HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT

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HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT
Ausgabe 32 – Juni 2018

                                                                                               Sie erhalten Unmengen an
                                                                                            Neuigkeiten zur digitalen Politik?
                                                                                           Wir auch. Wir machen verständlich,
                                                                                           kontextualisieren, und analysieren.
                                                                                         Dann fassen wir alles für Sie zusammen.

                                  D E U T S C H

HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT
Unsere Halbjahresbilanz zeigt, dass Datenschutz, ethische Fragen             von Domainnamen Registrierungsdaten durch ICANNs WHOIS
rund um die künstliche Intelligenz (KI), Online Gaming Sucht als             System.
ein Gesundheitsthema, die Sicherheit von Internet Nutzern/-
innen, sowie einige andere Themen besonders wichtig sind an der              Die DSGVO hat ebenfalls Auswirkungen auf die aktuellen internet-
Schnittstelle zwischen Mensch und Technik.                                   bezogenen Geschäftsmodelle von Tech-Firmen, die ihre Gewinne
                                                                             durch Werbung, die wiederrum vorrangig auf Nutzer/-innen
Im digitalen Bereich sind sechs Monate eine lange Zeit. Die meiste           Daten beruht, erzielen. Ebenso betroffen sind Unternehmen die
Zeit wurde durch den Skandal um Facebook und Cambridge                       sich auf KI-basierte Geschäftsmodelle spezialisiert haben und
Analytica dominiert und der daraus folgenden politischen                     Daten für die Entwicklung neuer Algorithmen benötigen.
Diskussion sowie durch die Vorbereitungen auf das Inkrafttreten
der EU Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).                                   2. (5) KI: Zwischen philosophischen Fragen und
                                                                             praktischen Anwendungen
In Anbetracht dessen, hilft die Halbjahresbilanz uns dabei Abstand
und damit einen guten Überblick über die Entwicklungen in der                KI war, wie erwartet, ein sehr wichtiges Thema. Die rasant vor-
digitalen Politik zu gewinnen. Wir haben die Entwicklungen für               anschreitenden technologischen Entwicklungen und die zuneh-
jeden der zehn von uns identifizierten Haupttrends gerankt und               mende Bedeutung der Debatten über philosophische, ethische,
geben in Klammern das jeweilige Ranking vom Januar 2018 an.                  rechtliche und wirtschaftlichen Aspekte von KI führten dazu,
                                                                             dass KI in unserem Ranking deutlich an Boden gewann.
1. (1) DSGVO: Daten im Mittelpunkt digitaler Politik
                                                                             Auf der politischen Seite haben Staaten den Entwicklungen
Das erste Halbjahr war von Erwartungen rund um das                           im Bereich der KI immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt
Inkrafttreten der DSGVO am 25. Mai geprägt. Unternehmen und                  und entsprechende Strategien und Pläne entwickelt. Die
Organisationen aktualisierten ihre Datenschutzregelungen und                 Auswirkungen von AI auf Arbeitsplätze und die Zukunft der
Prozeduren, um diese in Einklang mit den neuen Gesetzen zu brin-             Arbeit und die Notwendigkeit der Anpassung der Bildungs- und
gen. Eines der ungeklärten Themen blieb dabei die Sammlung                   Ausbildungssysteme sind ein weiteres wichtiges Thema.
                                                                                                                              Fortsetzung auf Seite 3

                                                                               IN DIESER AUSGABE
                                                                                           GENF
                                                                                           Viele politische Diskussionen fanden im Juni in Genf
                                                                                           statt, von Diskussionen im Menschenrechtsrat bis hin
                                                                                           zu Forschungskolloquien und öffentlichen Vorträgen.
                                                                                                                     Mehr dazu auf den Seiten 4 und 5
                                                                                           COPYRIGHT
                                                                                           Einer der umstrittenen Artikel der vorgeschlage-
                                                                                           nen Reform der Urheberrechtsrichtlinie ist Artikel
                                                                                           13, der verlangt, dass Internetplattformen Filter zur
                                                                                           Erkennung von Urheberrechtsverletzungen einrichten.
                                                                                                                                Mehr dazu auf Seite 6
                                                                                           WHOIS
                                                                                           Die DSGVO hat strengere Vorschriften für den
                                                                                           Schutz personenbezogener Daten eingeführt.
                                                                                           Ein besonderes Problemgebiet ist dabei das
In diesem Monat schrieben mehrere Amazon-Aktionäre an den                                  ICANN-WHOIS-System.
CEO des Unternehmens und äußerten Bedenken hinsichtlich des                                                                     Mehr dazu auf Seite 7
Verkaufs von Gesichtserkennungssoftware an US-amerikanische
Strafverfolgungsbehörden. Der mögliche Einsatz von Erken­                                  SPRACHE
nungssoftware könnte „Zivil- und Menschenrechte verletzen“ und                             In unserer Analyse der Verwendung von Präfixen
„unfair und unverhältnismäßig people of colour, Einwanderer und                            im digitalen Sprachgebrauch haben wir „Tech“ als
Organisationen der Zivilgesellschaft ins Visier nehmen und über-                           neuen Präfix in digitalen Diskussionen entdeckt.
wachen“. Weitere Entwicklungen auf den Seiten 4–5.                                                                              Mehr dazu auf Seite 8

   Ausgabe Nr. 32 des Digital Watch Newsletter, veröffentlicht am 30. Juni 2018, durch die Geneva Internet Platform (GIP) und DiploFoundation |
   Übersetzung der deutschen Ausgabe: Cedric Amon und Katharina E. Höne | Mitwirkende: Stephanie Borg Psaila, Andrijana Gavrilovic, Tereza Horejsova,
   Arvin Kamberi, Jovan Kurbalija, Marilia Maciel, Adriana Minovic, Virginia (Ginger) Paque, Clement Perarnaud, Vladimir Radunovic, Barbara Rosen
   Jacobson, Sorina Teleanu | Design von Viktor Mijatović und Layout von Aleksandar Nedeljkov, Diplo’s CreativeLab | Zusätzlich zu dem Digital Watch
   Newsletter finden Sie ausführliche Berichte zu aktuellen Entwicklungen im GIP Digital Watch Observatorium (http://dig.watch). Verfolgen Sie außerdem
   die Diskussion am letzten Dienstag jeden Monats, oder unter GIP (http://dig.watch/briefings) | Für Kommentare und Anregungen stehen wir gerne zur
   Verfügung digitalwatch@diplomacy.edu | Laden Sie die digitale Ausgabe herunter https://dig.watch/newsletter/june2018
HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT
Ausgabe 32 – Juni 2018

                                                                                                                                                 GENF
                          D E U T S C H

   DIGITALE ENTWICKLUNGEN IN GENF
   In Genf finden jeden Monat viele politische Diskussionen statt. Die folgenden Updates decken die wichtigsten Veranstaltungen des
   Monats ab. Für Veranstaltungsberichte, besuchen Sie die ’Past Events’ Rubrik des GIP Digital Watch Observatoriums.

