Kinderrechte in der digitalen Welt - starke gefragt! Unterstützer # 2 _ 2019 - Scout-magazin.de
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Die Rechte der Kinder HIER GEHTS EDITORIAL Infos und Fakten für Eltern LANG! Es geht D I E U N- K I N D E R R EC H TS KO N V E N T I O N 03 feiert dieses Jahr ihr 30. Jubiläum. Dass es sie überhaupt gibt und dass sie fundamentale Rechte Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren Infos und Fakten zu Schutz, Förderung und Beteiligung in der Kindheit festschreibt, wissen nur die wenigsten. Erwachsene um die Kinderrechte im Fokus. 04-05 Kinder! Einstieg Ein Aufruf an Eltern, Politik und Internet- 16 % 12 % 60 % 75 % 24 % 12 % firmen, „digitale Kinderrechte“ zu wahren. Da kenne ich mich Das kenne ich nur vom Davon habe ich noch nichts ganz gut aus. Namen her. gehört oder gelesen. 06-11 Reportage / Hört uns mal zu! „KINDER HABEN EIN RECHT AUF DEN HEUTIGEN TAG. Was sagen die Kinder? Hamburger Schüler ER SOLL HEITER SEIN, KINDLICH, SORGLOS.“ über ihre Rechte in der digitalisierten Welt. (Janusz Korczak, eigentlich Henryk Goldszmit, 1878 - 1942, polnischer Arzt, Pädagoge und Kinderbuchautor) 12-15 Liebe Leserin, lieber Leser, liebe Eltern, Interview K I N D E R R EC H T E G E LT E N AU C H I N D E R D I G I TA L E N W E LT ! liebe Unterstützer der Kinder, Vor dreißig Jahren waren Surfen im Internet, Smartphones oder Streamen von Serien noch keine Themen, Eltern missachten häufig die Privatsphäre heute gehören sie zum Familienalltag. ihrer Kinder, weiß Prof. Nadia Kutscher. ragte aus diesem Heft ein Plakat heraus, stünde darauf: „Es geht um die Kinder!“ Das ist das Motto von Erich Kästners „Konferenz der Tiere“. 16-17 Darin sind die Erwachsenen trotz großer Worte unfähig, die drängen- SCHÜTZEN: BEIM B E T E I L I G E N : M E H R M I T- Hintergrund den Probleme der Welt zu lösen. Und das auf Kosten der Kinder. Des- B E ST I M M U N G F Ü R K I N D E R E I NST I EG I NS N E T Z halb mischen sich schließlich entnervt die Tiere ein: Sie ergreifen die UND JUGENDLICHE Gesetze, Regelungen und Initiativen rund drastische Maßnahme, die Kinder auf eine für diese durchaus ange- 65 % 65 % der Eltern von Sechs- bis um die Rechte der Kinder. nehme Weise zu „entführen“. Erst da sehen die Erwachsenen ein, dass 13-Jährigen nutzen keine Optionen Mitbestimmung ist sehr wichtig ... sie sich viel zu lang nicht um die Bedürfnisse der Kinder gekümmert des technischen Jugendschutzes – weder einfache Maßnahmen wie 18-19 haben. Kinder-Startseiten noch ein eigenes Benutzerkonto für den Nachwuchs. 46 % 28 % ... in der Familie Service Übertragen auf die heutige digitalisierte Lebenswelt der Kinder gibt es Parallelen: Auch dort muss für die Umsetzung von Kinderrechten Appell an die Eltern - scout gibt Tipps gestritten werden, werden sie von den Erwachsenen viel zu häufig zur „Kinderrechtshilfe“. 12 % 13 % ignoriert und einfach übergangen. FÖ R D E R N : E LT E R N U N D S C H U L E ... im Kindergarten HAND IN HAND Wie bei Kästner stehen die illustrierten Tiere in diesem Heft den Kin- Eltern können ihre Kinder nicht vor allem schützen – Medienkompetenz MEDIENKOMPETENZ VERNETZT! dern zur Seite. Folgen Sie ihnen in die digitale Welt hinein. ist gefragt! Bei der Vermittlung emotionaler und sozialer Kompetenzen 50 % 28 % fürs Netz sehen 81 % der Deutschen die Eltern in der Pflicht, bei den Alles über Akteure und Projekte der Herzlich, technischen Fähigkeiten soll laut 84 % die Schule ran.* ... in der Schule Medienkompetenzförderung in Hamburg Ihr scout-Team * Mehrfachnennungen möglich und Schleswig-Holstein auf der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) Kinder und Jugendliche im www.mediennetz-hamburg.de und Erwachsene post@scout-magazin.de Alter von 10 bis 17 Jahren www.medienkompetenz-sh.de Quellen: Kinderreport Deutschland 2018 des Deutschen Kinderhilfswerks | KIM-Studie 2018 | Befragung „Coding und Charakter“ der Vodafone Stiftung 2017 | DIVSI U9-Studie „Kinder in der digitalen Welt“ 2015 02 SCOUT - DAS MAGAZIN FÜR MEDIENERZIEHUNG 03
KINDERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT EINSTIEG Auch im Netz haben Kinder Rechte! Vor dreißig Jahren wurde die UN-Kinderrechtskonvention vorgestellt. Da gab es noch kein Internet. Um heute, in der digitalen Welt, bestehen zu können, müssen die Kinderrechte neu diskutiert und angepasst werden. E s ist noch gar nicht so lange her, da hatten Kin- der vor allem zu gehorchen. Sie galten quasi als Besitz der Eltern. Und die konnten über ihren Besitz entscheiden, wie sie wollten. Vor Von Thomas Fuchs, Direktor knapp hundert Jahren formulierte der polnische der MA HSH, Jurist und Vater zweier Töchter. Pädagoge Janusz Korczak, dass Kinder eigene Rechte haben. Dann brauchte es noch einmal rund siebzig Jahre, bis 1989 die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen beschlossen wurde. 