufgelockerten Bebauung. 8
Um die Abkehr von der steiner- Die Gestaltung der Gebäude gewachsenen Umge- nen Stadt zu erreichen, sollte soll sich von der architek- bung wieder schließen: das Leben „im Licht und Grün tonischen Konstruktion / Hierbei bricht sie radikal (...) spielen und glücklichen Tektonik ableiten, was sich mit der Vergangenheit. Bewohnern verschaffen, was Le oftmals in der Sichtbarkeit Corbusier die joies essentielles des Bauskeletts eines Ge- Gerade der erste Punkt nannte“ und zwar „den weiten bäudes äußert. Dabei gilt es trifft auf das Habitat Blick, den freien Horizont (...), zu bemerken, dass sich die Stockenbruch zu. Mit der den Gesang der Vögel, die Stille Gebäude deutscher Archi- Planung und Errichtung hoch über dem brausenden tekten im Gegensatz zu des im Volksmund auch Leben (...). Die neue Stadt sollte denen ihrer französischen gerne als „Beamtensilo“ nicht nur Stadt, sondern auch Kollegen durch die Ausge- genannten Wohnhauses Landschaft sein: Stadtland- staltung in meist asketischer wird versucht, der nach schaft, mit ihrer offenen, Schlichtheit unterscheiden. dem Zweiten Weltkrieg in Natur und Landschaft zu- Saarbrücken herrschenden gewandten Haltung und 1933 wurden die städte- starken Wohnungsnot ent- Raumbildung, mit ihrer baulichen Leitbilder, derer gegenzutreten. Mit dem freien Erscheinung und all ihren sich die Moderne bedient, Bau dieses Hochhauses Formen und Gestalten.“6 in der Charta von Athen schaffen der französische Die neue technische Grund festgehalten. Sie beinhalten Architekt Jean Schoffit lage für die Architektur nicht nur die Ablehnung der und der deutsche Bauinge- dieser Zeit – die der Klassi- dicht besiedelten Stadt des nieur Walter Wundrack je- schen Moderne – ist die Industriezeitalters, sondern doch nicht nur Wohnraum Verwendung der Bauma- auch einen radikalen Bruch für Regierungsbeamte terialien Stahlbeton, Stahl mit den europäischen Städ- und -angestellte, sondern und Glas. Ihre ästhetischen tebautraditionen. Wesent auch einen für damalige Prinzipien sind als Reaktion liche Elemente der Leitbilder Verhältnisse unvergleich- auf die historisierenden Neo- sind die Entflechtung der baren Luxus – einen Stile des 19. und ein- städtischen Funktionen, Bau, dessen besondere setzenden 20. Jahrhun- eine offene Bebauung sowie architektonische Form und derts zu verstehen. die autogerechte Stadt. Ausgestaltung zu dieser Zeit seinesgleichen sucht. Das theoretische Programm Charakterisiert wird die dieser Architektur lässt sich ver- Architektur in den 1950er kürzt in den beiden Leitsätzen und 1960er Jahren insbeson- „form follows function” (Louis dere durch die Bauaufgaben, Henry Sullivan,1856-1924) die aus der starken Zerstö- und „less is more“ (Ludwig rung der Städte im Zweiten Mies van der Rohe, 1886- Weltkrieg resultieren. Sie 1969) zusammenfassen, muss zum einen die große ergänzt um „Ornament und Wohnungsnot dieser Zeit Verbrechen“einer aus dem Jahr durch Neu- und Wiederauf- 1908 stammenden Kontroverse bau und zum anderen in den von Adolf Loos (1870-1933). Innenstädten die Lücken einer 9
Baugeschichte An jenem Tage findet in den Räumen des saarländischen Die Rekonstruktion der Ministerpräsidenten Johannes Baugeschichte des Habitats Hoffmann (1890-1967) eine oder Beamtenhochhauses Besprechung unter Regie- Stockenbruch gestaltet sich rungsmitgliedern und -ange- schwierig, da sich in den stellten statt, im Rahmen derer infrage kommenden Archiven Hoffmann in seiner Funktion und Bauämtern nur wenige, als Wiederaufbauminister den unvollständige Dokumente Bau eines Beamtenhochhau- erhalten haben. Die existieren- ses auf einem landeseigenen den Quellen zeigen vor allem, Grundstück zwischen Allee- dass das Habitat Stockenbruch straße (heute Koßmannstraße) zum einen wegen seiner für und Saargemünder Straße diese Zeit außergewöhnlichen beschließt. Aufgrund des aku- Architektur, zum anderen aber ten Mangels an Wohnraum auch aufgrund seines Stand- soll mit dem Bau so bald wie ortes Anlass zu erheblichen möglich begonnen werden.7 Streitigkeiten auf adminis Das planende und ausführen- trativer Ebene gegeben hat. de Organ für das Vorhaben ist Innerhalb der Abteilung für nach allgemeiner Zuständig- Wiederaufbau der Regierung keit die Abteilung für Wie- des Saarlandes kommt es deraufbau der Regierung des hinsichtlich der personellen Saarlandes8, die erst ein Jahr Zuständigkeit für die Planung zuvor gegründet worden war und Ausführung des Vor und die Abteilung Städtebau habens und somit auch ver- und Wiederaufbau der Mili- schiedener architektonischer tärregierung des Saarlandes Konzepte zu Differenzen. abgelöst hat.9 Die Planung Zusätzlich entwickelt sich eine für das zu verwirklichende externe Auseinandersetzung Bauvorhaben übernimmt der zwischen der vorgenannten Diplom- Architekt Jean Schof- Behörde und dem Stadtbau- fit, seines Zeichens stellvertre- amt der Stadt Saarbrücken tender technischer Leiter der vordergründig um die Frage Abteilung für Wiederaufbau, des Bauplatzes, die aber maß- ohne diesbezügliche Kenntnis geblich vor dem Hintergrund des eigentlich dafür zuständi- der vorrangigen Zuständigkeit gen Leiters des Referates Ar- des Stadtbauamtes im Bereich chitektur Friedrich-Karl Rhein- der Stadtplanung zu sehen ist. städter. Dies ist der Auslöser Ihren Ausgangspunkt nimmt für einen behördeninternen die Kontroverse um das Kompetenzstreit, dessen Bei Habitat Stockenbruch am legung den Baubeginn um ein 10. Mai 1949. halbes Jahr verzögern wird. 11
