HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT
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Ausgabe 32 – Juni 2018 Sie erhalten Unmengen an Neuigkeiten zur digitalen Politik? Wir auch. Wir machen verständlich, kontextualisieren, und analysieren. Dann fassen wir alles für Sie zusammen. D E U T S C H HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT Unsere Halbjahresbilanz zeigt, dass Datenschutz, ethische Fragen von Domainnamen Registrierungsdaten durch ICANNs WHOIS rund um die künstliche Intelligenz (KI), Online Gaming Sucht als System. ein Gesundheitsthema, die Sicherheit von Internet Nutzern/- innen, sowie einige andere Themen besonders wichtig sind an der Die DSGVO hat ebenfalls Auswirkungen auf die aktuellen internet- Schnittstelle zwischen Mensch und Technik. bezogenen Geschäftsmodelle von Tech-Firmen, die ihre Gewinne durch Werbung, die wiederrum vorrangig auf Nutzer/-innen Im digitalen Bereich sind sechs Monate eine lange Zeit. Die meiste Daten beruht, erzielen. Ebenso betroffen sind Unternehmen die Zeit wurde durch den Skandal um Facebook und Cambridge sich auf KI-basierte Geschäftsmodelle spezialisiert haben und Analytica dominiert und der daraus folgenden politischen Daten für die Entwicklung neuer Algorithmen benötigen. Diskussion sowie durch die Vorbereitungen auf das Inkrafttreten der EU Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). 2. (5) KI: Zwischen philosophischen Fragen und praktischen Anwendungen In Anbetracht dessen, hilft die Halbjahresbilanz uns dabei Abstand und damit einen guten Überblick über die Entwicklungen in der KI war, wie erwartet, ein sehr wichtiges Thema. Die rasant vor- digitalen Politik zu gewinnen. Wir haben die Entwicklungen für anschreitenden technologischen Entwicklungen und die zuneh- jeden der zehn von uns identifizierten Haupttrends gerankt und mende Bedeutung der Debatten über philosophische, ethische, geben in Klammern das jeweilige Ranking vom Januar 2018 an. rechtliche und wirtschaftlichen Aspekte von KI führten dazu, dass KI in unserem Ranking deutlich an Boden gewann. 1. (1) DSGVO: Daten im Mittelpunkt digitaler Politik Auf der politischen Seite haben Staaten den Entwicklungen Das erste Halbjahr war von Erwartungen rund um das im Bereich der KI immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt Inkrafttreten der DSGVO am 25. Mai geprägt. Unternehmen und und entsprechende Strategien und Pläne entwickelt. Die Organisationen aktualisierten ihre Datenschutzregelungen und Auswirkungen von AI auf Arbeitsplätze und die Zukunft der Prozeduren, um diese in Einklang mit den neuen Gesetzen zu brin- Arbeit und die Notwendigkeit der Anpassung der Bildungs- und gen. Eines der ungeklärten Themen blieb dabei die Sammlung Ausbildungssysteme sind ein weiteres wichtiges Thema. Fortsetzung auf Seite 3 IN DIESER AUSGABE GENF Viele politische Diskussionen fanden im Juni in Genf statt, von Diskussionen im Menschenrechtsrat bis hin zu Forschungskolloquien und öffentlichen Vorträgen. Mehr dazu auf den Seiten 4 und 5 COPYRIGHT Einer der umstrittenen Artikel der vorgeschlage- nen Reform der Urheberrechtsrichtlinie ist Artikel 13, der verlangt, dass Internetplattformen Filter zur Erkennung von Urheberrechtsverletzungen einrichten. Mehr dazu auf Seite 6 WHOIS Die DSGVO hat strengere Vorschriften für den Schutz personenbezogener Daten eingeführt. Ein besonderes Problemgebiet ist dabei das In diesem Monat schrieben mehrere Amazon-Aktionäre an den ICANN-WHOIS-System. CEO des Unternehmens und äußerten Bedenken hinsichtlich des Mehr dazu auf Seite 7 Verkaufs von Gesichtserkennungssoftware an US-amerikanische Strafverfolgungsbehörden. Der mögliche Einsatz von Erken SPRACHE nungssoftware könnte „Zivil- und Menschenrechte verletzen“ und In unserer Analyse der Verwendung von Präfixen „unfair und unverhältnismäßig people of colour, Einwanderer und im digitalen Sprachgebrauch haben wir „Tech“ als Organisationen der Zivilgesellschaft ins Visier nehmen und über- neuen Präfix in digitalen Diskussionen entdeckt. wachen“. Weitere Entwicklungen auf den Seiten 4–5. Mehr dazu auf Seite 8 Ausgabe Nr. 32 des Digital Watch Newsletter, veröffentlicht am 30. Juni 2018, durch die Geneva Internet Platform (GIP) und DiploFoundation | Übersetzung der deutschen Ausgabe: Cedric Amon und Katharina E. Höne | Mitwirkende: Stephanie Borg Psaila, Andrijana Gavrilovic, Tereza Horejsova, Arvin Kamberi, Jovan Kurbalija, Marilia Maciel, Adriana Minovic, Virginia (Ginger) Paque, Clement Perarnaud, Vladimir Radunovic, Barbara Rosen Jacobson, Sorina Teleanu | Design von Viktor Mijatović und Layout von Aleksandar Nedeljkov, Diplo’s CreativeLab | Zusätzlich zu dem Digital Watch Newsletter finden Sie ausführliche Berichte zu aktuellen Entwicklungen im GIP Digital Watch Observatorium (http://dig.watch). Verfolgen Sie außerdem die Diskussion am letzten Dienstag jeden Monats, oder unter GIP (http://dig.watch/briefings) | Für Kommentare und Anregungen stehen wir gerne zur Verfügung digitalwatch@diplomacy.edu | Laden Sie die digitale Ausgabe herunter https://dig.watch/newsletter/june2018