196 Staa- ten weltweit - einschließlich Deutschland – haben ihr zuge- stimmt. Sobald man tiefer eindringt in die Materie, zeigt sich: Es gibt jede Die Kinderrechtskonvention schreibt die Rechte von Kindern Menge Handlungsbedarf! Eltern wie Pädagogen sind aber uneins auf Schutz, Förderung und Beteiligung fest. Seit es sie gibt, müs- und manchmal auch unsicher, wie Kinderrechte hinsichtlich sen Erwachsene Kinder und ihre rechtlichen Ansprüche respek- Schutz, Förderung und Beteiligung umzusetzen sind. Sie benöti- tieren. Und dafür sorgen, dass diesen Rechten auch tatsächlich gen Informationen und Hilfestellung – die bietet der Service in entsprochen wird. Aktuell wird über Kinderrechte gesprochen diesem Heft. im Zusammenhang mit der Umsetzung der Kinderrechts-Strate- Was die Kinder brauchen, ist leicht zu formulieren: je kleiner, gie des Europarats (der „Sofia-Strategie“) und der Initiative für desto strenger einen verlässlichen Kinderschutz im Internet und die Aufnahme der Kinderrechte ins deutsche Grundgesetz. einen Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte. Größere Kinder brau- Im Jahr der Kinderrechtskonvention, 1989, wurde übrigens chen zu Hause und in der Schule Unterstützung dabei, sich zu auch das Internet erfunden. Zugang hatten damals allerdings medienkompetenten jungen Menschen zu entwickeln. Und spä- nur wenige Erwachsene. Heute ist weltweit ein Drittel der Inter- ter dann, als Jugendliche, die Möglichkeit einer wirklichen Betei- netnutzer jünger als 18 Jahre und damit ein Kind im Sinne der ligung, zum Beispiel an öffentlichen Diskursen im Netz. Da ist UN-Kinderrechtskonvention. Es ist also dringend an der Zeit, die man auch schnell bei der Frage, ob der Zugang zu WLAN ein Kin- digitale Lebenswelt des heutigen Nachwuchses einzubeziehen. derrecht ist, wie die Kinder es fordern, die in der Reportage in Denn in dieser Welt werden fundamentale (Kinder-)Rechte dieser Ausgabe zu Wort kommen. schnell mal umgangen, weil dort – vermeintlich – andere Stan- Zum Schluss noch ein Wort zur Verantwortung der großen In- dards gelten. Hier ein paar Beispiele: Eltern durchsuchen die ternetfirmen Google, YouTube, Facebook, Instagram, WhatsApp Handys ihrer Kinder, weil sie wissen wollen, was diese so tun – wo und Co. Diese lassen oft Inhalte zu, die Kinder und Jugendliche bleibt da die Privatsphäre? Die Videoplattform YouTube ist erst beeinträchtigen können – Gewalt, Hass oder Mobbing. Sie müs- ab 18 gelabelt, wird aber millionenfach von Minderjährigen ge- sen beim Thema Kinder- und Jugendschutz einfach viel mehr tun nutzt – wie sieht es da mit dem Kinder- und Jugendschutz aus? und vor allem Eltern praktikable Schutzfunktionen anbieten. Die Kinder und Jugendliche tappen in „Appzocke“-Fallen – wie groß rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass dies geschieht, muss die wäre wohl die Aufregung, würden sie physisch ausgeraubt? Politik schaffen. Nur wenn alle gemeinsam – Eltern, Pädagogen, Internetfir- men und Politik – an einem Strang ziehen, können Kinderrechte in der digitalen Welt Wirklichkeit werden! 05
KINDERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT REPORTAGE Jedes Kind soll Internet haben! Was Schüler der Stadtteilschule Kirchwerder in Hamburg über Kinderrechte in digitalen Zeiten zu sagen haben. 06 SCOUT - DAS MAGAZIN FÜR MEDIENERZIEHUNG 07
KINDERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT REPORTAGE HÖRT UNS MAL ZU! Also als Erstes bitte Vorschläge zusammentragen und aufschreiben, was Kinderrechte überhaupt sind. Leon aus der 5. rutscht ein wenig auf dem Stuhl hin und her, Clara hat zwei Mal gruselige Kettenbriefe auf ihr Smartphone bekommen dann sagt er: „Sauerstoff? Taschengeld?“ Schon nicht und fand das bedrohlich: „Da konnte ich nur schlecht schlafen.“ Aber sie schlecht, aber da ist noch Luft nach oben. Nach zehn hat richtig reagiert und es gleich ihren Eltern erzählt. Mattis findet Privatsphäre wichtig – Minuten Getuschel und Gekritzel meldet sich Clara und möchte deshalb nicht, dass aus der 5.: „Gesundheit und Hygiene. Gewaltfreie Er- Datenprofile von ihm erstellt werden. ziehung!“ Lino (5.) fügt hinzu: „Gleichheit, freie Mei- nungsäußerung!“ Melvin (5.) toppt das Ganze und for- dert „Information und Beteiligung“ ein. Die Schüler der 7. und 9. Klassen staunen, das hät- MATTIS, 11 JAHRE ten sie den „Kleinen“ nicht zugetraut. Jonah (9.) hebt WER LIEST KLEIN- nun den Finger, stellt „Bildung“ in den Raum. Auch vom Tisch der 9. Klasse kommt der Beitrag „allgemei- GEDRUCKTES? ne Menschenrechte“, also: „Würde!“ Schließlich ist in diesen Tagen der 70. Geburtstag des Grundgesetzes in „Kinder haben wie jeder Mensch ein allen Medien, da muss was hängen geblieben sein. Recht auf Privatsphäre. Eltern dürfen Melvin lüftet dann das Geheimnis der 5.-Klässler-Ex- nicht so einfach in die Handys oder so pertise (aber nicht so laut, dass es die Großen leicht von ihnen reinschauen, sondern nur, hören könnten): „Wir hatten vorletzte Woche schon ei- wenn Gefahr droht oder etwas nen Workshop über UNICEF und das Recht auf Wasser, Schlimmes passieren könnte. Aber da wurden die anderen Sachen auch angesprochen.“ meine Eltern machen das eh nicht. Die So oder so, die Lehrerin ist beeindruckt: „Das war ja vertrauen mir, dass ich kein komisches schon einmal ganz schön viel!