Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin

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Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
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                             Was uns bewegt. Wen wir bewegen.           Ausgabe 02 | 2021

                          Milliarden für die
                          Mobilitätswende
                          Die Chancen für den ÖPNV-Ausbau
                          stehen so gut wie lange nicht mehr
                          Seite 6

                          Aerosole: Lüften und Masken   Triale Bildung: Modell für      E-Busse: Branche benötigt
                          machen ÖPNV coronasicher      die Berufe der Zukunft          starke Reichweiten

                          Seite 12                      Seite 16                        Seite 20
Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
INHALT                                                                                                                                                                                                                                                  EDITORIAL

                                                                                                                                                        Auf dem
                  24 Umrüstung: Vom Diesel-                                                                                                  richtigen Pfad zur
                                                                      20 E-Buskonferenz: Branchentreff
                                                                                                                                               Mobilitätswende
                         zum Brennstoffzellenbus
                                                                            fand dieses Mal digital statt.

                                                                                                                                          Die Pandemie wird uns zwar noch einige Monate                 Zukunft. Die Rede ist unter anderem von der Novelle
                                                                                                                                          beschäftigen, das Licht am Ende des Tunnels kommt             des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) und der
                                                                                                                                          ­jedoch allmählich näher. Im Moment verlangt uns              weiteren Bundesförderung von Bussen mit Batterie-
                                                                                                                                           Corona weiterhin einiges an Kräften und Konzentra-           und Brennstoffzellenantrieb, die jedoch noch nicht von
                                                                                                                                           tion ab. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in            der EU-Kommission notifiziert ist.
                                                                                                                                           den Verkehrsunternehmen und auch im VDV gebührt              Auf der Schiene hilft uns das Eisenbahn-Elektrifi-
                                                                                                                                           an dieser Stelle abermals mein herzlicher Dank. Unser        zierungsprogramm des Bundes, das auch alternative
                                                                                                                                           drängends­tes Thema ist derzeit, dass sich die Bundes­       Antriebe im Schienenverkehr fördert. Zudem wird auf
    16 Projekt UpTrain: Qualifizierung                                               28 Grüne Logistik: DB Cargo                         regierung dem Votum der Landesverkehrsminister­              Rekordniveau ins Netz investiert. Darüber hinaus wird
                                                                                           schafft Aufmerksamkeit.                         innen und -minister anschließt und den ÖPNV-­                der Schienengüterverkehr von der neuen Förderricht-
        für die Berufe der Zukunft
                                                                                                                                           Rettungsschirm fortführt.                                    linie für Gleisanschlüsse profitieren. Rückenwind ver-
                                                                                                                                           Schon bald wird wieder unser eigentliches Ziel in            sprechen wir uns zudem von der aktuellen Kampagne
                                                                                                                                           den Vordergrund treten: viele Fahrgäste von unseren          „Güter gehören auf die Schiene“. DB Cargo will damit
                                                                                                                                           Angeboten zu überzeugen, neue Kundinnen und Kun-             ein großes Publikum dafür sensibilisieren, wie einfach
                                                                                                                                           den hinzuzugewinnen sowie die Mobilitätswende in             und effektiv große Mengen CO2 eingespart werden
                                                                                                                                           unseren Städten und im ländlichen Raum voranzutrei-          können, wenn Verkehre verlagert werden. Das alles
                                                                                                                                           ben. Wir alle müssen unserer Verantwortung für den           macht mich zuversichtlich, dass wir nach Corona der
                                                                                                                                           Klimaschutz weiter und noch stärker nachkommen.              Mobilitätswende neuen Schwung verleihen können.
                                                                                                                                           Vor allem der Bus kann im Personenverkehr schnelle           Wichtig ist nun noch, dass wir auch unsere Verkehrs-
                                                                                                                                           Ergebnisse liefern.                                          leistungen nachhaltig und langfristig finanzieren
                                                                                                                                           Wohl selten standen die Zeichen so günstig für einen         können. Hierzu benötigen wir die entsprechenden
                                                                                                                                           nachhaltigen Ausbau des ÖPNV. Das Geld etwa aus dem          Finanzmittel und -instrumente, damit die Mobilitäts-
                                                                                                                                           Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) kann              wende kein Strohfeuer wird.
                                                                                                                                           abgerufen werden, und es gibt mehr Mittel als baureife
                                                                                                                                           Projekte. Stein für Stein pflastern die von der Politik in   Herzlichst Ihr
                                                   6 Mobilitätswende: Renaissance                                                         Bund und Ländern beschlossenen Gesetze und Initia­
                                                     der Tram wird Wirklichkeit.                                                           tiven nun den Weg zur nachhaltigen Mobilität der             Ingo Wortmann

                                          3   Editorial                                     	Seite 11                            16	Aus dem Verband                          24	Hintergrund
                                               Auf dem richtigen Pfad zur                      Drei Fragen an Dr. Jan Schilling,       Innovet-Projekt „UpTrain“:                    Dieselbusse gehen auf den
                                               Mobilitätswende                                 VDV-Geschäftsführer ÖPNV                Weiterbildung hoch drei                       Wasserstoff-Trip.

                                          4	VDV im Bild                                     12    Aktuell                        18	Aus dem Verband                          28	Aktuell
                                              125 Jahre Rheinbahn:                                  Den Aerosolen auf der Spur         KnowHow@ÖV: Suchmaschine                      DB Cargo wirbt für den
                                              D‘r Geburtstags-Zoch kütt.                                                               für die Verkehrsbranche                       Schienengüterverkehr.
                                                                                             14	Aktuell
                                          6	Titelstory                                            Mit dem ÖPNV zum                20	Aus dem Verband                          30	Zu guter Letzt                                       VDV Das Magazin
                                              Milliarden-Mittel stehen bereit.                     Impfschutz                          Beim E-Bus zählt „Reichweite,                 Wie Karikaturist Heiko Sakurai                      auch online unter:
                                                                                                                                       Reichweite, Reichweite“.                      die Mobilitätswende sieht.                          www.vdv-dasmagazin.de

2                 02 | 2021                                                                                                                                                                                                                 02 | 2021            3
Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
VDV IM BILD

                          D‘r Geburtstags-Zoch kütt
                          Ein bisschen Karneval ist im Rheinland immer irgendwie, auch zum 125. Geburtstag der
                          Düsseldorfer Rheinbahn. Des Jubiläums angenommen haben sich auch Jacques Tilly – als
                          Wagenbauer für den Rosenmontagszug bekannt – und sein Team. In vielen Stunden Handarbeit
                          entstand eine kleine Parade von drei Fahrzeuggenerationen (kl. Foto), die in den vergangenen
                          Jahrzehnten das Stadtbild geprägt haben: mit den fröhlichen Gesichtern und Kulleraugen, die
                          für karnevalistische Motivwagen so typisch sind. Auf dem Dach des aktuellen „Silberpfeils“
                          hat es sich der bergische Löwe bequem gemacht und überreicht die überdimensionale
                          Geburtstagstorte. Ein Anhänger, der sonst dem Transport von Gleisen dient, trägt nun die bunte
                          Fahrzeugreihe – gezogen von einer orangefarbenen Arbeitsbahn aus dem Jahr 1950. So tourt
                          der etwas andere Rheinbahn-Zug als heiterer Hingucker während des gesamten Jubiläums-
                          jahres regelmäßig durch die Altbier-Metropole sowie durch Neuss und Ratingen. Auch im
                          Regeldienst machen Fahrzeuge der Rheinbahn, die anlässlich des Jubiläums ihren Marken-
                          auftritt neu gestaltet hat, auf den besonderen Geburtstag aufmerksam. Vier Bahnen und zwei
                          Busse wurden komplett im Jubiläumslook gestaltet (gr. Foto). Auf der Folie zeichnen sich
                          Sehenswürdigkeiten aus dem Bedienungsgebiet ab, das sich von der nordrhein-westfälischen
                          Landeshauptstadt und die Kreise Mettmann und Neuss bis nach Meerbusch erstreckt – alles
                          auf dem markanten Hintergrund in Rheinbahn-Rot.

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Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
TITELSTORY

                                                                                    Blick in die Zukunft: Am Tübin-
                                                                                    ger Tor (l.) in Reutlingen und auf
                                                                                    einem Teilstück der Hachestraße
                                                                                    (r.) nördlich des Essener Haupt-
                                                                                    bahnhofs werden Straßenbahnen
                                                                                    bald zum Stadtbild gehören.

              Milliarden-Mittel
              stehen bereit
              für die Mobilitätswende                                                                                    V     or dem Tübinger Tor, Reutlingens markantem
                                                                                                                               mittelalterlichen Relikt der einstigen Stadt-
                                                                                                                         mauer, passiert schnittig-elegant ein silbergrauer
                                                                                                                                                                                 es viele ambitionierte Überlegungen bei Verkehrs-
                                                                                                                                                                                 unternehmen und in der Kommunalpolitik, für die
                                                                                                                                                                                 Mobilitätswende attraktiven ÖPNV auf Schienen
                                                                                                                         Stadtbahnzug. In Essen winden sich die gelben Züge      einzurichten. Mal werden vorhandene Netze um
                                                                                                                         der Ruhrbahn durch Alleen und auf den Willy-Brandt-     kurze Linienverlängerungen ergänzt – zum Beispiel
               Mehr Geld, schnellere Planung: Die Chancen, den ÖPNV auszubauen, sind so gut wie lange                    Platz vor dem Hauptbahnhof. Diese Bilder sind schicke   die „Lichtwiesenbahn“ in Darmstadt zum Campus
               nicht. Die Verkehrsbranche ist gefordert, jetzt rasch einen „Investitionshochlauf“ hinzule-               Visualisierungen, am Computer entstanden. Doch in       der Technischen Universität, die mit einem guten
               gen – nicht nur planen, sondern möglichst bald öffentliche Fördermittel abrufen und bauen.                wenigen Jahren soll die Renaissance der Straßenbahn     Kilometer Neubaustrecke den Hauptbahnhof ab De-
                                                                                                                         auch hier Realität sein.                                zember 2021 näherbringt. Mal geht es – wie bei der
               Beispielhaft: Essen schickt die Tram statt in den U-Bahn-Tunnel auf eine neue oberirdische
                                                                                                                         Nicht nur im Ruhrgebiet und bei den Schwaben:           Stadtumlandbahn Nürnberg - Erlangen - Herzogen-
               „Citybahn“-Strecke. Und Reutlingen setzt nach mehr als 40-jähriger Abstinenz wieder auf                   Von Flensburg bis München, von Bremerhaven bis          aurach – um Regionalstadtbahnprojekte nach dem
               die Straßenbahn – den „Tram-Train“ der Regional-Stadtbahn Neckar-Alb.                                     Jena, von Aachen bis Regensburg und anderswo gibt       Vorbild des Karlsruher Modells mit Zwei-­System-

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Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
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                                                        Am Rand der Schwäbischen Alb                                                                                Wachsende Pendler-
                                                        wird kräftig gebaut. Das Modul 1                                                                            ströme rund um Tübingen
                                                        der Regional-Stadtbahn                                                                                      und Reutlingen bräuch-
                                                        Neckar-Alb mit der Ermstalbahn                                                                              ten dringend neue, stau­
                                                        und dem Kreuzungsbahnhof in                                                                                 freie Verkehrslösungen
                                                        Dettingen-Gsaidt soll 2022 in                                                                               – wie diesen modernen
                                                        Betrieb gehen.                                                                                              Tram-Train.

