FASZINATION VOGELZUG - AVES OSTKANTONE VOG
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DOSSIER September 2012
AVES—Ostkantone VoG
Faszination Vogelzug
Ein typisches Frühlingsbild: Vogelschwärme und –gruppen ziehen über das Land. Die einen
sind auf dem Weg in nördlichere Gefilde, die anderen kommen, um bei uns zu überwintern.
Je mehr Wissenschaftler über das Geheimnis des Vogelzugs herausfinden, desto faszinieren-
der erscheint das alljährliche Phänomen: Orientierung und Navigation bei Tag und Nacht,
bei bedecktem Himmel oder Sonnenschein. Non-Stop-Flüge über Wüsten, Ozeane und Ge-
THEMA birge. Pünktliche Ankunft an den Brutplätzen, oft auf den Tag genau, nach Reisen von 8.000
bis 10.000 Kilometern. Was aber lässt weltweit rund 50 Milliarden Vögel zweimal im Jahr
Faszination Vogel- zwischen ihren Brutgebieten und Winterquartieren hin- und herpendeln? Woher wissen die
zug Tiere überhaupt, wann sie abfliegen müssen und wo die Reise hingeht? Welche Routen be-
nutzen sie? Wie orientieren sie sich auf ihrer Reise? Wie viel Energie verbraucht ein Vogel
Neue wissenschaftli-
während seines langen Flugs? Warum ziehen die Vögel in Formationen über den Himmel?
che Erkenntnisse zum
AVES – Ostkantone versucht hier eine Synthese der aktuellen Erkenntnisse des Vogelzugs zu
Geheimnis des Vo-
geben.
gelzugs
Die Leistungen der Zugvögel
Zugvögel sind Höchstleis- Thermik und gleitet auf war- große Energieleistung ist des-
tungssportler. Sie sind imstan- men Luftkissen. Dabei ver- halb möglich, weil sie sich vor
de, Tausende von Kilometern braucht er sehr wenig Energie. ihrer Reise einen großen Fett-
in kurzer Zeit zurückzulegen. Die meisten Störche überwin- vorrat anfrisst. Die Blässgans
Manche von ihnen machen tern in Afrika, einige fliegen kommt in Ostbelgien gelegent-
dabei noch nicht einmal eine nur bis Südeuropa. Sie fliegen lich als Wintergast vor. Be-
Pause. bis zu 400 Kilometern täglich, kannte Überwinterungsgebiete
Einige Beispiele: bei einem Durchschnittstempo befinden sich an der Maas.
von 90 Stundenkilometern.
Der Weißstorch macht auch Der Kranich …
Die Küstenseeschwalbe … regelmäßig in Ostbelgien halt.
... ist der bekannteste Zugvo-
gel. Er ist gut am Himmel zu
erkennen, weil er 1,20 Meter
groß ist und eine Flügelspann-
breite von 2 Metern hat. Auch
durch seine charakteristischen
Rufe fällt der Kranich beson-
ders auf. Bevor Kraniche in
den Süden ziehen, sammeln
sie sich in riesigen Scharen auf
Foto: Gerhard Reuter Foto: Gerhard Reuter den Sammelplätzen bei Rügen
und Stralsund. Von dort aus
... fliegt von allen Zugvögeln Die Blässgans ... ziehen sie in Schwärmen nach
am weitesten. Sie brütet in der Spanien oder Portugal. Krani-
Arktis und fliegt dann in die ... flattert bei ihrem Zug unun- che gelten im Herbst seit jeher
Antarktis, um dort zu überwin- terbrochen mit den Flügeln. als Vorboten des Winters, im
tern. Das sind hin und zurück Trotzdem schafft sie eine Stre- zeitigen Frühjahr kündigen sie
40.000 Kilometer. Die Küsten- cke von 6.000 Kilometern. Die das Herannahen der warmen
seeschwalbe umkreist also in Jahreszeit an.
jedem Jahr einmal den gesam-
ten Globus. Sie ist ein so ge-
nannter "Langstreckenzieher".
Der Weißstorch ...
... ist der größte Energiesparer.
Anstatt mit den Flügeln zu
schlagen, lässt er sich von
Aufwinden tragen. Er nutzt die Foto: Gerhard Reuter
Foto: Gerhard Reuter
Faszination Vogelzug AVES—Ostkantone VoG
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Überwinterungstrategien der Vögel
Vögel haben unterschiedliche manche bleiben den ganzen dieser Hinsicht kaum einzustu-
Strategien den Winter zu über- Winter über im Brutgebiet fen, denn sie ändern ihr Zug-
stehen: Einige Vogelarten (Standvögel). Es gibt sogar verhalten, nicht zuletzt als
ziehen dafür bis ans andere Vogelarten, bei denen einige Folge des Klimawandels.
Ende der Welt Vögel zum Überwintern fort-
(Langstreckenzieher), andere ziehen und andere "zu Hause"
legen nur kurze Strecken zu- bleiben (Teilzieher). Und
Bergfink,stößt während der rück (Kurzstreckenzieher) und noch… einige Arten sind in
Wintermonate in den ostbelgi-
schen Raum vor
Foto: Gerhard Reuter Wer gerne Insekten frisst, zieht ...
Bei uns gibt es im Winter viel oder Grasmücken. Für sie ist Schließlich können sie so im
weniger Insekten als im Som- es energetisch günstiger, eine Frühjahr als Erste ein gutes
mer. Vögel, die sich haupt- Reise in den Süden anzutreten, Revier belegen und möglichst
sächlich von Insekten ernäh- als hier zu bleiben. Beeren- früh anfangen zu brüten.
ren, verbringen deswegen die und Körnerfresser hingegen Haussperlinge zählen bei-
kalten Monate an anderen, finden auch im Winter noch spielsweise zu den Standvö-
insektenreicheren Orten. Das genügend Nahrung. Für sie ist geln, ebenso die Elster und der
gilt beispielsweise für Schwal- es besser, das Brutgebiet nicht Eichelhäher.
ben, die meisten Drosselarten , zu verlassen.