Ausgabe 32 – Juni 2018 GENF D E U T S C H DIGITALE ENTWICKLUNGEN IN GENF In Genf finden jeden Monat viele politische Diskussionen statt. Die folgenden Updates decken die wichtigsten Veranstaltungen des Monats ab. Für Veranstaltungsberichte, besuchen Sie die ’Past Events’ Rubrik des GIP Digital Watch Observatoriums. Der von Switzerland Global Enterprise (S-GE) organisierte Workshop untersuchte die Möglichkeiten der Schweiz, „Invest in ein starker und innovativer Cybersecurity-Standort zu sein. Die Veranstaltung fand am 5. Juni als Teil der Geneva Cybersecurity” Internet Platform (GIP) statt und sprach zwei Ziele an. Erstens verknüpfte sie die Cybersicherheitsbranche Workshop mit der Gemeinschaft der Investitionsförderer; zum anderen wurden in der Diskussion Ideen und mögliche Strategien zur Förderung der Schweiz im Bereich der Cybersicherheit entwickelt. Der öffentliche Vortrag von Dr. Peter Singer fand am 8. Juni im Hauptquartier der Weltorganisation für geis- tiges Eigentum (WIPO) statt und war der erste in einer Reihe von Vorträgen über Technologie und Ethik. Angesichts des schnellen technologischen Wandels sind viele Organisationen derzeit unter Druck, können aber Öffentlicher Vortrag: nur begrenzt auf die neuen Herausforderungen reagieren. Vor diesem Hintergrund bekräftigte Singer, dass Ethik, Technologie es wichtig sei, sowohl die sozialen als auch die ethischen Auswirkungen neuer Technologien zu berücksichti- und die Zukunft der gen. In Bezug auf verschiedene Denkschulen erklärte er, dass die Menschenrechte nicht als absolut betrachtet Menschheit werden sollten, sondern im Dienste menschlicher Ziele stehen sollten. Eigentumsrechte sollten im Namen von Notwendigkeiten, wie etwa Bedürfnissbefriedigung, eingeschränkt werden (wenn auch in unterschiedlichem Maße). Singer diskutierte auch bioethische Fragen und die Automatisierung von Arbeit, die von künstlicher Intelligenz (KI) angetrieben wird. Anwendung von Die Veranstaltung, die am 14. Juni vom Interregionalen Forschungsinstitut der Vereinten Nationen für Technologie zur Kriminalität und Justiz (UNICRI) organisiert wurde, erörterte neue technologische Möglichkeiten bei der Bekämpfung und Vorbeugung krimineller Phänomene. Die Diskussionen konzentrierten sich auf Technologie, Stärkung der Sicherheit Sicherheit und Entwicklung und legten den Schwerpunkt auf das SIRIO-Projekt (Verbesserung der Sicherheit und Förderung der durch Forschung, Technologie und Innovation), das darauf abzielt, aufkommende Risiken und ihre möglichen Entwicklung technologischen Lösungen zu identifizieren. Die Sommerschule, die vom 18. bis 29. Juni von der Universität Genf organisiert wurde, versetzte Studierende in die Situation einer „internet law clinic“, in der sie mit Akademikern/-innen, Praktikern/-innen, und Vertretern/- Genfer Internet innen globaler politischer Entscheider und internationaler Organisationen über Internetrecht und politische L@w Summer Fragen diskutierten. Zu den von der Sommerschule behandelten Themen gehörten Cybersicherheit, digitale School 2018 Privatsphäre und Online-Überwachung, Redefreiheit, Verbraucherschutz, rechtliche Fragen in Bezug auf sozia- len Medien, Gefahren von Cloud-Computing, Internet- und Telekommunikationsinfrastruktur, Datenschutz und geistiges Eigentum. Die 38. Tagung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen (UNHRC) fand vom 18. Juni bis 6. Juli im Palais des Nations in Genf statt. Zwei Resolutionsentwürfe sind hervorzuheben: eine Resolution zum Thema „Gewalt 38. Tagung des gegen Frauen“ und eine weitere zur „Förderung, Schutz und Wahrnehmung der Menschenrechte im Internet“. Menschenrechtsrates Die GIP berichtete von ausgewählten Nebenveranstaltungen. Weitere Updates folgen in unserem nächsten Newsletter. Genfer Die Genfer Cybersecurity Law & Policy Konferenz, die am 21. Juni von der Universität Genf und der Hebräischen Universität Jerusalem organisiert wurde, befasste sich mit der zivilrechtlichen Haftung im Zusammenhang Cybersecurity mit Cyber-Angriffen. Die Diskussionen beinhalteten rechtliche und politische Aspekte der Cybersicherheit Law & Policy und behandelten Datenschutz- und Cybersicherheitsverletzungen, Risikomanagement und Standards für die Konferenz Betreuung von Opfern von Cyberangriffen sowie die Zukunft der Cybersicherheit. Das Forschungskolloquium, organisiert von der Juristischen Fakultät der Universität Genf in Zusammenarbeit Genfer Internet L@w mit dem Berkman Center for Internet & Society an der Harvard Universität, dem CRIDES Zentrum für Wirtschaftsrecht und Gesellschaft an der Katholischen Universität von Louvain, der GIP und dem Institut Forschungskolloquium für Technologie und Gesellschaft (Rio de Janeiro), bot den Teilnehmern/-innen die Möglichkeit, ihre 2018 Forschungsergebnisse zu präsentieren, sich mit Experten/-innen auf dem Gebiet auszutauschen und wichtige Rückmeldungen zu erhalten. Dieses Symbol sagt Ihnen, dass weiteres Hintergrundmaterial in digitaler Form vorliegt. Außerdem können Sie https://dig.watch für weitere Analysen und Hintergründe besuchen. 2