               Bahnen für Vollbahn und Stadtverkehr, den soge-         leben rund 2.000 engagierten und zahlungskräftigen       pro oder contra Stadtbahn durch Tübingen an. „Wir              Hier versammelt sich die Welt der
               nannten Tram-Trains.                                    Bürgerinnen und Bürgern, die in den 1990er-Jahren        hoffen und kämpfen“, sagt Eugen Höschele, Vorsit-              internationalen Unternehmen und
               Während vielerorts diskutiert wird oder Planungen       die Erms-Neckar-Bahn AG für die vom Verfall be-          zender der Verbandsversammlung des Zweckver-                   ihrer Mitarbeiter.
               geprüft werden, wird in Baden-Württemberg am            drohte Infrastruktur gründeten und die Vorausset-        bandes Regional-Stadtbahn Neckar-Alb. Zu kämpfen
               Rand der Schwäbischen Alb schon kräftig gebuddelt.      zungen für den weiteren Zugbetrieb schufen. Ein          hat er reichlich, denn wie es nach dem Modul 1 wei-             Eugen Höschele,
               Das „Modul 1“ der Regional-Stadtbahn Neckar-Alb         prominenter Teilhaber engagierte sich schon früh in      tergeht, ist noch ziemlich unklar. Auf dem Papier               Vorsitzender der Verbandsversammlung
               soll bereits zum Fahrplanwechsel 2022/2023 in Be-       seinem politischen Leben für den Erhalt der Strecke:     steht ein Netz von gut 200 Kilometern, von denen                des Zweckverbandes Regional-Stadtbahn Neckar-Alb
               trieb gehen. Es ist eine durchgehende Strecke von       der Grünen-Politiker und Vorsitzende des Verkehrs-       45 Kilometer neu gebaut oder reaktiviert wer-
               Herrenberg im Westen über Tübingen, Reutlingen          ausschusses im Bundestag, Cem Özdemir. „Ohne das         den müssten. 133 Bahnhöfe und Haltepunkte und
               und Metzingen bis nach Bad Urach: Sie wird auf rund     Engagement der Bürger gäbe es die Bahn schon lange       dichte Taktfahrpläne sollen den Anreiz bieten, das      komplexen Planungsrecht böten „jetzt geradezu ideal“
               50 Kilometern elektrifiziert, teilweise zweigleisig     nicht mehr“, bilanziert Vorstandschef Carsten Strähle.   Auto nicht mehr zu nutzen. Höschele hat die Eck-        die Chance, das Vorhaben in vollem Umfang zu reali-
               oder mit Begegnungsbahnhöfen ausgebaut. Der west-       Mit der Inbetriebnahme des ersten Teilstücks der         daten, die für das Gesamtprojekt sprechen: In der       sieren. Den Landesverkehrsminister Winfried Her-
               liche Teil, die Ammertalbahn, war schon stillgelegt     schwäbischen Regional-Stadtbahn werden die Stra-         Region leben 700.000 Menschen, Tendenz stei-            mann hat er hinter sich. 95 Millionen Euro steuern
               und wurde von einem kommunalen Zweckverband             ßenbahnpläne für Reutlingen akut. Vorgesehen ist am      gend. Die Wirtschaft prosperiert – der Verbandschef     Bund und Land zum 122-Millionen-Projekt des Mo-
               ins Weiterleben geführt. Das Mittelstück betreibt       Hauptbahnhof im Norden der Stadt eine „Ausschlei-        nennt nur drei Namen: Amazon, Curevac, Porsche:         duls 1 bei. „Um die Verkehrswende voranzubringen,
               die Deutsche Bahn als Neckar-Alb-Bahn. Der Ost-         fung“ von der Vollbahnstrecke, dann auf neuen Gleisen    „Hier versammelt sich die Welt der internationa-        setzt sich das Land mit Nachdruck dafür ein, große
               abschnitt mit der Ermstalbahn verdankt sein Über-       durch die City bis zum Südbahnhof – und möglicher-       len Unternehmen und ihrer Mitarbeiter.“ Insgesamt       Infrastrukturprojekte wie dieses voranzutreiben. Für
                                                                       weise weiter zum nahen Albaufstieg über Pfullingen       wird mit 3.500 bis 4.000 neuen Arbeitsplätzen in        mich ist die Regional-Stadtbahn ein Schlüsselprojekt
                                                                       bis Engstingen – mit durchgehenden S-Bahn-Linien         den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie           der nachhaltigen Mobilität für die Region“, erklärte
                                                                       aus den umliegenden Regionen. Zwei innerstädtische       Verwaltung und Technik bis 2025 gerechnet. Die          der Minister.
        Um die Verkehrswende voranzubringen, setzt                     Trassen stehen zur Wahl; die Entscheidung ist noch       wachsenden Pendlerströme gerade rund um Tübin-
        sich das Land mit Nachdruck dafür ein, große                   nicht gefallen. Ähnlich die Situation in Tübingen, wo    gen und Reutlingen bräuchten dringend neue, stau-       Citybahn bindet Essen 51 an
        Infrastrukturprojekte wie dieses voranzutrei-                  die Tram-Trains Gewerbe- und Industriegebiete im         freie Verkehrslösungen. Hinzu kommt für Höschele:       Bessere Mobilität verspricht sich auch die Ruhr-
        ben. Für mich ist die Regional-Stadtbahn ein                   Norden der Stadt erschließen könnten. Doch Ober-         Die neue Verkehrspolitik des Bundes mit deutlich        metropole Essen für ihr völlig anders gelagertes
        Schlüsselprojekt für diese Region.                             bürgermeister Boris Palmer muss noch skeptische          erhöhten Fördermitteln aus dem Gemeindever-             Projekt. Auf der Industriebrache des ehemaligen
                                                                       Bürger für das Vorhaben gewinnen: Voraussichtlich        kehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) und ersten vom          Krupp-Stahlwerkes im Nordwesten der Stadt ist ein
        Winfried Hermann,                                              mit der Bundestagswahl steht ein Bürgerentscheid         Bundestag verabschiedeten Vereinfachungen im            neuer Stadtteil entstanden, der allemal eine gute
        Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg

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Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
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                                                                                                                                         VDV LEGT SEINE EMPFEHLUNGEN
                                                                                                                                         AN DEN NÄCHSTEN BUNDESTAG VOR
                                                                      Kapazitätsgrenzen angekommene unterirdische In-
                                                                      frastruktur für Stadt- und Straßenbahnen. Ab 1967         „Mobilitätswende forcieren – jetzt mehr bewegen“: Unter
                                                                      hatte die Stadt nach und nach Tunnelabschnitte für        diesem Titel hat der VDV seine aktuellen Handlungsempfeh-
                                                                      ihre Bahnen in Betrieb genommen. „Leitmotiv der           lungen zusammengefasst, wie die Fahrgastzahlen verdop-
                                                                      Stadtentwicklung war damals, einen schnellen und          pelt werden und der Schienengüterverkehr um 25 Prozent
                                                                      möglichst kreuzungsfreien Verkehrsfluss zu er-            wachsen können. In der kommenden Legislaturperiode
                                                                                                                                müssen Politik und Verkehrsbranche weiter gemeinsam
               Bis 2035 will die Stadt Essen einen Modal              möglichen, der sich nur durch die Verdrängung des
                                                                                                                                die zentralen Aufgaben Angebot und Finanzierung, Infra-
               Split von jeweils 25 Prozent in den Be-                ÖPNV unter die Erde erzielen ließ“, beschreibt City-
                                                                                                                                struktur und Planung, Digitalisierung und Vernetzung sowie
               reichen ÖPNV, Radverkehr, Fußverkehr                   bahn-Projektleiter Dirk Heidler. Doch die seinerzeit      Mobilitätskonzepte und alternative Antriebe gestalten. Zur
               und Motorisierter Individualverkehr er-                ehrgeizigen Pläne für eine „Stadtbahn Rhein-Ruhr“         Modernisierung und zum Ausbau des ÖPNV richtet der
               reichen. Hierfür müssen wir in die Infra-              als vollwertige U-Bahn scheiterten am Geldmangel in
                                                                                                                                                                                                 Handlungsempfehlungen für die 20. Legislaturperiode

                                                                                                                                VDV zehn Kernforderungen an den nächsten Bundestag:
                                                                                                                                                                                                 des Deutschen Bundestages