Aus einem Brief Rheinstädters an den Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann geht hervor, dass dieser sich durch die Tatsache, dass Schoffit „als damaliger Vertreter des Leiters der Abteilung Wieder- aufbau sich die Bearbeitung dieses Projektes vorbehalten und die Entwurfsarbeiten ohne meine Kenntnis bereits zu einem gewissen Stadium gebracht“10 hat, von Schoffit übergangen fühlt. Daraufhin räumt Hoffmann Rheinstädter nachträglich die Möglich- keit ein, seine Planskizzen zu einem entsprechenden Vorhaben – ein Reihenwohn- hauskonzept – im Rahmen einer Besprechung am 24. Mai 1949 vorzustellen. Parallel zur Präsentation s eines Konzeptes kritisiert Rhein- städter auch die Wahl des Bauplatzes zwischen Allee- und Saargemünder Straße. Die bei der Besprechung an- wesenden Behördenvertreter enthalten sich jedoch jeglicher Äußerung zu den Ausführun- gen Rheinstädters. Lediglich Stadtbaudirektor Wilhelm Feien, der von Hoffmann zu einer Stellungnahme aufgefor- dert wird, führt aus, dass er grundsätzlich beide Projekte für vertretbar halte, „daß er aber in vorliegendem Falle der Auffassung des Herrn Schoffit einen kleinen Vorzug zuge- stehen würde.“ Daraufhin schließt Hoffmann die Bespre- Aufriss Nordseite, Aufriss West-, Süd- und Ostseite, Grundriss Erdgeschoss chung mit der Anordnung, 14
„daß das Projekt Schoffit zur Ausführung kommen soll.“11 Das Interessante bei die- ser Auseinandersetzung ist, dass Hoffmann hier im Sinne seines zur Leitung der Abteilung für Wiederaufbau Bevollmächtigten Maurice Gallien entscheidet, der in dogmatischer Hinsicht „die städtebauliche Fachrichtung von Le Corbusier vertritt,“12 in deren Kontext auch Schof- fits Entwurf einzuordnen ist. Dadurch trifft Hoffmann eine für die architektonische Gestaltung Saarbrückens progressive Entscheidung, denn er räumt einem durch Le Corbusier geprägten, modernen Konzept funktiona- listischer Architektur den Vor- rang vor eher konventionellen städtebaulichen Ideen ein. Parallel zur Beilegung des ge- schilderten Konfliktes kommt es anlässlich der Wahl des Bauplatzes erneut zu einem Disput. Am 12. Mai 1949 übersendet Schoffit die Pla- nungsunterlagen zur Begut- achtung und Genehmigung an den Stadtplaner der Stadt Saarbrücken, Georges-Henri Pingusson. Im beigefügten Schreiben fordert Schoffit Pingusson zu einer Stellung- nahme bezüglich der Wahl des Bauplatzes auf und bittet ihn, „ein anderes, ebenfalls greifbares und baureifes Gelände nachzuweisen,“13 sollte sich der vorgeschlagene Schnitt 15
in unmittelbarer Nähe der ansteigenden Höhenzüge hegt.“15 Gleichzeitig verweist Barth jedoch darauf, dass „die Regierung des Saarlandes, Abteilung Wiederaufbau, (...) in eigener Zuständigkeit die städtebaulichen Fragen dieser Baumaßnahmen entscheiden“16 könne. Von dieser durch Barth aufgezeig- ten Möglichkeit macht die Abteilung für Wiederaufbau der Regierung des Saarlan- des zunächst jedoch noch Walter Wundrack, Lageplan, Mai 1952 keinen Gebrauch. Dies wird offensichtlich aus Gründen Standort nicht mit den Vor diesem Kontext ist auch politischer Opportunität planerischen Konzeptionen Schoffits Schreiben zu deuten, unterlassen, um innerbe- der Genehmigungsbehörde insbesondere seine doch sehr hördliche Verstimmungen zu vereinbaren lassen. Allerdings deutlich geäußerte Entschlos- vermeiden. Dadurch kommt geht aus dem Schreiben senheit, das Vorhaben an es in der Folge zu einer sich Schoffits eindeutig hervor, dem gewählten Platz zu ver- über Monate hinziehenden dass es sich dabei um eine wirklichen, deren Schroffheit Auseinandersetzung zwischen mehr oder weniger formale ansonsten schwer zu erklären der Abteilung für Wieder- Bitte handelt, da Schoffit auf- ist. Offensichtlich will Schoffit aufbau der Regierung und grund der Eilbedürftigkeit des durch sein resolutes Auftre- den Saarbrückern Stadt- Vorhabens von der Eignung ten mögliche Einwände von planern, die nunmehr eine des Bauplatzes überzeugt Seiten Pingussons gegen den „Errichtung des geplanten und zur Verwirklichung des gewählten Bauplatz von vorne Wohnhochhauses nicht an der Vorhabens an dieser Stel- herein im Keim ersticken. hierfür vorgesehenen Stelle le fest entschlossen ist. zwischen Allee- und Saar Allerdings gelingt ihm dies gemünderstrasse sondern aus Da Pingusson zwischen 1945 zunächst nicht. So erklären städtebaulichen Gründen auf und 1949 für Saarbrücken ein Pingusson und der damalige dem Gelände in den Bruch- ambitioniertes städtebauliches Leiter des Stadtplanungsam- wiesen“17 hinter der Wartburg Konzept, den so genannten tes Karl Cartal in Übereinstim- wünschen. Die Streitigkeiten Pingusson-Plan14, entwi- mung mit dem Saarbrücker dauern bis in den August ckelt hat, besteht auf Seiten Bürgermeister Johann Hein- des Jahres 1949 an. Schoffits berechtigte Sorge, rich Barth, dass „die Stadt dass das von ihm geplante Saarbrücken städtebauliche Am 9. August 1949 beendet Vorhaben nicht in Einklang Bedenken wegen Errichtung die Regierung des Saarlandes mit Pingussons Vorstellungen eines Wohnhochhauses in schließlich in ihrer 77. Kabi- steht. der vorgesehenen Bogenform nettssitzung den schwelenden 16
Disput um die Wahl des von der Bauaufsichtsbehörde Darüber hinaus standen die Bauplatzes durch eben jene schließlich nachträglich von Planer des Beamtenhochhau- Maßnahme, die sie tunlichst der Abteilung für Wieder- ses auch durchaus sozialpo- zu vermeiden gesucht hatte, aufbau der Regierung des litischen Neuerungen offen ein Kabinettsbeschluss kraft Saarlandes am 27. April 1950 gegenüber. Aus einer originärer Kompetenz: eingereichte Veränderungen Mitteilung der Abteilung „Der Bau des Hochhauses ist genehmigt. Zu diesem Zeit- für Wiederaufbau vom sofort in Angriff zu nehmen. punkt war „das Beamtenhaus 1. Juni 1953 an das Finanzamt Das Wiederaufbauamt hat bereits im Rohbau fertig ge- geht hervor, dass ein in den für einheitliche und straffe stellt.“21 Dies geht aus einem Plänen vorgesehener Kin- Leitung und Überprüfung der behördlichen Schreiben vom dergarten im Dachgeschoss Baumaßnahmen Sorge zu 31. Januar 1950 hervor. Am des Gebäudes nie seiner tragen. Das Ministerium für 14. Mai 1950 findet schließ- ursprünglich gedachten Funk- Finanzen und Forsten wird lich das Richtfest auf der tion zugeführt wurde und beauftragt, etwa zusätzlich Dachterrasse des Beamten- nun als Wohnraum umge- erforderliche Mittel bereitzu- hochhauses statt. Auf persön- nutzt wird. Diese Idee, die in stellen und die hierzu etwa liche Einladung Jean Schoffits dieser Form auf Le Corbusiers notwendige Genehmigung übernimmt Ministerpräsident zurückgeht und zwischen des Landtages einzuholen.