“ Und leitet über zu den Zeug damit mache. Ich weiß ja selbst, digitalen Kinderrechten: „Hat irgendjemand eine dass ich in den Sozialen Medien vorsichtig sein muss. Deshalb sollten Idee, was damit gemeint sein könnte?“ Jetzt sind die Kinder und Jugendliche in Apps auch Vorstellungen schon etwas verwaschener: „Was mit die Einstellungen, wer was zu sehen Handy?“ „Internet?“ „Irgendwie Medien, etwa Snap- bekommt, nutzen. Und auch diese chat?“ Joshua wird schnell konkret: „Instagram ist ab Sicherheitseinstellungen für Kinder, die 13, WhatsApp ab 16 – wo ist da der Sinn?“ Die Lehrerin es gibt. Ein paar meiner Freunde haben auf Instagram Freundschaftsanfragen von Pornoseiten bekommen - was soll das, ist das erlaubt? Ich habe meinen Papa auch mal D gefragt, warum WhatsApp nichts ie Stadtteilschule Kirchwerder im Osten von CLARA, 11 JAHRE kostet, obwohl man doch so viele gute Sachen damit machen kann. Er hat mir Hamburg ist eine Ansammlung von Flachbau- DANN MUSS MAN ten aus den 1960er-Jahren. Im Pavillon der dann erzählt, dass ich mit den Nutzungsbedingungen erlaube, dass Schule treffen sich zwölf Schüler der 5., 7. und 9. Klas- ANZEIGE ERSTATTEN! Daten von mir genutzt und Profile sen mit Lehrerin Helen Zimmermann zu erstellt werden. Das finde ich nicht gut. einem Workshop zum Thema „Kinderrech- „Jedes Kind sollte die Möglichkeit Wer liest das Kleingedruckte da te in der digitalen Welt“ (ab jetzt „digitale Kinderrechte“ genannt, damit es nicht so „WAS SI N D haben, ins Internet zu kommen. Ich überhaupt? Aber meine ganzen finde, der Staat, also wir alle, sollte das HÖRT Freunde und Verwandten machen bei kompliziert klingt). Ein etwas abgehobenes DI G I TALE Internet bereitstellen, weil man sich UNS MAL WhatsApp mit, sogar meine Oma – wie Thema für diese Altersgruppen? „Keine darin ja informieren kann. Ich finde, ZU! soll ich dann damit aufhören?“ Angst, die haben Bock darauf“, sagt Helen R EC HT E ?“ dass man bei WhatsApp oder etwas Zimmermann. Die Schüler verteilen sich Ähnlichem mitmachen kann, ist schon derweil klassenstufenweise an Tischen, die ein Recht, das Kinder haben sollten. richten bekommen, einmal als Text- meiner Mutter erzählt, und die ist zur Lehrerin wirft das Smartboard an, gibt einen Ausblick und einmal als Sprachnachricht. Nach Polizei gegangen. Andere Mädchen auf die folgenden fünf Stunden: Es geht los mit „Was Richtig wichtig ist aber, dass Kinder dem ersten Mal konnte ich eine ganze haben das verheimlicht, und denen sind (digitale) Kinderrechte? Infos und Ideen“ und nicht bedroht werden im Internet, wie Zeit nicht gut einschlafen, obwohl ich ging es richtig lange schlecht. Deshalb dann weiter mit „So stelle ich mir meine Welt vor! mir das letztes Jahr passiert ist. Ich ja wusste, dass es Quatsch ist und mir muss man bei so etwas sofort Anzeige Ist-Zustand und Forderungen“. habe zwei Mal gruselige Ketten-Nach- keine Gefahr droht. Ich habe es gleich erstatten und darüber sprechen.“ 08 SCOUT - DAS MAGAZIN FÜR MEDIENERZIEHUNG 09
KINDERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT REPORTAGE LINO, 12 JAHRE stellt ein paar Stichworte in den Raum: „Was ist mit Lino erinnert sich mit Grausen an ein paar Tage, als STRENGE GESET- Datenschutz, mit Privatsphäre, was ist mit Jugend- sein Smartphone kaputt war: „Das ging fast gar nicht schutz?“ ohne!“ Verabredungen, Absprachen in der Schul- ZE WÄREN GUT Datenschutz und Privatsphäre – das wirkt sofort bei gruppe, Kommunikation mit den Eltern – lag alles den Schülern: Alle machen sich Sorgen um ihre Daten, brach. Gibt es also ein „Recht aufs Smartphone“? Jos- um Fotos. Und WhatsApp steht im Fokus. Lehrerin www Handys der Kinder tracken, nach problematischen hua aus der 7. Klasse fragt: „Gab es denn früher „In der Schule habe ich zum ersten Mal Zimmermann erzählt, dass Nutzer des Messengers die Inhalten durchsuchen? Beim GPS-Tracken sind die ein Recht aufs Festnetztelefon?“ Das könne man etwas über Kinderrechte gehört. Vorher Teilhabe von Kindern und wusste ich zwar so ungefähr, die gibt Rechte an den Inhalten abgeben, was die Schüler Schüler gespalten. Erreichbar sein wollen sie alle. nicht vergleichen, gibt Leon zurück: „Wenn die ganze durch die Bank empört. Clara findet es nicht gut, „dass Jugendlichen im Netz - Aber verfolgt werden, von „Eltern als Stalkern“, wie Welt doch digital ist!“ Die 9. Klasse wirft noch einen es, ich konnte sie aber nicht so genau wie soll das gehen? Die beschreiben oder aufzählen. Jetzt Profile angelegt werden, dafür greifen die auf unsere es ein Neuntklässler formuliert, vielleicht doch lie- Aspekt auf, der zum Bereich der Teilhabe gehört: TINCON, das Festival für kenne ich zum Beispiel die Rechte auf Daten zurück“. Lino erzählt, dass er Freunde an- digitale Jugendkultur, ber nicht. Sie wägen Vor- und Nachteile ab. „Was, „Wenn wir uns politisch informieren wollen, brau- Bildung, auf Gleichheit, auf gewaltfreie spricht, ihren Messenger zu wechseln, zu einer App, zeigt es! scout war in wenn ein Kind entführt wird?“, kommt es aus der chen wir das Internet!