                                                                                                                                                                                                                                                       DREI FRAGEN AN
               struktur und das Angebot investieren.                  den öffentlichen Kassen.                                  ÖPNV-Kapazitäten massiv erhöhen, ländliche Räume bes-
                                                                      „Nun bedeutet das für die Essener City die Rück-
                                                                                                                                                                                                                                                       Dr. Jan Schilling,
                                                                                                                                ser anbinden, Planung beschleunigen, Auswirkungen des
                                                                      kehr der Tram an die Oberfläche“, erläutert Heidler       novellierten PBefG evaluieren, Neu- und Ausbau der Infrastruktur vorantreiben,                                         VDV-Geschäftsführer ÖPNV
               Simone Raskob, Bereichsvorstand der
               Stadt Essen für Umwelt, Verkehr und Sport              die grundsätzliche Bedeutung des Projektes. Es bie-       Fahrt aufnehmen mit dem Deutschlandtakt, Schienenstrecken elektrifizieren,
                                                                      tet zudem die Chance, eine moderne Straßenbahn            stillgelegte Schienenstrecken reaktivieren, Barrierefreiheit lückenlos durchset-
                                                                                                                                                                                                                                                       Deutlich aufgestockte GVFG-Mittel, erhöhte Regionali-
                                                                      zu bauen, die sich nicht – wie auf anderen Essener        zen, Personal- und Fachkräftebedarf decken. Um zusätzliche Aufmerksamkeit
                                                                                                                                                                                                                                                       sierungsmittel, Erhalt der Entflechtungsmittel und Pla-
                                                                                                                                für seine Botschaften zu erzielen, wird der VDV einen für Verbände eher unge-
               ÖPNV-Anbindung braucht. Es ist Essens 51. Stadt-       Linien – den Verkehrsraum „straßenbündig“ und                                                                                                                                    nungsbeschleunigung: Kann der Infrastrukturausbau
                                                                                                                                wöhnlichen Weg eingeschlagen: Die verkehrspolitischen Forderungen werden
               teil, der deshalb schlicht „Essen 51“ genannt wird.    mühselig mit dem Autoverkehr teilen muss. Geplant                                                                                                                                des ÖPNV jetzt endlich mal in die Vollen gehen?
                                                                                                                                von Arbeiten des bekannten Karikaturisten Heiko Sakurai begleitet (siehe S. 30).
               Für diese Anbindung sorgen die Stadt Essen und die     sind großzügige Lösungen mit viel Grün und Platz für                                                                                                                             » Dr. Jan Schilling: Das Bauen von Infrastruktur ist
                                                                                                                                www.vdv.de/mehr-bewegen
               Ruhrbahn mit dem Bau der Citybahn – einer gut fünf     Radfahrer und Fußgänger – auf „Umweltachsen“, in                                                                                                                                 in Deutschland immer eine Herausforderung, aber der
               Kilometer langen oberirdischen Straßenbahnstrecke,     denen das Auto nur noch für Anlieger und Lieferanten                                                                                                                             Finanzrahmen stimmt zuversichtlich. Die Politik hat
                                                                                                                                                                                                                                                       mit Nachdruck die Weichen zugunsten des öffentlichen
               die aus dem neuen Quartier entlang der City als Um-    fahren darf.                                              in den Bereichen ÖPNV, Radverkehr, Fußverkehr und
                                                                                                                                                                                                                                                       Verkehrs gestellt. Jetzt sind wir am Zug. Unsere Bran-
               fahrung und dann weiter in die östlichen Stadtteile    Der Rückbau von Fahrspuren für den Autoverkehr sei        Motorisierter Individualverkehr erreichen“, so Ras-
                                                                                                                                                                                                                                                       che hat die Chance, in großem Umfang die Zukunfts-
               geführt wird.                                          in der Politik und von den Bürgerinnen und Bürgern        kob. „Hierfür müssen wir in die Infrastruktur und das                                                                  pläne für die Mobilitätswende zu realisieren. Allein die
               „Die Fahrgastzuwächse aus der Verdichtung des          weithin akzeptiert. Für Simone Raskob, Bereichs-          Angebot investieren.“                                                                                                  Mittel aus dem GVFG-Bundesprogramm verdreifachen
               städtischen Raumes erfordern von uns neue Mobi-        vorstand der Stadt Essen für Umwelt, Verkehr und          Drei Linien werden die neue Trasse im 140 Kilome-                                                                      sich in diesem Jahr gegenüber 2020 auf eine Milliarde
               litätsmuster. Mit der Citybahn schaffen wir schnelle   Sport, ist die Citybahn ein entscheidender Baustein       ter umfassenden Essener Schienennetz der Ruhrbahn                                                                      Euro. Und ab 2025 stehen zwei Milliarden Euro zur
               und neue Direktverbindungen und verbessern insge-      auf dem Weg zu einer umweltfreundlicheren Mo-             nutzen und attraktive Stadtverbindungen schaffen.                                                                      Verfügung, die in den Jahren nach 2025 um jeweils
               samt unser Angebot“, erklärt Uwe Bonan, Geschäfts-     bilität. „Die Citybahn trägt wesentlich dazu bei, den     Die Investition liegt bei 95 Millionen Euro, die weit-                                                                 1,8 Prozent pro Jahr ansteigen. Zugleich sind die
               führer des kommunalen Betreibers Ruhrbahn. Das         ÖPNV in Essen weiterzuentwickeln. Bis 2035 will die       gehend vom Bund und vom Land Nordrhein-Westfa-                                                                         Fördertatbestände beispielsweise im Schienenverkehr
               Projekt ist dabei auch die Antwort auf die an ihren    Stadt Essen einen Modal Split von jeweils 25 Prozent      len erwartet werden. „Die Standardisierte Bewertung                                                                    erweitert worden.
                                                                                                                                          ist kurz vor dem Abschluss, wir erwarten,
                                                                                                                                                                                                                                                       Ist denn ein schneller, unbürokratischer Abfluss der
                                                                                                                                          dass sie auskömmlich wird“, ist sich Heid-
                                                                                                                                                                                                                                                       Fördermittel zu erwarten?
                                                                                                                                          ler sicher. Erste technische Vorarbeiten
                                                                                                                                                                                                                                                       » Nach der Novellierung des GVFG und der Verab-
                                                                                                                                          sind zum großen Teil abgeschlossen. Die                                                                      schiedung des Planungsbeschleunigungsgesetzes fehlt
                                                                                                                                          Trasse soll im nächsten Jahr gebaut werden,                                                                  als dritter Schritt noch die Fortschreibung der Stan-
                                                                                                                                          die Bahninfrastruktur folgt 2023, um dann                                                                    dardisierten Bewertung, mit der Nutzen und Kosten
                                                                                                                                          2025 den Betrieb aufzunehmen. Gefahren                                                                       von Verkehrsprojekten abgewogen werden. Das an sich
                                                                                                                                          wird in der in Essen klassischen Meterspur.                                                                  bewährte Instrument berücksichtigt bislang viel zu
                                                                                                                                                                                                                                                       wenig weitergehende positive Aspekte wie Luftrein-
                                                                                                                                                                                                                                                       haltung, Klimaschutz, Barrierefreiheit oder auch die
                                                                                                                                                           Weitere Infos unter:                                                                        längerfristigen wirtschaftlichen Perspektiven einer
                                                                                                                                                           www.regional-stadtbahn.de und                                                               Reaktivierung von Eisenbahnstrecken. Ich bin aber
                                                                                                                                                           www.citybahn-essen.de                                                                       zuversichtlich, dass das Bundesverkehrsministerium
                                                                                                                                                                                                                                                       zusammen mit Politik und Branche eine zukunfts-
                                                                                                                                                                                                                                                       gerichtete Lösung bis zum Jahresende hinbekommt.

                                                                                                                                                                                                                                                       Was kommt auf die Verkehrsbranche zu?
                                                                                                                                                     Die Fahrgastzuwächse aus                                                                          » Wir brauchen den Investitionshochlauf. Trotz aller
                                                                                                                                                     der Verdichtung des städti-                                                                       praktischen Probleme bei Planungs- und Baukapazitä-
                                                                                                                                                     schen Raumes erfordern von                                                                        ten muss es der Branche gelingen, die neuen Förder-
                                                                                                                                                     uns neue Mobilitätsmuster.                                                                        bedingungen und Erwartungen der Politik aufzugreifen
                                                                                                                                                     Mit der Citybahn schaffen wir                                                                     und Projekte zur Plan- und Baureife zu bringen. Wenn
                                                                                                                                                     schnelle und neue Direktver-                                                                      es nicht gelingt, den Finanzpolitikern ausreichend
                                                                                                                                                     bindungen und verbessern                                                                          deutlich zu machen, dass die Gelder benötigt und
                                                                                            Im Rahmen von fünf digitalen                             insgesamt unser Angebot.                                                                          verbaut werden, besteht das Risiko, dass Mittel auch
                                                                                                                                                                                                                                                       wieder zurückgefahren werden könnten. Dann wären
                                                                                            Themenwochen stellten die
                                                                                            Ruhrbahn und die Stadt Essen                                                                                                                               die jetzt erreichten Erfolge ein Pyrrhussieg.
                                                                                                                                                      Uwe Bonan,
                                                                                            das Projekt „Citybahn“ vor - hier                         Geschäftsführer der Ruhrbahn
                                                                                            Simone Raskob mit Moderator
                                                                                            Micha Spannaus.

10           02 | 2021                                                                                                                                                                                                                                                         02 | 2021                   11
Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
AKTUELL

                                    Den Aerosolen
                                    auf der Spur
                                    Mit Bussen und Bahnen unterwegs zu sein, ist für Fahrgäste und Fahrpersonal
                                    auch während der Pandemie sicher. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie
                                    der Technischen Universität Berlin sowie der Charité. Im Auftrag der Berliner
                                    Verkehrsbetriebe (BVG) haben die Forschenden untersucht, wie sich Aerosole
                                    in verschiedenen U-Bahnen, Trams und Bussen ausbreiten.