“18 Hoffmann das Protektorat. 1947-1952 beim Bau der Und zwar auf dem „von der Der Grund dafür ist laut Marseiller Unité d’Habitation Regierung des Saarlandes Schoffit „die für das Saarland (Cité Radieuse) verwirklicht durch Kabinettsbeschluss neuartige Gestaltung des wurde, wurde beim Beam- bestimmten Bauplatz auf dem Bauwerkes, in Bezug auf An- tenwohnhaus Stockenbruch staatseigenen Gelände an lage, Architektur und techn. dagegen nie umgesetzt, der Saargemünderstrasse.“19 Neuerungen.“22 Bis April 1953 unterstreicht jedoch den ist das Beamtenhochhaus insgesamt innovativen Im Anschluss an obige weitgehend fertig gestellt. Charakter dieses Gebäudes. Beschlussfassung reicht Walter Wundrack, Referent Was die technische Ausstat- Schoffits, am 18. Oktober tung des Hauses betrifft, sind 1949 schließlich die Bau insbesondere die Installation anfrage und am 24. Oktober zweier Aufzüge der Firma 1949 das Baugesuch „Betr. Otis-Pifre, Paris (Abnahme Neubau des Beamtenhauses am 30. September 1950), auf dem Grundstück Im einer Niederdruckkessel- Stockenbruch“20 beim Bauamt Heizungsanlage (Abnahme der Stadt Saarbrücken ein. am 24. Januar 1950) und Am 14. November 1949 von sechs von der Hausge- teilt das Stadtbauverwal- meinschaft zu benutzenden tungsamt der Baupolizei Waschmaschinen nebst einer mit, dass keine bauauf Heißmangel (Abnahme 1. April sichtlichen Bedenken gegen 1951) zu erwähnen, da diese das Vorhaben bestehen. für die damalige Zeit eine be- Folgende Doppelseite: Am 10. Juli 1950 werden sondere Innovation darstellen. Lage im Stadtbild 17
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Habitat Stockenbruch Beim Beamtenwohnhaus Stockenbruch handelt es sich um einen achtgeschossigen Skelettbau aus Stahlbeton, ausgefacht mit Ziegelmauer werk und verputzt. Das Gebäude erhebt sich über einem halbkreisförmigen Grundriss. Dieser weist an der Nordfassade zwei Annexe mit Treppentürmen auf. Abgeschlossen wird das Hochhaus von einem Flachdach mit Dachaufbau und Dachterrasse. Die nach Süden ausgerichte- te, 17-achsige Rasterfassade bildet die Hauptschauseite des Wohnhauses. Sie ist dreige- teilt. Der Mittelteil, der eine Akzentuierung durch den Dachaufbau erfährt, ist in sich wiederum dreigeteilt. Die Mittelachse nimmt im Erdge- schoss den Hauptzugang auf. Der Fassadenmittelteil wird im Osten und Westen von jeweils einem dreiachsigen Fassaden- teil flankiert. Der Bauplan sieht für die gespiegelte Südfassade Ansicht von West drei unterschiedliche Fenster- typen vor. Die in der Mitte der Fassade gelegene Portalachse wird durch den Fenstertyp B, ein rechteckiges, zweiteiliges Fenster, belichtet. Die daran zu beiden Seiten anschließenden Achsen unterscheiden sich nur durch die Fensterform. Wäh- rend die dritte, vierte, sechste, siebte, elfte, zwölfte, vier- zehnte und fünfzehnte Achse 20
Ansicht von Süd S. 24/25: Ansicht von Nord 21
ebenfalls den Fenstertyp B Darüber folgt eine Attika, Terrassenzugang aufnimmt. aufnehmen, wird die fünfte, ebenfalls eine Entlehnung aus Der Dachaufbau sitzt auf achte, zehnte und dreizehnte dem klassischen Formenka- einem Sockel, der im Bereich Achse durch den größten, non. Abgeschlossen wird das der Halle, der Wohnung und dreiteiligen F enstertyp C Habitat durch einen mehrtei- des Kindergartens durch quer- der Fassade belichtet. Der ligen Dachgeschossaufbau, rechteckige Fenster belichtet östliche und westliche dem zur Straße hin eine wird. In den unbelichteten Be- Fassadenteil schließen mit Dachterrasse vorgelagert ist. reichen ist er durch eine klas- dem Fenstertyp B an den Der westliche Teil ist in einen sische Rustizierung aus Bruch- Fassadenmittelteil an. Die da- Teil mit einem doppeltürigen steinmauerwerk akzentuiert. rauf folgenden Achsen zeigen Zugang und eine dreiteilige Am östlichen Teil der zur den kleinsten Fenstertyp A. Loggia, die im Grundriss als Straße ausgerichteten Ost- und Westteil der Süd- „offene Halle“ ausgewie- Südfassade wird durch das fassade schließen je mit einer sen wird, unterteilt. Daran nach Nordosten abschüssi- Blindachse nach Norden ab. schließt sich nach Osten eine ge Gelände der Hochkeller Alle Fenster der Südfassa- Wohneinheit an, die durch sichtbar, der in der vier- de sind in ein Fensterfeld eine Doppeltür erschlossen zehnten, fünfzehnten und eingelassen, das gegenüber wird. Belichtet wird sie zu sechzehnten Achse je durch der Fassade leicht zurücktritt. beiden Seiten durch ein ein Fenster belichtet wird. Sie werden durch umlaufende Fenster des mittleren Typs B. Sohlbankgesimse zusammen- Nach Osten schließen sich Die Nordfassade ist korre- gefasst, die lediglich durch zwei Kuben an, von denen spondierend zur Südseite Stahlbetonpfeiler unterbro- der rechte den hauseigenen des Beamtenwohnhauses chen werden. Diese sind der Kindergarten aufnehmen ebenfalls dreigeteilt. Sie ist Fassade vorgelagert, fassen sollte. Dieser weist nach jedoch durch ein stärkeres die Achsen ein, gliedern die Süden zwei Öffnungen auf. Vor- und Zurückspringen Fassade in der Vertikalen Beide sind aus Glasbaustei- der Gebäudeteile differen- und verankern gleichzeitig nen gebildet, über denen ein zierter untergegliedert. das Wohnhaus im Boden. zweiteiliges Oberlicht sitzt, Der etwa der Portalachse der Ähnliches gilt für die umlau- das sich in seiner Ausbildung Südseite entsprechende Mittel- fenden Geschossgesimse, dem Fenstertypus B annähert. teil der Nordfassade tritt hervor. die zum einen die Fassade Hierbei entsteht eine verbin- Dieser Teil nimmt in seinem horizontal gliedern und zum dende Fensterform, die eine Inneren zwei Personenaufzüge anderen die Geschossab- Symbiose aus Formen der auf und wird in jedem Geschoss schlüsse nach außen sichtbar Südfassade (Fenster) und der durch zwei hochrechteckige, werden lassen. Lediglich das Nordfassade (Glasbausteine) innenliegende Fenster be- weit vorkragende Kranzge- bildet und bereits auf die lichtet, deren Glasfläche laut sims, das das siebte Oberge- gegenüberliegende Fassa- Entwurfszeichnung ebenfalls schoss abschließt, wird nicht denseite verweist. Es folgt aus Glasbausteinen gebildet durchbrochen. Das siebte der Zugang in Form einer ein- werden sollte. Eine Ausnahme Obergeschoss ist optisch fachen Tür. Der Dachaufbau bildet das Dachgeschoss, bei nach oben verkürzt und wirkt wird durch den zweiten daran dem die Fenster nach außen somit wie ein klassisches anschließenden Kubus abge- rücken und als Panorama- Mezzaningeschoss. schlossen, der einen dritten fenster ausgebildet sind. 22