“ Erziehung. Dass es so etwas wie digitale welche die Inhalte der Nutzer nicht weiterverwendet. Hamburg dabei: Runde. „Wie oft passiert das, wie wahr- Um schließlich noch die Wichtigkeit Kinderrechte geben könnte, darüber „Und was ist, wenn sich die Eltern für Eure Inhalte scheinlich ist es?“, fragt die Lehrerin des Jugendmedienschutzes, ein weite- www.scout-magazin.de hatte ich noch nicht nachgedacht. Bis wir jetzt in der Schule darüber interessieren?“, fragt die Lehrerin. Datenschutz und zurück. Eltern sollten Schutz und Frei- „ DA N N rer relevanter Aspekt der digitalen Kin- Eltern – das ist ein Spannungsfeld: Dürfen Eltern die heiten abwägen, heißt es vom Tisch der derrechte, zu unterstreichen, erzählt gesprochen haben. 9. Klasse: „Als Eltern muss man seinen S I ND Helen Zimmermann von einem Fall aus Für mich ist besonders erschreckend, Kindern ja auch vertrauen.“ Im Internet wird entdeckt, dass El- E LT ER N der Schule, da waren pornografische Inhalte, „richtig schlimme“, in einem dass man die Rechte an seinen Bildern verliert, wenn man zum Beispiel etwas tern das Handy ihrer Kinder nur dann durchsuchen dürfen, wenn eine Form STA L K ER !“ Klassenchat gelandet. Von einem Nut- zer, der sich eingeschlichen hatte. Clara in einer WhatsApp-Gruppe postet. von Gefahr für das Kind abgewehrt sagt: „Wir haben ein Recht darauf, so et- Dann können sie damit machen, was sie wollen. Wenn einer 16 ist und sich werden muss. „Da reicht es aber nicht, wenn Eltern was nicht zu sehen zu bekommen!“ Dann erzählt sie vielleicht auf einer Party mal betrinkt, die Freunde ihrer Kinder nicht mögen und nach- von einem Kettenbrief, den sie aufs Handy bekommen dann kann das Bild im Netz landen – schauen, ob die zusammen Mist machen“, sagt Lino. hat: „Der war sehr beunruhigend, und meine Mutter und dann sieht das später vielleicht ein Mattis (auch 5. Klasse) hat derweil recherchiert, dass hat Anzeige erstattet.“ Arbeitgeber. Dass die auch meine das Briefgeheimnis auch für E-Mails und andere di- So geht es in die letzte Runde. Die Lehrerin stellt die Sprachnachrichten durchsuchen gitale Mitteilungen gilt. Aufgabe, klassenweise eine Liste mit Forderungen zu könnten, finde ich sehr schlecht. Ich Helen Zimmermann verteilt nun einen Zeitungs- formulieren, die den Schülern wichtig sind. Eine wei- habe deshalb auch eine andere beitrag, in dem eine Mutter nachrechnet, bis zum 18. tere halbe Stunde Getuschel und Gekritzel folgt. Messenger-App und versuche, viele Geburtstag ihres Kindes rund 750.000 Bilder dessel- Freunde zu überreden, da mitzuma- chen. Es wäre auch gut, wenn es ben veröffentlicht zu haben, wenn sie weiter so aktiv strengere Gesetze geben würde, damit wäre wie bisher. Ist das okay? Ist das Posten von Kin- UND HIER IST DAS ERGEBNIS: Kinder nicht so viel Werbung für Apps derbildern überhaupt okay, wenn sich die Kinder und Spiele kriegen würden. auch später als Erwachsene gar nicht mehr dagegen Wir wollen, dass wehren können? „Verpixeln!“, kommt vom Tisch der → jedes Kind Internet haben kann, 7. Klasse. Clara ist da rigoros, Kinderbilder sollten gar Besonders wichtig ist mir aber das nicht hochgeladen werden: „Ich werde das später als → jede Schule kostenloses WLAN hat, Recht auf Privatsphäre, denn die braucht man.“ Mutter auch nicht machen.“ → j eder digitale Nachrichten bekommen kann, Die Schüler erkennen erstaunlich viele Probleme im Themenfeld „digitale Kinderrechte“, haben ein → unsere Daten besser geschützt werden, HÖRT durchaus klares Bewusstsein von den Risiken, die sie → nsere Daten nicht verkauft werden u UNS MAL dürfen, selbst betreffen. Doch was ist mit den Chancen der ZU! Tatsache, dass ihre Welt nun einmal durch und durch → ltern fragen, bevor sie Fotos ihrer E digital ist? Die Lehrerin lässt das Wort „Teilhabe“ dis- Kinder hochladen, kutieren: Was ist, wenn Schüler keine Handys besitzen → eldfallen bei Games und Apps G (dürfen) oder irgendwo wohnen, wo es kein ordentli- verboten werden, ches Internet gibt? → wir vor Hackern geschützt werden Lino hat sich eine → nd es digitale Bildung gibt, die uns gutes Verhalten u Messenger-App besorgt, zeigt und auch, wie man sich sicher im Internet die wenig Daten bewegt! sammelt. Und stößt Freunde an, da auch mitzumachen. 10 SCOUT - DAS MAGAZIN FÜR MEDIENERZIEHUNG 11
KINDERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT INTERVIEW „Die Rechte der Kinder werden zu oft übersehen.“ Die Erziehungswissen- schaftlerin Nadia Kutscher hat untersucht, wie Eltern mit Fotos ihrer Kinder im Netz umgehen – nämlich sehr lax. Die Kinder wiederum finden das oft überhaupt nicht lustig. Ein Gespräch über elterliche Zwiespälte beim Posting. 12 SCOUT - DAS MAGAZIN FÜR MEDIENERZIEHUNG 13
KINDERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT INTERVIEW „K I N D E R R EC HT E SI N D GRU N D SÄT Z L I C H Wie informiert sind denn die Eltern über die digitalen Medien, Die Erziehungswissenschaftlerin Prof. Nadia Kutscher hat ge- die sie nutzen? meinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk die Studie „Kin- U N D A K T U E L L .“ Wir hatten in unserer Studie bei fast allen Eltern zum Beispiel den der. Bilder. Rechte. Persönlichkeitsrechte von Kindern im Kon- NADIA KUTSCHER Fall, dass sie zwischen Facebook und WhatsApp unterscheiden. text der digitalen Mediennutzung in der Familie“ durchgeführt. Facebook nahmen die Eltern als öffentlich wahr, da passen sie auf, Darin hat sie Eltern gefragt, wie sie mit der Veröffentlichung von was sie posten. WhatsApp gilt als privat, da meinen sie nicht so auf- Fotos und anderen Daten ihrer Kinder in Sozialen Medien umge- passen zu müssen. Dass WhatsApp zu Facebook gehört, hat nie- hen und was die Kinder dazu sagen. Auch die Kinder selbst wur- mand thematisiert. den befragt. Das Ergebnis: In der Theorie halten die Eltern die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder hoch – doch dann handeln sie Man könnte die Fotos auch machen, ohne sie zu teilen und gut ge- Welche Rolle spielt der Bildungshintergrund der Eltern? Die zweite wichtige Elternpflicht ist, sich zu informieren. Welche oft ganz anders! sichert aufheben. Später können die Kinder dann entscheiden. Wir haben bewusst sowohl Familien ausgesucht, in denen die El- Folgen kann das Teilen von Daten für die Kinder haben? Welche Das tun sie möglicherweise zu unterschiedlichen Zeitpunkten in tern einen eher hohen formalen Bildungsstand haben, als auch Fa- Dienste wollen wir nutzen - und welche lieber nicht? Frau Kutscher, die UN-Kinderrechtskonvention feiert im No- ihrer Biografie auch unterschiedlich. milien, in denen die Eltern ein eher niedriges Bildungsniveau auf- vember ihren 30. Geburtstag – müssten die Kinderrechte in- weisen und sich in einer anderen sozioökonomischen Lage Und wie verhalten sich die Kinder? zwischen nicht dem digitalen Zeitalter angepasst werden? Mal ganz konkret gefragt: Ein Vierjähriger spielt versunken befinden. Das Interessante war, dass die Kinder in keiner der Fa- In unserer Studie hatten wir eine Situation, bei der die Mutter ei- Die Kinderrechte sind bis heute so grundsätzlich und aktuell, dass am Strand, die Mutter oder der Vater macht ein Foto und teilt milien richtig beteiligt wurden, wenn es um das Teilen von Fotos ner Siebenjährigen im Familieninterview das eigene Face- sie keiner Ergänzung bedürfen. Aber vielleicht bräuchte man wei- das in einer WhatsApp Gruppe. Was ist daran problematisch? ging. In den weniger privilegierten Familien haben sich die Eltern book-Profil zeigte. Da war ein Foto, wo das Mädchen als Baby von tere „Ausführungsbestimmungen“ – um zu zeigen, wie sie in der Es stellt sich zumindest die Frage, ob man wirklich WhatsApp dafür allerdings eher darüber hinweggesetzt, wenn die Kinder gegen das der Mutter gestillt wurde. Als das Mädchen dieses Bild sah, ist es digitalen Lebenswelt verstanden und ausgelegt werden sollten. nutzen will oder vielleicht doch besser einen anderen Dienst wie Machen oder Teilen von Fotos protestiert haben. weinend aus dem Zimmer gelaufen. Für das Mädchen war es schon Signal oder Threema. Denn sobald ich ein Produkt aus dem Face- ein Schock, dass die zwei anwesenden Interviewer dieses sehr inti- Früher hat man ein Fotoalbum im Familienkreis herumge- book-Portfolio – Facebook, Instagram oder WhatsApp – verwende, Kennen denn die Eltern die Rechte ihrer Kinder nicht? me Foto gesehen haben. reicht, heute teilt man die Bilder seiner Kinder in den Sozialen bin ich in einer Datenverwertungs-Maschinerie. Und für mich ist Den meisten Eltern ist schon klar, dass man auf die Daten der Kin- Wir haben in der Studie sogar Kinder gehabt, die die Handys ihrer Medien. Wie hat sich Kind-Sein und wie Eltern-Sein durch die es ein ganz schlechtes Argument zu sagen: „Alle nutzen das!“ Man der aufpassen sollte. Aber die Kinder werden von ihren Eltern oft Eltern regelmäßig durchsucht haben, um zu schauen, mit wem die digitale Mediennutzung verändert? weiß längst, wie hoch der Preis sein kann, den die Kinder oder Er- nicht als „eigenständige Rechtsträger“ gesehen, es wird überse- Fotos geteilt wurden. Also ein verzweifelter Versuch, wieder die Heute dokumentieren und teilen wir im Alltag viele Dinge aus wachsenen dafür zahlen, dass sie solche Facebook-Produkte nut- hen, dass sie eigene Rechte haben. In unserer Studie standen die Kontrolle zu gewinnen. unserem Leben, dazu laden Soziale Netzwerke geradezu ein. Die- zen und damit Daten an einen kommerziellen Anbieter abgeben. Äußerungen der Eltern nicht selten im Widerspruch zu ihren ses „Öffentlich machen“, auch der lockerere Umgang mit Privat- Es geht ja nicht nur darum, Werbung passgenauer zu machen. Handlungen. Die Eltern haben oft gesagt, „das und das machen wir Gab es Ergebnisse in Ihrer Studie, die sie überrascht haben? sphäre – das ist etwas, was diese Dienste ja nahelegen und wofür WhatsApp ist inzwischen Peer-to-Peer verschlüsselt, sodass die In- nicht“. Aber wenn man dann das Facebook-Profil gesehen hat oder Zwei Dinge fanden wir sehr spannend: sie programmiert wurden. Dadurch verlieren wir zunehmend un- halte der Kommunikation nicht mehr unbedingt für Facebook zu- wenn die Kinder berichtet haben, „das Foto von mir ist trotzdem Kinder würden viele Fotos gerne viel mehr schützen als die Er- sere moralischen