Mönchsgrasmücke (W), als
typischer Insektenfresser zieht
sie ab Herbst gen Süden, Rich- Unterschiede auf engstem Raum
tung Afrika.
Foto: Gerhard Reuter Für Vögel, die sich vielseitig schen weitem Zug und dem Teilzieher: sie stellen rund
ernähren, ist das Nahrungsan- Verbleiben im Brutgebiet gibt 80% der örtlichen Vogelfauna.
gebot im Winter zwar einge- es bei ihnen zahlreiche Abstu- Bekannte Beispiele für Teil-
schränkt, aber durchaus vor- fungen. Oft gibt es auch regio- zieher sind das Rotkehlchen,
handen. Sie stellen die Popula- nale Unterschiede. Die meis- die Amsel und der Star.
tionen der Teilzieher. Zwi- ten der hiesigen Vögel sind
Der Trend geht zum Reisemuffel ...
Bemerkenswert ist, dass es ten beispielsweise noch vor immer milderen Wintern be-
unter den Teilziehern einen einigen Jahrzehnten eigentlich dingt durch den Klimawandel
eindeutigen Trend gibt: Immer als Zugvögel. Heute bleiben und mit der Tatsache, dass die
mehr Vögel dieser Gruppe sie überwiegend im Brutge- einst scheuen Waldbewohner
zeigen Standvogelverhalten biet. Wissenschaftler bringen die Städte für sich erobert
und ziehen nicht. Amseln gal- das in Zusammenhang mit den haben.
Ab August verlassen uns die
Schwarzstörche, deren Fami-
lienverbände werden öfters
beobachtet.
Foto: Gerhard Reuter
Der Vogelzug vollzieht sich
vielfach im Verborgenen, Seidenschwänze fallen gelegentlich invasi- Die Blaumeise ist zwar „winterfest“ und regel-
unspektakulär, während der onsartig auf der Suche nach Nahrung in un- mäßiger Gast an den Futterhäusern, allerdings
ser Gebiet ein. Sie bezeichnet man daher sind es vorwiegend Exemplare aus Nordösteu-
Dämmerungs– oder
auch als Invasionsvögel ropa. Die heimischen sind gen Süden abgezo-
Nachtstunden. gen.
Foto: Gerhard Reuter
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Faszination Vogelzug
Ein kleiner Singvogel schlüpft Was so selbstverständlich und Woher weiß er, wann der
aus dem Ei und wird von sei- natürlich erscheint, hat Wis- Tag der Abreise gekom-
nen Eltern aufgepäppelt. senschaftlern jahrhundertelang men ist?
Schließlich wird er flügge und Kopfzerbrechen bereitet und Woher weiß er, wie weit er
verlässt das Nest, frisst sich viele Fragen aufgeworfen: fliegen muss?
noch ein wenig rund und ir-
gendwann zwischen Ende Woher weiß der Vogel, Und und und …
August und Mitte Oktober tritt dass er ein Zugvogel ist?
er kurz vor Einbruch des Win- Woher kennt er seine Rou- An den ostbelgischen Talsperren
ters eine lange Reise an. te? und Seen, Weihern und Tümpeln
finden sich bisweilen Scharen
osteuropäischer Wasservögel.
Viele Fragen … und die Antworten? Hier Krickenten am Stausee von
Bütgenbach.
Bis vor einigen Jahren gab es den so genannten Standvö- ren, dass wir das Phänomen
allgemein zum Thema Vogel- geln. Die Nachkommen dieser Vogelzug in Mitteleuropa in Foto: Gerhard Reuter
zug, zum Wie oder Warum Paare waren zum überwiegen- den nächsten 100 Jahren viel-
nur Theorien: Der Vogel wei- den Teil Mittelstreckenzieher. leicht verlieren.
che der schlechten Witterung Den Forschern aus Radolfzell Vögel besitzen ein angebore-
aus und folge dem besseren ist es inzwischen sogar gelun- nes Wissen darüber, wann es
Nahrungsangebot, meinten die gen, eine Population von Mit- Zeit ist, die Reise in ihr Win-
einen. telstreckenziehern durch Se- terquartier anzubrechen und in
Der Vogel folge einem ange- lektion und Zucht in eine Po- welche Richtung sie ziehen
borenen Programm, sagten die pulation von Standvögeln um- müssen. Auch wenn ihr Zug
anderen. zuwandeln. über Tausende von Kilometern
Wieder andere Wissenschaft- Derzeit wird an einem Ver- führt, kommen sie punktgenau
ler behaupteten, der Vogel such gearbeitet, aus einer Po- an ihrem Ziel an.
lerne den Weg von seinen pulation von Langstreckenzie- Aber wie setzen die Zugvögel
Eltern. Seit einiger Zeit hern Nachkommen mit Stand- diesen inneren Befehl konkret
scheint die Sache mit dem vogelverhalten zu züchten. in die Tat um? Was befähigt
Vogelzug nun relativ klar zu Prognosen gehen von einer sie dazu, mit höchster Präzisi-
sein. Versuchsdauer von etwa 25 on eine solche Navigations-
Forscher haben Kreuzungsver- Jahren aus, aber erste Erfolge leistung auszuführen?
suche mit Mönchsgrasmücken sind bereits erkennbar. Un- Sie müssen sich zunächst
durchgeführt. Mönchsgrasmü- längst ist es den Genetikern "einnorden", denn die Zu-
cken sind Teilzieher. Das aus Radolfzell sogar gelungen, grichtung bezieht sich immer
heißt, manche Individuen zie- erste Gene für den Vogelzug auf einen Referenzpunkt. Aber
hen sehr weit, andere nur kur- zu identifizieren. Die Arbeiten das alleine reicht nicht: Sie Verluste am Fischbesatz an Bin-
ze Strecken und wieder andere Bertholds sind bedeutsam für brauchen eine Art Feinjustie- nengewässern durch im Winter
ziehen gar nicht. Mit der Zu- die gesamte Vogelzugfor- rung zur präzisionsgenauen einfallende Kormorane.