                                 Der von Switzerland Global Enterprise (S-GE) organisierte Workshop untersuchte die Möglichkeiten der Schweiz,
          „Invest in             ein starker und innovativer Cybersecurity-Standort zu sein. Die Veranstaltung fand am 5. Juni als Teil der Geneva
        Cybersecurity”           Internet Platform (GIP) statt und sprach zwei Ziele an. Erstens verknüpfte sie die Cybersicherheitsbranche
          Workshop               mit der Gemeinschaft der Investitionsförderer; zum anderen wurden in der Diskussion Ideen und mögliche
                                 Strategien zur Förderung der Schweiz im Bereich der Cybersicherheit entwickelt.

                                 Der öffentliche Vortrag von Dr. Peter Singer fand am 8. Juni im Hauptquartier der Weltorganisation für geis-
                                 tiges Eigentum (WIPO) statt und war der erste in einer Reihe von Vorträgen über Technologie und Ethik.
                                 Angesichts des schnellen technologischen Wandels sind viele Organisationen derzeit unter Druck, können aber
     Öffentlicher Vortrag:       nur begrenzt auf die neuen Herausforderungen reagieren. Vor diesem Hintergrund bekräftigte Singer, dass
      Ethik, Technologie         es wichtig sei, sowohl die sozialen als auch die ethischen Auswirkungen neuer Technologien zu berücksichti-
      und die Zukunft der        gen. In Bezug auf verschiedene Denkschulen erklärte er, dass die Menschenrechte nicht als absolut betrachtet
         Menschheit              werden sollten, sondern im Dienste menschlicher Ziele stehen sollten. Eigentumsrechte sollten im Namen von
                                 Notwendigkeiten, wie etwa Bedürfnissbefriedigung, eingeschränkt werden (wenn auch in unterschiedlichem
                                 Maße). Singer diskutierte auch bioethische Fragen und die Automatisierung von Arbeit, die von künstlicher
                                 Intelligenz (KI) angetrieben wird.

        Anwendung von            Die Veranstaltung, die am 14. Juni vom Interregionalen Forschungsinstitut der Vereinten Nationen für
        Technologie zur          Kriminalität und Justiz (UNICRI) organisiert wurde, erörterte neue technologische Möglichkeiten bei der
                                 Bekämpfung und Vorbeugung krimineller Phänomene. Die Diskussionen konzentrierten sich auf Technologie,
    Stärkung der Sicherheit
                                 Sicherheit und Entwicklung und legten den Schwerpunkt auf das SIRIO-Projekt (Verbesserung der Sicherheit
      und Förderung der          durch Forschung, Technologie und Innovation), das darauf abzielt, aufkommende Risiken und ihre möglichen
         Entwicklung             technologischen Lösungen zu identifizieren.

                                 Die Sommerschule, die vom 18. bis 29. Juni von der Universität Genf organisiert wurde, versetzte Studierende in
                                 die Situation einer „internet law clinic“, in der sie mit Akademikern/-innen, Praktikern/-innen, und Vertretern/-
        Genfer Internet          innen globaler politischer Entscheider und internationaler Organisationen über Internetrecht und politische
         L@w Summer              Fragen diskutierten. Zu den von der Sommerschule behandelten Themen gehörten Cybersicherheit, digitale
          School 2018            Privatsphäre und Online-Überwachung, Redefreiheit, Verbraucherschutz, rechtliche Fragen in Bezug auf sozia-
                                 len Medien, Gefahren von Cloud-Computing, Internet- und Telekommunikationsinfrastruktur, Datenschutz und
                                 geistiges Eigentum.

                                 Die 38. Tagung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen (UNHRC) fand vom 18. Juni bis 6. Juli im Palais
                                 des Nations in Genf statt. Zwei Resolutionsentwürfe sind hervorzuheben: eine Resolution zum Thema „Gewalt
       38. Tagung des
                                 gegen Frauen“ und eine weitere zur „Förderung, Schutz und Wahrnehmung der Menschenrechte im Internet“.
     Menschenrechtsrates         Die GIP berichtete von ausgewählten Nebenveranstaltungen. Weitere Updates folgen in unserem nächsten
                                 Newsletter.

           Genfer                Die Genfer Cybersecurity Law & Policy Konferenz, die am 21. Juni von der Universität Genf und der Hebräischen
                                 Universität Jerusalem organisiert wurde, befasste sich mit der zivilrechtlichen Haftung im Zusammenhang
        Cybersecurity
                                 mit Cyber-Angriffen. Die Diskussionen beinhalteten rechtliche und politische Aspekte der Cybersicherheit
        Law & Policy             und behandelten Datenschutz- und Cybersicherheitsverletzungen, Risikomanagement und Standards für die
          Konferenz              Betreuung von Opfern von Cyberangriffen sowie die Zukunft der Cybersicherheit.

                                 Das Forschungskolloquium, organisiert von der Juristischen Fakultät der Universität Genf in Zusammenarbeit
     Genfer Internet L@w         mit dem Berkman Center for Internet & Society an der Harvard Universität, dem CRIDES Zentrum für
                                 Wirtschaftsrecht und Gesellschaft an der Katholischen Universität von Louvain, der GIP und dem Institut
    Forschungskolloquium
                                 für Technologie und Gesellschaft (Rio de Janeiro), bot den Teilnehmern/-innen die Möglichkeit, ihre
             2018                Forschungsergebnisse zu präsentieren, sich mit Experten/-innen auf dem Gebiet auszutauschen und wichtige
                                 Rückmeldungen zu erhalten.

Dieses Symbol sagt Ihnen, dass weiteres Hintergrundmaterial in digitaler Form vorliegt. Außerdem können Sie https://dig.watch für weitere Analysen und Hintergründe besuchen.