                                    D      ie Fahrt mit öffentlichen Verkehrs-
                                           mitteln bleibt auch während der
                                    Corona-Pandemie sicher. Das belegt eine
                                                                                   schereit, Leiter des Fachgebiets Experi-
                                                                                   mentelle Strömungsmechanik an der TU
                                                                                   Berlin. Um bis zu 80 Prozent wurde die
                                                                                                                                 wurden Ende März auch zusätzliche Leis-
                                                                                                                                 tungen gefahren. So ist weit mehr Platz in
                                                                                                                                 den Fahrzeugen. Wo es technisch möglich
                                    aktuelle Studie des Fachgebiets Experi-        Aerosolkonzentration verringert.              ist, öffnen die Türen der Züge und Busse
                                    mentelle Strömungsmechanik der Tech-                                                         an allen Haltestellen automatisch. Die Er-
                                    nischen Universität Berlin und des Labors      Das Volumen eines Busses entspricht           kenntnisse aus der Studie werden nun ge-
                                    für Biofluidmechanik der Charité – Univer-     in etwa dem eines mittelgroßen Konfe-         nutzt, um Lüftung und Fensteröffnung in
                                    sitätsmedizin Berlin. Im Auftrag der BVG       renzraumes. Werden die Türen an jeder         den einzelnen Fahrzeugen noch gezielter
                                    untersuchten die Wissenschaftlerinnen          Haltestelle geöffnet, wäre das damit ver-     zur Minderung von möglichen Aerosol­
                                    und Wissenschaftler anhand von Experi-         gleichbar, während einer Besprechung          konzentrationen einzusetzen. Neben dem
                                    menten, wie sich Aerosole in verschiedenen     etwa alle eineinhalb Minuten die Fenster      regelmäßigen Luftaustausch haben die
                                    U-Bahnen, Trams und Bussen der BVG             zu öffnen. Hinzu kommt, dass die Fahr-        FFP-2- oder vergleichbaren Masken, die
                                    ausbreiten. „Es freut mich sehr, dass diese    gäste im öffentlichen Nahverkehr oft nur      ab einer stabilen Inzidenz von über 100 in
                                    Studie nun allen unseren Fahrgästen sowie      wenige Minuten in den Fahrzeugen un-          Bussen und Bahnen von Fahrgästen ge-
                                    Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestä-       terwegs sind. „Dass die Messergebnisse        tragen werden müssen, einen zusätzlichen
                                    tigt: Die Nutzung von Bussen und Bahnen        so positiv ausgefallen sind, hat uns tat-     positiven Einfluss. Dieser wurde jedoch in
                                    stellt kein erhöhtes Ansteckungsrisiko dar“,   sächlich überrascht, aber natürlich auch      die Untersuchung nicht einbezogen.
                                    sagt Eva Kreienkamp, Vorstandsvorsitzende      sehr gefreut“, berichtet Dr.-Ing. Ulrich      Auch wenn sie deutlich länger als Kundin-
                                    der BVG: „Mit Maske, Abstand und guter         Kertzscher, Leiter des Labors für Biofluid-   nen und Kunden im Fahrzeug unterwegs
                                    Lüftung sind wir weiterhin gemeinsam           mechanik an der Charité: „Wie erwartet,       sind – die beruhigenden Erkenntnisse gel-
                                    sicher unterwegs.“                             müssen Maßnahmen ergriffen werden,            ten auch für die Mitarbeitenden wie Bus-

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                                                                                   aber das Öffnen der Fenster und Türen in      fahrerinnen und Busfahrer, die anders als
                                    Viren in der Atemluft simuliert                Kombination mit den Belüftungsanlagen         das Fahrpersonal von Trams und U-Bahnen
                                    Die Forschenden arbeiteten bei ihren Ex-       in den Bussen und Zügen reduziert die         nicht in einer eigenen Fahrerkabine sitzen.
                                    perimenten mit künstlichem Theaternebel        Aerosolausbreitung deutlich.“                 „Die Studie zeigt, dass die neu eingebauten
                                    sowie Aerosolmessungen, bei denen vi-                                                        Trennscheiben effektiv die Ausbreitung
                                    renbehaftete Atemluft simuliert und von        Geringere Nachfrage,                          von Aerosolen aus dem Fahrgastraum zum
                                    menschenähnlichen Puppen eingeatmet            volles Angebot                                Fahrpersonal verhindern und dieses gut
                                    wurde. „Wir konnten hier zeigen, dass so-      Obwohl die Nachfrage Ende März bei le-        abschirmen“, erläutert Dr. Manuela Huet-

     PROZENT                        wohl die Belüftungsanlagen als auch das
                                    Öffnen der Fenster und Türen die Aero-
                                                                                   diglich rund 45 Prozent gegenüber der
                                                                                   Zeit vor der Pandemie lag, hält die BVG
                                                                                                                                 ten, leitende Betriebsärztin und Pandemie-
                                                                                                                                 beauftragte der BVG: „In Kombination mit
     So hoch ist der Anteil, um     solkonzentration in den betrachteten Ver-      mit ihren Bussen und Bahnen weiterhin         der Fahrerraumlüftung ergibt sich so aus
     den sich die Aerosolkonzen-    kehrsmitteln sehr deutlich reduzieren“,        das volle Angebot aufrecht. Im Schüler-       arbeitsmedizinischer Sicht ein Höchstmaß
     tration durch die Fahrzeug­    erklärt Prof. Dr.-Ing. Christian Oliver Pa-    verkehr und auf einer Reihe von Buslinien     an Sicherheit am Arbeitsplatz.“
     lüftung sowie das gezielte
     Öffnen von Fenstern und
     Türen reduziert.

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Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
AKTUELL

Mit dem ÖPNV                                                                                       SCHLESWIG-

zum Impfschutz
                                                                                                    HOLSTEIN
                                                                                                                              MECKLENBURG-
                                                                                                                              VORPOMMERN

Die Impfungen gegen das Coronavirus laufen: In ganz Deutsch-
                                                                                                    HAMBURG
land binden Verkehrsunternehmen die Impfzentren an den ÖPNV                              BREMEN
an. Auch wenn die Fahrgastzahlen auf manchen Linien über-
schaubar sind – vor allem die Busse leisten einmal mehr einen
wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Denn sie bringen
Menschen, die anderweitig nicht mobil sind, kostenlos und direkt                            NIEDERSACHSEN

bis vor das Impfzentrum. Dafür wurden teilweise zusätzliche                                                                                  BERLIN
Linien und Haltestellen eingerichtet, Personal und Fahrzeuge
werden zur Verfügung gehalten. Hier eine kleine Auswahl.
                                                                                                                                              BRANDENBURG

                                                                                                                    SACHSEN-ANHALT

                                                                   NORDRHEIN-WESTFALEN

                                                                                                                                             SACHSEN

                                                                                                                THÜRINGEN

                                                                                          HESSEN

                                                                    RHEINLAND-
                                                                      PFALZ

                                                                   SAARLAND

                                                                                                                            BAYERN

                                                                                    BADEN-WÜRTTEMBERG

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Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
AUS DEM VERBAND

         Zukunftsprojekt „UpTrain“:

Weiterbildung
         hoch drei                                                                                                                                                                FÖRDERPROGRAMM „INNOVET“

                                                                                                                                                                         Hervorgegangen ist das InnoVET-Projekt „UpTrain“ aus dem bundesweiten Ideen-
                                                                                                                                                                         wettbewerb „InnoVET: Zukunft gestalten – Innovationen für eine exzellente beruf-
                                                                                                                                                                         liche Bildung“, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgerichtet
                                                                                                                                                                         hat. Mit dem Programm InnoVET fördert das Bundesministerium für Bildung und
                                                                                                                                                                         Forschung bundesweit Projekte mit dem Ziel, die Attraktivität, Qualität und Gleich-
                                                                                                                                                                         wertigkeit der beruflichen Bildung zu steigern. Durchgeführt wird das Programm vom
                                                                                                                                                                         Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Das Projekt „UpTrain“ läuft bis Ende 2024.

        Etwa 75.000 zusätzliche Fachkräfte benötigen die Verkehrsunternehmen
        bis 2030. Gleichzeitig müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fit für die
        Digitalisierung und Automatisierung gemacht werden. Im InnoVET-Projekt
        „UpTrain“ entwickelt die VDV-Akademie zusammen mit Verkehrsunter-
        nehmen, Hochschulen und der Industrie für die Berufe der Zukunft ein
                                                                                                                                 über eine Online-Lernplattform für die Branche, die           Bildungs- und Karriereberatung ins Leben zu rufen.
        praxisnahes Qualifizierungsmodell: die „Triale Weiterbildung“.
                                                                                                                                 sogenannte Digitale Mobilitätsakademie (DMA), abge-           Sie soll Beschäftigten helfen, sich vielseitig innerhalb
                                                                                                                                 bildet werden soll. Über sie werden die umfangreichen         der Branche zu orientieren, und auch Anlaufstelle für