grichtung verhält es sich ähn- schung und die Evolutionsbio- Umsetzung des Zugbefehls. In Ostbelgien an den Wasserläu-
lich. Einige Mönchsgrasmü- logie. Zum einen zeigen sie, Selbst kleinste Kursänderun- fen, und allen fischbesetzten
cken ziehen über Gibraltar dass evolutive Prozesse in sehr gen haben bei den langen Stehgewässern.
nach Afrika, andere über Zy- kurzer Zeit stattfinden können. Flugstrecken große Auswir-
pern und Israel. Die Wissen- Zum anderen machen sie deut- kungen: Bei nur einem Grad Foto: Gerhard Reuter
schaftler unter der Leitung von lich, dass die Teilzieher ein Abweichung vom Kurs käme
Professor Peter Berthold der Bindeglied zwischen Standvö- ein Vogel mit einer Flugstre-
Vogelwarte Radolfzell haben geln und Zugvögeln darstel- cke von 4.000 Kilometern
Ost- und Westzieher der len. Das System ist offenbar schon über 65 Kilometer ne-
Mönchsgrasmücken miteinan- nicht so starr, wie die Ornitho- ben seinem anvisierten Ziel
der verpaart und heraus ka- logen lange gedacht haben. an.
men: Südzieher. Dieser Ver- Stand- bzw. Zugvögel sind
such wurde vielfach variiert wahrscheinlich nur Teilzieher,
und kam immer zu dem glei- die sehr stark in die eine oder
chen Ergebnis: Der Vogel erbt andere Richtung selektiert
Leben sehr diskret aber regelmä-
die Zugrichtung von seinen sind.
ßiger Durchzug und Aufenthalt in
Eltern; sie ist also eindeutig Äußere Einflüsse könnten jetzt
Ostbelgien (vorwiegend aus Os-
angeboren. für weitere Änderungen im
ten Europas herkommend): die
Wie aber verhält es sich mit Verhalten der Tiere sorgen:
Bekassine.
der Zugweite? Berthold paarte Die globale Erwärmung mit
Langstreckenzieher mit sol- den milden Wintern wird nach Foto: Gerhard Reuter
chen Vögeln, die nicht ziehen, Ansicht Bertholds dazu füh-
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Wohin ziehen die Vögel
Fluggeschwindigkeiten:
40km/h: Sperber, Neuntöter
50 km/h: Ringeltaube, Möwen,
Kranich, Nebel– und Saatkrähe
55km/h: Buchfink, Zeisig
60 km/h: Wanderfalke, Fich-
tenkreuzschnabel, Dohle
75 km//h: Star
90 km/h: Taube, Likikolen
120 km/h: Krickente
150 km/h: Mauersegler
Zu den bekanntesten Kurz-
streckenziehern Europas
zählen:
Buchfink (Sommer:
Skandinavien, Russland;
Winter Deutschland, Spanien, Portugal)
Rotkehlchen (Sommer: Nord- und Osteuropa Winter: Mittelmeerraum, naher Osten)
Star (Sommer: Mittel- und Osteuropa; Winter Mittelmeerraum, Nordwestafrika, atlanti-
sches Westeuropa)
Kiebitz (Sommer: Nord- und Osteuropa, Winter: Südeuropa)
Feldlerche (Sommer: Skandinavien, Osteuropa; Winter: Mittel- und Südeuropa)
Zu den bekanntesten Langstreckenziehern Europas zählen:
Nachtigall (Sommer: Mitteleuropa; Winter: Afrika südlich der Sahara)
Rauchschwalbe (Sommer: Mitteleuropa; Winter: Mittel- und Südafrika)
Mehlschwalbe (Sommer: Eurasien, Nordafrika; Winter: West- und Südafrika, bzw. Nord-
ostindien)
Formationsflug
Zugvögel fliegen oft in einer wieder ab, damit nicht nur Hier fahren die Hinteren im
keilförmigen Formation oder einer die ganze Schwerarbeit Windschatten der Vorderen.
im Schwarm, wenn sie ihr leistet. Sie fliegen also ab- Die Energieersparnis bei den
Sommer- oder Winterquartier wechselnd in aufwärts gerich- Vögeln liegt hierbei übrigens
aufsuchen. Das hat damit zu teten Luftwirbel des Vorderen. bei bis zu 14 Prozent.
tun, dass sie auf diese Weise Im Mannschaftssport – wie
Energie sparen. Die Vögel beispielsweise beim Radfah-
wechseln sich dabei immer ren wird das auch gemacht.
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Zugvögel sind Spitzensportler
gezogen wurde. Sein Verhal- allen Piloten gefürchtet. Man
Zugvogelrekorde
ten macht besonders deutlich, könnte denken, in über 11.000
Auf ihren weitreichenden Rei- dass Zugzeitpunkt, -richtung Metern Höhe wäre man zu-
sen stellen Zugvögel so man- und -dauer angeboren sind. mindest davor sicher. Weit
chen tierischen Rekord auf. gefehlt: Einem Piloten flog in
Einer der winzigsten Zugvö- sage und schreibe 11.300 Me-
Beeindruckend sind nicht nur
die Entfernungen, die sie zu- gel tern Höhe über der afrikani-
rücklegen, sondern auch, in schen Westküste ein Sperber-
Der Rubinkehlkolibri ist nur geier ins Triebwerk. Der Gei-
welcher Höhe sie fliegen kön-
wenige Zentimeter groß, ver- er, der allerdings kein Zugvo-
nen. Planet Wissen stellt ihnen Die Überquerung der Sahara
gleichbar mit einer großen gel ist, hatte diese Höhe bei
einige der kleinen und großen ist kein einfaches Unterfangen.