Ausgabe 32 – Juni 2018 ANALYSE D E U T S C H HALBJAHRESBILANZ: WENN TECHNOLOGIE AUF MENSCHHEIT TRIFFT Vortsetzung von Seite 1 3. (3) Digitaler Handel und die Internetwirtschaft hosten. Während Unternehmen den Kampf gegen die Verbreitung illegaler Inhalte vorantreiben, haben die Regierungen damit Zu Beginn des Jahres suchten Handelsdiplomaten/-innen nach begonnen, neue Regeln zu verabschieden, die Konzerne dazu Wegen, um Meinungsverschiedenheiten zu überwinden, die sich bewegen, mehr zu unternehmen. auf dem WTO-Ministertreffen im Dezember 2017 herausgebildet hatten. In der ersten Hälfte des Jahres 2018 wurden auch die Risiken durch protektionistische Handelstrends und mögliche Handelskriege stärker ins Blickfeld gerückt. In Bereichen wie Wettbewerb, Besteuerung und Privatsphäre sind Regierungen zunehmend auf die Regulierung der Aktivitäten von Internetunternehmen ausgerichtet, was einen starken Wandel im Vergleich zu dem bisher vorherrschenden laissez-faire Ansatz darstellt. Fragen bezüglich der Besteuerung in der EU werden jedoch aufgrund der signifikanten Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedstaaten schwieriger zu bewältigen sein. 4. (2) Cybersecurity und Geopolitik: Die Suche nach neuen Governance-Mechanismen Im Jahr 2017 war das Thema Cybersecurity im öffentlichen Raum sehr stark vertreten. In diesem Jahr wurde die Suche nach neuen Wie erwartet, wurde Deutschlands neue Verordnung gegen Governance-Mechanismen fortgesetzt, wenn auch langsamer. illegale Inhalte und Frankreichs Ankündigung, zu Beginn des Jahres, eine Gesetzgebung gegen Fake News zu entwickeln, Die Suche nach einer Cybersicherheitsvereinbarung wird fortge- von weiteren politischen Entwicklungen begleitet. setzt. Auf globaler Ebene bleibt es abzuwarten, ob ein Kompromiss über die Zukunft der UN-Gruppe von Regierungsexperten (GGE) 8. (10) ICANN: Online-Identitäten, Zuständigkeit und erzielt wird. Parallel dazu werden sich auch andere Initiativen wei- Governance terentwickeln. Die Globale Kommission für Cyber-Stabilität wird vor- aussichtlich neue Normen entwickeln. Der Genfer Dialog über ver- Wie im Januar erwartet, war ICANN damit beschäftigt heraus- antwortungsbewusstes Verhalten wird die Rolle von Regierungen, zufinden, ob und wie dessen Richtlinien an die DSGVO ange- Unterntehmen und der Zivilgesellschaft skizzieren. Der Tech- passt werden können. Dieses Thema und andere Debatten im Sektor wird Vorschläge aus dem Tech Accord ausarbeiten. Zusammenhang mit generischen Top-Level-Domains (gTLDs) haben die Bedeutung von ICANN in öffentlichen Debatten erhöht. 5. (6) Bitcoin und Kryptowährungen: Zwischen Boom und Pleite Im Hinblick auf neue gTLDs hat die ICANN-Gemeinschaft ihre Arbeit zur Überprüfung des Programms fortgesetzt, aber eine Nach 2017, dem Jahr der Kryptowährungsrevolution, begann 2018 neue Runde neuer gTLDs wird nicht vor 2021 erwartet. als Jahr der Konsolidierung. Staaten begannen mitunter damit, die anfänglichen Münzangebote (ICOs) und die Sicherheit der 9. (9) Verschlüsselung: Druck auf Backdoor-Zugänge Kryptowährungen zu regulieren. Der stete Anstieg des Krypto- Jackings und die schwache Sicherheit von Krypto-Austauschen Die Prognose von 2018, dass die Regierungen wahrschein- führten dazu, dass Kryptowährungen häufig Schlagzeilen machten. lich den Druck auf Internet-Unternehmen erhöhen würden, Backdoor-Zugänge zu gewähren, hat sich nicht durchgesetzt, Andererseits, hat die EU die Europäische Blockchain- obwohl die Situation in Russland diese Möglichkeit in den Fokus Partnerschaft ins Leben gerufen. Insgesamt werden 22 gerückt hat. Dort hat der Oberste Gerichtshof entschieden, dass EU-Länder ihre Erfahrungen in diesem Regulierungsbereich Telegram seine privaten Verschlüsselungscodes mit den russi- austauschen. Sie werden sich auch auf den Start einer EU-weiten schen Behörden teilen muss. Blockchain-Anwendung vorbereiten. Verschlüsselung wird weiterhin einen hohen Stellenwert auf der 6. (4) Gerichte: Aktive Entscheidungsträger für digitale Regeln digitalen Agenda haben. Bisher gibt es keine politischen Lösungen für die oft gegensätzlichen Interessen der Tech-Industrie, die Bis jetzt gab es keine bahnbrechenden Gerichtsentscheidungen, die Vertraulichkeit ihres Datenverkehrs priorisieren, und das die mit denen im letzten Jahren vergleichbar wären. Allerdings Interesse der Regierungen, welche, aus gerechtfertigten (wie werden Gerichte weltweit öfters befasst. Beispielsweise hat die strafrechtliche Ermittlung) sowie ungerechtfertigten Gründen, DSGVO bereits einige Gerichtsverfahren ausgelöst. Zugriff auf den Datenverkehr haben möchten. Die Rolle der Gerichte sollte nicht als letztes Mittel zur 10. (8) Netzneutralität: Globale Auswirkungen der Verteidigung des Internets als solches unterschätzt werden, wie neuen Ordnung der FCC die US-Klage von Technologieunternehmen gegen die Federal Communications Commission (FCC) über die Aufhebung der Wie im Januar prognostiziert, gewann die Diskussion um techni- US-amerikanischen Netzneutralität zeigt. sche Netzneutralität kaum an neuer Bedeutung. Ein Großteil der Aufmerksamkeit in diesem Jahr galt der regulatorischen Situation 7. (7) Inhaltspolitik: Fake News und gewalttätiger in den USA. Mit dem Inkrafttreten der FCC-Verordnung haben Extremismus online mehrere Staaten in den USA beschlossen, die Angelegenheit selbst in die Hand zu nehmen. Wir bleiben bei unserer Prognose vom Jahresbeginn: Die Regierungen werden den Druck auf Internet-Plattformen weiter Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Halbjahresbilanz von Prof. erhöhen, Verantwortung für die Inhalte zu übernehmen, die sie Jovan Kurbalija. Lesen Sie den vollständigen Text. 3