Die Rücklagen zwischen bilden wiederum die Nahtstel- Fenster belichtet wird, weisen Mittelteil und Treppentürmen le zwischen dem Übergang die Rechtecke der zur Nord- sind spiegelsymmetrisch. Sie des Bogensegmentes zum fassade hin gelegenen Bahn werden durch Fensteröffnun- Quadrat des Treppenturmes. ein in den Verputz integriertes gen belichtet, die beinahe Beide Treppenhäuser liegen Ornament auf, das an die fensterbandartig zusammen- im Grundriss parallel zur Glasbausteine der Treppentür- gezogen sind. Es handelt sich vierten und vierzehnten Achse me erinnert. Auf diese Weise aber um jeweils drei dreiteili- der Südfassade, die auch dort entstand an den Kopfenden ge Fenster plus ein vierteiliges den mittleren von den beiden eine stärkere optische Ver- zum Treppenhaus hin. Dem seitlichen Teilen abtrennt. bindung zwischen Süd- und dritten, fünften und siebten Das zur Nordseite ausgebil- Nordfassade als dies aktuell Geschoss ist außerdem ein dete Dachzwischengeschoss der Fall ist. Da das Ornament Verbindungsgang vorgelagert, folgt in seiner Ausgestaltung zwischenzeitlich entfernt der die Treppenhäuser mit den darunter liegenden wurde, wird diese Verbindung dem Aufzugsturm verbin- Geschossen. Das abschlie- nur noch durch das Kranzge- det. Diese Gänge werden in ßende Dachgeschoss dage- sims unterstrichen, das bis um ihrem oberen Bereich durch gen ist glatt verputzt und die Gebäudeecke herumge- je sechs kleine, quadrati- nimmt im östlichen drei, im führt wird, die Fensterbahn sche Fenster belichtet. westlichen Teil lediglich zwei bekrönt und leicht in den Da das Dachzwischenge- quadratische Fenster auf. Bereich der Rechteckfelder schoss und der Aufbau des Auch die Außenteile der eingezogen worden ist. Über Dachgeschosses harsch an Nordfassade sind gleich aus- dem Kranzgesims ist auch an die rückwärtige Nordfassade gebildet. Sie nehmen je zwei den Stirnseiten das Attika- rücken, ist der Mittelteil der fünfteilige Fenster auf, die geschoss der Südfassade Nordfassade überhöht. Auch noch stärker den Bandcharak- aufgenommen, in dem die hier wird optisch ein klassi- ter assoziieren. Wie auch die Rechteckfelder ursprüng- sches Element angedeutet. Fenster der Südfassade wer- lich fortgeführt wurden. Dieser Teil ist vergleichbar den die der Nordseite durch einem Mittelrisalit ausgebil- umlaufende Sohlbankgesimse Analog zur dreigliedri- det. Eingefasst wird er von nach unten begrenzt. Dieses gen Struktur der Fassaden zwei Treppentürmen über schließt ebenfalls ein Fenster- existieren im Inneren des quadratischem Grundriss feld ab, in dem das Fenster Beamtenwohnhauses drei mit halbrundem Abschluss. liegt. Dieses Feld wird eben- Wohnungstypen. Sie fügen Diese sind als Annexe an den falls nach oben in Höhe des sich in die Rhythmisierung der Mittelteil angefügt. Sie stehen Fenstersturzes abgeschlossen Südfassade ein und sind in auf einem Sockel, der den und seitlich durch vertikal allen Geschossen nach dem Hochkeller und das Brüstungs- verlaufenden Pfeiler getrennt. gleichen Konzept angelegt. feld der Erdgeschossfenster Beide Stirnseiten des Beam- Eine Ausnahme tritt lediglich umfasst. Beide Treppentürme tenwohnhauses sind zwei- durch die Portalsituation werden aus Glasbausteinen teilig. Durch ein lisenenartig bedingt im Erdgeschoss auf. gebildet, die in jedem Ge- aufgesetztes Raster entstehen Wohnungstyp 1 ist der schoss zwischen die Ge- zwei Bahnen aus Rechteck- flächenmäßig kleinste und schossdecke und einen Pfeiler feldern. Während die äußere daraus resultierend der mit eingespannt sind. Die Pfeiler Bahn je durch ein dreiteiliges der geringsten Zimmerzahl. 23
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Auch in dieser Wohnung weitere Treppe an, die zur wird die Abstellkammer dem Dachgeschosswohnung führt. Flur zugeschlagen. Bad und Das Dachgeschoss nimmt mit- Küche sind wie bei allen tig eine Zwei-Zimmer-Küche- Wohnungen nach Norden Bad-Wohnung mit Abstell- ausgerichtet. An der Südfas- kammer auf. Die Wohnung sade liegen vier Zimmer, die besitzt einen Schlafraum mit paarweise in ihrer Erschließung angrenzendem Bad, der west- Bei dieser Zwei-Zimmer-Kü- zusammengefasst sind. lich an die Zugangssituation che-Bad-Wohnung mit einer Die einzige Wohnung im anschließt. Nach Osten liegt dem Wohnungsflur zuge- Hochkeller bildet durch das eine geräumige Küche, der im schlagenen Abstellkammer abschüssige Gelände bedingt Wohnungsflur eine Gäste- sind wie bei allen Wohnungen eine Mischform aus Typ 2 toilette vorgelagert ist. Das des Hochhauses Schlaf- und und Typ 3. Hierbei wird die Wohnzimmer zeichnet sich Wohnzimmer an der Süd-, Südfassadenanordnung der durch um die Ecke geführten Küche und Bad an der Nord- Räume von Typ 2 und die Fenster (Panoramafenster) fassade angeordnet. Typ 1 Nordfassadenanordnung und die exponierte Lage aus. liegt in allen acht Geschossen von Typ 3 übernommen. Bei Diese lassen dem Raum den östlich der Portalachse sowie dieser Wohnung handelte Stellenwert eines Belvederes westlich der Portalachse mit- es sich ursprünglich um die zukommen. Nach Westen tig zwischen Typ 2 und Typ 3. Hausmeisterwohnung.23 