Hummel. Und so hört sich das außergewöhnlich guten Auf-
Rekordhalter vor: Foto: AVES –Archiv
auch an, wenn er im Schwirr- winden erreicht. Zugvögel wie
flug vor einer Blüte "steht" Streifengänse überqueren den
Die kurioseste Zugroute
und Nektar nascht. Gerade mal Himalaja immerhin in 9000
Die Brutgebiete des Stein- vier Gramm schwer, schafft er Meter Höhe. Singschwäne und
schmätzers reichen von ganz es trotzdem, auf seiner Zug- Mauersegler wurden in 8000
Europa bis nach Kanada, route von Kanada nach Costa Metern Höhe gesichtet. Stör-
Grönland und Alaska. Eigent- Rica, den Golf von Mexiko im che lassen sich von Aufwin-
lich gäbe es für die nordameri- Non-Stop-Flug zu überqueren. den bis in Höhen von 4800
kanischen Steinschmätzer 1000 Kilometer ohne Rast. Meter tragen.
ideale Überwinterungsbedin- Physiologische Messungen
gungen auf den pazifischen haben ergeben, dass der Vo-
Inseln oder in Mittel- und Süd- gel-Winzling diese Strecke
amerika. Aber die etwa amsel- eigentlich gar nicht durchste-
großen Vögel ziehen nicht hen kann. Des Rätsels Lösung:
etwa südwärts in die nächstge- Die Forscher maßen den Ener-
legenen Winterquartiere, son- gieverbrauch des Vögelchens
dern wandern quer durch Asi- beim Schwirrflug. Während
en bis nach Südwestafrika: des Zuges schaltet der Kolibri
eine aberwitzig lange Strecke aber auf eine wesentlich ener-
von mehr als 15.000 Kilome- giesparendere Flugtechnik um,
ter. Die Zugroute verläuft die mit deutlich weniger
wahrscheinlich auf den glei-
chen Pfaden, auf denen sich Die weiteste Zugstrecke
die Art, die ursprünglich nur
Schon das "Design" verrät:
in Europa beheimatet war,
Bei der Küstenseeschwalbe
ausgebreitet hat. Jahreswan-
handelt es sich um einen aus-
derstrecke der Alaska-
geprägten Langstreckenzieher.
Steinschmätzer-Population:
Aerodynamischer Körperbau,
bis zu 35.000 Kilometer. charakteristisch gegabelte
Schwanzfedern und lange
Der einsamste Zugvogel
gewinkelte Flügel: wind-
Der Kuckuck sieht seine rich- schnittig und ideal zum Se-
tigen Eltern nie. Als Ku- geln. Die Küstenseeschwalbe
ckucksei in ein fremdes Gele- ist der Zugvogel mit der längs-
ge geschmuggelt, lässt sich der ten Zugstrecke. Bereits bei der
junge Schmarotzer von seinen, Hinreise legt sie über 20.000
meist um ein Vielfaches klei- Kilometer zurück. Vom Brut-
neren Gasteltern hochpäppeln. gebiet an den Küsten Grön-
Bis das Nest irgendwann zu lands und Alaskas bis zum
klein wird. Und dann ge- Winterquartier in die Antark-
schieht etwas Erstaunliches: tis. Inklusive Rückflug ist das
Ohne Flugunterricht flattert eine Jahreswanderleistung von
der kleine Kuckuck los und bis zu 50.000 Kilometern.
macht sich ganz alleine auf in
Richtung Winterquartier. Egal, Die höchste Zughöhe
ob er von Nichtziehern, wie
Die Kollision mit einem Vogel
Zaunkönigen, oder Teilzie-
während des Fluges ist von
hern, wie Rotkehlchen, groß-
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Der Magnetsinn - der 6. Sinn der Vögel
Bei der Feinjustierung hilft
den Vögeln eine Art "sechster
Sinn": der Magnetsinn, der
wie ein biologischer Kompass
funktioniert. Forscher gehen
heute davon aus, dass auch
Gilt als Teilzieher, das
dieser Magnetsinn angeboren
Rotkehlchen
sein muss. Wo dieses Sinnes-
Foto: Gerhard Reuter organ jedoch genau liegt, ist
noch umstritten. Man vermu-
tet, dass dafür ein Lichtrezep-
tor in den Nervenzellen der
Augen verantwortlich ist: das
Cryptochrom. Es soll magneti-
sche Informationen für den
Vogel in visuelle Wahrneh-
mung umsetzen. Da das Cryp-
tochrom sehr sensibel reagiert,
könnte der Vogel damit sogar
das Magnetfeld der Erde sehen
und sich daran orientieren.
Die Zugvögel, die jedes Jahr
in den Süden und wieder zu-
rückziehen, finden mühelos Vögel verfügen übereinen inneren Kompass. Sie nehmen das
ihren Weg. Viele wählen sogar magnetische Feld der Erde wahr und bestimmen hieraus ihre
jedes Jahr die gleichen Rou- Zugrichtung.
ten, Rast- und Überwinte-
rungsplätze. Wie sie das ma- Seit 2007 rückt Gerta Fleiss- Diese Eisenverbindungen for-
chen, ist den Wissenschaftlern ner den Magnetrezeptoren im men mikroskopisch kleine
schon lange ein Rätsel. Doch Schnabel mit Technik aus der Blättchen und Kügelchen. Es
seit einigen Jahren verblüfft Kernteilchenphysik zu Leibe. liegen immer fünf Blättchen in
Gerta Fleissner von der Jo- In einem 300 Meter langen einer Reihe, dann kommt ein
hann Wolfgang Goethe- Tunnel am Deutschen Elektro- Kügelchen, dann wieder fünf
Universität Frankfurt mit einer nen-Synchrotron Desy in Blättchen. Die Blättchen lie-
neuen Theorie: Danach helfen Hamburg kreisen Elektronen gen in einer Reihe in einer
den Vögeln bei ihrer Orientie- mit fast Lichtgeschwindigkeit Nervenzelle. Das dazwischen-
rung mikroskopisch kleine und geben sehr energiereiche liegende Kügelchen ist mit
Strukturen, die in der Haut um Röntgenstrahlung ab. Diese kleinen Bändchen an der Ner-
den Schnabel herum sitzen. Strahlung wird zum Mess venzellenwand befestigt.