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HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT
Ausgabe 32 – Juni 2018

                                                                                                                   ANALYSE
                   D E U T S C H

HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT
Vortsetzung von Seite 1

3. (3) Digitaler Handel und die Internetwirtschaft                         hosten. Während Unternehmen den Kampf gegen die Verbreitung
                                                                           illegaler Inhalte vorantreiben, haben die Regierungen damit
Zu Beginn des Jahres suchten Handelsdiplomaten/-innen nach                 begonnen, neue Regeln zu verabschieden, die Konzerne dazu
Wegen, um Meinungsverschiedenheiten zu überwinden, die sich                bewegen, mehr zu unternehmen.
auf dem WTO-Ministertreffen im Dezember 2017 herausgebildet
hatten. In der ersten Hälfte des Jahres 2018 wurden auch die
Risiken durch protektionistische Handelstrends und mögliche
Handelskriege stärker ins Blickfeld gerückt.

In Bereichen wie Wettbewerb, Besteuerung und Privatsphäre sind
Regierungen zunehmend auf die Regulierung der Aktivitäten von
Internetunternehmen ausgerichtet, was einen starken Wandel
im Vergleich zu dem bisher vorherrschenden laissez-faire Ansatz
darstellt. Fragen bezüglich der Besteuerung in der EU werden
jedoch aufgrund der signifikanten Meinungsverschiedenheiten
zwischen den Mitgliedstaaten schwieriger zu bewältigen sein.

4. (2) Cybersecurity und Geopolitik: Die Suche nach
neuen Governance-Mechanismen
Im Jahr 2017 war das Thema Cybersecurity im öffentlichen Raum
sehr stark vertreten. In diesem Jahr wurde die Suche nach neuen            Wie erwartet, wurde Deutschlands neue Verordnung gegen
Governance-Mechanismen fortgesetzt, wenn auch langsamer.                   illegale Inhalte und Frankreichs Ankündigung, zu Beginn des
                                                                           Jahres, eine Gesetzgebung gegen Fake News zu entwickeln,
Die Suche nach einer Cybersicherheitsvereinbarung wird fortge-             von weiteren politischen Entwicklungen begleitet.
setzt. Auf globaler Ebene bleibt es abzuwarten, ob ein Kompromiss
über die Zukunft der UN-Gruppe von Regierungsexperten (GGE)                8. (10) ICANN: Online-Identitäten, Zuständigkeit und
erzielt wird. Parallel dazu werden sich auch andere Initiativen wei-       Governance
terentwickeln. Die Globale Kommission für Cyber-Stabilität wird vor-
aussichtlich neue Normen entwickeln. Der Genfer Dialog über ver-           Wie im Januar erwartet, war ICANN damit beschäftigt heraus-
antwortungsbewusstes Verhalten wird die Rolle von Regierungen,             zufinden, ob und wie dessen Richtlinien an die DSGVO ange-
Unterntehmen und der Zivilgesellschaft skizzieren. Der Tech-               passt werden können. Dieses Thema und andere Debatten im
Sektor wird Vorschläge aus dem Tech Accord ausarbeiten.                    Zusammenhang mit generischen Top-Level-Domains (gTLDs)
                                                                           haben die Bedeutung von ICANN in öffentlichen Debatten erhöht.
5. (6) Bitcoin und Kryptowährungen: Zwischen Boom
und Pleite                                                                 Im Hinblick auf neue gTLDs hat die ICANN-Gemeinschaft ihre
                                                                           Arbeit zur Überprüfung des Programms fortgesetzt, aber eine
Nach 2017, dem Jahr der Kryptowährungsrevolution, begann 2018              neue Runde neuer gTLDs wird nicht vor 2021 erwartet.
als Jahr der Konsolidierung. Staaten begannen mitunter damit,
die anfänglichen Münzangebote (ICOs) und die Sicherheit der                9. (9) Verschlüsselung: Druck auf Backdoor-Zugänge
Kryptowährungen zu regulieren. Der stete Anstieg des Krypto-
Jackings und die schwache Sicherheit von Krypto-Austauschen                Die Prognose von 2018, dass die Regierungen wahrschein-
führten dazu, dass Kryptowährungen häufig Schlagzeilen machten.            lich den Druck auf Internet-Unternehmen erhöhen würden,
                                                                           Backdoor-Zugänge zu gewähren, hat sich nicht durchgesetzt,
Andererseits, hat die EU die Europäische Blockchain-                       obwohl die Situation in Russland diese Möglichkeit in den Fokus
Partnerschaft ins Leben gerufen. Insgesamt werden 22                       gerückt hat. Dort hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass
EU-Länder ihre Erfahrungen in diesem Regulierungsbereich                   Telegram seine privaten Verschlüsselungscodes mit den russi-
austauschen. Sie werden sich auch auf den Start einer EU-weiten            schen Behörden teilen muss.
Blockchain-Anwendung vorbereiten.
                                                                           Verschlüsselung wird weiterhin einen hohen Stellenwert auf der
6. (4) Gerichte: Aktive Entscheidungsträger für digitale Regeln            digitalen Agenda haben. Bisher gibt es keine politischen Lösungen
                                                                           für die oft gegensätzlichen Interessen der Tech-Industrie, die
Bis jetzt gab es keine bahnbrechenden Gerichtsentscheidungen,              die Vertraulichkeit ihres Datenverkehrs priorisieren, und das
die mit denen im letzten Jahren vergleichbar wären. Allerdings             Interesse der Regierungen, welche, aus gerechtfertigten (wie
werden Gerichte weltweit öfters befasst. Beispielsweise hat die            strafrechtliche Ermittlung) sowie ungerechtfertigten Gründen,
DSGVO bereits einige Gerichtsverfahren ausgelöst.                          Zugriff auf den Datenverkehr haben möchten.