Skrupel. Wir fragen uns gar nicht mehr, ob es gänglich sind. Aber unabhängig von diesen Kommunikationsin- gepostet worden“, dann hat sich gezeigt, dass es in der konkreten wachsenen. Es hat sich nämlich gezeigt, dass Kinder und Erwach- überhaupt okay ist, was wir da gerade tun. Das trifft besonders zu halten entstehen Metadaten wie zum Beispiel Lokalisierungsdaten, Praxis der Eltern doch oft anders aussieht. sene sehr unterschiedliche Fotos für problematisch oder unprob- beim „Sharenting“, also dem Teilen von Kinderfotos durch Eltern die Facebook sammelt. Wenn man es nicht ausdrücklich deakti- Es gab auch Eltern, die gesagt haben, wenn ich das Foto süß finde, lematisch halten. Die Maßstäbe von Kindern und Erwachsenen auf Facebook, Instagram oder in WhatsApp-Gruppen. viert, liest WhatsApp auch regelmäßig komplette Kontaktverzeich- teile ich es trotzdem, auch wenn mein Kind das nicht in Ordnung sind da sehr verschieden. Oft fehlt da die ethische Reflexion der Eltern. Fotos von Kindern zu nisse in Handys aus und lädt sie auf US-Server. Mit diesen Metada- findet. Und relativ viele Eltern haben gesagt, je älter die Kinder Und Kinder differenzieren sehr genau zwischen verschiedenen posten – auch mal gegen deren Willen – ist inzwischen ja eine ganz ten wird dann vieles angestellt. werden und je mehr sie protestieren können, desto mehr passe ich Öffentlichkeitsgraden, das haben wir so nicht erwartet. Ein Junge herkömmliche Familienpraxis. Dabei muss man es doch so sehen: Zudem produzieren Soziale Medien generell jede Menge weitere auf. Sie haben das Persönlichkeitsrecht des Kindes also festge- hat das gut auf den Punkt gebracht, als er gesagt hat: „Das eine ist Hier werden die Persönlichkeits- und Beteiligungsrechte der Kin- schwere Probleme, die mit Kinderfotos im Netz zusammenhän- macht an seiner Fähigkeit, Widerspruch zu leisten. meine enge Familie, meine Freunde, das sind alle, die ich kenne. der verletzt! Wir haben uns als Gesellschaft an etwas gewöhnt, das gen: Ich denke an Themen wie Cyber- Und dann gibt es das Internet, das ist quasi die ganze Welt.“ nicht in Ordnung ist. mobbing oder Cybergrooming, Welche Elternpflichten ergeben sich aus den digitalen Kinder- Kinder können schon im Alter von sechs Jahren sehr klar benen- welche die seelische Unver- rechten? nen, was für sie in Ordnung ist und was nicht, das hat sich in unse- sehrtheit der Kinder ge- Die erste Pflicht ist, die Kinder zu beteiligen. Das heißt, sie wirklich rer Studie gezeigt. Und dass auf der anderen Seite Erwachsene die fährden. auch in den Fotosituationen zu fragen, ob es okay ist, wenn man ein Dinge nicht unbedingt besser überblicken oder in der Lage sind, Foto macht. Und das heißt dann leider in vielen Situationen wahr- verantwortlicher zu handeln, wenn es um digitale Medien geht. NADIA KUTSCHER scheinlich auch, kein Foto zu machen. Die Kinder in unserer Stu- ist Professorin für Erziehungshilfe und die hielten auch scheinbar harmlose Bilder für problematisch oder Ist die Debatte um die Kinderrechte nicht eher eine symboli- Soziale Arbeit an der Universität zu Köln. peinlich und wollten nicht, dass viele Leute sie sche, da sie in der Praxis kaum von Kindern Einer ihrer Arbeitsschwerpunkte ist die sehen. Als Eltern sollte man sich im Klaren darü- eingeklagt werden? digitale Mediennutzung in Kindheit, Jugend und Familie. Hier die ber sein, dass man nicht immer weiß, was für das Es gibt die Kinderkommission des Bundestages Ergebnisse ihrer Studie „Kinder. Kind okay ist. www sowie verschiedene kommunale Kinder-Interes- Bilder. Rechte.“: senvertretungen und Ombudsstellen, an die www.dkhw.de/schwerpunkte/ Poste ich das Foto meines Kinder sich wenden können, wenn ihre Rechte medienkompetenz/studie- Kindes - oder nicht? Bei der verletzt werden. Das müsste viel stärker verbrei- kinderbilderrechte Entscheidung hilft die tet werden. Damit Kinder überhaupt davon wis- scout-Checkliste: sen, wäre es doch ein guter erster Schritt, wenn www.scout-magazin.de das jedes Kind in der Schule gesagt bekäme! 14 SCOUT - DAS MAGAZIN FÜR MEDIENERZIEHUNG 15
KINDERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT HINTERGRUND Gesetze, Regelungen und Initiativen für mehr Schutz, Förderung und Beteiligung von Kindern in der (digitalen) Welt K I TA / VO R S C H U L E : GRUNDSCHULE: WEITERFÜHRENDE SCHULE: SCHUTZ FÖRDERUNG BETEILIGUNG Kinder nutzen bereits eigenständig verschiedene Medien: Kinder unternehmen die ersten Schritte im Internet. Eltern und Spätestens jetzt haben Kinder ein eigenes Smartphone – und Sie versinken in Bilderbüchern, tauchen in Hörspiele ab oder Schule haben dabei die Aufgabe, ihre Medienkompetenz zu damit nahezu unbegrenzten Zugang zum Internet. Sie wollen lassen sich von kleinen Fernsehformaten unterhalten. Aber das fördern. Damit sie lernen: Wie funktioniert ein Computer, wie nicht mehr nur mediale Inhalte konsumieren, sondern sich auch an alles tut nur in begrenztem Maße gut – Eltern müssen ihre Kinder schütze ich meine Daten und wie verhalte ich mich im Netz? der digitalen Welt beteiligen. Soziale Medien werden wichtiger – noch vor zu langen Nutzungszeiten und nicht altersgerechten So können sie online eigene Erfahrungen sammeln, zum für einen Austausch mit Freunden oder um auf Foto- und Medieninhalten schützen. Beispiel mit Kindersuchmaschinen oder E-Mails. Video-Plattformen eigene Inhalte hochzuladen. D I E KO O R D I N I E RU N G S - ST E L L E „Kinderrechte“ b e i m Deu t s chen Kinder hi l fswe r k ist vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit der Umsetzung der Sofia-Strate- DA S J U G E N D S C H U T Z- DER JUGENDMEDIEN- gie beauftragt. Sie entwickelt, D I E U N- K I N D E R R EC H TS- G E SE T Z S C H U T Z- STA ATS - D I E S O F I A- ST R AT EG I E koordiniert und setzt Projekte zur Bundesgesetz zum V E RT R AG Kinderrecht s - Strategie des Stärkung von Kinderrechten in KO N V E N T I O N S c h u t z vo n K i n d e r n Staat s ver trag ü ber Eu ro parat s Deutschland und auf europäischer Ü b e re i n ko m m e n u n d J u g e n d l i c h e n i n der den S chu tz der Mens chen- Ebene um. über d i e Re c hte d e s K i n d e s Öf fe nt l i c h ke i t u n d i m wird durch ein Expertenkomitee unter wü rde u nd den J u gend- B e re i c h d e r M e d i e n s chu tz in Ru ndfu nk Beteiligung von Regierungen, internati- wird 1989 von der Generalversammlung der u nd Telem edien onalen Organisationen, zivilgesell- Vereinten Nationen verabschiedet. Sie regelt unter anderem die Verbrei- schaftlichen Akteuren und auch von gewährt Kindern erstmals in völkerrechtlich tung von jugendgefährdenden ist die einheitliche Rechtsgrund- Kindern entwickelt. Grundlage ist die DA S G RU N D G E SE T Z verbindlicher Form eigene Schutz-, Förder- Schriften und Medieninhalten, zum Ver fassung der und Beteiligungsrechte. In 196 Staaten tritt lage der Länder für den Kinder- UN-Kinderrechtskonvention. Die I N I T I AT I V E Beispiel von Filmen und Computer- und Jugendschutz in elektroni- Sofia-Strategie gilt für alle Kinder in Au fnahm e de r Bu ndesrepublik Deu t s ch lan d sie in Kraft, in Deutschland im Jahr 1992. Sie spielen auf Trägermedien wie DVD schen Informations- und den 47 Mitgliedsstaaten des Europarats wird mehrfach ergänzt, beispielsweise um Kinderrechte oder Blu-ray. Daneben legt es die Kommunikationsmedien. Das und definiert konkrete Ziele bis 2021: benennt die wichtigsten Regeln für das das Verbot von Kinderpornografie und ins Gru ndgese t z Zuständigkeiten von Jugend- heißt in Fernsehen und Hörfunk Chancengleichheit, Beteiligung, Zusammenleben der Menschen in Kinderhandel. Ein UN-Fachausschuss schutz-Organisationen im Bereich ebenso wie in Telemedien, also gewaltfreies Leben, Verankerung von Über die Ausgestaltung einer Deutschland. Darunter auch das Recht überwacht anhand der einzelnen Staatenbe- der Medien (FSK, USK, BPjM) und auf Websites und in Sozialen Kindeswohl in Rechtsprechung und entsprechenden Grundgesetzän- und die Pflicht der Eltern, für ihre Kinder zu richte ihre Einhaltung. die Anforderungen an deren Medien. Verwaltungshandeln und Kinderrechte derung berät derzeit eine sorgen und sie zu erziehen. Der Staat Altersvorgaben fest. Die UN-Kinderrechtskonvention besteht in der digitalen Welt. Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Sie wacht darüber, ob und wie dies passiert. aus 54 Artikeln, ihr Kernstück ist das soll spätestens bis Ende 2019 Zu Letzteren gehören die Ermöglichung Spezielle Kinderrechte werden im sogenannte Kindeswohlprinzip in einen Vorschlag ausarbeiten. Beide Gesetze sollen Kinder und oder Erziehung beeinträchtigen einer kreativen, kritischen und sicheren Grundgesetz nicht erwähnt. Das Bundes- Artikel 3: Danach muss das Kindeswohl Denn stehen die Kinderrechte im Jugendliche vor Inhalten wie zum oder gefährden können und die Nutzung des Internets, das Recht auf verfassungsgericht sagt aber: „Die Pflege bei allen staatlichen Entscheidungen, Grundgesetz, ist es einfacher sie Beispiel Gewalt oder Pornografie die Menschenwürde oder andere Schutz der Privatsphäre sowie der und Erziehung des Kindes muss sich am die Kinder betreffen, als vorrangiger einzufordern. schützen, die ihre Entwicklung geschützte Rechtsgüter verletzen. Schutz vor Mobbing, Hate Speech, Kindeswohl orientieren!“ Gesichtspunkt berücksichtigt werden. Radikalisierung, sexuellem Missbrauch und anderen Risiken der digitalen Welt. 1949 1951 1965 1979 1982 1984 1985 1989 1994 1996 1997 2002 2003 2004 2005 2007 2009 2010 2011 2014 2016 2017 2019 Fernsehen Walkman Privatradio Playstation Google Facebook YouTube iPhone WhatsApp Snapchat Amazon Echo (Alexa) Videorekorder Compact Disc Internet, Digital Blu-ray iPad, Musical.ly Print (CD) Gameboy Video Disc Disc Instagram (Plakate, Bücher, Presse), (DVD) Film, Hörfunk Discman, Privatfernsehen 16 SCOUT - DAS MAGAZIN FÜR MEDIENERZIEHUNG 17