Zwar vermuteten Naturfor- platz von Gerta Fleissner ge-
Gerta Fleissner hat diese
Der Rotmilan, unser größ- scher schon vor 150 Jahren, leitet, der neben dem Tunnel
Strukturen bei allen Vögeln
ter Taggreif zählt zu den dass Vögel eine Art Kompass steht. Unter der energiereichen
gefunden, die sie bisher unter-
Zugvögeln. Er überwintert haben, mit dem sie sich am Röntgenstrahlung beginnen
sucht hat. Bei Rotkehlchen,
Erdmagnetfeld orientieren. Atome zu fluoreszieren, das
im Mittelmeerraum. Gartengrasmücken, Tauben
heißt, zu leuchten. und sogar bei Hühnern. Nach
Foto: Gerhard Reuter Es war lange unklar, mit wel-
chem Organ Vögel die Mag- An der Farbe des Lichts erken- ihrer Theorie funktioniert der
netfeldrichtung erkennen, bis nen die Experten, wie die Ato- Kompass so: Steht das Erd-
Experten um die Jahr tausend- me gebunden sind. Die Struk- magnetfeld senkrecht zu den
wende herausfanden, dass turen in der Schnabelhaut ent- Blättchen, passiert gar nichts,
Vögel mit dem Auge Magnet- puppen sich dabei als eine denn es ist zu schwach.
felder wahrnehmen. Als zwei- besondere Eisenverbindung,
Steht das Magnetfeld aber
tes Organ, das Magnetfelder bei der auf zwei Eisenatome
parallel zu den Blättchen, wird
misst, bringt Gerta Fleissner drei Sauerstoffatome kommen.
es von ihnen verstärkt. Dann
jetzt mikroskopisch kleine Wenn sie in einer bestimmten
reicht die Kraft aus, das Kü-
Strukturen im Schnabel als Form angeordnet sind, sind sie
gelchen von der Zellwand
Rezeptoren ins Spiel. Sie sol- in der Lage, Magnetfelder zu
wegzuziehen. Dieser Reiz erregt
len die Richtung sogar noch verstärken. Beim Vogel liegen die Nervenzelle, die dasSignal an
genauer messen als das Vo- sie am Rand einer Nervenfa- das Gehirn des Vogels meldet.
gelauge. ser, die durch die Schnabel-
haut läuft.
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Zugvögel, mit einem 6. Sinn ...
Eine solche Nervenzelle, in andere Richtungen zeigt. In haut das Erdmagnetfeld mes-
der die Blättchenreihe in Rich- einem dieser weiteren Zellen- sen.
tung des Vogels liegt, kann die typen zeigt sie von oben nach
Für den Vogel ist das aller-
Stärke des Magnetfeldes in unten, in einem anderen quer
dings etwas anderes, als wenn
diese eine Richtung feststel- zum Vogel. Dadurch, dass es
Menschen einen Kompass in
len. In der Schnabelhaut gibt Nervenzellen mit Blättchenrei-
die Hand nehmen. Für ihn ist
es aber noch zwei weitere hen in die drei Raumrichtun-
es ein Sinneseindruck, so wie
Typen Nervenzellen, die ge- gen gibt, kann der Vogel sich
sehen, hören und riechen.
nauso aufgebaut sind, nur dass orientieren. Es sind also drei
in ihnen die Blättchenreihe in Regionen, die in der Schnabel- Die Überquerung der Sahara
ist kein einfaches Unterfangen.
Gibt es bald keine Zugvögel mehr? Foto: AVES –Archiv
Beobachtungen in der Natur Reise entsprechen, die die Bei näherer Untersuchung
zeigen, dass immer mehr Zug- freilebenden Artgenossen Jahr anderer heimischer Vogelarten
vögel ihr Verhalten ändern: für Jahr unternehmen. Das stellte Peter Berthold fest: Zieher, Nichtzieher und Teil-
Sie ziehen viel später weg und Zugverhalten ist also angebo- „Wir haben gar keine reinen zieher
fliegen nicht mehr so weit. ren. Der Vogel zeigt es, auch Zug- oder Standvögel in unse- Die Zieher brechen jedes Jahr
Kraniche überwintern in Spa- wenn er gar nicht von der Stel- rem Lande, sondern auch bei in den Süden auf – wie die
nien statt in Afrika. Und ande- le kommt. Er reist sozusagen sogenannten reinen Ziehern Knutts. Die Nichtzieher sind
re Vögel verlassen ihr Brutge- im Sitzen nach Afrika. wie Rauchschwalben überwin- Standvögel, die den Winter im
biet gar nicht mehr. Von 1.000 tern einzelne Vögel bei uns. Brutgebiet verbringen, wie
Mithilfe weiterer Experimente
beringten Amseln in Bonn Das kommt jetzt zutage durch Haussperlinge oder Spechte. Es
will Vogelexperte Peter Bert- gibt aber auch eine Reihe von
flog keine einzige mehr in den die milden Winter. Früher sind
hold klären, wie die Vögel so Vogelarten, bei denen nur ein
Süden. Wieder andere kom- die alle gestorben. Das heißt:
schnell ein Verhalten ändern Teil der Vögel auf Reisen geht
men Wochen bis Monate frü- Auch diese Populationen be-
können, das genetisch festge- und die anderen bleiben – das
her aus ihrem Überwinte- sitzen Gene für das Nichtzie-
legt ist. „Das kann nicht durch sind die Teilzieher.
rungsgebiet zurück – zum hen“, erklärt der Ornithologe.