        A      ller guten Dinge sind bekanntlich drei: Ein Verbund
               aus Verkehrsunternehmen, Hochschulen und Indus-
        trie will innovative berufliche Fortbildungsmöglichkeiten
                                                                       VDV-Akademie, die in diesem Jahr übrigens 20 Jahre alt
                                                                       wird, derzeit im Verbund mit ihren Projektpartnern ein
                                                                       Modell, in dem die beteiligten Partner ihr branchenspe-
                                                                                                                                 digitalen Lerninhalte und Funktionen zur Verfügung ge-
                                                                                                                                 stellt. Die ersten dieser neuen Qualifizierungsmaßnah-
                                                                                                                                 men sollen als Pilotdurchgänge im dritten Quartal 2022
                                                                                                                                                                                               Studienzweifelnde aus Studiengängen mit Mobilitäts-
                                                                                                                                                                                               bezug sein. Durchgeführt wird das Verbundprojekt
                                                                                                                                                                                               in Nordrhein-Westfalen sowie in der Region Rhein-
        schaffen. Ziel ist es, weitreichende Karriereperspektiven in   zifisches Wissen und ihre unterschiedlichen Lernorte      belegt und erprobt werden. Die Angebote richten sich          Main-Neckar. Beteiligt sind neben der VDV-Akademie
        der Verkehrsbranche zu eröffnen. Dafür hat die VDV-Aka-        einbringen – die „Triale Weiterbildung“. In Lern(ort)-    an Beschäftigte aus ÖPNV-, Eisenbahn- und Industrie-          weitere acht Partner. Die Verkehrsbranche ist vertreten
        demie Ende vergangenen Jahres das Projekt „UpTrain“            kooperationen zwischen Verkehrsunternehmen, In-           unternehmen sowie an Studierende.                             durch die Kölner Verkehrsbetriebe, die Rheinbahn, die
        gestartet. „Der Name steht für beruflichen Aufstieg und das    dustrie und Hochschulen sollen Mitarbeitende aus den                                                                    Rhein-Neckar-Verkehr GmbH und die Stadtwerke Ver-
              entsprechende Training“, erläutert Projektleiterin       Verkehrsunternehmen und Praktiker sowie Studierende       Angebote orientieren sich am Bedarf                           kehrsgesellschaft Frankfurt (VGF). Von wissenschaftli-
                   Thea Wehlitz. Im Fokus steht ein Weiterbil-         unterschiedlicher Fachrichtungen gemeinsam an den Zu-     Doch zunächst steht einiges an Aufbauarbeit auf der           cher Seite sind die Hochschule Bochum, die Bergische
                     dungsmodell für Berufsbilder der Zukunft. Die     kunftsthemen des öffentlichen Verkehrs arbeiten. Nach     Agenda. „Wir werden zwei neue gewerblich-techni-              Universität Wuppertal sowie die Hochschule Darmstadt
                     werden geprägt sein von der Digitalisierung       diesem Konzept könnten sich die Lernenden beispiels-      sche Aufstiegsfortbildungen mit IHK-Abschlüssen               und die Frankfurt University of Applied Sciences dabei.
                      und der Automatisierung in der Verkehrsbran-     weise zum Thema E-Busse in der Werkstatt eines Ver-       entwickeln, Beschäftigte digital und an verschiede-           Zudem beteiligen sich zahlreiche Kooperationspartner
                     che sowie der Nutzung neuer Technologien          kehrsunternehmens, auf                                    nen Lernorten qualifizieren sowie ein durchlässiges           aus der ganzen Branche, Gewerkschaften, politische
                    – wie beispielsweise beim autonomen Fahren         dem Testgelände eines                                     System beruflicher Bildungswege in unserer Branche            Akteure, DIHK, IHK und ein Projektbeirat an der kon-
                                                     und der digita-   Herstellers oder in einem                                 aufbauen“, stellt Thea Wehlitz in Aussicht. Dabei orien-      zeptionellen Gestaltung und operativen Umsetzung.
     UpTrain - der Name steht für                    len Zugsiche-     Forschungsinstitut einer                                  tieren sich die Qualifizierungsangebote eng am Bedarf
     beruflichen Aufstieg und das                    rungstechnik.     Hochschule weiterbilden.                                  der Verkehrsbranche. „Um Fachkarrieren zukunftsfest
     entsprechende Training.                         Als Koordi-       Hinzu      kommt       ein                                zu machen, sollen technisches Praxiswissen und koope-                       Weitere Infos unter:
                                                     natorin ent-      20-prozentiger Anteil                                     rative Kompetenzen fester Bestandteil von Qualifizie-                       www.vdv-akademie.de/projekte/uptrain-triale-weiterbildung
     Thea Wehlitz, Projektleiterin                   wickelt die       digitalen Lernens, der                                    rung werden.“ Außerdem ist geplant, eine unabhängige
     bei der VDV-Akademie

16                   02 | 2021                                                                                                                                                                                                                       02 | 2021           17
Milliarden für die Mobilitätswende - Das Magazin
AUS DEM VERBAND

Die Suchmaschine
      für die Verkehrsbranche                                                                                                                                                                                                Es war eines unserer wichtigs-
                                                                                                                                                                                                                             ten Ziele, die VDV-Schriften und
                                                                                                                                                                                                                             VDV-Mitteilungen online kosten-
      Gesammeltes Branchenwissen auf einer kostenlos zugänglichen Online-                                                                                                                                                    frei zur Verfügung zu stellen.
      plattform: Mit der „Bildungsbox“ wendet sich die VDV-Akademie seit
                                                                                                                                                                                                                             Stefanie Menke, Projektleiterin
      Beginn der Corona-Pandemie an die Beschäftigten der Verkehrsbranche.                                                                                                                                                   bei der VDV-Akademie
            Das Angebot, das zum Fachwissen-Portal KnowHow@ÖV zählt,
                 wurde seitdem kontinuierlich ausgebaut und erfreut sich                                                                                                                                       tausch mit den Anwenderinnen
                   einer starken Nachfrage. Es kann auch über die                                                                                                                                             und Anwendern wird das Ange-
                      VDV VerbandsApp abgerufen werden                                                                                                                                                      bot stetig angepasst und erweitert,
                                                                                                                                                                                                          die Plattform auf diesem Weg konti-
                                                                                                                                                                                                      nuierlich ausgebaut. Im laufenden Jahr
                                                                                                                                                                                                    soll das Angebot von KnowHow@ÖV auch
                                                                                                                                                                                                 auf Englisch und Französisch bereitgestellt
                                                                                                                                                                                              werden.

                             „W             ie läuft das mit
                                            der Zugsiche-
                               rungstechnik?“ Wer neu
                                                                                               Mehr als drei Jahre For-
                                                                                               schungs- und Entwick-
                                                                                               lungsarbeit      stecken
                                                                                                                            Eingebettet
                                                                                                                            ist das gesammelte
                                                                                                                            Expertenwissen in ein semantisches
                                                                                                                                                                                        Bislang wurden die gut 500 VDV-Schriften und -Mit-
                                                                                                                                                                                        teilungen fast 38.000-mal über KnowHow@ÖV on-
                                                                                                                                                                                        line aufgerufen. Allein die Top Ten der gefragtesten
                              in einen Beruf bei einem                                         darin. Herzstück sind        Netz aus über 1.200 Fachbegriffen,                          VDV-Schriften kommen auf fast 7.000 Klicks. Unange-
                             Verkehrsunternehmen ein-                                         die 500 VDV-Schriften         Studien, Definitionen, Links, Grafiken und Bildern sowie    fochtener Spitzenreiter ist die VDV-Schrift 714 für das
                            steigt, findet beispielsweise über                               und VDV-Mitteilungen.          Weiterbildungsangeboten. Die Pflege und Wartung der         Personalwesen – die Leitlinien für die Beurteilung der
                          diese und weitere Fragen schnell den                             Sie umfassen einen Schatz        Wissens- und Lernplattform liegt bei der VDV-Akade-         Betriebstauglichkeit in Verkehrsunternehmen.
                        Zugang zu wichtigem Grundlagenwissen.                            aus Erfahrung und Branchen-        mie. Registrierte Nutzerinnen und Nutzer können sich
                     Einfach bei „KnowHow@ÖV“ das Suchwort                           wissen, das seit mehr als 40 Jahren    dieses Wissen auch über Angebote zum Selbstlernen                       Weitere Infos unter:
                                                                                                                                                                                                    knowhow.vdv.de
                  „Zugsicherungstechnik“ eingeben. Im nächsten    gesammelt und weiterentwickelt wird.                      erschließen. Allein für den Bereich Eisenbahn gibt es
                                                                                                                                                                                                    knowhow.vdv.de/bildungsbox
             Schritt erscheint eine Liste mit allen relevanten                                                              35 Lernvideos. „Es war eines unserer wichtigsten Ziele,
                                                                                                                                                                                                    vdv.de/app
      VDV-Schriften, etwa zur Planung und Instandhaltung          Auch André Schiller nutzt das Portal regelmäßig. Er ko-               die VDV-Schriften und VDV-Mitteilungen
      von Anlagen und den Sicherheitsanforderungen, sowie         ordiniert für die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB)                             online kostenfrei zur Verfügung zu
      eine Liste mit weiterführenden VDV-Mitteilungen, wie        die IT. Regelmäßig richten die Fachabtei-                                           stellen“, so Stefanie Menke:
      zur Stromversorgung von Signalen oder zum Einsatz von       lungen Anfragen an ihn, wenn es bei-                                                     „Damit wollten wir den
      LED-Signalen. „Das alles ist kein Geheimwissen mehr“,       spielsweise um Schnittstellen und                                                            Wissenstransfer in                       BILDUNGSBOX
      sagt Claudius Blank: „Die Offenlegung der VDV-Schriften     Informationssicherheit geht.                                                                    der Branche nach-
      ist ein großer Erfolg.“ Claudius Blank leitet den Bereich   Dann überprüft der IT-Koor-                                                                       haltig positiv
                                                                                                                                                                                               Innerhalb eines Jahres hat die „Bildungsbox“ der VDV-Akademie 220.000
      Digitalisierung und Telematik Verkehr bei den Stadtwerken   dinator, ob alle Projekte und                                                                        beeinflussen.“          Zugriffe verzeichnet. „Sie ist ein wichtiger Teil der VDV-Digitalisierungs-
      München, zu denen die Münchner Verkehrsgesellschaft         strategischen Ausrichtun-                                                                              Im    Aus-            strategie“, sagt VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. Das Angebot richtet
      (MVG) gehört, und hat am Aufbau von KnowHow@ÖV              gen zu den Vorgaben des                                                                                                      sich an die Beschäftigten in den Unternehmen des öffentlichen Personen-
      mitgewirkt. „Wenn ich die Plattform schon vor einigen       VDV passen – etwa für                                                                                                        und des Schienengüterverkehrs. Auf die kostenlosen Inhalte haben bereits
      Jahren gehabt hätte, hätte ich mir viel Arbeit ersparen     den Aufbau einer zen-                                                                                                        27.000 Nutzerinnen und Nutzer zugegriffen. „Der Erfolg zeigt, dass die
      können“, schmunzelt er. Das Angebot ist auch über die       tralen Verkehrsda-                                                                                                           neuen Formate auf der Höhe der Zeit sind und ausgebaut werden müssen“,
      VDV VerbandsApp abrufbar.                                   ten-Plattform. „Ich                                                                                                          erläutert Gisbert Schlotzhauer, Vorstandsvorsitzender der VDV-Akademie.
      Die „Bildungsbox“ als Bestandteil von KnowHow@ÖV            muss nicht immer                                                                                                             Fast jeden zweiten Tag gibt es neue Inhalte. Produziert wurden bislang mehr
      ging Anfang April 2020 an den Start. Sie leistet einen      erst ins analoge                                                                                                             als 30 Folgen des Podcasts „Nächster Halt“ und Videos sowie Formelrech-
                                                                                                                                                                                               ner – etwa für den Beschleunigungsweg, für Umläufe oder Fahrzeiten im
      wichtigen Beitrag zur Weitergabe von Wissen inner-          Archiv      gehen,
                                                                                                                                                                                               Bahnbetrieb. Außerdem wurden zwölf Digi-Talk-Folgen, 14 Videos und
      halb der Branche – ein wertvolles Hilfsmittel für die       sondern      nutze
                                                                                                                                                                                               Onlinetrainings zu den Themen Gesundheit und Sicherheit, Marketing
      Aus- und Weiterbildung. „KnowHow@ÖV ist eine Art            am liebsten diese                                                                                                            und Vertrieb sowie Betrieb und Technik bereitgestellt. Neben einer Mu-
      Google für die Verkehrsbranche“, erläutert Stefanie         Plattform“, erklärt                                                                                                          sikbox mit 80 Songs über Mobilität, den Podcasts und Digi-Talks zählen
      Menke von der VDV-Akademie, die das Projekt managt.         André Schiller.                                                                                                              die Antriebstechnologien im Busbereich, das Wissensquiz zur Verkehrs­
                                                                                                                                                                                               planung sowie die Dienstplangestaltung zu den gefragtesten Angeboten.
                                                                                                                                                                                               „Wir stehen in der Branche vor einem Generationswechsel, fast 50 Pro-
                                                                                                                                                                                               zent der Beschäftigten gehen bis 2030 in den Ruhestand“, so Oliver Wolff:
                                                                                                                                                                                               „Die digitale Bildung ist daher ein Schlüssel für den künftigen Erfolg.“