Ausgabe 32 – Juni 2018 OBSERVATORIUM OBSERVATORIO D E U T S C H DIGITALE POLITIK: ENTWICKLUNGEN IM MAI Das monatlich veröffentlichte Internet Governance Barometer verfolgt spezifische Internet Governance (IG) Themen in politischen Debatten und zeigt Trends auf, indem es jeden Monat aktuelle Themen aufnimmt und mit den Entwicklungen der Vormonate vergleicht. Das Barometer bestimmt die Präsenz von bestimmten IG Themen im Vergleich zum vorherigen Monat. Weitere Informationen über die folgenden Updates sind im Netz erhältlich. Auf dem G7-Gipfel in Charlevoix, Kanada, haben die G7-Staats- und Regierungschefs eine gemeinsame Vision für die Zukunft von künstlicher Intelligenz (KI) verabschiedet. Unter anderem regt das Dokument die Förderung des menschen-zentrierten Ansatzes und die kommerzielle Weiterentwicklung von KI an. Weltweite IG Die Europäische Kommission richtete ein hochrangiges Treffen mit Vertretern/-innen philosophischer und Architektur nicht-konfessioneller Organisationen aus, um die ethischen und sozialen Herasuforderungen der KI zu dis- kutieren. Die von der Kommission geplanten ethischen Richtlinien sollen bis zum Ende 2018 vorliegen. Die Nationale Telekommunikations- und Informationsbehörde der USA (NTIA) hat relevante Stakeholder ein- geladen, um Kommentare zu vier Themenbereichen der internationalen Internet Politik der Behörde und steigend ihrer Prioritäten zu teilen. Diese beinhalten: (a) mögliche Reaktionen auf Einschränkungen im Bereich des freien Informationsflusses und der freien Meinungsäußerung online, (b) Prioritäten der USA in Hinblick auf ICANN, DNS Politik, und Reform des Internet Governance Forums, (c) geeignete internationale Arenen um Gefahren in Hinblick auf Cybersicherheit und den Schutz der Privatsphäre online zu adressieren, und (d) neue Technologie, die im Fokus internationaler Diskussionen stehen sollten. Nachhaltige Entwicklung Malaysia erwägt eine Verfassungsänderung, um Internetzugang als ein fundamentales Recht anzuerken- nen, insbesondere um die Lücke zwischen ländlichen und urbanen Regionen zu schließen. Es wird davon ausgegangen, dass dies als Anregung, auf nationaler wie förderaler Ebene, dienen wird, um entsprechende Dienstleistungen in Malaysia anzubieten. gleichbleibend Das Amt für Kontrolle von Auslandsvermögen (OFAC) der USA hat weitere Sanktionen gegenüber fünf rus- sischen Organisationen und drei russischen Personen angekündigt. Sie werden beschuldigt, durch ihre Sicherheit Tätigkeit für den russischen Geheimdienst direkt zu Rußlands offensiven Kapazitäten im Cyberspace und Unterwasser beigetragen zu haben. Während des Kim-Trump Gipfeltreffens, haben online Angriffe auf Singapur zugenommen. Zwischen dem 11. und 12. Juni alleine fanden 40 000 Attacken statt, wie Forscher aus dem Bereich der Cybersicherheit gleichbleibend berichteten. In diesem Zeitraum war Singapur viereinhalb mal mehr Attacken ausgesetzt, als die USA oder Kanada. Diese Anomalie wird auf das Treffen der Präsidenten in Singapore zurück geführt. Singapurs Behörde für Onlinesicherheit bestreitet jedoch diese Berichte. Uganda hat eine Steuer auf soziale Medien erhoben, um Geld für das Land zu sammeln. Nutzer sozialer Medien müssen 200 Uganda-Schillinge (0,05 US-Dollar) pro Tag zahlen, um beliebte Plattformen wie Twitter, E-Commerce Facebook und WhatsApp nutzen zu können. Das Gesetz tritt am 1. Juli in Kraft. und Internet- Mitglieder der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) – China, Russland, Kirgisistan, Wirtschaft Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan, Indien und Pakistan – haben eine gemeinsame Erklärung abgege- ben, nach der die Länder sich darauf einigen, dass ihre Handelsbeziehungen, insbesondere der Handel mit Gütern, vereinfacht werden sollen. Die Mitgliedstaaten berichteten auch über Governance-Aspekte und verwiesen auf „die Bedeutung gemeinsamer Anstrengungen zur Unterstützung und Stärkung des multila- teralen Handelssystems auf der Grundlage der Standards und Grundsätze der Welthandelsorganisation“. gleichbleibend Ein Londoner Gericht hat Uber eine 15-monatige, vorübergehende Lizenz ausgestellt, um in der britischen Hauptstadt Dienste anzubieten. Die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen ICANN und dem deutschen Domainname Registrar EPAG setzt sich fort. Mehr dazu auf Seite 6. Mitglieder des Zivilrechtskommittees des Europäischen Parlamentes haben für eine Resolution gestimmt, Digitale die die Europäische Kommission dazu aufruft, das Privacy Shield Abkommen mit den USA aussetzten, wenn Rechte nicht Richtlinien zum Datenschutz bis zum 1. September eingeführt werden. Die USA haben angekündigt, den UN Menschenrechtsrat zu verlassen, aufgrund der politischen Befangenheit des Rates, welcher es versäumt habe, bestimmte Akteure, die Menschenrechte verletzten, zur Verantwortung zu ziehen. steigend In ihrer Erklärung während der 38. Sitzung des Menschenrechtsrates, hat Dubravka Šimonović, UN Sonderbeauftragte für Gewalt gegen Frauen, über Möglichkeiten gesprochen, online Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen. Sie forderte neue Gesetze und bessere regulatorische Rahmenwerke. 4