Die Rolle der Gerichte sollte nicht als letztes Mittel zur                 10. (8) Netzneutralität: Globale Auswirkungen der
Verteidigung des Internets als solches unterschätzt werden, wie            neuen Ordnung der FCC
die US-Klage von Technologieunternehmen gegen die Federal
Communications Commission (FCC) über die Aufhebung der                     Wie im Januar prognostiziert, gewann die Diskussion um techni-
US-amerikanischen Netzneutralität zeigt.                                   sche Netzneutralität kaum an neuer Bedeutung. Ein Großteil der
                                                                           Aufmerksamkeit in diesem Jahr galt der regulatorischen Situation
7. (7) Inhaltspolitik: Fake News und gewalttätiger                         in den USA. Mit dem Inkrafttreten der FCC-Verordnung haben
Extremismus online                                                         mehrere Staaten in den USA beschlossen, die Angelegenheit
                                                                           selbst in die Hand zu nehmen.
Wir bleiben bei unserer Prognose vom Jahresbeginn: Die
Regierungen werden den Druck auf Internet-Plattformen weiter               Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Halbjahresbilanz von Prof.
erhöhen, Verantwortung für die Inhalte zu übernehmen, die sie              Jovan Kurbalija. Lesen Sie den vollständigen Text.

                                                                       3
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                                                                                                            OBSERVATORIO
                   D E U T S C H

DIGITALE POLITIK: ENTWICKLUNGEN IM MAI
Das monatlich veröffentlichte Internet Governance Barometer verfolgt spezifische Internet Governance (IG) Themen in politischen Debatten und zeigt
Trends auf, indem es jeden Monat aktuelle Themen aufnimmt und mit den Entwicklungen der Vormonate vergleicht. Das Barometer bestimmt die
Präsenz von bestimmten IG Themen im Vergleich zum vorherigen Monat. Weitere Informationen über die folgenden Updates sind im Netz erhältlich.

                             Auf dem G7-Gipfel in Charlevoix, Kanada, haben die G7-Staats- und Regierungschefs eine gemeinsame
                             Vision für die Zukunft von künstlicher Intelligenz (KI) verabschiedet. Unter anderem regt das Dokument die
                             Förderung des menschen-zentrierten Ansatzes und die kommerzielle Weiterentwicklung von KI an.

  Weltweite IG               Die Europäische Kommission richtete ein hochrangiges Treffen mit Vertretern/-innen philosophischer und
  Architektur                nicht-konfessioneller Organisationen aus, um die ethischen und sozialen Herasuforderungen der KI zu dis-
                             kutieren. Die von der Kommission geplanten ethischen Richtlinien sollen bis zum Ende 2018 vorliegen.

                             Die Nationale Telekommunikations- und Informationsbehörde der USA (NTIA) hat relevante Stakeholder ein-
                             geladen, um Kommentare zu vier Themenbereichen der internationalen Internet Politik der Behörde und
        steigend             ihrer Prioritäten zu teilen. Diese beinhalten: (a) mögliche Reaktionen auf Einschränkungen im Bereich des
                             freien Informationsflusses und der freien Meinungsäußerung online, (b) Prioritäten der USA in Hinblick auf
                             ICANN, DNS Politik, und Reform des Internet Governance Forums, (c) geeignete internationale Arenen um
                             Gefahren in Hinblick auf Cybersicherheit und den Schutz der Privatsphäre online zu adressieren, und (d)
                             neue Technologie, die im Fokus internationaler Diskussionen stehen sollten.

  Nachhaltige
  Entwicklung                Malaysia erwägt eine Verfassungsänderung, um Internetzugang als ein fundamentales Recht anzuerken-
                             nen, insbesondere um die Lücke zwischen ländlichen und urbanen Regionen zu schließen. Es wird davon
                             ausgegangen, dass dies als Anregung, auf nationaler wie förderaler Ebene, dienen wird, um entsprechende
                             Dienstleistungen in Malaysia anzubieten.
      gleichbleibend

                             Das Amt für Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC) der USA hat weitere Sanktionen gegenüber fünf rus-
                             sischen Organisationen und drei russischen Personen angekündigt. Sie werden beschuldigt, durch ihre
   Sicherheit                Tätigkeit für den russischen Geheimdienst direkt zu Rußlands offensiven Kapazitäten im Cyberspace und
                             Unterwasser beigetragen zu haben.

                             Während des Kim-Trump Gipfeltreffens, haben online Angriffe auf Singapur zugenommen. Zwischen dem
                             11. und 12. Juni alleine fanden 40 000 Attacken statt, wie Forscher aus dem Bereich der Cybersicherheit
      gleichbleibend         berichteten. In diesem Zeitraum war Singapur viereinhalb mal mehr Attacken ausgesetzt, als die USA
                             oder Kanada. Diese Anomalie wird auf das Treffen der Präsidenten in Singapore zurück geführt. Singapurs
                             Behörde für Onlinesicherheit bestreitet jedoch diese Berichte.

                             Uganda hat eine Steuer auf soziale Medien erhoben, um Geld für das Land zu sammeln. Nutzer sozialer
                             Medien müssen 200 Uganda-Schillinge (0,05 US-Dollar) pro Tag zahlen, um beliebte Plattformen wie Twitter,
 E-Commerce                  Facebook und WhatsApp nutzen zu können. Das Gesetz tritt am 1. Juli in Kraft.
 und Internet-               Mitglieder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) – China, Russland, Kirgisistan,
  Wirtschaft                 Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan, Indien und Pakistan – haben eine gemeinsame Erklärung abgege-
                             ben, nach der die Länder sich darauf einigen, dass ihre Handelsbeziehungen, insbesondere der Handel mit
                             Gütern, vereinfacht werden sollen. Die Mitgliedstaaten berichteten auch über Governance-Aspekte und
                             verwiesen auf „die Bedeutung gemeinsamer Anstrengungen zur Unterstützung und Stärkung des multila-
                             teralen Handelssystems auf der Grundlage der Standards und Grundsätze der Welthandelsorganisation“.
      gleichbleibend
                             Ein Londoner Gericht hat Uber eine 15-monatige, vorübergehende Lizenz ausgestellt, um in der britischen
                             Hauptstadt Dienste anzubieten.

                             Die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen ICANN und dem deutschen Domainname Registrar EPAG
                             setzt sich fort. Mehr dazu auf Seite 6.

                             Mitglieder des Zivilrechtskommittees des Europäischen Parlamentes haben für eine Resolution gestimmt,
      Digitale               die die Europäische Kommission dazu aufruft, das Privacy Shield Abkommen mit den USA aussetzten, wenn
      Rechte                 nicht Richtlinien zum Datenschutz bis zum 1. September eingeführt werden.