18          02 | 2021                                                                                                                                                                                                                      02 | 2021                   19
AUS DEM VERBAND

„Reichweite,
                                                                     Nur noch neun Jahre bleiben, um die Luftreinhaltungs- und
                                                                     Klimaschutzziele im Verkehrssektor durch eine Mobilitätswende
                                                                     zu erreichen und Milliardenstrafen seitens der EU zu vermeiden.
                                                                     Schnelle Ergebnisse kann nur der Bus liefern – mit batterie-
                                                                     elektrischem Antrieb oder mit Wasserstoffbrennstoffzelle. Wie

 Reichweite,
                                                                     das gelingen kann, war unter anderem Thema auf der digitalen
                                                                     VDV-Elektrobuskonferenz.

                                                                     D      ie VDV-Elektrobuskonferenz          daher sei es „entscheidend, dass wir

 Reichweite“
                                                                            war gerade eröffnet worden, als     den Elektrobus voranbringen.“ Aber
                                                                     zeitgleich vom Umweltbundesamt eine        auch das gesamte, bereits jetzt kli-
                                                                     eigentlich gute Nachricht verkündet        maschonende Verkehrssystem Bus
                                                                      wurde: Deutschland hat sein für 2020      müsse ausgebaut und neue Kapazitä-
                                                                       gestecktes Klimaziel erreicht. Sogar     ten geschaffen werden. „Sonst werden
                                                                        der Verkehrssektor hat deutlich         wir die Menschen nicht überzeugen
                                                                         weniger CO2 ausgestoßen – minus        können, vom Auto auf den Bus um-
                                                                          11,4 Prozent gegenüber 2019. So       zusteigen.“
                                                                          richtig gefreut hat sich darü-
                                                                           ber trotzdem kaum jemand der         18.000 E-Busse notwendig
                                                                           500 Teilnehmenden. Denn der          Wie dabei die betriebswirtschaftliche
                                                                            Grund dafür liegt zwar auch in      Seite aussieht und welche Fördermit-
                                                                            ersten Auswirkungen von ver-        tel notwendig sind, verdeutlicht die
                                                                             kehrspolitischen Maßnahmen,        Studie „Jahrzehnt des Busses“, die der
                                                                             vor allem jedoch in Sonder-        VDV bei der Unternehmensberatung
                                                                             effekten der Pandemie. „Es ist     PWC in Auftrag gegeben hat. Damit
                                                                              niemandem geholfen, wenn          der ÖPNV bis 2030 seinen Beitrag für
                                                                              Busse und Bahnen halbleer         das Erreichen der Klimaschutzziele
                                                                              durchs Land fahren und die        leisten kann, sind zusätzliche In-
                                                                               Leute wieder vermehrt um-        vestitionen von 1,8 Milliarden Euro
                                                                               steigen aufs Auto“, brachte      notwendig. Durch die Mobilitäts-
                                                                               es Cem Özdemir (Grüne) auf       wende würde sich demnach der Zu-
                                                                                den Punkt. Der Vorsitzende      schussbedarf im Busverkehr auf 3,6
                                                                                des Verkehrsausschusses im      Milliarden Euro verdoppeln. Um die
                                                                                Bundestag rief in Erinnerung,   Klimaschutzziele bis 2030 zu errei-
                                                                                dass es auf den Klimaschutz     chen, sind insgesamt 18.000 E-Busse
                                                                                und strukturelle Verände-       nötig. Wortmann sprach sich dagegen
                                                                                rungen im Verkehrsbereich       aus, die Kosten der Mobilitätswende
                                                                               ankomme: „Wir brauchen die       und der Corona-Folgen auf die Fahr-
                                                                              Verkehrswende, und die Ver-       gäste abzuwälzen: „Deswegen sind
                                                                           kehrswende ist nichts anderes        wir auf öffentliche Mittel angewie-
                                                                     als ein wichtiger Teil der dringenden      sen.“
                                                                     Modernisierung unseres Landes.“
                      Wir haben uns entschieden, die E-Bus-
                                                                     Angesichts langer Planungsvorläufe         Qualität hat sich verbessert
                                                                     beim Ausbau von Schienenstrecken           Beim Thema E-Busse sei die Branche
                      konferenz durchzuführen, um in diesem
                                                                     ist für VDV-Präsident Ingo Wort-           auf einem guten Weg. „Mittlerweile
                      besonderen Jahr der CVD-Umsetzung
                                                                     mann klar, welches Verkehrsmittel          haben wir sehr gute Produkte der
                      das Thema Elektrobusse zu diskutieren
                                                                     für die Mobilitätswende zunächst der       Industrie“, lobte der VDV-Präsident.
                      und Informationen bereitzustellen.
                                                                     Hoffnungsträger und Problemlöser           Aber es gebe noch Probleme zu lösen.
                                                                     Nummer eins ist: „Einen Großteil zur       In Anlehnung an das Immobilienmak-
                      Martin Schmitz,
                      VDV-Geschäftsführer Technik und
                                                                     Lösung der Klimakrise muss in die-         ler-Credo „Lage, Lage, Lage“ sei beim
                      Vorstand des Forums für Verkehr und Logistik   sem Jahrzehnt der Bus liefern.“ Von        Elektrobus „Reichweite, Reich-

20        02 | 2021                                                                                                        02 | 2021               21
AUS DEM VERBAND