KINDERRECHTE IN DER DIGITALEN WELT SERVICE 2. VERTRAUEN – ABER TROTZDEM SCHÜTZEN 5. PRIVATSPHÄRE UND DATEN SCHÜTZEN Artikel 17 Recht auf Kinder- und Jugendschutz Artikel 16 Recht auf Schutz der Privatsphäre Kinder brauchen Freiräume, gleichzeitig aber auch Schutz. Ein sensibler Umgang mit persönlichen Daten ist wichtig. Eltern Das gilt im Netz wie im restlichen Leben. Besonders bei Surf- müssen dafür Sorge tragen, dass ihre Sprösslinge ein Bewusst- Anfängern ist ein schützender Blick oder Klick wichtig, wie sein für Privatsphäre und Datenschutz haben. Vor allem sollten zum Beispiel die Beachtung von Altersfreigaben, die Sperrung sie selbst Vorbild sein – Stichwort: Umgang mit Kinderfotos im von App-Stores oder die Installation von Jugendschutzfiltern. Netz! Mehr unter www.klicksafe.de/eltern/datenschutz. Verstöße gegen Bestimmungen des Jugendschutzes können Eltern unter www.jugendschutz.net oder unter 6. AM (DIGITALEN) LEBEN BETEILIGEN www.ma-hsh.de/service/beschwerde.html melden. Artikel 31 Recht auf Beteiligung Erwachsene treffen viele Entscheidungen, auch für Kinder. Aber 3. ZUGÄNGE ZU KINDGERECHTEN was wollen Kinder eigentlich selbst? Es ist wichtig, Kinder an MEDIEN SCHAFFEN Entscheidungsprozessen zu beteiligen, ihre Sicht auf die Dinge zu Artikel 17 Recht auf Zugang zu Medien erfragen und ihnen zu zeigen: Eure Stimme zählt! Das geht zum (Soziale) Medien bieten viel, von der Unterhaltung über Beispiel bei Kinder- und Jugendfestivals wie der TINCON – Teen- DER SCOUT-APPELL Informationen bis hin zu Austauschmöglichkeiten. Auch Kinder ageinternetwork Convention in Hamburg oder in Kinderjurys AN ALLE ELTERN: haben ein Recht auf deren Nutzung. Die Auswahl an guten wie bei den Nordischen Filmtagen in Lübeck. Angeboten für sie ist im Vergleich zur riesigen Anzahl an „erwachsenen“ Websites und Apps allerdings begrenzt. Doch es 7. SPIELEN UND EINFACH AUCH MAL gibt sie – kindgerecht, verständlich und sicher: Das Netzwerk IN RUHE LASSEN www.seitenstark.de vereint 60 davon. Artikel 31 Recht auf Spiel, Ruhe und Erholung Sorgt für mehr Schutz, 4. INFORMIEREN UND MITMISCHEN Gerade im digitalen Zeitalter ist es wichtig, Kinder vor „digitalem Stress“ zu schützen: vor dem Druck in Sozialen Netzwerken, Förderung und Beteiligung ERMÖGLICHEN Artikel 13 Recht auf Meinungs- permanent online und aktiv sein zu müssen, oder vor exzessivem Spielen am Computer. Elternaufgabe ist es, für digitale Auszeiten und Informationsfreiheit von Kindern im Netz! zu sorgen – manchmal vielleicht gegen den Willen der Kinder, Kommentieren, diskutieren, liken – auch Kinder möchten im aber immer zu ihrem Wohl! Netz ihre Meinung sagen. Zuvor müssen sie aber Zugang zu (kindgerechten) Informationen bekommen, um überhaupt Wissen sammeln und sich eine fundierte Meinung bilden zu können. Kindersuchmaschinen sind hierfür unverzichtbar: www.fragfinn.de und www.blinde-kuh.de. Digitale Medien bieten Kindern viele Möglichkeiten – zugleich BITTE WEITERSAGEN! muss der Nachwuchs aber auch vor so manchen Medieninhalten geschützt werden. Eltern bewegen sich also in einem Spannungs- feld von Schützen, Fördern und Beteiligen. Das ist nicht einfach – Kinder haben Rechte im www aber liebe Eltern, geht es bitte trotzdem an! scout zeigt Euch an- Netz. Doch nur wer sie hand einzelner Artikel der UN-Kinderrechtskonvention, wie es gelingen kann: Warum ist es so wichtig, dass Kinder ihre ersten kennt, kann sich auch für Recherche-Erfahrungen mit sie einsetzen. 1. FIT FÜRS NETZ MACHEN Kindersuchmaschinen machen? scout fragt nach Artikel 28 Recht auf Bildung scout- bei Darja Martens von der TIPP Kinder wachsen digital auf. Medienkompetent sind sie deshalb „Blinden Kuh“: aber noch lange nicht! Zu ihrem Recht auf Bildung gehört daher www.scout-magazin.de Mehr Infos gibt es von der Koordinierungsstelle auch die Förderung ihrer Medienkompetenz. Sie müssen lernen, „Kinderrechte“ des Deutschen Kinderhilfswerks: wo für sie Gefahren im Netz liegen und was es online zu beachten → Für Erwachsene: www.kinderrechte.de gilt. Und erfahren, wie sie selbst im Netz aktiv werden können. → Für Kinder: www.kindersache.de Wie ein sicherer Einstieg ins Netz funktioniert, zeigt zum Beispiel das www.internet-abc.de. 18 SCOUT - DAS MAGAZIN FÜR MEDIENERZIEHUNG 19
IMPRESSUM Herausgeber: Medienanstalt Hamburg / Lektorat: Egbert Scheunemann Schleswig-Holstein (MA HSH), Art Direction: Neubau Editorial Design Thomas Fuchs (Direktor), Fotos: Inga Ahrens, David Klammer, Rathausallee 72-76, 22846 Norderstedt, Achim Multhaupt 040 / 369 005-0, www.ma-hsh.de Illustrationen: Nadine Faulhaber Projektleitung, Redaktion und Autorenteam: Litho: Martina Drignat Leslie Middelmann (V. i. S. d. P.), Dr. Thomas Voß, Druck: Albersdruck, Düsseldorf Simone Bielfeld, Nina Soppa Erscheinungsdatum: September 2019 Beratender Redakteur und Autor: Jetzt für den scout-Newsletter Andreas Beerlage anmelden auf Weitere Autorin für diese Ausgabe: Information: Zur besseren Lesbarkeit verwendet www.scout-magazin.de Andrea Sievers scout in der Regel nur eine Geschlechterform. Rechte: Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der MA HSH. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder übernimmt die Redaktion keine Haftung. scout verweist auf Webseiten Dritter. Die MA HSH haftet nicht für den Inhalt dieser externen Seiten. Dafür sind allein deren Betreiber verantwortlich.
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