Ausgabe 32 – Juni 2018 D E U T S C H Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlamentes (JURI) hat Vorschläge zu neuen Urheberrechts Rechtsprechung regelungen verabschiedet und damit eine weitreichende Debatte ausgelöst. Der kontroverse Artikel 13 der & rechtliche Direktive sieht vor, dass Internetplatformen, die eine große Anzahl von nutzergenerierte Inhalten haben, Fragen Maßnahmen ergreifen müssen, um mögliche Urheberrechtsverletzungen zu überwachen und zu identifizie- ren. Artikel 11, der eine Steuer für Firmen, die kurze Auszüge aus anderen Publikationen verwenden, zur Folge haben könnte, wurde ebenso kontrovers diskutiert. Mehr dazu auf Seite 7. In einer vorläufigen Entscheidung hat das Handelsgericht Wien entschieden, dass Youtube kein „neutraler steigend Vermittler“ ist und dass die Platform deshalb verantwortlich ist, Dritte am Hochladen von urheberechtsver- letzenden Inhalten zu hindern. Da Youtube Inhalte sortiert, filtert und verlinkt, kann es kein „intermediary“ im Sinne der Safe Harbour Vereinbarung sein. Die Solomon Inseln haben einen Vertrag über den Bau eines Unterseekabels mit der chinesischen Firma Infrastruktur Huawei beendet. Anstatt dessen wird der Inselstaat finanzielle Unterstützung von Australien erhalten, das dabei ist, sein Programm zur Entwicklungszusammenarbeit verstärkt auf den Pazifik auszurichtet. Facebook hat Pläne, sogenannte Internet-Drohnen zu entwickeln, aufgegeben. Die Entscheidung wurde gleichbleibend von dem wachsenden Interesse der Luftfahrtindustrie, in eben diese Technologie zu investieren, beeinflusst. In den USA trat die Restoring Internet Freedom Anordnung der Federal Communications Commission (FCC) im Juni in Kraft und hat damit die Open Internet Anordnung aus dem Jahr 2015 abgelöst und die Klassifizierung Netzneutralität von Breitband-Internetzugängen als einen leicht regulierten Informationsdienst wieder hergestellt. Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) und die indische Telekommunikationsregulierungsbehörde (TRAI) haben ein gemeinsames Statement für ein offenes Internet veröffentlicht. Es beschreibt den gemeinsamen Ansatz für ein Netzneutralitätsrahmenwerk in Europa und Indien und bekräftigt das Bemühen der Beteiligten, Vorschriften und Regeln für ein offenes Internet in den gleichbleibend jeweiligen Regionen zu überwachen und durchzusetzen. Weitere Meilensteine im Bereich KI wurden erzielt. Unter anderem hat IBM eine KI vorgestellt, die mit Menschen über komplexe Themen debattieren kann. Project Debater wurde lediglich mit allgemeinen Regeln und Methoden des Debattierens angelernt, nicht jedoch mit den konkreten Inhalten der Debatten. Die KI „benutzt eine sehr große Anzahl von Texten auf deren Grundlage sie ein gut strukturiertes Argument zu Neue einem ausgewählten Thema liefert, es mit Klarheit und Zielgerichtetheit vorträgt und Argumente der anderen Technologien Teilnehmer/-innen entkräftet”. Forscher/-innen am Computerwissenschafts- und KI-Labor des MIT haben (IoT, KI, etc.) ein KI-System entwickelt welches drahtlose Signale nutzt, um durch Wände zu „sehen” . RF-Pose genannt, nutzt das System ein neurales Netzwerk um menschliche Bewegungen auf Grundlage von Radiofrequenzen die vom menschlichen Körper reflektiert werden, zu identifizieren. Das System könnte für Such- und Rettungseinsätzen nach Naturkatastrophen ebenso wie für medizinische Zwecke genutzt werden. steigend In einem Blogbeitrag hat Googles CEO eine Reihe von Prinzipien beschrieben, welche die Arbeit der Firma im Bereich KI anleiten sollen. Unter anderem sollen Systeme entwickelt werden, die von Menschen zur Rechenschaft gezogen werden können und die keine Befangenheiten reproduzieren. Eine Anzahl vom Amazons Anteilseignern haben dem CEO der Firma geschrieben, um ihrer Sorge über den Verkauf von Gesichtserkennungssoftware an US Strafvollzugsbehörden durch Amazon Ausdruck zu verleihen. IM JULI & AUGUST 9–12 JUL 11–13 JUL 25–27 JUL 13–16 AUG 27–31 AUG 18. Globales IGF 2018: Second 10. BRICS Gipfel APrIGF Gruppe der Regierungsexperten Symposium für Open Consultations (Johannesburg, (Port Vila, Vanuatu) des CCW-Übereinkommens Regulatoren and MAG Meeting Südafrika) bezüglich letaler autonomer (Genf, Schweiz) (Genf, Schweiz) Waffensysteme (LAWS) (Genf, Schweiz) JULI SEPTEMBER 9–18 JUL 14–20 JUL 30 JUL–3 AUG 23–24 AUG High-Level Political IETF 102 LACIGF G20 Digitales Forum on Sustainable (Montreal, Kanada) (Buenos Aires, Wirtschafts- Development Argentinien) Ministerialtreffen (New York, USA) (Salta, Argentinien) Für weitere Veranstaltungsinformationen, besuchen Sie uns: http://dig.watch/events 5