                             Die USA haben angekündigt, den UN Menschenrechtsrat zu verlassen, aufgrund der politischen
                             Befangenheit des Rates, welcher es versäumt habe, bestimmte Akteure, die Menschenrechte verletzten,
                             zur Verantwortung zu ziehen.
        steigend

                             In ihrer Erklärung während der 38. Sitzung des Menschenrechtsrates, hat Dubravka Šimonović, UN
                             Sonderbeauftragte für Gewalt gegen Frauen, über Möglichkeiten gesprochen, online Gewalt gegen Frauen
                             und Mädchen zu bekämpfen. Sie forderte neue Gesetze und bessere regulatorische Rahmenwerke.

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                    D E U T S C H

                               Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlamentes (JURI) hat Vorschläge zu neuen Urheberrechts­
Rechtsprechung                 regelungen verabschiedet und damit eine weitreichende Debatte ausgelöst. Der kontroverse Artikel 13 der
 & rechtliche                  Direktive sieht vor, dass Internetplatformen, die eine große Anzahl von nutzergenerierte Inhalten haben,
    Fragen                     Maßnahmen ergreifen müssen, um mögliche Urheberrechtsverletzungen zu überwachen und zu identifizie-
                               ren. Artikel 11, der eine Steuer für Firmen, die kurze Auszüge aus anderen Publikationen verwenden, zur
                               Folge haben könnte, wurde ebenso kontrovers diskutiert. Mehr dazu auf Seite 7.

                               In einer vorläufigen Entscheidung hat das Handelsgericht Wien entschieden, dass Youtube kein „neutraler
         steigend              Vermittler“ ist und dass die Platform deshalb verantwortlich ist, Dritte am Hochladen von urheberechtsver-
                               letzenden Inhalten zu hindern. Da Youtube Inhalte sortiert, filtert und verlinkt, kann es kein „intermediary“
                               im Sinne der Safe Harbour Vereinbarung sein.

                               Die Solomon Inseln haben einen Vertrag über den Bau eines Unterseekabels mit der chinesischen Firma
 Infrastruktur                 Huawei beendet. Anstatt dessen wird der Inselstaat finanzielle Unterstützung von Australien erhalten, das
                               dabei ist, sein Programm zur Entwicklungszusammenarbeit verstärkt auf den Pazifik auszurichtet.

                               Facebook hat Pläne, sogenannte Internet-Drohnen zu entwickeln, aufgegeben. Die Entscheidung wurde
       gleichbleibend
                               von dem wachsenden Interesse der Luftfahrtindustrie, in eben diese Technologie zu investieren, beeinflusst.

                               In den USA trat die Restoring Internet Freedom Anordnung der Federal Communications Commission (FCC) im
                               Juni in Kraft und hat damit die Open Internet Anordnung aus dem Jahr 2015 abgelöst und die Klassifizierung
Netzneutralität                von Breitband-Internetzugängen als einen leicht regulierten Informationsdienst wieder hergestellt. Das
                               Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) und die indische
                               Telekommunikationsregulierungsbehörde (TRAI) haben ein gemeinsames Statement für ein offenes Internet
                               veröffentlicht. Es beschreibt den gemeinsamen Ansatz für ein Netzneutralitätsrahmenwerk in Europa und
                               Indien und bekräftigt das Bemühen der Beteiligten, Vorschriften und Regeln für ein offenes Internet in den
       gleichbleibend
                               jeweiligen Regionen zu überwachen und durchzusetzen.

                               Weitere Meilensteine im Bereich KI wurden erzielt. Unter anderem hat IBM eine KI vorgestellt, die mit
                               Menschen über komplexe Themen debattieren kann. Project Debater wurde lediglich mit allgemeinen
                               Regeln und Methoden des Debattierens angelernt, nicht jedoch mit den konkreten Inhalten der Debatten. Die
                               KI „benutzt eine sehr große Anzahl von Texten auf deren Grundlage sie ein gut strukturiertes Argument zu
      Neue                     einem ausgewählten Thema liefert, es mit Klarheit und Zielgerichtetheit vorträgt und Argumente der anderen
 Technologien                  Teilnehmer/-innen entkräftet”. Forscher/-innen am Computerwissenschafts- und KI-Labor des MIT haben
  (IoT, KI, etc.)              ein KI-System entwickelt welches drahtlose Signale nutzt, um durch Wände zu „sehen” . RF-Pose genannt,
                               nutzt das System ein neurales Netzwerk um menschliche Bewegungen auf Grundlage von Radiofrequenzen
                               die vom menschlichen Körper reflektiert werden, zu identifizieren. Das System könnte für Such- und
                               Rettungseinsätzen nach Naturkatastrophen ebenso wie für medizinische Zwecke genutzt werden.
         steigend              In einem Blogbeitrag hat Googles CEO eine Reihe von Prinzipien beschrieben, welche die Arbeit der Firma
                               im Bereich KI anleiten sollen. Unter anderem sollen Systeme entwickelt werden, die von Menschen zur
                               Rechenschaft gezogen werden können und die keine Befangenheiten reproduzieren. Eine Anzahl vom
                               Amazons Anteilseignern haben dem CEO der Firma geschrieben, um ihrer Sorge über den Verkauf von
                               Gesichtserkennungssoftware an US Strafvollzugsbehörden durch Amazon Ausdruck zu verleihen.

                                                                                                                 IM JULI & AUGUST

               9–12 JUL                      11–13 JUL                        25–27 JUL                        13–16 AUG                          27–31 AUG
               18. Globales                IGF 2018: Second                10. BRICS Gipfel                     APrIGF                    Gruppe der Regierungsexperten
             Symposium für                Open Consultations               (Johannesburg,                 (Port Vila, Vanuatu)              des CCW-Übereinkommens
               Regulatoren                 and MAG Meeting                    Südafrika)                                                    bezüglich letaler autonomer
             (Genf, Schweiz)                (Genf, Schweiz)                                                                                   Waffensysteme (LAWS)
                                                                                                                                                  (Genf, Schweiz)

JULI                                                                                                                                                                      SEPTEMBER

                               9–18 JUL                        14–20 JUL                  30 JUL–3 AUG                           23–24 AUG
                         High-Level Political                 IETF 102                           LACIGF                       G20 Digitales
                        Forum on Sustainable             (Montreal, Kanada)                   (Buenos Aires,                  Wirtschafts-
                             Development                                                       Argentinien)                 Ministerialtreffen
                           (New York, USA)                                                                                 (Salta, Argentinien)

                                      Für weitere Veranstaltungsinformationen, besuchen Sie uns: http://dig.watch/events