                                 Wir brauchen die Verkehrswende,
                                 und die Verkehrswende ist nichts
                                 anderes als ein wichtiger Teil der           Zieschang, Staatssekretärin im Bundesminis-
                                 dringenden Moderniersierung                  terium für Verkehr und digitale Infrastruktur.
                                 unseres Landes.                              Immerhin wohnt dem Anfang eine deutliche Dy-
                                                                              namik inne. Von der nationalen Umsetzung der
                               Cem Özdemir,                                   Clean Vehicles Directive (CVD), die die Anschaf-
                               Mitglied des Bundestags für Bündnis90/         fung von sauberen beziehungsweise lokal emissi-
                               Die Grünen und Vorsitzender des                onsfreien Fahrzeugen regelt und deren Umsetzung
                               Verkehrsausschusses                            sich derzeit im parlamentarischen Verfahren be-
                                                                              findet, erwartet die Staatssekretärin zusätzlichen
                       weite, Reichweite“ das Entscheidende.          Schwung.  80 Prozent der Mehrkosten von alternativ ange-
                      Deswegen benötigt die Branche reich- triebenen Fahrzeugen fördert der Bund technologieoffen.
                    weitenstarke Busse oder technische Hilfen, Für das zweite Quartal hofft Tamara Zieschang auf eine
                Reichweiten zu verbessern, wie das Nachladen positive Rückmeldung aus Brüssel zu der von der Branche
        der Batterien von O-Bussen unter Oberleitungen. An- händeringend erwarteten neuen Busförderrichtlinie, die                             Digitales Foyer (l.) und virtueller Messestand: Die 500 Teilnehmenden konnten die Vorträge auf einer
     dernfalls werden mehr E-Busse und Fahrpersonal benötigt bis 2024 einen Umfang von 1,25 Milliarden Euro hat.                               Live- und einer Stream-Bühne verfolgen und 50 Aussteller auf der Fachmesse ElekBu besuchen.
     – und das wiederum würde das derzeit kostengünstigste Bei der Umsetzung der CVD-Richtlinie sieht der VDV
     Verkehrsmittel im ÖPNV verteuern.                                als Branchenverband aktuell Nachbesserungsbedarf.
                                                                      VDV-Vizepräsident Werner Overkamp betonte, wie wich-
     Zulassungszahlen gehen dynamisch nach oben tig eine nationale Beschaffungsquote sowie angepasste
     Unterdessen ist auch im ÖPNV der Hochlauf der Elektro- Förderungen bei der ÖPNV-Finanzierung seien. „Geben Sie                            dass bei einer weiteren Novelle des Erneuerbare-Energi-                dabei hilft, die Umläufe ihrer Elek-
     mobilität mit Batterie- und Wasserstoffantrieb vielerorts sich einen Ruck, dass die Branchenlösung, die wir skizziert                     en-Gesetzes (EEG) die Umlage für den öffentlichen Verkehr              trofahrzeuge und die Ladezyklen zu
     schon sichtbar. Von derzeit 36.000 Linienbussen ziehen haben, so verabschiedet wird“, appellierte er an die Bun-                          ganz abgeschafft werde.                                                planen, und die die Stromverbräu-
     1.000 ihre Antriebsenergie ausschließlich aus einer Batte- despolitik. Nach derzeitigem Stand würde die Umsetzung                         In den kommenden Jahren werden in Europa die Kapazi-                   che auf den unterschiedlichen Linien
     rie, Brennstoffzelle oder Oberleitung und rollen lärm- und der CVD vor allem kleine Verkehrsunternehmen betriebs-                         täten bei der Batterieproduktion deutlich ausgeweitet. Die             abbildet. Mit der zunehmenden Ver-
     emissionsarm über Deutschlands Straßen. Die Zulassungs- wirtschaftlich und organisatorisch überfordern.                                   EU-Kommission geht davon aus, dass bis 2030 etwa ein                   breitung von Bussen mit Bat-
     zahlen von batterieelektrisch und per Brennstoffzelle an- Dass die Elektrifizierung der Busflotten bis Ende der                           Drittel der weltweiten Batterieproduktion aus Deutsch-                 terien und Brennstoffzellen
     getriebenen Bussen entwickeln sich weiter dynamisch, 2020er-Jahre abgeschlossen sein kann, hatte Tamara                                   land kommen wird. „Das ist aus industriepolitischer Sicht              wurden bei der diesjährigen             Wir brauchen nicht nur
     berichtete Kurt-Christoph von Knobelsdorff, Geschäfts- Zieschangs Kollege aus dem Bundesumweltministerium,                                eine sehr gute Nachricht“, sagte Prof. Dirk Uwe Sauer vom              Konferenz neben techni-                 mehr Elektro-ÖPNV,
     führer der Nationalen Organisation Wasserstoff- und Jochen Flasbarth, schon im Vorjahr auf der VDV-E-Bus-                                 Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe              schen Fragen zu Fahrzeugen,             sondern wir brauchen
     Brennstoffzellentechnologie (NOW) – eine Gesellschaft konferenz gesagt. Jetzt bekräftigte der Staatssekretär: „Ich                        an der RWTH Aachen. Gleichzeitig entwickelt sich die                   der Gestaltung von Betriebs-            insgesamt mehr ÖPNV -
     des Bundes, die nachhaltige Mobilität gestaltet und un- glaube immer fester daran. Und ich glaube, dass das in                            Technologie weiter, während die Kosten sinken. Je nach                 höfen, der Ladeinfrastruk-              mit einer höheren
     terstützt, indem sie Förderprogramme koordiniert sowie vielen Verkehrsunternehmen schon deutlich vorher sein                              Fahrzeugtyp, Batteriekapazität, Fahrverhalten und äu-                  tur und der Reichweite auch             ­Qualität und einer
     Technologieentwicklung begleitet. Lag nach Angaben des wird.“ So werde der ÖPNV attraktiver. „Wir brauchen nicht                          ßeren Bedingungen liegen die Reichweiten zwischen 200                  Themen wie Brandschutz und               ­höheren Quantität.
     Kraftfahrtbundesamtes der Bestand Anfang 2020 bei 385 nur mehr Elektro-ÖPNV, sondern wir brauchen insgesamt                               und 270 Kilometern – passend für viele Anwendungen im                  Versicherungen erörtert.
     Batterie- und bei 24 Brennstoffzellenbussen, haben sich mehr ÖPNV – mit einer höheren Qualität und einer höhe-                            Alltag.                                                                Erstmalig       fanden     die
                                                                                                                                                                                                                                                                Jochen Flasbarth, Staatssekretär
     diese Zahlen bis Anfang 2021 nahezu verdoppelt. Weitere ren Quantität.“ Sobald die Elektrifizierung des Busverkehrs                                                                                              VDV-E-Buskonferenz und                    im Bundesministerium für Umwelt,
     300 Fahrzeuge sind in Förderprogrammen bewilligt.                zum Alltagsgeschäft gehöre, ergebe eine weitere Förderung                                          Elektromobilität - eine Frage                die begleitende Fachmesse                 Naturschutz und nukleare Sicherheit
     „Bei der Flottenerneuerung ist der Anfang gemacht, aber keinen Sinn mehr. „Aber wir bleiben an Ihrer Seite“, betonte                                                   der Infrastruktur                         ElekBu digital statt. „Wir
     es muss noch deutlich mehr passieren“, sagte Dr. Tamara Jochen Flasbarth und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck,                                                              Beim Thema E-Bus geht es             haben uns entschieden, die
                                                                                                                                                                                   jedoch nicht nur um Fahr-          E-Buskonferenz durchzuführen, um in diesem besonde-
                                                                                                                                                                                     zeuge, sondern auch um           ren Jahr der Umsetzung der Clean Vehicles Directive das
     Das Berliner Hotel Estrel war Schauplatz der Live-Bühne und Sitz der Konferenz-Regie (Foto l.). VDV-Vizepräsident Werner Overkamp (M.)                                           Personalqualifizierung,         Thema Elektrobusse zu diskutieren und Informationen
     appellierte an die Bundespolitik, die Branchenvorschläge umzusetzen, wie die CVD-Richtlinie in nationales Recht überführt werden kann.                                            neue Abläufe und eine          bereitzustellen“, erläuterte Martin Schmitz, Geschäfts-
     Von Seiten des VDV führten Wolfgang Reitmeier, Martin Schmitz und Minh-Thuy Truong (Foto rechts, v.l.n.r.) durch das Konferenzprogramm.                                           gesamte Infrastruktur,         führer Technik beim VDV: „Unser Mut wurde belohnt:
                                                                                                                                                                                       die mitgeplant werden          Eine Konferenz mit virtueller Messe ist durchführbar.“
                                                                                                                                                                                       muss. Dazu zählen die          Neben den 500 Teilnehmenden aus 19 Ländern waren
                                                                                                                                                                                      Ladestellen sowie eine          50 Aussteller dabei. Unter den Ausstellern waren elf Bus-
                                                                                                                                                                                    IT, die den Verkehrsun-           hersteller mit 23 batterieelektrischen oder wasserstoff-
                                                                                                                                                                                  ternehmen unter anderem             betriebenen Fahrzeugen vertreten. Nach den Absagen der
                                                                                                                                                                                                                      IAA Nutzfahrzeuge in Hannover und der „Busworld“ in
                                                                                                                                                                                                                      Brüssel wird die VDV-E-Buskonferenz die einzige größere
                                                                                                                                                                                                                      Busveranstaltung in diesem Jahr bleiben.
                                                                                                                                                       Bei der Flottenerneuerung ist der
                                                                                                                                                       Anfang gemacht, aber es muss noch
                                                                                                                                                                                                                      Die nächste VDV-E-Buskonferenz ist für den 2. und
                                                                                                                                                       deutlich mehr passieren.
                                                                                                                                                                                                                      3. März 2022 geplant – dann, so war von Veranstaltern,
                                                                                                                                                                                                                      Vortragenden und Ausstellern mehrfach zu hören, „hof-
                                                                                                                                                       Dr. Tamara Zieschang, Staatssekretärin im Bundes-
                                                                                                                                                       ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur             fentlich wieder als Präsenzveranstaltung in Berlin“.

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HINTERGRUND

                     Umrüstung: Auf dem Dach trägt der

                                                             Dieselbusse gehen auf den
                     Bus der Uckermärkischen Verkehrs-
                     gesellschaft bereits die markanten
                     druckdichten Stahlflaschen für den

                                                             Wasserstoff-Trip
                     Wasserstoff. Wo beim Diesel der
                     Motor saß, werden die Brennstoffzelle
                     und die Batterien eingebaut.

                                                             Auf dem Weg zum klimaneutralen ÖPNV mit Elektrobussen bahnt sich eine Variante mit
                                                             Wasserstoff an: die Umrüstung von serienmäßigen Dieselfahrzeugen auf Brennstoff-
                                                             zellen-Technik. Pionier ist die Uckermärkische Verkehrsgesellschaft (UVG). Sie hat ein
                                                             „grünes“ Anliegen: Noch in diesem Jahr will sie auf ihren beiden Linien in den National-
                                                             park Unteres Odertal zwei Busse ganz ohne CO2-Emissionen einsetzen.

                                                             „U       ckermark ist Zukunft, es wissen nur nicht alle.“
                                                                      Dieser selbstbewusste Satz steht unter einem
                                                             Kreistagsbeschluss des Landkreises Uckermark, der im
                                                                                                                         Die Landrätin ist auch Aufsichtsratsvorsitzende der
                                                                                                                         UVG. Nun gehören Geschäftsführer Lars Boehme und
                                                                                                                         sein Team mit zu den ersten in der Uckermark, die
                                                             vergangenen Herbst gefasst wurde. Die Kommunalpolitik       den politischen Auftrag umsetzen. Das Thema Brenn-
                                                             forderte Landrätin Karina Dörk darin auf, den Kreis im      stoffzelle beschäftigt ihn schon länger: „Auf der Suche
                                                             Nordosten Deutschlands unweit der polnischen Hafen-         nach klimaneutralen alternativen Antrieben sind wir
                                                             stadt Stettin als „Wasserstoffregion“ zu etablieren. Gute   schnell auf Wasserstoff gekommen“, sagt Boehme. Sein
                                                             Voraussetzungen sind gegeben. In der Kreisstadt Prenzlau    Problem teilen auch andere Verkehrsunternehmen
                                                             arbeitet seit fast zehn Jahren ein Hybrid-Kraftwerk, das    speziell im ländlichen Raum: „Wir haben tägliche Fahr-
                                                             grünen Strom aus Windkraft produziert. Und auf dem          zeugumläufe mit über 300 Kilometern. Wenn wir das
                                                             großen Industriegelände der kleinen Stadt Schwedt be-       mit Batterieantrieben schaffen wollen, brauchen wir
                                                             schäftigen sich namhafte Konzerne der Mineralöl- und        im Netz Nachlademöglichkeiten. Das mag innerstäd-
                                                             Energiewirtschaft schon länger mit der Herstellung und      tisch wirtschaftlich sinnvoll einzurichten zu sein, ist
                                                             Nutzung von Wasserstoff.                                    aber im ländlichen Raum nahezu undenkbar.“ Und