Ausgabe 32 – Juni 2018 ANALYSE D E U T S C H URHEBERRECHT: DIE VOR- UND NACHTEILE VON ARTIKEL 13 Am 19. Juni hat der Rechtsausschuss des Europäischen Parlamentes (JURI) seinen Bericht zur Reform der Urheberrechtsdirektive verabschiedet. Eine der kontroversesten Bestandteile ist Artikel 13 . Im Folgenden rekapitulieren wir die wichtigsten Argument in Bezug auf den Vorschlag. Artikel 13 der Urheberrechtsdirektive führt eine neue Verpflichtung für Anbieter von Onlinediensten, die große Mengen an Nutzerbeiträgen hosten oder hochladen, ein. Diese sollen Die „Schnipsel Steuer“ Maßnahmen, wie etwa Erfassungstechniken, ergreifen, um Urheberrechte zu schützen. Die Maßnahmen sollen angemessen Im Zusammenhang mit diesem Artikel, gibt es auch Vorschläge, und verhältnismäßig sein. Anbieter von Onlinediensten müssen Artikel 11 und eine sogenannte „Schnipsel Steuer“ zu erheben. zudem Inhaber von Urheberrechten mit Informationen über die Dies würde Verlegern und Urheberrechtsinhaber/-innen das Maßnahmen und ihrer Umsetzung versorgen. Recht auf Kompensation für Weiterverwendung ihrer Inhalte einräumen. Befürworter dieses Vorschlags betonen, dass Pro-Argumente es wichtig ist, die Verlagswelt durch solche und verwandte Rechte zu schützen. Ähnliche Maßnahmen, die es erfordern, Die Kreativindustrie hat schon lange argumentiert, dass sie sig- dass Suchmachinen für die Verwendung von „Schnipseln“ nifikante Verluste durch die Verletzung von Rechten am geistigen bezahlen, wurden bereits in Deutschland und Spanien einge- Eigentum erfährt. Obgleich die Direktive zum E-Commerce Mit führt. tler verpflichtet auf die Meldung von Urheberrechtsverletzungen zu reagieren (ebenso wie auf andere illegale Inhalte), glaubt Gegner glauben, dass obwohl solche Maßnahmen auf die die Industrie, dass dies nicht so oft passiert wie es sollte. Einer großen Technologiekonzerne abzielen, diese Maßnahmen der Hauptkritikpunkte ist dabei, dass bestehende Regeln nicht am Ende all betreffen und eine Einschränkung der freien robust genug für eine entsprechende Umsetzung sind. Inhaber Meinungsäußerung darstellen. Blogger und Onlinegemein von Urheberrechten können zwar gerichtlich vorgehen, dieser schaften, sofern sie Themen von allgemeiner Bedeutung Prozess ist jedoch langsam. diskutieren und auf aktuelle Nachrichten verweisen, wären ebenso von dieser Maßnahme betroffen. Wenn Nachrichten Gibt es jedoch keinen angemessenen Schutz des geistigen umformuliert werden anstatt auf verlässliche Inhalte zu ver- Eigentums, dann haben Inhaber von Urheberrechten auch einen weisen, dann würden Fakenews und Falschinformationen geringen Anreiz Zeit und Geld in die Entwicklung von neuen, kre- Vorschub geleistet. Ebenso würde die Maßnahme Startups im ativen, und originären Lösungen zu investieren. Als Folge sind Nachrichtenbereich und kleine Verleger signifikant benach- weniger Menschen in der Lage, von den Erträgen ihrer Kreativität teiligen. Zudem ist es, angesichts von Erfahrungen aus der und ihrer Innovationen zu leben. Vergangenheit, sehr wahrscheinlich, dass die Maßnahme fehlschlägt. Einige Plattformen setzen bereits verschiedene Filter ein. Zum Beispiel sind Facebooks und YouTubes Inhalts management systeme bereits in der Lage, entsprechendes Material zu melden gefährden könnten. Solche Maßnahmen könnten sich zu einer und zu entfernen. Diese Beispiele zeigen, dass es bereits Form der Moderation entwickeln, die Missbrauch und willkür- Lösungen gibt, die nicht nur nicht intrusive sondern auch voll- liche Entscheidungen in Bezug auf erlaubte und zu entfernende kommen effizient sind, wenn es gilt geistiges Eigentum zu Inhalte zur Folge haben könnte. schützen. Es wird auch argumentiert, dass Artikel 13 im Widerspruch zu In Anbetracht der Unwirksamkeit der existierenden Regeln einem Prinzip steht, das die vorherige Moderation von Inhalten auf der einen Seite und der positiven Beispiele von freiwilligen verbietet – ein Kernstück der Vermittlerregulation. Der Vorschlag Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums, argumentiert würde damit zu einer weitreichenden Verschiebung des beste- die Kreativindustrie, dass der Vorschlag, die Mittlerdienste stär- henden Regelwerks und der bestehenden Prinzipien des ker zur Rechenschaft zu ziehen, den nächsten logischen Schritt Internets führen. darstellt. Aus technischer Sicht können Filter nicht in jedem Fall zwischen Kontra-Argumente Urheberrechtsverletzung und anderen Inhalten wie Parodie und Ähnlichem unterscheiden. Filter machen Fehler und dies birgt Viele Organisationen haben ihren Bedenken bezüglich Artikel 13 eine große Gefahr für die freie Meinungsäußerung und ein freies bereits Ausdruck verliehen und betonten, dass dieser Vorschlag Internet insgesamt. das „Internet wie wir es kennen, zerstören könnte”. Sie sor- gen sich, dass Inhaltsfilter als Überwachungswerkzeuge miss- Die Einführung entsprechender Maßnahmen würde auch zu braucht werden könnten und damit die freie Meinungsäußerung zusätzlichen Kosten für Anbieter führen, was kleine und mittel- ständige Unternehmen besonders treffen würde. Diese müssten entweder ihrer eigenen Lösungen zur Inhaltskontrolle entwi- ckeln oder (und dies ist weniger wahrscheinlich) eine gebrauchs- fertige aber teurer Lösung einkaufen. Was nun? Das Europäische Parlament wird am 5. Juli entscheiden, ob es der Position des Komitees vorbehaltlos zustimmt. Obgleich es Druck für ein schnelles Ende der Urheberrechtsverhandlungen gibt, würde ein negatives Votum der Parlamentarier würde Neuverhandlungen erlauben. Das Europäische Parlament würde dann in Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten, als Teil der Trilogue Phase, treten, um über ein endgültiges Ergebnis dieser Reform zu verhandeln. 6