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                 D E U T S C H

URHEBERRECHT: DIE VOR- UND NACHTEILE VON ARTIKEL 13
Am 19. Juni hat der Rechtsausschuss des Europäischen Parlamentes (JURI) seinen Bericht zur Reform der
Urheberrechtsdirektive verabschiedet. Eine der kontroversesten Bestandteile ist Artikel 13 . Im Folgenden
rekapitulieren wir die wichtigsten Argument in Bezug auf den Vorschlag.
Artikel 13 der Urheberrechtsdirektive führt eine neue
Verpflichtung für Anbieter von Onlinediensten, die große Mengen
an Nutzerbeiträgen hosten oder hochladen, ein. Diese sollen                Die „Schnipsel Steuer“
Maßnahmen, wie etwa Erfassungstechniken, ergreifen, um
Urheberrechte zu schützen. Die Maßnahmen sollen angemessen                 Im Zusammenhang mit diesem Artikel, gibt es auch Vorschläge,
und verhältnismäßig sein. Anbieter von Onlinediensten müssen               Artikel 11 und eine sogenannte „Schnipsel Steuer“ zu erheben.
zudem Inhaber von Urheberrechten mit Informationen über die                Dies würde Verlegern und Urheberrechtsinhaber/-innen das
Maßnahmen und ihrer Umsetzung versorgen.                                   Recht auf Kompensation für Weiterverwendung ihrer Inhalte
                                                                           einräumen. Befürworter dieses Vorschlags betonen, dass
Pro-Argumente                                                              es wichtig ist, die Verlagswelt durch solche und verwandte
                                                                           Rechte zu schützen. Ähnliche Maßnahmen, die es erfordern,
Die Kreativindustrie hat schon lange argumentiert, dass sie sig-           dass Suchmachinen für die Verwendung von „Schnipseln“
nifikante Verluste durch die Verletzung von Rechten am geistigen           bezahlen, wurden bereits in Deutschland und Spanien einge-
Eigentum erfährt. Obgleich die Direktive zum E-Commerce Mit­               führt.
tler verpflichtet auf die Meldung von Urheberrechtsverletzungen
zu reagieren (ebenso wie auf andere illegale Inhalte), glaubt              Gegner glauben, dass obwohl solche Maßnahmen auf die
die Industrie, dass dies nicht so oft passiert wie es sollte. Einer        großen Technologiekonzerne abzielen, diese Maßnahmen
der Hauptkritikpunkte ist dabei, dass bestehende Regeln nicht              am Ende all betreffen und eine Einschränkung der freien
robust genug für eine entsprechende Umsetzung sind. Inhaber                Meinungsäußerung darstellen. Blogger und Onlinegemein­
von Urheberrechten können zwar gerichtlich vorgehen, dieser                schaften, sofern sie Themen von allgemeiner Bedeutung
Prozess ist jedoch langsam.                                                diskutieren und auf aktuelle Nachrichten verweisen, wären
                                                                           ebenso von dieser Maßnahme betroffen. Wenn Nachrichten
Gibt es jedoch keinen angemessenen Schutz des geistigen                    umformuliert werden anstatt auf verlässliche Inhalte zu ver-
Eigentums, dann haben Inhaber von Urheberrechten auch einen                weisen, dann würden Fakenews und Falschinformationen
geringen Anreiz Zeit und Geld in die Entwicklung von neuen, kre-           Vorschub geleistet. Ebenso würde die Maßnahme Startups im
ativen, und originären Lösungen zu investieren. Als Folge sind             Nachrichtenbereich und kleine Verleger signifikant benach-
weniger Menschen in der Lage, von den Erträgen ihrer Kreativität           teiligen. Zudem ist es, angesichts von Erfahrungen aus der
und ihrer Innovationen zu leben.                                           Vergangenheit, sehr wahrscheinlich, dass die Maßnahme
                                                                           fehlschlägt.
Einige Plattformen setzen bereits verschiedene Filter ein. Zum
Beispiel sind Facebooks und YouTubes Inhalts­    management­
systeme bereits in der Lage, entsprechendes Material zu melden            gefährden könnten. Solche Maßnahmen könnten sich zu einer
und zu entfernen. Diese Beispiele zeigen, dass es bereits                 Form der Moderation entwickeln, die Missbrauch und willkür-
Lösungen gibt, die nicht nur nicht intrusive sondern auch voll-           liche Entscheidungen in Bezug auf erlaubte und zu entfernende
kommen effizient sind, wenn es gilt geistiges Eigentum zu                 Inhalte zur Folge haben könnte.
schützen.
                                                                          Es wird auch argumentiert, dass Artikel 13 im Widerspruch zu
In Anbetracht der Unwirksamkeit der existierenden Regeln                  einem Prinzip steht, das die vorherige Moderation von Inhalten
auf der einen Seite und der positiven Beispiele von freiwilligen          verbietet – ein Kernstück der Vermittlerregulation. Der Vorschlag
Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums, argumentiert                würde damit zu einer weitreichenden Verschiebung des beste-
die Kreativindustrie, dass der Vorschlag, die Mittlerdienste stär-        henden Regelwerks und der bestehenden Prinzipien des
ker zur Rechenschaft zu ziehen, den nächsten logischen Schritt            Internets führen.
darstellt.
                                                                          Aus technischer Sicht können Filter nicht in jedem Fall zwischen
Kontra-Argumente                                                          Urheberrechtsverletzung und anderen Inhalten wie Parodie und
                                                                          Ähnlichem unterscheiden. Filter machen Fehler und dies birgt
Viele Organisationen haben ihren Bedenken bezüglich Artikel 13            eine große Gefahr für die freie Meinungsäußerung und ein freies
bereits Ausdruck verliehen und betonten, dass dieser Vorschlag            Internet insgesamt.
das „Internet wie wir es kennen, zerstören könnte”. Sie sor-
gen sich, dass Inhaltsfilter als Überwachungswerkzeuge miss-              Die Einführung entsprechender Maßnahmen würde auch zu
braucht werden könnten und damit die freie Meinungsäußerung               zusätzlichen Kosten für Anbieter führen, was kleine und mittel-
                                                                          ständige Unternehmen besonders treffen würde. Diese müssten
                                                                          entweder ihrer eigenen Lösungen zur Inhaltskontrolle entwi-
                                                                          ckeln oder (und dies ist weniger wahrscheinlich) eine gebrauchs-
                                                                          fertige aber teurer Lösung einkaufen.