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HINTERGRUND

     Die neu eingebauten Komponenten im
     Heck des Fahrzeugs müssen aufwändig
     verkabelt werden.                                                                                                   umzurüsten statt neue zu produzieren, entlastet dage-           zeuge sollen im Sinne der Richtlinie „sauber“ sein - also
                                                                                                                         gen die Umwelt.“ Außerdem gibt er künftigen Kunden              mit alternativen Energie- und Antriebskonzepten - und
                                                                                                                         die Hoffnung, dass bei Umrüstaktionen in größerem Stil          die Hälfte davon sogar vollständig emissionsfrei. Ab 2026
                                                                                                                         Preisreduzierungen zu erwarten seien. Derzeit würden die        erhöht sich diese Quote sogar auf 65 Prozent..
                                                                                                                         Brennstoffzellen noch aus China geliefert – „die sind in die-   Auch die Umrüstung von Dieselfahrzeugen auf E-Bus-Sys-
                                                                                                                         ser Technologie einfach um Jahre weiter als wir.“               teme erfüllt die Richtlinie aus Brüssel. Hier sieht Markus
                                                                                                                                                                                         Körner Potenzial. In dem kleinen Unternehmen weiß man,
     mehr schwere Akku-Kapazität in den                                                                                  Umrüstung erfüllt auch die CVD                                  dass der Bedarf des Marktes nicht allein bedient werden
     Bus zu packen, sei auch keine Lösung:                                                                               Die Realisierung des aktuellen Pilotprojektes ist durch die     kann. Deshalb werden bundesweit qualifizierte Umrüst-
     „Wir wollen Fahrgäste mitnehmen und                                                                                 finanzielle Förderung des Landes Brandenburg und die in-        partner im Kraftfahrzeug-Handwerk mit Kompetenz bei
     keine Batterien.“                                                                                                   tensive gemeinsame inhaltliche Vorbereitung durch UVG           Fahrzeugaufbauten gesucht – speziell bei Servicewerk-
                                                                                                                         und Nationalparkverwaltung möglich geworden. „Die Um-           stätten der etablierten Nutzfahrzeughersteller –, die mit
     Wie auch anderswo fiel der Blick                                                                                    rüstung der zwei Nationalparkbusse ist das erste Projekt        dem Fachwissen und den Kontakten des Start-ups im
     schnell auf Wasserstoff und Brenn-                                                                                  unseres Klimaschutzministeriums aus dem Zukunftsin-             Lkw- wie im Bus-Markt aktiv werden können. Denkbar
     stoffzellen – und die Perspektive, mit                                                                              vestitionsfonds des Landes“, erklärte Umwelt- und Klima-        sei auch, dass Verkehrsunternehmen die Umrüstung in Ei-
     dieser Technologie ohne Nachtanken                                                                                  schutzminister Axel Vogel. „Es ist das erste Mal in Europa,     genregie betreiben und so wichtige Arbeitsplätze in ihren
     die Reichweiten wie beim Dieselbus                                                                                  dass im Öffentlichen Personennahverkehr konventionelle          Werkstätten zukunftssicher machen – nach entsprechen-
     zu erzielen. Nur, berichtet Boehme,                                                                                 Dieselbusse aus dem vorhandenen Bestand auf Wasser-             der Schulung und technischer Ausstattung. Diese Schulung
     Kosten von rund einer Million Euro                                                                                  stoff-Brennstoffzellentechnik umgerüstet werden.“ Das           soll unter anderem mit der IHK aufgebaut werden. Das neue
     pro Fahrzeug bremsten die Begeis-                                                                                   sei gerade im Hinblick auf die anstehende Umsetzung             Berufsbild: „Fachkraft für H2-Mobilität“.
     terung jäh. Doch die UVG gab nicht                                                                                  der „Clean-Vehicles-Richtlinie“ der Europäischen Union
     auf. „Wir haben im Internet gesucht                                                                                 von besonderer Bedeutung. Die Richtlinie schreibt der           Wasserstoffbusse für den Nationalpark
     und sind dann irgendwann auf die                                                                                    ÖPNV-Branche vor, dass bei der Fahrzeugbeschaffung ab           Vom Frühsommer an will die UVG die beiden besonders
     Firma Clean Logistics gestoßen.“ Ein                                                                                August 2021 bis Ende 2025 nur noch 55 Prozent Diesel-           klimafreundlichen Busse überwiegend auf den National-
     Start-up in Hamburg, von einem Lo-                                                                                  busse sein dürfen. Mindestens 45 Prozent der Neufahr-           parklinien einsetzen. Nicht nur unter der Haube werden
     gistik-Unternehmen und einer Familienholding als mittel-      Partnerunternehmens E-Cap Mobility in einem                                                                                      sie grün sein: Die beiden Fahrzeuge werden zu
     ständisches Joint Venture ins Leben gerufen. Primäres Ziel:   Gewerbegebiet am Rande des niedersächsischen                                                                                     rollenden Informationszentren mit audiovisu-
     Im Nutzfahrzeugsektor die technischen Voraussetzungen         Städtchens Winsen an der Luhe durchlaufen die                                                                                    ellen Anreizen, zum Beispiel mit Videoclips zu
     für eine Umrüstung von Lastwagen vom Dieselantrieb auf        beiden UVG-Busse – es sind Zwölf-Meter-Fahr-                                                                                     jeder der 16 Nationalpark-Haltestellen. Was-
     Brennstoffzelle zu schaffen. „Die politischen Vorgaben sind   zeuge des Typs „Citaro“ von Mercedes-Benz                                                                                        serstoff ist für Lars Boehme aber weit mehr
     eindeutig: Bis 2030 sollen 175.000 schwere Lkw emissi-        – die Umrüstung, die zugleich eine Verjüngung                                                                                    als eine Touristenattraktion für die Fahrten
     onsfrei unterwegs sein. Aber die müssten erst einmal pro-     mit deutlich verlängerter Nutzungsdauer dar-                                                                                      in Deutschlands einzigem Auennationalpark
     duziert werden. Das ist bei der bisherigen Geschwindigkeit    stellt. Geschäftsführer Lars Boehme erwartet,                                                                                     an der Oder. Bei ihm auf dem Hof stehen 122
     in der Nutzfahrzeugbranche kaum bis gar nicht erreichbar“,    dass die Fahrzeuge nach der Umrüstung acht bis                                                                                    Dieselbusse, die er alle umrüsten möchte. Auf
     erläutert Markus Körner, Service- und Vertriebsleiter bei     zehn Jahre länger im Einsatz bleiben können. „Es                                                                                  finanzielle Unterstützung hoffen die Ucker-
     Clean Logistics.                                              ist ja nicht so, dass wir hier alte Fahrzeuge ein                                                                                 märker aus Brüssel. Sie bewerben sich als eines
                                                                   bisschen aufpolieren. Wir bekommen eine völlig                                                                                    der „Important Projects of Common European
     Modularer Aufbau von vier Komponenten                         neue Antriebstechnologie. Und wir fahren künf-                                                                                    Interest“ speziell für den Wasserstoff-Sektor
     Gefördert mit Mitteln des Bundesverkehrsministeri-            tig emissionsfrei und ressourcenschonend.“ Auf                                                                                     um Mittel aus dem Fonds „IPCEI Wasserstoff“.
     ums startete die kleine Firma die Entwicklung von fünf        der Kostenseite müsse man auch sehen, dass der                                                                                     Zu wirtschaftlich sinnvollen Konditionen an
     Prototypen und rüstete schwere Diesel-Lkw auf Was-            Wartungsaufwand für die künftige Elektrotech-                                                                                      die saubere Energie zu kommen, sei in der
     serstoff-Brennstoffzellen-Antrieb um. In einem strikt         nik deutlich unter dem Bedarf von Dieselbussen                                                                                     Region Uckermark, anders als anderswo, nur
     modularen Aufbau müssen vier Komponenten nach dem             liege. Weniger Aufwand auch für die Schulung des                                                                                   noch eine Frage der Zeit. Die Zapfsäule im Be-
     Ausbau von Tank, Dieselmotor und Antriebssträngen un-         Personals, denn der Arbeitsplatz des Busfahrers ist                                                                                triebshof ist bereits geplant. „Vielleicht“, meint
     tergebracht werden: Wasserstofftanks, Brennstoffzellen,       unverändert: Er muss nur seine Fahrweise auf den                                                                                   der UVG-Geschäftsführer, „bauen wir als Ver-
     Speicherbatterien und zwei Radnabenmotoren in der An-         Elektroantrieb umstellen.                                                                                                          kehrsunternehmen irgendwann sogar ein öf-
     triebsachse. Prinzipiell ist das für den Linienbus kaum an-   Derzeit stellen die Umrüstungskosten mit knapp                                                                                     fentliches Tankstellennetz für jedermann auf.“
     ders: Die Tanks – vier druckdichte Stahlflaschen mit etwa     einer halben Million Euro noch einen großen Bro-
     30 Kilogramm Fassungsvermögen – werden auf dem Fahr-          cken dar, auch wenn er für die Verkehrsunterneh-
     zeugdach installiert, Brennstoffzelle und Speicherbatterien   men durch die Fördertöpfe bei Bund und Land auf                                                                                                 Weitere Infos unter:
     verschwinden im Heck, eine neue Achse mit dem Elek-           bis zu 20 Prozent schrumpfen kann. Ökologisch                                                                                                   www.cleanlogistics.de und
     tromotor ersetzt die bisherige Technik. Fachleute sprechen    sieht Markus Körner einen weiteren Vorteil: „Ein                                                                                                uvg-online.com
     dann von einem Fuel-Cell-Electric-Vehicle (FCEV).             Auto neu zu bauen und ein altes zu verschrotten,
     In einer lichtdurchfluteten, pieksauberen Werkhalle des       sorgt für erhebliche CO2-Emissionen. Fahrzeuge

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