Der schließen sich die offene Halle An den Stirnseiten und mittig Hochkeller nimmt des Weite- sowie das Treppenhaus und im Ostteil des Beamten- ren Technik- und Wirtschafts- nach Osten der Kindergarten hochhauses liegt der Woh- räume des Hauses auf: die sowie der östliche Treppen- nungstyp 2, der flächenmäßig Heizanlage, einen Werkraum turm an. Sowohl Halle als zweitgrößte Typ. Er nimmt an sowie differenzierte Räume auch Kindergarten sind über der Straßenseite drei Zimmer zur Erledigung der Wäsche. die Treppentürme von innen auf, wobei bei den Wohnein- Hierbei handelt es sich um und über die Dachterrasse heiten an den Stirnseiten des Einweich-, Wasch-, Trocken- von außen erschlossen. Hochhauses das Wohnzimmer und Bügelräume – ausge- Alle Wohnungen waren ur- sowohl Anteil an der Straßen- stattet mit damals neuestem sprünglich weiß getüncht. Der seite als auch Ausblick auf technischem Gerät. Im Boden war dunkel gehalten, den Garten hat. Zusätzlich zu Tiefkeller sind den einzelnen vermutlich ein Estrichboden. Küche und Bad ist die Abstell- Wohnungen zugewiesene Die Fenster wiesen keine kammer hier an der Nordfas- Abstellkeller eingerichtet. Läden auf, was insbesondere sade angeordnet und nicht Die nach Norden ausge- auf der Südseite durch die als Teil des Wohnungsflures richteten Räume des Dach- einfallende Sonne zu Tempe- in die Wohnung integriert. zwischengeschosses sind in raturproblemen führte. Bei Typ 3 ist der flächenmäßig beiden Planungsphasen nicht den im Inneren der Woh- größte Wohnungstyp, der, mit näher bestimmt. Sie sind an nungen in den Trennwänden Ausnahme des Erdgeschosses, ihrem südlichen Ende durch eingelassenen Glasbaustein- über dem Portal als Vier-Zim- einen Gang verbunden. An elementen handelte es sich mer-Küche-Bad-Wohnung nach den Fahrstuhl schließt sich ursprünglich um „Cointreau- Westen angeordnet ist. ab diesem Geschoss eine Flaschen“24, die anstellen von 26
Glasbausteinen zu Belichtungs- Belieben genutzt werden.26 zwecken genutzt wurden. Der Brief eines Bewohners Die Küche wies einen weißen vom September 1952 macht Fliesenspiegel mit Küchenar- deutlich, dass die Nutzung matur auf. Alle Zimmer waren dieser Gemeinschaftsräume mit quer liegenden Heizungs- insbesondere für die Bewoh- radiatoren ausgestattet. ner der unteren Geschosse des Westteils eine Beeinträch- Hinsichtlich der Nummerie- tigung ihres täglichen Lebens rung der Wohnungen teilt waren. „Vor etwa einem Walter Wundrack am Jahr wurde die Waschanla- 19. Februar 1951 dem ge im Hause Stockenbruch Regierungs-Oberinspektor 10 in Betrieb genommen. Glässer (Wohnungsfürsorge Die Benutzung der Anlagen Erstbewohner und Erstbewohnerin des Finanzamtes Saarbrücken) – beginnend gegen sieben deren endgültige Festlegung Uhr und häufig erst in den des von diversen Wohnge- mit. Die in der Anlage des späten Nachmittagsstunden bäuden gesäumten Karrees Briefes ursprünglich beige- endend – (...) verursachte Stockenbruch / Oberron- / legte Nummerierung fehlt. einen solchen Lärm, daß es Alleestraße / In der Lang- So geht aus dem Inhalt des fast unmöglich ist sich in der gass ein. Gekennzeichnet Schreiben lediglich Folgen- Wohnung, besonders nicht wird sie durch ein Netz von des hervor: „Anlässlich der in den vorderen Zimmern Wegen, die von Bäumen und Mietwert-Berechnung vom aufzuhalten. Zu diesem Lärm Büschen gesäumt werden 8.7.1950 wurde eine vorläufi- der Maschinen und Mangel und Rasenflächen ausbilden, ge Numerierung der einzelnen der Wäsche kommt noch deren unregelmäßige Form Wohnungen vorgenommen. das rollende Getöse der im direkten Gegensatz zum Bei der nunmehr endgülti- Wagen, die zum Befördern streng geometrischen Grund- gen Bezeichnung führen die der Wäsche in den Trocken- riss des Hochhauses selbst laufenden Nummern in jedem räumen dienen, hinzu.“27 steht. Dessen Halbrund wird Treppenhaus von unten nach durch eine direkt anschließen- oben: 1) östliche Seitentrep- In den noch existierenden Ar- de halbrunde Hofanlage zum pe, 2) Mitteltreppe, 3) West chivalien finden sich keinerlei Kreis vervollständigt. Diese liche Seitentreppe. Als Anlage Hinweise auf die Gestaltung Form wird in der Grünanlage erhalten Sie die Liste mit den der direkten Umgebung in Form eines Brasche-Ron- Wohnungs-Nummern.“25 des Beamtenhochhauses. dels gespiegelt. Die einge- Die Gemeinschaftsräume des Jedoch existiert die Abbildung zeichneten querrechteckig Beamtenhochhauses waren eines Lageplanes, datiert auf unterteilten Bänder, die die allen Bewohnern des Hauses Mai 1952, der von Walter Grünanlage säumen, deuten zugänglich. Die Nutzung von Wundrack unterzeichnet auf heute nicht mehr vorhan- Waschküche und Trocken- wurde und der die Einbin- dene Beete hin. Die aktuell raum erfolgte nach einem dung des Wohnhauses in erhaltene Grünanlage ent- Plan an bestimmten Wasch- eine Grünanlage zeigt. Diese spricht in ihrer Anlage in etwa tagen, das heißt, sie konnten Grünanlage nimmt die in der auf dem dargestellten nicht jederzeit und nach der Mitte liegende Freifläche Lageplan aus dem Jahr 1952. 27
Ergebnis „Die für das Saarland neuarti- ge Gestaltung des Bauwerkes, in Bezug auf Anlage, Archi- tektur und techn. Neuerun- gen“28, wie Jean Schoffit im Jahr 1950 anmerkt, verweist bereits auf den hohen ar- chitektonischen Stellenwert des Beamtenhochhauses. Die der Saargemünder Straße zugewandte Südfassade des Beamtenwohnhauses besticht durch ein harmonisches, aus- gewogenes Gesamterschei- nungsbild. Dieses entsteht in der Vertikalen durch die hervortretenden Stahlbeton- pfeiler und die Fenster. In der Horizontalen wird dies durch die Rhythmisierung der Fassade mittels Kranzge- sims, Attika und Dachaufbau, Fensterfelder, Geschoss-, Sohlbank- und Kranzgesimse sowie die unterschiedlichen Fensterformen erreicht. Die Nordfassade weist da gegen eine stärkere Glie- derung auf. Der betont hervortretende Gebäudeteil, bei dem es sich um einen Treppen- und Aufzugsturm handelt, lässt sich bereits als Hinweis auf den Funk- tionscharakter dieser Seite im Inneren werten. Denn auch hinter der Nordfassade verbergen sich die funktional geprägten Räume der einzel- nen Wohnungen (Küchen, Bäder und Abstellräume). 28