direkte Anpassung passieren,“
Beispiel Stare. Zug- und Standvögel sind also Einige verbringen also den
erklärt er, „weil die meisten
eigentlich Teilzieher mit ei- ganzen Winter im Brutgebiet. Im
Wissenschaftler vom Max- Kleinvögel, wie Rotkehlchen,
nem sehr hohen Anteil von Frühling kommen die Zieher
Planck-Institut für Ornitholo- Pirole, Grasmücken und so
Ziehern beziehungsweise zurück und konkurrieren mit
gie versuchen, dafür eine Er- weiter nur ein bis zwei Jahre den Nichtziehern um die Revie-
Nichtziehern. Aus seinen Ex-
klärung zu finden. alt werden. Sie können gar re. Beide haben gleiche Chan-
perimenten hat Peter Berthold
keine Erfahrung sammeln.“ cen. Anders ist es, wenn der
14 Jahre lang leitete Peter hochgerechnet, dass es etwa
Der einzelne Vogel also kann Winter mild war und der Früh-
Berthold die Vogelwarte in 50 bis 100 Jahre dauern wird,
sein Verhalten nicht ändern. ling früher einsetzt. Dann kön-
Radolfzell, die zum Max- bis aus einer fast reinen Zug-
Er macht, was ihm angeboren nen die Daheimgebliebenen die
Planck-Institut für Ornitholo- vogelpopulation eine Stand-
ist. Die Veränderungen beim Reviere schon besetzen und
gie gehört. In der Vergangen- vogelpopulation geworden ist.
Vogelzug müssen die Wissen- früher brüten. Die Zieher treffen
heit hat er durch seine Experi- So könnte die globale Erwär-
schaftler anders erklären. zu spät im Brutgebiet ein und
mente mit Mönchsgrasmü- mung dazu führen, dass das haben das Nachsehen. Wer
cken, einer Singvogelart, viele Peter Berthold machte nun Phänomen des Vogelzugs bei dageblieben ist, hat in diesem
Rätsel um den Vogelzug ge- folgendes Experiment mit uns in Mitteleuropa verloren Fall also mehr Nachkommen.
löst. Er zog die Vögel mit der einer teilziehenden Mönchs- geht. Allerdings wird es trotz-
Hand auf und hielt sie dann in gras mückenpopulation. Bei dem immer einzelne Vögel
Käfigen im Keller der Vogel- diesen Mönchsgrasmücken geben, die noch wegziehen,
warte Radolfzell, abgeschottet sind ein Viertel Nichtzieher, weiß Peter Berthold: „Das
von der Umwelt. Peter Bert- der Rest Zieher. Es gelang, Zugverhalten wird nicht voll-
hold stellte fest, dass die Tiere durch gezielte Selektion in nur ständig ausgelöscht. Denn
auch in Gefangenschaft pünkt- sechs Generationen aus dieser wenn nach der Klimaerwär-
lich im Herbst die sogenannte Gruppe von Teilziehern eine mung die nächste Eiszeit
Zugunruhe zeigen. Sie hüpfen Gruppe von Nichtziehern zu kommt, dann werden das die
im Käfig unruhig hin und her züchten. Pioniere sein, die dann ebenso
und flattern herum. Nachts schnell wieder Zugvögel auf-
„Dass eine solche Verände-
hocken sie auf ihren Kä- bauen und dafür sorgen, dass
rung in so kurzer Zeit stattfin-
figstangen und schwirren mit die Vögel insgesamt überle-
den kann, hätte noch zu mei-
den Flügeln. Peter Berthold ben.“
nen Studienzeiten niemand für
fand heraus, dass Beginn,
möglich gehalten,“ meint der
Dauer und Intensität dieser
Vogelexperte. Um die Teilzie-
Zugunruhe im Käfig genau der
her zu einer Gruppe von rei-
Faszination Vogelzug AVES—Ostkantone VoG
Seite 8
Der Zugkalender
In aller Regel halten die Zug-
vögel ihre Zugzeiten relaviv
pünktlich ein. Vor allem im
Frühjahr, stehen sie doch
hier unter dem Zwang recht-
zeitig in ihre Brutgebiete
anzukommen.
Fliegen nach den Sternen
Nicht nur der Magnetsinn hilft
den Vögeln, sich am Himmel
zu orientieren und so kunstvoll
und exakt zu navigieren. Vö-
gel können auch den Himmel
beobachten und sich nach
Sonne, Mond und den Sternen
orientieren. Gerade NAchtzüg-
ler richten sich nach den Ster-
nen. 1958 machten Experi-
Der Rotmilan, unser größ- mente im Bremer Planetarium
ter Taggreif zählt zu den Furore. Sie wollten nachwei-
Zugvögeln. Er überwintert sen, dass Vögel nach den Ster-
im Mittelmeerraum. nen navigieren. Seitdem haben
Forschergruppen Experimente
Foto: Gerhard Reuter dieser Art immer wieder
durchgeführt.
Vögel navigieren nach dem Sternenhimmel.
Foto: AVES—Archiv
Heutiger Kenntnisstand
Vögel kennen den Sternen- beobachten, ist die Drehung an Sternkonstellationen oder -
himmel nicht, jedenfalls nicht des Sternenhimmels im Laufe bildern.
so, wie wir Menschen. Sie der Nacht. Diese Drehrichtung
kennen weder den Großen weist ihnen den Weg nach
Wagen noch das Sternbild Norden. Vögel orientieren sich
Orion. Was sie aber genau also an den Sternen, nicht aber
Faszination Vogelzug AVES—Ostkantone VoG
Seite 9
Ohne Essen und Trinken über die Sahara ...