                                                                          Was nun?
                                                                          Das Europäische Parlament wird am 5. Juli entscheiden, ob es
                                                                          der Position des Komitees vorbehaltlos zustimmt. Obgleich es
                                                                          Druck für ein schnelles Ende der Urheberrechtsverhandlungen
                                                                          gibt, würde ein negatives Votum der Parlamentarier würde
                                                                          Neuverhandlungen erlauben. Das Europäische Parlament würde
                                                                          dann in Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten, als Teil der
                                                                          Trilogue Phase, treten, um über ein endgültiges Ergebnis dieser
                                                                          Reform zu verhandeln.

                                                                      6
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                D E U T S C H

WHOIS UND DIE GDPR: DIE FRAGE NACH PERSÖNLICHEN DATEN
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), welche strengere Regeln in Bezug auf den Schutz personenbe-
zogener Daten von EU Bürgern/-innen einführte, wirkt sich auch auf die Domainnamen aus. Es werden ver-
mehrt Fragen gestellt, wie ICANN seine Politik in Einklang mit der DSGVO bringen kann. Insbesondere das
WHOIS-System und die Verwendung von persönlichen Daten von Registranten sorgt für Diskussion.

Im Überblick                                                           Zugriff auf nicht-öffentliche Registrierungsdaten
ICANN, die Organisation die weltweit das Vergabesystem                 Während der Zugang zu nicht-öffentlichen Registrierungsdaten
der Domainnamen (DNS) koordiniert, hat verschiedene                    für Nutzer/-innen mit legitimen Interessen noch erlaubt ist, gibt es
Vereinbarungen mit Registraren und Registranten von generi-            kein einheitliches System, um diesen Zugang zu regeln. Aus diesem
schen Top-Level-Domains (gTLDs). Eine dieser Vereinbarungen            Grund haben verschiedene Sektionen der ICANN-Gemeinschaft
– durch das WHOIS System – betrifft das Sammeln und                    an einheitlichen Akkreditierungs- und Zugangsmodellen gearbei-
die Veröffentlichung von Daten über die Registrierung von              tet, und im Juni legte ICANN einen eigenen Vorschlag für ein mög-
Domainnamen. Bisher hat dies persönliche Daten, wie Name,              liches „einheitliches Zugangsmodell“ vor.
Telefonnummer, Adresse und E-Mail, von Registranten sowie von
administrativen und technischen Kontaktpersonen, die mit dem           Das Dokument skizziert einen einheitlichen Ansatz für Register
Domainnamen assoziiert sind, beinhaltet                                und Registrare, um Rechtsbehörden, anderen Regierungsstellen
                                                                       und bestimmten Kategorien privater Dritter Zugang zu nicht-öf-
Vor einigen Jahren bereits hat die ICANN-Gemeinschaft ange-            fentlichen WHOIS-Daten zu verschaffen. Es zeigt auch wich-
fangen, Bedenken bezüglich der Angemessenheit des WHOIS                tige Rollen für Regierungen auf. Beispielsweise würden die
Systems in Bezug auf die Privatsphäre der Registranten zu              Regierungen in die Identifizierung von Benutzergruppen einbe-
äußern. Eine Gruppe von Experten/-innen wurde im Jahr 2012             zogen, die Zugang zu nicht öffentlichen Daten erhalten könnten.
gebildet um eine alternatives Model für WHOIS zu entwickeln.           Sie würden auch festlegen, welche Strafverfolgungsbehörden
Es folgte eine Arbeitsgruppe, die im Jahr 2015 gegründet wurde         ihrer Rechtsordnungen Zugang zu vollständigen WHOIS-Daten
und damit beauftragt war festzustellen, „ob und warum eine             erhalten sollen, und würden bei der Identifizierung relevanter
neue Übersicht über die Registrierungen (Registration Directory        Stellen zur Authentifizierung berechtigter privater Dritter kon-
Service oder RDS) gebraucht wird, die WHOIS ersetzen könnte,           sultiert werden.
und ein Regelwerk zu kreieren um dieser Notwendigkeit nach-
zukommen“. Die Gruppe arbeitete für mehr als zwei Jahre,               Was nun?
hatte aber Schwierigkeiten, sich auf eine gemeinsame Position
zu einigen.                                                            Während des ICANN62-Treffens wurden diese Probleme aus-
                                                                       führlich diskutiert. Es gab unterschiedliche Ansichten, aber auch
2017 begann ICANN damit, sich die potentiellen Auswirkungen der        die Bereitschaft der Gemeinschaft, bei der Arbeit an einem über-
DSGVO auf WHOIS genauer anzusehen und mögliche Lösungen,               arbeiteten WHOIS-System Kompromissbereitschaft zu zeigen
die eine Einhaltung der Verordnung garantieren, zu erarbeiten.         (angesichts der Tatsache, dass dies bis Mai 2019, wenn das vorläu-
In diesem Zusammenhang setzte die Arbeitsgruppe ihre Arbeit            fige Model ausläuft, notwendig ist). Das vorgeschlagene einheit-
auf unbestimmte Zeit aus.                                              liche Zugangsmodell bleibt Gegenstand der Diskussion, aber es
                                                                       ist noch nicht klar, ob diese Diskussionen Teil eines beschleunig-
Vorläufiges Regelwerk                                                  ten Politikentwicklungsprozesses oder eines anderen Rahmens
                                                                       sein sollten. Der Großteil der Gemeinschaft scheint jedoch der
Im März 2018 veröffentlichte ICANN ein vorläufiges Model zur           Meinung zu sein, dass so bald wie möglich ein Zugriffsmodell zur
Einhaltung der DSGVO , welches durch den Vorstand im Mai               Verfügung stehen muss, das die Konsistenz, Einheitlichkeit und
angenommen wurde. Das Model führt einige Anforderungen für             Vorhersagbarkeit des Zugriffs gewährleistet.
Registrare und Registranten von gTLDs ein:
                                                                       Für Updates folgen Sie der DNS-Seite des Digital Watch-Observato­
  • Wird ein Domainname registriert, dann werden weiterhin             riums.
    die persönlichen Details der Registranten sowie der admi-
    nistrativen und technischen Kontakte gesammelt.
  • Persönliche Daten sind nicht mehr über WHOIS verfüg-                Klarheit durch Gerichtsentscheide
    bar. Register und Registrare können Registranten die
    Möglichkeit geben, ihre Einwilligung zur Veröffentlichung           Am 25. Mai erhob ICANN Klage gegen die in Deutschland
    der Daten zu geben.                                                 ansässige Registrierstelle EPAG wegen ihrer Entscheidung,
  • Register und Registrare stellensicher, dass Nutzer/-innen           die Erfassung administrativer und technischer Kontakt­
    die Registranten sowie die administrativen und techni-              informationen bei der Registrierung von Domainnamen ein-
    schen Kontakte über eine anonymisierte E-Mail oder ein              zustellen. Während EPAG behauptete, dass das Sammeln sol-
    Onlineformular kontaktieren können.                                 cher Daten gegen die DSGVO verstoße, argumentierte ICANN,
  • Register und Registrare müssen Zugang zu nicht-öf-                  dass der Registrar seinen Vertrag verletze.
    fentlichen Registrierungsdaten gewähren, wenn ein
    „legitimer und verhältnismäßiger Grund“ (wie etwa                   Das Landgericht Bonn hat gegen ICANN entschieden und
    bei Rechtsbehörden, Trägern von IP Rechten, und                     argumentiert, dass die Erhebung personenbezogener Daten
    Sicherheitsforschern) vorliegt, soweit diese nicht durch das        des Domain-Namen-Registranten für Zwecke des Schutzes
    Recht von Datensubjekten verdrängt wird.                            vor Missbrauch von Domainnamen ausreichend sei. ICANN
                                                                        legte gegen diese Entscheidung Berufung ein, da sich das
Register und Registrare müssen diese Regeln anwenden „wenn              Gericht nicht über den Geltungsbereich der DSGVO im Klaren
von der GDPR gefordert“, können diese aber auch global anwen-           war und nicht darauf hinwies, dass die Sammlung administ-
den. Da das vorläufige Model nur bis zu einem Jahr in Kraft sein        rativer und technischer Kontaktdaten gegen die Verordnung
kann, wurde ein beschleunigter Politikentwicklungsprozess ein-          verstoßen würde. Am 21. Juni gab das Bonner Gericht seinen
geleitet, um einen Konsens für ein überarbeitetes WHOIS-System          Beschluss bekannt, das ursprüngliche Urteil zu überprüfen.
zu erreichen.