Ausgabe 32 – Juni 2018 IM FOKUS D E U T S C H WHOIS UND DIE GDPR: DIE FRAGE NACH PERSÖNLICHEN DATEN Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), welche strengere Regeln in Bezug auf den Schutz personenbe- zogener Daten von EU Bürgern/-innen einführte, wirkt sich auch auf die Domainnamen aus. Es werden ver- mehrt Fragen gestellt, wie ICANN seine Politik in Einklang mit der DSGVO bringen kann. Insbesondere das WHOIS-System und die Verwendung von persönlichen Daten von Registranten sorgt für Diskussion. Im Überblick Zugriff auf nicht-öffentliche Registrierungsdaten ICANN, die Organisation die weltweit das Vergabesystem Während der Zugang zu nicht-öffentlichen Registrierungsdaten der Domainnamen (DNS) koordiniert, hat verschiedene für Nutzer/-innen mit legitimen Interessen noch erlaubt ist, gibt es Vereinbarungen mit Registraren und Registranten von generi- kein einheitliches System, um diesen Zugang zu regeln. Aus diesem schen Top-Level-Domains (gTLDs). Eine dieser Vereinbarungen Grund haben verschiedene Sektionen der ICANN-Gemeinschaft – durch das WHOIS System – betrifft das Sammeln und an einheitlichen Akkreditierungs- und Zugangsmodellen gearbei- die Veröffentlichung von Daten über die Registrierung von tet, und im Juni legte ICANN einen eigenen Vorschlag für ein mög- Domainnamen. Bisher hat dies persönliche Daten, wie Name, liches „einheitliches Zugangsmodell“ vor. Telefonnummer, Adresse und E-Mail, von Registranten sowie von administrativen und technischen Kontaktpersonen, die mit dem Das Dokument skizziert einen einheitlichen Ansatz für Register Domainnamen assoziiert sind, beinhaltet und Registrare, um Rechtsbehörden, anderen Regierungsstellen und bestimmten Kategorien privater Dritter Zugang zu nicht-öf- Vor einigen Jahren bereits hat die ICANN-Gemeinschaft ange- fentlichen WHOIS-Daten zu verschaffen. Es zeigt auch wich- fangen, Bedenken bezüglich der Angemessenheit des WHOIS tige Rollen für Regierungen auf. Beispielsweise würden die Systems in Bezug auf die Privatsphäre der Registranten zu Regierungen in die Identifizierung von Benutzergruppen einbe- äußern. Eine Gruppe von Experten/-innen wurde im Jahr 2012 zogen, die Zugang zu nicht öffentlichen Daten erhalten könnten. gebildet um eine alternatives Model für WHOIS zu entwickeln. Sie würden auch festlegen, welche Strafverfolgungsbehörden Es folgte eine Arbeitsgruppe, die im Jahr 2015 gegründet wurde ihrer Rechtsordnungen Zugang zu vollständigen WHOIS-Daten und damit beauftragt war festzustellen, „ob und warum eine erhalten sollen, und würden bei der Identifizierung relevanter neue Übersicht über die Registrierungen (Registration Directory Stellen zur Authentifizierung berechtigter privater Dritter kon- Service oder RDS) gebraucht wird, die WHOIS ersetzen könnte, sultiert werden. und ein Regelwerk zu kreieren um dieser Notwendigkeit nach- zukommen“. Die Gruppe arbeitete für mehr als zwei Jahre, Was nun? hatte aber Schwierigkeiten, sich auf eine gemeinsame Position zu einigen. Während des ICANN62-Treffens wurden diese Probleme aus- führlich diskutiert. Es gab unterschiedliche Ansichten, aber auch 2017 begann ICANN damit, sich die potentiellen Auswirkungen der die Bereitschaft der Gemeinschaft, bei der Arbeit an einem über- DSGVO auf WHOIS genauer anzusehen und mögliche Lösungen, arbeiteten WHOIS-System Kompromissbereitschaft zu zeigen die eine Einhaltung der Verordnung garantieren, zu erarbeiten. (angesichts der Tatsache, dass dies bis Mai 2019, wenn das vorläu- In diesem Zusammenhang setzte die Arbeitsgruppe ihre Arbeit fige Model ausläuft, notwendig ist). Das vorgeschlagene einheit- auf unbestimmte Zeit aus. liche Zugangsmodell bleibt Gegenstand der Diskussion, aber es ist noch nicht klar, ob diese Diskussionen Teil eines beschleunig- Vorläufiges Regelwerk ten Politikentwicklungsprozesses oder eines anderen Rahmens sein sollten. Der Großteil der Gemeinschaft scheint jedoch der Im März 2018 veröffentlichte ICANN ein vorläufiges Model zur Meinung zu sein, dass so bald wie möglich ein Zugriffsmodell zur Einhaltung der DSGVO , welches durch den Vorstand im Mai Verfügung stehen muss, das die Konsistenz, Einheitlichkeit und angenommen wurde. Das Model führt einige Anforderungen für Vorhersagbarkeit des Zugriffs gewährleistet. Registrare und Registranten von gTLDs ein: Für Updates folgen Sie der DNS-Seite des Digital Watch-Observato • Wird ein Domainname registriert, dann werden weiterhin riums. die persönlichen Details der Registranten sowie der admi- nistrativen und technischen Kontakte gesammelt. • Persönliche Daten sind nicht mehr über WHOIS verfüg- Klarheit durch Gerichtsentscheide bar. Register und Registrare können Registranten die Möglichkeit geben, ihre