Zugvögel müssen auf ihren und wiegt nur sieben Gramm. Jüngst angestellte Energiebi-
weiten Reisen immer wieder Der Fitis hat die für ökonomi- lanzrechnungen haben erge-
natürliche Barrieren überwin- sche Langstreckenflieger typi- ben, dass der Fitis eigentlich
den, wie Hochgebirge, Meere sche langgestreckte Flügel- eine Energiereichweite von
und Wüsten. Für diese schwer form. nur etwa 1.000 Kilometern
zu passierenden Teilstücke hat. Wie also schafft er die
benötigen die Vögel besondere Entscheidend ist die Vorberei- mehr als doppelt so weite Stre-
Energiereserven. Eine ganz tung auf die Reise. Am letzten cke? Über der Sahara gibt es
besondere Herausforderung ist Rastplatz in Südgriechenland in etwa 1.000 Metern Höhe
die über 2.000 Kilometer lan- lagert er „Treibstoff“ in Form während der Zugzeit im Die Überquerung der Sahara
ge Überquerung der Sahara von Fett ein. Bei seinem Ab- Herbst recht verlässliche Rü- ist kein einfaches Unterfangen.
auf dem Weg in die afrikani- flug in Richtung Zentralafrika ckenwinde. Der Fitis sucht
schen Winterquartiere. wiegt er dann zwölf Gramm. gezielt die entsprechende Foto: AVES –Archiv
Von jetzt an muss er ohne Flughöhe und kommt mit ei-
Der kleinste Vogel, der sich neuen Treibstoff oder Wasser ner Windunterstützung von 35
auf diese Abenteuerexpedition auskommen. Kilometern pro Stunde doppelt
wagt, ist der heimische Fitis. so schnell voran.
Er gehört zu den Laubsängern
Wasserspartricks
Vogels und geht nicht mehr
Bald kommt die Sahara und mit der Atemluft verloren.
damit wird auch der Wasser- Trotzdem sind Temperaturen
haushalt wichtig. Der Fitis weit über 20 Grad Celsius
verfügt gewissermaßen über einfach zu heiß für einen
geheime Vorräte. Denn seine Nonstopflug. Da hilft dem
Fettreserven beliefern den Fitis nur eins: Wieder hinab-
Vogel auch mit Wasser: Bei fliegen und nach Schatten
jedem Gramm Fett, das der Ausschau halten. Der Vogel
Vogel verbrennt, entsteht auch verharrt dort den ganzen Tag
ein Gramm Wasser: ein Ver- über und startet erst wieder am
brennungsrückstand, den der Abend, wenn es kühler wird.
Fitis gut gebrauchen kann. Nachts sind die Flugbedingun-
Wasser verliert der Vogel vor gen optimal.
allem mit der Luft, die er aus-
atmet. Damit der Verlust auf
diesem Weg nicht zu groß
wird und der Fitis verdursten
muss, verfügt er über ein Klein aber nicht ohne. Der Fitis - ostbelgischer Brutvogel - voll-
Kühlsystem im Rachen: Wenn bringt beim Durchqueren der Sahara unglaubliche Leistungen.
die Atemluft über die kühle, Foto: Gerhard Reuter
große Oberfläche des Rachens
streicht, bildet sich Kondens-
wasser. Das Wasser bleibt auf
diese Weise im Körper des
Der Transsaharazug - eine energetische Meisterleistung Verblüffende Strategien,
Auf der weiten Reise ver- er stets über einen gut ange- Afrika. Die reine Flugzeit um die lange und
brennt der Fitis nicht nur seine passten beträgt bis dahin etwa 40
Fettdepots, sondern sogar Energiesparmotor mit genau Stunden. Drei Tage braucht er
gefährliche Reise zu
einen Teil seiner Organe. der richtigen Leistung. Das nun, um seinen Darmtrakt überstehen.
Selbst der halbe Darmtrakt alles führt zu einer Energie- wieder aufzubauen. Danach
verschwindet. Nur das Not- Einsparung von 20 Prozent. kann der Fitis sich eine neue
wendigste bleibt übrig. Außer- Fettschicht anfressen und bis
dem verkleinert der Fitis sei- Nach weit über 2.000 Kilome- zu seinem Winterquartier nach
nen „Motor“: den Brustmus- tern Flugstrecke erreicht der Zentralafrika weiterfliegen.
kel. Auf diese Weise verfügt Vogel den ersten Rastplatz in
Faszination Vogelzug AVES—Ostkantone VoG
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Flugformationen
An einem Frühherbstabend Pelikane alleine oder gemein- sentlichen für die Energieer-
sieht man sie manchmal vor- sam in einer Formation flie- sparnis. Die bisherige Annah-
beiziehen: Zugvögel auf dem gen. Die Untersuchungsergeb- me der Forscher, die Vögel
Weg ins Winterquartier, in nisse bestätigen die Annahmen könnten am aufwärtsgerichte-
wärmere Gefilde. Die Schwär- älterer Biophysiker, die schon ten Luftstrom des Vorder-
me flattern dabei aber nicht 1914 vermutet hatten, es kön- manns andocken, spielt offen-
wild durcheinander über den ne einen Zusammenhang zwi- sichtlich eine untergeordnete
Himmel. Nein, sie fliegen oder schen V-Formation und Aero- Rolle. Diese Formation beant-
gleiten meist in einer charakte- dynamik geben. Konsequentes wortet auch die Frage, wie die
ristischen Flugformation. Energieeinsparen macht es Vögel untereinander kommu-
Manchmal sind es gerade, lang Vögeln wie den Pelikanen nizieren und "auf Tuchfüh-
gezogene Ketten: Wie auf überhaupt erst möglich, Tau- lung" bleiben können –
einer Perlenschnur aufgereiht, sende von Kilometern nonstop schließlich ist eine solche
Vogelfang in Südeuropa, nach fliegen sie dann in einer Rei- zu fliegen. "Flugstaffel" nicht leicht zu
wie vor ein leidiges Thema! he. Noch häufiger sieht man Die ersten Messergebnisse fliegen. Kunstflugpiloten müs-
eine V-förmige Anordnung. sind verblüffend: Fliegen die sen sich in aufwendigem Trai-
Foto: LRBPO Warum ist das so? Ein franzö- Pelikane in der charakteristi- ning solches Wissen erst an-
sisches Forscherteam hat diese schen V-Formation, schlagen eignen.