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                   D E U T S C H

DIE ANKUNFT VON „TECH“
Wenn Sie unsere Berichterstattung über die Diskussionen des Internet Governance Forums (IGF) im Laufe der
Jahre verfolgt haben, werden Sie wissen, wie genau wir der Verwendung von Präfixen im digitalen Sprach­gebrauch
folgen. Wir haben unsere Analyse erweitert und dabei ein neues Präfix in digitalen Diskussionen entdeckt.
Die Verwendung von Präfixen in politischen Diskussionen ist mehr                  „Tech-Unternehmen“ ist am beliebtesten, gefolgt von „Tech-
als nur eine Untersuchung der Sprachentwicklung. Präfixe sagen                    Riese“, „Tech-Unternehmen“, „Tech-Industrie“ und „Tech-Titan“.
uns, in welche Richtung Diskussionen geführt werden und wie                       Diese fünf Begriffe machen mehr als 65% der „Tech“ -Nutzung
bestimmte Themen umrahmt und nuanciert werden.                                    aus. Die Domäne, die dieser Präfix beschreibt, bezieht sich
                                                                                  auf die Technologiebranche, die allgemein als breiter als die
Traditionell waren „e-“, „cyber“, „net“, „digital“, „online“ und „virtuell“       Internet-Industrie verstanden wird, aber enger als Industrie
am dominantesten. Die Präfixe wurden (und werden) in bestimmten                   allgemein.
Domänen verwendet. Zum Beispiel wird „e-“ jetzt typischerweise im
Kontext von E-Commerce verwendet. „Cyber“ wird hauptsächlich in                   Die Begriffe „Tech-Giganten“ und „Tech-Titanen“ beschreiben jene
Sicherheitsfragen verwendet. „Virtuell“ wird heute hauptsächlich                  Unternehmen, die einen großen Marktanteil haben, typischer-
für die aufkommende Technologie der virtuellen Realität verwendet.                weise konzentriert in der Region des Silicon Valley. In diesem
                                                                                  Zusammenhang wurde „techplomacy“ geboren. Der Ausdruck
In diesem Jahr richten wir unser Augenmerk auf The Economist                      beschreibt diplomatische Beziehungen mit Unternehmen aus der
und seine Berichterstattung über digitale Themen. Die Sprache                     Region um San Franzisko. Der Begriff wird wahrscheinlich eine
hat sich weiterentwickelt, da das Präfix oder der Deskriptor „Tech“               breitere Anerkennung und Verwendung gewinnen.
dominant bei der Beschreibung von digitalen Themen geworden
ist. Unsere Analyse der Artikel des Economist zu digitalen Themen,                Schließlich wird „Fintech“ - wie der Name schon sagt - überwie-
die zwischen dem 1. Januar und dem 28. Juni 2018 veröffentlicht                   gend im Bereich der Finanztechnologie eingesetzt. Der Begriff
wurden, zeigt, dass „tech“ jetzt häufiger verwendet wird als die                  beschreibt den Einsatz von Technologie zur Unterstützung, zum
bisherigen von uns identifizierten Präfixe.                                       Angebot oder zur Durchführung von Finanzdienstleistungen. Im
                                                                                  Einklang mit unseren Vorhersagen für die nächsten sechs Monate
Tech, kurz für Technologie, wird als Präfix verwendet, wie in                     (siehe die Seiten 1 und 3) können wir sagen, dass die wachsende
„techplomacy“, oder als ein Deskriptor, wie zum Beispiel bei Tech-                Bedeutung von „inclusive finance“ und Kryptowährungen den
Industrie, Tech-Politik, etc. Es wird auch als ein Suffix in dem                  Fintech-Sektor weiter in den Mittelpunkt rücken wird und damit
Begriff „Fintech“ verwendet.                                                      die Verwendung des „Tech“-Deskriptor weiter ausbaut.

                                                                              tech
                                                                              182

                                        digital
                                         163                                                        net
                                                                                                     7
                                                                         PRÄFIXE

                                           online                                                  cyber
                                            101                                                     40
                                                                              e-
                                                                              74

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