Die nach Norden ausge- Augenscheinlich wird dies richteten Stirnseiten des zunächst bei Einzelformen Beamtenhauses übernehmen am Gebäude selbst. So weist Kleinstrukturen der Süd- und die Südfassade (optisch) ein Nordfassade beider Fassaden klassisches Mezzanin- und At- und bilden auf diese Weise tikageschoss auf, eine zentrale die Nahtstelle. Erreicht wird Portalachse, Sohlbank- und dies, indem Einzelelemente Geschossgesimse sowie ein der Süd- mit solchen der abschließendes Kranzgesims, Nordfassade an den Stirnsei- eine „offene Halle“ (Bezug ten miteinander verschmel- zur antiken Stoa) zur Dachter- zen. Hier sind beispielsweise rasse hin und die Rustizierung die Fensterform der Südfassa- im Bereich der Sockelzone des de oder die Attika zu nennen, Dachaufbaus. An der Nordfas- ebenso das geometrische sade werden diese „Details“ Ornament, das an die Glas- in große Formen gesteigert. bausteine der Nordfassade er- Die Fassade ist nach dem klas- innert. Zu bemerken ist, dass sischen Schema des Mittelrisa- Jean Schoffit beim Habitat lits und zweier „Seitenflügel“ Stockenbruch geschickt die aufgebaut. Hinzu kommen Formen der Moderne mit die Idee eines Belvedere im klassischen Architekturformen Dachbereich sowie die ur- vermischt. Dies wird jedoch sprüngliche, inzwischen aber erst auf den zweiten Blick of- entfernte geometrische Orna- Verbindungsgang fensichtlich und spricht für die mentierung der Stirnseiten. S. 28: Treppenhaus hohe Qualität der Architektur. Kuben und rechteckige Auch der halbrunde Grundriss Flächen, die nach Süden folgt klassischen, in diesem Fall ausgerichtete Rasterfassade, barocken Traditionen. Ver- Fensterbänder oder fenster- gleichbar mit dem halbrunden bandartig zusammengefasste Grundriss des Beamtenhoch- Fenster, Panoramafenster, hauses sind beispielsweise die neue Materialien, wie zum Querellipsen des Petersplatzes Beispiel Glasbausteine, oder Gianlorenzo Berninis (1598- technische Neuerungen, wie 1680) oder dessen erster die Aufzüge, und die techni- Entwurf für den Pariser Louvre sche Ausstattung (Klingeln, (1664). Diese Formen lassen Gegensprechanlage) spre- sich über die französische Re- chen eindeutig die Sprache volutionsarchitektur bis in die moderner Architektur. Moderne weiterverfolgen, wo Diese modernen Ansätze ste- Frank Lloyd Wright in zeitlich hen jedoch im Gegensatz zum unmittelbarer Nähe zum Beam- Rückgriff des Architekten auf tenhochhaus Stockenbruch klassische Architekturformen. die Idee des halbkreisförmigen 29
zu verweisen. Die Wohnein- heit, auch Wohnmaschine genannt, ist ein Hochhaustyp, den Le Corbusier im Kern bereits 1925 in Paris mit dem Pavillon de l‘Esprit Nouveau vorstellt. Die Wohneinheiten wurden zwischen 1947 und Beispiele der originalen Ausstattung 1965 in vier französischen S. 32/33: Nordfassade Grundrisses bei dem von ihm Orten und in Berlin realisiert zwischen 1944-1948 errichte- und sollten, wie auch in ten zweiten Wohnhausbau für Saarbrücken, den Wohnungs- Herbert Jacobs in Middleton, mangel nach dem Zweiten Wisconsin erneut aufgreift. Bei Weltkrieg lindern. Von diesen Wrights neuem Wohnungs- fünf gebauten Wohneinheiten konzept sollen durch viele entstand die erste im Jahr technische Sparmaßnahmen 1947 in Marseille – in zeitlich niedrige Kosten erzielt werden. unmittelbarer Nähe zum Beam- Gekennzeichnet sind diese tenhochhaus Stockenbruch. Häuser, dem Saarbrücker Be- amtenhochhaus vergleichbar, Zu bemerken ist auch die zen- durch eine hohe technische trale Bedeutung der Zahl 3 im Ausstattung, wie Heizungs-, Kontext des Habitats Stocken- Belüftungs- und Belichtungs- bruch. Neben der Dreiteilung systeme. Darüber hinaus lässt der Fassade weist das Haus sich eine Orientierung bei der drei Wohnungs- oder auch Ausführung des Beamten- drei Fenstertypen auf. Die hochhauses an der Charta Zahl 3 „bedeutet die Über- von Athen29 nachweisen. windung der Entzweiung und Insbesondere die soziologische drückt in ihrem umfassenden Forderungen der Charta, wie Wesen die Vollkommenheit die zur Lage der Wohnviertel, aus.“30 Daher wird sie zur Basis der Größe von Grün- und verschiedener Systembildun- Freizeitflächen, der Erreichbar- gen, wie der theologischen keit des Arbeitsplatzes oder (Dreifaltigkeit), der kosmolo- Vermeidung von Wohngebie- gischen (Himmel, Erde, Unter- ten neben Industriegebieten, welt), der eschatologischen die auch heute noch zu den (Dante: Himmel, Fegefeuer, Grundlagen der Stadtplanung Hölle) oder der ethischen gehören, sind dabei für das (Glaube, Liebe, Hoffnung). Habitat Stockenbruch rele- vant. In diesem Zusammen- Chronologisch gesehen hang ist auch auf die „Unité verbindet das Habitat d‘Habitation“ von Le Corbusier Stockenbruch historische 30
und moderne Architekturfor- sowie die weit reichende men zu einer neuen, zu- Kenntnis unterschiedlicher kunftsweisenden, modernen geistiger Strömungen verweist Architektur. Diese lässt sich auf die außergewöhnlichen auf das neue demokratische Fähigkeiten des Architekten, System im Saarland nach dem die dieser beim Habitat Sto- Zweiten Weltkrieg über ckenbruch unter Beweis stellt tragen, das nach Kriegsende und der damit in Saarbrücken die Grundsteine für eine beziehungsweise im Saarland positive Zukunft des Landes mit dem Beamtenhochhaus legen will – auch mit der Stockenbruch eine zukunfts- Habitation Stockenbruch, weisende Architektur von einem Wohnhaus für Beamte herausragender Qualität und und Angestellte der Regie- Einmaligkeit geschaffen hat. rung des Saarlandes, das Die Mischung moderner mit durch Ausstattung und An- klassischen Architekturfor- lage des Hauses den Bewoh- men und Inhalten weisen den nern mit modernsten Mitteln Bau als einen solchen der im Saarland der Nachkriegs- französischen Moderne aus. zeit ein angenehmes Leben Der Symbolgehalt des Beam- ermöglichen will und die tenhochhauses Stockenbruch Wohnungen in dieser Notzeit ist äußerst komplex. Wäh- auf diese Weise zu „Luxus- rend das Gebäude auf der wohnungen“ werden lässt. einen Seite in seiner isolierten Stellung das Scheitern der Gleichzeitig stellen die städtebaulichen Konzeption klassischen Anklänge beim der französischen Städtepla- Habitat Stockenbruch dieses ner an der Saar aufzeigt, steht in eine Linie mit Bauten der es auf der anderen Seite mit führenden politischen und seiner Funktionalität, „Offen- wirtschaftlichen Eliten ver- heit und Transparenz (für) den gangener Epochen (barocker demokratischen Gedanken Schlossbau, bürgerliche der Franzosen und die ange- Wohnbauten des 19. Jahr- strebte Internationalisierung hunderts) und kennzeich- des Saarlandes.