Frage beantworten können: die Herzen aller Vögel hinter Aerodynamiker wollen sich
In Südeuropa lauern Wilderer Der Formationsflugs ist ener- dem Anführer weniger diesen Effekt nun zu Nutze
den durchziehenden giesparender. schnell: Sie können häufiger machen. So könnten mehrere
Vogelarten auf. Für viele Tiere energiesparend gleiten und kleinere Flugzeuge in einer
endet hier die Reise. Der französische Vogelfor- müssen seltener energieauf- Formation energetisch günsti-
scher Henri Weimerskirch wendig flattern. Wenn ein ger fliegen als ein großes Su-
vom Nationalen Forschungs- Pelikan alleine gleitet, schlägt perflugzeug. Die ersten Ideen
zentrum in Villiers en Bois sein Herz 150 Mal in der Mi- dazu sind nicht neu: Schon vor
trainierte in Afrika Pelikane nute. Flattert er in 50 Metern zehn Jahren hatte ein Braun-
darauf, neben einem Klein- Höhe, erhöht sich sein Puls schweiger Physiker diesen
flugzeug zu fliegen. Die Wis- auf 190 Schläge in der Minute. Vorschlag gemacht, der je-
senschaftler schnallen den Beim Formationsflug ändert doch anscheinend nicht bis
Vögeln kleine sich das drastisch: Fliegt der nach Amerika vorgedrungen
Herzfrequenzmessgeräte um, Pelikan in V-Formation, war. Denn die NASA gab
Winterfütterung nur bei Dauer- in der Art wie sie auch von schlägt sein Herz durchschnitt- jüngst acht Millionen Dollar
frost und geschlossener Schnee- Joggern beim Laufen benutzt lich nur 160 Mal in der Minu- für Forschungen zu dem glei-
decke! werden. So können die For- te, also nur wenig mehr als in chen Thema aus.
scher exakt messen, welchen einem Gleitflug. Die längeren
Foto: Gerhard Reuter Unterschied es macht, wenn Gleitphasen sorgen im We-
Vogelzug ist immer und überall
Wer an die Strecken der Zug- über 10.000 Metern. Das ist findet auch innerhalb der Tro-
vögel denkt, dem kommen die die Reisehöhe eines Verkehrs- pen statt.
Züge der Störche oder Krani- flugzeuges. Die Küstensee-
che in den Sinn, die in mar- schwalbe pendelt zwischen Die weitaus meisten Vögel
kanten Formationen von Nord- Nord- und Südpol und legt fliegen dabei nicht in Formati-
europa in ein afrikanisches dabei in einem Jahr 40.000 onen, sondern alleine. So auch
Winterquartier reisen. Aber Kilometer zurück. unsere heimischen Singvögel.
das ist nur ein kleiner Teil Einzeln ziehen sie – häufig
Überlebenskünstler im Kkeinfor-
eines viel umfangreicheren Die Wanderbewegung der nachts – in ihre Winterquartie-
mat
Phänomens. Vögel hat unterschiedliche re. Einige Vögel legen dabei
Foto: Gerhard Reuter Ursachen. Die wichtigste ist Tausende von Kilometern
Vogelzug findet überall auf die Befriedigung des Nah- zurück; andere nur wenige
der Welt statt. Dabei werden rungstriebs: Die Tiere ziehen hundert Kilometer. Legte man
ganz unterschiedliche immer dahin, wo das Nah- alle Routen der verschiedenen
Distanzen und Schwierigkei- rungsangebot für sie am bes- Vögel mit einem dünnen Fa-
ten überwunden. Streifengänse ten ist. Vogelzug ist damit den über einen Globus, wäre
beispielsweise überqueren den nicht nur ein Phänomen der dieser am Ende unter den Fä-
Himalaja in einer Höhe von nördlicheren Breiten, sondern den verschwunden.Faszination Vogelzug AVES—Ostkantone VoG
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Wissenschaftliche Beringung zur Erforschung des
Vogelzuges
Die wissenschaftliche Vogel-
beringung ist eine wichtige
Methode zur Erfassung des
Zugverhaltens der Vögel.
Auch AVES—Ostantone ist in
diesem Bereich tätig. Hochin-
teressant, die Meldungen und
Nachrichten, die aus dieser
Tätigkeit hervorgehen.,
Was sollten Sie tun,
wenn Sie einen
beringten Vogel
finden?
Falls Sie einmal einen
Ist der Vogel tot, nehmen sie beringten toten Vogel
den Ring ab und senden Sie finden sollten, senden
ihn uns zu. Fügen Sie Anga-
ben zur Art des Vogels Sie uns den Ring,
(Geschlecht und Alter, wenn notieren Sie Datum und
möglich) zum Funddatum,
Ort des Fundes. Wir
Fundort, Fundumstände bei
und vergessen Sie nicht Ihre leiten die weiteren
Anschrift beizufügen. Schritte in die Wege. Als
„Belohnung“ erhalten
Ist der Vogel flugunfähig Sie alle wichtigen
oder verletzt—ob beringt
Informationen über den
oder unberingt—bringen Sie
ihn in die AVES— aufgefundenen Vogel.
Pflegestation in Mürringen.
Ist der Vogel nicht verletzt
lesen Sie die Ringnummer
ab, senden Sie uns diese zu,
fügen sie Angaben zur Art
des Vogels (Geschlecht und
Alter, wenn möglich), Fund-
datum, Fundort und die nä-
heren Fundumstände bei.
Bei Fragen stehen wir Ihnen
gerne zur Verfügung.
Fotos: Gerhard. ReuterDOSSIER
AVES—Ostkantone VoG
Worriken 9
Für weitere Fragen steht AVES—Ostkantone gerne zur
4750 Bütgenbach
Verfügung
Telefon: 080/340246
Fax: 080/340246
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Gerhard Reuter
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Die bekannteste Gruppe unserer Zugvögel, die Schwalben, hier Rauchschwalbe. Foto: Gerhard ReuterSie können auch lesen