Einwilligung zur Veröffentlichung Am 25. Mai erhob ICANN Klage gegen die in Deutschland der Daten zu geben. ansässige Registrierstelle EPAG wegen ihrer Entscheidung, • Register und Registrare stellensicher, dass Nutzer/-innen die Erfassung administrativer und technischer Kontakt die Registranten sowie die administrativen und techni- informationen bei der Registrierung von Domainnamen ein- schen Kontakte über eine anonymisierte E-Mail oder ein zustellen. Während EPAG behauptete, dass das Sammeln sol- Onlineformular kontaktieren können. cher Daten gegen die DSGVO verstoße, argumentierte ICANN, • Register und Registrare müssen Zugang zu nicht-öf- dass der Registrar seinen Vertrag verletze. fentlichen Registrierungsdaten gewähren, wenn ein „legitimer und verhältnismäßiger Grund“ (wie etwa Das Landgericht Bonn hat gegen ICANN entschieden und bei Rechtsbehörden, Trägern von IP Rechten, und argumentiert, dass die Erhebung personenbezogener Daten Sicherheitsforschern) vorliegt, soweit diese nicht durch das des Domain-Namen-Registranten für Zwecke des Schutzes Recht von Datensubjekten verdrängt wird. vor Missbrauch von Domainnamen ausreichend sei. ICANN legte gegen diese Entscheidung Berufung ein, da sich das Register und Registrare müssen diese Regeln anwenden „wenn Gericht nicht über den Geltungsbereich der DSGVO im Klaren von der GDPR gefordert“, können diese aber auch global anwen- war und nicht darauf hinwies, dass die Sammlung administ- den. Da das vorläufige Model nur bis zu einem Jahr in Kraft sein rativer und technischer Kontaktdaten gegen die Verordnung kann, wurde ein beschleunigter Politikentwicklungsprozess ein- verstoßen würde. Am 21. Juni gab das Bonner Gericht seinen geleitet, um einen Konsens für ein überarbeitetes WHOIS-System Beschluss bekannt, das ursprüngliche Urteil zu überprüfen. zu erreichen. 7
Ausgabe 32 – Juni 2018 SPRACHE D E U T S C H DIE ANKUNFT VON „TECH“ Wenn Sie unsere Berichterstattung über die Diskussionen des Internet Governance Forums (IGF) im Laufe der Jahre verfolgt haben, werden Sie wissen, wie genau wir der Verwendung von Präfixen im digitalen Sprachgebrauch folgen. Wir haben unsere Analyse erweitert und dabei ein neues Präfix in digitalen Diskussionen entdeckt. Die Verwendung von Präfixen in politischen Diskussionen ist mehr „Tech-Unternehmen“ ist am beliebtesten, gefolgt von „Tech- als nur eine Untersuchung der Sprachentwicklung. Präfixe sagen Riese“, „Tech-Unternehmen“, „Tech-Industrie“ und „Tech-Titan“. uns, in welche Richtung Diskussionen geführt werden und wie Diese fünf Begriffe machen mehr als 65% der „Tech“ -Nutzung bestimmte Themen umrahmt und nuanciert werden. aus. Die Domäne, die dieser Präfix beschreibt, bezieht sich auf die Technologiebranche, die allgemein als breiter als die Traditionell waren „e-“, „cyber“, „net“, „digital“, „online“ und „virtuell“ Internet-Industrie verstanden wird, aber enger als Industrie am dominantesten. Die Präfixe wurden (und werden) in bestimmten allgemein. Domänen verwendet. Zum Beispiel wird „e-“ jetzt typischerweise im Kontext von E-Commerce verwendet. „Cyber“ wird hauptsächlich in Die Begriffe „Tech-Giganten“ und „Tech-Titanen“ beschreiben jene Sicherheitsfragen verwendet. „Virtuell“ wird heute hauptsächlich Unternehmen, die einen großen Marktanteil haben, typischer- für die aufkommende Technologie der virtuellen Realität verwendet. weise konzentriert in der Region des Silicon Valley. In diesem Zusammenhang wurde „techplomacy“ geboren. Der Ausdruck In diesem Jahr richten wir unser Augenmerk auf The Economist beschreibt diplomatische Beziehungen mit Unternehmen aus der und seine Berichterstattung über digitale Themen. Die Sprache Region um San Franzisko. Der Begriff wird wahrscheinlich eine hat sich weiterentwickelt, da das Präfix oder der Deskriptor „Tech“ breitere Anerkennung und Verwendung gewinnen. dominant bei der Beschreibung von digitalen Themen geworden ist. Unsere Analyse der Artikel des Economist zu digitalen Themen, Schließlich wird „Fintech“ - wie der Name schon sagt - überwie- die zwischen dem 1. Januar und dem 28. Juni 2018 veröffentlicht gend im Bereich der Finanztechnologie eingesetzt. Der Begriff wurden, zeigt, dass „tech“ jetzt häufiger verwendet wird als die beschreibt den Einsatz von Technologie zur Unterstützung, zum bisherigen von uns identifizierten Präfixe. Angebot oder zur Durchführung von Finanzdienstleistungen. Im Einklang mit unseren Vorhersagen für die nächsten sechs Monate Tech, kurz für Technologie, wird als Präfix verwendet, wie in (siehe die Seiten 1 und 3) können wir sagen, dass die wachsende „techplomacy“, oder als ein Deskriptor, wie zum Beispiel bei Tech- Bedeutung von „inclusive finance“ und Kryptowährungen den Industrie, Tech-Politik, etc. Es wird auch als ein Suffix in dem Fintech-Sektor weiter in den Mittelpunkt rücken wird und damit Begriff „Fintech“ verwendet. die Verwendung des „Tech“-Deskriptor weiter ausbaut. tech 182 digital 163 net 7 PRÄFIXE online cyber 101 40 e- 74 QR Code zum Herunterladen Abonnieren Sie unsere Updates https://dig.watch der digitalen Ausgabe unseres Newsletters. 8
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