“31 nen so die Bewohner des Die architektonische wie Beamtenwohnhauses auf inhaltliche Verbindung von diese Weise als Teil der Vergangenem mit Gegen- neuen führenden poli wärtigem begründet die tischen Schicht. herausragende Stellung des Habitates Stockenbruch in Die genaue Kenntnis sowohl der Saarbrücker, Saarlän- der klassischen als auch der dischen und europäischen modernen Formensprache Denkmallandschaft. 31
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Architekten Einrichtungen für die französische Studium Berufschullehramt/Bautech- Armee mit einem Bauvolumen von nische Richtung. Danach ist er vermut- Jean Schoffit 55 Millionen Francs zwischen 1948- lich beurlaubt, wohl um die gefor- Der Diplom-Architekt Jean Schoffit 1949. Bei dem dritten Projekt handelt derte Praxiszeit zu vervollständigen. wird laut Dienstvertrag vom es sich schließlich um das Habitat Zum Sommersemester 1935/1936 25. November 1948 rückwirkend Stockenbruch. Dieses ist wie folgt ist er erneut immatrikuliert, jedoch zum 1. Mai 1948 als Leiter der beschrieben: „Programme 1949- in der Hochbauabteilung, wo er bis technischen Arbeitsgebiete bei der 1950: Habitations pour fonctionnaires zum Sommersemester 1936 studiert 39 Abteilung Wiederaufbau sowie als sarrois, 50 logements, 100 millions “ .34 und sein Staatsexamen ablegt.40 Stellvertreter des Leiters der Abtei- Am 22. Juni 1950 teilt Dr. Schütz, der Im Anschluss an das Studium übt lung Wiederaufbau mit einer monat- Bevollmächtigte des Ministerpräsi- er zwischen 1935 und 1937 private lichen Vergütung von 92.000,- Francs denten für den Wiederaufbau, Jean Tätigkeiten für Architekturbüros aus eingestellt.32 Durch die monatlichen Schoffit, der bereits am 13. Januar und ist als Gewerbelehrer an der Zahlungen werden laut Vertrag die 1950 seiner Aufgabe als stellvertre- Fachschule für das Baugewerbe in bisherigen Einkünfte Schoffits aus tender technischer Leiter enthoben Rothenburg angestellt. Zwischen dem „Haushalt des französischen worden war, seine Kündigung mit.35 1937 und 1938 ist er als technischer Wiederaufbauministerium“ und die „Sowohl die Direktion der Ver- Angestellter beim Stadtbauamt für „Einkünfte aus Lehrtätigkeit“33 aus- waltung als auch die technische Hoch- und Tiefbau der Baupolizei geglichen. Ein von Ministerpräsident Leitung (sind) im Wegfall. ( ...) Arnswalde-Reetz, zwischen 1938 Hoffmann unterzeichnetes Arbeits- Ich kündige hiermit den mit Ihnen und 1939 bei der Hochbauabtei- zeugnis, das auf den 3. November abgeschlossenen Dienstvertrag zum lung des Stadtbauamtes Stettin, 1949 datiert ist, umreißt die Aufga- nächstmöglichen gesetzlichen Termin, zwischen 1939 und 1940 als Abtei- ben von Schoffit in der Abteilung für d.h. zum 30. September 1950.“36 lungsleiter des Stadtbauamtes Meißen Wiederaufbau. Zu diesen gehören und zwischen 1940 und 1942 bei der generelle Planungsaufgaben und Walter Wundrack Stendaler Wohnungsbaugenossen- insbesondere Landes- und Ortspla- Walter Wundrack wird am 23. Juli schaft und dem dortigen Stadtbauamt nung, Aufgaben der Baupolizei sowie 1909 in Zweibrücken geboren. Dort beschäftigt. Von 1942 bis 1946 leistet die Erteilung von Baugenehmigungen, besucht er zunächst die Volks- er Kriegsdienst und gerät in Gefan- Staatsbauten, private Rekonstruktio- schule und schließt seine Schul- genschaft. Nach der Freilassung ist nen und Abriss zerstörter Gebäude, ausbildung mit der Reifeprüfung er von 1946 bis 1949 als technischer Materialbeschaffung, die Pflege am örtlichen Gymnasium ab. Angestellter bei der Eisenbahndi- der Beziehungen zur Industrie Nach einem Praktikum bei der Fa. rektion Saarbrücken bedienstet.41 sowie Preis- und Effizienzstudien. DYWIDAG in Saarbrücken im Jahr 37 Zwar wird bereits im Dezember Aus dem Zeugnis geht außerdem 193038 nimmt er zum Wintersemes- 1948 die Einstellung Wundracks als hervor, dass Schoffit bis dahin ter 1930/1931 das Studium an der Regierungsbaurat beim staatlichen hauptsächlich an drei Großprojekten technischen Universität Dresden in Bauamt Homburg beantragt, sie wird gearbeitet hat. Bei diesen Projekten der Bauingenieurabteilung auf. Dort jedoch zunächst zurückgestellt.42 Seit handelt es sich um die Errichtung von studiert er bis zum Sommersemester dem 1. April 1949 arbeitet Wundrack 400 Wohnungen und 10 Büros für 1936. Nach fünf Semestern unter- schließlich als Regierungsangestellter die französische Zollverwaltung im bricht er sein Studium aus ungeklärten bei der Abteilung Wiederaufbau der Saarland zwischen 1948-1949 mit Gründen im Sommersemester 1933, Regierung des Saarlandes.43 Dort ist einem Gesamtinvestitionsvolumen für das kein Eintrag existiert. Im er laut einem Schreiben des Personal- von 680 Millionen Francs und den Wintersemester 1934/1935 ist er dann und Organisationsamtes vom Bau von nicht näher spezifizierten wieder eingeschrieben, jedoch für das 8. Juni 1949 als „als verantwortlicher 34
Referent für die technische Direktion Anmerkungen (A2) vorgesehen. Ihm obliegt die tech- nische Vorbereitung aller Bauarbeiten 1 Vgl. Wolfgang Pehnt: D eutsche im Bereich des Ministeriums und des Architektur seit 1900. Innenministeriums.“44 Diesem Antrag München 2005, S. 247 stimmt zunächst laut Protokoll der 2 Vgl. hierzu Anne-Kathrin 73. Kabinettssitzung der Regierung Haufe-Wadle: Repräsentation des Saarlandes am 17. Juni 1949 der zwischen Funktionalismus und Ministerrat45 und dann die Regierung Poesie. Zur Architektur der ehe- in ihrer 13. Personalsitzung vom maligen ,Ambassade de France’ 21. Juni 1949 zu. 46 Im November 1950 von Georges-Henri Pingusson. In: wird Walter Wundrack auf Antrag Saargeschichten, Heft 2, 2006, hg. der Abteilung Wiederaufbau in vom Landesverband der historisch das Beamtenverhältnis als Regie- kulturellen Vereine des Saarlandes rungs- und Baurat übernommen.47 e.V., Saarbrücken 2006, S. 2-13 3 Zwischen 1946 und 1948 war für Mainz – seit 1946 Hauptstadt der französischen Besatzungszone – eine Planung mit einem Raster scheibenförmiger Wohnhochhäuser in Anlehnung an die Planungen von Le Corbusier vorgesehen. Zwar hatte Le Corbusier selbst bis zu diesem Zeitpunkt noch keine seiner Unités d’Habitation fertig stellen können, aber der Generalplaner in Mainz, Marcel Lods, ein Vertreter des rationalisierten Wohnungs- baus, war von Le Corbusiers Ideen überzeugt. Die Mainzer empfanden Lods’ Idealstadt als Horrorvision, die mit ihrem utopischen Zuschnitt – ähnlich wie in Saarbrücken – zum Scheitern verurteilt war. 4 Le Corbusier ist das Pseudonym für den schweizerisch-franzö- sischen Architekten, Architek- turtheoretiker, Stadtplaner, Maler, Zeichner, Bildhauer und Möbeldesigner Charles-Édouard Jeanneret-Gris (1887-1965). 5 Vgl. hierzu Haufe-Wadle 2006, S. 2 (wie Anm. 2) 6 Pehnt 2005, S. 269 (wie Anm. 1) 35
7 StA SB, 2 Dezernat 60, Brief des (1894-1978), Marcel Roux (1909-?) sich neben den Leitlinien von Dezernats III (Bauverwaltung) und André Sive (1899-1958) – gel- Le Corbusiers Charta von Athen an das Ministerium für Finanzen ten als Anhänger der funktionalis- insbesondere durch die Berück- und Forsten vom 20. Mai 1949 tischen Architektur, geprägt durch sichtigung und Integration des 8 Das Amtsblatt des Saarlandes No. Le Corbusier. Ende 1947 wird eine Bestands aus. Charakteristika 34 (S) 1948 gibt im Geschäfts- gewählte Regierung im Saarland waren neben einem Gesamtver- bereich des Ministerpräsidenten eingesetzt und die Verwaltung kehrskonzept ein Zonenplan und die Schaffung einer Abteilung durch die französische Militärre- die Schaffung von drei großen bekannt, die mit allen Fragen des gierung endet. Dadurch löste sich Neubaugebieten. Vgl. Urbanisme Wiederaufbaus beauftragt ist: auch die Abteilung für Städte- und en Sarre. Brochure conçue par die Abteilung Wiederaufbau der Wiederaufbau auf, die im Jahr l‘équipe des Urbanistes de la Sarre. Regierung des Saarlandes. „Die 1948 durch eine saarländische Ab- Saarbrücken 1947, S. 39-56 Zentralverwaltung umfaßt: die teilung für Wiederaufbau innerhalb 15 StA SB, 2 Dezernat G 60, Brief Gesamtleitung des Wiederaufbau- der Regierung ersetzt wird. „Von des Dezernats III (Bauverwaltung; es durch den Bevollmächtigten den Planungen der französischen Bürgermeister Heinrich Barth) des Ministerpräsidenten mit den Urbanisten ist nur wenig ausge- an das Ministerium für Finanzen Referaten: PLANUNG, ARCHITEK- führt worden. Private Architekten und Forsten vom 31. Mai 1949 TUR, BAUAUSFÜHRUNG, sowie bzw. die Regierung des Saarlan- 16 StA SB, 2 Dezernat G 60, Brief die Direktion der Verwaltung.“ des – Abteilung Wiederaufbau, des Dezernats III (Bauverwaltung; 9 Gilbert Grandval (1904-1981), Landesplanung – griffen einige Bürgermeister Heinrich Barth) französischer Militärgouverneur Ansätze auf und führten sie weiter, an das Ministerium für Finanzen an der Saar 1945-47, Hoher andere Ideen hingegen wurden und Forsten vom 31. Mai 1949 Kommissar 1948-52 und zuletzt abgewandelt oder verworfen.“ 17 Dieser genaue Standort geht aus Botschafter Frankreichs an der Vgl. hierzu Oranna Dimmig: einem Schreiben von Oberst Gallien Saar 1952-55, versucht nach dem Aspekte. Die französischen Urba- vom 3.6.1949 hervor. Nach den Ende des Zweiten Weltkrieges und nisten an der Saar 1945 bis 1947. Plänen Pingussons sollte in den der Nazi-Diktatur mittels seiner In: www.kunstlexikonsaar.de Bruchwiesen ein reines Wohn- Wiederaufbaupolitik zum einen die 10 L A SB, Bestand 2750. Brief des gebiet entstehen. Diese Zone Entnazifizierung voranzutreiben Regierungsbaurates Friedrich- sollte durch „fünfgeschossige nach und zum anderen die saarländi- Karl Rheinstädter an den Süden ausgerichtete Wohnblö- sche Bevölkerung an Frankreich Ministerpräsidenten Hoffmann cke“ geprägt werden. Lediglich zu binden. So wird im Jahr 1945 vom 10. Oktober 1950 40 Wohnungen, die auf Entwürfe das „Gouvernement Militaire 11 L A SB, Bestand 2750. Brief des Pariser Architekten Marcel de la Sarre Section Urbanisme Friedrich-Karl Rheinstäd- Roux zurückgehen, wurden in der et Reconstruction“ (Abteilung ter, 10. Oktober 1950 Hellwigstraße 17-19 sowie in der Städtebau und Wiederaufbau der 12 L A SB, Bestand StK 2249, Brief Bayernstraße 12-14 errichtet und Militärregierung des Saarlandes) von Clemens Weber an Johan- waren ursprünglich für Professoren gegründet, das im Oktober 1945 nes Hoffmann, 15. März 1948 der neu gegründeten Universi- offiziell seinen Dienst aufnimmt. 13 S tA SB, 320 Wiederaufbau mit tät des Saarlandes vorgesehen. Die dort beschäftigten Städtepla- Plänen, Schreiben von Schoffit Schoffits Planung hätte demgemäß ner und Architekten – darunter an Pingusson vom 12. Mai 1949 dort eingegliedert werden sollen. Pierre Lefèvre, Edouard Menkès 14 Nach diesem sollte das kriegszer- 18 L A SB, StK 1706, Protokoll zur 71. (1903-1976), Jean Mougenot, störte Saarbrücken eine neue Stadt- Kabinett-Sitzung der Regierung Georges-Henri Pingusson struktur erhalten. Diese zeichnet des Saarlandes, 31.5.1949 36
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